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Ich hörte leise Schritte, die auf mich zukamen. Aber ich drehte mich nicht um. Ich rührte weiter fleißig an der Kartoffelsuppe, die auf dem Herd stand.
„Sarah, was ist denn los?“ Die Stimme lies mein Herz gegen meinen Willen schmelzen. Was los war? War er wirklich so einfältig? Diese Frage machte mich wütend. Eine Antwort ersparte ich mir. Ich rührte nur weiter und hielt die sich schon jetzt ankündigenden Tränen im Zaum.
Eine Weile war es ruhig. Aber mein Schweigen schien ihn nicht zu befriedigen.
„Sarah?“, sagte er, fast vorsichtig, als könnte er mich sonst erschrecken.
„Was los ist? Du stellst mir wirklich diese Frage?“
Keine Antwort.
Ich wusste ja, weshalb ich Wochen vorher schon Angst davor hatte, auf den 18.Geburtstag einer Freundin zu gehen. Weil er auch da war. Und seine Freundin. Von der ich früher gedacht hätte, dass sie meine Seelenverwandte wäre.
Aber so kann man sich täuschen.
„Was los ist? Sag mir, welcher Junkie auf Entzug sieht anderen dabei zu, gerade die Droge in Massen zu nehmen, für die man gerade alles auf der Welt geben würde?“ Meine Worte waren harsch. Ich konzentrierte mich peinlich genau auf das Rühren.
Jetzt aber brach meine Stimme. „Sag mir, wer tut sich so was freiwillig an, wenn er vorher genau weiß, dass er dabei zusehen muss?“ Die letzten Worte waren beinahe nur mehr ein Flüstern. Er hatte es wieder einmal geschafft. Ich weinte.
Heute war der Jahrestag. Heute vor einem Jahr hatte ich mich verliebt. Und 365 Tage später musste ich einmal mehr mit ansehen, wie er mit meiner ehemals besten Freundin rumturtelte. Aber deshalb konnte ich doch nicht den 18. Geburtstag versäumen.
Als ich seine warmen Hände an meinen Oberarmen spürte, zuckte ich zusammen. „Lass es. Mich mal ein klein wenig probieren zu lassen macht es nicht gerade besser.“ Meine Tränen flossen. Ich konnte nichts dagegen unternehmen. Gegen gar nichts. Nicht gegen die Tränen. Nicht gegen den Schmerz. Und gleich gar nicht gegen meine unendliche Liebe.
„Lass es einfach“, brachte ich noch hervor, bevor die Traurigkeit mich endgültig übermannte. Ich musste hier weg. Sofort.
Ohne groß nachzudenken ließ ich den Kochlöffel los, stieß ihn zur Seite und eilte zur Tür. Ich kannte mich dort draußen nicht allzu gut aus, aber ich musste hier fort. Ohne meine Schuhe zu binden, ohne meine Jacke anzuziehen, lief ich einfach eine Straße entlang, die ich kannte. Ich hatte gedacht, ich würde diesen Tag überstehen.
Dass ich erkältet war und schon jetzt jeder Atemzug im Hals brannte, ignorierte ich. Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand verfolgt. Ich bog nach rechts ab, Richtung Wald, denn dort wähnte ich mich sicher. Ich weinte immer mehr. Was hatte ich getan? Wieso musste ich so schlimme Dinge erleben? Ich wusste es nicht.
Als ich im Wald angekommen war, versteckte ich mich einfach hinter einem Stapel geschnittener Stämme. Ich setzte mich ohne jede Vorsicht einfach auf den feuchten Waldboden.
Wenn ich doch nur einfach weit weg von hier gehen könnte. Weggehen und ihn vergessen.
Aber ich wusste, dass ich ihn nie vergessen würde.

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Tag der Veröffentlichung: 30.10.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Weil ich mein Wölfchen für immer lieben werde.

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