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„Du bist WAS?“, schrie mich meine Freundin an. Im nächsten Moment bekam ihr Gesicht einen Ausdruck von Reue – ich wäre wahrscheinlich noch lauter gewesen.
„ja. Du hast schon richtig gehört. Ich bin in unseren Lehrer verliebt.“ Ich flüsterte mehr und sah ich dabei kein einziges Mal in die Augen.
„Aber…“, fing sie an. „Sarah, der ist 28!“
„29“, verbesserte ich sie und bereute es im selben Moment.
„Noch besser. 29! Das sind 13 Jahre mehr als du. Außerdem ist er LEHRER! Verstehst du eigentlich, was du da sagst?“ Ich konnte schwören, dass ihr das gerade alles ziemlich peinlich war – sie mochte solche Themen prinzipiell nicht.
„Ja, sehr wohl. Er ist Lehrer, 29 Jahre alt, lebt eine halbe Stunde weit weg von hier und hat seit mehreren Jahren eine Freundin. Und ich liebe ihn.“
Fassungslos sah mich meine Freundin an. „Wieso?“ war alles, was sie darauf antworten konnte.
„Wieso? Wieso, fragst du?“ Ich holte Luft, dann schloss ich die Augen und begann.
„Weil er unheimlich gut aussieht mit seinen langen Haaren, die sein Gesicht in leichten Wellen umspielen, und seinen leuchtenden Augen. Weil seine tiefe, warme und volle Stimme mir bei jedem seiner Worte die Sinne raubt. Weil er Sinn für Humor hat, ohne kindisch zu sein. Weil er wortgewandt ist, freundlich, höflich; weil er mit jedem Menschen dieser Erde zu Recht kommt. Weil er kein Mensch wie alle anderen ist – nein, er ist etwas ganz Besonderes. Ich liebe ihn, weil sein Anblick in mir Dinge hervorruft, wunderbare Dinge, die ich vorher nicht kannte. Weil ein Lächeln mich alles andere vergessen lässt. Und weil er die schönsten eisblauen Augen hat, die ich je in meinem Leben gesehen habe.“
Erst jetzt atmete ich wieder richtig, doch die Augen blieben geschlossen. Im Zimmer herrschte absolute Stille. Wieso sagte sie nichts? Hatte ich sie etwa erschreckt? Aber was konnte ich denn für meine Gefühle?
Ich hätte es ihr nicht sagen dürfen. Wer wollte schon eine Freundin, die in ihren Lehrer verleibt war? Was wäre denn, wenn es jemals jemand erfahren würde? Wäre sie dann nicht die Freundin der Verrückten?
„Entschuldige.“, flüsterte ich, um die Stille nicht zu vertreiben.
„Du entschuldigst dich? Wofür? Das waren die schönsten Worte, die ich jemals gehört habe. Ich muss mich entschuldigen.
Du liebst ihn wirklich.“

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.06.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für den Mann mit den eisblauen Augen *seufz*

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