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Ich schloss die Augen und genoss die Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne auf meiner Haut.
Ja, in Himnaríki war es wirklich schön. Seit fast fünf Jahren durfte ich hier wieder verweilen.
Ich wusste nicht ob ich mich darüber freuen sollte oder ich doch eher Trübsal blasen sollte.
Zugegeben, Pragaras war kein schöner Ort, dennoch gab es dort Personen die mir irgendwie wichtig geworden waren. Und auch wenn ich es den anderen gegenüber niemals zugeben würde, so empfand ich Kieran gegenüber immer noch eine Freundschaft.
Ich fragte mich was wohl passiert war, nachdem Raphael, die anderen und ich von dort verschwunden sind. Wie so oft tauchte wieder das Bild der schreienden Faith vor mir auf.
Das Glas in meiner Hand zerbrach. Irritiert starrte ich die Glasscherben an. Ja, scheinbar war ich immer noch wütend. Aber warum eigentlich? Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und seufzte leise. Wie gerne hätte ich sie doch in den Arm genommen und getröstet. Doch allein schon der Kuss war zu viel . . . Und die Tatsache das auch Raphael sie begehrte machte mich noch wütender!
Ich verspürte den Drang auf etwas einzuschlagen, verkniff es mir aber jetzt aufzuspringen und das auch zu tun. Schon einmal war ich in einen Kampf um die Liebe verwickelt. Würde das noch einmal geschehen gäbe es wohl mehr als nur eine Verbannung nach Pragaras.
Von allen Erzengeln sollte man sich am wenigsten mit Raphael anlegen. Er war nicht der stärkste von uns, dennoch konnte ein Kampf mit ihm ziemlich unangenehm werden.
Wir waren wie Brüder, doch wenn es um Frauen und Macht ging hörte der Spaß auf.
Und wieder kam mir die Frage in den Sinn, warum sie mich wieder hergeholt hatten. Was bezweckten sie damit? War es wegen Faith? Natürlich hatte ich so meine Vermutung, ich versuchte aber nicht herauszufinden ob sie auch wirklich der Wahrheit entsprachen. Das würde sowieso nur Ärger geben . . .
„Ariel.“
Nela tauchte neben mir auf und verneigte sich leicht.
„Aiden ist wieder zurück.“, sagte sie dann.
Erwartungsvoll sah ich sie an. Sie zögerte und wich meinem Blick dann aus.
„Naja . . . mehr . . . tot als lebendig um genau zu sein.“, wisperte sie dann. Sofort verengten sich meine Augen. Dann erhob ich mich und ging wortlos an ihr vorbei. Ich begab mich in den großen Saal, wo die anderen Erzengel bereits auf ihren Plätzen saßen. Auch ich setzte mich auf meinen Platz. Aiden sah wirklich so aus als wäre er schon tot. Ylenia stand neben ihm und stützte ihn.
„Was hast du herausgefunden?“, fragte Gabriel laut und verschränkte nachdenklich die Hände ineinander.
Doch der junge Engel schüttelte den Kopf. Stille. Dann flüsterte Aiden etwas, was nur Ylenia verstand.
„Der Teufel ist vor ihm aufgetaucht, noch bevor er anfangen konnte. Ich zitiere: Ich mag es nicht wenn man in meinem Reich herumschnüffelt. Merkt euch das!“
Ich tauschte Blicke mit den anderen aus. Dann lachte ich leise. Doch eigentlich war mir gar nicht nach einem Lachen zumute.
„Sieh` an, sie hat Fortschritte gemacht.“, kicherte ich.
Die anderen sahen mich wütend an.
„Was gibt es da zu lachen, Ariel?“, fauchte Jophiel. „Findest du es lustig wenn einer unserer Männer so gut wie tot zu uns zurückkehrt?“
Ich wurde wieder ernst, dennoch zierte ein tückisches Lächeln meine Lippen.
„Habt ihr wirklich geglaubt sie würde das nicht merken? Aiden ist noch sehr jung, man konnte erahnen, dass das schiefgeht.“
Wieder wurde es still. Das Lächeln auf meinen Lippen wuchs zu einem Grinsen heran.
„Erinnert ihr euch an ihre Worte? Das wir es beenden sollen, da wir sonst nie wieder in der Lage dazu wären? Ich wusste erst nicht was ich davon halten soll aber langsam fange ich an ihr zu glauben! Sie war damals schon stark, ich will nicht wissen wie viel Macht sie jetzt besitzt!“
Gabriel und Jophiel knurrten, alle anderen schwiegen.
„Ylenia, kümmere dich um Aiden. Ihr könnt dann gehen.“, sprach ich an die zwei vor uns gewandt. Die Frau nickte und verschwand zusammen mit dem verwundeten Engel.
Raphael brummte.
„Ich glaube es wird Zeit ihr einen Besuch abzustatten.“
Wieder verengten sich meine Augen. Wollte Raphael es wirklich jetzt schon darauf anlegen?
„Meinst du nicht es ist noch ein wenig zu früh?“, meldete ich mich wieder zu Wort, bedacht darauf so monoton wie möglich zu klingen. Doch Raphael lachte nur.
„Wenn wir noch länger warten wird sie womöglich noch stärker. Außerdem will ich wissen wie sich die Kleine sonst so gemacht hat.“
Ich verkniff mir ein Knurren als ich die Anzüglichkeit in seinen Worten hörte. Die ganzen fünf Jahre über wunderte es mich, dass er nie groß ein Wort über sie verlor. Doch jetzt, wo wir angefangen hatten nachzuforschen, kamen ständig solch Sprüche über seine Lippen. Sie faszinierte ihn also wirklich . . . Als ich damals erfahren hatte dass er sie geküsst hatte musste ich an mich halten um nicht auf ihn loszugehen. Ich schnaubte. Tja, ich war halt nicht der einzige der Gefallen an ihr fand. Kieran, Nicolas, Raphael und dieser Menschenjunge Lucas. Alle hatte sie ihnen den Kopf verdreht. Ich fragte mich, wie sie wohl heute auf uns Kerle wirkte.
Die ganze Zeit über hatte ich meine Gefühle für sie verdrängt, doch jetzt wo es ernst wurde schaffte ich das nicht mehr. Immer wieder kamen mir ihre grauen Augen in den Sinn. Grau, wie schmutziger Schnee. Ich lachte und knurrte zugleich, worauf ich die Blicke der anderen auf mir spürte.
„Dieses Weib treibt einen wirklich in den Wahnsinn.“, murmelte ich und erhob mich.
„Ich werde auf jeden Fall mitkommen. Sagt mit Bescheid wenn ihr soweit seit.“, sagte ich dann und verließ den Saal.
. . .
Es klopfte an meiner Tür.
„Herein.“, rief ich monoton.
Nela trat ein. Als sie sah das ich oben ohne durchs Zimmer lief wurde sie rot und wandte ihren Blick ab.
„D-Die anderen sind bereit und warten im Saal.“, sagte sie schnell, ehe sie auch schon wieder verschwunden war. Ich schmunzelte und griff nach einem Hemd. Ich kannte Nela schon bevor ich verbannt wurde. Sie hatte sich wirklich kein bisschen verändert.
Nachdem ich mich angezogen hatte schnappte ich mir meine Lederjacke und verließ mein Zimmer.
Als ich in den Saal kam sah ich, dass nur Gabriel und Raphael dort waren. Na großartig, ausgerechnet die zwei . . .
„Warum überrascht es mich nicht, dass ausgerechnet ihr zwei das erledigen wollt.“, sagte ich tonlos und ging auf die beiden zu.
Raphael stieß ein kurzes Lachen aus.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass wir uns das entgehen lassen.“
Ich schwieg.
Es dauerte nicht lange, ehe wir durch ein Portal nach Pragaras gelangen. Jetzt wusste ich wie sie es geschafft hatten damals dorthin zu gelangen. Blieb die Frage woher sie diesen Trick kannten.
Ich staunte nicht schlecht als ich sah wie sehr sich Pragaras verändert hatte. Damals war dieser Ort schäbig und dreckig gewesen. Überall lauerte das Grauen, doch jetzt war es viel ansehnlicher.
Die Gebäude waren heller und sauberer, die Straßen sahen so aus wie die in der Menschenwelt.
Das einzige das sich nicht verändert hatte, war der Himmel. Der graue, wolkenverhangene Himmel . . . Wieder ließ ich meinen Blick schweifen. Es wunder mich das kaum Dämonen zu sehen waren.
„Sieh an, sieh an, wen haben wir denn da?“, ertönte es plötzlich hinter uns.
Wir drehten uns um und begegneten den blitzenden Augen von Lilith. Ihr Grinsen war immer noch so hinterlistig wie damals.
„Lilith.“, sagte Raphael. „Lang` ist´s her.“
Sie lachte.
„Allerdings. Ich nehme an ihr seid wegen der kleinen Göre hier.“, sagte sie und wurde etwas ernster. Der Ausdruck kleine Göre ließ mich schmunzeln. Ich bezweifelte das diese Bezeichnung noch passte.
„In der Tat.“, antwortete Raphael.
Nun war das Lächeln auf ihren Lippen endgültig verschwunden.
„Ich würde euch raten wieder zu verschwinden. Sie ist zurzeit ziemlich schlecht gelaunt und das kriegt so gut wie jeder zu spüren.“
Ihre giftgrünen Augen richteten sich auf mich.
„Vor allem du solltest dich nicht bei ihr blicken lassen. Sie würde dir den Kopf abreißen, und zwar wortwörtlich!“
Ich lachte.
„Den Spaß werde ich mir nicht entgehen lassen.“
Prompt wurde ich ernst.
„Spaß beiseite. So ernst kenne ich dich gar nicht. Du warst doch immer auf einen Kampf mit ihr aus.“
Sie zog die Brauen hoch. Sie schien sich wirklich sehr verändert zu haben. Kein Versuch uns auszutricksen, kein blöder Kommentar, keine anzüglichen Bemerkungen, nichts. Seltsam . . .
„Ein Kampf mit der neuen Herrscherin? Nie im Leben! Das wäre glatter Selbstmord!“, sagte sie.
Gabriel und Raphael wechselten einen Blick aus, dann sahen sie mich an. Ich wandte mich wieder an Lilith.
„Wo finden wir sie?“
Sie deutete mit dem Kopf nach links. Nicht weit weg von uns befand sich eine Art Palast.
„An eurer Stelle würde ich mich wirklich vom Acker machen.“
Sie wollte sich bereits abwenden, doch dann sah sie uns noch einmal an. Sie fing wieder an zu grinsen. Da war es, das hinterlistige Grinsen welches zeigte, dass sie sich immer auf eine neue Herausforderung einließ.
„Ach, bevor ich es vergesse! Wenn ihr sie das nächste Mal ausspionieren wollt, dann mit einem Engel der Erfahrung hat. Es war ziemlich amüsant dabei zuzusehen wie sie den armen Burschen fertig gemacht hat.“
Dann war sie auch schon verschwunden. Ich seufzte. Sie hatte sich zwar verändert, dennoch war sie in mancherlei Hinsicht immer noch die Alte.
„Faith hat sich immer auf einen Kampf mit ihr eingelassen aber zu einer Auseinandersetzung ist es wegen euch nie gekommen.“, erklärte ich und fuhr direkt fort. „Alle beide wussten das Lilith als Sieger aus einem Kampf hervorgehen würde, nun traut sie sich nicht mehr gegen Faith anzutreten. Sie muss wirklich stark geworden sein . . .“
„Finden wir heraus wie stark sie wirklich geworden ist.“, sagte Raphael mit angedeutetem Grinsen und ging voraus.
. . .
Es war nicht schwer gewesen uns Zugang zu dem Palast zu verschaffen. Scheinbar gab es hier keine Wachen. Vielleicht, weil sich niemand hierher traute? Ich ging voraus und zog die Brauen hoch als ich sah, wie klassisch es hier war. Von außen sah es wirklich aus wie im Märchen, doch Innen kam die Überraschung.
„Scheint als würde da jemand den gotischen Stil bevorzugen.“, sagte ich leise lachend.
Gabriel und Raphael antworteten nicht. Wir gingen weiter, durch eine große Halle, wahrscheinlich die Eingangshalle. Alles wurde in dunklen Tönen gehalten. Rubinrot, blau, violett, dunkelgrün, braun, gold, schwarz und weiß. Das waren die einzigen Farben hier.
Ab und zu kam uns jemand entgegen, doch mit einem gezielten Schlag wurde derjenige aus dem Gefecht gesetzt. Wir schlichen hier herum wie die Katzen auf der Pirsch . . .
„Spürt ihr das auch?“, meldete sich Gabriel flüsternd zu Wort.
Raphael und ich nickten.
„Wenn du diese komische Präsenz meinst, dann ja.“, antwortete Raphael.
„Ich schätze mal sie ist in der Nähe.“ sagte ich. Wir gingen noch ein Stückchen weiter, ehe wir an eine große, hölzerne Tür kamen. Ich horchte, doch es war nichts zu hören. Ich sah zurück zu den anderen beiden und zuckte mit den Schultern.
Raphael wies wieder auf die Tür und gab mir das Zeichen sie zu öffnen. Gesagt, getan.
Zielsicher traten wir ein. Wieder staunte ich. Der Saal in dem wir uns befanden war riesig. Und damit meine ich wirklich riesig! Am Rand dieses Saals befand sich eine Art . . . Thron. Ebenfalls im dunklen Ton. Wir hatten inzwischen die Mitte der riesigen Halle erreicht, doch es war niemand zu sehen. Seltsam. Wir alle konnten jemanden spüren aber wieso war hier niemand?
Plötzlich fiel die Tür durch die wir gekommen waren ins Schloss.
Erschrocken wirbelten wir herum. Und dann sahen wir sie!


_____2_____




Ich schluckte. Keine Ahnung wo ich anfangen sollte . . . In den fünf Jahren hatte sie sich wirklich stark verändert. Damals waren ihre Haare dunkelrot, glatt und gingen ihr gerade mal bis zur Schulter, doch jetzt waren sie feuerrot, lockig und reichten ihr bis zu den Hüften. Ihre kalten Augen starrten uns wütend an. Das grau ihrer Augen erinnerte an dreckigen Schnee. Raphael stieß einen Pfiff aus, was wohl an ihren weiblichen Zügen lag. Ihre Haare und der Ausdruck in ihren Augen waren nicht das einzige das sich an ihr verändert hatte. Nein, auch an ihrer Figur hatte sich etwas getan. Sie war damals schon weiblich gewesen, doch jetzt . . . Mir fehlten die Worte. Raphael lachte leise.
„Respekt, aus dir ist wirklich ein sexy Weib geworden!“
„Ich mag keine Schleimer.“, sagte sie mit einer Stimme, die mir fremd vorkam. Sie war so kalt und . . . Wieder fehlten mir die Worte. Ihr Stil sich zu kleiden hatte sich auch verändert. Statt einfaches Shirt und Jeans trug sie nun eine Art . . . Jackett. Es bestand aus einem Material, das Samt ähnlich war, wurde vorne nicht zugeknöpft sondern zugeschnürt und lief nach hinten spitz zu. Vorne reichte es ihr bis zu den Hüften, hinten bis zu den Knien. Ihre Beine steckten in einer knallengen Röhre und ein Halsband aus Spitze, mit einem Kreuz als Anhänger zierte ihren Hals.
Ihre Füße steckten in hohen Schuhen. Leise seufzend ging sie an uns vorbei.
„Und schon wieder habt ihr jeden k.o geschlagen, der euch in den Weg kam.“, sagte sie monoton und nahm auf diesem „Thron“ Platz. Sie überschlug die Beine und musterte uns mit einem Blick, der mir einen Schauer über den Rücken jagte.
Nicht zu fassen das, dass das Mädchen war, welches ich damals so gemocht hatte.
Naja, ich mochte sie immer noch um ehrlich zu sein, nur war sie so . . . anders. Ich atmete einmal kurz tief durch und verkniff es mir ein genervtes Stöhnen von mir zu geben. Wie ich es hasste Gefühle zu besitzen!
„Ihr seid hergekommen um mich endlich zu erledigen, hab ich Recht?“, sagte sie dann.
Es kam mir vor als wäre sie aus Eis. Ich hätte vermutet das sie irgendetwas zu mir sagt, zum Beispiel „Warum bist du wieder einer von ihnen?“ oder „Was fällt dir eigentlich ein denen zu helfen?“ aber solch Fragen kamen nicht. Sie ignorierte mich und, so sehr ich es auch hasste das zuzugeben, versetzte es mir einen schmerzhaften Hieb in die Brust.
„Ja.“, antwortete Gabriel auf ihre Worte. „Wir sind auf dem Weg hierher Lilith begegnet aber sie meinte das wir uns das lieber anders überlegen sollten. Sie sagte, du hättest schlechte Laune.“
„Ja, die habe ich wirklich.“, meinte Faith. „Allein schon eure Anwesenheit macht mich wütend aber das ist nicht der Grund. Viel mehr rege ich mich darüber auf das ihr glaubt einfach jemanden herschicken zu können, um Informationen zu sammeln. Wenn ihr schon so feige seid, dann schickt wenigstens jemanden der seinen Job gut macht.“
Sie schloss die Augen und ballte die rechte Hand zur Faust. Zwar war sie wütend, nur ließ sie es sich nicht ganz so deutlich anmerken wie wir gedacht hatten. Aber vielleicht war das nur die Ruhe vor dem Sturm.
„Faith!“, ertönte eine Stimme am Ende des Saales.
Ein junges Mädchen in knapper Kleidung kam angelaufen.
Ich sah zu Faith, dessen Gesichtsausdruck sich ein wenig veränderte. Fragend sah sie auf das Mädchen herab. Es schien noch relativ jung zu sein, vielleicht an die dreizehn oder vierzehn. Ihre Haare waren schwarz und kinnlang. Alles in allem wirkte sie noch ziemlich kindlich.
Sie trug einige Waffen bei sich, was mich wunderte. An einigen Stellen hatte sie Dolche befestigt, so wie Faith es immer getan hatte. Sie hielt einen Kampfstab in der Hand.
„Es ist Zeit für´s Training!“, sagte sie voller Begeisterung.
Überrascht zog Faith die Brauen hoch.
„Wirklich?“, murmelte sie, worauf das Mädchen kräftig nickte. Wieder seufzte Faith. Doch dann schien ihr eine Idee zu kommen. Sie sah wieder zu uns herüber und plötzlich stahl sich ein verlogenes Lächeln auf ihre Lippen. Ich war baff. Solch ein hinterlistiges Lächeln hatte ich auf ihren Lippen noch nie gesehen. Es übertraf sogar das verlogene Grinsen von Lilith!
Was glaubt ihr hat sie vor?

, fragte ich Raphael und Gabriel in Gedanken.
Plötzlich wuchs Faith´s Lächeln zu einem amüsierten Grinsen heran, so als hätte sie meine Frage gehört. Und dementsprechend antwortete sie auch.
„Amaya, was hältst du davon gegen einen dieser Herren anzutreten?“
Sie wies auf uns. Das Mädchen folgte ihrer Bewegung und musterte uns. Neugierde lag in ihrem Blick.
„Engel? Was wollen die hier?“, fragte sie leise.
Faith schwieg erst, dann gingen ihre Mundwinkel wieder in die Höhe.
„Sagen wir mal . . . sie wollen sich ein wenig amüsieren.“, sagte sie dann.
Das Mädchen musterte uns wieder. Ich ahnte schon, dass Raphael und Gabriel sich das nicht entgehen lassen wollten.
„Ich kümmere mich darum.“, sagte Gabriel genervt. Und mal wieder behielt ich Recht.
Er trat einige Schritte vor und auch Amaya setzte sich in Bewegung. Schon wieder umspielte ein breites Grinsen Faith´s Mundwinkel.
„Gabriel.“
Mein Bruder sah zu ihr.
„Pass auf deine Flügel auf. Sie machen dich noch verwundbarer.“, sagte sie. Ihre Stimme triefte vor Gift. Scheinbar lag ihr nichts an dem Mädchen. Oder wusste sie nicht das Gabriel der Stärkste von uns war? Dann richteten sich ihre grauen Augen auf Raphael und mich.
„Ihr haltet euch `raus, ist das klar?“, drohte sie, nun wieder mit emotionsloser Stimme.
Wir schwiegen.
Gabriel´s Hand begann blau zu glühen, dann hatte er sich auch schon auf das Mädchen gestürzt.
Doch . . . Überraschung! Sie wich aus, ließ einige Dolche in ihre Hand gleiten und zielte damit direkt auf seine Flügel. Raphael und ich zogen die Brauen hoch als wir sahen, dass sie auch noch genau getroffen hatte. Gabriel brüllte auf und versuchte noch verbissener das Mädchen zu erwischen. Doch das brachte die Kleine nicht aus der Ruhe. Sie bekam zwar einiges ab, ließ sich dadurch aber nicht unterkriegen. Ich musste lächeln. Sie war genauso wie Faith, damals.
Eine Ganze Weile lang gingen die zwei immer wieder aufeinander los, doch irgendwann war Gabriel soweit die Kleine wirklich umzubringen. Sie kniete auf dem Boden, hatte keine Kraft mehr um aufzustehen, da stürzte Gabriel schon auf sie zu. Doch noch bevor er sie erreicht hatte mischte sich Faith ein.
Sie tauchte vor ihm auf, packte sein Handgelenk und verdrehte seinen Arm so kraftvoll, dass ein lautes Knacken zu hören war und er erneut einen Schrei nicht unterdrücken konnte. Sie drehte seinen Arm auf den Rücken und stieß ihn zu Boden.
„Keiner hat gesagt das du sie umbringen sollst!“, knurrte sie und stieß den Erzengel von sich.
Plötzlich ging Raphael auf die beiden zu. Meine Augen verengten sich und dann bemerkte ich, dass Amaya auf mich zu rannte. Verwirrt wich ich ihrem Angriff aus, doch ich hatte nicht aufgepasst.
Ich hatte sie aus den Augen verloren und ehe ich hätte reagieren können, verpasste sie mir einen Schlag.
So eine Scheiße aber auch!

, waren meine letzten Gedanken, ehe mich die Ohnmacht überrannte . . .


_____3_____




Scheiße, tat mir der Kopf weh! Was war denn passiert? Ich schlug die Augen auf und starrte auf grauen Felsboden. Angestrengt dachte ich nach. Dann fiel es mir wieder ein. Diese kleine Göre hatte mich niedergeschlagen! Ich knurrte. Die würde was erleben wenn ich sie in die Finger bekam!
Dann fielen mir zwei Füße auf, die in hohen Schuhen steckten. Ich sah auf. Blaue Augen trafen auf dreckigen Schnee. Ich wollte mich bewegen, doch ich konnte nicht. Was zum . . .
Na toll. Ich war in Ketten gelegt worden. Und bis auf meine Hose trug ich auch keine Klamotten mehr . . . Faith bemerkte scheinbar meinen Blick.
„Du hast Waffen unter deinen Sachen getragen. Glaubst du so lasse ich dich hier herumlaufen?“, sagte sie monoton, kam näher und befreite mich von den eisernen Fesseln.
Irritiert starrte ich sie an, immer noch unfähig etwas zu sagen. Sie wich wieder einige Schritte zurück und verschränkte die Arme.
„Deine Brüder haben sich mit einer Kriegserklärung zurückgezogen.“, meinte sie dann.
Gott, bitte lass sie gelogen haben! Eine Kriegserklärung? Wusste sie überhaupt was das bedeutete?
„Ja, ich weiß was das bedeutet.“, sagte sie plötzlich. Weder ihre Stimme, noch der Ausdruck in ihren Augen veränderte sich.
„Liest du meine Gedanken?“, brachte ich irritiert hervor. Verdammt, da war ich endlich in der Lage etwas zu sagen und dann brachte ich nicht einmal was vernünftiges hervor! Eine Entschuldigung wäre angebracht gewesen . . .
„Du kannst es nicht, ich kann es auch nicht.“, antwortete sie. Dann wandte sie sich ab.
„Komm mit.“, sagte sie dann.
Vollkommen überrumpelt kam ich auf die Beine und folgte ihr.
„Was soll ich hier?“, sagte ich nach einer langen Stille.
„Du bist meine Geisel.“, antwortete sie schulterzuckend.
Ich blieb stehen.
„Was soll der Mist?“, knurrte ich.
Sie blieb ebenfalls stehen, drehte sich um, musterte mich einmal ausgiebig und lächelte dann.
Es war ein undefinierbares Lächeln. Es war keinesfalls hinterlistig aber aufrichtig war es auch nicht.
„Du gehörst mir, Ariel! Und keinem anderen sonst! Glaub nicht das ich zulasse, dass du dich wieder auf die andere Seite schlägst.“
Mit diesen Worten wandte sie sich wieder ab und ging weiter. Doch diese Antwort gefiel mir nicht.
Mit schnellen Schritten holte ich sie ein, dann packte ich sie und drückte sie gegen die Wand.
„So, ich gehöre also dir, ja? Hast du es in all der Zeit etwa immer noch nicht geschafft dieses Besitzdenken zu ignorieren?“, knurrte ich.
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. Wenn sie mir gegenüber wirklich noch etwas empfand, dann war das ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen. Doch dann verzogen sich ihre Lippen wieder zu diesem gefährlichen Lächeln.
„Glaubst du wirklich das ich in den vergangen fünf Jahren meine Gedanken an dich verschwendet habe?“, hauchte sie und kam mir mit ihrem Gesicht dabei so nahe, dass unsere Lippen sich fast berührten. Ich schluckte. Sie wusste wie man spielte, keine Frage. Sie hatte meinen Angriff abgewehrt und zielsicher zurückgeschleudert. Und sie hatte getroffen. Ich antwortete nicht, was sie noch breiter grinsen ließ.
„Tut ganz schön weh so etwas zu hören, hm?“, flüsterte sie und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen. Sie stieß mich sanft aber bestimmend weg und ging weiter. Der Gang schien wirklich unendlich lang zu sein. Vielleicht kam es mir aber nur so vor, weil wir ständig anhielten.
„Natürlich habe ich an dich gedacht.“, sagte sie irgendwann. Schon war sie wieder zu einem Eisblock geworden. Ich seufzte leise.
„Nicht immer . . . aber oft.“, fügte sie leise hinzu. „Trotzdem bin ich wütend auf dich.“, sagte sie dann wieder laut und warf mir einen wütenden Blick über die Schulter zu.
„Es ging nicht anders.“, meinte ich ebenfalls monoton.
„Ach, wirklich? Sie haben dich also gezwungen?“, kam es wütend zurück.
Ich antwortete nicht.
„Also ja.“, murmelte sie und bog dann links ein. Sie öffnete eine Tür und zum Vorschein kam ein Zimmer. Samt Bewohner. Nicolas lag knutschend mit einer Blondine im Bett.
„Lasst euch nicht stören.“, sagte Faith monoton und steuerte auf den Schrank zu.
Nicolas ließ von der Frau ab und starrte erst Faith, dann mich irritiert an.
„Faith? Was macht der Kerl hier? Und was hast du mit ihm angestellt? Der sieht aus als hättest du . . .“
Mit einem Lachen schnitt sie ihm das Wort ab. Überrascht sah ich sie an. Das war tatsächlich ein echtes Lachen! Ein Lachen genauso wie früher. Hell und fröhlich. Wie ich es doch vermisst hatte. Doch natürlich zeigte ich nicht wie froh ich über ihre Reaktion war.
„Nein, wir haben es nicht miteinander getrieben.“, antwortete sie lachend und warf mir ein schwarzes Hemd zu. Doch Nicolas sah mich trotz ihres Lachens wütend an.
„Im Ernst, Faith. Was hat er hier zu suchen?“
Sie lachte immer noch leise vor sich hin.
„Das spielt keine Rolle!“, kicherte sie und hatte das Zimmer dann auch schon wieder verlassen.
Seufzend folgte ich ihr. Schweigend führte sie mich in einen Saal. Scheinbar Küche und Esszimmer in einem. In der Mitte des Saales befand sich ein großer Tisch, an dem Amaya saß.
Sie sah auf und sah erst mich, dann Faith mit großen Augen an.
„Was wirst du mit ihm machen?“, fragte sie mit ihrer kindlichen Stimme.
Leicht lächelnd ging Faith an ihr vorbei und legte ihr dabei kurz die Hand aufs Haar.
„Was ich mit ihm mache ist egal. Was du mit ihm machst ist nicht egal! Du wirst dich benehmen, ist das klar?“
Die Kleine machte einen Schmollmund.
„Aber er gehört zu den Bösen!“, jammerte sie. Faith zog die Brauen hoch und verpasste ihr dann einen leichten Klaps.
„Benimm dich!“, drohte sie.
Das Mädchen brummte, ich ebenfalls.
„Hast du ihr befohlen mich niederzuschlagen oder kam das von ihr?“, fragte ich schlecht gelaunt.
Wieder stahl sich ein Grinsen auf ihr Gesicht.
„Egal wie die Antwort ausfallen würde, du lässt sie in Ruhe, ist das klar?“
„Und was wenn nicht?“, fragte ich herausfordernd und verschränkte die Arme.
Ihr Gesicht verwandelte sich in eine emotionslose Maske.
„Dann wirst du in der gesamten Zeit die du hier bist, nichts zu essen kriegen.“, meinte sie und wandte sich dann auch schon ab. Ich unterdrückte ein leises Lachen. Dann richtete sich mein Blick wieder auf Amaya, die sich wieder ihrer Zeichnung widmete.
„Wo hast du die Kleine eigentlich auf gegabelt?“, fragte ich dann.
„Einer deiner Brüder hat ihr ihre Eltern genommen.“, antwortete sie dann wieder vollkommen kalt.
Amaya warf mir währenddessen einen wütenden Blick zu.
„Oh!“, stieß ich überrascht aus und schwieg.
So war das also. Kein Wunder das sie solch Abneigung gegenüber mir verspürte. Ich ging hinüber zu Faith und lehnte mich neben ihr an den Küchentresen.
„Wer von ihnen war es?“, fragte ich leise.
Mit ausdruckslosem Blick begann sie Gemüse kleinzuschneiden.
„Stell nicht so unnötige Fragen, Ariel. Ich bin sicher du weißt es.“, antwortete sie genauso leise.
Sie hatte Recht, ich wusste es. Natürlich überraschte es mich nicht. Gabriel war schon mehrmals in einen Blutrausch geraten . . . Ich blieb still.
. . .
Nicht viel später stellte Faith mir einen Teller vor die Nase. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Sie war zwar der neue Teufel, nichts desto Trotz war sie immer noch eine Frau.
„Amaya, möchtest du auch etwas?“, fragte sie das Mädchen, noch immer tonlos.
Die Kleine schüttelte den Kopf, worauf Faith ein ernstes Gesicht machte.
„Wenn das so ist solltest du jetzt besser verschwinden. Sag den anderen, sie sollen nicht stören.“, befahl sie und wies auf die Tür.
Bildete ich mir das ein oder blitzte da die Angst in ihren braunen Augen auf? Sie nickte schnell und heftig, dann war sie auch schon aufgesprungen und aus dem Raum verschwunden.
Mit gehobenen Augenbrauen sah ich ihr nach. Dann richtete ich meinen Blick wieder auf den gefüllten Teller vor mir.
„Hast du Angst ich könnte es vergiftet haben?“, riss Faith mich dann aus den Gedanken.
Ich sah auf und zog belustigt einen Mundwinkel in die Höhe.
„Das bezweifle ich. Zutrauen würde ich es dir aber.“, antwortete ich.
„Nur zu, hau `rein!“, sagte sie dann und machte eine kurze Geste.
Das ließ ich mir nicht zwei mal sagen, schließlich knurrte mein Magen, dennoch blieb ich misstrauisch. Kaum hatte ich probiert sah ich die rothaarige überrascht an.
„Respekt, hätte nicht gedacht das du so gut kochen kannst.“, stieß ich verblüfft aus.
Sie verdrehte sie Augen. Doch dann schlug sie ihre Hände auf den Tisch und stützte sich ab.
„Verrätst du mir endlich was das eigentlich soll?“, schrie sie drauf los.
Unwillkürlich zuckte ich zusammen. Damit hatte ich nicht gerechnet . . .
Ich antwortete nicht, sah sie stattdessen einfach nur an. Sie holte tief Luft und wandte ihren Blick von mir an. Dann erhob sie erneut ihre Stimme.
„Was fällt dir eigentlich ein, einfach wieder auf die Seite deiner Brüder überzulaufen?“, keifte sie.
Ich schob mir wieder eine volle Gabel in den Mund und antwortete wieder nicht. Vielleicht würde sich ihre Wut ja wieder legen? Plötzlich schloss sich ihre Hand um die Tischkante, worauf ein leises Knacken ertönte. Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich die Stelle, die nach einigen Sekunden mit einem lauten Krachen nachgab.
Mit einem Knurren wandte sich Faith von dem, nun kaputten, Tisch ab. Ich schluckte und schloss kurz die Augen.
„Was, wenn sie mich gezwungen haben?“, sprach ich monoton und hoffte wirklich, sie würde mir damit nicht weiter auf die Nerven gehen. Auch meine Nerven waren irgendwann überstrapaziert.
„Du hättest dich weigern können. Du bist kein Schwächling, Ariel.“, antwortete sie genauso monoton.
„Was, wenn sie mir dann mit dem Tod gedroht haben?“, fragte ich dann.
„Du hättest immer noch Widerstand leisten können. So schnell kriegt man dich nicht klein, dass weißt du selbst genauso gut wie ich. Wir haben täglich miteinander trainiert, schon vergessen?“, entgegnete sie kalt und kehrte mir den Rücken zu.
Langsam wurde auch ich wütend. Sie war stur wie eh und je. Warum freute sie sich nicht einfach mich wieder zu sehen, so wie jede andere Frau es normalerweise tat, wenn sie eine geliebte Person wiedertraf?
„Wieso bist du so versessen darauf die Wahrheit zu erfahren?“, brüllte ich. „Warum freust du dich nicht einfach darüber mich wieder zu haben!“
Ich war aufgesprungen und hatte ebenfalls die Hände auf den Tisch gehauen, doch das überlebte er nicht. Er zerbrach mit einem weiteren Krachen. Ich sah wie Faith erstarrte. Sie drehte sie zu mir um und sah mich mit unbeschreiblichem Blick an. Ich konnte die Gefühle in ihren Augen nicht deuten.
„Wie bitte?“, sagte sie leise. „Bist du wirklich der Ansicht, dass ich mich über die Art unseres Wiedersehens freuen sollte?“
Sie kam zu mir, blieb dicht vor mir stehen und sah finster drein blickend zu mir auf.
„Ein Krieg steht bevor und du willst das ich mir Gedanken über dich mache?“, hauchte sie, packte mich am Kragen und zog mich zu sich herunter.
„Wenn ich an dich denken soll, musst du auch etwas dafür tun!“, flüsterte sie.
Irritiert starrte ich sie an. Schon wieder war sie mir so nahe. Ich widerstand dem Drang sie zu küssen, doch ich zweifelte immer mehr daran, dass durchzuhalten. Ihre roten Lippen kamen meinen immer näher doch im letzten Moment stieß sie mich zurück.
„Ich hätte dich schon längst umbringen sollen.“, murmelte sie und wandte sich ab.
Ich atmete tief durch, machte einen Schritt, packte sie und zog sie zurück. Dann presste ich meine Lippen auf ihre. Ich drückte sie an mich und küsste sie grob und verlangend. Warum ich das tat?
Ich wusste es nicht. Vielleicht, weil ich sie noch immer liebte? Vielleicht, weil ich nicht einsehen wollte das es vorbei war? Vielleicht, weil ich nicht wollte das sie jemand anderes bekam?
„Aber du hast es nicht getan.“, sagte ich nachdem ich von ihr abgelassen hatte.
„Nein . . .“, hauchte sie, scheinbar total verwirrt. Sie starrte mich an und schüttelte dann kurz den Kopf.
„Wofür war das denn?“, fragte sie dann, wieder ganz die Alte.
Ich zuckte bloß mit den Schultern.
„Warum hast du mich am leben gelassen?“, fragte ich stattdessen.
„Das weiß ich selbst nicht.“, nuschelte sie und hatte sich auch schon wieder aus meinem Griff befreit.
„Auch wenn ich es nicht weiß, ich befürchte trotzdem das es ein Fehler war.“, fügte sie hinzu.
„Warum?“, fragte ich leise und trat hinter sie. „Glaubst du ich bringe Unglück?“
„Das glaube ich durchaus . . .“, murmelte sie.
Plötzlich flog die Tür auf. Lilith und Asmodäus traten völlig außer Atem ein. Faith warf ihnen einen unglaublich wütenden Blick zu, worauf die zwei sich leicht verneigten.
„Wir wissen niemand sollte dich stören aber . . .“, begann Asmodäus.
„Aber es sind schon wieder zwei Engel aufgetaucht!“, setzte Lilith fort.
Faith knurrte leise, ihre Augen verengten sich.
„Bringt sie her!“, befahl sie in herrischem Ton. Mit einem Nicken verschwanden die beiden. Faith wandte sich wieder an mich und sah mich eiskalt an. Der ständige Umschwung ihrer Laune konnte einen wirklich verrückt machen . . .
„Habt ihr schon vorher über einen Krieg gesprochen?“, fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, von einem Krieg war noch nie die Rede gewesen. Deswegen verstehe ich auch nicht warum sie sich mit einer Kriegserklärung zurückgezogen haben.“, antwortete ich.
„Und ich verstehe auch nicht warum sie mich einfach so zurückgelassen haben.“, fügte ich leise hinzu. Ein tückisches Lächeln stahl sich auch ihre Lippe.
„Ich bezweifle das sie dir vertrauen.“, sagte sie mit einem angedeuteten Lachen.
Wütend starrte ich sie an, worauf sie vollends in Gelächter ausbrach.
„Als Raphael mich damals geküsst hat meinte er, er würde dir niemals vertrauen!“
Volltreffer! Fassungslos starrte ich sie an, dann fing ich an sie zu knurren. Wie oft wollte man mich denn noch an diesen Kuss erinnern? Ein amüsiertes Funkeln trat in ihre Augen.
„Stört es dich?“, fragte sie mit leichtem Lächeln.
„Bitte?“, fragte ich irritiert.
Ihr Lächeln wurde breiter.
„Stört es dich das Raphael mich so anziehend findet?“, fragte sie dann.
Ich schwieg, doch natürlich kannte sie die Antwort schon. Meine Reaktion war Antwort genug.
Sie grinste.
„Keine Angst, ich steh nicht auf Typen wie ihn!“, sagte sie und wandte sich von mir ab.
Von da an herrschte Schweigen, weshalb ich über die Dinge nachdachte, die mir so in den Sinn kamen. Ich hatte keine Ahnung was ich von ihren Veränderungen halten sollte. Sie war kalt und irgendwie auch arrogant geworden. Sie lachte zwar, doch in Kombination mit ihren anderen Charaktereigenschaften, rückte sie dieses Lachen in kein gutes Licht. Ich seufzte leise, worauf sie mich fragend ansah und eine Braue hochzog.
„Du hast dich so verändert . . .“, erklärte ich leise und schloss die Augen.
„Du dich auch . . .“, kam es leise zurück.
Ich schlug die Augen wieder auf und sah Faith nachdenklich an. Ich wusste das es nicht so war, trotzdem hatte ich das Gefühl als ob wir aneinander vorbei redeten.
„Woran denkst du gerade?“ riss mich ihre Stimme wieder aus den Gedanken.
„Daran das ich dich immer noch will!“, gab ich zu und beobachtete fasziniert, wie sich ihre Lippen zu einem schwachen Lächeln verzogen.
„Weißt du . . .“, begann sie, doch sie hatte keine Chance ihren Satz zu beenden. Sehr zu meinem Leidwesen. Es war einige Zeit vergangen, zu dumm das ich nicht mit den zwei nun eintretenden Engeln gerechnet hatte. Überrascht starrte ich Ylenia und Nela an. Als die beiden mich sahen füllten sich ihre Augen sofort mit Tränen.
„Lasst sie los!“, befahl ich Lilith und Asmodäus, doch erst nachdem die beiden Faith einen Blick zugeworfen und sie bestätigt hatte, stießen sie die zwei zu Boden.
Faith schwieg, weshalb ich das Wort ergriff.
„Was habt ihr zwei hier zu suchen?“, fragte ich ernst und sah die beiden abwechselnd an.
Nela konnte die Tränen nicht zurückhalten und wich meinem Blick aus.
„Tut mir leid aber . . . das dürfen wir dir nicht sagen.“, flüsterte sie.
Ich begann leise zu knurren und ballte meine Hände zu Fäusten. Nun brach Nela endgültig in Tränen aus.
„Nela . . .“, sagte ich nun etwas sanfter.
Sie sah auf.
„Schon okay.“, fügte ich hinzu und zwang mich zu einem Lächeln. Das brachte sie dazu ebenfalls schwach zu lächeln.
Ich mahnte mich zur Selbstbeherrschung, trotzdem konnte ich ein Zittern nicht unterdrücken.
Und wie nicht anders zu erwarten bemerkte Faith es. Sie lachte kurz und leise, dann ging sie zu den beiden Mädchen und deutete auf die Tür.
„Kommt.“, sagte sie bloß.
Ängstlich kamen die zwei wieder auf die Beine. In diesem Moment sahen sie wirklich aus wie die Mäuse vor der Katze. Dann hatten sie den Raum auch schon verlassen.
Knurrend sah ihnen nach. Ich konnte Lilith ansehen das sie nun gerne gelacht hätte, doch sie verkniff es sich. Ich atmete tief durch und schaffte es tatsächlich ein wenig `runter zu kommen.
„Wo habt ihr die beiden gefunden?“, fragte ich.
„Mitten in der Stadt.“, antwortete Asmodäus. „Es schien als hätten sie etwas oder jemanden gesucht.“
Leider konnte ich mit seiner Antwort nichts anfangen. Was konnte es hier wohl geben, das meine Brüder haben wollten? In dem Moment ging die Tür wieder auf. Faith kam herein, allerdings ohne Nela und Ylenia.
„Sie haben nach Damodar und Nyima gesucht.“, sagte sie nun wieder schlecht gelaunt.
Auch das sagte mir nichts. Bei ihren Augen weiteten sich die Augen von Lilith und Asmodäus.
„Wer soll das sein?“, fragte ich misstrauisch.
„Damodar und Nyima sind Magier. Wenn ich mich nicht täusche die einzigen hier in Pragaras. Ach ja und sie sind unglaublich mächtig. Wir haben uns schon mehrmals gegenseitig geholfen, allerdings traue ich ihnen nicht. Die anderen finden mich schon unsympathisch aber bei den beiden nehmen wirklich alle Reißaus.“
Dann wurde sie still. Asmodäus meldete sich zu Wort.
„Die Engel haben die Magier gesucht? Aber warum?“
„Das ist die Frage.“, antwortete Faith und fuhr sich nachdenklich mit der Hand durchs Haar.
„Glaubst du sie machen gemeinsame Sache?“, fragte Lilith Faith.
„Nicht auszudenken was passieren könnte wenn es wirklich so wäre!“, knurrte der Satan.
„Erst einmal: Was hast du mit Ylenia und Nela gemacht, dass sie dir das verraten haben? Und zweitens: Vielleicht solltest du diesen beiden Magiern mal einen Besuch abstatten?“, meldete ich mich zu Wort.
„Keine Sorge, den beiden geht es gut.“, antwortete Faith und lief langsam auf und ab. Dann sprach sie weiter.
„Es wäre durchaus eine Möglichkeit ihnen einen Besuch abzustatten, jedoch bezweifle ich, dass sie sich kooperativ zeigen werden.“
„Was anderes wird dir in dieser Situation wohl nicht übrig bleiben.“, sagte ich dann und erntete einen wütenden Blick. Dann drehte sich Faith um und ließ mich mit Lilith und Asmodäus zurück.


_____4_____



Ich lag in meinem neuen Zimmer und starrte an die Decke. Ylenia und Nela saßen im Schneidersitz auf dem Boden und sahen traurig zu mir auf.
„Ist alles in Ordnung, Ariel?“, fragte Nela leise. Ich legte mir den Arm über die Augen und seufzte leise.
„Ich weiß nicht . . .“, gab ich zu und sah sie dann an. „Das die anderen nicht wollen das ihr mir etwas verratet kommt mir komisch vor. Wisst ihr etwas darüber?“
Die beiden tauschten einen Blick aus. Schließlich nickten sie.
„Ja.“, sagte Ylenia eine Spur selbstsicherer als Nela. „Zwar nicht viel aber wir haben die Anweisung dir nichts zu verraten. Nimm uns das bitte nicht übel, Ariel! Du weißt wir würden dir gerne helfen!“
Ich seufzte erneut.
„Das weiß ich, ja. Deswegen möchte ich euch um eure persönliche Meinung bitten. Lassen wir mal außen vor welchen Rang ich habe. Was haltet ihr von der ganzen Sache? Glaubt ihr meine Brüder haben etwas geplant?“
Wieder tauschten die beiden einen Blick aus, jedoch blieben sie still.
„Also gut, lasst mich die Frage anders formulieren.“, meinte ich dann. „Glaubt ihr, dass sie mich wieder zu einen von ihnen gemacht haben, nur wegen dieses Plans?“
Wieder bedrückende Stille.
„Ylenia.“, sagte Nela schließlich leise und warf ihr dabei einen Blick zu. Ein flehender Ausdruck lag in ihren Augen. Doch ihre Freundin schüttelte den Kopf.
„Du weißt was passiert wenn sie . . .“, begann sie, doch Nela sprang auf und unterbrach sie wütend.
„Natürlich weiß ich das aber ich kann und will Ariel nicht anlügen! Er hat ein Recht darauf zu erfahren was los ist! Dieser Meinung solltest du eigentlich auch sein!“
Natürlich wollte ich unbedingt wissen was genau der Grund für diese Auseinandersetzung der beiden war, dennoch übte ich mich in Geduld. Ich wusste das Nela zu mir halten würde, früher oder später würde ich erfahren was los war. Das mochte vielleicht egoistisch und eiskalt klingen, doch es entsprach der Wahrheit wenn ich sagte, Nela war gut zu gebrauchen! Aufmerksam beobachtete ich die beiden.
„Ist dir klar, dass er direkt neben uns sitzt!“, schrie Ylenia und war nun ebenfalls aufgesprungen. Dann wurde Nela nervös.
„Sie haben irgendwas vor, Ariel!“, hauchte sie schließlich und trat näher an mein Bett heran.
„Sie nutzen jede Gelegenheit die sich ihnen bietet. Ständig schicken sie jemanden hierher!“, sagte sie dann. Mit verständnisvollem Blick erhob ich mich, fasste Nela´s Kinn und küsste sie auf die Stirn.
„Ich weiß deine Ehrlichkeit zu schätzen, Nela. Danke!“
Scheinbar machte das Ylenia noch wütender.
„Schön! Verrate ihm ruhig alles! Ich werde meinen Kopf nicht hinhalten wenn sie das herausfinden!“
„Ich kann verstehen das du Angst vor meinen Brüdern hast und nicht in Schwierigkeiten geraten willst. Ich vertraue dir Ylenia, daran wird sich nie etwas ändern aber ich warne dich! Sollte sich dir die Gelegenheit bieten den anderen hiervon zu erzählen und du nutzt diese Gelegenheit, dann schwöre ich dir kannst du was erleben, ist das klar?“, entgegnete ich in fast schon in mörderischem Tonfall und machte einen Schritt auf sie zu. Sofort wich sie zurück was zur Folge hatte, dass sie das Gleichgewicht verlor und auf ihr Hinterteil fiel. Mit grimmiger Miene wandte ich mich wieder Nela zu.
„Mir ist zu Ohren gekommen das ihr auf der Suche nach Damodar und Nyima wart. Stimmt das?“
Ylenia warf Nela einen Blick zu, der sie zusammenzucken ließ. Doch nachdem ich beide einen mahnenden Blick zugeworfen hatte beruhigten sie sich.
„Ja, es stimmt.“, gab Nela leise zu.
„Machen meine Brüder gemeinsame Sache mit ihnen?“, hakte ich nach.
Darauf bekam ich keine Antwort.
„Lass die zwei in Ruhe, Ariel. Ich glaube sie haben dir genug Antworten geliefert.“, ertönte plötzlich eine mir all zu bekannte Stimme. Misstrauisch und auch ein wenig irritiert über ihre Reaktion starrte ich Faith an, die in der Tür stand.
„Du wagst es mir vorzuschreiben wie ich mit meinen Untergebenen zu reden habe?“, fragte ich wütend. Sie zog eine Braue hoch, dann wanderte ihr Blick zu Nela und Ylenia.
„Deine Untergebenen? Süßer, du solltest froh sein das ich sie überhaupt erst zu dir lasse! Schließlich könntet ihr euch gegen mich stellen.“
Als Antwort erhielt sie nur ein Knurren.
„Naja, egal. Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Damodar und Nyima. Willst du mit?“, meinte Faith schulterzuckend und sah mich fragend an. Wieder starrte ich sie überrascht an.
„Ist das dein Ernst? Dieses Risiko würdest du eingehen?“
Wieder zog sie die Brauen hoch.
„Risiko? Welches Risiko? Mag sein das die zwei Magier keine Unschuldslämmer sind aber wenn ich dabei bin kommen die beiden ganz bestimmt nicht auf dumme Gedanken!“
Ich dachte darüber nach. Vielleicht konnte ich ja so herausfinden was meine Brüder eigentlich vor hatten?
„Na, was ist? Kommst du nun mit oder nicht?“, riss mich Faith aus den Gedanken.
Ich nickte stumm.
. . .
Nicht viel später befanden wir uns in einer Art Keller. Einem ziemlich großen Keller, um genau zu sein. Ich sah mich etwas genauer um und entdeckte die faszinierendsten Kuriositäten.
Plötzlich durchfuhr mich ein eigenartiges Kribbeln. Ich sah mich für den Grund dafür um, doch ich konnte nichts und niemanden entdecken. Wir gingen durch einen kalten und feuchten Gang, der nur von ein paar Fackeln an den Wänden erhellt wurde. Der Gang mündete in einer riesigen Halle, die ebenfalls nur durch ein paar kleine Feuer beleuchtet wurde.
„Scheint keiner da zu sein.“, meinte ich nebenbei und ließ meinen Blick erneut schweifen.
Bücherregale, die bis unter die Decke reichten, zwei Schreibtische die voller Papier waren, Vitrinen mit alt aussehenden Dokumenten. Ich wusste nicht worüber ich mir zuerst Gedanken machen sollte. Doch viel Zeit zum nachdenken hatte ich nicht, Faith stieß ein Lachen aus uns unterbrach meine Gedankengänge.
„Ich hätte nicht gedacht das du dich so leicht hinters Licht führen lässt.“, meinte sie und warf mir einen kurzen Blick zu.
„Sie sind hier, du kannst sie fühlen. Ich will nicht behaupten das sie feige sind aber eine andere Umschreibung fällt mir im Moment nicht ein.“
Sie fing an zu grinsen, worauf ein alter Greis fluchend im Saal auftauchte.
„Du kleine Göre, was fällt dir ein . . .“, begann er, doch Faith hob die Hand und lächelte leicht.
„Halt die Luft an, du altes Plappermaul. Irgendwie musste ich dich ja aus deinem Versteck locken.“
Dann ließ sie ihren Blick schweifen.
„Was muss ich tun damit auch deine Frau ihr Versteck verlässt?“, fragte sie dann.
Der alte Kauz seufzte genervt.
„Sie ist überzeugt davon wieder ihren alten Job als Banshee auszuführen und ist unterwegs.“
Faith zog überrascht die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts. Ich kannte eine Menge Dämonen und andere Wesen die sich so im Universum herumtrieben, doch von einer Banshee hatte ich noch nie gehört.
„Eine Banshee ist eine Art weiblicher Geist, der den Tod in der Familie ankündigt.“, meinte Faith. Ich wusste nicht der wievielte überraschte Blick das war, den ich ihr zuwarf, ich vermutete es war einer zu viel.
„Aber ich dachte sie sei auch eine Magierin?“, sagte ich.
Der alte Mann, von dem ich endlich begriffen hatte das es Damodar war, übernahm das Wort.
„Das ist sie auch. Aber so wie ich hatte sie davor noch einen anderen „Job“. Sie war eine Banshee, ich ein Redcap.“
Ich wollte bereits etwas erwidern, doch er ließ mich gar nicht zu Wort kommen. Irgendwie war es ein Scheiß Gefühl zu wissen, dass man nichts zu melden hatte.
„Ein Redcap ist ein blutrünstiger Elf, der sich mit dem Blut seiner Opfer die Kopfbedeckung einfärbt, daher der Name.“, erklärte der alte Mann.
Ein Schauer überlief mich. Ich hätte nie gedacht das es solch Wesen hier gab. Ich verkniff es mir zu seufzen. Was dachte ich da eigentlich für einen Stuss? Ich konnte mir doch denken das es noch eine Menge weiterer solch grausame Viecher gab.
„Genug geplaudert.“, unterbrach uns Faith. „Mir ist da etwas zu Ohren gekommen, was mir gar nicht gefällt.“
Damodar´s faltige Stirn kräuselte sich.
„Habt ihr Kontakt zu den Erzengeln?“, platzte es auch schon aus Faith heraus.
Nachdenklich sah ich sie an. Sie war wirklich direkt geworden. Plötzlich schoss mir ein Moment der Vergangenheit in den Kopf . . .

„Warum hast du nicht gesagt, dass das zu viel für dich ist?“, fragte ich und hob sie hoch.
Sie hatte die Trainingseinheit dieses Mal irgendwie nicht gut überstanden. Sie wirkte nachdenklich und abweisend, so als würde sie sich über irgendetwas den Kopf zerbrechen. Sie hatte sich nicht auf den Kampf konzentriert. Ich hatte gehofft sie würde mit ein paar kräftigen Angriffen meinerseits endlich wach werden, doch so war es nicht.
„Niemals werde ich dir gegenüber Schwäche zeigen!“, flüsterte sie und schloss die Augen.
Ein leichtes Lächeln zierte ihre vollen Lippen.
„Wie kann man nur so stur sein?“, erwiderte ich, ebenfalls lächelnd über ihre Dickköpfigkeit.
„Nächstes Mal sagst du Bescheid wenn du nicht mehr kannst, klar?“, sagte ich dann und trug sie in ihr Zimmer. Sie antwortete nicht. Nachdenklich sah ich sie an. Sie war so zerbrechlich und doch war sie eine der stärksten Frauen die mir je begegnet waren. Nicht zu fassen das sie einmal der Teufel sein würde. Sie war gar nicht so zickig wie sie immer tat. Schon oft hatte ich sie weinen sehen, wenn sie glaubte das sie alleine war. Davon wusste sie nichts und es war besser wenn es auch so bleiben würde. Sie würde nur wütend werden wenn sie davon erfuhr. Dennoch wollte ich sie in solchen Situationen immer gerne trösten. Ob sie sich wohl einsam fühlte? Ihre Brust hob und senkte sich gleichmäßig, weshalb ich dachte sie sei eingeschlafen. Ihr Kopf fiel gegen meine Brust wodurch ich lächeln musste. Doch dann . . .
„Dévil?“
„Hm?“
„Wie lange wird das noch so gehen?“, hauchte sie. „Wie oft werden wir noch trainieren?“
„Das weiß ich nicht, Kleine.“, antwortete ich wahrheitsgemäß. „Warum fragst du?“
Ihre grauen Augen öffneten sich und sie starrten ins Nichts. Das Lächeln auf ihren Lippen glich dem einer Puppe.
„Weil es schade wäre wenn wir irgendwann . . .“
Sie beendete ihren Satz nicht. Wir hatten inzwischen ihr Zimmer erreicht, weshalb sich ihre grauen Augen jetzt auf mich richteten.
„Du kannst mich `runter lassen.“, meinte sie und lächelte wieder.
Meine Stirn legte sich in Falten.
„In deinem Zustand? Lieber nicht.“
Ich stieß ihre Zimmertür auf, steuerte auf das Bett zu und legte sie behutsam darin ab.
„Warte hier, ich bin gleich zurück.“, sagte ich und verschwand in Richtung Badezimmer.
Als ich mit den nötigen Sachen, wie Handtücher und eine Schale Wasser wiederkam sah ich, dass sie eingeschlafen war. Ich konnte mir ein leises Kichern nicht verkneifen. Doch das Lachen verging mir wieder als ich meinen Blick über ihren Körper schweifen ließ. Die knappe Kleidung die sie trug lenkte alle Aufmerksamkeit auf ihre Verletzungen, die man natürlich nicht unbehandelt lassen konnte. Leise seufzend und so vorsichtig wie ich konnte begann ich, die Wunden zu reinigen und zu versorgen. Nachdem ich das erledigt hatte wollte ich ihr Zimmer verlassen, doch als ich aufstehen wollte hielt mich irgendetwas zurück. Irritiert starrte ich Faith´s Hand an, die sich an meinem Arm festkrallte. Ich seufzte leise. Sie hatte es vielleicht noch nie zugegeben und sie würde es wahrscheinlich auch nie zugeben aber sie mochte mich, dessen war ich mir jetzt bewusst.
„Du bist unmöglich, Süße . . .“, murmelte ich und löste vorsichtig ihre Hand von meinem Arm.
Ich deckte sie zu, dann verließ ich das Zimmer . . .


Eine lange Stille war entstanden, denn Damodar hatte nicht auf Faith´s Frage geantwortet.
„Was ist so lustig?“
Die Stimme des Teufels holte mich zurück in die Gegenwart. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich die ganze Zeit über grinsen musste.
„Nichts . . .“, murmelte ich.
Einen Moment lang sah sich mich noch eindringlich an, dann wandte sie sich wieder an Damodar.
„Kriege ich dann mal eine Antwort?“, fauchte sie.
„Ich weiß nicht was du meinst.“, sagte der Alte, wandte sich ab und ließ sich an einem der Schreibtische nieder.
„Oh, ich glaube du weißt sehr wohl was ich meine.“, begann Faith die Diskussion. „Zwei Engel haben nach euch gesucht! Willst du mir weiß machen das du keine Ahnung hast was die von dir wollen?“, brüllte sie.
„Mir ist völlig egal was die von mir wollen! Mit diesen Schnöseln will ich nichts zutun haben!“, keifte Damodar und schlug die Hände auf den Tisch.
Faith biss sich auf die Lippe und starrte den Magier wütend an.
„Sollte ich herausfinden das ihr gemeinsame Sache macht, dann schwöre ich dir werde ich sowohl deiner Frau als auch dir gegenüber keine Gnade zeigen, ist das klar?“
Wieder bekam sie keine Antwort. Mit einem Knurren wandte sie sich ab und stapfte davon.
Leise seufzend folgte ich ihr. Bevor wir den Saal verließen sah ich noch einmal über meine Schulter. Damodar starrte uns an, als würde er sowohl Faith als auch mich am liebsten umbringen wollen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl wandte ich meinen Blick wieder ab. Je weiter wir uns von ihm entfernten, desto mehr ließ dieses komische Kribbeln nach.
„Dieser Kerl ist mir nicht geheuer.“, meinte ich leise.
„Mir auch nicht.“, antwortete Faith schlecht gelaunt.
Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zurück, doch wir hatten nicht einmal die Hälfte des Weges zurückgelegt als plötzlich jemand nach Faith rief. Wir drehten uns um und entdeckten eine alte Frau, die genauso genervt aussah wie Faith auch.
„Du warst bei meinem Mann, nicht wahr?“, murmelte sie und blieb vor uns stehen.
Verstehe, das war also Nyima . . .
Faith nickte nur. Die fast schwarzen, weisen Augen der alten Frau richteten sich auf mich.
„Wenn ich mich nicht täusche bist du Ariel, einer der Erzengel. Darf ich fragen was du hier machst?“
Faith mischte sich nicht ein, was mich überraschte.
„Ich bin nicht freiwillig hier.“, sagte ich nüchtern.
Die Augen von Nyima verengten sich und richteten sich auf den Teufel neben mir.
„Hältst du ihn hier fest?“, fragte sie mit krächzender Stimme.
Wieder nur ein Nicken. Die alte Frau brummte etwas, dann sah sie sich um.
„Nun gut, ich glaube es ist besser wenn wir an einem Ort sprechen wo wir unter uns sind.“
Sie wies auf ein zerfallenes Gebäude und als ich genauer hinsah, entdeckte ich eine Art Kneipe.
„In letzter Zeit ist dort nichts los, wir werden dort ungestört sein.“, erklärte Nyima.
Mit einem genervten Seufzen ging Faith voraus.
„Ich hoffe das du einiges weißt, ich verschwende meine Zeit nicht gerne mit alten und unhöflichen Tattergreisen!“
Nyima stieß ein verächtliches Schnauben aus und folgte ihr.


_____5_____




„Scotch?“, fragte ich perplex, als Faith mit einem Glas in der Hand zu unserem Tisch in der hintersten Ecke kam. Sie zuckte mit den Schultern und grinste dann breit.
„Ich bin kein kleines Mädchen mehr.“, sagte sie und setzte sich zu uns.
Nyima unterbrach unser kleines Gespräch durch ein Räuspern.
„Was wolltet ihr von meinem Mann?“, fragte sie.
Faith nippte an ihrem Glas und brummte leise.
„Zwei Engel befinden sich zurzeit in meiner Obhut. Sie wollten zu euch. Nun würde ich gerne wissen warum!“, sagte sie schließlich. Es machte keinen Unterschied ob sie lauter oder leiser sprach, ihre Worte hätten in jeder Situation hart geklungen. Der Druck in ihrer Stimme war sogar schon in der Luft zu spüren. Schon wieder eine extrem angespannte Situation. Inzwischen kotzte mich das wirklich an!
Die Verblüffung stand Nyima deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich fragte mich, was sie so aus der Fassung brachte.
„Sie sehen aus als wüssten Sie etwas.“, meinte ich vorsichtig und aufmerksam.
Die alte Frau schloss für einen Moment die Augen und seufzte.
„Naja, nicht direkt. Dennoch ist mir aufgefallen das in letzter Zeit ziemlich viele Engel bei uns auftauchen. Ich weiß nicht was mein Mann mit ihnen zutun hat, ich habe jedenfalls keine Ahnung.“
Faith´s Augen verengten sich.
„Nehme es mir nicht übel, Nyima aber ich weiß nicht ob ich das glauben soll oder viel mehr kann!“
Die Banshee nickte weise.
„Ja, ich weiß schon, du vertraust meinem Mann und mir nicht aber dieses Mal habe ich keinen Grund dich anzulügen. Ich weiß aber nicht wie das bei meinem Mann aussieht. Wie hat er denn auf deine . . . Anschuldigung reagiert?“
„Tja, so wie immer. Nicht wissen was gemeint ist und leugnen. Damit kennst du dich doch auch aus, oder nicht?“
Der Unterton in Faith´s Stimme ließ Nyima wütend werden.
„So viel Frechheit von solch einer Göre ist wirklich unverschämt!“, keifte sie.
„Ich bin der neue Teufel, meine Liebe. Gewöhn` dich daran! Glaub nicht, dass ich wegen dir meine scharfe Zunge entschärfen werde!“
Ich konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken. Tja, nun galt Nyima´s wütender Blick mir.
„Sowohl Sie als auch Faith sind sehr mächtig aber ich schätze als Teufel ist Faith Ihnen überlegen.“, meinte ich schulterzuckend, immer noch leise lachend.
Keine der beiden sagte etwas dazu. Ich seufzte leise.
„Glauben Sie, Sie schaffen es mehr aus ihrem Mann herauszubekommen?“, fragte ich.
„Ich wüsste nicht warum ich das versuchen sollte.“, antwortete die Alte schulterzuckend.
Ich tauschte einen Blick mit Faith aus. Sie hatte Recht als sie sagte, dass sich die zwei vermutlich nicht kooperativ zeigen würden.
„Was verlangst du?“, meinte Faith und zog fragend die Brauen hoch.
„Im Austausch für meine Hilfe verlange ich deine Gefühle.“, erwiderte Nyima.
Perplex starrte ich Faith an die erst überrascht aussah, doch dann anfing zu lachen.
„Jetzt mal im Ernst, glaubst du wirklich das ich überhaupt noch Gefühle besitze?“, lachte sie.
Die Magierin blieb ernst.
„Mag sein das du keine Gefühle verspürst, dennoch besitzt du welche, so wie jeder andere auch.“, meinte sie monoton.
Nun sah Faith nachdenklich aus.
„Ich denke über dein Angebot nach.“, meinte sie schließlich mit einem, irgendwie seltsamen, Lächeln und erhob sich. Zielsicher steuerte sie auf die Bar zu, auf dessen Theke sie schließlich einen Geldschein knallte. Wortlos verließ sie die Kneipe.
„Sie hat sich verändert, hm?“, riss mich Nyima aus meinen Überlegungen.
Ich nickte bloß.
„Trauerst du ihrer alten Persönlichkeit nach?“, fragte sie dann.
„Ich weiß nicht . . .“, antwortete ich wahrheitsgemäß. Ich wusste es wirklich nicht.
Einerseits ja, andererseits konnte man sich über einige jetzige Charakterzüge nicht beschweren.
„Du solltest aufpassen.“, meinte sie dann. „Nachdem ihr Luzifer getötet habt lief hier wirklich einiges aus dem Ruder. Die Kleine hatte sich nicht mehr unter Kontrolle und bekam immer wieder einen Wutanfall. Sie hat gelernt ihre Gefühle außen vor zu lassen und unterdrückt sie, dass heißt aber nicht das sie ihre Wut nun unter Kontrolle hat. Ich mochte sie von Anfang an nicht, dennoch tut sie mir irgendwie leid. Einige Monate nach dem Tod ihres Vaters hatte sie sich mit der neuen Situation abgefunden. Sie zog sich immer mehr zurück, doch irgendwann war sie erneut wie ausgewechselt. Aus dem wütenden und trauerndem Mädchen ist eine kalte Person geworden die ihren Job verdammt ernst nimmt. Die meisten hier haben einfach nur Angst vor ihr und wissen nicht, woran sie bei ihr sind. Nie weiß man was sie als nächstes macht oder wie sie auf neue Situationen reagiert . . .“
Nachdenklich lauschte ich ihren Worten. Scheinbar waren die vergangenen Jahre ziemlich schwer für Faith.
„Wie auch immer . . . du solltest ihr gegenüber immer vorsichtig sein.“, sagte sie noch, ehe sie sich erhob und ebenfalls auf die Tür zusteuerte. Seufzend stand auch ich auf und ging nach draußen, wo Faith ungeduldig mit dem Fuß wippend auf mich wartete.
„Worüber habt ihr gesprochen?“, fragte sie nachdem wir einige Meter zurückgelegt hatten.
„Nichts besonderes . . .“, log ich. „Was hast du nun vor? Willst du im Austausch für ihre Hilfe wirklich auf deine Gefühle verzichten?“, wechselte ich das Thema.
Nachdenklich sah sie einfach nur geradeaus. Dann zuckte sie mit den Schultern. Ich seufzte leise und versuchte mich in sie hinein zu versetzen. Wie mochte sie sich wohl gerade fühlen? Wie sah es in ihrem Inneren aus? Erst als sie mich ansah bemerkte ich, dass ich sie die ganze Zeit über angestarrt hatte.
„Bin ich wirklich so hübsch oder gibt es einen anderen Grund dafür, dass du mich anstarrst?“, sagte sie.
Ich musste schmunzeln.
„Ja, du bist hübsch. Sehr sogar! Aber es gibt einen weiteren Grund für mein Starren.“
Ich wurde ernst und leiser.
„Ich habe dich angelogen. Nyima und ich haben nicht nur über belangloses Zeug geredet. Sie hat mir von den vergangenen Jahren erzählt.“, begann ich fast schon flüsternd und wartete auf ihre Reaktion. Zu meiner Verblüffung schwieg sie und sah mich einfach nur mit leerem Blick an.
Ich fuhr fort.
„So wie sie mir die Situation geschildert hat schien es . . . als hättest du wirklich gelitten. Viele glauben du wärst inzwischen so abgehärtet das du nichts mehr empfindest. Aber einige wenige wissen, dass das . . . nicht stimmt. Du verdrängst deine Gefühle zwar, kannst sie aber nicht vollkommen unterdrücken.“
„Worauf willst du hinaus?“, fragte sie mit wütendem Unterton und zog eine Augenbrauen in die Höhe. Ich lächelte, doch es war ein trauriges Lächeln.
„Weißt du, als wir vorhin bei Damodar waren fiel mir etwas ein. Ein Moment bei dem ich heute noch lächeln muss. Ich weiß nicht wie es jetzt mit deinen Gefühlen steht aber ich weiß, dass du mich damals nicht verlieren wolltest, ist es nicht so? Du hast es nie ausgesprochen aber ich weiß, dass du mehr für mich empfunden hast, als dir lieb war . . .“
Ihre Augen verengten sich.
„Sei ehrlich! Wie viel ist von deinen Gefühlen noch übrig geblieben?“, flüsterte ich, blieb stehen und neigte mich ihr ein wenig zu.
„Dir gegenüber oder allgemein?“, fragte sie.
„Allgemein.“, murmelte ich.
Mein Blick streifte ihre Lippen, dann wieder ihre Augen.
„Fast alles!“, hauchte sie, dann war sie auch schon wieder zurückgewichen.
Ich wollte nach ihrer Hand greifen, doch sie war schon weiter gegangen.
„Mach dir keine Sorgen, es geht mir gut. Natürlich habe ich noch Gefühle und einige von ihnen sind schmerzhaft aber wenn ich nicht über sie nachdenke oder rede ist alles bestens! Und jetzt such dir ein anderes Thema aus worüber du mit mir reden willst. Oder noch besser! Sag einfach nichts . . .“
Ich stieß ein Seufzen aus und setzte mich wieder in Bewegung.


_____6_____




„Ich bin in meinem Zimmer. Ich will nicht gestört werden.“, sagte ich monoton und ließ Ariel stehen. Ich konnte seinen Blick im Rücken spüren, doch das war mir jetzt egal.
Nachdem ich meine Zimmertür mit einem lauten Knall ins Schloss geknallt hatte riss ich mir die Klamotten vom Leib und ging ins Bad, wo ich unter die Dusche sprang.
Ich sog scharf die Luft ein als das kalte Wasser meine Haut traf. Doch die Kälte hatte nicht den gewünschten Effekt. Mein Kopf war immer noch voll . . . Langsam wurde das Wasser wärmer, bis es schließlich so heiß war, dass meine Haut sich rot färbte.
Wütend biss ich mir auf die Lippe, bis sich Blut mir Wasser vermischte und meinen Körper hinab lief. Mit der Faust schlug ich gegen die Fliesen, jedoch nicht annähernd so kräftig, dass sie zersplitterten.
In mir tobte ein Sturm und ich wünschte mir in diesem Moment wirklich, dass ich keine Gefühle mehr besaß. Gefühle waren unnütz! Sie störten, machten Schwierigkeiten und ließen einen die dümmsten Dinge anrichten. Ich stieß einen Schrei aus, sprang aus der Dusche und schlug den großen Spiegel kaputt, der über dem Waschbecken hing. Wieder tropfte Blut zu Boden.
Ich kauerte mich auf dem Boden zusammen und fing an zu weinen. Warum war alles so scheiße?
Warum war ich immer noch nicht über all das hinweg?
Warum dachten alle das ich keine Gefühle besaß? Warum erkannte niemand, dass ich nur Hilfe haben wollte? Warum gab es niemanden der mich verstand? Alles was ich wollte war jemanden, der mich unterstützt. Der mich versteht und mir einen Rat gab wenn ich ihn brauchte. Jemanden, der wusste wie es wirklich in mir aussah! Vielleicht gab es ja solch eine Person, vielleicht aber auch nicht. Ich wusste es nicht. Doch die Hoffnung das es solch eine Person gab, war schon vor langem gestorben. Ich hatte geglaubt Ariel sei dieser Jemand, doch er hatte mich allein gelassen!
Doch teilweise war ich selbst Schuld. Alle glaubten das ich hinterhältig war und hatten Angst vor mir. Doch wie sollte es auch anders sein? Schließlich ließ ich meine Wut immer an anderen aus.
Ich wollte nicht das jemand von ihnen merkte, wie hilflos ich mich fühlte, nur deshalb verbarg ich meine Gefühle vor den anderen. Das einzige was ich zeigte war meine Wut und die Gleichgültigkeit.
Zitternd erhob ich mich, dann griff ich nach einem Handtuch und wickelte es mir um. Ich stellte das noch immer laufende Wasser ab und begann dann, die Scherben auf dem Boden aufzusammeln.
Immer mehr Tränen tropften zu Boden, wo sie sich mit meinem Blut vermischten.
Ich hatte oft solche Anfälle . . . Man sollte meinen das meine Wut auf die Welt irgendwann verflogen sein sollte, doch so war es nicht. Ich war über den Tod von Abby und meinem Vater inzwischen hinweg, doch was blieb war die Wut auf die Erzengel. Doch das was mich am meisten ankotzte war, dass Ariel es gewagt hatte mit ihnen nach Himnaríki zurückzukehren.
Ja, ich hatte ihn geliebt. Doch ich wusste nicht ob ich das immer noch tat. Ich war wütend auf ihn. Unglaublich wütend! Doch sein Kuss ließ es mich vergessen. Verwirrt schüttelte ich den Kopf.
Verdammt, irgendwas stimmte doch nicht mir mir! Auf der einen Seite war ich froh über diesen Kuss, denn nun wusste ich, dass Ariel mir gegenüber noch etwas empfand. Andererseits machte mir der Kuss es nur noch schwerer als es ohnehin schon war. Selbst wenn es von den Gefühlen her noch passen würde könnte ich mich dennoch nicht darauf einlassen. Da er nun wieder ein Erzengel war würde unserer Beziehung etwas im Weg stehen. Ich hielt kurz inne und schüttelte dann wieder den Kopf.
Nein, ich würde mich meinen Gefühlen ihm gegenüber nicht hingeben! Das würde nur wieder Schmerzen mit sich bringen!
Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür.
„Faith?“
Ich erstarrte. Das war Ariel.
„Hau ab!“, sagte ich möglichst monoton und sammelte weiter die Scherben auf.
Doch genau wie damals ließ er sich keine Befehle erteilen. Die Tür öffnete sich, doch zum Glück hatte ich ihm den Rücken zugewandt. So konnte er meine Tränen nicht sehen. Seine Hand legte sich auf meinen Rücken, doch ich sprang auf, wirbelte herum und stieß ihn weg.
„Fass mich nicht an!“, fauchte ich.
Ariel starrte mich an. Ich konnte den Ausdruck in seinen Augen nicht deuten. Alles was ich erkennen konnte war der Schock. Er ließ den Blick schweifen, worauf sich seine Augen immer mehr weiteten. Dann richteten sich seine blauen Augen wieder auf mich.
Sofort wandte ich ihm wieder den Rücken zu. Jetzt hatte er mich doch heulen sehen.
Wieder stieg Wut in mir auf. Wut über mich selbst. Nun vergoss ich noch mehr Tränen . . .


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Ich wusste nicht was ich hiervon halten sollte. Etwas unbeschreibliches lag in ihrem Blick.
War es Angst? Tränen rannen ihr über die Wangen, doch ehe ich darauf hätte reagieren können hatte sie mir wieder den Rücken zugewandt. Mir war klar das sie nicht wollte das ich sie so sah. Doch jetzt war es zu spät. Ihr Anblick hatte sich in meinem Kopf eingebrannt und so schnell würde ich ihn nicht vergessen können. Wieder ließ ich meinen Blick schweifen.
Der Spiegel war zerbrochen, ihre Lippe blutig und auch an ihrer Hand lief das Blut hinab.
Die Wunden waren schon längst verheilt, doch das Blut lief noch immer. Sie hatte die Angewohnheit auf ihre Lippe zu beißen, deswegen war mir sofort klar warum ihr Mund so aussah.
Aus dem zerbrochenen Spiegel und ihrer blutigen Hand schloss ich, dass sie den Spiegel mit der Faust kaputtgeschlagen hatte.
„Was machst du immer für Sachen?“, murmelte ich leise und nahm vorsichtig ihre Hand.
Ich hatte erwartet, dass sie sie wegzieht, doch bis auf das sich der Griff ihrer Hand verstärkte, passierte nichts. Ich zog sie ans Waschbecken, wo ich den Wasserhahn aufdrehte und ihre Hand unter den Wasserstrahl hielt.
„Man sollte meinen das du dich verändert hast aber meistens benimmst du dich noch genauso wie damals. Zum Beispiel bist du immer noch unglaublich stur!“, sagte ich dann um nicht weiter die Stille ertragen zu müssen. Ich bekam keine Antwort. Nachdem ich das Blut von ihrer Haut gewaschen hatte stellte ich mich hinter sie. Ich zog ein Band aus meiner Tasche, fasste ihre langen Haare im Nacken zusammen und wickelte sie mit Hilfe des Bandes zu einem Knoten.
Dann machte ich meine Finger nass, stellte mich wieder vor sie und wischte ihr dann mit meinen Fingern über die Lippen. Mit großen Augen starrte sie zu mir hinauf.
„Bist du wütend oder traurig?“, fragte ich leise und sah in ihre Augen.
„Beides . . .“, hauchte sie und wich meinem Blick aus.
Ich zog überrascht die Brauen hoch als ich sah wie sich ihre Wangen rot färbten.
„Faith.“, sagte ich leise als sie sich wieder auf die Lippe biss. „Was ist los? Irgendwas bereitet dir doch Kummer.“, fügte ich hinzu.
„Kümmere dich um deine Angelegenheiten.“, fauchte sie und versuchte zurückzuweichen.
Doch ich packte sie an den Schultern und hielt sie fest.
„Welche Angelegenheiten?“, knurrte ich. „Jetzt wo ich hier bin muss ich mir nur um eins Gedanken machen. Und zwar um dich!“
Ihr Körper versteifte sich.
„Was redest du da für einen Müll?“, flüsterte sie. Dann schaffte sie es doch sich aus meinem Griff zu befreien.
„Behandle mich nicht wie ein kleines, hilfebedürftiges Kind!“, schrie sie dann.
Ich seufzte genervt.
„In diesem Moment benimmst du dich aber wie eines!“, brummte ich, worauf sie noch wütender wurde.
„Sieh dich doch an!“, brüllte ich. „Glaubst du ich bin blind? Du bist eine verdammt gute Schauspielerin aber mir kannst du nichts vormachen! Also hör gefälligst auf mit der Scheiße!“
Wieder erstarrte sie. Sie sah mich mit großen Augen an und fiel dann auf die Knie. Der Knoten in ihrem Nacken hatte sich gelöst, weshalb ihre Haare ihr wie ein Vorhang über die Schultern fielen.
Erneut seufzend kniete ich mich neben sie und strich ihr die Haare zur Seite.
„Ich will deine Hilfe nicht.“, fauchte sie und schlug meine Hand weg.
Mit einem traurigen Lächeln umschlang ich sie und drückte sie an mich.
„Doch, du willst sie. Du brauchst sie sogar! Du bist nur zu stolz um das zuzugeben . . .“, sagte ich und strich ihr übers Haar. Ihre Hände verkrallten sich in meinem Hemd und sie begann zu zittern.
„Du lügst . . .“, murmelte sie.
Sogar ihre Stimme zitterte!
„Süße, wie lange willst du noch so tun als ob alles in Ordnung wäre? Es tut verdammt weh dich so sehen zu müssen!“, erwiderte ich.
„Hör auf so etwas zu sagen!“, nuschelte sie gereizt, worauf sich ihre Finger nun in meine Haut gruben.
„Nein, sonst begreifst du es ja nicht.“, meinte ich.
Darauf antwortete sie nicht. Ich erhob mich und zog sie ebenfalls auf die Beine. Dann nahm ich vorsichtig ihre Hand und zog sie mit. In ihrem Zimmer drückte ich sie auf ihr Bett, dann ging ich zum Kleiderschrank und nahm frische Kleidung heraus.
„Zieh dich an.“, sagte ich monoton und warf ihr die Sachen zu. Verwirrt sah sie erst die Sachen, dann mich an. Doch dann zog sie sich tatsächlich an.
„Schau nicht so . . .“, fauchte sie leise und warf mir einen giftigen Blick zu.
Ich lachte leise.
„Du scheinst vergessen zu haben was mal zwischen uns gewesen ist.“
Ich erstarrte denn . . . sie lächelte!
„Wie könnte ich das vergessen?“, murmelte sie.
Sie schloss die Augen, doch schon nach kurzer Zeit ruhte ihr Blick wieder auf mir.
Irgendwie kam ich mir . . . hilflos vor. Ich hatte keine Ahnung was ich nun sagen, geschweige denn machen sollte.
„Du weißt auch nicht was du sagen sollst, hm?“, riss mich ihre Stimme aus den Gedanken.
Überrascht sah ich sie an, dann konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen.
„Nein, nicht im geringsten!“, sagte ich kopfschüttelnd.
„Ich habe dich vermisst, Ariel!“
Nun konnte ich meine Verblüffung nicht unterdrücken. Vollkommen ernst sah sie mich an, alles in ihrem Gesicht deutete darauf hin, dass sie es wirklich ernst meinte! Ich hatte keine Ahnung was ich darauf erwidern sollte, doch schließlich gelang es mir doch etwas zu sagen.
„D-Du machst Witze, oder?“, stotterte ich.
„In dieser Angelegenheit beliebe ich nicht zu scherzen.“, antwortete sie.
Sie erhob sich und kam auf mich zu, doch ich konnte nichts tun. Ich konnte mich einfach nicht bewegen, auch nicht, als sich ihre Arme um mich schlangen und sie mich umarmte.
Sie schwieg, doch das war mir egal. Zögerlich drückte ich sie an mich. Ich hatte sie doch auch vermisst, nur war es verdammt schwer das zuzugeben. Innerlich schüttelte ich den Kopf über mich selbst. Ich hatte ihr gebeichtet das ich sie noch immer wollte aber um zu sagen das ich sie ebenfalls vermisst hatte war ich zu feige. Ich Idiot!
„Ich war ein Arsch. Tut mir leid . . .“, nuschelte ich dann.
„Du bist immer noch eins . . .“, kam es zurück.
Hörte ich da etwa ein Lächeln in ihrer Stimme?
„Du hättest mich ruhig schon bei unserer ersten Begegnung umarmen können . . .“, brummte ich, worauf sie von mir abließ und die Arme verschränkte.
„Das hast du nicht verdient!“, meinte sie trotzig und drehte ihren Kopf dann weg, sodass ich sie nicht mehr ansehen konnte.
„Eigentlich verdienst du es immer noch nicht.“, murmelte sie leise.
Wieder musste ich leise lachen. Dann atmete ich tief durch. Ich machte einen Schritt, fasste ihr Gesicht, drehte es zu mir und küsste sie. Zum zweiten Mal. Ihre Augen waren weit aufgerissen, doch dann schlossen sie sich. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken als sie den Kuss erwiderte.
Ich wurde drängender, doch das schien ihr nichts auszumachen. Sie ließ zu das ich sie Richtung Bett drängte. Kaum lagen wir im Bett begannen wir auch schon uns auszuziehen.
Tja und so nahmen die Dinge ihren Lauf . . .


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„Nicht schon wieder . . .“, seufzte Faith und schlug die Augen auf. „Wir haben immer noch nicht aus unseren Fehlern gelernt . . .“, fügte sie hinzu.
Ich setzte mich auf und starrte sie perplex an.
„Fehler?“, murmelte ich und dachte sie hätte es nicht gehört. Pustekuchen!
„Natürlich.“, sagte sie und setzte sich ebenfalls auf. „Wie würdest du das hier sonst nennen? Eine göttliche Fügung, oder was?“
Ich fing an ihren Sarkasmus zu hassen.
„Nicht unbedingt aber . . .“
Sie unterbrach mich und kletterte über mich hinweg.
„Glaubst du wirklich, dass ich das hier gut heiße?“, sagte sie und begann ihre Sachen aufzusammeln.
„Es fängt genauso an wie damals . . . Ich will gar nicht wissen wie es enden würde.“, sagte sie dann.
„Was meinst du damit?“, fragte ich misstrauisch.
Nachdem sie schnell in ihre Sachen geschlüpft war richteten sich ihre grauen Augen wieder auf mich.
„Hast du, beziehungsweise glaubst du noch immer, dass das hier ein Happy End haben wird?“, fragte sie leise, vollkommen ernst. Ich antwortete nicht. Nicht, weil ich nicht antworten wollte, sondern weil ich nicht wusste ob ich das glaubte. Ich seufzte. Diese Frau schaffte es auch immer wieder mich zu verwirren.
„Die Tatsache das du ein Erzengel bist und ich der Teufel würde eine Beziehung niemals zulassen.“, meinte sie dann.
Ich erstarrte. Sie hatte Recht! Laut ihrer und meiner Gesetze wäre das verboten.
„Seit wann hält sich der Teufel an Regeln?“, fragte ich gespielt und musterte sie.
Sie legte den Kopf schief und lächelte. Es war jedoch eher ein raubtierartiges Grinsen als ein Lächeln.
„Nicht immer, Erzengel eigentlich schon.“
Dann wurde sie wieder ernst.
„Keine Ahnung ob du es wusstest aber selbst ich muss Regeln befolgen.“, sagte sie ausdrucksstark.
„Würde ich das nicht tun wäre ich in Schwierigkeiten.“, fügte sie leise hinzu und wandte sich ab.
Ich fragte mich was sie damit meinte, fragte aber nicht nach, da sie eh nicht darauf antworten würde. Ich lachte leise.
„Ich habe in der kurzen Zeit die ich hier bin schon so einige Regeln gebrochen aber da die anderen ja nicht hier sind gibt es niemanden der mir dafür eine Strafe auferlegen könnte.“
Sie begann ebenfalls zu lachen.
„Was willst du nun tun? Tauschst du deine Gefühle gegen Nyima´s Hilfe aus?“
Mein schlagartiger Themawechsel schien sie ein wenig zu verwirren, doch sie ging darauf ein.
„Wenn ich ihre Hilfe will wird mir nichts anderes übrig bleiben.“, antwortete sie monoton.
Sie verschränkte ihre Arme.
„Du solltest auf ihre Hilfe verzichten.“, sagte ich leise worauf sie mich sowohl fragend als auch wütend ansah.
„Wie soll ich sonst an Informationen kommen? Damodar würde es bemerken wenn ich ihn von einem meiner Leute beobachten lassen würde.“
Mit einem Seufzen stieg ich aus dem Bett. Ich war noch immer nackt, doch das war mir egal.
Faith allerdings nicht so ganz. Mir blieb nicht verborgen das mich ihre Augen von oben bis unten musterten. Ich verkniff mir ein Lachen als ich sah, dass sie sich mal wieder auf die Lippe biss.
Ich ging auf sie zu und blieb nur wenige Millimeter vor ihr stehen. Dann beugte ich mich zu ihr hinunter. Nur leicht streiften meine Lippen ihre.
„Deine Lippen sind zu schade um kaputt gebissen zu werden.“, hauchte ich.
Sie erschauderte weshalb ich leise lachte. Dann wich ich etwas zurück und hob ihr Gesicht mit meiner Hand an.
„Deine Gefühle gehören nur dir, niemand sollte sie dir nehmen! Auch wenn du dir in vielen Situationen wünschst keine Gefühle zu besitzen, aber glaube mir, du würdest es bereuen wenn du sie ohne zu zögern weggeben würdest!“, sagte ich leise.
„Dann sag mir was ich sonst machen soll.“, forderte sie.
Doch darauf antwortete ich ihr nicht. Denn ich wusste es nicht. Ich zögerte.
„Vielleicht . . . Solltest du noch einmal mit Ylenia und Nela sprechen . . .“
Ihre Stirn legte sich in Falten als sie die Brauen hochzog und mich überrascht ansah.
„Du bist dir aber im klaren darüber, dass wenn die zwei mir keine Antworten liefern wollen, ich zu härteren Mitteln greifen muss, oder?“
Ich nickte schwach.
„Ich weiß aber was anderes wird dir jetzt wohl nicht übrig bleiben.“
Sie ging bereits auf die Tür zu als ich sie noch einmal am Arm zu fassen bekam.
„Drohungen sollten bei Nela ausreichen, mit Ylenia könnte es schwieriger werden. Du solltest sie dir getrennt vornehmen.“
Sie lächelte und nickte. Dann hatte sie sich auch schon von mir gelöst und war aus dem Raum verschwunden.
. . .
Als Faith den Raum betrat sah ich sie erwartungsvoll an.
„Und?“, hakte ich nach.
Seufzend ließ sie sich gegenüber von Amaya und mir auf dem Sofa nieder.
„Nela sagte die Erzengel wollen versuchen Damodar auf ihre Seite zu ziehen. Das war alles was ich aus ihnen herausgekriegt habe.“, meinte sie monoton. Dann zuckten ihre Mundwinkel.
„Ich muss zugeben ich war ziemlich überrascht. Ylenia sieht zwar nicht so aus aber sie hält eine ganze Menge aus!“
Meine Augen verengten sich. Ihr Tonfall gefiel mir nicht. Sie begann leise zu lachen, hatte sich aber schon nach einigen Sekunden wieder beruhigt.
„Keine Sorge, sie ist nicht tot! Lediglich ein bisschen angesengt!“
Ich riss die Augen auf.
„Angesengt? Soll das heißen du hast . . .?“, sagte ich leise und voller Panik.
Sie zuckte mit den Schultern und sah mich mit dem Blick eines Rehs an. Dann lächelte sie unschuldig.
„Ich mag das Feuer. Und wenn ich ungeduldig werde neige ich dazu meine Umgebung in Flammen aufgehen zu lassen.“, erklärte sie seelenruhig.
Meine Augen weiteten sich immer mehr. Doch ich riss mich zusammen, was nur leider keinen Unterschied machte. Ich knurrte sie wütend an, jedoch brachte sie das auch zum lachen.
Sie neigte den Kopf ein wenig und entblößte ihre Kehle, was mich unbewusst schlucken ließ.
„Geh nur, ich bin sicher sie werden sich freuen dich zu sehen.“, sagte sie mit einem arroganten Lächeln und wies mit der Hand auf die Tür.
Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Schon war ich aufgesprungen und aus dem Raum gestürmt.
„Was fasziniert dich so an ihm?“, hörte ich Amaya noch sagen.
Faith´s Antwort hätte mich auch interessiert, jedoch war ich schon außer Reichweite. Vielleicht würde ich Amaya später darauf ansprechen.
. . .
Nela! Ylenia!
Als ich die beiden erblickte blieb mir die Luft weg. Nela kauerte verängstigt in der Ecke, Ylenia hockte neben ihr, an der Wand lehnend und hielt ihre Hand. Leise flüsternd redete sie auf sie ein.
Ich stieß wieder ein Knurren aus. Ylenia sah wirklich schlimm aus. Die Sachen, oder viel mehr was davon übrig geblieben war, die sie an hatte waren zerfetzt und schwarz, vom Ruß. Sie hatte schlimme Verbrennungen an Armen und Beinen, die wortwörtlich unter die Haut gingen.
Haut war an einigen Stellen schon gar nicht mehr zu sehen, bloß das Fleisch, die Sehnen und die Muskeln. Hut ab. Ylenia bewahrte immer einen kühlen Kopf, egal in welcher Situation. Noch immer hatten mich die beiden mich nicht bemerkt. Nela wimmerte leise und ich machte mir in diesem Moment mehr Sorgen um sie als um ihre Freundin. Nela war sensibel, hielt sowohl physisch als auch psychisch nicht viel aus. Ich fragte mich was Faith mir ihr gemacht hatte.
Um ehrlich zu sein war ich gerade ziemlich wütend auf sie!
Ein Schritt und ihre Köpfe schossen hoch.
„Du wagst es uns noch unter die Augen zu treten?“, fauchte Ylenia.
Ich verzog das Gesicht als ich hörte wie wütend und schwach sie klang.
„Willst du mir etwas unterstellen?“, fragte ich und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Warum hast du das Weib nicht davon abgehalten? Hast du eine Ahnung was sie mit uns gemacht hat?“, keifte sie.
Sie ließ Nela´s Hand los, erhob sich mit wackeligen Beinen und breitete ihre Flügel aus.
Wieder blieb mir die Luft weg. Von dem strahlenden weiß jeder einzelnen Feder war nicht viel übrig geblieben. Ihre Schwingen waren grau, an vielen Stellen schwarz, nur hier und da blitzte es kurz weiß auf. Mehrere Löcher durchbrachen das Federkleid.
„Woher hätte ich wissen sollen, dass sie so brutal vorgeht?“, meinte ich und sah ihr wieder in die Augen. Sie stieß eine Art Schnauben aus.
„Ich dachte du hättest schon längst begriffen das sie nicht mehr das liebe Mädchen von damals ist! Bist du wirklich so blöd und glaubst noch an das Gute in ihr? Wenn ja bist du noch dümmer als ich dachte!“
„Hüte deine Zunge, Ylenia!“, brummte ich und wandte mich an Nela.
Ich ging vor ihr in die Knie und legte meine Hand an ihre Wange, was sie zusammenzucken ließ.
Sie versuchte zurückzuweichen, doch natürlich war das, aufgrund der Steinwände in ihrem Rücken, nicht möglich.
„Was hat sie mit dir gemacht, Nela?“, flüsterte ich. Doch sie wimmerte weiter, sie beachtete mich nicht.
Ylenia packte mein Handgelenk und wollte mich zurückziehen.
„Fass sie nicht an! Sie hat schon genug gelitten!“, sagte sie und zog noch einmal kraftvoll an meinem Arm. Ich richtete mich wieder auf und schlug Ylenia´s Hand weg.
„Es reicht!“, brüllte ich. „Glaubst du ich finde es toll euch so sehen zu müssen?“
Sie zuckte zusammen, doch meine Reaktion hinderte sie nicht daran immer noch einen Aufstand zu machen.
„Wenn du es wirklich so schlimm findest, wieso hast du dann nicht versucht was zu unternehmen?“, schrie sie mich an.
Genervt fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar.
„Das hätte nicht funktioniert . . .“, murmelte ich und wandte mich ab.
„Wo willst du hin?“, rief Ylenia sauer.
„Weg. Nach deinem Geschrei zu Urteile wollt ihr wohl nichts mehr mit mir zutun haben.“, antwortete ich gelassen und sah dabei kurz über meine Schulter. Verständnislos sah sie mich an.
„Wie bitte? Du haust einfach ab, ohne auch nur zu versuchen uns hier heraus zu holen?“
„Wieso sollte ich? Du benimmst dich wie ein Kleinkind, ich schätze es ist besser dich noch ein wenig hier verrotten zu lassen, damit du wieder zu Verstand kommst.“, erwiderte ich kalt.
„Das kannst du nicht machen!“, schrie sie, doch ich antwortete nicht. Ich war zu wütend.


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Als ich zurück kam war Faith nicht mehr da. Amaya lag auf dem Sofa und hielt ein Buch in der Hand. Als sie mich bemerkte ließ sie das Buch sinken und sah mich argwöhnisch an.
„Na, genug geplaudert?“
Meine Augen verengten sich, trotz ihrer kindlichen Art und ihrer hohen Stimme schien sie doch schon sehr reif zu sein. Ich antwortete nicht und ließ mich gegenüber von ihr in einen Sessel fallen.
„Tut mir leid.“, sagte ich tonlos und sah sie ausdruckslos an.
„Was meinst du?“, erwiderte sie und sah mich irritiert an.
„Gabriel ist ein herzloser Bastard! Tut mir leid das du seinetwegen deine Eltern verloren hast.“
Das schien sie noch mehr zu überraschen.
„N-Nicht doch . . .“, stotterte sie. „D-Das ist doch nicht deine Schuld!“
Ich seufzte bloß und wechselte dann das Thema.
„Wie lange lebst du schon hier?“, fragte ich.
„Fast vier Jahre.“, antwortete sie leise.
„Du scheinst dich hier wohl zu fühlen.“, stellte ich fest.
Ein leises Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Sie nickte.
„Ja. An Faith´s Stimmungsschwankungen muss man sich gewöhnen aber sonst ist sie echt nett!
Auch die anderen hier sind mir gegenüber sehr freundlich. Zugegeben sie sind alle ein wenig verrückt und manche können einem wirklich auf die Nerven gehen, nach einiger Zeit hat man jedoch sowohl die guten als auch die schlechten Eigenschaften von ihnen akzeptiert und liebgewonnen.“
Ihre Worte brachten auch mich zum lächeln. Ich hatte nicht vermutet das sie es hier so toll fand.
„Faith trainiert dich, oder?“, fragte ich weiter.
Wieder nickte sie.
„Hmmhm. Sie übertreibt es gerne aber es zeigt Wirkung!“, lachte sie.
Das Lächeln auf meinen Lippen wurde breiter. Doch ich hatte keine Chance etwas zu sagen, denn die Tür flog auf.
„Amaya, hast du . . .“
Meine Augen weiteten sich, mein Körper spannte sich an. An ihn hatte ich noch gar nicht gedacht.
Ein Hundedämon stand in der Tür und starrte mich fassungslos an.
„Du?“, stieß er mit einem furchteinflößenden Knurren aus.
Ich konnte mir ein Knurren ebenfalls nicht verkneifen.
„Lange nicht gesehen, Kieran.“, sagte ich monoton und starrte ihn wütend an.
All die Jahre über hatte ich mich gefragt wie es ihm wohl ging und was er wohl machte, jetzt wo ich in Pragaras verweilte, war er mir nicht einmal in den Sinn gekommen.
„Was hast du hier zu suchen?“, knurrte er und kam bedrohlich auf mich zu.
„Das könnte ich dich auch fragen.“, erwiderte ich nun ebenfalls wütend. „Ich bin jetzt schon mehrere Tage hier und dich sehe ich zum ersten Mal hier. Also was hast du hier zu suchen?“
Wenige Meter vor mir blieb er stehen, dann sah er mit schwarzen Augen auf mich herab.
„Ich wüsste nicht, was dich das zu interessieren hat.“, brummte er und verschränkte die Arme.
„Nun sag schon, was hast du an einem Ort wie diesem verloren?“, wollte er dann wissen.
Ich verschränkte ebenfalls die Arme und lehnte mich zurück. Ich wollte antworten, doch wieder wurde ich unterbrochen. Dieses Mal von Amaya.
„Er ist nicht freiwillig hier.“, sagte sie bloß.
Unsere Blicke glitten zu ihr, doch sie hielt schon wieder das Buch in der Hand und las weiter.
„Ist das wahr?“, wandte sich der Hund wieder an mich. Ich nickte.
„Ich an Faith´s Stelle hätte dich schon längst umgelegt!“, meinte er und schloss die Augen. Wütend sah ich zu ihm auf.
„Jetzt pass mal auf du hässlicher Köter! Ich glaube nicht das dich die ganze Sache hier etwas angeht. Also tu uns allen einen Gefallen und geh dahin zurück wo du hergekommen bist! Von der Straße!“
Er stutzte. Ich war noch immer wütend. Ich wusste das es falsch war meine Wut über Faith an ihm auszulassen, doch darüber machte ich mir jetzt keine Gedanken.
„Ich mag ihn!“, meldete sich wieder Amaya zu Wort. Wieder ließ sie das Buch sinken.
„Kieran ist oft hier, man kann sagen hier ist sein Zuhause. Also lass ihn in Ruhe!“, meckerte sie und sah mich vorwurfsvoll an.
„Schon gut, Amaya. So reden wir immer miteinander.“, sagte Kieran lächelnd.
Mit einem Schulterzucken widmete sie sich wieder ihrem Buch. Ich sah wieder zu meinem alten Freund auf.
„Faith spielte tatsächlich mit dem Gedanken mich zu töten. Aber wie du siehst lebe ich noch, sehr zu deinem Leidwesen, was?“
Nachdenklich sah er mich an, dann ließ er sich mit einem Seufzen in einen weiteren Sessel fallen.
„Nicht zu fassen das ich dich wiedersehe.“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand durch seine, für mich ungewohnt kurzen, Haare.
„Dito.“, erwiderte ich.
„Und? Wie ist euer Wiedersehen gelaufen?“, erkundigte er sich neugierig.
Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Schon saßen wir hier wieder wie die besten Kumpel.
„Anders als erwartet.“, gab ich zu.
„Inwiefern anders?“
Ich seufzte und beschloss mich kurz zu fassen. Ich hatte jetzt nicht den Nerv ihm alles bis ins kleinste Detail zu erzählen.
„Raphael beschloss das es an der Zeit war mal hier vorbeizuschauen. Wir haben nach Faith gesucht, bis sie dann hinter uns auftauchte. Gabriel und Amaya haben gegeneinander gekämpft und als Gabriel sie umbringen wollte hat Faith eingegriffen. In der Zeit meinte Amaya mich niederschlagen zu müssen. Tja, als ich aufgewacht bin meinte Faith ich sei ihre Geisel.“
Ich hatte meine Augen geschlossen und als ich sie wieder öffnete sah ich, dass Kieran sich ein Lachen verkneifen musste. Er kämpfte sichtlich dagegen an in schallendes Gelächter auszubrechen.
„Nicht dein Ernst!“, presste er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
Ich nickte stumm und schwieg. Wenn Kieran etwas lustig fand war es besser einfach so lange zu warten, bis er sich wieder beruhigt hatte. Nach einigen Minuten hatte er sich so weitgehend beruhigt um die nächste Frage zu stellen.
„Ich habe mehrere Fragen. Erst einmal will ich wissen was in den darauf folgenden Tagen passiert ist. Dann will ich wissen worüber ihr zwei alles geredet habt. Und zum Schluss würde ich gerne wissen warum du so wütend aussiehst!“
Ich fing an nachzudenken. Sollte ich ihm wirklich alles erzählen? Konnte ich ihm vertrauen?
Blöde Frage, natürlich konnte ich das. Wir waren mal Partner gewesen. Stillschweigen konnten wir beide schon immer gut.
„Naja, erst ist so gut wie nichts passiert aber dann gab es Neuigkeiten. Ylenia und Nela sind hier aufgetaucht und wie sich herausstellte wollten sie zu Damodar, dem Magier. Was sie bei ihm wollten haben sie allerdings nicht verraten. Sie hatten die Anweisung mir nichts zu sagen . . .“
Ich erzählte ihm wie wir Damodar besucht hatten, wie wir mit Nyima gesprochen hatten und von der Kriegserklärung meiner Brüder. Auch warum ich in diesem Moment so wütend auf Faith war. Doch eines verschwieg ich . . .
„Und weiter?“
Ich zog die Stirn kraus.
„Wie, und weiter?“, hakte ich nach.
Kieran lächelte. Es war ein verständnisvolles Lächeln, so, wie ich es schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Dir macht noch etwas ganz anderes zu schaffen, nicht wahr?“
Ich erstarrte und zögerte. Er kannte mich einfach zu gut . . .
„Komm schon, Alter! Raus mit der Sprache.“
Ich stieß ein Seufzen aus und begann auch mit dieser Geschichte.
„ . . . Dann sind wir im Bett gelandet.“
Fassungslos starrte er mich an. Er zog die Brauen hoch und rang schon wieder um seine Fassung.
Amaya stöhnte genervt und setzte sich auf.
„Verdammt, könntest du mit solchen Geschichten warten bis ich außer Reichweite bin?“
„Du wirst sie nicht darauf ansprechen, ist das klar?“, drohte ich, ohne meinen Blick von meinem Freund abzuwenden. Amaya gab ein genervtes „Wieso sollte ich?“ von sich und verschwand.
Frustriert wandte ich den Blick von Kieran ab.
„Das war noch nicht alles . . .“, brummte ich.
„Wie, kommt da etwa noch mehr?“, fragte er verdutzt.
„Leider ja.“, antwortete ich, machte eine kurze Pause und setzte dann fort. „Danach meinte sie das wir schon wieder den selben Fehler machen wie damals. Sie sagte, da ich nun wieder ein Erzengel bin würde einer Beziehung sowieso etwas im Wege stehen.“
„Das ist mies, man!“, murrte Kieran.
„Sie hat aber Recht. Mit meinem Rang darf ich nichts mit einem Höllenbewohner anfangen. Erst recht nicht mit dem Teufel höchstpersönlich! Ich kann von Glück sprechen, dass meine Brüder hiervon nichts wissen!“, sagte ich dann.
„Musste das sein?“
Erschrocken schoss mein Kopf in die Richtung der Stimme. Faith lehnte mit verschränkten Armen im Türrahmen.
„Jetzt weiß ich warum Amaya gerade so ein Gesicht gezogen hat.“, murmelte sie eher zu sich selbst als an uns gewandt. „Meinetwegen kannst du gerne damit prahlen das wir Sex hatten aber das was davor passiert ist hätte ruhig unter uns bleiben können.“, sagte sie dann und kam auf uns zu.
Ausdruckslos sah sie mich an, dann richteten sich ihre grauen Augen auf Kieran.
„Du wolltest mich sprechen?“, fragte sie.
Anstatt mit einem Ja zu antworten kam Kieran direkt zur Sache.
„Azazel hat mich um einen Gefallen gebeten und mich in die Menschenwelt geschickt. Tja, rate mal wen ich dort gesehen habe?“
„Komm zur Sache.“, knurrte Faith und begann mit dem Fuß auf dem Boden zu trommeln.
„Damodar war dort. Aber nicht alleine. Ein Engel war bei ihm. Ich hatte beschlossen was zu trinken und habe es mir in einer Bar bequem gemacht, da habe ich die zwei in einer der hinteren Ecken sitzen sehen.“
Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Hast du gehört worüber sie gesprochen haben?“
Kieran schüttelte den Kopf.
„Nein, wäre ich noch näher herangegangen hätten sie mich bemerkt. Ich hab außerdem gesehen wie der Engel Damodar etwas in die Hand gedrückt hat. Was es war konnte ich aber nicht erkennen.“
„Vielleicht eine Art Bezahlung oder ein Bestechungsversuch.“, schlug ich nachdenklich vor.
„Vielleicht . . .“, antwortete Faith. „Aber ich bezweifle das eine Bezahlung so einfach über die Bühne geht. Egal worum es geht Damodar und Nyima verlangen immer etwas, ohne das man nur schwer leben kann. Ich kann mir gut vorstellen das Damodar etwas sehr wertvolles verlangt. Zum Beispiel die Kraft der Erzengel oder das einer von ihnen seinen Rang aufgibt . . .“
„Bist du sicher?“, fragte ich.
Sowohl Faith als auch Kieran nickte.
„Kein Zweifel.“, sagten beide gleichzeitig. Faith verzog das Gesicht, verschränkte die Arme und begann auf und ab zu laufen.
„Was ist los?“, fragte ich leise, nachdem sie mehrere Male fast unhörbar geseufzt hatte. Sie antwortete nicht.
„Faith.“, sagte ich mit Nachdruck.
„Ich weiß nicht was ich machen soll . . .“, murmelte sie.
Sowohl nachdenklich als auch ein wenig traurig erhob ich mich und trat hinter sie. Dann umarmte ich sie.
„Du schaffst das schon, Süße!“, hauchte ich.
Zu gerne hätte ich statt „du“ „wir“ gesagt, doch in dieser Welt hatte ich keinen Einfluss.
Ich spürte Kieran´s Blick im Rücken, weshalb ich über meine Schulter sah. Ich wusste nicht warum, doch irgendetwas in seinem Blick verriet mir, . . . dass Faith sich das auch wünschte.
Ich wandte meinen Blick wieder ab als ich spürte, wie sich Faith´s warmen Hände auf meine legten, die ihre Taille umschlossen. Ich beugte mich ein wenig vor, bist meine Lippen ihr Ohr berührten.
„Es ist mir nicht gestattet dir zu helfen, dass hält mich aber nicht davon ab dich trotzdem zu unterstützen wenn du es verlangst!“, flüsterte ich.
Sie erstarrte und erschauderte zugleich.
„Ariel.“, murmelte sie und ihre Hände drückten fester zu.
Hinter uns schnaubte Kieran.
„Wenn dich unser Anblick stört sieh nicht hin!“, brummte ich, dich seltsamerweise ließen ihn meine Worte lachen.
„Vielleicht sollte ich anmerken . . . das zwischen Faith und mir auch mal was lief!“, sagte er lachend. Faith erstarrte wieder in meinen Armen und auch ich versteifte mich. Ich konnte das aufsteigende Knurren in meiner Kehle nicht unterdrücken.
„Kieran.“, sagte Faith monoton. Trotz ihrer Tonlosigkeit konnte man deutlich die Wut in ihrer Stimme hören.
„Ups, sollte das etwa unter uns bleiben?“, erwiderte Kieran gut gelaunt. Nun ließ auch die Frau in meinen Armen ein Knurren hören. Kopfschüttelnd wandte sie sich aus meinen Armen. In schnellen Schritten flüchtete sie aus dem Raum. Einen Augenblick lang starrte ich noch die Tür an, die mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen war, dann richteten sich meine, nun schwarzen Augen auf Kieran, der mich grinsend ansah.
„Und damit rückst du ausgerechnet jetzt heraus?“, brüllte ich.
Worte konnten nicht beschreiben wie ich mich in diesem Moment fühlte . . .
„Ist mir so rausgerutscht, tut mir leid!“, sagte er, jetzt lachend.
Mit einem weiteren Knurren stürmte ich auf ihn zu, packte ihn am Kragen und zog ihn an mich.
„Jetzt pass mal auf! Mir ist vollkommen egal ob zwischen euch mal was war oder nicht aber wenn du mir das schon sagen willst, dann warte doch wenigstens bis zum richtigen Zeitpunkt!“, knurrte ich und stieß ihn weg.
„Von mir aus hättest du es auch für immer verschweigen können!“, brüllte ich dann.
Wieder begann Kieran zu lachen.
„Ein Glück das du mir keine Befehle mehr erteilen kannst!“, sagte er.
Kopfschüttelnd und knurrend wandte ich mich ab, dann verließ ich den Raum.
Draußen blieb ich angewurzelt stehen. Faith lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. Ihr Blick war ausdruckslos.
„Warum hast du mir nichts gesagt?“, fragte ich leise.
„Wieso sollte ich?“, antwortete sie monoton und wandte den Blick von mir ab. „Ich wusste das du wütend werden würdest . . .“, sagte sie dann.
Wieder knurrte ich. Sie sprach weiter.
„Die vergangenen Jahre waren `ne scheiß Zeit, ich hab mich oft alleine gefühlt . . .“
„Warum ausgerechnet Kieran?“, fragte ich.
Ich machte einen Schritt nach vorne und stützte mich mit den Armen an der Wand ab. Nun war mein Gesicht nur noch wenige Millimeter von ihrem entfernt.
„Von allen hier stand Kieran mir immer an nähesten.“, meinte sie schulterzuckend. Dann huschte sie unter meinen Armen hindurch.
„Hast du wirklich geglaubt das ich in den fünf Jahren nicht einmal Sex hatte?“, meinte sie dann.
Während sie den Gang entlang stolzierte sah sie grinsend über ihre Schulter.
„Was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?“
Ich antwortete nicht, denn es war tatsächlich so! Es hatte mir die Sprache verschlagen. Ich war nicht nur wütend, sondern auch verdammt eifersüchtig auf die Kerle, die sie an sich heran gelassen hatte.
Mit der Faust schlug ich gegen die Wand. Zum kotzen diese Gefühle!
Knurrend machte ich mich auf den Weg zu meinem Zimmer.
Ich hätte doch in Himnaríki bleiben sollen...


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„Hey. Hey!“
Ich spürte etwas auf mir. Es war nicht schwer aber auch nicht gerade leicht. Irgendetwas berührte mich an den Schultern und schüttelte mich. Verwirrt öffnete ich die Augen. Vor Schreck setzte ich mich ruckartig auf, worauf Amaya von mir herunterfiel.
„W-Was?“, brachte ich nur hervor.
„Faith ist verschwunden!“, sagte sie laut und rappelte sich wieder auf, wobei sie sich den Hintern rieb. Eigentlich hätte ich mir jetzt Gedanken machen müssen, doch ich tat es nicht.
Ich hatte sie schon seit mehreren Tagen nicht mehr gesehen. Ich kannte sie gut genug um zu wissen das sie bloß ihre Ruhe haben wollte.
„Ach was.“, sagte ich locker. „Sie zieht sich gerne mal zurück, kein Grund zur Sorge.“
Doch Amaya wurde nur noch lauter.
„Aber sie hatte vor einigen Stunden einen Termin, den sie nicht hätte verpassen dürfen! Sie ist sonst immer pünktlich! Sie hat sich noch nie vor der Arbeit gedrückt! Irgendetwas muss passiert sein.“
Das brachte mich dann doch dazu sie irritiert anzustarren. Ich brachte keinen Ton heraus.
„Wir haben das gesamte Anwesen abgesucht, sie aber nirgends gefunden.“, sagte Amaya dann.
Ich brummte leise und stieg aus dem Bett.
„Wie wäre es, wenn ihr nicht nur hier im Anwesen nach ihr sucht, sondern auch im Zentrum von Pragaras oder in der Menschenwelt?“, meinte ich genervt und schlurfte zum Kleiderschrank, wo ich frische Sachen hervor kramte. Darauf antwortete Amaya nicht.
„Beeilen wir uns.“, sagte ich bloß.
. . .
Wir hatten uns aufgeteilt. Amaya suchte mit Kieran und Nicolas in Pragaras, ich durfte in der Menschenwelt suchen. Ich stieß wieder ein Knurren aus. Eine Frage jedoch beschäftigte mich.
Warum zum Teufel hatten sie mich alleine hierher geschickt?
Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, da hatte Gott wohl doch noch Mitleid mit mir.
Tja, zu dumm, dass er es trotzdem nicht gut mit mir meinte. Ich war dabei mir in einer Bar einen Whiskey zu genehmigen, als eine vertraute Stimme an mein Ohr drang.
„ . . . Du musst mir bloß sagen was du als Gegenleistung erwartest!“
Hektisch ließ ich den Blick schweifen, dann fiel mir vor Schreck fast das Glas aus der Hand.
Sie hatte es sich auf dem Schoß eines jungen Mannes bequem gemacht und sich so vorgebeugt, dass ihre Lippen seinen Hals berührten. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr, doch zu meinem Bedauern konnte ich es nicht verstehen. Als ich sah wie sich eine Hand des Kerls auf ihren Po legte war ich mit meinen Nerven am Ende. Wutentbrannt erhob ich mich und steuerte auf ihren Tisch, nahe der Ecke zu. Mit verschränkten Armen und mörderischem Blick sah ich Faith an.
„Ich störe ja wirklich nur ungern aber verrätst du mir, was das soll?“
Wow, ich war noch in der Lage eine vernünftig formulierte Frage zu stellen!
Ich sah wie Faith verkrampfte und ihren Kopf zur Seite drehte, sodass sie mich nicht ansehen musste.
„Ich nehme an du kennst diesen Erzengel?“
Die Worte des Typen klangen nicht wie eine Feststellung, sondern wie eine Frage. Er wusste wer ich war? Woher? Faith antwortete auch ihm nicht.
„Wenn ich das richtig sehe steht ihr euch nahe.“, sagte er dann.
Faith´s Hände an seinen Schultern ballten sich zu Fäusten. Dann entspannten sie sich wieder. Eine ihrer Hände legte sich an seine Wange, dann kam sie im noch näher. Wenn das überhaupt möglich war, schließlich saß sie auf seinem Schoß . . .
„Ich werde dein Lohn sein, Tristan! Also was ist?“, hauchte sie.
Tristan . . . so hieß der Kerl also. Irgendwie kam mir der Name bekannt vor . . .
Ein amüsiertes Lächeln zierte seine Lippen. Mit einem Seufzen fand seine Hand noch einmal zu ihrem Hintern, dann schob er sie von sich und erhob sich.
„Ich werde darüber nachdenken, Süße.“
Er legte einen fünfziger auf den Tisch, dann war er auch schon verschwunden. Wütend, verwirrt und sprachlos sah ich ihm nach. Als ich meinen Blick wieder auf die Frau vor mir richtete wäre ich am liebsten einige Schritte zurückgewichen. Meine Blicke konnten echt schlimm sein, doch ihre Blicke waren wirklich die schlimmsten. Wenn Blicke wirklich töten könnten, wäre ich vermutlich schon vor einer Ewigkeit gestorben.
„Was hast du hier zu suchen?“, fauchte sie leise, sodass niemand außer mir es hören konnte.
Ich sah mich um, dann packte ich ihr Handgelenk und zog sie mit nach draußen. Dort angekommen riss sie sich sofort von mir los.
„Du kannst doch nicht einfach abhauen ohne etwas zu sagen! Alle haben sich Sorgen gemacht!“, sagte ich, noch immer von Zorn gepackt.
Ihre Brauen hoben sich. Ungläubig starrte sie mich an.
„Sehe ich etwa wie ein kleines Kind aus, das sich bei irgendjemandem abmelden muss, oder was?“, schrie sie und kehrte mir den Rücken zu.
„Deinetwegen ist Tristan abgehauen, verdammt!“, knurrte sie dann, wirbelte herum und verpasste mir einen kräftigen Schlag.
„Hast du eine Ahnung was du angerichtet hast?“, keifte sie.
„Du hast diesem Kerl deinen Körper angeboten, glaubst du dabei sehe ich seelenruhig zu?“, brüllte ich zurück. Sie stieß einen leisen Schrei aus und begann auf und ab zu laufen.
„Du Idiot! Tristan ist ein Gefallener und zufälligerweise sehr gut mit Damodar befreundet!“
Die Worte erklärten natürlich alles, doch sie konnten meine Wut trotzdem nicht besänftigen.
„Das ist noch lange kein Grund dich ihm anzubieten!“, knurrte ich, packte ihre Schultern und schüttelte sie.
„Du tust mir weh . . .“, flüsterte sie und wich meinem Blick aus.
Erschrocken ließ ich sie los. In meiner Wut hatte ich nicht bemerkt das sich meine Finger in ihr Fleisch gegraben hatten. Sie fuhr sich durch die roten Locken und drehte sich kopfschüttelnd wieder um.
„Ich weiß doch das dir das widerstrebt. Genauso wie es auch den anderen widerstreben würde.“
Dann drehte sie sich wieder um und zog erneut die Augenbrauen in die Höhe.
„Aber glaubst du wirklich das ich ihm am Ende Befriedigung verschaffe? Du bist dümmer als ich dachte, mein Lieber! Ich bin der Teufel, Ariel, ich halte inzwischen nur selten ein Versprechen!“
Wieder war ich sprachlos.
„Irgendwie muss ich ihn doch dazu kriegen mir zu helfen.“, meinte sie dann wieder gelassen und verschränkte die Arme. Einige Worte spukten mir im Kopf herum, doch ich konnte keinen vernünftigen Satz daraus bilden. Stattdessen sah ich sie einfach nur fragend und irritiert an.
Seltsamerweise schien ihr das auszureichen.
„Tristan weiß natürlich das ich der Teufel bin. Er weiß auch das mit mir nicht zu spaßen ist und das sich hinter meinen Worten oft das Negative verbirgt aber er hat eine schwäche für Frauen. Besonders für die, die am gefährlichsten sind.“, erklärte sie und grinste schließlich.
Ich hatte zu meiner Fassung wiedergefunden und schüttelte nun den Kopf.
„Irgendwie kann einem der Kerl leidtun. Er weiß doch was für eine Art Frau du bist, also warum ist er so blöd und überlegt ob er darauf eingehen soll?“
„Des einen Leid, ist des anderen Freud.“, erwiderte Faith schulterzuckend, was mich lächeln ließ.
Sie wandte sich ab und ging langsam einige Schritte. Ich folgte ihr, wenn auch zaghaft. Was hatte sie nun vor?
„Tut mir leid . . .“
Ich blieb stehen als ich ihre Worte registriert hatte. Ich schwieg.
„Tristan ist nur sehr selten bereit sich mit jemandem zu treffen. Ich musste die Chance nutzen, deshalb hatte ich keine Zeit mehr jemandem von euch Bescheid zu geben. Nochmals Entschuldigung.“, murmelte sie und ging weiter.
„Ich werde noch eine Weile hier bleiben.“, sagte sie dann wieder in normaler Lautstärke. „Ich nehme nicht an das er meinetwegen extra in Pragaras auftaucht.“
„Wenn das so ist werde ich ebenfalls hier bleiben.“, meinte ich und trat lässig neben sie.
„Mach was du willst.“, kam es zurück.
Dann herrschte Schweigen.
. . .
„Sag mal, was ist eigentlich mit deiner Familie passiert?“, fragte ich und wandte den Blick vom Feuer im Kamin ab. Das Haus in dem Faith damals gelebt hatte wirkte, trotz Möbel, wie ein Geisterhaus.
„Ich habe keine Familie.“, hörte ich sie leise sagen. „Sie sind tot.“, sagte sie dann.
„Was ist passiert?“, hakte ich nach, doch die Frage hätte ich mir sparen können. Ich glaubte es bereits zu wissen.
„Meine Wut.“, antwortete sie schulterzuckend und schloss die Augen.
Ich saß in einem schwarzen Sessel, sie lag auf dem Ledersofa und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Dann herrschte wieder Stille. Es war kurz nach drei, mitten in der Nacht verstand sich.
Das waren die ersten Worte die wir seit gestern gewechselt hatten. Wir hatten beide nicht schlafen können. So kam es, dass wir nun im Wohnzimmer saßen und unseren Gedanken nachhingen.
Nachdenklich und mit einem leisen Lächeln auf den Lippen betrachtete ich Faith, die nur in Unterwäsche auf dem Sofa lag. Ich hätte sie ewig so anstarren können, noch besser wäre es aber gewesen, wenn sie gar nichts angehabt hätte.
„Es ist mir egal das du mal was mit Kieran hattest.“, platzte es aus mir heraus.
Ich hatte eigentlich nichts gegen die Stille, dennoch ertrug ich sie nicht.
Langsam öffneten sich ihre Augen, dann richtete sich ihr Blick auf mich. Sie sagte nichts, sah mich bloß mit unergründbarem Ausdruck an. Damals fiel es mir nicht sonderlich schwer zu erkennen wie sie sich fühlte oder was sie dachte, doch jetzt erschien es mir unmöglich. Ich wäre nur in der Lage dazu gewesen, wenn sie gewollt hätte das ich es sah. Doch in diesem Moment war das nicht der Fall.
„Ich habe nicht das Recht dir vorzuschreiben was du zu tun oder zu lassen hast. Ich kann nicht beeinflussen zu wem du dich hingezogen fühlst oder nicht. Ich werde es auch nie . . .“
„Ariel.“
Ich verstummte.
„Es war ein Unfall.“, sagte sie.
Aus einem mir unbekannten Grund versetzten mir diese Worte einen schmerzhaften Hieb.
„Du meinst, so wie bei uns auch?“
Meine Ausdruckslosigkeit überraschte mich selbst. Ich hatte vermutet wütend zu klingen, doch so war es nicht. Ihre Lippen verformten sich zu einem wehmütigen Lächeln.
„Damals war es kein Unfall . . . Das vor wenigen Tagen allerdings schon. Aber . . . es war ein wunderschöner Unfall!“
Sie schüttelte leicht den Kopf.
„Was ich sagen will ist, dass ich für Kieran nie so etwas wie Liebe empfunden habe. Bloß Freundschaft.“
Sie atmete tief durch, dann schlossen sich ihre Augen wieder.
„Die folgenden Worte werden dir nicht gefallen aber ich habe das Gefühl dir das sagen zu müssen.“, murmelte sie und holte erneut Luft. „Es war spät am Abend . . . Menschlicher Zeit. Ich war in meinem Zimmer, habe am Fenster gestanden und geweint. Zu dem Zeitpunkt war mir einfach alles zu viel geworden. Plötzlich kam Kieran ins Zimmer. Er hat irgendetwas gesagt aber ich weiß nicht mehr was. Ich weiß bloß das ich plötzlich in seinen Armen lag. Es tat einfach nur gut ein bisschen Nähe zu spüren . . . Alles was er wollte war, mich zu trösten aber darauf bin ich nicht eingegangen. Er wollte nicht mit mir schlafen aber ich habe ihn gedrängt. Irgendwie.“
Fassungslos und doch erleichtert starrte ich sie an. Das es nicht von Kieran aus kam beruhigte mich.
Eine reinhauen würde ich ihm trotzdem noch, und zwar weil er damit angegeben hatte!
Lächelnd erhob ich mich. Geräuschlos schritt ich zum Sofa, wo ich Faith packte und sie, nachdem ich mich mit ihr im Arm niedergelassen hatte, auf meinem Schoß platzierte.
„Danke!“, hauchte ich und strich ihr übers Haar.
„Wofür?“, fragte sie verwirrt.
„Dafür das du mir das gesagt hast.“, antwortete ich und küsste sie sanft.
Zögerlich ging sie darauf ein. Als mir klar wurde in welcher Situation wir uns befanden konnte ich ein Lachen nicht unterdrücken.
„Was ist?“, fragte Faith leise und sah mich verwundert an.
„Wir sind beide keine Romantiker und jetzt sieh dich mal um! Kitschiger geht’s nicht!“, antwortete ich lachend.
Sie ließ den Blick schweifen, dann verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln.
„Ein Feuer im Kamin, eine irgendwie romantische Aussprache, ich auf deinem Schoß und ein zärtlicher Kuss. Nicht so mein Ding, ab und zu tut es aber mal ganz gut!“, sagte sie leise und küsste mich dann auch schon wieder.
Ja . . .

,dachte ich nur. Sie hatte Recht. Es tat wirklich gut!
. . .
Ein paar Tage vergingen und Tristan hatte sich immer noch nicht gemeldet. In hatte in der Zwischenzeit in Pragaras Bescheid gegeben, dass Faith sich allerdings dem Gefallenen anbot hatte ich verschwiegen. Ich war gerade dabei zu duschen als es an der Tür klopfte.
„Ariel?“, ertönte Faith´s Stimme. Ich hielt inne.
„Tristan wird gleich hier sein, wehe du lässt dich unten blicken!“, drohte sie.
Ich seufzte.
„Wie du willst. Ich gebe euch allerdings nur eine Stunde!“, antwortete ich und stellte das Wasser ab. Plötzlich ging die Tür auf. Verdutzt starrte ich Faith an, die mich mit verschränkten Armen bittend ansah.
„Bitte, Ariel! Ich weiß nicht an wen ich mich sonst wenden soll, wenn nicht an Tristan.“, sagte sie.
Ihr Blick ließ mich wieder seufzen.
„Meinetwegen, ich funke nicht dazwischen.“, sagte ich schließlich und griff nun erst nach einem Handtuch. Plötzlich kam sie auf mich zu. Vor mir blieb sie stehen, dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste mich auf die Wange.
„Danke!“, hauchte sie und ließ mich stehen.
. . .
Es klingelte. Der Wandvorsprung am Ende der Treppe erlaubte es mir die zwei zu belauschen, ohne gesehen zu werden.
„Freut mich, dass du doch noch Zeit für mich hast!“, hörte ich Faith sagen.
Das Lachen das folgte stammte definitiv von Tristan.
„Wenn eine Frau wie du nach Hilfe verlangt, dann soll sie sie auch bekommen!“, sagte er.
Ich ballte die Hand zur Faust. Ich musste aufpassen. Eine falsche Reaktion von mir und der Typ würde mich bemerken.
„Kann ich dir etwas anbieten? Wasser oder Tee?“, ertönte wieder Faith´s Stimme.
„Mach dir keine Umstände, es wird nicht lange dauern.“
Am liebsten hätte ich jetzt laut geseufzt. Das waren ja vielversprechende Worte . . .
„Gehen wir doch ins Wohnzimmer.“
Man hörte Schritte, dann ertönte wieder Faith´s Stimme, jedoch gedämpft.
„Du hast dich also entschieden?“
„Ja. Ich werde dir helfen. Allerdings würde ich vorher gerne noch ein paar Dinge wissen.“
„Schieß los.“
„Erst einmal wüsste ich gerne was du mit Ariel zutun hast.“
Ich erstarrte. Das Gespräch würde wohl noch die ein oder andere Überraschung bereit halten.
Faith´s Stimme klang ernst und gelassen.
„Ariel hat mich vor langer Zeit im Kampf trainiert. Nun ist er meine Geisel.“
Angestrengt lauschend versuchte ich dem Gespräch zu folgen. Ein tiefes Lachen ertönte.
„Deine Geisel? Und das nimmt er einfach so hin? Nur schwer vorstellbar, wenn du mich fragst. Aber egal. Warum willst du eigentlich das ich Damodar im Augen behalte?“
Ich hörte ein Seufzen.
„Weil mir die Erzengel den Krieg erklärt haben und ich befürchte das sie Damodar auf ihre Seite gezogen haben.“
Nun herrschte Stille. Scheinbar hatten ihre Worte den Gefallenen überrascht.
„Ist das wahr?“, fragte Tristan dann.
„Wenn es nicht so wäre hätte ich dich nicht um Hilfe gebeten.“, antwortete Faith.
„Also gut, genug geplaudert.“, sagte Tristan. „Was die Bezahlung angeht . . .“
Ich spannte mich an. Zu gerne hätte ich gesehen was im Wohnzimmer nun vor sich ging.
„Ich erwarte keine Gegenleistung.“
Die Worte überraschten mich. Er würde ihr wirklich umsonst helfen? Das hatte auch Faith nicht erwartet.
„Wirklich?“
„Ja. Wenn ein Krieg bevorsteht sollte man zusammenhalten, oder nicht?“
Irgendwie war mir das nicht geheuer. Würde er sich wirklich daran halten?
„Nun gut, dann ist es beschlossen. Ich notiere dir einige Adressen und Nummern an die du dich wenden kannst, sollte es etwas Neues geben. Sollte es wirklich dringend sein kannst du dich auch direkt an mich wenden.“
Ich nahm an das Tristan bloß nickte, denn es entstand wieder eine Stille. Nach einiger Zeit vernahm ich wieder Schritte.
„Mal sehen, vielleicht statte ich dir in Pragaras mal einen Besuch ab!“, sagte Tristan dann.
„Ich würde mich freuen!“, erwiderte Faith freundlich.
Einige Minuten später saßen Faith und ich in der Küche.
„Ich traue diesem Typen nicht.“, gab ich zu und nippte an meinem Wasserglas.
„Mir kam die Situation auch ein wenig komisch vor aber eigentlich ist mir das jetzt egal. Hauptsache ist, dass er hilft. Über alles andere mache ich mir Gedanken wenn es angebracht ist. Sollte er etwas im Schilde führen werde ich es herausfinden. Und wenn das passiert kann er etwas erleben!“
Ich musste lächeln. Faith war grausam und unberechenbar geworden, doch ich hatte sie lieb gewonnen, schon damals und daran würde sich auch nie etwas ändern.
„Was ist?“, riss mich ihre Stimme aus den Gedanken.
Ich antwortete nicht, lächelte bloß unbeirrt weiter.


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„Faith!“
Amaya rannte auf uns zu und warf sich Faith in die Arme. Ein wenig überrascht starrte Faith auf das Mädchen herab.
„Ähm, hallo Amaya.“, erwiderte sie schließlich.
„Wir haben uns Sorgen um dich gemacht!“, sagte die Kleine.
„Ich weiß . . . Aber Ariel hat euch doch Bescheid gegeben.“
„Ziemlich spät wenn du mich fragst.“
Unsere Blicke richteten sich auf Kieran der auf uns zu trottete.
„Besser spät als gar nicht.“, antwortete Faith kühl und schob Amaya ein Stück zurück.
„Entschuldigt mein dummes Verhalten aber es ging nicht anders.“, sagte sie dann. Sie ging ein paar Schritte, doch dann blieb sie stehen und drehte sich noch einmal zu uns um.
„Kieran.“, sagte sie.
Der Dämon sah sie fragend an und wartete darauf das sie fort fuhr.
„Das gilt für dich und alle anderen ebenfalls: Sollte sich ein gewisser Tristan melden und er sagt das es dringend sei, schickt ihn sofort zu mir!“
Kieran nickte.
„Jawohl.“
Dann setzte sie ihre Weg fort.
„Wer ist Tristan?“, wandte sich Kieran dann an mich.
„Ein Kerl der mir nicht geheuer ist.“, antwortete ich und verschränkte die Arme.
Der Hundedämon wurde neugierig.
„Hm? Warum? Und was ist in der Menschenwelt eigentlich alles passiert? Ihr wart ziemlich lange weg.“
Dann fing er an zu grinsen.
„Oder hat es nur so lange gedauert weil ihr wieder eure Spielchen getrieben habt?“
Ich stieß ein Schnauben aus.
„Wir mussten einige Tage lang warten, deshalb sind wir erst jetzt wieder hier.“, sagte ich und ging nicht auf den Satz mit den Spielchen ein.
„Warten? Worauf?“
Mit einem genervten Seufzen steuerte ich auf die Tür zu, die in die Küche führte.
„Sei nicht so neugierig. Wenn du unbedingt wissen willst was alles passiert ist, geh und frag Faith.“
„Schlecht gelaunt?“
Ich warf Kieran einen Blick, aus vor Wut schwarzen Augen zu und kniff die Augen zusammen.
„Allerdings. Liegt vielleicht daran das du, obwohl du es eigentlich gar nicht wolltest, mit Faith geschlafen hast und damit angegeben hast.“
Als ich sah das er erstarrte gingen meine Mundwinkel in die Höhe. Ich wandte mich ab.
. . .
Ich war gerade dabei an Faith´s Tür zu klopfen Kieran neben mir auftauchte.
„Was ist?“, fragte ich als ich seinen ernsten Gesichtsausdruck sah.
„Dieser Tristan ist hier. Er will mir ihr sprechen.“
Ich stieß ein leises Knurren aus und klopfte dann an die Tür.
„Faith?“
Doch es kam keine Antwort. Ich seufzte. Entweder stand sie unter der Dusche oder sie war wieder nicht hier. Ich drückte die Klinge nieder. Als Kieran und ich den Raum betraten mussten wir beide lächeln. Faith saß an ihrem Schreibtisch, mit dem Oberkörper auf der Tischplatte liegend.
Sie schlief. Kieran war bereits bei ihr und wollte ihr seine Hand auf den Rücken legen, um sie zu wecken, doch ich schaffte es gerade noch sein Handgelenk zu packen.
„Lass sie schlafen. Sie hat in den letzten Tagen keine Ruhe gefunden.“, sagte ich leise.
Dann schob ich ihn zur Seite und packte Faith an den richtigen Stellen, um sie hochheben zu können. Ich trug sie zum Bett und legte sie behutsam darin ab.
Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Kieran neben mir lächelte ebenfalls. Sofort wurde ich wieder ernst.
„Liebst du sie?“, hörte ich mich fragen.
Meine Frage schien ihn zu überraschen.
„Wieso willst du das wissen?“, fragte er.
Er hatte so laut gesprochen das ich befürchtete Faith würde dadurch wach werden, doch mit einem schnellen Blick überzeugte ich mich vom Gegenteil.
„Ja oder nein?“, meinte ich nur.
„Ja. Aber das ist jetzt egal. Was ist mit diesem Tristan?“, antwortete Kieran.
„Ich kümmere mich darum.“, erwiderte ich. Mit diesen Worten wandte ich mich ab.
. . .
„Tristan, welch eine Überraschung!“, begrüßte ich den Gefallenen fast ein bisschen zu monoton.
Als er mich sah entglitten ihm für einen kurzen Moment die Gesichtszüge, doch er hatte sich schnell wieder gefasst.
„Wo ist Faith?“, fragte er.
Ich konnte spüren wie Kieran hinter mir mich ansah.
„Faith schläft und ich will, dass das so bleibt.“, meinte ich und wies auf auf die Tür, die ins Wohnzimmer führte.
„Entweder wartest du bis sie aufwacht, was noch ein bisschen dauern könnte, oder du sprichst einfach mit mir.“
Tristan verzog das Gesicht.
„Wenn das so ist werde ich lieber warten.“, sagte er ausdruckslos.
Kieran hinter mir lachte, worauf ich seufzte.
„Mir war klar das du das sagen würdest.“, murmelte ich.
Der Hundedämon ging an mir vorbei auf den Gefallenen zu.
„Wenn du willst warten wir gemeinsam auf Faith.“, sagte er immer noch lachend und führte ihn bereits ins Wohnzimmer. Genervt und mit schweren Schritten folgte ich ihnen.
. . .
„Hält sie dich hier wirklich fest?“, fragte Tristan und richtete seine blauen Augen auf mich.
„Ja, auch wenn es nicht so aussieht.“, antwortete ich.
„Und du versuchst gar nicht erst abzuhauen?“, fragte er dann.
Ich unterdrückte ein Seufzen. Dieser Kerl ging mir wirklich auf die Nerven!
„Ich sollte anmerken das die anderen Erzengel mich hier zurückgelassen haben und da ich deshalb immer noch wütend auf sie bin, sehe ich keinen Grund zu ihnen zurückzukehren. Außerdem würde mir Faith den Kopf abreißen wenn ich es versuchen würde. Sonst noch Fragen?“, antwortete ich gereizt.
Es schienen schon Stunden vergangen zu sein und meine Nerven lagen blank. Ich konnte Tristan von Anfang an nicht leiden aber das er so nervig war hätte ich nicht gedacht. Seine Lippen verzogen sich zu einem arroganten Lächeln.
„In welcher Beziehung stehst du zu Faith?“
Mit klappte der Mund auf und auch Kieran hatte langsam genug.
„Deine Fragerei geht zu weit.“, meinte Kieran.
Ich sah ihm an, dass er sich ein Knurren verkneifen musste. Tristan´s Lächeln verwandelte sich in ein Grinsen.
„Du scheinst eifersüchtig zu sein und daraus schließe ich, dass zwischen den beiden etwas läuft.“
Das verschlug uns beiden die Sprache.
„Zwischen uns lief tatsächlich mal etwas, Kieran hatte aber auch schon das Vergnügen.“
Völlig überrumpelt starrten Kieran und ich Faith an, die mit verschränkten Armen in der Tür stand.
Verdammt, wie lange stand sie schon da? Ich hatte sie überhaupt nicht bemerkt, dabei hätte ich sie anhand ihrer starken Aura spüren müssen.
„Wie lange stehst du schon da?“, sprach Kieran meine gedachte Frage laut aus.
„Lange genug um zu wissen das Ariel nicht vorhat nach Himnaríki zurückzukehren.“, antwortete sie grinsend und kam in schnellen Schritten zu uns.
„Warum habt ihr mich nicht geweckt?“, wollte sie wissen.
„Weil du Ruhe brauchst.“, antwortete ich. „Ich fände es beruhigend wenn du nicht immer so hart arbeiten würdest.“
Sie fuhr sich genervt mit der Hand durchs Haar und seufzte.
„Und ich fände es beruhigend wenn du dir nicht immer so Sorgen um mich machen würdest.“
Darauf antwortete ich nicht.
Sie setzte sich zwischen Kieran und mich und überschlug die Beine.
„Entschuldige das du warten musstest. Nun gut, hören wir auf die Zeit zu schinden. Was gibt’s?“
Tristan´s Augen schlossen sich für einen Moment.
„Damodar steht tatsächlich auf der Seite der Erzengel. Er trifft sich regelmäßig mit einem Engel um Informationen auszutauschen. Soweit ich weiß hat Damodar nach drei Engeln verlangt, die nach dem Krieg ihm gehören. Es fielen die Namen Aiden, Nela und Ylenia aber ich bin schon zu lange ein Gefallener um zu wissen wer das ist.“
Ich erstarrte. Ich wusste nicht was ich sagen sollte oder was ich nun tun sollte. Faith neben mir lachte leise.
„Diese Idioten!“, kicherte sie.
Irritiert starrte ich sie an. Dann wurde sie wieder etwas ernster.
„Sowohl Damodar als auch die Erzengel wissen wie man handelt. Tja, der Magier wurde haushoch betrogen.“
„Was meinst du?“, fragte Tristan ebenfalls verwirrt.
„Ich weiß nicht was mit diesem Aiden ist aber Nela und Ylenia wird Damodar niemals zu Gesicht bekommen. Die beiden sind nämlich hier.“
Das machte auch den Gefallenen sprachlos.
„Aber . . .“
„War klar das sie den Spieß umdrehen . . .“, murmelte ich und unterbrach somit Tristan´s Gestammel.
„Was nun?“
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Faith. Sie überlegte eine Weile, dann verschränkte sie die Arme.
„Sollten wir nicht in der Lage sein Damodar davon abzuhalten ihnen zu helfen, muss er mit dem Tod rechnen.“
Stille. Dann erhob sich Tristan. Wut und Unglaube zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.
„Ich werde nicht zulassen das du meinen Freund umbringst!“, knurrte er.
Sofort verhärteten sich Faith´s Gesichtszüge. Ihre grauen Augen wurde dunkler, am Ende tauchten sogar rote Schlieren in ihnen auf.
„Ich will ehrlich sein, Tristan. Ich kann Damodar nicht ausstehen und er mich auch nicht. Wir haben uns gegenseitig schon oft Hilfe geleistet aber das ändert nichts daran das ich ihm nicht vertraue. Man sollte diesen Magier nicht unterschätzen!“
Der Gefallene knurrte laut und wandte sich ab.
„Tristan!“
Er blieb stehen. Wut lag in der Luft. Faith´s Augen glühten nun vollkommen rot und auch ihre Aura wäre rot gewesen, hätte man sie sehen können. Die Luft prickelte nahezu.
„Ich warne dich, Tristan! Wehe du hältst zu Damodar! Wenn ich herausfinde das du Damodar auch nur die kleinste Information lieferst, kannst du was erleben! Ich zögere nicht auch dich zu töten, falls es sein muss!“, drohte sie knurrend und erhob sich ebenfalls.
Mit einem Schnauben verließ Tristan endgültig den Raum.
Seufzend ließ Faith sich fallen. Ihre Hand fand ihre Stirn und rieb sie.
„Alles in Ordnung?“, erkundigte sich Kieran.
„Ich habe nur Kopfschmerzen, sonst ist alles in Ordnung.“
Ich schwieg.
„Was ist los?“
Es dauerte einen Moment bis ich auf Faith´s Worte reagierte.
„Nichts.“, sagte ich bloß.
Ihr Blick verriet mir, dass sie mir nicht glaubte, doch sie ging nicht weiter darauf ein. Im Grunde genommen war wirklich nichts. Es gab mir nur zu denken das auch Kieran Faith liebte. Nicht das ich glaubte die beiden würden irgendwann zueinander finden, dennoch fühlte ich mich unwohl.
War es Eifersucht? Oder einfach nur Wut? Ich hatte keine Ahnung. Ob Kieran wohl wusste, dass er keine Chance haben würde? Ich hätte am liebsten kräftig den Kopf geschüttelt, um diese Gedanken loszuwerden, doch aufgrund Faith und Kieran neben mir ging das natürlich nicht. Ich musste mir eingestehen das ich Faith unglaublich liebte und mir war klar, dass das nicht das letzte Mal sein würde, dass ich eifersüchtig sein werde.
„Von wegen Nichts!“, riss mich plötzlich Kieran´s Stimme aus den Gedanken. „Wenn nichts wäre hättest du Faith nun gezwungen wieder schlafen zu gehen.“
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich selbst jetzt nicht begriff was er von mir wollte.
Kieran zog die Brauen hoch und auch Faith sag mich besorgt an. Dann tauschten die beiden einen Blick aus.
„Ist wirklich alles in Ordnung, Ariel?“, murmelte Faith, doch ich nahm ihre Stimme kaum wahr.
Wortlos erhob ich mich und steuerte auf die Tür zu.
. . .
„Ariel?“
Es klopfte an meiner Zimmertür. Nachdenklich starrte ich das Amulett in meiner Hand an. Es war das Amulett der Mondgöttin Luna. Ich hatte es in Faith´s Zimmer, in einer Holzschatulle gefunden.
Ich wusste, dass ich nicht hätte herumschnüffeln sollen, doch die Schatulle hatte mich wortwörtlich magisch angezogen. Warum war es immer noch in ihrem Besitz? Hätte sie es nicht schon längst entsorgen sollen?
„Ich habe es mir damals vom Hals gerissen, nachdem ihr verschwunden seid habe ich es zufällig wiedergefunden . . .“
Meine Finger strichen über das Silber.
„Nicht zu fassen das es noch immer in deinem Besitz ist.“, murmelte ich.
Faith tauchte neben mir auf.
„Ich habe nicht mehr das Recht es zu tragen, aufbewahren werde ich es trotzdem. Schließlich war es ein Geschenk von dir.“
Mit entschlossenem Gesichtsausdruck drehte ich mich zu Faith um. Ich befahl ihr sich umzudrehen, dann legte ich ihr das Amulett um.
„Nie wurden Bedingungen zum Tragen dieses Amuletts gestellt, also trage es ruhig.“, sagte ich.
Nun berührten auch ihre Finger das Silber.
„Was ist los, Ariel? Du benimmst dich heute so komisch.“, sagte sie und drehte sich nun wieder um.
„Ich sagte doch, es ist nichts.“, meinte ich.
Jetzt ging das schon wieder los . . .
„Lüg mich nicht an!“, knurrte sie und stieß mir den Finger in die Brust.
Nachdenklich sah ich auf sie herab. Dann seufzte ich.
„Gut, du hast Recht, es stimmt etwas nicht. Aber ich will nicht darüber reden, also geh mir nicht auf die Nerven!“
Auch sie seufzte.
„Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.“, sagte sie in liebevollem Ton und legte mir die Hand an die Wange.
„Aber nicht darüber . . .“, erwiderte ich und drückte ihre Hand nieder.
Mit einem genervten Blick wandte sie sich von mir ab, dann ließ sie sich auf mein Bett fallen.
„Hat es etwas mit Kieran zutun?“, fragte sie.
Das Gift in ihrer Stimme, das sie zu verbergen versuchte, entging mir nicht.
„Kieran verhält sich auch anders als sonst.“, sagte sie dann, als Antwort auf meinen fragenden Blick. Sie seufzte, dann streckte sie die Hand nach mir aus.
„Komm her!“, befahl sie leise, dennoch eindringlich. Ich wollte ihrem Befehl nicht folgen, trotzdem ging ich auf das Bett zu. Fragend sah ich sie an. Sie packte meinen Arm und zog kräftig daran. Ich verlor das Gleichgewicht und fiel genau auf sie drauf. Perplex starrte ich sie an.
Mit meinen Armen stützte ich mich ab, damit nicht mein volles Gewicht auf ihr lastete. Doch sie packte mich am Kragen und zog mich wieder zu sich hinunter.
„Ich weiß das Kieran mich liebt, Ariel.“, hauchte sie an meinen Lippen. „Und du solltest wissen, dass es mir egal ist!“
Dann versiegelten ihre Lippen meinen Mund vollends. Doch seltsamerweise fiel mir kein Stein von Herzen.
„Kieran gibt nicht so leicht auf! Wer weiß was passiert, wenn ich mal wieder nicht da bin?“, murmelte ich, als ich den Kuss löste. Sie lachte leise und schmiegte sich an mich.
„Ich werde ihn so oft abweisen wie es nötig sein wird, solange du nur darum bittest!“, hauchte sie.
Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Nun war ich doch erleichtert.
„Wenn das so ist, werde ich dich auf Knien darum anflehen!“, murmelte ich.
Lachend zog sie mich an sich.


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„Nyima?“, fragte ich perplex.
Amaya wies auf die Magierin hinter ihr.
„Nyima muss mit Faith sprechen. Weißt du wo sie steckt?“, fragte sie.
Ich wollte antworten, doch ich wurde unterbrochen.
„Ich bin hier. Was gibt’s?“
Ich sah wie sich Nyima´s Augen verengten. Sie trat an Faith heran und musterte sie abschätzig.
„Wer hat dir gestattet dieses Amulett zu tragen?“, zischte sie.
Faith zuckte nicht einmal mit der Wimper.
„Es war ein Geschenk. Alles andere hat dich nicht zu interessieren. Warum bist du hier?“
Die Magierin antwortete nicht auf ihre Frage. Stattdessen riss sie ihr das Amulett vom Hals.
„Wenn du nichts dagegen hast nehme ich es an mich.“, sagte sie und ließ den Anhänger in ihrer Tasche verschwinden. Sofort färbten sich Faith´s Augen rot.
„An deiner Stelle würde ich es mir freiwillig aushändigen. Falls nicht, wird jemand verletzt.“, knurrte sie.
„War das eine Drohung?“, erkundigte sich Nyima.
Faith´s Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Sehr freundlich war es allerdings nicht.
„Wenn du schon so direkt fragst werde ich auch direkt antworten. Ja!“
„Es reicht!“, knurrte ich und drängte mich zwischen die beiden.
„Du willst mir Befehle erteilen?“, fauchte die alte Magierin.
„Allerdings.“, erwiderte ich monoton.
Amaya räusperte sich.
„Ähm, verzeiht mit das ich mich einmische aber ich glaube hierfür ist keine Zeit.“, sagte sie leise.
Sowohl Faith, als auch Nyima und ich starrten das Mädchen an.
„Oder täusche ich mich?“, flüsterte sie und trat einen Schritt zurück.
„Das ist wirklich der falsche Zeitpunkt.“, meldete sich Faith wieder zu Wort.
Die Augen des Teufels färbten sich langsam wieder grau, dann richteten sie sich auf die Magierin.
„Meinetwegen behalte das Amulett. Aber jetzt sag mir endlich, was du hier willst!“
„Damodar ist verschwunden.“
Nun herrschte Stille. Faith und ich waren geschockt, Amaya schien nicht zu verstehen was das bedeutete.
„Und damit rückst du erst jetzt heraus?“, schrie Faith. „Verdammt, wie lange schon?“
„Gefühlt einen Tag lang.“, antwortete Nyima.
„Scheiße.“, murmelte Faith und lief auf und ab. Dabei kaute sie auf ihrer Lippe herum. Ich seufzte leise und auch Amaya trat nervös von einem Fuß auf den anderen.
„Kieran!“, schrie Faith dann.
Einige Sekunden später tauchte der Hundedämon im Flur auf.
„Du hast gerufen?“
„Sucht nach Tristan und bringt ihn her! Sofort!“, befahl sie.
„Jawohl!“
Kieran nickte und verschwand.
„Was glaubst ist am wahrscheinlichsten?“, fragte ich.
„Zwei Möglichkeiten.“, antwortete Faith. „Entweder haben die Erzengel ihn zu sich geholt oder Tristan hat mich verraten und sich gemeinsam mit Damodar aus dem Staub gemacht, was ich doch nicht hoffen will.“
„Tristan?“, hakte Nyima nach.
„Kennst du ihn?“, fragte Faith.
„Natürlich kenne ich ihn!“, antwortete Nyima. „Dieser verlogene Mistkerl hat mir schon oft Probleme bereitet! Was hast du mit ihm zutun?“
„Da er ein guter Freund von Damodar ist habe ich ihn darum gebeten ein Auge auf ihn zu werfen.“, meinte Faith und verschränkte die Arme.
Nyima begann zu grinsen.
„Schlechte Idee. Tristan und Damodar halten zusammen wie Pech und Schwefel.“
Faith´s Augen weiteten sich, dann tauschten wir einen Blick aus.
„Damit steigt die Wahrscheinlichkeit das Tristan sich zusammen mit Damodar versteckt.“, murmelte ich. Faith seufzte.
„Warten wir es ab. Es ist zwar selten aber auch ich täusche mich mal.“, sagte sie und wandte sich an die Magierin.
„Ich bedanke mich dafür, dass du hergekommen und Bescheid gegeben hast aber wenn das alles war möchte ich dich bitten zu gehen.“
Ich warf Faith einen bedeutungsvollen Blick zu. Wollte sie ihr nicht sagen, dass sie Damodar töten müsste? Sie erwiderte den Blick nicht. Also wollte sie es verschweigen. Nyima´s Augen verengten sich.
„Wie du willst. Aber eine Frage habe ich noch.“
Die Augenbrauen des Teufels gingen in die Höhe. Sie schwieg.
„Was gedenkst du mit meinem Mann zu tun, wenn er wieder aufgetaucht ist?“, fragte die Banshee.
„Darüber mache ich mir Gedanken wenn es soweit ist.“, antwortete Faith ohne zu zögern.
Mit einem Seufzen zog die Alte das Amulett aus ihrer Tasche und warf es dem Teufel zu. Verwirrt beobachtete ich die Magierin. Ich fragte mich, was sie dazu veranlasst hatte es zurückzugeben.
Die alte Frau drehte sich um und ging in die Richtung, aus der sie gekommen war.
„Amaya, bitte begleite sie zur Tür.“, sagte Faith leise.
Das Mädchen nickte und folgte der Magierin.
„Alles in Ordnung?“, fragte ich. „Du siehst nicht gerade gut gelaunt aus.“
„Alles bestens.“, antwortete Faith und legte sich wieder das Amulett um.
Der Verschluss war kaputt, weshalb sie die beiden Enden der Kette verknoten musste.
„Ich mache mir wirklich Sorgen. Wenn nicht bald etwas unternommen wird, werden wir so einige Probleme bekommen.“, murmelte sie und wandte sich ab. „Ich werde den Fürsten mal einen Besuch abstatten. Vielleicht gibt es Neuigkeiten.“, entschied sie.
„Ich werde mitkommen.“, beschloss ich.
„Nein!“
Ich blieb stehen und sah die rothaarige verständnislos an.
„Was? Warum nicht?“
Sie würdigte mich keines Blickes und ging einfach weiter.
„Weil es mir lieber ist wenn jemand hier bleibt und aufpasst. Außerdem will ich Amaya nicht alleine lassen.“
„Aber . . .“, begann ich zu protestieren.
„Kein Aber!“, knurrte Faith. „Das ist ein Befehl!“
. . .
Mir meine Gedanken machend starrte ich an die Decke. Ich lag schon eine Ewigkeit auf der Couch, dachte aber nicht mal im Traum daran aufzustehen. Ich regte mich immer noch darüber auf, dass Faith mich hier gelassen hatte. Mit einem genervten Seufzen richtete ich meinen Blick auf Amaya, die durchs Wohnzimmer lief, wie ein aufgescheuchtes Huhn.
„Könntest du mal aufhören hier immer hin und her zu rennen?“, brummte ich.
„E-Entschuldige.“, nuschelte sie. Dann stellte sie sich vor mich und sah mich eindringlich an.
„W-Würdest du vielleicht mit mir trainieren?“, fragte sie leise.
Etwas verblüfft sah ich sie an.
„Faith ist ja nicht da, also habe ich mir gedacht . . .“
Ich musste lachen.
„Meinetwegen gerne. Wir haben ja sonst nichts zutun.“, sagte ich lachend, worauf sie lächelte und nickte.
„Danke!“
. . .
Der Kampf zwischen Amaya und mir war schnell vorbei. Ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. Ständig musste ich an das uns bevorstehende denken. Auch Amaya merkte, dass ich nicht ganz anwesend war. Ständig wies sie mich darauf hin mich auf den Kampf zu konzentrieren, doch es war hoffnungslos, ständig schweifte ich mit meinen Gedanken ab.
„Verdammt noch mal, ist das, worüber du nachdenkst so wichtig?“, meinte Amaya genervt und sah mich fragend an. Ich seufzte.
„Ich weiß nicht. Ist ein Krieg denn unwichtig?“, fragte ich mit sarkastischem Unterton. Nun seufzte auch sie. Sie ließ sich neben mich nieder und strich sich die Haare aus dem Gesicht.
„Ach, mach dir keine Gedanken. Faith kriegt das schon hin.“, sagte sie schulterzuckend.
Ich schnaubte.
„Ich bin mir da nicht so sicher. Die Erzengel sind verdammt hartnäckig und Damodar kommt auch noch dazu. Ich bezweifle das es einfach wird.“
„Du bist auch ein Erzengel und meiner Meinung nach nicht sehr hartnäckig. Denn wenn du es wärst, würdest du alles tun um versuchen hier weg zu kommen.“, erwiderte das Mädchen.
Schelmisch grinsend sah ich sie an.
„Wer sagt denn, dass ich hier weg will?“
Das überraschte sie. Sie zog die Brauen hoch und verschränkte die Arme.
„Willst du wirklich für immer hier bleiben?“, fragte sie leise und ernst. „Was hast du denn davon?“
Ich lächelte, erhob mich und ging auf den Ausgang der Halle zu, dabei bedeutete ich ihr, mir zu folgen.
„Ich war Jahrhunderte lang ein Untergebener Luzifer´s. Dieser Ort war mein Zuhause!“
Das verwirrte sie. Ich musste sie nicht anschauen um zu wissen, dass sie mich irritiert anstarrte.
„Ich war ein Erzengel der hierher verbannt wurde. Von fünf Jahren allerdings sind meine ehemaligen Brüder hier aufgetaucht und haben Luzifer getötet. Faith übernahm die Führung und ich kehrte nach Himnaríki zurück.“, fuhr ich fort.
„Verstehe . . .“, murmelte Amaya. „Aber wenn du doch hierher verbannt wurdest, wieso hast du diesen Ort dann als dein Zuhause betrachtet?“
Ich überlegte einen Moment. Langsam trotteten wir durch die endlosen Flure.
„Ich habe es am Anfang wirklich gehasst hier zu sein aber nach und nach habe ich mich daran gewöhnt. Ich hatte so etwas wie Freunde! Dann gab Luzifer mir den Auftrag seine Tochter zu suchen und sie her zu bringen. Tja und ab da fing alles an . . . Seit ich Faith kenne hat sich alles verändert. Ich fühle auf einmal Dinge, von denen ich nicht mal wusste das ich sie fühlen kann!“
Es war verrückt. Ich redete doch tatsächlich mit einem Kind über mein Leben . . .
„Du liebst sie, hm?“, sagte Amaya leise und lächelte mich an.
Überrascht und dennoch peinlich berührt erwiderte ich ihren Blick.
„Ja . . .“, gab ich schließlich leise zu und kratzte mich am Hinterkopf.
„Was wirst du tun, wenn alles vorbei ist?“, fragte sie dann.
Verwirrt sah ich auf sie herab.
„Wie meinst du das?“
„Was machst du, wenn der Krieg vorbei ist? Wirst du mit deinen Brüdern wieder verschwinden?“
Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, weshalb ich sie bloß ansah. Ich blieb stehen und fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
„Ich . . . weiß es nicht.“, gestand ich hilflos und sah wie Amaya´s Blick sich veränderte.
„Wirst du sie wirklich alleine lassen?“, fragte sie leise.
Wieder sah ich sie überrascht an. Dafür das sie noch so jung war, konnte man wirklich gut mit ihr reden. Sie hätte auch eine erwachsene Frau sein können, es hätte keinen Unterschied gemacht.
„Ich sagte doch, ich weiß es nicht.“, erwiderte ich und ging weiter.
„Du solltest bei ihr bleiben.“, sagte sie dann. Ich warf ihr einen kurzen Blick zu, sie sprach weiter.
„In deiner Nähe ist sie wie ausgewechselt! Es ist, als würdest du sie ergänzen. Ich hole jetzt ziemlich weit aus aber vielleicht hält sie dich genau deswegen hier fest?“
Ich lächelte.
„Denkbar wäre es. Sie war schon immer unglaublich stur und genau deshalb würde sie nie gerade heraus ihre Gefühle gestehen. Sie hat mir noch nie gesagt das sie mich liebt. Ich schätze ich werde es auch nie zu hören bekommen . . .“, murmelte ich nachdenklich.
„Ich glaube sie würde es dir sagen, wenn sie gar keine andere Chance dazu hätte.“, erwiderte Amaya, doch dann seufzte sie.
„Das war irgendwie falsch formuliert. Ich meine . . . Sie würde es dir sicher sagen, wenn sie weiß, dass sie dich nie wieder sieht. Zum Beispiel wenn du sterben würdest. Oder sie.“
Ich hatte keine Ahnung wie blöd ich in diesem Moment ausgesehen haben musste, auf jeden Fall fing Amaya an zu lachen und zog die Schultern ein Stück ein.
„Verzeihung, das waren nicht gerade die besten Beispiele.“, lachte sie.
„Ja, dass denke ich auch!“, nuschelte ich und wandte meinen Blick von ihr ab.
Nun herrschte Schweigen. Scheinbar machte auch sie sich Gedanken über die ausgesprochenen Worte.
„Sag mal, was ist Faith eigentlich für dich? Eine gute Freundin oder eine Schwester?“, fragte ich dann. Es interessierte mich wirklich! Nachdem wir nur über Faith und mich gesprochen hatten, wäre es sicherlich nicht schlecht auch ein paar Worte über sie zu verlieren. Das Mädchen schien nachzudenken. Mit einem Mal sah sie entschlossen aus.
„Vielleicht übertreibe ich aber . . . für mich ist sie wie eine zweite Mutter!“
Fragend sah ich sie an.
„Sie hat mich bei sich aufgenommen und kümmert sich um mich. Sie zeigt mir wie ich mich verteidigen kann und ich kann mit ihr über alles reden. Wie eine Mutter eben. Vielleicht möchte ich deshalb, dass auch sie glücklich ist.“
„Verstehe . . .“, murmelte ich.
Und ich verstand es tatsächlich! Nachdem Gabriel ihr ihre Eltern genommen hatte brauchte sie jemanden. Faith war zu einer Ersatzmutter geworden. Ob sie sich dessen wohl bewusst war?
Wieder herrschte Stille. Wir gingen weiter und schwiegen uns an, bis plötzlich . . .
„Tristan?“
Völlig perplex starrte ich den Gefallenen an, der vor uns aufgetaucht war.
„Wo zum Teufel sind denn alle?“, fragte Tristan und sah sich noch einmal um.
„Was machst du hier, verdammt?“, brüllte ich und packte seinen Arm, um ihn mitzuziehen.
„Amaya, komm!“, rief ich ihr über die Schulter hinweg, worauf sie nickte und uns hinterher lief.
„Ich will ja nicht unhöflich sein aber erfahre ich mal was überhaupt los ist?“, meinte der Gefallene und versuchte sich aus meinem Griff zu befreien.
„Damodar ist verschwunden und Faith glaubt das du Schuld daran bist. Und nun halt die Klappe!“, antwortete ich gereizt und zog ihn weiter. Na, dass konnte ja was werden. Faith hatte zwar gesagt das sie den Fürsten einen Besuch abstatten wollte, bei welchem sie allerdings zuerst hingehen würde hatte sie nicht verraten.
. . .
Nachdem wir bei Lilith, Asmodäus und Azazel vorbeigeschaut und festgestellt hatten, dass Faith nicht da war, machten wir uns auf den Weg zu Belial, wo wir sie dann auch tatsächlich fanden . . .
„Nanu? Ariel und Amaya, was macht ihr hier? Und wer ist dieser Typ?“, fragte Belial, die uns an der Tür empfing.
„Wir müssen zu Faith.“, sagte Amaya monoton.
„Na gut, dann kommt.“, erwiderte Belial und machte eine Geste.
In all der Zeit hatte sie sich kaum verändert, ebenso wie Lilith. Sie führte uns durch einige Gänge und sah dabei immer mal wieder über ihre Schulter.
„Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, Ariel.“, sagte sie mit zuckersüßer Stimme. Mir entging nicht, dass sie sich über ihre Lippen leckte.
„Was machst du hier?“, wollte sie dann wissen.
„Faith hat dir nichts erzählt?“, fragte ich verwirrt.
„Oh, sie hat mir so einiges erzählt. Dich hat sie allerdings nicht erwähnt.“, erwiderte sie und sah wieder über ihre Schulter.
„Du siehst immer noch so gut aus wie damals.“, hauchte sie.
„Du hast dich auch kein bisschen verändert.“, antwortete ich und begann zu lächeln.
Sie lachte, dann wandte sie sich an Tristan.
„Du siehst aber auch nicht schlecht aus!“
„Du bist also Belial . . . Das, was ich über dich gehört habe scheint zu stimmen.“, meinte der Gefallene. Die Fürstin zog die Brauen hoch und lachte dann wieder.
„Oh, bin ich so berühmt?“
Dann wurde sie wieder ernst.
„Ja, ich treibe gerne meine Spielchen mit Männern aber da Faith nun die neue Herrscherin ist, muss ich mich oft zurückhalten aber egal. Da sind wir auch schon.“
Sie blieb stehen und öffnete eine Tür. Zum Vorschein kam Faith, die mit überschlagenen Beinen und ineinander verschränkten Händen auf einem dunkelroten Sofa saß.
„Da will mal wieder jemand mit dir sprechen.“, sagte Belial.
Als Faith uns sah weiteten sich ihre Augen.
„Tristan!“, stieß sie wütend und sprang auf. Sie stürmte auf uns zu, doch noch bevor sie Tristan packen konnte, packte ich sie.
„Warte! Er ist in deinem Quartier aufgetaucht und wollte dich sprechen.“, sagte ich schnell. Ihre grauen Augen richteten sich wieder auf den Gefallenen.
„Na, dann lass mal hören.“, verlangte sie.
„Damodar ist verschwunden.“, war das erste, was Tristan sagte. Faith und ich seufzten.
„Das wissen wir, Tristan. Sonst noch was?“, wollte der Teufel wissen.
„Ich habe ihn überall gesucht aber nirgends gefunden. Alles deutet darauf hin, dass er bei den Erzengeln ist.“, sagte Tristan.
„Hast du nochmal mit ihm gesprochen bevor er verschwunden ist?“, fragte Faith in scharfem Tonfall. Doch der Gefallene schüttelte den Kopf. Nun trat eine seltsame Stille ein.
„Was hast du nun vor?“, fragte Amaya nach einiger Zeit. Graue Augen richteten sich auf mich.
„Du musst zurück nach Himnaríki. Sofort!“, fauchte Faith. Das machte mich sprachlos.
„Wie bitte?“, flüsterte ich, als ich wieder zu meiner Fassung gefunden hatte.
„Du willst also wirklich, dass ich verschwinde?“, murmelte ich dann.
„Ja.“, erwiderte sie ernst und monoton.
Verständnislos starrte ich sie an und auch Amaya schien das nicht zu verstehen.
„Äh, bist du dir mit dem, was du gesagt hast wirklich sicher?“, meinte sie leise und trat von einem Fuß auf den anderen, so wie sie es immer tat wenn sie nervös war. Faith zog die Brauen hoch und sah uns verwirrt an.
„Natürlich bin ich mir sicher. Warum auch nicht?“
Ich richtete meinen Blick auf Amaya.
„Ich glaube, du hast wirklich weit ausgeholt.“, murmelte ich und seufzte.
Warum wollte sie das ich verschwinde? Was war plötzlich in sie gefahren? Belial und Tristan beobachteten still die Situation.
„Ariel, Amaya, was ist hier los?“, fragte Faith und sah uns abwechselnd an. „Wovon redet ihr zwei?“, wollte sie dann wissen.
Keiner von uns sagte etwas dazu, weshalb Faith seufzte. Dann verschränkte sie die Arme und sah mich eindringlich an.
„Ich will, dass du nach Himnaríki zurückkehrst und Damodar zurück bringst! Wir müssen um jeden Preis verhindern, dass Damodar diese Dreckskerle unterstützt!“
Okay, dass war zu viel! Stöhnend ging ich zum Sofa und ließ mich darauf fallen.
„Du machst mich fertig!“, murmelte ich genervt. Faith seufzte erneut.
„Würdet ihr uns für einen Moment alleine lassen?“, nuschelte sie und sah Belial, Tristan und Amaya an. Belial nickte und zog die anderen beiden hinter sich her. Zurück blieben Faith und ich.
„Hierfür ist eigentlich keine Zeit aber was ist mit dir los?“
Sie setzte sich neben mich und sah mich eindringlich an. Ich stieß ein Lachen aus, aus dem man meine Verzweiflung hören konnte.
„Ich weiß selbst nicht was los ist. Ich dachte du willst mich loswerden!“
Überrascht sah sie mich an.
„Was? Wie kommst du darauf?“
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Vergiss es, ist schon gut.“
Faith´s Blick veränderte sich und huschte kurz zur Tür.
„Amaya war auch so komisch. Und was meintest du mit, sie hat zu weit ausgeholt?“
„Lass einfach gut sein, okay?“, sagte ich nüchtern und wandte meinen Blick von ihr ab.
Plötzlich umfassten ihre Hände mein Gesicht.
„Du dachtest also wirklich, dass ich dich loswerden wollte?“
Sie lachte, wobei ihr Gesicht meinem immer näher kam.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich einfach so gehen lasse!“, hauchte sie.
Ihr warmer Atem traf mein Gesicht und verursachte Gänsehaut. Verdammt . . .
Ich konnte ihren Lippen nicht widerstehen, weshalb ich sie packte und an mich zog.
Verdammt, hör auf es mir immer so schwer zu machen!

, dachte ich vorwurfsvoll.
Ich stöhnte als ihre Hände in meine Hose glitten.
Das macht es nicht besser!

, dachte ich dann.
Dieses Weib trieb einen wirklich in den Wahnsinn, und zwar in mehreren Hinsichten.
Ein Kichern schlich sich in meine Gedanken.
„Du machst es mir aber auch nicht gerade leicht!“, flüsterte sie mir in mein Ohr, nachdem sie meine Lippen freigegeben hatte. Darauf antwortete ich nicht. Ich genoss einfach nur ihre Nähe . . .
„Du wirst dich nachher auf den Weg machen, klar?“, sagte sie dann leise und küsste mich auch schon, damit ich keine Wiederworte von mir geben konnte.
Was, wenn ich nicht will?

, dachte ich. Ihre Zunge drang in meinen Mund ein, weshalb ich keine Chance hatte die Worte laut auszusprechen.
Dann werde ich dich zwingen.

, kam es zurück.
Und wie willst du das anstellen?


Glaube mir, dass willst du nicht wissen . . .


Dann herrschte Funkstille.
Nachdem Faith immer drängender wurde, wurde auch ich leidenschaftlicher, doch das ließ sie lachen. Sie rückte von mir ab und grinste fies.
„Du machst dich jetzt besser auf den weg. Und wehe du kommst nicht zurück!“, sagte sie mit tiefer und dunkler Stimme.
Ein wenig traurig sah ich sie an.
„Was, wenn sie nicht mehr zulassen, dass ich hierher komme? Ich bin sicher sie werden mir nicht erlauben ihnen zu helfen und somit wieder hierher zu gelangen.“
Sie küsste mich noch einmal zärtlich dann lächelte sie.
„Ich schwöre dir, Ariel, wenn du nicht wieder herkommst reiße ich dir den Arsch auf sollten wir uns je wieder begegnen. Und glaub mir, dass werden wir!“
Ich sah sie einfach nur an, unfähig etwas zu sagen. Dann verwandelte sich das drohende Grinsen in ihrem Gesicht zu einem liebevollen Lächeln.
„Du kriegst das hin, da bin ich mir sicher!“, hauchte sie, küsste mich auf die Stirn und hauchte: „Wir sehen uns!“
Dann war sie verschwunden.


_____13_____




Wütend, genervt und auch ein wenig panisch starrte ich die Himmelspforte an. Hier stand ich nun, vor den Toren von Himnaríki. Faith gab mir den Befehl Damodar zu suchen und ihn zurückzubringen, doch einverstanden war ich damit natürlich nicht. Nun ja, doch was sollte sie tun, wenn nicht jemanden hierher zu schicken, um diesen Magier zurückbringen zu lassen?
Ich seufzte. Ich konnte entweder dort hinein spazieren, sodass es jeder mitkriegen würde und mich alle belagern würden, oder ich bewegte mich hier möglichst unauffällig fort, um nicht entdeckt zu werden und so ohne Probleme wieder verschwinden zu können. Ich entschied mich natürlich für letzteres. Wenn meine Brüder mitkriegen würden, dass ich wieder hier war, würden sie mich womöglich nicht mehr aus den Augen lassen. Und sie würden mich mit Fragen bombardieren, zum Beispiel wie es mir überhaupt gelungen war von da unten wegzukommen. Ich konnte ihnen unmöglich die Wahrheit sagen. Wer weiß auf welche Ideen sie dann wieder kamen!
Ich machte einen Schritt und sah mich vorsichtig um. Niemand war zu sehen.
Ich schritt den gepflasterten Weg entlang, immer darauf bedacht mich sofort zu verstecken falls ich jemanden bemerken würde. Doch zu meinem Glück war niemand zu sehen.
Ich konnte mir ein Seufzen nicht verkneifen. Woher sollte ich wissen, wo meine Brüder den Magier unterbrachten? Was, wenn sie ihn die ganze Zeit über nicht aus den Augen ließen?
Wieder ein Seufzen. Dieses Mal klang es verzweifelter. Wäre es wirklich so, hätte ich ein Problem.
Ich müsste mir etwas einfallen lassen um die Erzengel abzulenken.
Nur sind meine Brüder nicht gerade die dümmsten . . .
Ich schaffte es ungesehen zur großen Halle zu gelangen. Vor der Tür schloss ich die Augen.
Nichts. Niemand war da. Ich konnte weder etwas hören, noch etwas spüren.
So weit, so gut!

, dachte ich und öffnete die Tür mit einem lauten Knarren.
Vorsichtig setzte ich einen Fuß vor den anderen. Dann blieb ich angewurzelt stehen.
„Ariel?“
Meine Augen färbten sich schwarz und verengten sich zu Schlitzen. Blitzschnell tauchte ich hinter dem Engel, der auf den Namen Isaac hörte, auf und verpasste ihm einen Schlag, der ihn bewusstlos werden ließ. Eine Entschuldigung wäre angebracht gewesen aber erstens konnte er es nicht hören und zweitens war dafür keine Zeit.
Isaac war noch so jung und so schwach, dass es kein Wunder war das ich ihn nicht spüren konnte. Ich fragte mich was er wohl alleine hier verloren hatte, dachte aber nicht weiter darüber nach und schritt weiter voran. Doch dann kam mir eine Idee. Ich drehte mich um und ging zurück zu dem jungen Engel. Als ich ihn erreicht hatte kniete ich mich neben ihn und legte meine Hand an seine Stirn.
Ich hatte die Fähigkeit in den Kopf von jemandem zu schauen schon ewig nicht mehr angewandt, weshalb ich mich umso mehr freute als ich merkte, dass es funktionierte.
Ich seufzte, denn bis jetzt hatte ich noch nichts brauchbares herausgefunden, doch dann fand ich tatsächlich etwas nützliches. Ich fand heraus, dass Damodar ein Zimmer zur Verfügung gestellt wurde. Das war dann aber auch schon alles. Seufzend erhob ich mich, dann machte ich mich auf die Suche nach diesem Zimmer.
. . .
Ich hatte zufällig herausgefunden wo genau sich Damodar´s Zimmer befand, doch als ich dort ankam . . . war ich erst einmal total baff. Sie bewachten ihn nicht! Halleluja, Wunder geschahen also doch.
„Sieh an, wenn das nicht Ariel ist!“
Ich wirbelte herum und erstarrte dann.
„Jophiel . . .“, hauchte ich.
„Wie bist du entkommen?“, fragte er.
Ich konnte seinen Tonfall nicht beschreiben. Er klang überrascht, dennoch schien die Verblüffung nur gespielt zu sein. Ahnte er etwas?
„Warum habt ihr mich nicht da weg geholt?“, wich ich der Frage aus.
„Das wollten wir aber Gabriel meinte es wäre zu gefährlich!“
Ich verzog das Gesicht. Ich ahnte, dass meine Augen bereits wieder schwarz waren.
„Ihr hättet mich also da verrotten lassen?“, knurrte ich.
„Aber aber, Ariel“, begann Jophiel. „Wie es aussieht bist du doch entkommen, also worüber regst du dich so auf?“
Wieder stieß ich ein Knurren aus. Jetzt hatte ich ein Problem.
„Vielleicht sollte ich anmerken, dass sie in der Lage ist mich zurückzuholen.“, meinte ich.
So langsam war ich mit meinen Nerven am Ende. Was sollte ich nun tun? Jeder würde es mitbekommen wenn ich einen Kampf anzetteln würde.
Faith!

, dachte ich verzweifelt und erstarrte, als ich eine Antwort bekam.
Ariel? Du klingst verzweifelt. Was ist los?


D-Du kannst mich hören?

, war das Einzige an das ich in diesem Moment denken konnte.
Sieht ganz so aus.

, antwortete sie bloß.
„Ariel?“
Jophiel´s Stimme riss mich aus den Gedanken. Verwirrt starrte ich ihn an.
„Äh, was?“, murmelte ich.
Er sagte irgendetwas und drehte sich dann um. Ich hörte gar nicht zu, sondern nutzte die Chance, trat hinter ihn und schlug ihn ebenfalls bewusstlos.
Man hat mich bemerkt.

, dachte ich nun und wartete darauf, dass Faith antwortete.
Egal. Beeil dich einfach. Hast du Damodar schon gefunden?


Ihre Stimme in meinen Gedanken ließ mich erleichtert die Luft ausstoßen. Sie beruhigte mich. Irgendwie.
Das ich mich beeilen soll brauchst du mir nicht zu sagen. Ich stehe vor dem Zimmer in dem Damodar untergebracht wird. Hoffen wir mal, dass er da ist!


Noch einmal holte ich tief Luft, dann stürmte ich ins Zimmer und . . . machte auf dem Absatz wieder kehrt.
Verdammt noch mal!

, dachte ich und lief los.
Bitte sag mir, dass alles in Ordnung ist!

, verlangte Faith in meinem Kopf.
Ich muss dich enttäuschen, Süße. Ich hab dir Tür auf gemacht und wen muss ich da sehen? Nicht nur Damodar, nein, sondern auch Raphael und Gabriel!

, dachte ich, beschleunigte und hielt Ausschau nach einem Versteck. Ein Knurren in meinem Kopf lenkte mich ab und ließ mich zu spät bemerken, dass Uriel mir den Weg abschnitt.
„Scheiße!“, fluchte ich und schlug eine andere Richtung ein . . .
Ich hatte es tatsächlich geschafft mich vor meinen Brüdern zu verstecken. Nun saß ich in der Bibliothek, unterdrückte meine Aura und überlegte, was ich nun tun sollte.
Weißt du was? Vergiss meine Worte! Bring ihn einfach um und komm wieder zurück.

, meinte Faith irgendwann.
Super Plan!

, meinte ich sarkastisch. Ist ja nicht so, dass es nicht auffallen würde. Hier wimmelt es von Engeln, Süße. Kannst du mir sagen wie ich unbemerkt verschwinden soll? Noch dazu wenn sie auf der Suche nach mir sind?


Sie räusperte sich.
Also entschuldige mal! Du bist weggelaufen als du sie gesehen hast, meiner Meinung nach nicht sehr schlau!


Ich knurrte.
Was hätte ich denn machen sollen? Sie lässig begrüßen und damit prahlen, dass du mich gehen lassen hast?


Ein Seufzen.
Entschuldige aber ich bin nervös. Meinetwegen lass dir so viel Zeit wie du benötigst aber pass bitte auf dich auf, okay?


Ich musste lächeln, als ich die Nervosität in ihrer Stimme hörte.
Machst du dir etwa Sorgen?


Idiot!


Das Wort war nur ein Flüstern in meinem Kopf, brachte mich aber dennoch zum lachen.
Mach dir keine Sorgen, ich komme schon klar!


Dann verschloss ich mein Bewusstsein. Ich musste nachdenken und durfte mich nicht von der Frau, die ich liebte ablenken lassen. Auch wenn es verdammt schwer war. Schuldgefühle machten sich bemerkbar. Ich hatte Faith angelogen! Es würde schwer werden hier klarzukommen. Mit einem meiner Brüder kam ich noch klar aber gegen zwei von ihnen würde es schon wieder knapp werden.
„Verdammt, was mache ich nur?“, murmelte ich und ließ den Kopf gegen das Bücherregal, an dem ich lehnte, fallen. Ich überlegte noch einen Moment ehe ich Schritte hörte. Ich machte mich bereits darauf gefasst entdeckt zu werden, als ich Aiden erblickte. Sofort sprang ich auf, bewegte mich auf ihn zu und packte ihn. Dann presste ich ihm die Hand auf den Mund und zog ihn hinter eines der Regale.
„Kein Mucks, verstanden?“, knurrte ich. Er nickte, worauf ich ihn langsam losließ.
„Du konntest entkommen!“
Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, die ich bestätigte.
„Hör zu, ich kann dir keine genaueren Erklärungen liefern aber du musst mir helfen!“, sagte ich leise. Aiden sah sich nervös um.
„Sie suchen nach dir, ich weiß nicht ob...“
Ich unterbrach ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
„Aiden, hör mir zu! Die anderen dürfen mich nicht finden, warum ist egal! Du weißt, dass meine Brüder Unterstützung angefordert haben, nicht wahr?“
Der junge Engel nickte.
„Ja, von einem Magier. Warum?“
„Sein Name ist Damodar und er ist verdammt gefährlich! Du musst mir helfen ihn hier weg zu bekommen.“, erwiderte ich.
Verwirrung trat in sein Gesicht.
„Aber warum? Ich dachte er hilft uns im Krieg?“
„Mag sein.“, meinte ich wütend. „Aber für seine Hilfe hat er nach einigen Engeln verlangt. Du bist einer dieser Engel, die nach dem Krieg Damodar gehören. Außerdem traue ich diesem Kerl nicht. Er könnte sich gegen uns stellen, schließlich ist er ein Bewohner Pragaras.“
Aiden´s Augen weiteten sich und er brachte kein Wort heraus.
„Also, was ist? Hilfst du mir?“, fragte ich nun. Er nickte entschlossen. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen.
„Ich vertraue dir, Aiden, also komm nicht auf die Idee dieses Vertrauen zu missbrauchen.“, drohte ich. Eine Stille entstand, die einige Zeit keiner von uns brechen wollte. Schließlich wurde sie von Aiden gebrochen.
„Du hättest ohne Hilfe nicht aus Pragaras entkommen können, also was ist wirklich passiert?“
Ich war verblüfft, setzte aber dennoch mein Pokerface auf. Aiden machte immer den Eindruck als würde er nichts können. Sah so aus als wollte er nicht, dass man sich seinen Verstand zu Nutze machte.
„Sieht so aus, als hättest du doch etwas drauf.“
Aiden verzog das Gesicht.
„Ich mag es nicht, wenn man mich nur als Werkzeug betrachtet.“, schnaubte er.
„Ich auch nicht. Aber manchmal hat man keine andere Wahl.“, murmelte ich. Aiden blieb ernst.
„Sagst du mir nun, was eigentlich los ist?“
Ariel? Wo bist du?


Faith´s Stimme in meinem Kopf warf mich aus der Bahn.
Was?

, dachte ich verwirrt.
Wo befindest du dich gerade?


I-In der Bibliothek a-aber warum?


Eine Antwort bekam ich nicht.
„Ariel?“
Aiden´s Stimme holte mich wieder zurück.
„Alles in Ordnung?“, fragte er.
„Ähm, ja, sicher.“, sagte ich schnell, da ertönte auch schon ein Krachen.
Fast ein wenig panisch sah ich zur Tür.
„Was zum . . . Wie bist du . . .“
Ich war nicht in der Lage meine Frage zu beenden, ich war viel zu überrascht. Faith lachte leise, kam auf uns zu und grinste dann fies.
„Wenn deine Brüder in der Lage sind mir einen Besuch abzustatten, dann bin ich auch in der Lage sie zu besuchen!“, meinte sie und zuckte mit den Schultern. Ich war immer noch sprachlos. Aber ich war in der Lage zu denken.
Wie hast du es geschafft hierher zu gelangen?


Nun erst fiel mir auf, dass sie in Begleitung war. Tristan war bei ihr. Sie wies mit einer einfachen Handbewegung auf Tristan, sagte aber nichts.
„Verstehe . . .“, murmelte ich, dann wies ich auf Aiden.
„Das ist übrigens Aiden. Er wird helfen.“, sagte ich.
Faith´s Augen verengten sich ein wenig. Sie verschränkte die Arme und neigte den Kopf.
„Bist du dir sicher das uns der Kleine helfen wird? Er musste von mir eine Tracht Prügel einstecken, ich weiß nicht ob er nachtragend ist.“
Aiden knurrte leise.
„Eine Frage, Ariel. Warum bist du auf ihrer Seite?“
Auch diese Worte überraschten mich. Ich hatte nicht gesagt das ich auf Faith´s Seite stand aber scheinbar hatte der junge Engel schon alles durchschaut.
„Du glaubst wirklich sie ist das böseste Wesen im Universum, oder?“, meinte ich, ohne auf seine Frage einzugehen. Doch so leicht ließ er sich nicht ablenken.
„Ich weiß nicht. Manchmal glaube ich die Erzengel sind schlimmer.“, antwortete er schulterzuckend und wurde sofort wieder ernster.
„Kriege ich jetzt eine Antwort auf meine Frage?“, wollte er wissen. Ich seufzte.
„Faith hat in all den Jahren, in denen sie nun schon die Unterwelt regiert, nicht einmal etwas getan, was uns hätte schaden können. Außerdem ist sie nicht so schlecht wie alle glauben.“, sagte ich schließlich.
Faith lachte wieder.
„Nett gesagt, mein Lieber.“
Sie trat an Aiden heran und verneigte sich leicht.
„Tut mir leid das unser letztes Zusammenstoßen so blöd gelaufen ist. Aber ich hoffe doch das es ab jetzt besser läuft!“, hauchte sie und lächelte.
Aiden stieß ein Schnauben aus.
„Es geht mir hierbei nur um mich. Ich habe keine Lust als Sklave von Damodar zu enden.“, knurrte er.
„Kluge Entscheidung.“, erwiderte der Teufel und klopfte dem Engel kurz auf die Schulter.
Dann wandte sie sich wieder an mich.
„Und? Was nun?“
Ich seufzte und fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
„Du bist im falschen Moment aufgetaucht. Sie suchen nach mir.“, sagte ich leise.
Faith begann zu lachen.
„Mein Timing ist einfach unverbesserlich!“
Dann wurde sie ernst und warf Aiden einen kurzen Blick zu.
„Er könnte helfen, indem er deine Brüder ablenkt. Den Rest kannst du dir denken.“, sagte sie und sah dann wieder mich an.
Aiden seufzte und verschränkte die Arme.
„Ich bin mir nicht sicher ob ich das schaffe. Sie sind ziemlich gewitzt, möglicherweise erkennen sie es schon vorher.“, erklärte er, irgendwie genervt. Ihm gefiel es nicht das Faith nun damit zutun hatte, so viel war sicher. Der Teufel wies wieder auf Tristan.
„Nimm ihn zur Hilfe, wenn es nötig ist.“, sagte sie bloß.
Aiden´s Augen verengten sich. Scheinbar war er sich nicht sicher was er von dieser Situation halten sollte. Aber ich konnte es ihm nicht verübeln. Faith war unberechenbar, sogar ich zweifelte noch manchmal an ihr.
„Du kannst ihr vertrauen.“, sagte ich inzwischen genervt und machte eine kurze Geste.
„Das sagst du so leicht.“, erwiderte er.
Faith meldete sich wieder zu Wort.
„Mir musst du nicht vertrauen. Sondern ihm.“
Sie deutete mit dem Kopf auf mich, worauf Aiden ein Seufzen ausstieß und sich abwandte.
„Also schön . . .“, murmelte er, packte Tristan am Arm und zog ihn mit. „Ihr habt fünfzehn Minuten!“, rief er uns dann über seine Schulter zu, ehe die beiden aus unserem Blickfeld verschwanden. Ich stieß ein Schnauben aus.
„Tz, ich bin derjenige der so etwas sagen sollte, nicht er!“
Darauf lachte auch Faith. Zu zweit schlichen wir also aus der Bibliothek und machten uns auf die Suche nach dem Magier.


_____14_____




Mit einem Seufzen schloss ich die Augen. Wir hatten es geschafft Damodar zurückzuholen, auch wenn es nicht leicht war. Ich schlug die Augen wieder auf und sah aus dem Fenster. Dann rief ich mir die Bilder des Geschehenen ins Gedächtnis . . .

„Wo hast du Damodar das letzte Mal gesehen?“, erkundigte sich Faith leise und schlich hinter mir her.
„In seinem Zimmer. Nur leider waren meine Brüder in diesem Moment auch da.“, antwortete ich und warf einen Blick in die Flure, die sich vor uns in verschiedene Richtungen bahnten.
„Sag mal, kannst du eigentlich mit deinen Untergebenen per Gedanken miteinander kommunizieren?“, wollte die Frau hinter mir nun wissen.
„Ja, aber das machen wir nur selten. Warum fragst du?“
„Weil es in diesem Moment wirklich nützlich ist. Frag Aiden wo er sich befindet und wie weit er schon ist. Es wäre nicht gerade toll einem deiner Brüder zu begegnen.“
Meine Mundwinkel zuckten, dann konzentrierte ich mich auf meine Gedanken.


Aiden? Hast du schon etwas erreichen können?
Es dauerte einen Moment bis ich eine Antwort bekam.


Sie haben sich aufgeteilt aber nachdem ich gesagt habe das ich dich am Rande von Himnaríki gesehen habe, wollten sie, dass sich alle auf den Weg dorthin machen. Ihr habt also freie Bahn. Übrigens befindet sich Damodar wieder in seinem Zimmer. Seid aber vorsichtig, er wird bewacht!
Nun fing ich an zu grinsen.


Gute Arbeit. Was macht Tristan? Ich hoffe doch, er bereitet dir keine Schwierigkeiten!
Er wurde noch nicht bemerkt und ich hoffe, dass bleibt auch so! Ihr habt noch geschätzte zehn Minuten ehe deine Brüder merken, dass ich sie verarscht habe.
Keine Panik, wir beeilen uns.
„Hier lang.“, murmelte ich und bog rechts ab.
„Und?“, meldete sich Faith wieder zu Wort.
„Wir haben zehn Minuten.“, erwiderte ich monoton und beschleunigte meine Schritte.
Das Zimmer in dem Damodar untergebracht wurde war nicht in der Nähe, wir würden noch einige Hallen und Flure durchqueren müssen. Und dann wären da noch die zwei Wächter.
„Was passiert eigentlich mit Aiden?“
Faith´s Worte verwirrten mich, weshalb ich ruckartig zum stehen kam und mich irritiert zu ihr umdrehte. Doch noch ehe ich etwas hätte sagen können, schubste sie mich und drängte mich weiter.
„Jetzt beweg dich, ich dachte wir haben nur zehn Minuten?“
Dann rannten wir auch schon weiter.
„Was meinst du damit?“, fragte ich nun, auf ihre vorherigen Worte bezogen.
„Was passiert mit Aiden, wenn wir Damodar haben? Ich meine, er hat deine Brüder angelogen und sowohl dir als auch mir damit einen Gefallen getan, ich glaube nicht, dass das unbestraft bleibt, oder?“
Wieder kam ich zum stehen. Darüber hatte ich gar nicht nachgedacht!
„Oh oh!“, brachte ich nur heraus.
Faith sah mich erwartungsvoll an.
„Ich schätze sie werden ihn auf die Erde verbannen.“, sagte ich schließlich nachdenklich und setzte mich nach einem weiteren Stoß von Faith wieder in Bewegung. Faith lachte leise hinter mir.
Wir hatten Damodar´s Zimmer inzwischen fast erreicht.
„Mach dir keine Sorgen. Er kann bei mir bleiben.“
Faith stieß ein genervtes Seufzen aus und schob mich weiter.
„Meine Güte, hör auf ständig stehen zu bleiben!“, fauchte sie.
Doch dann wurden ihre Gesichtszüge weicher. Sie konnte keine Gedanken lesen, wusste dennoch was ich zu fragen versuchte.
„Ich begleiche somit nur meine Schuld.“, sagte sie nun monoton. Sie schob mich unbeirrt weiter, doch dann blieb ich wieder stehen. Sie stemmte gerade die Hände in die Hüften und öffnete den Mund, doch gerade noch rechtzeitig presste ich ihr die Hand auf den Mund. Sie hatte mein Handgelenk bereits gepackt, um es niederzudrücken, doch dann bemerkte auch sie das Stimmengemurmel.
„Nicht zu fassen, dass es Ariel gelungen ist zu fliehen . . .“
„Ich finde das Ganze etwas seltsam. Gabriel und Raphael haben bestätigt das die Kräfte des Teufels gewachsen sind. Gabriel wollte nicht das sie Ariel helfen, weil es wohl zu gefährlich sei. Also wie ist es seinem Bruder gelungen von dort wegzukommen?“
Ich neigte den Kopf. War klar, dass sie mir jetzt nicht mehr trauten. Aber ich hatte keine Wahl . . .
In diesem Moment fragte ich mich, was passieren würde, wenn sie mich zu fassen bekamen. Ob sie mich wohl wieder verbannen würden? Ich verkniff es mir den Kopf zu schütteln. Ich hatte keine Zeit mir darüber Gedanken zu machen. Langsam ließ ich meine Hand sinken. Ich spähte um die Ecke und sah Mikel und Tosca, zwei Wächter. Sie gehörten zu den besten Wächtern überhaupt. Es wunderte mich nicht, dass meine Brüder Engel ausgesucht hatten, denen ihr Job unglaublich viel bedeutete.


Gibt es eine Möglichkeit sie von hier aus außer Gefecht zu setzen? Sobald sie uns bemerken, schlagen sie Alarm., dachte ich und sah über meine Schulter zu Faith. Scheinbar unterdrückte auch sie ihre Aura. Täte sie es nicht, hätten uns die zwei schon längst bemerkt.


Außer Gefecht setzen geht über diese Entfernung nicht. Aber ich kann ihr Denken, und somit ihr Handeln beeinflussen., kam es von Faith zurück. Meine Lippen verzogen sich zu einem hinterhältigen Grinsen.


Du bist die Beste!
Ich weiß.
Und du bist arrogant!
Auch das weiß ich.
Ich sah noch einmal über meine Schulter, beendete unser Gespräch somit und überließ ihr den Rest.
Mit einem leisen Lachen schloss sie ihre Augen. Ich hatte keine Ahnung warum sie in der Lage war Engel zu manipulieren, geschweige denn wie genau sie das tat, doch es faszinierte mich. Mit einem mal wollte ich wissen, was einmal aus uns werden würde. Würden wir irgendwann wieder getrennte Wege gehen? Oder bestand vielleicht doch noch Hoffnung? Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal spürte, wie Faith mir den Ellenbogen in die Nieren rammte.


Ariel!
Erst ihre Stimme in meinem Kopf holte mich ins Hier und Jetzt zurück.
„Äh, was?“, murmelte ich verwirrt.
Ihr Blick veränderte sich für einen Moment, doch als sie mit dem Kopf auf den Flur wies trat wieder die Kälte in ihre Augen.
„Sie sind weg.“, sagte sie ausdruckslos.
Immer noch ein wenig durcheinander überprüfte ich ihre Worte. Mikel und Tosca waren tatsächlich nicht mehr da.
„Was genau hast du gemacht?“, erkundigte ich mich und setzte mich, noch immer vorsichtig, in Bewegung.
„Sie glauben sie verfolgen einen Eindringling.“, antwortete sie schulterzuckend.
Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken.
„Du bist wirklich unglaublich!“
Ich bekam nur ein leises Kichern zu hören.
Vor der Tür zu Damodar´s Zimmer blieben wir stehen. Ich horchte noch einmal an der Tür, konnte aber nichts hören. Doch dann drang das leise Rascheln von Papier durch das Holz an mein Ohr.


Scheinbar ist er am lesen., dachte ich.


Hoffentlich ist es ein gutes Buch! Dann macht es noch mehr Spaß ihn dabei zu unterbrechen., kicherte der Teufel. Ich lächelte. Faith war wirklich hinterhältig geworden. Ich liebte sie, doch das machte mich traurig. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht zu fluchen anzufangen.
Ich stieß die Tür auf und fing an zu grinsen. Er las tatsächlich! Entgeistert starrte mich der Magier an. Faith trat mit finsterer Miene hinter mir hervor und verschränkte die Arme. Sie musste nichts sagen. Die Luft in diesem Zimmer begann zu prickeln, keine Frage sie war wütend. So wütend, dass ich einen Schritt zurücktrat und ihr das Feld überließ. Sie unterdrückte immer noch ihre Aura, weshalb es umso erschreckender war diesen geballten Zorn zu spüren. Sie holte tief Luft, so als versuchte sie sich zu beruhigen, sagte jedoch immer noch nichts. Damodar sprang auf und warf das Buch in die Ecke des Zimmers.
„Verdammt, wurde auch Zeit das mal jemand von euch hier auftaucht!“, brummte er und machte einen Schritt auf Faith zu. Ich schluckte. Das Prickeln verwandelte sich schlagartig in eine elektrische Ladung, die darauf wartete sich zu entladen.
„Wie war das?“, hauchte Faith.
Die drei Worte waren wirklich nur ein Hauch, hatten aber die Wucht einer Eisenkeule. Damodar zog überrascht die grauen Brauen hoch.
„Glaubst du etwa, dass ich freiwillig hier bin?“
Er wurde lauter. Und dann entlud sich die elektrische Ladung. Mit einem Rumpeln hatte Faith seine Kehle gepackt und ihn mit voller Wucht gegen die Wand gedrückt. Noch immer unterdrückte sie ihre Aura. Nicht zu fassen, dass sie dazu noch in der Lage war. Wieder schluckte ich. Was würde wohl passieren wenn sie sich nicht so zurückhalten würde? Ein Schauer überlief mich.
„Du wirst mitkommen, klar!“, zischte Faith und drückte fester zu.
Damodar rang nach Luft und versuchte verzweifelt ihre Hand von seinem Hals zu lösen. Erfolglos.
Ich war beeindruckt von Faith´s Stärke. Natürlich wusste ich das sie stark war. Aber ein alter stämmiger Mann wog natürlich nicht nur ein paar Kilo.
„Ist das klar?“, fauchte Faith und drückte noch fester zu.
Ich unterdrückte ein Seufzen.
Wenn er keine Luft kriegt kann er nicht antworten., dachte ich.
„Er muss auch nicht antworten. Ein einfaches Nicken reicht.“, sagte Faith leise.
Damodar versuchte nun zu nicken, was aber irgendwie nicht klappen wollte. Doch Faith verstand es und ließ ihn langsam los. Mit einem dumpfen Prall landete der Magier auf dem Boden. Faith´s Finger hatten sich an einigen Stellen in sein Fleisch gebohrt, weshalb Blut ihm die Kehle hinab lief.
„Steh auf!“, befahl Faith.
Die Kälte in ihrer Stimme war abgeklungen, doch noch immer brodelte die Luft. Damodar gehorchte. Zitternd erhob er sich.
„Was macht Aiden?“, wollte Faith nun wissen.


Wir haben Damodar. Wartet am Tor auf uns., dachte ich.


Alles klar. Sind schon auf dem Weg., kam es zurück.
„Aiden ist mit Tristan auf dem Weg zum Tor. Wir sollten uns also beeilen.“, sagte ich nun laut.
„Gut, machen wir uns auf den Weg.“, antwortete der Teufel, packte den Magier am Kragen und zog ihn aus dem Raum.


Kriegst du es hin uns, ohne gesehen zu werden, hier heraus zu führen?
Ich folgte den beiden und antwortete währenddessen auf Faith´s Gedanken.


Es wird nicht einfach aber es ist machbar.
Gut, dann geh voraus!
Ich tat was sie wollte und ging voraus.
„Der Palast ist ziemlich groß und verwinkelt, außerdem sind überall Wächter aufgestellt. Seid bloß nicht leichtsinnig!“
Faith brachte Damodar mit einem vielsagenden Blick zum Schweigen und auch ich warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Das hier ist zufällig meine Heimat! Ich weiß wie sie ticken, also halt gefälligst die Schnauze!“
Faith stieß ein Schnauben aus, das nach einem unterdrückten Lachen klang. Ich wandte meinen Blick wieder ab und konzentrierte mich auf den Weg der vor uns lag.
. . .
Wir kreuzten den Weg mehrerer Wächter, die aber schnell außer Gefecht gesetzt waren. Doch als wir den Palast verlassen hatten wurde es schwieriger. Wir konnten die Engel nicht außer Gefecht setzen, es waren zu viele, deshalb gingen wir ihnen aus dem Weg. Wann immer wir einen Wächter sahen, schlugen wir eine andere Richtung ein.
„So langsam habe ich die Schnauze voll!“, murmelte Faith genervt.


Tut mir leid . . ., dachte ich. Wieder verspürte ich Schuldgefühle. Faith würde wirklich ein Problem haben wenn meine Brüder uns jetzt entdecken würden. Klar, sie war stark, doch ich wusste nicht, ob ihre Kraft gegen alle meine Brüder ankam.


Du brauchst dich nicht zu entschuldigen., hauchte Faith in meinem Kopf.
„Wir haben das Tor gleich erreicht.“, sagte ich.
Augenblicklich blieb ich stehen. Ich wirbelte herum und auch Faith erstarrte.
„Sag mal, hast du sie noch alle?“, brüllte ich.
Damodar zuckte nicht einmal mit der Wimper. Mit einem Schlag brodelte die Luft wieder um uns herum, doch dieses Mal ging dieses Brodeln jedoch nicht von Faith aus, sondern von dem Magier. Für die anderen Engel hier war das wie ein riesiges, leuchtendes Schild, das auf uns wies. Faith stieß ein Knurren aus. Sowohl sie als such ich wusste, dass Damodar sehr wohl freiwillig hier war. Mit dieser Aktion war es erst richtig offensichtlich. Und mit dieser Aktion hatte er sein Todesurteil ausgesprochen. Faith´s Augen verengten sich.
„Weißt du was? Mir ist es egal, dass du uns Probleme bereiten willst aber du wirst trotzdem mit uns kommen!“
Damodar antwortete nicht. Mit einem weiteren Knurren packte Faith ihn und zog ihn mit.
„Lauf!“, befahl ich und setzte mich in Bewegung. Es dauerte nicht lange, da kam das Tor in Sicht.
Aiden und Tristan waren auch da.
„Tristan! Los!“, schrie Faith.
„Ein Portal?“, fragte ich perplex als ich sah, dass sich ein Riss in der Luft auf tat. Seit wann war ein Gefallener in der Lage, ein Portal zu öffnen? Ich schüttelte den Kopf um die unnötigen Gedankengänge zu vertreiben. Nicht viel später befanden wir uns in Pragaras . . .



„Warum bin ich noch hier?“
Aiden´s Stimme riss mich aus den Gedanken. Ich richtete meinen Blick auf ihn und setzte mich auf. Dann fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar.
„Da du mir, und somit auch Faith, geholfen hast, werden dich meine Brüder höchstwahrscheinlich verurteilen. Deshalb bietet Faith dir an, hier zu bleiben.“, sagte ich leise und monoton. Aiden´s Augen weiteten sich.
„Wie bitte?“, knurrte er.
„Bleib locker.“, sagte ich dann. „Ich bin ja auch hier. Außerdem ist es nicht so schlimm wie du denkst. Es ist immer noch besser als alleine in der Menschenwelt zu wandeln!“
Doch das beruhigte den Engel nicht. Stattdessen wurde er lauter.
„Was glaubst du eigentlich wo wir hier sind?“, brüllte er.
„Ist dir klar mit wem du gerade redest? Oder viel mehr, ist dir klar, in welchem Ton du gerade mit mir redest?“
„Ist diesem Moment ist mir völlig egal wer du bist und wie viel du zu sagen hast! Wer sagt, dass ich verbannt werde? Was, wenn ich behaupte, du hättest mich gezwungen?“, erwiderte er. Ich schwieg.
„Ariel?“
Faith stand plötzlich im Zimmer. Aiden starrte sie wütend an, doch sie tat so, als würde sie es nicht bemerken.
„Was gibt’s?“, fragte ich mit strapazierten Nerven.
„Amaya lässt fragen, ob du mit ihr trainieren willst.“, meinte Faith lässig und zuckte mit den Schultern.
„Das ist ein ziemlich ungünstiger Zeitpunkt, Faith.“, antwortete ich.
Faith warf Aiden einen kurzen Blick zu.
„Wenn er nicht hierbleiben will, dann will er halt nicht und damit hat sich die Sache.“
Überrascht zog ich die Brauen hoch.
„Du machst Witze, oder?“, fragte ich perplex. Stumm schüttelte sie den Kopf. Meine Augen verengten sich, dann streckte ich den Arm aus.
„Komm her, Süße!“
Ohne zu zögern kam sie auf mich zu. Ich zog sie auf meinen Schoß und presste meine Lippen auf ihren Hals.
„Was für ein Spiel spielst du?“, hauchte ich.
„Ich weiß nicht was du meinst.“, flüsterte sie.
„Seid ihr so etwas wie ein Paar?“, unterbrach Aiden unser kurzes Gespräch.
„Ein Paar?“, meinte Faith verwirrt und sah in seine Richtung.
„Wir könnten niemals . . . ein Paar werden.“, meinte sie leise.
Sie erhob sich und flüchtete wortwörtlich aus dem Raum. Verwirrt sah ich ihr nach.
„Was war das denn jetzt?“, fragte Aiden, der ebenfalls total verwirrt war.
„Ich glaube du hast etwas Falsches gesagt.“, meinte ich und stand ebenfalls auf. „Ich seh mal nach ihr. Du kannst nochmal über ihr Angebot nachdenken.“
Dann hatte ich den Raum auch schon verlassen.
. . .
„Faith?“, noch während ich an die Tür klopfte betrat ich ihr Zimmer. Sie saß an ihrem Schreibtisch und starrte mit trübem Blick aus dem Fenster.
„Was ist los? Du bist so schnell auf dem Raum gestürmt.“, meinte ich und ging auf sie zu. Sie schwieg, weshalb ich wieder das Wort ergriff.
„War es, weil Aiden uns auf uns zwei angesprochen hat?“, fragte ich.
Sofort trat ein Ausdruck der Härte in Faith´s Augen.
„Mir ist nicht danach darüber zu reden.“, sagte sie kalt und starrte weiter unentwegt aus dem Fenster.
„Tut mir leid aber wenn du glaubst das ich das Thema jetzt fallen lasse, hast du dich geschnitten.“
Ich lehnte mich an ihren Schreibtisch und verschränkte die Arme. Ihre Augen schlossen sich für einen Moment, als sie sich wieder öffneten richteten sie sich auf mich.
„Du solltest gehen.“, sagte sie ausdruckslos.
„Nein.“, erwiderte ich, nun verärgert. Ich beugte mich über den Tisch, bis mein Gesicht nur noch wenige Millimeter von ihrem entfernt war.
„Sei ehrlich, Süße. Du fragst dich auch, was aus uns einmal wird, nicht wahr?“
Mir blieb nicht verborgen, dass sie versuchte ihre Anspannung zu verstecken.
„Das ist etwas, worüber ich mir im Moment keine Gedanken machen kann.“, sagte sie.
„Verstehe. Worüber machst du dir stattdessen Gedanken?“, bohrte ich weiter.
Ich spürte wie sie wütend wurde und verkniff es mir zu grinsen. Mit einem Mal war die Wut, die von ihr ausging, verschwunden. Umso verblüffter war ich, als sie mir die Wut durch ihre Stimme entgegen schleuderte.
„Ich überlege ob ich Damodar töten soll oder nicht.“, sagte sie barsch.
Das überraschte mich dann doch.
„Er lebt noch? Ich dachte du hättest dich schon um ihn gekümmert?“
Nun trübten sich ihre klaren Augen wieder. Sie sah wieder aus dem Fenster und seufzte leise.
„Vielleicht könnte er noch nützlich sein. Allerdings hat er so viel Scheiße gebaut, dass ich ihn schon in Himnaríki hätte töten sollen.“
Ich neigte den Kopf und schwieg. Doch dann fiel mir die Frau des Magiers ein.
„Was hat Nyima dazu gesagt?“
„Sie weiß noch nichts. Wenn sie herausfindet das ich Damodar töte, wird sie es zu verhindern wissen.“, meinte Faith.
Eine Weile lang sagte keiner etwas, bis Faith irgendwann seufzte und die Augen schloss.
„Ja, ich mache mir Gedanken über uns. Die Frage was einmal aus uns wird muss anders formuliert werden. Die Frage ist, wo stehen wir jetzt?“
Das verstand ich nicht.
„Was meinst du mit, wo stehen wir jetzt?“, hakte ich nach. Faith sag genervt aus. Sie erhob sich, ging zum Fenster und verschränkte anschließend die Arme.
„Du solltest eigentlich gar nicht hier sein, Ariel. Wir können uns keine Gedanken über die Zukunft machen. Wir müssen über das Hier und Jetzt nachdenken. Deine Brüder könnten jederzeit hier auftauchen, dass muss dir klar sein. Die Frage ist . . . was sind wir? Zwei verliebte? Freunde? Feinde? Was auch immer, wir sind auf jeden Fall kein Paar! Früher oder später werden wir wieder getrennt. Und wenn es hart auf hart kommt, dann . . .“
Sie verstummte, was mich natürlich nur noch nervöser machte. Ihre Worte gefielen mir nicht.
Ich schluckte, dann trat ich hinter sie und beugte mich ein wenig vor.
„Es wäre schön wenn du den Satz beenden würdest.“, sagte ich leise.
Ich wollte sie bereits an den Schultern fassen, da drehte sie sich auch schon um.
„Einer von uns hätte damals sterben sollen.“, sagte sie nüchtern.
Nun wusste ich worauf sie hinaus wollte. Geschockt sah ich sie an. Auf der einen Seite war ich wütend über ihre Worte. Sie hatte keinerlei Vertrauen in mich. Doch auf der anderen Seite wusste ich, dass sie Recht hatte. Ganz egal wie wir uns jetzt entscheiden würden, ob wir ein Paar werden würden oder nicht, es würde keine Rolle spielen. Der Krieg würde alles wieder kaputt machen.
„Keiner von uns beiden wir sterben, ist das klar?“, knurrte ich und umfasste ihr Gesicht mit meinen Händen. Doch sie ging nicht darauf ein. Ihr Blick blieb weiterhin starr und ihre Stimme unverändert.
„Auf welcher Seite stehst du, Ariel?“
Ihre Frage verwirrte mich, weshalb ich die Hände sinken ließ und sie fragend ansah.
„Was spielt das für eine Rolle?“, wollte ich wissen.
„Wenn du auf der Seite deiner Brüder stehst, wirst du vielleicht sterben. Bist du auf meiner Seite, werden wir vielleicht beide getötet.“
„Du sollst nicht immer so einen Unsinn reden!“, knurrte ich, packte sie wieder an den Schultern und schüttelte sie. Doch sie befreite sich aus meinem Griff und kehrte mir den Rücken zu.
„Das ist mein Ernst, verdammt!“, schrie sie. „Du musst dich entscheiden, Ariel! Entweder hilfst du deinen Brüdern oder mir!“
Verzweifelt stieß ich die Luft aus. Ich wusste nicht was ich nun tun sollte. Natürlich wollte ich Faith unterstützen, keine Frage. Aber was war mit meinen Brüdern? Ich war immer noch ein Erzengel. Wenn ich mich auf Faith´s Seite stellte, wäre das Hochverrat. Was sollte ich tun? Ich konnte nicht mal eben so eine solch schwere Entscheidung treffen. Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte drehte Faith sich wieder um. Ihr Gesicht glich dem einer Maske. Es war starr und ausdruckslos.
„Mir ist egal wie du dich entscheidest. Ich will bloß, dass du die richtige Entscheidung triffst. Egal wie deine Antwort auch ausfallen wird, ich werde dir keine Vorwürfe machen.“
Mit diesen Worten ging sie an mir vorbei und verließ das Zimmer.
Süße, weißt du eigentlich wie schwer du es mir machst?

, dachte ich und sah ihr nach.


_____15_____



„Ariel?“
Ich sah auf und begegnete dem Blick von Aiden. Erwartungsvoll sah ich ihn an.
„Ich werde hier bleiben.“
Total überrumpelt erhob ich mich.
„Wie bitte? Ist das dein Ernst?“
Der junge Engel nickte.
„Ja. Ich habe noch einmal darüber nachgedacht. Vielleicht ist es doch keine so schlechte Idee. Deine Brüder werden mich bestrafen, keine Frage.“
Ein wenig irritiert beobachtete ich ihn dabei, wie er es sich auf meinem Sofa bequem machte.
„Ich weiß nicht wieso aber irgendwie kaufe ich dir diesen Sinneswandel nicht ab.“
„Wirke ich so unglaubwürdig?“, erwiderte Aiden grinsend. Mein Schweigen war Antwort genug. Plötzlich ging die Tür auf.
„Ich habe ihn überredet!“
Amaya ließ sich lachend neben ihm aufs Sofa fallen. Amaya´s breites Grinsen ließ auch mich leise lachen.
„Ihr scheint euch zu verstehen.“
Mit einem Schnauben wandte Aiden sein Gesicht von uns ab.
„Sie geht einem ziemlich auf die Nerven.“, sagte er genervt.
Auch ich stieß ein kurzes Schnauben aus. Es ähnelte allerdings eher einem Lachen.
„Gelogen.“
Amaya kicherte, Aiden knurrte. Doch dann wurde Faith´s Schülerin ernst. Ihre Gesichtszüge wurden härter und der Ausdruck in ihren Augen wurde unbeschreiblich.
„Faith ist ziemlich mies drauf. Ist etwas zwischen euch vorgefallen?“
Warum musste Amaya eigentlich so aufmerksam sein? Nun konnte auch ich ein Knurren nicht unterdrücken.
„Vergiss es, Kleine. Es bringt nichts jetzt darüber zu reden.“, sagte ich nur und wies kurz auf die Tür. „Und nun könnt ihr beiden wieder verschwinden. Ich will meine Ruhe.“
Aiden hatte sich bereits erhoben und wollte verschwinden, doch das Mädchen rührte sich nicht.
„Ich werde nicht verschwinden.“, sagte sie stur.
„Das war mir klar.“, erwiderte ich genervt und schloss die Augen.
Die Kleine grinste fies, überschlug die Beine und warf Aiden einen kurzen Blick zu.
„Du musst nicht das tun was er sagt. Hier unten hat er dir gar nichts zu sagen. Selbst Faith nicht!“
Überrascht zog Aiden die Brauen hoch. Er wusste das ich ihm hier keine Befehle erteilen konnte, doch das auch Faith das nicht konnte schien er nicht gewusst zu haben.
„Du bist weder ein Gefallener, noch ein Dämon, also hat Faith auch keine Kontrolle über dich.“, erklärte ich, noch immer genervt. Aiden schluckte und rührte sich nicht, scheinbar wusste er nicht was er nun tun sollte. Amaya meldete sich wieder zu Wort.
„Na los, raus mit der Sprache, was ist passiert?“, drängte das Mädchen wieder.
Wieder stieß ich ein Knurren aus.
„Kümmere dich um deine Angelegenheiten.“, murrte ich.
Das Grinsen in Amaya´s Gesicht wurde immer breiter.
„Ich habe schon mit Faith gesprochen. Ich weiß also schon worum es geht.“
Meine Stirn kräuselte sich.
„Faith hat mit dir darüber geredet? So kenne ich sie ja gar nicht. Aber egal. Wenn du schon davon weißt, wieso fragst du mich dann danach?“, knurrte ich.
„Ich wollte die Geschichte aus deiner Sicht hören.“
„Meinetwegen kannst du die Psychiaterin von Kieran sein aber nicht von mir! Und nun raus!“
Ich war lauter geworden als beabsichtigt. Amaya erhob sich kichernd und tänzelte aus dem Raum.
Genervt hielt ich mir den Kopf. Dann fiel mir auf, dass Aiden sich immer noch keine Stück gerührt hatte.
„Was machst du noch hier?“, brummte ich.
Der junge Engel seufzte leise. Er dachte wohl ich hätte es nicht gehört, doch das war ein Irrtum.
„Das es zwischen euch jetzt so scheiße läuft ist wohl meine Schuld.“, nuschelte er.
„Keiner hat gesagt das es scheiße läuft.“, meinte ich und zog eine Braue hoch. „Wir sind nur nicht einer Meinung.“
Aiden schwieg. Wartete er etwa darauf, dass ich ihm mehr erzählte? Meine Augen verengten sich und wieder wies ich auf die Tür. Nun verließ auch Aiden den Raum, wenn auch mit einem genervten Seufzen. Kaum fiel die Tür ins Schloss stieß auch ich wieder ein Seufzen aus.
Ich konnte mir irgendwie nur schwer vorstellen, dass Faith Amaya von unserer Diskussion erzählt hatte. Und wenn doch war die Frage, was genau sie erzählt hatte. Nachdenklich breitete ich meine Flügel aus. Mein Blick fiel in den Spiegel. Wäre es falsch, wenn ich mich für Faith entscheiden würde? Ich hatte schon einmal ohne Flügel gelebt und das für eine ziemlich lange Zeit. Es wäre mir egal wenn ich sie noch einmal verlieren würde. Faith hatte mich damals gebraucht, doch ich war mit meinen Brüdern abgehauen. Eigentlich war ich es ihr schuldig ihr zu helfen. Doch . . . ich gehörte nicht hier her! Faith hatte Recht. Das hier war nicht mein Zuhause! Mein Zuhause war Himnaríki. Hätte Kieran das Mädchen damals nicht umgebracht, wäre ich nie hier gelandet. Ich hätte Faith nie kennengelernt. Stattdessen hätte ich mit meinen Brüdern nun Pläne geschmiedet, wie wir den neuen Teufel hätten ausschalten können. Ich weiß nicht wie oft ich jetzt schon geseufzt hatte. Zu oft wahrscheinlich . . . Ich fragte mich immer noch warum meine Brüder mich damals zurückgeholt hatten. Sie hatten mich schließlich hierher verbannt. Was führten sie im Schilde? Wollten sie mich nur benutzen, um Faith auszuschalten? Ich vermutete, dass dem so war. Schließlich liebte sie mich und ich sie. Es wäre für uns beide kein Kinderspiel werden, wenn wir gegeneinander kämpfen müssten. Mit einem lauten Knurren faltete ich meine Flügel zusammen und beschloss, bei Faith zu bleiben.
In diesem Moment klopfte es an der Tür.
„Nicht jetzt!“, knurrte ich.
Doch die Tür öffnete sich trotzdem.
„Entschuldige, aber ich muss mit dir reden.“
Ich zog die Brauen hoch.
„Ich auch mit dir.“, antwortete ich und wandte mich Faith zu.
„Du zuerst.“, sagte ich.
Ich war gespannt was sie zu sagen hatte, weshalb ich ihr das Wort überließ. Nervös strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Ich habe nachgedacht.“, begann sie leise.
Erwartungsvoll sah ich auf sie herab.
„Ich will das du gehst!“, hauchte sie.
„Wie bitte?“
Völlig perplex starrte ich sie an.
„Du kannst nicht hierbleiben, Ariel. Das gibt nur Probleme.“, meinte sie und verschränkte die Arme.
„Ich habe mich entscheiden bei dir zu bleiben!“, knurrte ich und packte sie an den Schultern.
Doch sie befreite sich aus meinem Griff.
„Das wird nicht funktionieren.“, fauchte sie.
„Ach, und warum nicht?“, brüllte ich.
Sie packte mich am Kragen und zog mich zu sich hinunter.
„Weil du ein Erzengel bist, verdammt! Du gehörst nicht hierher!“
Ich knurrte wieder und umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen.
„Ich werde nicht gehen! Ich habe dich schon einmal alleine gelassen, dass wird nicht noch einmal passieren! Mir ist scheiß egal wie viele Probleme das mit sich bringt.“
„Du verschwindest!“, schrie sie.
„Nein.“, erwiderte ich. „Ich dachte ich bin deine Geisel? Warum willst du mich so plötzlich loswerden?“
„Ich bin dir keine Erklärung schuldig.“, murmelte sie und wandte sich von mir ab.
Ich machte einen Schritt und umarmte sie von hinten. Ich neigte mich ein wenig, bis mein Kopf auf ihrer Schulter lag.
„Ich liebe dich, Faith! Ich werde dich nicht alleine lassen! Niemals!“, sagte ich leise.
Ich spürte wie sich ihr Körper in meinen Armen versteifte.
„Mir ist völlig egal was ich deshalb alles in Kauf nehmen muss. Bitte akzeptiere meine Entscheidung!“
Sie antwortete nicht und rührte sich auch nicht, weshalb ich zurückwich und dann vor sie trat.
„Faith . . . Was . . .“
Verwirrt wischte ich ihr die Tränen von den Wangen. Warum sah sie so geschockt aus?
„Was ist denn los?“, murmelte ich und hob ihr Gesicht an.
„Wieso sagst du so etwas?“, flüsterte Faith und sah mich mit großen Augen an. Das verwirrte mich natürlich nur noch mehr. Ich schüttelte den Kopf um mich zu fangen.
„Weil es der Wahrheit entspricht!“, hauchte ich und nahm sie wieder in den Arm.
„Du bist so ein Idiot!“, schniefte sie. „Wenn du so etwas sagst, machst du es nur noch komplizierter und schwerer!“
Mit einem fast unhörbaren Seufzen schlang ich meine Arme um sie.
„Ich weiß das ich dir damals sehr weh getan habe und ich weiß auch, dass ich das nicht wieder gut machen kann. Aber jetzt musst du mit vertrauen! Du kannst mir glauben, Süße. Ich. Werde. Dich. Nicht. Alleine. Lassen!“
Ich betonte jedes Wort einzeln und schloss meine Arme fester um sie.
„Das du damals abgehauen bist ist mit inzwischen vollkommen egal, Ariel! Ich will nur nicht das . . .“
Ihre Stimme brach weg.
„Das ich dir weh tue, ich weiß.“, murmelte ich. Faith´s Arme hoben sich zögerlich und nach kurzem Innehalten schlossen sie sich um mich.
„Ich schwöre dir, bei meinem Leben als Teufel, wenn du mich verlässt, komme ich dir hinterher und bringe dich um!“, knurrte sie.
Ihre Hände verkrallten sich in meinem Hemd.
„Genau das wollte ich hören!“, sagte ich leise lachend.
Schweigen.
„Willst du die wirklich aufgeben?“, nuschelte Faith dann plötzlich und ließ ihre Hand über meine zusammengefalteten Flügel gleiten. Ich sog scharf die Luft ein. Solche Berührungen waren . . . unbeschreiblich. Sie gingen unter die Haut . . .
„Sie sind mir egal.“, sagte ich nur und sog wieder scharf die Luft ein.
„Scheint als würdest du das mögen.“, sagte Faith kichernd.
„Allerdings.“, brummte ich.
Lächelnd beugte ich mich hinunter, um sie küssen zu können.
„Du glaubst trotzdem, dass wir zwei keine Chance haben, oder?“, hauchte ich, als ich den Kuss löste.
„Ja.“, sagte sie nur, dann berührten ihre Lippen wieder meine.
Eine Weile standen wir einfach nur da und küssten uns, bis sich Faith´s Stimme in meinen Kopf schlich.
Ich habe beschlossen Damodar zu töten.


Mit einem Seufzen ließ ich von ihr ab.
„Jetzt hast du den Moment kaputt gemacht.“, beschwerte ich mich.
„Entschuldige aber mir ist nicht nach kuscheln zumute.“, sagte sie nur.
„Du könntest ein wenig Ablenkung gebrauchen, Süße.“, murmelte ich und hob ihr Gesicht an.
„Dafür ist keine Zeit!“, fauchte sie und trat zurück.
„Genau das meine ich!“, eröffnete ich die Diskussion. „Du gönnst dir nichts mehr.“
„Glaubst du als Teufel kann ich mich amüsieren wann und wo ich will?“
Mit einem weiteren Seufzen nahm ich ihre Hand. Ich wusste das es schwer werden würde, doch nun war ich davon überzeugt, dass noch eine Menge Probleme auf uns zukommen würden. Traurig sah ich sie an.
„Tut mir leid.“, sagte sie leise, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste mich kurz. Dann ging sie an mir vorbei.
„Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Damodar.“
Sie blieb kurz stehen und sah lächelnd über ihre Schulter.
„Danach habe ich Zeit für dich!“
Ich fing an zu grinsen.
„Ich komme mit dir. Wird sicher lustig dabei zuzusehen wie du Damodar fertig machst.“
„Na dann komm!“, sagte sie lachend und verschwand aus meinem Blickfeld.
. . .
Auf dem Weg zu Damodar herrschte Schweigen. Ich merkte sofort, dass Faith´s Laune sich schlagartig änderte.
„Du wirkst nervös.“, sagte ich irgendwann. Faith seufzte.
„Um Damodar mache ich mir in diesem Moment keine Gedanken. Viel mehr graut es mir davor, Nyima von dem Tod ihres Mannes zu erzählen.“, gab sie zu.
„Keine Sorge, dass wird schon gut gehen.“, munterte ich sie auf und griff nach ihrer Hand.
Sie lächelte schwach.
„Danke für die Aufmunterung aber von Nyima wird ab jetzt eine noch größere Gefahr ausgehen.“, sagte sie.
Nicht sehr viel später kamen wir an einer Zelle an, in der Damodar an die Wand gekettet auf dem Boden saß.
„Was willst du?“, knurrte der Magier und sah auf.
„Letzte Chance mir alles zu erzählen.“, sagte Faith monoton und verschränkte die Arme. Doch Damodar stieß nur ein kurzes Lachen aus.
„Gut, wie du willst.“, meinte Faith schulterzuckend und wandte sich an mich.
„Kannst du Kieran suchen? Er soll sich auf die Suche nach Nyima machen und sie herbringen.“
Ich war verwirrt, stimmte aber dennoch mit einem Nicken zu und machte auf dem Absatz kehrt. Ich war schon außer Reichweite, als plötzlich ohrenbetäubende Schreie erklangen. Ich blieb stehen und fragte mich, was Faith dem Magier in diesem Moment antat. Ich wollte schon umdrehen, überlegte es mir dann aber doch noch anders und ging weiter.
. . .
Ich hatte Kieran schon nach kurzer Zeit gefunden und ihm gesagt, wonach Faith verlangte. Er kam ihrem Befehl ohne zu zögern nach, was mir noch immer fremd erschien. Kieran und Faith waren beste Freunde gewesen, es war sicher auch für Kieran komisch, plötzlich all das zu tun was Faith wollte. Auch als Kieran mit Nyima zurückkehrte waren noch immer Schreie zu hören.
„Ich bringe euch zu ihr.“, sagte ich und ging voran. Mit einem Mal waren die qualvollen Schreie verstummt. Mir entging nicht Nyima´s strenger Blick, der sich in meinen Rücken bohrte.
„Du dürftest eigentlich gar nicht mehr hier sein.“, sagte sie in gefährlich klingendem Tonfall.
„Dennoch bin ich hier.“, antwortete ich mit gleichgültigem Schulterzucken.
Nyima wechselte schlagartig das Thema.
„Warum bin ich hier?“
„Du wirst es gleich erfahren.“, mischte Kieran sich ein. Die Banshee stieß ein empörtes Schnauben aus, blieb aber still.
Kieran und du werdet gleich bei mir bleiben, verstanden?


Faith´s Stimme tauchte so plötzlich in meinen Gedanken auf, dass ich erschrak und angewurzelt stehen blieb. Das hatte zur Folge, dass Nyima in mich lief.
„Was zum . . .“
Nyima hatte keine Chance ihren Satz zu beenden, denn ich hatte mich schon wieder in Bewegung gesetzt.
„Verzeihung, ich war in Gedanken.“, murmelte ich.
Ariel?


Verstanden. Aber darf ich fragen warum?


Ich weiß nicht wie Nyima reagieren wird. Ich würde schon mit ihr fertig werden aber eine Absicherung kann nicht schaden.


Dann wurde es still.
Nicht sehr viel später hatten wir die Zelle erreicht. Nyima stieß einen lauten Schrei aus und auch Kieran und mir gefror das Adern in den Adern. Der Anblick der sich uns bot war weit mehr als grauenhaft. Damodar lag verstümmelt auf dem Boden. Die linke Hand, der rechte Arm und beide Füße fehlten. Riesige Löcher klafften in seinem Oberkörper. Seine Augen waren weit aufgerissen und obwohl er schon tot war konnte man noch immer deutlich die Panik in seinen Augen erkennen.
Überall auf dem Boden und an den Wänden war Blut. Auch an Faith. Und das nicht gerade wenig.
Ihre Hände waren voll von dieser dickflüssigen Substanz und auch ihre Kleidung war blutgetränkt. Nyima war sprachlos. Mit Tränen in den Augen kniete sie sich neben ihren Mann.
„Was hast du getan?“
„Nyima?“
Die Stimme die durch die Gänge hallte kam von einem gefallenen Engel. Es war Tristan. Weder Kieran noch ich hatte die Chance ihm den Weg zu versperren. Er stieß bereits ein Knurren aus und starrte geschockt den Toten an. Dann richteten sich seine Augen auf Faith, die noch immer kein Wort gesagt hatte. Mit einem Brüllen wollte er sich auf sie stürzen, doch es gelang mir ihn zu packen und zurückzuhalten.
„Das lässt du schön bleiben!“, knurrte ich leise und nahm ihn in den Schwitzkasten.
Faith´s Blick war leer und ausdruckslos und auch ihre Stimme ließ nicht das kleinste bisschen Gefühl zu.
„Ich habe ihn oft genug gewarnt. Er hatte sein Leben in der Hand und hat es ohne nachzudenken einfach weggeworfen. Betrachtet das als eine Warnung! Solltet ihr es wagen mich zu verarschen oder zu hintergehen, werdet ihr genauso leiden müssen wie er. Alles klar?“
„Wieso hast du mich nicht mit ihm reden lassen?“, schluchzte Nyima.
„Weil du dann gemeinsame Sache mit ihm gemacht hättest.“, erklärte Faith tonlos. „Ich kenne dich nicht gut, doch ich weiß, dass der Drang mich töten zu wollen soeben noch größer geworden ist.“
Die Magierin stieß ein furchteinflößendes Fauchen aus. Faith´s Mundwinkel zuckten, wodurch das Leben in ihr Gesicht zurückkehrte.
„Mir ist egal das du mich hasst, Nyima. Ich mag dich nämlich auch nicht. Aber alles was ich tue ist dafür zu sorgen, dass Pragaras ein sicherer Ort bleibt. Pragaras ist unser Zuhause und dein Mann hat es in Gefahr gebracht. Noch mehr, als es ohnehin schon ist.“
Nyima´s Tränen waren noch immer nicht versiegt und auch Tristan wollte sich nicht beruhigen.
Die Magierin blieb still. Ihre Augen richteten sich wieder auf ihren toten Mann.
„Das kann nicht sein.“, hauchte sie. „Er lässt sich nicht so leicht unterkriegen.“
Nun sah Faith nachdenklich aus.
„Um ehrlich zu sein frage ich mich auch, warum er sich nicht verteidigt hat. Und das beunruhigt mich.“, meinte sie.
„Du kannst mich jetzt loslassen.“, sagte Tristan plötzlich.
Ein wenig überrascht, dennoch überzeugt ließ ich den Gefallenen los. Tristan stieß ein Seufzen aus.
„Er hat nicht versucht sich zu befreien?“, fragte er verwirrt.
Faith schüttelte stumm den Kopf. Für einen Moment war nichts zu hören. Dann richteten sich Faith´s graue Augen auf Tristan.
„Du als sein Freund glaubst auch, dass da mehr dahinter steckt, nicht wahr?“
Tristan nickte. Faith kratzte sich am Kopf und verzog das Gesicht.
„Na toll. Das hätte ich mir auch sofort klar werden sollen . . .“, murmelte sie.
Ich meldete mich zu Wort.
„Jetzt zu spekulieren bringt nichts. Warte einfach ab was passiert.“
Faith zog eine Braue hoch und starrte mich an. Ich seufzte.
„Du musst den Problemen nicht immer hinterher rennen.“, sagte ich.
Faith ging nicht darauf ein.
„Wie dem auch sei, ich werde mich darum kümmern.“
Sie sah erst mich, dann Kieran an und wies auf den Toten.
„Ihr beiden kümmert euch um den Rest.“
Mit diesen Worten ließ sie uns stehen. Kieran seufzte.
„Wer sonst . . .“, murmelte er.
. . .
Zwei Arme schlangen sich um meinen Hals.
„Du siehst nachdenklich aus. Was beschäftigt dich?“, wollte eine sinnliche Stimme wissen.
„Du arbeitest zu viel.“, sagte ich nüchtern.
„Ich bin der Teufel, ich muss meine Pflichten erfüllen.“, antwortete sie.
„Luzifer war nie so ernst.“, meinte ich nachdenklich.
„Mein Vater hat seinen Job auch nie so ernst genommen wie ich. Und nun Schluss damit. Meine Zeit ist zu kostbar um sie mit solchen Unterhaltungen zu vergeuden.“
Ich seufzte kurz, dann drehte ich mich grinsend um.
„Du hast Recht. Dein Mund sollte für andere Dinge verwendet werden, anstatt für solche Konversationen.“
Faith lachte leise und küsste mich.
Tut mir leid das ich mich so verändert habe.


Ich hob sie hoch und trug sie zum Bett.
Vergiss es, Süße. Nicht alles an dir geht mir auf die Nerven. Deine plötzliche Dominanz zum Beispiel gefällt mir sogar ziemlich gut!


Wieder lachte sie. Sie zog mich an sich und presste ihre warmen Lippen auf meinen Hals.
„War ich damals etwa nicht dominant genug?“, hauchte sie und begann mein Hemd aufzuknöpfen.
Ich musste lachen.
„Du warst nur ein kleines Kätzchen, das mir ab und zu mal ein paar Kratzer verpasst hast.
Jetzt bist du . . . eine verdammt gefährliche Raubkatze!“
„Nur ein Kätzchen? Jetzt hör mal, du hast beim Training genauso gelitten wie ich!“, erwiderte sie und setzte sich auf mich. Ich kicherte und küsste sie leidenschaftlich.
Blödsinn. Das hast du dir nur eingebildet. Du warst nach dem Training immer so fertig, du warst nie du selbst.

, dachte ich.
Jetzt erzählst du aber Blödsinn!

, meinte sie und konnte sich ein Lachen ebenfalls nicht verkneifen.
„Das ist kein Blödsinn!“, sagte ich leise, als ich ihre Lippen freigab. „Du warst immer so kaputt, dass ich dich tragen musste. Und obwohl du immer gesagt hast, dass du mich hasst, hast du dich an mich geschmiegt und mich nie losgelassen, nachdem du eingeschlafen bist.“
Diese Worte ließen sie noch lauter lachen. Nach einer Weile wurde sie wieder ernst. Sie sah mir tief in die Augen und legte ihre Hände auf meine Brust.
„Hast du mich damals schon geliebt?“, fragte sie leise und unschuldig.
Ich musste lächeln. Dieser Moment erinnerte mich an damals. Wir redeten wieder wie damals und wir konnten wieder lachen wie damals.
„Ja, ich war aber zu stur um es mir einzugestehen. So wie du.“, antwortete ich.
Nun lächelte auch sie.
„Es fällt dir nicht leicht jemandem seine Liebe zu gestehen, oder?“, murmelte ich.
Ein wenig verwirrt sah sie mich an. Ihre grauen Augen wurden dunkler. Sie schwieg. Ich lächelte weiter, strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht und küsste sie kurz auf die Stirn.
„Du hast zuvor niemanden geliebt, ich weiß. Und das wolltest du jetzt nicht sagen, weil das so etwas wie ein Liebesgeständnis an mich gewesen wäre.“
Ich nahm ihre Hände und zog sie noch näher an mich.
Du musst mir nicht sagen das du mich liebst.

, dachte ich. Ich weiß auch so wie viel ich dir bedeute!


„Ariel, ich . . .“, nuschelte sie, doch ich brachte sie sofort zum schweigen.
Schluss mit diesem Gequatsche, kommen wir endlich zur Sache!

, dachte ich und lachte, als sie den Kuss unterbrach und mich verblüfft anstarrte . . .


_____16_____




Mit einem zufriedenen Lächeln glitten meine Finger über Faith´s zarte Haut ihres Bauches.
„Es wird dauern, bis wir wieder so entspannt hier liegen können.“, murmelte sie leise.
Ich stieß ein Brummen aus, meine Hand blieb reglos auf ihrem Bauch liegen.
„Musste das jetzt sein?“
Ihre Mundwinkel zuckten. Eben noch war ich derjenige, der ihre Haut liebkoste, nun war sie es, die ihre Hand über meine Brust gleiten ließ.
„Ich will nur, dass du diesen Moment genauso sehr genießt wie ich.“, erklärte sie.
„Das tue ich, Süße. Aber deine Worte jagen mir, um ehrlich zu sein, Angst ein.“
Mit einem verzweifeltem Schnaufen wurde die Zimmertür aufgerissen. Kieran machte einen ernsten und verzweifelten Eindruck, doch als er die Situation analysiert hatte wandte er den Blick ab und seufzte.
„Jetzt, da Ariel sozusagen ein fester Bestandteil von Pragaras ist, solltet ihr euch angewöhnen anzuklopfen bevor ihr einen meiner Räume betretet.“, sagte Faith seufzend.
Sie wollte sich aufsetzen, doch ich schlang meine Arme um sie und hielt sie fest an mich gedrückt.
Du wirst jetzt nicht aufstehen!

, dachte ich genervt und sah wieder zu Kieran.
„Was ist los?“, fragte ich im scharfen Tonfall.
„Von Nyima fehlt jede Spur.“, sagte Kieran leise und fast schon ängstlich.
Fast schon panisch richtete sich mein Blick auf Faith, deren Augen sich immer mehr weiteten. Und noch bevor ich etwas dagegen unternehmen konnte hatte sie sich aufgesetzt und war aus dem Bett gesprungen. Verzweifelt beobachtete ich sie dabei, wie sie ihre Sachen aufhob und sich in Rekordzeit anzog.
„Faith . . .“, murmelte ich und fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
Sie warf mir einen langen Blick zu. Ich erkannte sofort, dass es ihr leid tat. Dann richtete sich ihr Blick wieder auf Kieran. Sofort trat wieder die mir all zu bekannte Kälte und Distanzierung in ihre Augen. Sie wurde ernst und sperrte all ihre Gefühle weg.
„Wo war sie zuletzt? Wer war bei ihr? Und was hat sie dort gemacht?“, wollte sie wissen und band ihre Haare mit einem schnellen Griff zusammen.
„Jose hatte den Auftrag Nyima in den nächsten Wochen zu begleiten und sie nicht aus den Augen zu lassen. Tristan wollte sie auch nicht aus den Augen lassen. Während Nyima schlief waren die beiden dabei etwas zu essen. Als sie nach ihr sehen wollten war sie weg.“
Nachdem Kieran die Situation geschildert hatte rieb Faith sich die Schläfen.
„Das darf doch nicht wahr sein. Erst Damodar, jetzt sie. Sonst noch etwas?“
Ihre eben noch monotone Stimme verriet nun, wie genervt und verzweifelt sie jetzt war.
„Ja.“, sagte Kieran und wurde noch leiser. Er wich ihrem Blick aus und starrte stattdessen zu Boden.
„Es gibt keinerlei Spuren und Anhaltspunkte.“
Die ausgesprochenen Worte ließen Faith einen leisen Schrei ausstoßen.
„Verdammt noch mal!“
„Wo sind Jose und Tristan jetzt?“, fragte ich, während auch ich begann mich anzuziehen.
„Mit einigen anderen auf der Suche nach Nyima und Personen, die vielleicht wissen könnten wo sie sich jetzt aufhält.“, antwortete der Hundedämon.
„Die beiden sollen zurückkommen, alle anderen suchen weiter.“, befahl Faith und rauschte aus dem Zimmer. Ich rieb mir ebenfalls die Schläfen denn ich spürte, dass ich Kopfschmerzen bekam.
„Ich wünschte wirklich sie wäre, was die Arbeitsmoral betrifft, mehr nach ihrem Vater gekommen.“, murmelte ich, worauf ich von Kieran ein schwaches Lächeln als Antwort bekam.
„Seien wir mal ehrlich. Es kann schon ziemlich nervig sein, wenn sie ihren Job so ernst nimmt. Aber nur weil sie immer so hart durchgreift ist es hier in Pragaras so viel angenehmer geworden.“
Ich seufzte, denn er hatte Recht.
„Ja, das stimmt allerdings.“, stimmte ich zu und dachte noch einmal darüber nach.
Die Situation hatte sich wirklich gebessert. Schon bei meiner Ankunft hier war mir aufgefallen, wie sauber es im Zentrum Pragaras war und wie sehr sich die Bewohner verändert hatten.
Mit zuckenden Mundwinkeln verließ ich mit Kieran das Zimmer.
. . .
Faith saß auf ihrem Thron und mit jeder weiteren Minute die verstrich, wurde ihr Gesichtsausdruck verbissener. Anspannung und Wut lag in der Luft. Auch Amaya war anwesend und sowohl sie, als auch Kieran warfen ihr ständig einen nervösen Blick zu. Sie wurden immer nervöser, was Faith scheinbar auf die Nerven ging, denn sie erwiderte ihre Blicke jedes Mal mit einem finsteren Blick und einem leisen Schnauben. Es herrschte Totenstille. Irgendwann durchbrach Kieran die Stille. Er stieß ein nervöses Seufzen aus.
„Ich will dir keine Befehle erteilen, Herrin, aber ich würde es begrüßen wenn du dich beruhigst. Die Atmosphäre hier jagt einem einen Schauer nach dem anderen über den Rücken.“
Faith´s Augen verengten sich. Sie überschlug die Beine und verschränkte die Arme, dann stieß sie wieder ein Schnauben aus. Irgendwie klang es, als würden seine Worte sie belustigen.
„Meinetwegen kannst du mir Befehle erteilen.“, sagte sie, worauf ihre Mundwinkel in die Höhe gingen.
„Das heißt aber nicht, dass ich sie auch befolgen werde.“
Sie kicherte kurz und leise, als Kieran wieder einen genervten Laut von sich gab. Ein wenig fasziniert beobachtete ich die Situation. Der Moment wurde vom Knarren der Tür unterbrochen.
Alle Blicke richteten sich auf die zwei Männer die den Saal betraten. Mit einem Schlag war die geballte Wut in der Luft wieder zurückgekehrt, und zwar so plötzlich, dass Jose und Tristan ruckartig zum stehen kamen. Wie zwei scheue und verängstige Hunde setzten sie sich wieder in Bewegung. Mir eingezogenen Schultern kamen sie schließlich zum stehen. Mit finsterem Blick starrte Faith die beiden an.
„Habt ihr irgendetwas dazu zu sagen?“
Ihr Tonfall ließ die beiden noch verängstigter aussehen. Jose, der Dämon der meines Wissens nach ziemlich stark war, hob den Zeigefinger und schloss die Augen.
„Wir haben sie nicht aus den Augen gelassen, haben sie bei Allem kontrolliert, auch beim schlafen. Aber bei der letzten Kontrolle war sie verschwunden!“, erklärte er ernst und in sachlichem Tonfall.
Faith´s Augenbrauen hoben sich noch weiter, doch sie blieb still. Jose fuhr sich nervös mit der Hand durch seine blonden Haare. Tristan ergriff das Wort. Er schien sich gefasst zu haben, denn er klang selbstbewusst und entspannt.
„Nyima hat sich die ganze Zeit über nicht beruhigen können. Man würde vermuten, dass sie etwas geplant hat aber dazu wäre sie gar nicht in der Lage gewesen. Sie war viel zu aufgelöst.“
Die Wut in der Luft klang allmählich ab, worauf alle Anwesenden ein erleichtertes Seufzen ausstießen. Auch ich.
„Verdammt, jetzt übertreibt mal nicht!“, fauchte der Teufel. Stille trat ein.
„Sie konnte sich also nicht beruhigen? Interessant . . .“, murmelte sie nun.
„Das scheint dir Sorgen zu machen.“, sagte Jose mit scharfer Stimme.
„Ja, allerdings.“
Faith zog die Worte in die Länge und schloss nachdenklich die Augen.
„Darf ich fragen, warum?“, meldete sich Tristan zu Wort.
Faith´s Augen öffneten sich wieder und blickten den gefallenen Engel ausdruckslos an.
„Nyima ist eine Frau, die sich nicht so leicht unterkriegen lässt. Nichts bringt sie so schnell aus der Ruhe. Natürlich war der Tod ihres Mannes ein Schock für sie, jedoch . . .“
Tristan unterbrach sie mit einem verzweifelten Schnauben.
„Soll das heißen du glaubst, sie hat uns ihren Schockzustand nur vorgespielt?“
Faith bestätigte mit ihrem Schweigen.
„Das glaube ich nicht!“, sagte Tristan mit kräftigem Kopfschütteln.
„Wie gut kennst du Nyima?“, fragte Faith.
Jeder hier bemerkte den gefährlichen Unterton in ihrer Stimme. Ihre Frage schien den Gefallenen zu verwirren.
„Naja . . .“, begann er zögernd.
„So gut wie jeder andere . . . denke ich.“
Faith´s Lippen verzogen sich zu einem düsteren Lächeln.
„Du hast nie sonderlich viel mit ihr zutun gehabt, deshalb weißt du nicht, dass sie gefährlicher werden kann, als Damodar es je war.“, knurrte sie. Scheinbar wusste Tristan nicht was er darauf antworten sollte, denn er stieß nur ein Knurren aus.
„Ich nehme an, es gibt noch keine konkreten Hinweise?“
Wieder entstand eine bedrückende Stille. Ein deutliches Nein. Ich wartete auf eine Reaktion von Faith, die auch sogleich erfolgte.
„Sucht auch in der Menschenwelt.“, befahl sie in herrischem Tonfall und erhob sich.
Sofort traten wir alle einen Schritt zurück. Es war nicht so das ich Angst vor ihr hatte, viel mehr tat ich es wie von selbst. Es war Respekt! Ich hatte Respekt vor ihr, wie selbstbewusst sie war und wie gefühlvoll sie doch sein konnte, wenn sie wollte. Ich atmete tief ein und setzte mich in Bewegung.
In wenigen Schritten war ich bei ihr. Ich packte ihren Arm, zog sie an mich und presste meine Lippen auf ihre. Ich spürte wie verwirrt sie war und wie überrumpelt sie sich fühlte, überraschenderweise ließ sie aber zu, dass meine Zunge in ihren Mund eindrang.
Eine unbeschreibliche Hitze durchfuhr mich und bevor ich die Kontrolle verlor, beendete ich unser Zungenspiel und schob sie zurück.
„Was sollte das denn jetzt?“, hörte ich Amaya murmeln.
„Das würde mich auch interessieren.“, hauchte Faith und sah verwirrt zu mir auf.
„Ich liebe dich, schon vergessen?“, hauchte ich ihr ins Ohr. Sie lächelte schwach.
„Das weiß ich, Ariel! Und es ist ein tolles Gefühl geliebt zu werden! Aber das ist weder der richtige Ort, noch der richtige Zeitpunkt für so etwas.“
Ihr Blick richtete sich auf Jose und Tristan, dann auf Kieran. Schlagartig war das Lächeln auf ihren Lippen verschwunden.
„Was steht ihr hier noch herum? Habe ich euch nicht einen Befehl erteilt?“, fauchte sie.
Schon waren die drei verschwunden. Amaya seufzte und ich zog die Stirn kraus.
„Das macht dir Spaß, oder?“, murmelte ich. Sie grinste nur.
. . .
Mit wachsamen Blick beobachtete ich Faith dabei, wie sie an ihrem Schreibtisch saß und mit den Fingern auf dem Holz trommelte. Ihr ausdrucksloses Gesicht und die Strenge in ihren Augen verriet, wie angespannt und nervös sie in Wirklichkeit war. Ich fragte mich, ob die anderen sie inzwischen auch so gut kannten wie ich. Als mein Blick Amaya streifte vermutete ich, dass dem nicht so war. Sie seufzte ständig, warf Faith ständig Blicke zu und stand ständig auf, nur um einmal kurz hin und her zu laufen und sich dann wieder aufs Sofa fallen zu lassen.
„Du kannst schlimmer sein als Faith.“, sagte ich leise zu dem Mädchen. Sie stieß ein genervtes Stöhnen aus.
„Ich kann nichts dafür. Sie macht mich nervös.“, fauchte sie.
Wieder warf ich Faith einen Blick zu. Sie machte den Eindruck, als hätte sie uns nicht gehört. Nun bemerkte auch Amaya ihre Abwesenheit. Wir tauschten einen Blick aus, worauf die Mundwinkel des Mädchens zuckten. Schien, als käme ihr da etwas in den Sinn.
„Faith, Ariel betrügt dich!“
Voller Entsetzen starrte ich sie an. Sie sagte das so selbstbewusst und ruhig, dass es der Wahrheit hätte entsprechen können. So etwas konnte sie doch nicht mit solch Selbstverständlichkeit sagen!
Faith würde es womöglich noch glauben! Panik überkam mich. Doch wovor hatte ich eigentlich solche Angst? Faith war schlau. Verdammt schlau! Sie würde doch nicht darauf hereinfallen. Oder etwa doch? Meine blauen Augen richteten sich auf Faith. Doch . . . sie blinzelte nur!
Gespannt hielt ich die Luft an. Mein Herz stand kurz davor zu explodieren. Faith sah auf und . . .
Hätten Blicke töten können (ich fing an zu glauben, dass das bei Faith gar nicht mal so unmöglich klang), wäre Amaya jetzt tot.
„Dazu brauche ich wohl nichts zu sagen, oder?“, knurrte die Herrscherin der Unterwelt.
Erleichtert stieß ich die Luft aus.
„Gott sei Dank!“, hauchte ich.
Faith´s graue Augen richteten sich auf mich. Eine ihrer Brauen hob sich.
„Entschuldige, alte Angewohnheit.“, nuschelte ich. Wortlos wandte sie ihren Blick ab.
„Wage es nicht . . .“, begann sie, doch Amaya hob die Hand und unterbrach sie.
„ . . . Dich zu verarschen, ich weiß.“, beendete sie die Drohung.
Faith knurrte leise. Ich dachte einen Moment lang nach, dann ging ich zu ihr und lehnte mich an ihren Schreibtisch.
„Jetzt, da du wieder anwesend bist kannst du mir doch sicher eine Frage beantworten.“, sagte ich monoton. Ihre Augen verengten sich, doch es fiel kaum auf. Sie blieb still, weshalb ich fortfuhr.
„Hast du dir schon einen Gedanken über einen möglichen Nachfolger gemacht?“
. . .
Mein Schädel brummte. Faith konnte einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Im einen Moment liebte sie einen, im anderen hasste sie einen. Es wäre wohl besser gewesen, ich hätte sie nicht auf die Sache mit dem Nachfolger angesprochen. Was das betraf, war nicht gut Kirschen mit ihr essen. Der rote Handabdruck in meinem Gesicht bewies es! Ich seufzte. Sie hatte ein ziemliches Theater gemacht. Hatte herum gebrüllt, gesagt das sie keinen Nachfolger brauche. Auf diese Reaktion hin reagierte ich überrascht. Die ganze Zeit über war sie überzeugt davon, dass einer von uns sterben würde. Jetzt wo ich hier war, mussten diese Worte ein bisschen umgestellt werden. Es stand immer noch ein Krieg bevor, deshalb durfte sie noch lange nicht unvorsichtig werden. Faith hatte nicht vor zu verlieren, sie hatte es selbst gesagt aber das war auch so klar. Dennoch ging Gefahr von meinen Brüdern aus und daran würde sich auch nie etwas ändern. Mit einer Ohrfeige und den Worten „Kein Wort mehr, verstanden?“ hatte sie mich aus ihrem Zimmer geworfen. Nun saß ich in meinem Zimmer, auf dem Bett und machte mir Gedanken über die verschwundene Magierin.
Ich konnte mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass Nyima ihren Schock nur gespielt hatte.
Kurz nach meiner Ankunft hatte sie mir einiges über Faith erzählt. In diesem Moment war sie mir zwar unheimlich, wirkte aber nicht böse. Meine Überlegungen wurden von einem lauten Rumpeln unterbrochen. Voller Schreck setzte ich mich auf. Was um Himmels willen war das? Plötzlich ging die Tür auf. Amaya steckte ihren Kopf zur Tür herein.
„Keine Panik, das war nur Faith.“, sagte sie und war auch schon wieder verschwunden.
„Nur Faith?“, murmelte ich perplex und starrte die Tür an. War sie noch immer wütend oder war etwas passiert? Nachdenklich und doch ängstlich erhob ich mich und verließ das Zimmer. Auf dem Flur drangen Faith´s Schreie an mein Ohr. Sie klang wütend. Ich glaubte, dass etwas passiert war. Mein Verdacht bestätigte sich. Als ich in den großen Saal kam saß Faith auf ihrem Platz. Vor ihr stand . . . Nyima?
Bis auf die beiden war ich der Einzige im Saal, scheinbar hatte Faith alle weggeschickt. Graue Augen richteten sich auf mich, dann wieder auf die Magierin. Sie schwieg, doch die Atmosphäre und ihr Blick waren Zeugen ihrer Wut.
„Nun? Was hast du dazu zu sagen?“, knurrte sie schließlich.
Mit schnellen Schritten begab ich mich an ihre Seite. Ich musterte die Magierin nun genauer und musste feststellen, dass sie immer noch fertig aussah. Sie war abgemagert, ihre Augen waren leer und ihre grauen Haare, die sie sonst streng zurück band, reichten ihr nun bis zur Brust und waren zerzaust. Nyima antwortete nicht, worauf Faith natürlich nur noch wütender wurde.
„Ich sollte dich daran erinnern, dass du der Herrscherin der Unterwelt gegenüber stehst. Ich verlange Antworten und wenn du mir keine Antworten lieferst, dann kannst du was erleben!“
Faith´s Worte waren pures Gift und verursachten Gänsehaut. Nyima´s Blick blieb starr und ausdruckslos.
„Die Erzengel wollten verhandeln.“, sagte sie tonlos. Stille. Faith schwieg. Stattdessen starrte sie Nyima weiter unentwegt an.
„Mehr Informationen, bitte.“, knurrte ich.
Ich wusste genau, dass Faith auf eine ausführliche Erklärung wartete.
„Da Damodar nun nicht mehr . . . da ist, wollten sie, dass ich ihnen an seiner Stelle helfe. Aber bevor ich antworten konnte sind deine Schoßhunde aufgetaucht.“
Die Magierin klang monoton, doch die letzten Worte blieben trotzdem in der Luft hängen.
Ich warf Faith einen prüfenden Blick zu. Ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert.
„Tja, und nun?“, fragte sie schließlich. Ihre Stimme verriet nichts. Absolut gar nichts! Nyima hatte nichts dazu zu sagen. Ich auch nicht. Faith wartete scheinbar auf eine Antwort, denn sie sah die Banshee erwartungsvoll an.
„Wie wäre deine Antwort auf die Frage meiner Brüder ausgefallen?“, fragte ich, damit wir weiterkamen. Einige Zeit verstrich bis Nyima antwortete.
„Das spielt nun keine Rolle mehr.“, sagte sie.
„Und ob das eine Rolle spielt!“, fauchte der Teufel und erhob sich. Sie trat vor die Magierin und sah sie mit finsterem Blick an.
„Ich warne dich, Nyima! Ich bin nicht in der Stimmung für solche Spielchen.“
Ihr Blick richtete sich auf mich.
Kannst du sie in eine der leeren Zellen bringen?

, ertönte ihre Stimme in meinem Kopf.
Ich nickte stumm, worauf sie sich abwandte und verschwand. Zurück blieben ich und die Magierin.
. . .
Ich führte Nyima durch die langen Flure und sah immer mal wieder über meine Schulter um mich zu vergewissern, dass sie mir auch folgte. Doch eigentlich war das unnötig. Die seltsame Energie die von ihr ausging jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Er herrschte Stille, die ich jedoch nicht lange ertrug.
„Ich kenne dich nicht gut und ich will dich auch gar nicht besser kennenlernen aber ich glaube nicht, dass du eine schlechte Person bist, also warum bist du immer so . . .“
Weiter kam ich nicht, denn Nyima stieß ein Seufzen aus und unterbrach mich somit.
„Ich weiß was du sagen willst, Erzengel. Aber ich unterwerfe mich nun mal nicht gerne. Luzifer hat meinen Mann und mich immer in Ruhe gelassen und unsere Kräfte nie in Anspruch genommen. Faith dagegen . . .“
Sie beendete ihren Satz nicht.
„Wenn es nach dir ginge wäre Faith nie die Herrscherin der Unterwelt geworden, nicht wahr?“, sagte ich. Ich sah über meine Schulter, Nyima nickte. Mir war zwar nicht danach, doch ich lächelte.
„Ich weiß das ich jetzt auf taube Ohren stoßen werde aber Faith ist wirklich in Ordnung. Ihr seid beide klug und gewitzt, ihr könntet Freundinnen werden.“
Ungläubig starrte sie mich an. Ich zuckte mit den Schultern und wandte meinen Blick ab.
„Klingt blöd, ich weiß. Aber es ist mein Ernst. Es wäre schade jemanden wie dich zum Feind zu haben.“
Ich machte eine kurze Pause, dann blieb ich stehen und drehte mich zu ihr um.
„Reden wir mal Klartext miteinander. Ich habe eine Frage an dich. Wie wichtig ist dir Pragaras?“
Der Ausdruck in Nyima´s Augen veränderte sich. Beschreiben konnte ich es jedoch nicht. Sie senkte den Blick und zuckte mit den Schultern.
„Pragaras ist mein Zuhause.“, sagte sie leise. Ich blieb ernst.
„Krieg steht bevor und du denkst ernsthaft darüber nach meinen Brüdern zu helfen?“
Aus irgendeinem, mir unbekannten Grund, schien sie das zu schocken. Ihre Augen weiteten sich, ich sprach weiter.
„Meine Brüder wollen Faith vernichten. Und wenn Faith stirbt bricht Pragaras auseinander. Kein Dämon wird mehr sicher sein, Auch du nicht, Nyima! Faith setzt alles daran euch und euer Zuhause zu beschützen und du willst sie ernsthaft verraten? Du erkennst weder sie, noch ihre Handlungen an und das ist traurig. Sie wollte nie die Herrschaft übernehmen und doch sitzt sie nun auf dem Thron. Ich kann verstehen das du wütend und traurig über den Tod deines Mannes bist aber Faith konnte dabei nicht an dich denken. Sie musste an euer Zuhause denken.“
Tränen liefen über Nyima´s Wangen und ich fragte mich, ob ich etwas mit meinen Worten erreicht hatte.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte ich leise und machte einen Schritt auf sie zu. Sie rang mit den Händen und schniefte.
„Ich frage mich doch auch warum mein Mann so weit gegangen ist aber warum hat sie mir nichts gesagt? Ich hätte doch noch mal versuchen können mit ihm zu reden!“
In diesem Moment erkannte ich, dass Nyima gar nicht so schlecht war wie es immer schien. Ich nahm ihre Hand und zog leicht daran.
„Komm, ich bringe dich auf mein Zimmer.“
. . .
„Amaya?“
Ein wenig verwirrt sah ich das Mädchen, das auf meinem Bett saß an.
„Was machst du hier?“, wollte ich wissen.
„Faith wollte dich sehen aber wie ich sehe bist du beschäftigt.“, antwortete sie.
Sie sah Nyima an, Nyima sah sie an. Wütend. Scheinbar wollte sie nicht, dass man sie so sah.
„Weißt du worum es geht?“, fragte ich.
Amaya schüttelte den Kopf.
„Nein.“
Wieder veränderte sich Nyima´s Gesichtsausdruck.
„Du bist die Tochter von Rénka und Milan, nicht wahr?“
Amaya´s Augen weiteten sich. Sie nickte sprachlos.
„Was ist mit ihnen passiert?“, wollte Nyima wissen.
Statt Amaya antwortete ich auf ihre Frage.
„Gabriel hat sie auf dem Gewissen. Aber warum willst du das wissen?“
Die Magierin war überrascht.
„Das hatte ich jetzt nicht erwartet . . .“
Sie setzte sich gegenüber von Amaya in einen Sessel und überschlug die Beine, so wie Faith es immer tat.
„Weißt du, deine Eltern waren ebenfalls mal Magier. Wir haben immer versucht uns gegenseitig zu übertreffen, dabei waren wir gleichstark. Rénka war eine fröhliche Frau, die immer versuchte mir auch ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Sie war wirklich nervig aber eine wirklich gute Magierin. Ihr Mann war aber auch begabt. Die beiden waren wirklich etwas Besonderes . . .“
„Warum erzählen Sie mir das?“, fragte Amaya mit Tränen in den Augen, die sie zu verstecken versuchte. Die Banshee verschränkte die Hände ineinander.
„Irgendwann habe ich deine Eltern einfach nicht mehr gesehen, seitdem habe ich mich gefragt was mit ihnen passiert ist.“, antwortete sie.
„Ich wusste nicht das meine Eltern sich mit der Magie beschäftigten.“, murmelte das Mädchen mit den schwarzen Haaren. Nyima wurde nachdenklich.
„Ich frage mich warum sie dir das nicht gesagt haben.“
Für einen Moment herrschte Stille, dann wurde Nyima wieder aufmerksamer.
„Faith hat dich nach dem Tod deiner Eltern aufgenommen, sehe ich das richtig?“
Amaya nickte nur.
„Verstehe . . . Das kommt jetzt vielleicht unerwartet aber hättest du Interesse an der Magie?“
Das überraschte auch mich. Amaya war ebenfalls sprachlos. Ich hatte schnell zu meiner Fassung wiedergefunden und verschränkte nun die Arme.
„Ich hoffe doch sehr, du bezweckst damit . . .“
Sie unterbrach mich.
„Keine Sorge, Ariel. Ich habe nicht die Absicht das auszunutzen. Ich finde es nur sehr bedauerlich, dass zwei Talente wie Rénka und Milan nicht die Chance hatten, ihr Wissen weiterzugeben. Deswegen würde ich dieses Wissen sehr gerne weitergeben. Außerdem scheint die Kleine was im Köpfchen zu haben.“
Sie sagte die Wahrheit, ich konnte es spüren.
„Sie würden mir die Magie nahelegen?“, fragte Amaya begeistert. Nyima nickte.
„Nicht viele können mit solch starken Mächten umgehen aber du als die Tochter zwei begnadeter Magier sollte keine Probleme haben.“
„So schön und gut das jetzt auch klingt aber erst einmal muss Faith die Erlaubnis dazu geben.“, mischte ich mich ein.
„Ich werde mit ihr reden.“, sagte Nyima. „Ich muss mich sowieso noch bei ihr entschuldigen.“
Perplex starrte ich sie an. Mit Allem hatte ich gerechnet aber nicht damit!


_____17_____




Du solltest sie doch . . .


Ich weiß.

, unterbrach ich sie. Aber sie will mit dir reden. Es geht unter anderem um Amaya.


Wehe das ist nicht wichtig!


Naja . . . einigermaßen.


Faith´s Blick richtete sich auf die Magiern, die sich plötzlich verneigte.
„Ich bitte um Verzeihung!“
Faith´s Brauen hoben sich.
„Ich habe mich wohl verhört.“
Nyima schüttelte den Kopf.
„Ich habe mich dir gegenüber immer blöd verhalten, dass war nicht richtig. Ich möchte mich für all das, was ich je angerichtet habe, entschuldigen. Ich weiß das es schwer zu glauben ist aber ich will dir helfen! So wie du möchte auch ich nicht, dass Pragaras zerstört wird! Ich kann endlich nachvollziehen warum du meinen Mann töten musstest. Ich muss dich und deine Entscheidungen akzeptieren. Bitte Verzeih mir meine Dumm- und Frechheiten!“
Faith´s Mundwinkel zuckten, doch sie blieb ernst.
„Na, was sagt man denn dazu? Wer oder was hat dich zum nachdenken gebracht?“, sagte Faith. Nyima warf mir einen Blick zu, worauf auch der Teufel mich ansah.
„Du hast sie ernsthaft dazu gebracht, sich bei mir zu entschuldigen?“, fragte sie perplex.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Als Erzengel muss man überzeugen können.“
Faith´s graue Augen richteten sich wieder auf die alte Frau.
„So sehr ich deinen Mut, dich bei mir zu entschuldigen auch bewundere, trauen tue ich der Sache dennoch nicht.“, sagte sie nachdenklich.
„Das verstehe ich.“, sagte Nyima. „Aber von nun an werde ich vertrauen in dich haben, deshalb erwarte ich, dass du auch mir vertraust.“
Faith nickte.
„Natürlich. Aber ich hoffe du verstehst, dass ich dich fürs erste nicht aus den Augen lassen werde.“
Nyima nickte. Nach einer kurzen Pause richtete die Magierin sich wieder auf.
„Aber da ist noch etwas.“, sagte sie nun.
Wieder zog Faith die Augenbrauen in die Höhe. Sie sagte nichts, sah Nyima jedoch erwartungsvoll an. Amaya trat an die Seite der Banshee und sah die Herrscherin eindringlich an.
„Ich möchte Nyima´s Lehrling werden.“, sagte sie selbstbewusst. Die Atmosphäre wurde eisig. Die Temperatur im Saal schien um einige Grade zu fallen. Ich fröstelte.
„Darf ich fragen wie du darauf kommst?“, fragte Faith. Auch ihre Stimme klang kühl.
„Meine Eltern waren Magier. Deshalb will ich ebenfalls in die Kunst der Magie eingewiesen werden.“, antwortete das Mädchen.
„Verstehe.“, murmelte Faith und seufzte fast unhörbar. „Dann soll es so sein.“
Amaya´s Augen weiteten sich.
„Im Ernst? Du erlaubst es?“
Der Teufel nickte.
„Wenn es dir so viel bedeutet, dann ja.“
Als ich Nyima einen erneuten Blick zu warf sah ich, dass sie lächelte. Kaum zu glauben aber sie lächelte tatsächlich. Sie schien sich darüber genauso zu freuen wie Amaya.
Ariel.


Ich richtete meinen Blick auf Faith.
Ist es zu viel verlangt wenn ich dich darum bitte, auf die beiden aufzupassen? Ich mache mir Sorgen um Nyima. Sie klang als meinte sie es ernst, ich kann ihr dennoch nicht vertrauen.


Kein Problem. Ich hatte auch so meine Zweifel aber ich glaube sie meint es wirklich ernst. Ich werde die beiden nicht aus den Augen lassen, versprochen.


Sie lächelte, erhob sich, kam zu mir und küsste mich auf die Wange.
„Danke!“, hauchte sie und verschwand.
. . .
Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und geschlossenen Augen lag ich auf dem Sofa und träumte vor mich hin. Ich befand mich in der Bibliothek, wo natürlich immer Stille herrschte. Das war auch der Grund warum ich so gerne herkam. Ich konnte in Ruhe meinen Gedanken nachgehen und vor mich hin träumen. Doch ich hatte noch nicht lange geträumt, da ertönte das Knarren der Tür und zwei Stimmen.
„Ich würde gerne mehr über Sie erfahren.“, sagte die eine Stimme. Ich stellte fest, dass die Stimme Amaya gehörte. Sie klang neugierig und voller Begeisterung.
Meine Mundwinkel zuckten. Amaya war zwar noch jung, dennoch war sie sonst immer ernst.
Jetzt allerdings war sie voller Begeisterung, wie ein kleines Kind. Ich versuchte nicht zu kichern. Ich tat so als würde ich schlafen und hielt die Augen geschlossen, damit ich ungestört ihr Gespräch weiter verfolgen konnte.
„Ich weiß nicht ob es eine gute Idee ist dir mehr über mich zu verraten. Warum erzählst du mir nicht von dir?“, erwiderte die andere Stimme. Es war natürlich Nyima.
„Ach, da gibt es nichts zu erzählen. Ich bin langweilig.“
„Das glaube ich nicht.“
Plötzlich herrschte Stille.
„Glauben Sie er schläft?“, flüsterte Amaya.
„Wer weiß.“, sagte sie Magierin bloß.
„Erzählen Sie mir von sich. Bitte!“, verlangte Amaya.
Wieder zuckten meine Mundwinkel. Ich sah sie bildlich vor mir, wie sie auf und ab sprang, voller Freude und Neugier. Ein Seufzen ertönte.
„Also gut. Was willst du wissen?“
„Wieso fangen Sie nicht bei ihrer Kindheit an?“
Wieder ertönte ein Seufzen.
„Meine Kindheit war . . . normal, denke ich. Ich hatte Freunde, war eine Mitläuferin . . .“
Amaya unterbrach sie.
„Freunde? Seid wann behauptet ein Dämon er hätte Freunde?“
Nyima räusperte sich und zögerte.
„Naja ich . . . bin keine vollwertige Dämonin.“
Die Worte hätten mich fast dazu gebracht die Augen aufzureißen. Wie viele Geheimnisse würde sie noch lüften? Amaya sagte nichts, scheinbar war auch sie sprachlos. Nyima fuhr fort.
„Ich habe meine Kindheit und Jugend in der Welt der Menschen verbracht. Meine Mutter war ein Mensch, mein Vater ein Dämon. Er war ebenfalls Magier. Ich habe meine Mutter über alles geliebt, doch für meinen Vater empfand ich nichts. Bis auf Bewunderung für seinen Job. Er ist der Grund warum ich Magierin geworden bin.“
Amaya meldete sich wieder zu Wort.
„Wow. Ich hätte nie gedacht das jemand wie Sie zum Teil menschlich ist. Sie und Faith sind sich sehr ähnlich.“
Nyima klang zweifelnd.
„Niemand, außer Luzifer, weiß wer Faith´s Mutter ist, also weiß man auch nicht, ob sie zum Teil menschlich ist.“
„Faith hat die meiste Zeit ihres Lebens in der Menschenwelt verbracht, dass macht sie für mich menschlich.“, erwiderte Amaya.
Es entstand eine Stille, die mich fast dazu gebracht hätte mit den Gedanken abzuschweifen, doch Amaya´s Stimme hinderte mich daran.
„Wie haben Damodar und Sie sich kennengelernt?“
Wieder wurde es still.
„Durch Zufall.“, sagte Nyima schließlich. „Wir sind uns in einem Kampf begegnet. Belial´s Leute gegen Asmodäus` Leute.“
Ich hörte ein Lächeln in ihrer Stimme. Nun konnte ich es mir nicht mehr verkneifen. Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Die beiden saßen in einer Sitzgruppe, ganz in meiner Nähe. Nyima saß mit dem Rücken zu mir, Amaya nicht. Sie sah kurz über Nyima´s Schulter zu mir, doch ihr Blick ruhte nur den Bruchteil einer Sekunde auf mir. Nyima erzählte weiter. Es war offensichtlich, dass sie in Erinnerungen schwelgte.
„Damodar war der Einzige, der keinen Respekt vor mir hatte. Das machte ihn für mich so interessant.“
Nyima wurde ein wenig ernster.
„Genug von mir. Kommen wir zu dir. Was hast du schon alles erlebt? Wie alt bist du eigentlich? Dreizehn? Vierzehn?“
„Fünfzehn.“, antwortete Amaya.
Auch diese Tatsache überraschte mich. Sie sah nicht aus wie fünfzehn. Nyima schien ebenfalls solche Gedanken zu haben.
„Was für Wesen waren deine Eltern?“, wollte sie wissen.
„Meine Eltern waren beide zum Teil Elfen. Da war noch etwas anderes aber ich kann mich nicht erinnern was es war.“
Die Magierin nickte.
„Das erklärt warum du jünger aussiehst als du bist.“, meinte sie.
Ein verwirrter Ausdruck trat in das Gesicht des Mädchens.
„Verzeihen Sie, aber ich verstehe nicht ganz.“
„Elfen sind nicht gerade groß und sie sehen jünger aus als sie sind. Wenn deine Eltern zum Teil Elfen waren, dann haben sie diese genetischen Merkmale an dich weitergegeben.“
„Verstehe.“, murmelte Amaya. Wieder hörte man ein Lächeln in Nyima´s Stimme.
„Dämonenkunde gehört auch zur Magie. Ich will dir keine Angst einjagen aber die Magie zu beherrschen ist kein leichtes Spiel. Du bist dir sicher, dass du das durchziehen willst?“
Amaya nickte begeistert.
„Ja, ich bin mir sicher!“
Ich konnte mir nun ein Lächeln nicht verkneifen.
„Du scheinst Amaya zu mögen.“, stellte ich fest.
Nyima sah über ihre Schulter.
„Ja, ich gebe zu ich empfinde Sympathie gegenüber dem Mädchen.“, sagte sie.
„Faith wird sich sicher freuen das du zu hören.“, murmelte ich und schloss wieder die Augen.
Amaya.

, dachte ich.
Ich spürte den Blick des Mädchens auf mir.
Ich vertraue Nyima inzwischen genug, um euch ab und zu aus den Augen zu lassen. Sollte dir allerdings etwas auffallen, sagst du es mir, verstanden?


Ja.

, ertönte ihre Stimme in meinem Kopf.
Ich hörte wie Nyima sich erhob.
„Bisher war Faith deine Meisterin. Zeigst du mir, was sie dir bisher beigebracht hat?“
Amaya erhob sich nun auch und nickte.
„Sehr gerne!“
Die zwei verließen die Bibliothek und ließen mich mit meinen Gedanken alleine.
. . .
Ariel!


Etwas warmes, weiches berührte erst meine Wange, dann meine Lippen.
Wach auf, Süßer!


Langsam öffneten sich meine Lider. Graue Augen blickten in meine blauen.
„Warst du so müde, dass du es nicht einmal in dein Zimmer geschafft hast?“, hauchte sie und setzte sich auf mich.
„Hier ist es viel ruhiger.“, murmelte ich verschlafen. Faith lächelte, beugte sich vor und strich mit ihren Lippen leicht über meine.
„Du hast Nyima und Amaya aus den Augen gelassen.“, hauchte sie an meinem Mund.
Ich schob sie bestimmend zurück und setzte mich auf.
„Um Nyima brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen.“, murmelte ich. „Sie wirkt glaubwürdig. Sie hat von sich und ihrer Vergangenheit erzählt.“
Wieder küsste sie mich.
„Wenn mein Erzengel so überzeugt ist, dann glaube ich ihm. Das heißt aber nicht, dass wir unvorsichtig werden dürfen.“, flüsterte sie. Mit einem Arm umschlang ich ihre Taille, damit ich sie an mich drücken konnte.
„Ist etwas passiert oder was verschafft mir die Ehre dich hier anzutreffen?“, murmelte ich und vergrub mein Gesicht an ihrem Hals.
„Ich habe dich gesucht.“, antwortete sie.
„Und warum?“, hakte ich nach.
„Weil ich dich sehen wollte!“, hauchte sie.
Ein Schauer rieselte über meinen Rücken und hinterließ Gänsehaut auf meinen Armen. Während sie mich wieder in das Sofa drückte, wanderte ich mit meinem Mund über ihren Hals.
„Hast du gewusst, dass Nyima zum Teil menschlich ist?“, murmelte ich.
Natürlich.

, antwortete sie. Ich bin der Teufel, ich muss so etwas wissen!


Für einen kurzen Moment genossen wir die Zweisamkeit, doch anscheinend wurde uns das nicht gegönnt. Das Knarren der Tür ertönte.
„Faith!“, rief eine Stimme, die nach Kieran klang.
„Nicht jetzt!“, fauchte die Frau auf mir. Doch Kieran verschwand, natürlich, nicht.
„Amaya hat Nyima verletzt!“, sagte er außer Atem.
Faith seufzte und lehnte sich zurück.
„Warum passiert so etwas immer dann, wenn ich mit anderen Dingen beschäftigt bin?“, murmelte sie und stieg von mir herunter. Mit einem leisen Seufzen erhob auch ich mich. Dann beugte ich mich zu Faith herunter.
„Keine Sorge, wenn alles erledigt ist machen wir da weiter, wo wir eben aufgehört haben.“, flüsterte ich ihr ins Ohr und richtete mich dann wieder auf. Faith´s Mundwinkel zuckten, dann befahl sie Kieran uns zu Amaya und Nyima zu bringen.
. . .
Faith musterte Nyima, die sich den Arm hielt. Dann kniete sie sich neben die Magierin.
„Zeig mal her.“, sagte sie.
Verwirrt beobachtete Nyima, wie Faith ihre Wunde untersuchte. Die alte Frau hatte den neuen Teufel immer als ihre Feind gesehen, sie war es nicht gewohnt nun eine solche Hilfe von ihr zu bekommen.
„Die Wunde ist ziemlich tief. Welche Waffe hast du benutzt, Amaya?“, meldete Faith sich wieder zu Wort. Amaya sah zu Boden.
„Den Dolch den du mir gegeben hast.“, sagte sie leise. Faith´s Augen verengten sich.
„Ich hatte doch gesagt du sollst diesen Dolch nicht zum Training verwenden!“, knurrte sie. Amaya antwortete nicht, Faith schüttelte den Kopf.
„Egal.“, sagte sie und sah Nyima wieder an. „Ein einfacher Heilzauber würde dazu beitragen, dass die Wunde schneller heilt. Das wäre die Gelegenheit Amaya einen solchen Zauber beizubringen.“
„A-Aber ich habe doch überhaupt keine Ahnung davon!“
Nyima lächelte.
„Heilungszauber sind nicht schwer. Du schaffst das schon.“
Faith´s Blick richtete sich auf den Hundedämon.
„Du bleibst bei ihnen. Euch bleibt eine halbe Stunde ehe sich der Blutverlust bemerkbar macht.“
Sie richtete sich auf, kam zu mir, nahm meine Hand und zog mich mit.
„Und jetzt entschuldigt uns!“, rief sie noch, ehe sie mit mir die Trainingshalle verlassen hatte.
. . .
Einige Zeit verging. Ich konnte nicht genau sagen wie viel Zeit, doch es fühlte sich an als wären es mehrere Wochen. Nyima hatte sich stark verändert und auch Amaya machte Fortschritte was die Magie anbelangte. Nicht nur die Beziehung zwischen Amaya und Nyima verstärkte sich, auch Faith schien für Nyima nun eine Art Freundin zu sein. Auch wenn sie nicht wollte, dass man das merkte.
Die beiden saßen öfters zusammen und unterhielten sich.
Doch Faith war in letzter Zeit seltsam ruhig geworden. Ich hatte noch keine Gelegenheit dazu gehabt sie darauf anzusprechen, doch nun beschloss ich sie einfach zu suchen und danach zu fragen.
Nachdem ich einige Zeit lang durch das Gebäude gelaufen war, fand ich Faith schließlich in ihrem Zimmer. Sie lag auf dem Bett und hatte die Augen geschlossen, weshalb ich dachte das sie schläft, doch gerade als ich mich abwenden wollte schlug sie die Augen auf.
„Was ist?“, fragte sie schließlich.
„Du bist in letzter Zeit immer so abwesend. Was beschäftigt dich?“
Ich trat an ihr Bett und setzte mich schließlich neben sie. Seufzend drehte sie sich auf die Seite.
„Ich mache mir Gedanken über deine Brüder. Es ist schon so viel Zeit vergangen und sie sind immer noch nicht in Aktion getreten. Ich mache mir wirklich Sorgen!“
Mit einem schwachen Lächeln nahm ich ihre Hand.
„Ich mache mir auch Sorgen, Süße, aber wir müssen ruhig bleiben. Alle sind vorbereitet, meine Brüder können also zum Angriff übergehen.“, sagte ich.
Faith antwortete nicht, sie seufzte bloß. Ich beschloss das Thema zu wechseln, um sie auf andere Gedanken zu bringen.
„Du kommst inzwischen gut mit Nyima aus.“, sagte ich in feststellendem Ton. Sie nickte schwach.
„Ja. Ich hatte nicht vermutet, dass sie auch mal ganz nett sein kann. Sie kann wirklich eine große Hilfe sein.“
Ich bewegte mich ein wenig und zog Faith´s Oberkörper auf meinen Schoß. Lächelnd sah ich auf sie herab.
„Und wie läuft es bei Amaya?“
Vorsichtig strichen meine Finger ihr die Haare aus die Stirn.
„Ich hätte nie gedacht, dass sie so gut ist.“
Sie seufzte wieder.
„Laut Nyima waren ihre Eltern großartige Magier, trotzdem habe ich sie nicht gekannt. Das verwirrt mich ein wenig . . .“
Meine Hand ruhte auf ihrer Wange.
„Mach dir darüber keine Gedanken. Ich bin mir sicher das, ganz egal wie mächtig die beiden auch gewesen sein mögen, Amaya sie übertreffen wird.“
Faith´s Augen schlossen sich.
„Gabriel hat sie umgebracht.“, sagte sie leise.
„Und schon wieder sind wir bei meinen Brüdern . . .“, murmelte ich seufzend.
Ihre Augen öffneten sich und sahen mich durchdringend an.
„Ich werde Gabriel den Kopf abreißen, versprochen!“, knurrte sie.
Das Lächeln auf meinen Lippen erstarb nun endgültig. Wieder glitten meine Finger über ihre Haut. Sie setzte sich auf und nahm meine Hand.
„Ich weiß das er dein Bruder ist, Ariel. Aber dein Bruder ist ein Mörder! Gabriel ist der herzloseste und kaltblütigste Engel in Himnaríki. Selbst mein Vater besaß mehr Gefühle!“, sagte sie leise.
Ich schloss die Augen, packte sie und zog sie an mich. Ich schlang die Arme um sie und drückte sie an meine Brust.
„Das weiß ich doch! Und wenn es nach mir ginge wäre Gabriel schon lange kein Erzengel mehr. Dennoch ist dieses Versprechen ein . . . Schlag.“
„Tut mir leid.“, nuschelte sie an meiner Brust.
„Schon gut, Süße.“, murmelte ich.
Eine gefühlte Ewigkeit lang saßen wir noch so da . . .


_____18_____




Nachdenklich setzte ich einen Fuß vor den anderen. Es war viel passiert, weshalb ich viel Stoff zum nachdenken hatte. Während ich also durch die Gassen von Pragaras stiefelte, dachte ich über das Geschehene und Bevorstehende nach. Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte in die grauen Wolken. Der Krieg stand unmittelbar bevor, es war nur eine Frage der Zeit. Ariel hatte versucht mich abzulenken, doch am Ende war ich wieder auf seine Brüder, auf Gabriel um genau zu sein, zurückgekommen. Mit einem Seufzen richtete ich meinen Blick wieder auf den Weg vor mir. Meine Gedanken schweiften Richtung Nyima und Amaya ab. Ich konnte immer noch nicht glauben, wie sehr sich die Persönlichkeit der Magierin geändert hatte. Sie war nicht mehr so griesgrämig, war mir gegenüber wesentlich freundlicher geworden und schien zu Amaya eine Art Freundschaft aufgebaut zu haben. Auch Amaya hatte sich verändert. Sie war nicht mehr so vorlaut, wählte ihre Worte mit Bedacht und war noch schlauer geworden. Ein kurzes und schwaches Lächeln huschte über meine Lippen. Wenn ich sie damals nicht aufgenommen hätte und wir uns nicht so nahe stehen würden, hätte ich Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, denn jetzt wäre eine Gefahr von ihr ausgegangen. Doch ich vertraute sowohl ihr, als auch Nyima. Ich hatte große Zweifel gehabt, doch Nyima´s Handlungen hatten mich davon überzeugt, dass sie sich geändert hatte. Der Geruch des Meeres ließ mich wie vom Blitz getroffen stehen bleiben. Schlagartig verbannte ich jegliche Gefühle. Ich verschloss mein Innerstes und sah mit ausdruckslosem Gesicht auf.
„Dir ist klar, dass ich dich töten könnte, oder?“, sagte ich tonlos.
In Raphael´s Augen blitzte es. Ich wusste nicht ob es Faszination war oder nicht. In der Gasse in der wir uns befanden war es nicht gerade hell, doch von dem Erzengel ging eine Art Leuchten aus, das mich jeden seiner Gesichtszüge erkennen ließ. Seine Mundwinkel zuckten als er in geschmeidigen Schritten auf mich zukam.
„Du weißt, dass ich kein Interesse daran habe dich zu töten, also hör auf mich als eine Bedrohung zu sehen.“, sagte er mit dunkler Stimme und blieb dicht vor mir stehen. Mit einem unheilvollen Funkeln in den Augen sah er auf mich herab. Ich zog die Brauen hoch.
„Du glaubst wirklich, ich betrachte dich als eine Bedrohung?“, knurrte ich.
Er antwortete nicht.
„Du stellst keine Bedrohung dar, Raphael! Und nun sag mir endlich was du hier zu suchen hast.“, verlangte ich.
„Ich brauche lediglich ein paar Antworten.“, sagte der Erzengel nun und drängte mich mit einem großen Schritt an die Wand der Gasse. Ich ließ es zu, denn auf eine gewisse Art und Weise faszinierte er mich.
„Wozu? Damit du sie an deine Brüder weiterreichen kannst?“, hauchte ich.
Er lachte leise, beugte sich zu mir herunter und verharrte mir seinen Lippen vor meinen. Er musste die Worte nicht aussprechen, ich wusste auch so, dass er mich faszinierend fand.
„Was, wenn ich auf deiner Seite bin?“, flüsterte er mit rauer Stimme.
Das brachte mich zum lachen.
„Was willst du wissen?“, fragte ich lachend. Ich glaubte ihm nicht. Natürlich nicht. Mit einem Mal war der Erzengel todernst.
„Warum ist Ariel bei dir geblieben?“
„Das musst du ihn schon selbst fragen.“, antwortete ich gelassen.
„Was hast du mit Damodar gemacht?“, fragte er als nächstes. Wieder stieß ich ein Kichern aus.
„Sein Blut klebt immer noch an den Wänden.“, sagte ich schulterzuckend.
Plötzlich lagen Raphael´s Lippen auf meinen. Der Kuss war genauso wie damals. Grob, fordernd und ohne Gefühl. Ich erwiderte ihn zwar, schob ihn aber schon nach einigen Augenblicken wieder zurück.
„Ich weiß dein Interesse an mir zu schätzen, Raphael, aber ich bin mir sicher du weißt, was ich von deinen Annäherungsversuchen halte.“, sagte ich und sah mit zuckenden Mundwinkeln zu ihm auf. Auch die Lippen des Erzengels verzogen sich zu einem Lächeln.
„Mir ist völlig egal was du davon hältst!“, brummte er.
Ich ließ das Thema fallen und verschränkte die Arme.
„Hast du noch mehr Fragen?“, hakte ich nach.
„Nicht an dich, nein.“, antwortete Raphael und trat einen Schritt zurück. Meine Augen verengten sich.
„Auf mich wirkst du ganz vertrauenswürdig. Dennoch werde ich dich nicht mit Ariel reden lassen.“, sagte ich. Ich vertraute Raphael wirklich! Doch er war ein Erzengel und Erzengel konnten hinterlistiger sein als manch Dämon. Plötzlich veränderte sich der Ausdruck im Gesicht von Raphael. Es war, als trat eine andere Persönlichkeit hervor. Er nahm meine Hand und verneigte sich vor mir.
„Ich, Raphael, der zweite von sieben Erzengeln, stelle weder die Entscheidungen, noch die Handlungen der Fürstin der Unterwelt, in Frage. Deswegen bitte ich um Vertrauen!“
Wie selbstverständlich sprach er diese Worte aus. Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch. Ich wusste, dass wenn ein Erzengel solch Worte so förmlich aussprach, es ernst meinte. Ich atmete tief ein und stieß die Luft dann mit einem Stoß aus. Dann seufzte ich.
„Meinetwegen, ich lasse dich mit Ariel reden. Aber lass dir eines gesagt sein: Ein Fehltritt und du hast ein Problem! Und zwar ein Großes!“
Raphael nickte schwach. Mit einem unguten Gefühl im Bauch setzte ich mich in Bewegung.
„Wenn ich mich nicht täusche, liegt deine Unterkunft in die entgegengesetzte Richtung.“, sagte Raphael irgendwann. Sein Tonfall ließ darauf schließen, dass ihm die Situation nicht geheuer war.
„Stimmt.“, sagte ich lachend. Irgendwie amüsierte mich das.
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass er mich mit zusammengekniffenen Augen musterte.
Das ließ mich natürlich nur noch breiter grinsen.
„Glaubst du wirklich, dass ich dich in mein Reich einlade? Raphael, du hast mich schon einmal besucht, unangekündigt, glaubst du ich lasse dich noch einmal einen Fuß auf mein Anwesen setzen?“
Raphael schnaubte nur . . .


_____19_____


Sprachlos starrte ich Faith und Raphael an. Ich war Faith mit unterdrückter Aura gefolgt, was ich hätte besser nicht tun sollen, denn dann wäre mir dieser Anblick erspart geblieben.
Ich wusste, dass es nicht in Ordnung war ihr zu folgen, doch ich machte mir noch immer Sorgen um sie. Doch ich hätte nicht gedacht, dass das passieren würde. Raphael hatte sich über sie gebeugt und seine Lippen auf ihre gedrückt. Und Faith ließ es zu! Ich musste an mich halten um mich nicht mit einem Brüllen auf meinen Bruder zu stürzen. Aber genau genommen überraschte mich das nicht.
Raphael würde sich eine solche Chance nie entgehen lassen! Als ich sah wie Faith ihn zurückschob, stieß ich erleichtert die Luft aus. Doch ich wusste von Anfang an, dass Faith sich niemals auf Raphael einlassen würde. Doch ich wäre nicht so nervös wenn ich nicht gewusst hätte, dass mein Bruder sich nicht kampflos geschlagen gab. Angespannt folgte ich ihrem Gespräch. Ich fühlte mich unbehaglich. Faith hatte ihm nicht gesagt warum ich noch hier war, dass heißt ich musste ihm diese Antwort liefern. Kein sehr tolles Gefühl das zu wissen. So wie Faith zog auch ich überrascht die Stirn kraus, als mein Bruder sich vor ihr verneigte. Seine Worte ließen mich erschaudern. Seine Worte waren an sich nichts Besonderes, doch eigentlich war es gar nicht erlaubt dem Teufel so etwas zu sagen. Ich vermutete, dass Faith dem dennoch nicht zustimmen würde, doch es kam anders.
„Meinetwegen.“, sagte sie.
Wieso tat sie das? Sie warnte ihn noch, dann setzten sich die beiden in Bewegung. Ich hatte keine Zeit um weiter nachzudenken oder ihnen zu folgen, denn Faith´s Stimme in meinem Kopf ließ mich angewurzelt auf der Stelle stehen bleiben.
Ariel!


Was gibt’s?

, dachte ich und versuchte meine Gedanken so entspannt und lässig wie möglich klingen zu lassen.
Erinnerst du dich noch an das Lokal in dem wir letztens waren?


Natürlich.


Mach dich mit Nyima und Amaya auf den Weg dorthin.


Ein wenig verwirrt sagte ich ihr, dass ich noch etwas zu erledigen hatte, mich aber so schnell wie möglich auf den Weg machen würde. Warum wollte sie Nyima und Amaya dabei haben? Kopfschüttelnd machte ich auf dem Absatz kehrt und machte mich auf den Weg zurück zum Anwesen.
. . .
„Wo sind Nyima und Amaya?“, fragte ich Jose, der sich gerade mit Kieran und Tristan unterhielt.
„Da wo sie immer sind, wenn Nyima ihr etwas beibringt.“, antwortete der Dämon und musterte mich. Noch bevor er weitersprechen konnte meldete Kieran sich zu Wort.
„Warum willst du das wissen? Und was ist eigentlich los? Du siehst so nervös aus.“
„Raphael ist hier.“, knurrte ich und wandte mich bereits wieder ab.
Alle drei stießen ein tiefes Grollen aus.
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, knurrte Kieran.
Ich warf ihm ein Blick zu, der Bände sprach.
„Was hat dieses Arsch hier zu suchen?“, wollte er nun wissen.
„Er hat Fragen.“, antwortete ich schlicht und wandte mich erneut ab. „Faith ist mit ihm unterwegs.“
Mit diesen Worten ließ ich die drei stehen.
. . .
„Ich kann mir schon denken was er sagen wird.“, meinte Amaya und warf mir einen Blick zu.
„Was wirst du ihm sagen?“
Es dauerte einen Moment bis ich darauf reagierte.
„Ich habe keine Ahnung.“, gab ich zu. „Ich zerbreche mir schon die ganze Zeit den Kopf darüber.“
Ich wusste wirklich nicht was ich meinem Bruder sagen sollte. Sollte ich ihm wirklich meine Meinung sagen? Sagen, warum ich wieder hierher zurückgekehrt war? Sagen, dass ich Faith über alles liebte und deshalb hier bleiben würde? Ich stieß ein Seufzen aus. Nur noch wenige Meter trennten mich von Raphael.
„Wirst du ihm die Wahrheit sagen?“, fragte Nyima.
„Ich weiß es nicht.“, sagte ich und stieß die Tür zu dem Lokal auf, in dem Faith und Raphael schon auf uns warteten. Als mein Blick den von Raphael traf verengten sich meine Augen. Auch in seinen Augen tauchte ein gefährliches Blitzen auf. Er schwieg, erst als ich mich neben Faith und somit ihm gegenüber niedergelassen hatte, öffnete er den Mund. Nyima und Amaya zogen sich zwei Stühle an den Tisch auf die sie sich dann setzten.
„Was war das für eine Aktion?“, knurrte er leise und bedrohlich.
„Das selbe könnte ich dich auch fragen.“, erwiderte ich ebenfalls knurrend.
„Ich habe mir schon gedacht, dass du mir folgst.“, murmelte Faith leise und rieb sich die Stirn.
„Ich muss dir keine Begründung liefern, oder?“, erwiderte ich darauf, worauf sie mit dem Kopf schüttelte.
„Nein.“, sagte sie nur.
Ich wandte mich wieder Raphael zu, dessen Augen sich verengt hatten.
„Ich warte auf deine Antwort, Bruder.“
Das letzte Wort betonte er besonders stark und ich wusste schon jetzt, worauf er hinaus wollte.
„Ich habe lediglich dabei geholfen Damodar loszuwerden, dass ist alles. Wo ist das Problem?“, sagte ich nun monoton und lehnte mich mit verschränkten Armen zurück.
„Dir ist schon klar, dass dein Handeln bestraft wird, oder?“
Ein tiefes Grollen ertönte in der Brust meines Bruders und auch ich konnte ein weiteres Knurren nicht unterdrücken. Natürlich nicht. Schließlich war er Faith, wieder einmal, nahe gekommen.
„Du bringst dem Teufel Vertrauen entgegen, glaubst du, dass wird nicht bestraft?“, brummte ich.
Raphael´s Augen verengten sich noch weiter, auch er lehnte sich zurück.
„Keiner unserer Brüder ist hier. Keiner, außer dir kann es bezeugen. Und wenn ich mich nicht täusche werden die Zärtlichkeiten zwischen dir und Faith auch nicht gerne gesehen. Wir stecken also beide in der gleichen Situation.“
Meine Mundwinkel zuckten.
„Ich bin hier nicht der Einzige der ihr näher gekommen ist.“
Ich machte eine Pause, dann sprach ich weiter.
„Ich würde es begrüßen, wenn du aufhörst meine Fehler aufzulisten und stattdessen endlich zur Sache kommst!“
Raphael beugte sich vor und stützte sich mit den Armen auf dem Tisch ab.
„Du hast nicht vor zurückzukommen, stimmts?“
„Nicht unter den momentanen Bedingungen, nein.“, antwortete ich monoton.
„Was müsste sich verändern?“
„Was habt ihr euch eigentlich dabei gedacht eine Kriegserklärung auszusprechen?“, wich ich der Frage aus. Es gab so einiges was sich ändern musste, doch das konnte ich nicht alles aufzählen. Es wäre ein Fehler gewesen . . .
„Diese Entscheidung habe nicht ich getroffen. Ich hatte nie die Absicht Faith Schaden zuzufügen und das weißt du!“
„Gabriel steckt hinter Allem, nicht wahr?“
Überrascht richteten Raphael und ich unsere Blicke auf Amaya, die meinen Bruder ernst ansah.
„Es ist mir nicht gestattet solch Anschuldigungen gegen meinen Bruder zu erheben, doch ich kann nicht leugnen, dass mein Bruder etwas zu planen scheint.“
Amaya stieß ein Knurren aus und ich bemerkte, wie ihre Hand unter den Tisch glitt.
„Amaya!“
Faith´s Stimme schlug wie ein Peitschenhieb durch die Luft. Das Mädchen erschrak und ich sah aus den Augenwinkeln, dass auch Raphael ein Zucken nicht unterdrücken konnte. Meine Lippen verzogen sich zu einem schwachen Lächeln.
„Benimmt sich Gabriel in letzter Zeit anders oder wie kommst du darauf?“, hakte ich nach. Nun zuckten auch Raphael´s Mundwinkel.
„Gabriel würde alles tun, um sein Ziel zu erreichen, dass ist nicht zu übersehen. Und wenn wir mal ehrlich sind, Gabriel benimmt sich immer komisch. Aber egal.“
Seine dunklen Augen richteten sich auf Amaya.
„Du scheinst ein echtes Problem mit unserem Bruder zu haben.“, stellte er fest.
Ihre Augen verengten sich. Sie antwortete nicht auf seine Feststellung und reagierte mit einer Gegenfrage.
„Gibt es denn einen Grund ihn zu mögen?“, knurrte sie leise.
„Kein Kommentar.“, antwortete Raphael leise lachend.
„Warum hast du das zugelassen?“, meldete ich mich wieder zu Wort. Ich musste nicht ins Detail gehen, mein Bruder wusste, was ich meinte.
„Als Einzelner kann man keinen Krieg verhindern, Ariel! Gabriel hat alle überzeugt, meine Zweifel haben sie nicht interessiert.“
„Du stehst im Moment tatsächlich auf unserer Seite?“
Das war wieder Amaya. Ihre Augen blitzten. Sie schien wirklich gereizt zu sein.
„Was den Krieg anbelangt, ja.“, erwiderte der Erzengel.
Das Mädchen warf Faith einen Blick zu. Scheinbar wollte sie wissen, was sie davon hielt. Faith´s Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Du bist also auf Frieden zwischen Himmel und Hölle aus aber . . . Feinde werden wir trotzdem bleiben.“
Raphael nickte einfach nur. Nun breitete sich ein Lächeln auf den Lippen der Herrscherin aus.
„Woher weiß ich das, wenn der Friedensvertrag unterzeichnet worden ist, du, beziehungsweise deine Brüder, mich nicht hintergehen?“, sagte sie leise.
„Woher weiß ich, dass du uns nicht hintergehst?“, erwiderte mein Bruder.
Faith wurde ernster.
„Habe ich euch jemals Probleme bereitet, Raphael?“
Darauf antwortete er nicht. Meine Augen schlossen sich und öffneten sich nach einigen Momenten wieder.
„Du wirst es nicht schaffen die anderen davon abzuhalten, Pragaras anzugreifen. Wenn wir uns einmal etwas in den Kopf gesetzt haben, dann ziehen wir es auch durch, dessen sind wir uns gleichermaßen bewusst.“, erklärte ich ruhig.
„Dann müssen wir eben einen anderen Weg finden den Krieg zu verhindern.“, sagte Raphael.
„Wir . . .“, schnaubte Amaya leise, doch niemand schenkte ihr Beachtung.
„Du scheinst eine Idee zu haben.“, meldete sich zum ersten Mal Nyima zu Wort.
„Als eine Idee würde ich das nicht bezeichnen. Eher als ein hohes Risiko.“, erwiderte der Erzengel schulterzuckend.
„Ich bin ganz Ohr.“, mischte sich Faith grinsend ein. Misstrauisch beäugte ich sie. Es gefiel mir nicht, dass sie Raphael so sehr vertraute.
Ich vertraue ihm, ja! Aber mein Vertrauen hat Grenzen.


Faith´s Stimme in meinem Kopf ließ mich seufzend den Blick von ihr abwenden. Ich wusste mir wirklich abgewöhnen Faith anzustarren, wenn sich meine Gefühle bemerkbar machten. Raphael sah zwischen uns beiden hin und her, ging aber nicht darauf ein.
„Wenn unsere Brüder herausfinden das ich hier bin und mich dazu bereit erkläre euch zu helfen, ist das mein Ende! Es muss also so aussehen als hätte ich nichts damit zutun.“
Es wurde still, doch Faith unterbrach die Stille. Sie klang ungeduldig.
„Und an was genau hast du gedacht?“, murmelte sie.
„Du warst in der Lage in Himnaríki aufzutauchen, nicht wahr?“, fragte Raphael.
Faith neigte den Kopf zur Bestätigung.
„Ich glaube nicht das es etwas bewirken würde, doch was, wenn alle Gefallenen und nach Pragaras verbannten Engel in Himnaríki auftauchen würden?“
Er machte eine Pause, in der eine erwartungsvolle Stille entstand.
„Ich bin mir sicher das ohne Gewalt nichts passiert aber wir sollten alles auf uns zukommen lassen und spontan handeln.“, beendete er schließlich seine kurze Rede.
„Das ist doch lächerlich . . .“, begann ich noch immer misstrauisch, doch Faith ließ mich nicht ausreden.
„Meinetwegen.“
Damit schien auch Raphael nicht gerechnet zu haben. Genauso überrascht wie Nyima, Amaya und ich starrte Raphael Faith an. Ihre Augen schlossen sich und als sie sich wieder öffneten richteten sie sich der Reihe nach auf uns.
„Egal welche Risiken wir damit eingehen, es ist immer noch besser als herum zu sitzen und nichts zu tun.“, sagte sie monoton. Und trotz ihrer Tonlosigkeit klang sie gelassen. Mit einem Seufzen richtete ich meinen Blick auf den Erzengel mir gegenüber.
„Ich bezweifle, dass es einfach wird alle ehemaligen Engel zusammenzutrommel.“, meinte er vollkommen ernst.
„Es wird nicht funktionieren alle davon zu überzeugen aber bei den Starken und ehemals besten Engeln sollte es besser funktionieren.“, meinte Raphael nun.
Faith wirkte nachdenklich und verschränkte schließlich die Arme.
„Glaubst du, du schaffst es, dich um die zu kümmern, die auf die Erde verbannt wurden?“, fragte sie meinen Bruder.
„Das dürfte kein Problem werden. Bleibt nur fraglich ob unsere Brüder es bemerken würden.“
Die rothaarige lehnte sich vor.
„Also gut. Versammle die Stärksten und Besten und sag ihnen, dass sie sich in zwei Tagen am Rande von London versammeln sollen. Du wirst auch da sein. Um den Rest werde ich mich kümmern.“
Ich merkte das auch Raphael langsam misstrauisch wurde, doch wieder nickte er.
„In Ordnung. Dann kümmerst du dich um die, die hier sind, nicht wahr?“
Auch Faith nickte.
„Ja. Also dann, gibt es noch etwas, das du fragen oder klarstellen willst?“
Ein Kopfschütteln.
„Nein.“
Dunkle Augen richteten sich auf mich.
„Um diese Angelegenheit kümmern wir uns ein anderes Mal.“
Ich zwang mich zu einem Lächeln und stieß nun ein „Gut“ aus, ehe ich mich erhob.
„Wir müssen reden.“, sagte ich zu Faith und wandte mich ab.
„Das war mir klar.“, hörte ich Faith noch leise sagen, doch dann hatte ich das Lokal schon verlassen.
. . .
„Du hast ihn alleine gelassen?“, fragte ich perplex als Faith auf mich zu kam.
„Nyima und Amaya kümmern sich um ihn.“, sagte sie bloß.
„Bist du sicher? Nyima könnte . . .“
Sie unterbrach mich.
„Solange Amaya dabei ist wird sie nicht auf komische Gedanken kommen.“
Sie ging an mir vorbei, ich folgte ihr.
„Was hast du dir dabei gedacht?“, knurrte ich nun.
Faith sah mit einem traurigen Blick über ihre Schulter, weshalb ich verwirrt stehen blieb.
„Ich kann nicht darauf warten das etwas passiert, Ariel! Ich muss handeln!“
Mit einem leisen Seufzen ging ich zu ihr und zog sie an mich.
„Mach dir keine Sorgen.“, sagte ich leise. „Es wird schon etwas Gutes dabei herausspringen.“
„Hoffentlich . . .“, murmelte sie und vergrub ihr Gesicht an meiner Brust.
Doch ich ließ sie nicht lange gewähren. Ich umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und hob es an.
„Du solltest Raphael nicht vertrauen, Süße!“, sagte ich leise und eindringlich.
Selbst ich vertraute ihm nicht. Und wir waren Brüder! Doch um genau zu sein, vertraute jeder der sieben Erzengel nur sich selbst. Jeder war sich selbst der Nächste . . .
„Ich weiß.“, erwiderte sie. „Aber im Moment haben wir keine andere Wahl! Wir dürfen uns diese Chance nicht entgehen lassen!“
Ich nickte.
„Du hast Recht! Aber bitte versprich mir, dass du vorsichtig bleibst. Mit einem Erzengel ist nicht zu spaßen!“
„Natürlich . . .“, murmelte sie genervt und trat einige Schritte zurück. Dann sah sie mit einem unbeschreiblichen Ausdruck in den Augen zu mir auf.
„Was war das vorhin für eine Antwort?“, fragte sie leise.
Irgendetwas in ihrer Stimme jagte mir einen Schauer über der Rücken. Ich legte den Kopf schief.
„Was meinst du?“
„Deine Antwort auf die Frage, ob du wieder dorthin zurückkehren wirst.“, fauchte sie gerade so laut, dass ich es hören konnte. Ich riss die Augen auf.
„Das hast du völlig falsch verstanden!“, sagte ich etwas zu laut.
Einige Dämonen in unserer Nähe drehten sich nach uns um. Leise knurrend packte ich Faith´s Handgelenk und zog sie näher an mich, damit nicht jeder hörte worüber wir sprachen.
„Was gibt es da falsch zu verstehen?“, fauchte sie.
Ihre Augen schimmerten rot, was ich schon lange nicht mehr gesehen hatte.
„Ich habe gesagt das ich dich nicht verlassen werde und daran werde ich mich auch halten! Glaub nicht, dass ich versuche dich zu hintergehen!“, knurrte ich, worauf sie sich von mir los riss. Sie sagte nichts, starrte mich lediglich wütend an.
Ich konnte Raphael nicht auf direktem Wege sagen, dass ich nicht mehr nach Himnaríki zurückkehren werde! Versteh das bitte!

, dachte ich, für den Fall das uns doch jemand belauschte.
Faith seufzte, rieb sich die Schläfen und wandte sich kopfschüttelnd ab.
„Verdammt noch mal.“, murmelte sie. Dann sah sie mich wieder an. Wieder lag eine gewisse Trauer in ihrem Blick.
„Ich bin wirklich froh das du mit deinen Brüdern in Pragaras aufgetaucht bist, doch dieser verdammte Krieg macht alles nur noch komplizierter, als es ohnehin schon ist!“
Nun wurde auch ich von Gefühlen überschwemmt. Gefühle, die mich ankotzten. Ich wandte meinen Blick von ihr ab. Ich wagte es nicht sie bei folgenden Worten anzusehen.
„Ich hatte eigentlich gar nicht vor hierher zu kommen.“, gab ich leise zu.
Sie starrte mich an, ich spürte es. Ich knirschte mit den Zähnen, eine Angewohnheit die ich mir eigentlich schon vor Jahrhunderten abgewöhnt hatte.
„Alle waren der Meinung das es Zeit wäre, dir mal einen Besuch abzustatten, doch eigentlich war ich dagegen. Als ich allerdings erfahren habe das Gabriel und Raphael diese Aufgabe übernehmen wollten, wollte ich sie natürlich begleiten. Ich wollte mir zu diesem Zeitpunkt nicht einmal vorstellen was alles hätte passieren können!“, erklärte ich, wobei ein Schauer nach dem anderen über meinen Rücken gejagt wurde. Ich riskierte einen Blick und erstarrte unter ihren roten Augen.
„Ich hätte dir das nicht sagen sollen . . .“, murmelte ich und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Nun schüttelte auch ich den Kopf. Langsam, fast schon quälend ging ich an Faith vorbei.
„Das glaube ich jetzt nicht!“, knurrte sie.
Ich hörte das Klacken ihrer Schuhe, sie folgte mir.
„Du wolltest nie herkommen und sagst mir dann, dass du mich nie mehr verlassen willst? Ich glaube es hakt!“
Ich wirbelte herum, und zwar so plötzlich, dass Faith das Gleichgewicht verlor und beinahe auf ihren Hintern gelandet wäre, hätte ich sie nicht gepackt und an mich gezogen.
„Du solltest froh darüber sein, dass ich den Mut gefunden habe dir überhaupt die Wahrheit gesagt zu haben!“, knurrte ich und ließ sie auch schon wieder los.
Mit einem Grollen trat sie einen Schritt zurück.
„Ich sag doch die jetzige Situation macht es nur noch schwieriger . . .“
Mit diesen Worten ließ sie mich stehen.


_____20_____




In der Welt der Menschen war nicht einmal ein Tag vergangen, doch hier in Pragaras erschien es als eine Ewigkeit. Der Streit zwischen mir und Faith schlug mir auf den Magen, doch nachgeben wollte ich nicht. Faith war unglaublich stur, es wurde Zeit, dass sich das änderte. Ich lief durch das Anwesen, ohne jegliches Ziel und landete schließlich in der Trainingshalle. Ein Messer schoss in meine Richtung, doch ich fing es geschickt ab. Wir starrten uns an, keiner von uns wollte etwas sagen.
„Wir haben schon lange nicht mehr miteinander trainiert.“, sagte Faith schließlich ausdruckslos. Ich schleuderte das Messer zurück, doch auch sie fing es ab.
„Allerdings.“, knurrte ich.
Dann stürzte sie sich auf mich . . .
. . .
Blut lief aus ihrem Mundwinkel. Ihr Gesicht schwebte über meinem, ihre Lippen nur wenige Millimeter von meinen entfernt. Ich verspürte den Drang sie zu küssen, doch ich tat es nicht. Stattdessen bewegte ich mich nicht und wartete ab was passieren würde. Sie saß auf mir, rang nach Luft und ließ dann meine Handgelenke los, die sie neben mir auf den Boden gedrückt hatte. Forschend sah sie in mein Gesicht.
„Hast du dich jetzt beruhigt?“, fragte ich leise und setzte mich vorsichtig auf. Mit einem Arm umschlang ich ihre Taille, damit sie auf mir sitzen blieb.
„Ja.“, hauchte sie und senkte den Blick.
Ich zwang mich zu einem Lächeln und nahm ihre Hand.
„Schon gut, Kleine. Ich weiß, dass das feige von mir war und ich das besser hätte nicht sagen sollen. Aber ich wollte, dass du die Wahrheit erfährst.“
Sie schmiegte sich an mich, ihre Arme schlangen sich um meinen Bauch.
„Ich weiß das du es nur gut gemeint hast. Aber denk nach, bevor du mir solche Dinge erzählen willst.“, murmelte sie.
Ich lachte leise.
„Süße, darüber kann man nicht nachdenken. Ich sage solche Dinge einfach gerade heraus und versuche nicht, sie schön zu reden.“, erwiderte ich, worauf sie ein leises Seufzen von sich gab. Darüber musste ich auch lachen. Vorsichtig und Rücksicht auf Faith nehmend erhob ich mich.
„Du hast mich gebissen!“, sagte ich sowohl lachend als auch vorwurfsvoll.
„Ja, weil du mich begrapscht hast!“, antwortete sie und verschränkte leicht grinsend die Arme. Ich machte einen Schritt auf sie zu, zog sie an mich und legte meine Hände demonstrativ an ihren Po.
„Ich kriege immer das, was ich will!“, knurrte ich.
„Nicht, seitdem du mich kennst!“, erwiderte sie leise lachend, packte mich am zerfetzten Hemdkragen und zog mich zu sich hinunter. Dann streiften ihre Lippen meine.
„Wir sollten uns umziehen . . .“, hauchte sie.
Ich schmunzelte und schaffte es gerade so, sie zu mustern.
„Die Sachen müssen weg, allerdings.“, stimmte ich zu. „Das war´s dann aber auch!“
Auch ihre Sachen waren größtenteils zerfetzt gewesen, weshalb ich freien Blick auf ihren Busen und Bauch hatte. Wieder lachte sie. Ihr Lachen hatte einen anderen Klang als damals, doch die Bedeutung und die Art wie sie lachte, hatte sich nicht verändert. Mit einem Grinsen packte ich sie und warf sie über die Schulter. Sie quiekte und verkrallte sich in die Stofffetzen an meinem Rücken.
„Die Frage was du nun vorhast werde ich mir sparen.“, sagte Faith lachend. Ich stimmte in ihr Lachen ein und setzte mich in Bewegung.
. . .
Ich warf Faith aufs Bett und sprang hinterher. Mit einem verführerischen Lächeln zog sie mich an sich und half mir, mich von meinem kaputten Shirt zu entledigen. Grinsend ließ sie ihre Hände über meine Brust gleiten. Ich lachte leise, nahm ihre Hände und schob sie weg.
„Noch nicht.“, brummte ich.
Ein wenig verwirrt ließ sie ihre Hände sinken. Mit einem Lächeln legte ich meine Hand an ihren Hals und küsste sie. Mit der anderen Hand riss ich ihr das Top vom Leib. Auch der BH war schnell geöffnet.
„Jetzt.“, hauchte ich und zog sie an mich.
. . .
„Es dauert nicht mehr lange . . .“, murmelte Faith und setzte sich auf. Die Hitze die von ihr ausging verschwand, ich fröstelte.Ich stieß ein Knurren aus.
„Wieso willst du eigentlich immer im Bett über solche Dinge reden.“
Seufzend setzte auch ich mich auf. Es gab da noch etwas, das geklärt werden musste.
„Blöde Angewohnheit.“, nuschelte sie.
„Faith . . .“, begann ich zögernd.
Fragend blickten mich ihre grauen Augen an.
„Wegen Raphael´s Plan . . .“, sprach ich weiter.
Nun verengten sich ihre Augen. Scheinbar wurde sie misstrauisch.
„Was ist los?“, wollte sie wissen.
Eine Weile lang blieb ich still. Dann seufzte ich.
„Du wirst hierbleiben.“, sagte ich schließlich leise.
„Wie bitte?“, hauchte sie.
„Wir sind uns alle einig, dass du hier bleibst.“, sagte ich nun, worauf sich ihre Augen weiteten.
„Warum das denn?“
„Weil wir nicht wissen was passieren wird und es zu gefährlich ist!“, erwiderte ich.
Faith stieg aus dem Bett und strich sich die Haare zur Seite.
„Jetzt streiten wir uns schon wieder.“, murmelte sie und wandte sich wieder an mich.
„Wenn es so gefährlich sein soll, dann will ich das du auch hierbleibst!“, knurrte sie.
Ich schüttelte den Kopf.
„Tut mir leid, Süße aber ich muss mich an dieser Aufgabe beteiligen, schließlich ist es ein Versuch, meine Brüder vom Krieg abzuhalten. Außerdem werde ich nicht alleine gehen, du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“
„Wer kommt alles mit?“
„Nyima, Amaya, Kieran und Tristan.“
„Bist du verrückt?“; schrie sie. „Nyima und Tristan können meinetwegen mit aber was fällt dir ein, einfach so zu beschließen Amaya und Kieran mitzunehmen?“
„Ein bisschen mehr Vertrauen bitte!“, knurrte ich und erhob mich ebenfalls. „Amaya ist clever und du hast sie trainiert. Die Chancen das ihr etwas passiert sind gering! Und Kieran kann sich auch verteidigen, also hör auf dir Sorgen zu machen. Wegen Nyima und Tristan hast du auch nichts gesagt.“
„Nyima und Tristan bedeuten mir auch nicht so viel wie die anderen beiden.“, brüllte sie und kam auf mich zu.
„Hat Raphael etwas dazu gesagt?“, fragte sie drängend.
„Er hält es auch für besser wenn du hier bleibst. Er glaubt, dass es außer Kontrolle gerät wenn du dabei bist.“, erklärte ich und verschränkte die Arme.
Faith stieß ein wütendes Schnauben aus. Seufzend umarmte ich sie.
„Keine Sorge, es wird nichts passieren! Versprochen!“
Sie schlug mir mit ihrer Faust auf die Brust, blieb ansonsten aber still. Eine Weile lang blieben wir so stehen, doch dann seufzte Faith und löste sich von mir.
„Ich habe noch einiges zu erledigen.“, murmelte sie und verließ fluchtartig den Raum. Sowohl wütend, also auch mitleidig sah ich ihr nach.
. . .
Nicht sehr viel später war es dann so weit. Raphael hatte die ehemalig stärksten und mächtigsten Engel in der Welt der Menschen versammelt. Als Faith und ich am Rande von London, einer weiten Fläche nur aus grün bestehend, ankamen, wartete mein Bruder schon ungeduldig auf uns.
Ich zog die Brauen hoch. Geschätzte fünfzig Gefallene waren versammelt und als sie Faith und mich erblickten, stießen die meisten von ihnen ein empörtes Schnauben aus. Natürlich wussten sie wer Faith war . . . Ich erkannte Danae. Sie war eine wirklich gute Wächterin, doch sie hatte einen Menschen umgebracht, deshalb wurden ihr die Flügel genommen und sie wurde auf die Erde verbannt. Ich erkannte noch eine Menge andere Engel, unter anderem Amphion, Aleko, Elena und Zala.
„Das glaub ich jetzt nicht.“, murmelte Danae und verschränkte die Arme. Sie trat an Raphael´s Seite und musterte sowohl mich als auch Faith, die mit ernstem Gesicht neben mir herlief.
„Er hat tatsächlich etwas mit dem Teufel angefangen?“, fragte sie ungläubig und warf Raphael einen Blick zu, der bestätigend nickte. Danae schüttelte stumm den Kopf.
„Wie viel hast du verraten?“, fragte Faith, als wir vor meinem Bruder und Danae zum stehen kamen.
„Alles. Aber einige sind skeptisch.“, antwortete Raphael schulterzuckend.
Er wirkte angespannt, ihm war die ganze Sache wohl auch nicht geheuer.
„Das war mir klar . . .“, murmelte Faith, schloss kurz die Augen und wandte sich dann an die Masse hinter ihm.
„Wer hat Fragen?“, sagte sie laut und ließ ihren Blick schweifen.
Einige traten zögerlich einen Schritt zurück, andere verschränkten trotzig die Arme und wieder andere öffneten selbstbewusst ihr Mundwerk.
„Was bringt euch dazu gemeinsame Sache zu machen?“, fragte Aleko.
„Die Erzengel sind stark, ich auch. Wenn der Krieg nicht verhindert wird, werden viele ihr Leben lassen müssen. Und das will weder Raphael, noch ich.“, antwortete Faith monoton.
Zugegeben, dass stimme nicht ganz, doch das war egal. Faith und Raphael waren die Verluste völlig egal, sie wollten lediglich Frieden. Der Krieg bedeutete für beide Seiten viel Arbeit. Mein Bruder fand Gefallen an Faith, auch deswegen wollte er den Krieg verhindern.
„Ihr glaubt wirklich, dass das funktionieren wird?“, meldete sich ein anderer zu Wort.
„Es muss funktionieren!“, sagte Faith mit Nachdruck. Dann entspannte sie sich wieder ein wenig.
„Ihr werdet nicht die Einzigen sein, die bei dieser Aufgabe helfen werden. In Pragaras warten einige Dämonen auf ihren Einsatz und ich erwarte, dass ihr euch kooperativ zeigen werdet!“, sprach sie weiter.
Keiner hatte etwas dagegen einzuwenden, doch dann meldete Danae sich wieder zu Wort.
„Ich glaube es ist keine gute Idee, dass du dich daran beteiligen wirst.“, sagte sie vorwurfsvoll. Plötzlich tauchten Amaya und Kieran neben uns auf.
„Sind wir zu spät?“, murmelte Kieran, doch ich verstand ihn kaum, da auch Amaya sprach.
„Es wurde beschlossen, dass Faith nicht mitkommen wird.“, sagte sie.
Danae musterte das Mädchen mit hochgezogenen Brauen. Als Faith ihren Blick bemerkte, verengten sich ihre Augen.
„Das ist Amaya. Sie wird euch ebenfalls begleiten.“, sagte sie.
Der Unterton in ihrer Stimme klang gefährlich. Auch Danae´s Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Das kleine Ding? Ich bezweifle das sie uns eine Hilfe sein wird.“, knurrte sie.
Amaya´s Hände ballten sich zu Fäusten, doch sie schwieg, was irgendwie erstaunlich war.
Auf Faith´s Lippen war ein hinterlistiges Lächeln zu erkennen.
„Du solltest sie nicht unterschätzen, Danae. Sie war meine Schülerin und steht unter der Obhut von Nyima.“
Danae erstarrte. Scheinbar hatte sie nicht erwartet, dass Faith ihren Namen kannte. Faith lächelte zufrieden über Danae´s Sprachlosigkeit.
„Hat sonst noch jemand etwas über meine Leute zu sagen?“, fragte sie laut in die Runde. Bedrückende Stille.
„Gut.“, sagte sie dann. Doch plötzlich meldete sich wieder ein Gefallener zu Wort.
„Die Sache ist mir nicht geheuer.“, sagte er.
„Mir ist das Ganze auch nicht geheuer aber ich habe keine Lust untätig herumzusitzen.“, erwiderte der Teufel. Wieder wurde es still. Faith ließ den Blick erneut schweifen.
„Also gut, ich denke Mal Raphael hat euch alles erklärt. Hat irgendjemand ein Problem damit und weigert sich?“
Keiner hatte etwas zu sagen, doch nach einer Weile meldete sich Danae wieder zu Wort.
„Was springt für uns dabei heraus?“, fragte sie in scharfem Tonfall und verschränkte die Arme. Raphael musterte sie abschätzig.
„Du bleibst am Leben.“, sagte er kalt und herzlos, ganz der Erzengel. Danae schnaubte, sagte aber nichts mehr. Raphael´s dunkle Augen richteten sich auf die Frau neben mir.
„Im Moment ist es nicht der passende Zeitpunkt in Himnaríki aufzutauchen, wir sollten bis morgen warten.“, meinte er. Faith zuckte mit den Schultern.
„Wenn du das sagst, dann glaube ich dir. Es ist mir relativ egal ob wir heute oder morgen zur Sache kommen, Hauptsache es passiert irgendwann.“
Mein Bruder wandte sich an die Gruppe Gefallenen.
„Seid ihr damit einverstanden, dass wir morgen um die selbe Zeit anfangen?“
Einige nickten, einige zuckten mit den Schultern.
„Dann ist es beschlossen.“, sagte Faith, schon wieder genervt und wandte sich ab. Ich wollte mich auch abwenden, doch Danae bekam meinen Arm zu fassen und zog mich zurück. Bevor sie etwas sagen konnte, rief ich nach Faith. Sie verschränkte die Arme und kam zwar nicht zu mir, blieb aber stehen.
„Was ist?“, fragte ich die Verbannte.
„Warum stehst du auf einmal auf der anderen Seite?“, zischte sie.
Plötzlich tauchte Faith neben mir auf. Ihr Blick sprach Bände. Scheinbar hatte sie Danae´s Worte gehört, denn sie beantwortete ihre Frage.
„Niemand hat gesagt das er auf meiner Seite steht. Außerdem geht dich das nichts an. Ich mache dir schließlich auf keine Vorwürfe, warum du hier auf der Erde wandelst.“
Überrascht starrte ich sie an.
„Ist schon okay.“, sagte ich leise und nahm ihre Hand.
„Nein, ist es nicht.“, erwiderte sie und funkelte die Frau uns gegenüber wütend an.
Noch bevor jemand ein weiteres Wort sagen konnte, tauchte Zala auf und rauschte auf mich zu. Ohne Rücksicht auf Faith umarmte sie mich stürmisch.
„Ariel, wie schön mal wieder dein Gesicht zu sehen!“, hauchte sie, trat einen Schritt zurück und musterte mich von oben bis unten. Ihr Blick blieb an meinem Gesicht hängen.
„Nichts an dir hat sich verändert, bis auf deine Augen.“, sagte sie nachdenklich.
Zala war für einige Menschen verantwortlich, doch auch sie hatte Fehler begangen, die bestraft wurden. Sie war eine fröhliche Frau, die viel und gerne lachte. Ich legte den Kopf schief. Was meinte sie damit?
„Dein Blick ist voller Gefühle!“, erklärte sie und lachte. Ich sagte nichts dazu.
„Das liegt daran, dass er Gefühle für dieses Weib hat.“, fauchte Danae und deutete mit dem Kopf auf mich. Faith grinste.
„Eifersüchtig?“
Das ließ Danae noch lauter Knurren. Zala zog die Brauen hoch und musterte Danae.
„Also ich finde das süß! Immerhin kannten wir Ariel nicht mit Gefühlen.“, meinte sie gut gelaunt und richtete ihren Blick wieder auf Faith und mich.
„Freut mich, dass es, was das betrifft, so gut läuft.“
Ich nickte. Zala wusste, dass das ein Danke war.
„Du bist Zala, nicht wahr?“, fragte Faith plötzlich.
Warum um alles in der Welt wusste sie, wie sie hieß? Zala war genauso überrascht.
„Ja.“, sagte sie schließlich und verneigte sich leicht. „Nimm es mir nicht übel, aber die Tatsache das ich dem Teufel höchstpersönlich gegenüber stehe ist ein wenig beunruhigend.“
Trotz dieser Worte klang sie gut gelaunt und fröhlich. Faith lachte, sehr zu unserem Erstaunen.
„Keine Sorge, so böse wie alle denken bin ich gar nicht.“, lachte sie.
Zala stimmte in ihr Lachen ein. Faith wandte sich wieder an mich.
„Ich habe noch etwas zu erledigen. Wenn du hier fertig bist komm nach, du weißt ja, wie du zurückkommst.“
Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging. Verwirrt sah ich ihr nach.
„Warum hat sie es so eilig?“, fragte Zala ebenfalls verwirrt.
„Wenn ich das wüsste.“, antwortete ich.
„Du hast sicher eine Menge zu erzählen.“, meinte Danae nun monoton.
„Mir ist nicht nach reden zumute.“, erwiderte ich kalt.
„Ach, komm schon!“, flehte Zala und hüpfte auf und ab. „Wir wollen wissen was du alles so erlebt hast!“
„Dafür ist keine Zeit.“, wich ich aus.
Danae´s Augen verengten sich wieder.
„Es scheint, als wärst du ihr Schoßhündchen.“
Meine Mundwinkel zuckten.
„Kieran ist der Hund, nicht ich.“, sagte ich.
„Hey!“, rief Kieran, der in unserer Nähe war. Dann tauchte er auch schon neben uns auf.
„Nur, weil ich kein Engel mehr bin, sondern ein Hundedämon heißt das nicht, dass du so abfällig über mich reden darfst!“, meinte er wütend und genervt.
„Ich weiß nicht, was ich von Engeln die zu Dämonen geworden sind, halten soll.“, fauchte Danae leise.
„Du solltest aufpassen was du sagst, Danae.“, knurrte Kieran. „Weder Ariel noch ich sind in der Stimmung für solche Unterhaltungen. Wenn du Streit suchst wende dich an Amaya, mit ihr scheinst du sowieso ein Problem zu haben.
„Sie hat mit jedem ein Problem, falls du es noch nicht gemerkt haben solltest, Kieran.“, sagte Amaya, die mit grimmiger Miene auf uns zu kam. Seufzend rieb ich mir die Stirn.
„Von euch bekommt man Kopfschmerzen.“, brummte ich.
Danae musterte Amaya mit abschätzigem Blick.
„Ich habe keine Lust meine Zeit mit einem solch unerfahrenem Kind zu verschwenden.“, sagte sie eitel.
„Kaum ist Faith weg fährst du wieder die Krallen aus.“, sagte Kieran.
„Es ist ziemlich traurig von einer Frau, noch dazu von einer Frau wie Faith, bemuttert und beschützt zu werden.“, sagte Danae und machte eine wage Geste.
„Du gehst zu weit, Danae.“, sagte Zala leise. Sie klang nervös. Zu Recht, denn Danae konnte verdammt gefährlich werden. Doch der Blondine waren die Worte egal.
„Glaubst du, wir würden ohne Faith nicht klarkommen, oder was?“, fauchte Amaya. Ich zog die Augenbrauen hoch. Entweder lag es an diesem Theater hier und ich bildete es mir ein, oder Amaya zitterte tatsächlich!
Du solltest ihre Worte ignorieren. Ganz egal was du erwiderst, sie hat Spaß daran andere fertig zu machen. So war sie schon immer.

, dachte ich.
Amaya sah mich an.
Das sagst du so. Wenn sie so weiter macht, hat sie gleich eine hängen!


Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
Das würde ihr eigentlich ganz gut tun.

, dachte ich.
Nun lächelte auch Amaya.
„Was ist so lustig?“, fragte Danae, noch immer mit Gift in der Stimme.
„Nichts.“, sagte ich und wandte mich ab.
„Kann ich mitkommen?“
Total überrascht blieb ich stehen und drehte mich um.
„Wie bitte?“, fragte ich perplex.
Zala zuckte mit den Schultern und grinste.
„Ich bin neugierig. Außerdem kann es nicht schaden den Teufel näher kennenzulernen.“
Amaya und Kieran warfen mir einen Blick zu. Ich kratzte mich am Hinterkopf und zögerte.
„Naja, eigentlich . . .“
Zala unterbrach mich.
„Och, bitte!“, flehte sie.
„Also schön, meinetwegen.“
Ich ließ den Kopf hängen. Was war das bloß für ein Tag? Vor Freude quiekend warf sich Zala mir an den Hals.
„Du bist der Beste!“
Zala und ich waren mal gute Freunde gewesen, vielleicht würde es ja nicht so schlimm werden wie befürchtet.
„Wenn das so ist, werde ich auch mitkommen.“, sagte Danae.
Na toll . . .

, hörte ich Amaya´s Gedankenstimme in meinem Kopf sagen.
„Ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist.“, gab ich ehrlich und ernst zu.
„Zala und ich sind zufällig sehr gute Freundinnen, glaub nicht, dass ich sie einfach so mit dir gehen lasse.“, erwiderte die Blondine. Amaya knurrte und ging an mir vorbei.
„Hauptsache sie spart sich ihre beleidigenden Kommentare.“, zischte sie.
„Du hast sie gehört.“, sagte ich zu Danae und setzte mich in Bewegung.
Kieran seufzte.
„Jippie!“, rief Zala aus und hüpfte neben mir her. Wieder rieb ich mir die Stirn.


_____21_____




Faith zog die Brauen hoch. Mit überschlagenen Beinen saß sie vor uns und starrte uns an.
Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?

, ertönte ihre Stimme in meinem Kopf.
Zala ist wirklich in Ordnung. Sie wird keine Probleme machen, bei Danae musst du aber versuchen ruhig zu bleiben.

, erwiderte ich entschuldigend. Faith seufzte und wies auf die Sitzgruppe.
„Meinetwegen nehmt Platz.“, sagte sie leise und wandte den Blick von uns ab.
„Danke das du uns nicht raus wirfst!“, sagte Zala fröhlich und setzte sich.
Faith nickte nur.
„Warum seid ihr hier?“, fragte sie so nett wie möglich klingend. Jedoch klang es nicht sehr überzeugend. Danae setzte sich mit ausdruckslosem Gesicht neben ihre Freundin.
„Naja, ich habe Ariel schon sehr lange nicht mehr gesehen und ich will wissen, was er alles erlebt hat. Und ich will mehr über dich erfahren.“, meinte Zala.
Faith´s graue Augen richteten sich auf die Blondine.
„Und was willst du hier?“, fragte sie kalt.
„Ich begleite lediglich meine Freundin.“, antwortete Danae ebenfalls kalt.
„Gut zu wissen.“, murmelte Faith.
Ich ließ mich neben der Herrscherin nieder und lehnte mich dann näher zu ihr, bis meine Lippen ihr Ohr berührten.
„Du solltest besser auf Amaya aufpassen, sie war kurz davor Danae den Hals umzudrehen.“, sagte ich leise.
„Wäre das denn ein Problem gewesen?“, murmelte sie vollkommen ernst.
Ich konnte ein Lachen nicht unterdrücken, trotzdem verpasste ich ihr einen leichten Schlag auf den Arm.
„Bleib gefälligst ernst!“, brummte ich.
„Jaja, ist ja schon gut.“, murmelte sie.
Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen.
„Dann macht ihr mal.“, murmelte sie und machte eine kurze Geste.
„Warum bist du eigentlich hier?“, wollte Zala von mir wissen.
. . .
Nachdem Zala ihre Fragen gestellt hatte und ich sie, leider wahrheitsgemäß, beantwortet hatte, sah Faith mich mit einem Blick an, der auch ein Seufzen hätte sein können. Ich musste feststellen, dass es irgendwie gut tat mit Zala zu sprechen, auch wenn manche Fragen unangenehm waren. Ihre Augen wurden immer größer, bis sie schließlich vollends vor Begeisterung funkelten.
„Ich wünschte mein Leben wäre auch so aufregend.“, hauchte sie.
Faith verdrehte die Augen.
„Für ihn ist das nicht aufregend, sondern eine endlose Qual.“, murmelte sie.
„Nicht nur für mich.“, erwiderte ich leicht grinsend und warf ihr einen Blick zu.
Sie seufzte und erhob sich.
„Ich verzieh mich.“, sagte sie dann und war auch schon verschwunden.
„Habe ich etwas Falsches gesagt?“, fragte Zala verwirrt und starrte die Tür an.
Danae schnaubte amüsiert.
Ja, hau bloß ab!

, hörte ich ihre Gedankenstimme.
Ich blinzelte überrascht. Wollte sie, dass ich das hörte oder war ich selbst dafür verantwortlich, dass ich sie hören konnte. Ich konzentrierte mich auf Zala, doch ihre Gedanken konnte ich nicht wahrnehmen. Ich warf Danae wieder einen Blick zu.
Pass auf was du sagst!

, dachte ich.
Wieder schnaubte sie nur.
„Du hast erwähnt, dass Faith nie den Platz ihres Vaters einnehmen wollte. Was hat es damit auf sich?“, meldete sich wieder Zala zu Wort. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
„Als ich Faith kennengelernt habe, wusste sie nicht einmal, dass Luzifer ihr Vater ist. Ich habe ihr Alles gezeigt und beigebracht, doch sie hat es eine lange Zeit lang nicht akzeptiert die Nachfolgerin zu werden . . .“, meinte ich kurz angebunden. Zala sah mich sowohl zweifelnd als auch vorwurfsvoll an.
„Und du hast sie nicht ermutigt und unterstützt?“, fragte sie. Ihre Stimme war um eine Oktave höher gerutscht. Ich zuckte mit den Schultern.
„Unsere Beziehung zueinander war schwierig . . . Ich habe sie damals schon gemocht und sie mich . . . aber keiner von uns wollte sich das anmerken lassen. Wir haben so getan, als würden wir uns nicht leiden können.“
Danae stieß schon wieder ein Schnauben aus.
„Was deine Gefühle angeht warst du schon immer ein totaler Krüppel.“
Ein tiefes Grollen ertönte in meiner Brust.
„War klar, dass du das sagen würdest.“
„Was wissen deine Brüder eigentlich?“
Ich seufzte. Der erste Satz von Danae, der weniger feindlich klang.
„Sie wissen nur wenige, unwichtige Details. Nur Raphael weiß einiges, darüber wird er sich aber später Gedanken machen müssen.“, erwiderte ich monoton.
„Du sitzt ganz schön in der Patsche.“, meinte die Blondine nun und grinste amüsiert. Ich lächelte, nun ebenfalls amüsiert.
„Ja, ziemlich.“, sagte ich und nickte.
„Oh Gott, die sind ja immer noch da.“, murmelte eine Stimme von der Tür her.
„Amaya.“, stellte ich laut fest.
Sie war schon fast aus unserem Blickfeld verschwunden, doch als ich ihren Namen sagte, blieb sie stehen.
„Das kleine Kind ist wieder da.“, sagte Danae. Schon tropfte wieder Gift aus ihrer Stimme. Langsam drehte Amaya sich um. Mit einem künstlichen, freundlichen Lächeln sah sie Danae an.
„Ich muss dir unbedingt mal Lilith vorstellen. Ihr würdest die besten Freundinnen werden!“
Ich lachte leise, worauf ich einen wütenden Blick von der Gefallenen erntete.
„Dein Name war Amaya, richtig?“, mischte sich Zala mit freundlicher Stimme ein. Amaya ging auf ihren Versuch, die Situation aufzulockern ein. Sie nickte.
„Ja. Und du bist Zala, stimmt´s?“
Auch Zala nickte.
„Bist du auch eine Dämonin?“, wollte sie nun wissen.
Wieder seufzte ich. Jetzt ging die Fragerei von Vorne los . . . Amaya schmiss sich neben mir auf das Sofa.
„Ich bin halb Elf, Kampfkünstlerin und Zauberlehrling.“, meinte sie schulterzuckend.
„Kampfkünstlerin?“
Danae versuchte sich ein Lachen zu verkneifen, doch sie schaffte es nicht. Plötzlich streifte ein Messer ihren Arm.
„Wer zuletzt lacht, lacht am besten!“, sagte Amaya leise und wandte sich an mich.
„Faith ist mir gerade mit zerknirschtem Gesichtsausdruck über den Weg gelaufen. Ist etwas passiert?“
„Nein.“, murmelte ich. „Aber scheinbar hat sie unser Gespräch zum nachdenken angeregt.“
Ein Funkeln trat in Danae´s Augen.
„Was auch immer du sagen willst, du kannst es dir sparen.“, sagte ich schnell, ehe sie es konnte. Sie schnaubte.
„Wirst du wirklich für immer hierbleiben?“, fragte Zala nun.
„Wahrscheinlich.“, antwortete ich und nickte.
„Ist dir dieses Teufelsweib so wichtig?“, fragte Danae uninteressiert.
„Ich würde lügen wenn ich sage nein.“, sagte ich schlicht und kühl.
Kieran betrat den Raum. Ein wenig irritiert sah er erst Zala und Danae an, dann richtete sich sein Blick auf mich.
„Erst einmal: Warum sind die beiden noch hier? Und zweitens: Was hast du angestellt?“
Er klang wütend, was mich umso mehr verwirrte.
„Was meinst du?“, fragte ich.
Sein Blick richtete sich wieder kurz auf die beiden Gefallenen.
Faith ist mit Tränen in den Augen an mir vorbei gelaufen.


„Was?“, stieß ich perplex aus.
„Guck mich nicht so an!“, knurrte Kieran. „Ich habe nichts gemacht!“
„Ich weiß.“, murmelte ich.
Verdammt nochmal.
„Was ist passiert?“, wollte Zala wissen. Keiner antwortete ihr. Ich erhob mich, warf Kieran und Amaya bedeutungsvolle Blicke zu und verließ den Raum.
. . .
Ich konnte Faith in ganz Pragaras nicht finden, also versuchte ich es in der Welt der Menschen . . .
Lange Zeit blieb ich erfolglos, doch als ich an einem Kindergarten vorbeikam, blieb ich angewurzelt stehen. Es war tatsächlich Faith, sie auf einer Bank saß und sich mit einem Kind beschäftigte. Neben ihr saß eine junge Frau, die mir irgendwie bekannt vorkam.
„Faith!“, rief ich.
Der Rotschopf sah auf. Sie wechselte ein paar Worte mit der Frau, dann erhob sie sich und kam auf mich zu. Stumm sah sie mich an.
„Was ist los, verdammt?“, fragte ich leise.
„Was meinst du?“, erwiderte sie unschuldig.
„Kieran meinte, du wärst mit Tränen in den Augen an ihm vorbei gelaufen.“, sagte ich nun. Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht. In dem Moment wurde mir einfach alles zu viel . . .“
„Und deshalb verschwindest du einfach in die Menschenwelt? Sag mal spinnst du?“
Die Wut in meiner Stimme war nicht zu überhören und ich war unbeabsichtigt lauter geworden. Einige Kinder drehten sich um und die Frau auf der Bank erhob sich und kam zu uns.
„Gibt es ein Problem?“
Nun erkannte ich die Blondine.
„Dévil?“, stieß sie aus, noch bevor ich etwas sagen konnte.
„Molly.“, sagte ich überrascht.
„Ich dachte du wärst alleine in der Stadt?“, sagte Molly zu Faith.
„Das dachte ich auch.“, erwiderte sie und verschränkte die Arme.
„Hör mal.“, sagte sie nun zu mir. „Ich dachte wir hätten das geklärt? Ich bin kein kleines Kind mehr, ich muss mich bei niemandem abmelden!“
Molly seufzte.
„Wieso kommt ihr nicht mit rein, dann könnt ihr in Ruhe miteinander reden.“, schlug sie vor.
„Mir ist nicht nach reden zumute.“, sagte Faith.
Meine Augen verengten sich, denn in dem grau ihrer Iris tauchten rote Schlieren auf. Sie schien das zu wissen, denn ihre Augen schlossen sich und sie atmete tief durch. Mit einem Mal war die Farbe ihrer Iris wieder wolkengrau. Ich machte einen Schritt und nahm ihre Hand.
„Wir reden darüber.“, sagte ich und sah dann Molly an. Mit einem Nicken drehte sie sich um und ging voran. Wir folgten ihr.
. . .
Molly und ich redeten auf sie ein, doch sie hatte nicht ein Wort dazu gesagt. Sie saß einfach nur na und starrte uns ausdruckslos an. Die Kinder um uns herum beobachteten uns mit großen Augen und fasziniertem Blick. Ich seufzte und zog Faith in meine Arme.
„Verdammt, Süße! Du bist so zerbrechlich . . . Ich mache mir Sorgen und wenn du nicht mit mir über solche Dinge redest, mache ich mir noch mehr Sorgen!“, sagte ich leise.
„Ist das deine Freundin?“, fragte ein kleines Mädchen leise, das neben uns am Tisch stand. Ich sah sie an und nickte.
„Ja.“
Faith seufzte und schob mich zurück. Zum ersten Mal meldete sie sich zu Wort.
„Du weißt, dass ich keine Gefühle zeigen kann!“, sagte sie monoton. Ich wusste, dass das nicht richtig war. Doch aufgrund Molly neben uns musste sie es anders formulieren. Sie konnte Gefühle zeigen! Sie durfte nur nicht! Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
„Ich weiß.“, murmelte ich und sah sie dann eindringlich an.
Mir ist klar, dass du als die Herrscherin keine Schwächen zeigen darfst aber ich erwarte mir gegenüber doch ein bisschen Vertrauen von dir!

, dachte ich.
Keine Schwächen zeigen?

, kam es zurück. Ich darf nicht mal welche besitzen!


„Du besitzt nun mal Gefühle, Faith. Daran kannst du nichts ändern, verdammt!“, sagte ich nun.
Molly seufzte und meldete sich auch wieder zu Wort.
„Ich weiß immer noch nicht worum es geht.“, meinte sie und zuckte mit den Schultern.
„Aber wahrscheinlich ist es totaler Schwachsinn.“
Keiner von uns sagte etwas dazu.
„Molly, spielst du mit mir?“
Ein kleiner, blonder Junge zupfte am Ärmel der Blondine. Wieder seufzte sie.
„Ja . . .“, sagte sie und warf Faith und mit einen kurzen Blick zu.
„Es ist sowieso besser, wenn die beiden unter vier Augen sprechen.“
Dann stand sie auf, nahm die Hand des Jungen und ging mit ihm davon.
„Du hast ihr nichts erzählt?“, fragte ich verwirrt.
Ich dachte, sie hätte mit ihrer ehemaligen besten Freundin über alles gesprochen . . .
„Nur, dass mir im Moment alles zu viel ist. Nichts genaueres.“, antwortete sie und beobachtete die Kinder. Nachdenklich musterte ich sie. Plötzlich richteten sich ihre grauen Augen auf mich.
„Warum ist alles so kompliziert?“, fragte sie leise, fast schon verzweifelt. Traurig sah ich sie an. Seufzend vergrub sie ihr Gesicht in den Händen.
„Ich will gar nicht wissen was noch alles auf uns zukommen wird . . .“, murmelte sie.
„Eine Menge Probleme.“, meinte ich,auch wenn diese Antwort überflüssig war.
Wieder rutschte ich näher an sie heran. Ich schob ihre Hände vorsichtig weg und hob ihr Gesicht an. Dann drückte ich meine Lippen sanft auf ihre Stirn.
„Wenn dich etwas bedrückt, musst du es mir erzählen, hörst du? Niemand muss etwas von deinen Gefühlen wissen aber es sollte zumindest eine Person geben, der du dich anvertrauen kannst.“
Sie begann zu zittern, weshalb ich sie in die Arme schloss.
„Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass alles gut gehen wird, bis du mir glaubst?“, sagte ich leise.
„So lange, bis alles vorbei ist.“, hauchte sie mit zittriger Stimme und schmiegte sich an mich. Ich strich ihr übers Haar und verkniff mir ein Seufzen. Wir hatten uns nun schon so oft ausgesprochen und es schien immer noch schlimmer zu werden. Ich begann mich zu fragen, ob Faith schon damals so viel Angst hatte. Wenn ja, dann war sie noch besser darin Gefühle zu verstecken, als ich bisher angenommen hatte! Doch warum brach ihr schützender Schild so plötzlich in sich zusammen?
„Das Gespräch zwischen Zala, Danae und uns hat mir noch mehr Stoff zum nachdenken gegeben.“, murmelte Faith nun.
„Bist du deshalb so schnell verschwunden?“, hakte ich nach.
Sie nickte an meiner Brust.
„Ich habe mich gefragt, ob es nicht doch besser wäre, wenn du wieder zurückgehst.“
„Vergiss es!“, knurrte ich, schob sie zurück und funkelte sie wütend an.
„Darüber solltest du nicht einmal nachdenken!“
Nun stahl sich ein schwaches Lächeln auf ihre Lippen.
„Du müsstest mal deinen Gesichtsausdruck sehen.“, sagte sie.
Der Umschwung ihrer Stimme konnte mich nicht täuschen. Mit Gewalt packte ich ihr Kinn und zwang sie, mich anzusehen.
„Hör mit diesem Unsinn auf!“
Das Grollen in meiner Brust blieb für die Kinder um uns herum unhörbar, ich brauchte mir also keine Gedanken zu machen.
„Du unterdrückst schon wieder alles! Nicht mir gegenüber, hast du verstanden?“
„Du erteilst mir keine Befehle, klar?“, brüllte sie und sprang auf.
Die Kinder erschraken und Molly sah perplex zu uns herüber. Ich stieß wieder ein Seufzen aus. Stumm sah ich zu ihr auf. Jetzt etwas darauf zu erwidern würde nur wieder einen Streit herauf beschwören. Sie begriff und ließ sich seufzend wieder nieder.
„Verzeihung . . .“, murmelte sie.
Wieder vergrub sie ihr Gesicht in den Händen. Sie wusste von selbst, dass das nicht so gemeint war.
„Tut mir leid . . .“, nuschelte sie und warf mir einen Blick zwischen gespreizten Fingern zu.
„Ich weiß, dass du es nur gut gemeint hast.“
Ich hatte keine Ahnung wie ich in diesem Moment ausgesehen hatte, denn plötzlich lächelte Faith schwach, rutschte zu mir und küsste mich.
„Entschuldige!“, hauchte sie.
„Schon gut.“, murmelte ich verwirrt und streichelte ihre Wange.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Molly, die uns inzwischen erreicht hatte.
„Tut mir leid, es war nicht meine Absicht hier alle zu erschrecken.“, sagte Faith leise und zwang sich zu einem weiteren Lächeln. Molly nickte, wenn auch zweifelhaft. Mein Blick fiel auf die Uhr und ich begann mir nervös die Hände zu reiben. Das blieb natürlich nicht unbemerkt.
„Was ist los?“, fragte Faith misstrauisch.
„Es wird Zeit.“, sagte ich leise.
Augenblicklich veränderten sich die Blicke der beiden Frauen. Faith wurde ebenfalls nervös, Molly sah traurig aus.
„Müsst ihr schon wieder abreisen?“, fragte sie leise und voller Trauer.
„Ja.“, sagte ich ohne zu zögern und ergriff Faith´s Hand.
„Wir haben zurzeit viel um die Ohren. Es wird dauern bis wir uns wieder sehen.“, erklärte Faith und erhob sich zusammen mit mir.
„Danke das du dir ein wenig Zeit für mich genommen hast.“, sagte sie dann und lächelte wieder.
„Immer wieder gerne.“, antwortete die Blondine. „Aber ich nehme es dir immer noch übel, dass du damals einfach abgehauen bist!“
Ihre Augen richteten sich auf mich.
„Das du nichts gesagt hast ist mir egal, Hauptsache du lässt Faith nicht alleine und kümmerst dich um sie.“
„Er braucht mich nicht zu bemuttern. Das ist nicht nötig!“, sagte Faith patzig und schob die Unterlippe vor.
„Doch, ist es.“, widersprach ich und legte meinen Arm um ihre Taille. Sie knurrte und verschränkte die Arme, ich lachte leise, doch es klang traurig.
„Ja, du hast Recht. Es wird Zeit, dass wir gehen.“
Sie nickte nur schwach. Mit einem Seufzen schloss Molly Faith in die Arme.
„Mach´s gut, Süße. Melde dich sobald zu Zeit hast, okay?“
„Mach ich.“, sagte Faith und erwiderte die Umarmung.


_____22_____



Die ganze Zeit über hatte Faith mich wütend angestarrt. Sie war immer noch nicht damit einverstanden, dass ich nach Himnaríki gehen würde. Ich wollte immer etwas sagen, doch sie knurrte nur und ließ mich sonst nie zu Wort kommen.
„Ich will es gar nicht hören!“, fauchte sie, als ich es erneut versuchen wollte. Amaya verdrehte die Augen.
„Ihr solltet euch in diesem Moment eher um den Hals fallen, schließlich geht es langsam zur Sache.“, meinte sie genervt.
„Irrtum!“, sagte Faith seltsam gleichgültig. „Eigentlich sollte ich sowohl Ariel, als auch dir und Kieran an die Kugel gehen.“
Das Elfenmädchen grinste.
„Und warum?“, fragte sie provozierend.
Zu unser aller Erstaunen schwieg Faith.
„Das glaub ich jetzt nicht!“, stieß Amaya verblüfft aus. Das waren die letzten Worte, die einer von uns aussprach. Auf dem restlichen Weg zum Treffpunkt herrschte Schweigen.
Als wir bei Raphael und der Truppe ankamen war ihr Blick noch finsterer als zuvor.
„Kannst du aufhören so ein Gesicht zu ziehen?“, sagte ich, sodass nur sie es hören konnte. Sie antwortete nicht.
„Was hat das so lange gedauert?“, begrüßte Raphael uns, scheinbar ebenfalls schlecht gelaunt.
„Wir wurden . . . mehrmals aufgehalten.“, erwiderte ich zögernd.
Faith verzog wieder das Gesicht, ich deutete vorsichtig mit dem Kopf auf sie.
Hat sie zicken gemacht?

, ertönte Raphael´s Stimme in meinem Kopf.
Ja, ziemlich.

, antwortete ich und seufzte leise. Faith meldete sich zu Wort.
„Tristan wartet mit der Truppe in Pragaras auf das Signal, er wird unter Ariel´s und deinem Befehl stehen.“
Raphael nickte und ließ den Blick schweifen.
„Wo ist Nyima? Sie sollte auch mitkommen.“
Die Fürstin verschränkte die Arme.
„Sie wartet ebenfalls in Pragaras. Sie wird nachkommen, das allerdings nur, wenn unerwartete Probleme auftauchen.“
Wieder ein Nicken von meinem Bruder. Ich atmete tief durch, beugte mich zu Faith hinunter und küsste sie auf die Stirn. Ohne etwas zu sagen ließ ich sie stehen und ging zu Raphael.
„Sie wissen von nichts?“, hakte ich vorsichtshalber nach. Raphael schüttelte den Kopf.
Er sagte bereits die Formel auf die uns nach Himnaríki brachte, doch ein „Ich liebe dich!“ ließ jeden den Atem anhalten. Ich starrte Faith mit offenem Mund an. Ohne zu blinzeln erwiderte sie meinen Blick. Nachdem ich mich einigermaßen gefasst hatte ging ich in schnellen Schritten zu ihr zurück.
„Ich liebe dich, Ariel! Und ich will nicht, dass dir etwas passiert!“, sagte sie nun. Ich schloss sie in die Arme und drückte sie fest an meine Brust.
„Ich liebe dich auch, Süße! Und mir wird nichts passieren, versprochen.“, murmelte ich.
Ich schob sie ein Stück zurück und fasste ihre Schultern.
„Wovor hast du solche Angst?“, fragte ich leise.
Davor das Raphael auf dumme Gedanken kommt oder etwas schief läuft!

, antwortete sie in Gedanken. Ich küsste sie zart.
Ich weiß wie schwer es eben für dich gewesen ist diese drei Worte auszusprechen und sie bedeuten mir wirklich viel aber du musst mir vertrauen! Unsere Brüder werden zur Vernunft kommen.


Ihre Arme schlangen sich um meinen Bauch.
„Ich will nicht, dass du gehst!“, hauchte sie.
„Wo ist die dominante Frau, die ich so liebe?“, sagte ich leise und lächelte schwach.
„Ariel!“
Raphael´s lauter Ruf ließ mich seufzen.
„Ich muss los.“
Faith hatte all ihre Gefühle wieder weggesperrt und trat mit ausdruckslosem Gesicht einen Schritt zurück.
„Wehe ihr erlaubt euch einen Fehler!“, rief sie Raphael zu und drehte sich auch schon um. Nachdenklich sah ich ihr nach. Ich stand ihr inzwischen so nah, dass ich selbst über mehrere Meter Entfernung noch ihre Gefühle spüren konnte.
Sie weinte.
. . .
Tristan und seine Truppe kamen zeitgleich mit uns in Himnaríki an.
„Wehe das funktioniert nicht!“, knurrte er.
Wir machten uns auf den Weg zur großen Halle in der, laut Raphael, sich unsere Brüder im Moment befanden. Keiner stellte sich uns in den Weg, selbst die besten Wächter nicht. Dann standen wir auch schon vor der Halle. Ich konnte meine Anspannung lange und gut verbergen, doch jetzt ballten sich meine Hände ständig zu Fäusten.
Reiß dich zusammen!


Raphael´s strenger Tonfall machte es aber nicht besser. Dann stieß er die Tür auf. Zum Vorschein kamen wütende Gesichter. Und Gabriel, der mit seinem Schwert in der Hand auf uns zu kam.
„Gabriel!“, rief Michael, sprang auf und zerrte ihn zurück.
„Hör gefälligst auf ständig einen Kampf anzuzetteln!“, brüllte er.
Dann richteten sich seine grauen Augen auf mich.
„Wie schön dich wieder zu sehen, Ariel. Ich bin sicher du weißt, dass deine Handlungen große Konsequenzen haben werden.“, knurrte er.
„Darum müssen wir uns ein anderes mal kümmern, Michael.“, antwortete ich. Dann richtete sich mein Blick auf Gabriel.
„Jetzt zu dir. Warum bist du eigentlich so versessen darauf einen Krieg auszulösen?“
„Ich muss dir keine Antworten auf deine Fragen liefern.“, antwortete er und stieß ein lautes Knurren aus.
„Du solltest uns allerdings welche liefern.“
Sein Blick richtete sich auf Raphael.
„Und du auch!“
Raphael kam zu Wort und er klang nicht gerade gut gelaunt.
„Wir können keinen Krieg anfangen, verdammt!“, brüllte er.
„Warum nicht?“, meldete sich Michael wieder zu Wort. „Weil dir die Kleine was bedeutet?“
„Wenn Frauen meine Entscheidungen beeinflussen würden, wäre ich kein Erzengel.“, antwortete Raphael. Ich atmete tief durch und knurrte leise.
„Wäre Gabriel kein Erzengel würde es keinen Krieg geben!“
Jeder unserer Brüder stieß ein tiefes Grollen aus.
„Was erlaubst du dir eigentlich?“, brüllte Gabriel und stürmte auf mich zu.
Knurrend wich ich ihm aus.
„Genau das meine ich!“, grölte ich. „Du machst aus jeder Mücke einen Elefanten! Nur eine Kleinigkeit und du zettelst einen Kampf an.“
Ich wich seinem Schlag aus, packte ihn am Kragen und drückte ihn gegen die Wand.
„Der Krieg hätte verheerende Folgen für beide Seiten, glaub nicht, dass ich diese Folgen zulasse!“
Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und wusste, dass es Raphael´s war.
„Es reicht!“, zischte er. Leise fluchend ließ ich von meinem Bruder ab.
„Seien wir mal ehrlich!“, begann ich so laut, dass es jeder hören konnte. „Jeder von uns hat Gabriel´s Entscheidungen und Handlungen schon einmal infrage gestellt. Wir wissen alle, dass er nicht vertrauenswürdig ist und dennoch hören wir immer auf ihn. Und wisst ihr was? Die Folgen müssen wir selbst tragen!“
„Es reicht!“, brüllte Uriel. „Deine Anschuldigungen kennen inzwischen kein Limit mehr. Deine Handlungen stellen so einiges Infrage und deine Gefühle werden uns zum Verhängnis! Es war alles andere als eine gute Idee dich zurück zu holen!“
Ich grinste leicht und verschränkte die Arme.
„Wenn wir schon bei der Wahrheit sind, ich habe mich sowieso gefragt, warum ihr mich zurückgeholt habt.“
Es ertönte ein tiefes Grollen, doch ich konnte nicht sagen, von wem es kam.
„Wir sollten ihn erneut verbannen, es hat eh keinen Zweck mehr.“, murmelte Uriel.
„Nein!“, sagte Gabriel laut.
Alle sahen ihn an. Meine Augen und die von Raphael verengten sich. Gabriel fuhr fort.
„Er wäre doch froh darüber, wenn er zu seinem Teufelsweib zurückkehren kann! Wir müssen uns also etwas anderes ausdenken.“
Die List blitzte in seinen Augen auf als sich unsere Blicke trafen.
„Was willst du mit einer Bestrafung erreichen?“, fragte Raphael in scharfem Tonfall.
„Ich weiß nicht was du meinst.“, erwiderte Gabriel schulterzuckend. Raphael sah unsere Brüder an.
„Ich stimme Ariel zu!“, sagte er laut. „Ich bezweifle, das alles was zu Gabriel´s Gunsten passiert, nur Zufall ist!“
Wieder ging ein Raunen durch die Menge. Michael schnaubte und seufzte schließlich.
„Ich muss zugeben ich habe noch immer so einige Zweifel. Sowohl an Ariel als auch bei Gabriel.“
Es entstand eine kurze Pause, die aber schnell wieder gebrochen wurde.
„Ariel hat Recht, ein Krieg hätte Folgen, doch wir haben bereits eine Entscheidung getroffen. Und es ist wirklich seltsam das alles was passiert, Gabriel zu erfreuen scheint. Uns ist selbstverständlich nicht entgangen, dass er irgendetwas zu planen scheint, doch ohne handfeste Beweise können wir nichts machen. Hinzu kommt, dass die Verbindung zwischen dem Teufel und dir deine Aussagen und Beschuldigungen nicht gerade ins rechte Licht rückt.“
„Verdammt, jetzt lass doch mal diese Frau aus dem Spiel!“, brüllte ich und atmete tief durch, um mich zu beruhigen.
„Mir ist scheiß egal mit welchen Konsequenzen ich zu rechnen habe wenn ich diese Vermutung ausspreche aber ich glaube, dass Gabriel der Drahtzieher der ganzen Geschichte ist! So langsam glaube ich ihr habt mich nur wieder zu Euresgleichen gemacht, um so besser an sie heranzukommen!“
Gabriel schnaubte wütend.
„Weißt du eigentlich was du da sagst? Dieses Kind hat einen Narr aus dir gemacht!“
Ich stürmte wieder auf ihn zu und verpasste ihm einen Schlag mit der Faust.
„Ich habe schon genug Probleme, da kann ich keine Brüder gebrauchen, die mir in den Rücken fallen!“
Und dann begann der Stress erst richtig. Jemand verpasste mir einen Schlag ins Gesicht, weshalb ich mehrere Meter weit über den Boden rutschte und schließlich mit einem Knacken meiner Knochen gegen eine riesige Säule prallte. Es war Jophiel gewesen, der mir diesen Schlag verpasst hatte. Sofort ging Raphael in Position, um einen weiteren Schlag seinerseits abwehren zu können.
Alle waren aufgesprungen, nur Michael sah man an, das er ruhig und gelassen war.
„Was denn? Ist es jetzt schon verboten seine Meinung zu sagen?“, knurrte ich, rappelte mich wieder auf und renkte mir selbst wieder die Schulter ein. Einige meiner Rippen waren gebrochen, doch ich konnte spüren, wie sie bereits wieder zusammenwuchsen. Kein sehr angenehmes Gefühl.
„Du bist auf seiner Seite?“, fauchte Gabriel. Raphael neigte den Kopf und fletschte leicht die Zähne.
„Ich bin nicht mit allen seinen Entscheidungen und Handlungen einverstanden, doch was den Krieg angeht gebe ich ihm Recht!“, erwiderte er.
„Dir ist klar, dass das geradezu nach einer Strafe schreit!“, mischte sich Uriel ein.
„Warum?“, knurrte Raphael, der noch immer in Abwehrposition da stand. „Weil ich den Mut und Stolz besitze mich auf die Seite einer meiner Brüder zu stellen? Es ist wirklich bedauernswert, dass ich selbst solch ein Narr bin aber das sich alle gegen einen stellen, ist wirklich feige!“
Michael´s Augen verengten sich, er blieb immer noch ruhig. Auch wenn sein Körper inzwischen seine Anspannung verriet.
„Ich bewundere deinen Mut, Bruder. Allerdings kann ich deinen Umschwung nicht so ganz nachvollziehen. Du warst ebenfalls einer von uns, der immer etwas an Ariel auszusetzen hatte. Auch wenn es um Dinge ging, die keine größere Rolle spielten. Jetzt, wo eine Frau im Spiel ist die eine große Rolle spielt und mit Ariel zutun hast, vergisst du all das was dich je gestört hast und stellst dich auf seine Seite?“
Die Luft um uns herum brodelte und es schien, als ginge von jedem meiner Brüder eine elektrische Ladung aus. Mein Gefühl sagte mir, dass ein Kampf unvermeidbar war, doch was sollte ich deshalb nun tun? Es würde sich nicht ändern lassen.
„Ich will keinen Kampf beginnen.“, begann ich in gesittetem Tonfall und trat einen Schritt vor.
„Aber wenn ihr nicht zu Verstand kommen wollt, dann muss ich eben Gewalt anwenden!“, brüllte ich nun und ballte die Hände zur Faust. Gabriel knurrte.
„Diese Frau vernebelt dir den Verstand!“
„Dein Rang vernebelt dir den Verstand!“, brüllte ich und stürzte mich auch schon auf ihn. Keiner konnte mich daran hindern, selbst Raphael nicht.
„Ariel!“, schrie er noch, doch ich hatte unserem Bruder bereits sämtliche Knochen zertrümmert. Doch Gabriel wäre kein Erzengel, wenn er nicht auch eine Menge aushalten würde. Trotz schwerer Verletzungen war er sofort wieder auf den Beinen. Uriel wollte sich in den Kampf einmischen, doch Raphael verhinderte dies, indem er selbst einen Kampf einging.
„Na toll . . .“, murmelte ich.
Tja und so kam alles ins Rollen. Raphael kämpfte gegen Uriel, ich gegen Gabriel und es dauerte auch nicht lange, da hatten auch Michael und die anderen genug und mischten sich ein, bis Raphael sich schließlich vollkommen auf meine Seite geschlagen hatte.
Du wirst Probleme bekommen.

, sandte ich ihm meine Gedanken zu. Ich hätte ihm die Worte auch zu rufen können, doch das hätte mich vom kämpfen abgelenkt.
Die habe ich von dem Moment an, seitdem ich mich vor fünf Jahren in der Menschenwelt habe blicken lassen.

, kam es zurück.
Ich stieß ein lautes Knurren aus. Sowohl wegen Gabriel, der mir einen verdammt schmerzhaften Hieb verpasst hatte, als auch wegen einer Erinnerung.
Ja . . .

, dachte ich gedehnt und schaffte es, ihm einen kurzen und wütenden Blick zuzuwerfen.
Was das angeht wirst du noch Ärger mit mir bekommen!

, dachte ich dann.
Den habe ich doch schon längst, oder nicht?

, antwortete er.
Ist dein Humor noch trockener geworden?

, dachte ich. Ich wusste, dass er nicht antworten würde. Und so war dem dann auch. Ich musste Faith nicht in der Nähe haben um zu wissen, dass sie nun voller Angst auf meine Rückkehr wartete.
Ein Kampf unter Erzengeln war schon so einige Male tödlich ausgegangen und in mir machte sich das starke Gefühl breit, dass es auch dieses Mal so ausgehen würde. Nur wer sterben würde konnte ich nicht sagen. Es sollte Gabriel sein, doch niemand, nicht einmal der Herr, würde das beeinflussen können. Es könnte genauso gut Raphael oder mich treffen. Wobei wohl eher ich die Arschkarte gezogen hätte. Gabriel und Raphael waren die stärksten, damit hatten sowohl sie, als auch ich einen Vorteil. Ich war ebenfalls stark, doch meine Waffe war der Verstand. Ich wusste genau wie Gabriel auf meine Sticheleien und Provokationen reagieren würde, deshalb gelang es mir immer wieder seine Angriffe abzuwehren. Zuschlagen tat ich allerdings erst, wenn er vor Wut und Zorn nicht mehr auf die Einzelheiten achten würde. Es gab jedoch noch einen entscheidenden Vorteil!
Gabriel geriet durch jede Kleinigkeit in Rage, doch er war nicht in der Lage es zu ändern! Er wusste genau das ihm seine Wut zum Verhängnis werden konnte, dennoch war er zu stur sich darüber einmal Gedanken zu machen. Plötzlich verpasste er mir einen solch harten Schlag, dass ich Blut würgend auf die Knie fiel. Was die körperliche Stärke anging war ich ihm wirklich unterlegen.
Bedrohlich stand er über mir. Raphael hatte keine Gelegenheit mir zu helfen und die Truppen draußen waren ebenfalls zu sehr beschäftigt. Es hatte nicht funktioniert. Die Gefallenen hatten nicht einmal die Chance gehabt mit meinen Brüdern zu sprechen. Michael war der vernünftigste von uns, doch auch er wollte Raphael nun an die Gurgel. Bei seinen provokanten Sprüchen kein Wunder . . .
Ich war bereits dabei Tristan von dem Geschehen in der Halle zu informieren, damit er Nyima Bescheid geben konnte, und Nyima Faith, doch das war nicht nötig!
Mit einem gewaltigen Krachen, das in unseren Ohren schmerzte flog die riesige Tür auf. Ich ahnte bereits wer hinter diesem Auftritt steckte, da es bei der betreffenden Person fast immer so ablief, doch glauben tat ich es erst, als ich sie sah. Ihre Schritte waren anmutig und zielsicher, dennoch konnte man die Wut in ihr fast schon sehen. Sie kam genau auf Gabriel und mich zu, und wäre ich nicht am Ende gewesen, wäre ich einen Schritt zurückgewichen. Sie holte aus und verpasste Gabriel mit voller Wucht einen Schlag mit ihrer Faust.
„Das war nur der Schlag einer wütenden Frau!“, schrie sie. „Jetzt zeige ich dir wie schmerzhaft meine Schläge sind, wenn ich richtig zur Sache komme!“
„Verdammt, was machst du hier?“, brüllte ich und war mit einem Satz aufgesprungen, auch wenn mich der überwältigende Schmerz sofort wieder in die Knie zwang. Ich hätte vermutet das sie sich mit einem Grinsen zu mir umdrehte, doch sie tat es nicht. Stattdessen starrte sie weiterhin Gabriel mit mordlustigem Ausdruck in den Augen an.
„Du weißt das ich, was das betrifft, nicht still sitzen bleiben kann.“, sagte sie monoton. Auch Raphael war überrascht.
„Du musst verschwinden!“, schrie ich, doch sie tat so als würde sie es nicht hören.
„Warum bist du überhaupt hergekommen?“, schrie ich.
Nun erst sah sie zu mir herüber. Irgendetwas blitzte in ihren Augen auf, doch ich konnte nicht sagen was es war.
„Weil ich wusste, dass du in Gefahr bist, Ariel.“
Ihre Stimme schien aus purem Eis zu sein. Es gab eine Menge himmlischer und teuflischer Wesen, die in der Lage waren einem einen gewaltigen Schauer über den Rücken zu jagen, doch Faith war die mir einzige bekannte Person, die eine solch gewaltige Wirkung auf mich hatte. Und nicht nur auf mich, auch meine Brüder zuckten bei ihren Worten unwillkürlich zusammen. Natürlich taten sie so, als wäre nichts. Sie wandte ihren Blick wieder von mir ab und richtete ihn stattdessen auf meine Brüder.
„Ich bin nicht hergekommen um einen Kampf oder gar den Krieg anzufangen! Ich bin hergekommen um den Mann den ich liebe zu unterstützen. Und um ein ernstes Wörtchen mit Gabriel zu wechseln.“
Die letzten Worte klangen ausdruckslos, doch jeder hier verstand die Drohung. Gabriel richtete sich auf und ging in langsamen Schritten auf die Frau zu, doch noch bevor er sie erreichen konnte, hatte sie wieder ausgeholt und ihm einen neuen Schlag verpasst. Dieses Mal jedoch mit solcher Gewalt und einer solchen Kraft, dass er mit einem lauten Krachen und einem Brüllen seinerseits gegen die gegenüberliegende Wand krachte. Knurrend betrachteten meine Brüder das riesige Loch in der Wand.
„Das verstehst du unter reden?“, brummte Raphael.
„Ich rede nun mal nicht gerne.“, erwiderte sie.
Bildete ich mir das ein oder hörte ich da wirklich ein kurzes, leises Kichern?
„Was erlaubst du dir eigentlich?“, brüllte Uriel und kam auf sie zu.
„Was erlaubt ihr euch eigentlich? Glaubt ihr ich lasse es zu, dass ihr sowohl das Leben meiner, als auch eurer Leute nehmt?“, schrie sie zurück und machte einen Schritt nach vorne. Uriel schien das nicht geheuer zu sein, denn er blieb stehen. Er hätte zurück gehen sollen, doch er besaß zu viel Stolz. Dann war es bereits zu spät. Er hatte eine hängen.
„Eigentlich war es geplant keine Gewalt anzuwenden.“, murmelte ich.
Dieses Mal schaffte ich es aufzustehen und auf meinen Füßen stehen zu bleiben.
„Wer hat angefangen?“, fragte Faith in scharfem Tonfall und sah wieder mich an.
Ich kratzte mich am Hinterkopf wobei ich bemerkte, dass ich dort eine Platzwunde hatte und räusperte mich. Das war Antwort genug. Ihre Augen verengten sich und das stahlgrau ihrer Iris wurde noch kälter. Dann sah sie wieder zu Gabriel hinüber, der sich schwer verwundet wieder aufrappelte.
„Eure Art geht mir gewaltig gegen den Strich.“, begann sie. „Das heißt aber nicht, dass ich ein Problem mit euch habe.“, sprach sie weiter. Dann deutete sie auf Gabriel.
„Aber mit ihm habe ich ein Problem, und zwar ein gewaltiges!“
Ihre grauen Augen waren mit einem mal blutrot. Sie sah Michael und die anderen aus den Augenwinkeln heraus an.
„Ihr wisst selbst das Gabriel schon lange nicht mehr den nötigen Verstand besitzt um weiterhin ein Erzengel zu sein. Aber weil er euer Bruder ist seht ihr euch nicht gezwungen etwas dagegen zu unternehmen!“, fauchte sie. Sie zog eine ihrer Pistolen, die sie immer an ihren Oberschenkeln befestigte und richtete sie auf Gabriel.
„Eine Bewegung und du kannst was erleben!“, knurrte sie. „Wenn ihr weiterhin zulasst, dass er alle Entscheidungen trifft, dann wird eine Katastrophe nicht ausbleiben!“
Schweigen. Ihr Blick streifte Raphael.
„Raphael hat es eingesehen und steht zu seiner Meinung aber dazu seid ihr scheinbar zu feige!“
Michael trottete in geschmeidigen Schritten zu ihr. Dieses Mal bewegte Faith sich nicht, doch es war kein Respekt der sie so handeln ließ.
„Weißt du eigentlich wozu wir alles in der Lage sind?“, knurrte er leise.
Michael war zwar der Vernünftigste, doch was seine Geduld anging . . . Naja, sagen wir besser nichts dazu.
„Du scheinst nicht zu wissen zu was ich alles in der Lage bin!“, erwiderte Faith hinterhältig grinsend. Ihre Hand begann rot zu glühen. Ich hatte nie miterlebt, wie das teuflische Feuer zum Einsatz kam. Auch im Training mit mir hatte sie es nicht eingesetzt. Sie sagte es sei nicht nötig, doch langsam wurde mir bewusst warum sie es so gut wie nie einsetzte. Meine Augen verengten sich. Faith war stark, und zwar auch ohne teuflische Kräfte. Ich wollte gar nicht wissen wie groß das Ausmaß der Zerstörung wäre, wenn sie erst so richtig loslegen würde. Langsam aber sicher wurde mir klar, dass ich weiter von Faith entfernt war, als jemals zuvor. Ich wusste das sie sich verändert hatte, doch wie groß diese Veränderung waren wusste ich nicht. Lange Zeit nun kannte ich sie schon, doch wissen tat ich scheinbar immer noch nichts von ihr. Sie war so facettenreich. Wie viele Eigenschaften besaß sie noch, die ich an ihr noch nie gesehen hatte?
„Was will ein kleines Kind wie du schon ausrichten?“
Michael wusste was er da sagte. Faith´s Augen verengten sich. Sie würde doch nicht wirklich auf seine Provokation eingehen, oder? Doch dann verzogen sich ihre Lippen zu einem düsteren und schwachen Lächeln.
„Mag sein das ich in euren Augen noch ein Kind bin aber glaub nicht, dass ich mich auf euer Niveau herablasse und nun einen Kampf anzettele.“
„Wie gedenkst du diese Angelegenheit zu klären?“, fragte Michael nun kalt und trat einen Schritt zurück. Seine Distanzierung brachte allerdings nicht, Faith machte prompt wieder einen Schritt nach vorne. Respekt, sie hatte keinerlei Hemmungen mehr. Sie stellte sich leicht auf die Zehenspitzen und lehnte sich vor. Dann umschlangen ihre Arme den Hals meines Bruders. Ich blieb gelassen. Wäre es Raphael gewesen hätte ich wahrscheinlich anders reagiert.
„Glaubst du wirklich ich bin so blöd und zieh Leine? Bestimmt nicht! Und nach reden ist mir ebenfalls nicht zumute. Also was werde ich wohl tun?“, hörte ich sie flüstern.
Ich stieß ein Seufzen aus. Eine andere Wahl hatten wir nicht. Draußen tobte ein Kampf. Schreie waren zu hören und das Brüllen verzweifelter Krieger. Michael stieß ein lautes Knurren aus. Es war das Zeichen seines folgenden Angriffs, doch an Faith´s Reaktionszeit gab es nichts auszusetzen.
Blitzschnell wich sie zurück und ging in Position. Für andere waren sie nicht erkennbar, doch ich wusste genau wo sie ihre Waffen versteckt hatte. Doch wenn man es genau nahm, brauchte sie die gar nicht. Noch bevor einer der beiden reagieren konnte, hatte Amaya sich zwischen die beiden gedrängt und sie mit zwei Dolchen auseinander getrieben.
„Amaya!“, stieß ich überrascht aus. Und auch Kieran tauchte in der Halle auf.
„Was macht ihr hier?“, fragte ich irritiert, da sie eigentlich draußen sein sollten.
„Wonach sieht es denn aus?“, knurrte Kieran. Er klang seltsam monoton, doch das überraschte mich nicht. Die Blicke meiner Brüder veränderten sich.
„Kieran.“, sagte Michael. Er war ebenfalls überrascht, dass konnte er nicht verbergen.
Der Hundedämon reagierte nicht. Er konzentrierte sich ausschließlich auf Amaya, die nun ebenfalls zwischen den Fronten stand. Scheinbar lag ihm etwas an dem Mädchen.
„Geh aus dem Weg.“, befahl Faith, doch sie ignorierte diesen Befehl.
„Ein Jammer das Dummheit nicht weh tut.“, murmelte Michael.
Er war mehr als nur gereizt. Er wurde nur selten beleidigend . . . Amaya´s Blick richtete sich auf Gabriel. Sie begann zu zittern. Ich wusste das es nicht die Nervosität war oder die Angst. Es war viel mehr die Wut und der Hass, ebenso wie die Anspannung. Das rot in Faith´s Augen schien immer intensiver zu werden, doch das war unmöglich. Dachte ich zumindest. Nach einigen Sekunden tauchten sogar schwarze Schlieren in ihnen auf. Das sich die Augen teuflischer Bewohner schwarz verfärbte kam so gut wie nie vor. Das ich es miterleben durfte war sowohl spannend, als auch angsteinflößend. Ja, auch ein Erzengel konnte Angst empfinden!
„Ich werde dich nicht daran hindern.“, sagte Faith in einem Tonfall, der jedem hier das Fürchten lehrte.
„Aber bedenke, dass ich nicht eingreifen werde. Ganz egal wie nahe du dem Tod auch sein wirst!“
Kieran´s Blick verriet, was er davon hielt.
„Du hältst dich raus, verstanden?“, fauchte Amaya und sah den Hundedämon wütend und mit starrem Blick an. Auch das gefiel ihm nicht. Er schluckte, so als versuche er ein Knurren zu verhindern. Doch es funktionierte nicht. Ich zog die Brauen hoch. Mit einem groben Griff packte Kieran Amaya´s schwarzen, kurzen Haare und bog ihren Kopf nach hinten. Dann presste er seine Lippen auf ihre. Amaya blinzelte perplex, wehrte sich aber nicht dagegen. Ich wusste nicht ob sie bewusst ruhig blieb oder ob sie einfach nur nicht in der Lage war etwas dagegen zu unternehmen.
Wieder ein Seufzen meinerseits. Diese verdammte Situation brachte jeden dazu etwas zu tun, dass für ihn total untypisch war . . . Kieran sagte ihr etwas, es hörte sich nach einem „Ich werde deiner Bitte nicht nachkommen.“, an, doch genau konnte ich es nicht sagen.
„Habt ihr´s dann?“, knurrte Faith und deutete kurz auf Michael. „Wir würden gerne da weiter machen wo wir aufgehört haben.“
Sie gingen aus dem Weg, sehr zu meinem Bedauern. Jetzt würden Faith und mein Bruder doch aufeinander losgehen.
Achte darauf, dass du nicht den ganzen Saal in Schutt und Asche legst!

, dachte ich, als die beiden aufeinander losgingen.
Du gehörst nicht mehr hierher.

, erwiderte sie und ging nicht weiter darauf ein.
Vor nicht all zu langer Zeit warst du noch der Meinung das ich nicht nach Pragaras gehöre.

, antwortete ich und machte mich ebenfalls bereit.
Das war der Anfang des Krieges, der eigentlich nie hätte stattfinden sollen . . .


_____23_____




Blut.
Schreie.
Brechende Knochen.
Klirrendes Metall.
Flüche.
Der schwere Geruch des Blutes hing in der Luft. Es roch nach Metall. Ich nahm mehrere hundert Dinge zugleich wahr, doch ich konnte mich nicht auf diese Dinge konzentrieren. Meine Aufmerksamkeit wurde voll und ganz Uriel gewidmet, der mir keine Zeit ließ auch nur eine Sekunde lang nach Luft zu schnappen. Was den Nahkampf anging war er wirklich nur schwer zu toppen. Der Kampf mit ihm war zwar noch lange nicht so anstrengend wie das Training mit Faith, dass hieß aber nicht, dass er es nicht trotzdem in sich hatte! Blut lief aus meinen Mundwinkeln, doch mit einer schnellen Bewegung wischte ich es weg. Der Drang zu Amaya und Faith hinüber zu sehen war schier überwältigend, doch würde ich Uriel auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen, würde das mein Ende sein. Ich konnte Amaya hören, wie sie fluchte und verzweifelt versuchte Gabriel den Garaus zu machen. Doch so einfach würde das garantiert nicht werden. Gabriel war unglaublich mächtig und auch wenn Amaya Faith´s Schülerin war und Nyima´s Schülerin ist und deshalb nicht so leicht unter zu kriegen war, lag nun dennoch ein hartes Stück Arbeit vor ihr. Und sie war bereits jetzt schon an ihrer Grenze angelangt. Ich konnte hören wie sie mehrmals nacheinander verzweifelt nach Luft schnappte.
Erinnere dich an unser Training!

, dachte ich um ihr ein wenig auf die Sprünge zu helfen.
Nur sehr wenige wussten, dass alle Erzengel die selbe Schwäche hatten!
Ich bekam keine Antwort, doch das war mir egal. Ich musste mich konzentrieren.
Plötzlich zerriss ein fürchterliches Brüllen das Gemetzel im Saal. Alle verstummten und sahen in die Mitte der Halle, in der Michael, in einer riesigen Blutlache auf dem Boden kniete. Auf den zweiten Blick fiel auf, dass sein rechter Flügel völlig zerfetzt gewesen war. Das erklärte das viele Blut und den ohrenbetäubenden Schrei.
Rotes Feuer loderte in der Hand des Teufels. Nie wirkte ihre Erscheinung bedrohlicher und tödlicher als in diesem Moment. Eine tiefe Wunde in ihrer Brust begann sich zu schließen.
Die Atmosphäre in diesem Saal war nicht zu beschreiben. Es war kalt, kälter als Eis, doch in dieser Kälte steckte eine Hitze, die bei jedem von uns für Schweißausbrüche sorgte.
Töte ihn nicht!

, dachte ich. Meine Gedankenstimme klang . . . anders. Sie klang monoton und war doch . . . voller Verzweiflung.
Ich habe nicht vor ihn zu töten. Aber seine Flügel werde ich ihm trotzdem nehmen!

, kam es von ihr zurück. Auch sie klang anders als sonst. Ihre Stimme verriet nichts, doch das war ja nichts neues.
Ich wusste nicht was es war, doch es klang so, als würde sie über etwas nachdenken.
Meine Augen verengten sich, doch am liebsten hätte ich sie aufgerissen.
Unmöglich!

, dachte ich. Es dauert Jahrhunderte bis seine Flügel wieder genauso prächtig aussehen werden wie sie es jetzt tun . . . taten.


Darauf kann ich keine Rücksicht nehmen.


Ihr Herz schien aus Eis. Ihr Verstand messerscharf. Ihr bloßer Anblick eine Sünde.
Ich schloss die Augen, dann ertönte wieder ein markerschüttender Schrei.
Die Schmerzen solcher Wunden waren mit nichts zu vergleichen. Nichts im Universum war schmerzhafter als eine Verletzung der Flügel. Ich wusste wovon ich sprach. Ich hatte solche Wunden schon oft erlitten.
Aus Wut über Faith´s Tat stürzte sich nun Jophiel auf sie. Doch schon nach einigen Sekunde war klar, wer diesen Kampf gewinnen würde . . .
Faith war wie im Rausch, selbst ich würde sie jetzt nicht mehr stoppen können. Wäre Luzifer noch am leben, wäre er stolz auf seine Tochter. Doch ich war es nicht. Ihre Leistungen waren beeindruckend und ihre Kräfte atemberaubend aber es waren meine Brüder, denen sie da gerade die Hölle heiß machte.
Hinter dir!


Ich wirbelte herum und wehrte einen Angriff von Zadkiel ab. Blut lief von meiner Schläfe bis zu meinem Kinn hinab. Ich hatte die Platzwunde nicht bemerkt. Mit einem kräftigen Hieb stieß ich ihn zurück. Ein Knurren verließ meine Kehle. Ich wollte doch gar nicht kämpfen, verdammt!
Plötzlich traf mich Zadkiel´s Faust hart am Kopf. Mit einem lauten Krachen knallte ich wieder gegen eine Säule, die sofort nachgab und in sich zusammenfiel. Erneut brachen mehrere meiner Knochen. Aber nicht nur Rippen. Nein, auch mein linkes Schlüsselbein und einige Knochen in meiner Hand gaben ein lautes Knacken von sich. Ich hustete Blut. Mir ging bereits die Puste aus. Eigentlich ließ ich mir so etwas nie anmerken, doch jetzt konnte ich es nicht verbergen. Ich schaffte es nicht einmal aufzustehen, da stand Zadkiel schon vor mir und beugte sich bedrohlich vor. Er holte wieder zum Schlag aus, ich schloss bereits die Augen und machte mich darauf gefasst, doch es ertönte nur ein schmerzerfülltes Fauchen. Irritiert und zögernd schlug ich die Augen auf.
Mein Atem stockte. Faith hatte sich ihm in den Weg gestellt. Blut tropfte zu Boden. Eine blau flammende Klinge hatte sich durch ihr rechtes Schulterblatt gebohrt. Sie knurrte leise und atmete schwer. Am Ende war sie aber noch nicht. Laut knurrend zog Zadkiel sein flammendes Schwert zurück und machte ein paar Schritte nach hinten. Faith taumelte ebenfalls einen Schritt zurück. Doch noch bevor sie das Gleichgewicht verlieren konnte hatte ich es geschaffte mich so zu positionieren, dass ich sie auffangen konnte.
„Was machst du denn?“, murmelte ich ihr leise ins Ohr und stützte sie.
„Hör auf mir immer Sorgen zu bereiten!“, sagte sie leise, ohne auf meine Frage zu antworten. Für einen Moment konnte ich mich nicht bewegen. Was hieß denn hier immer? Sie wollte sich bereits wieder aufrichten, doch ich hielt ihren Bauch umschlungen, damit sie sich nicht bewegen konnte. Dann drehte ich ihren Kopf so, dass ich sie küssen konnte. Verwirrt sah sie mich an, dann schaffte sie es sich aus meinem Griff zu befreien. In wenigen Sekunden war sie schon wieder mitten im Geschehen. Ich seufzte. Da die Wunde von Zadkiel durch Engelsfeuer verursacht wurde, würde es mehrere Monate dauern bis sie narbenlos verheilt war. Wenn sie weiter so kämpfte, wäre sie bald durch den Blutverlust kampfunfähig.
Pass auf dich auf, Süße!

, dachte ich in warnendem Tonfall. In deinem Tempo wird dir der Blutverlust bald zu schaffen
machen.
Ich komme schon klar.

, war die monotone Antwort.
Wieder ein Seufzen von mir. Ich schaffte es aufzustehen und beschloss nun, ebenfalls Engelsfeuer einzusetzen. Zurückhaltung brachte nun auch nichts mehr. Während Faith immer wieder auf Zadkiel losging hielt ich Ausschau nach weiteren „Feinden“. Meine Augen fanden Uriel, der es inzwischen geschafft hatte wieder auf die Beine zu kommen und sich nun von hinten an Faith schlich, die mit Zadkiel kämpfte. Bevor er den Teufel erreichen konnte, hatte ich mich ihm in den Weg gestellt.
„Vergiss es!“, knurrte ich.
Uriel sah genauso schlimm aus wie ich. Teuflisches Feuer war genauso gefährlich wie himmlisches. Auch seine Wunden begannen nicht zu heilen.
„Das du auf ihrer Seite bist ist mehr als nur Verrat!“, erwiderte er.
Meine Augen verengten sich.
„Ich habe lange genug in Pragaras gelebt um es nun als mein Zuhause zu sehen. Ihr hättet schon vor langem erahnen können, dass ich die Seiten wechsle!“
„Wie kannst du es wagen deine Brüder so zu hintergehen?“, brüllte er nun und griff mich an.
„Wer hat hier wen verraten?“, brüllte ich zurück. „Ihr habt mich schließlich verbannt, ohne das mich irgendeine Schuld traf!“
Auf einmal wurde es still im Saal. Ich bemerkte nicht sofort, dass ich zitterte. Nur langsam begriff ich warum. Die Blicke meiner Brüder blieben ausdruckslos, nur der von Faith veränderte sich.
Du bist deswegen wütend . . .

, ertönte ihre nachdenkliche Stimme in meinem Kopf. Diese Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Ich sah ihr an das sie nun gerne zu mir gekommen wäre, doch aufgrund Zadkiel ihr gegenüber ging das nicht. Ich antwortete nicht auf ihre Worte. Dann ertönte ihre Stimme erneut.
Da du damals solche Gefühle noch nicht kanntest, kommen sie erst jetzt zum Vorschein.


Mein Blick fiel auf Kieran, der eine seltsame Haltung eingenommen hatte. Seine Augen verrieten nichts.
„Du wusstest davon!“, knurrte Uriel. „Und nur weil er dein Partner war hast du geschwiegen!“
„Im Gegensatz zu euch verrate ich einen Kameraden nicht.“, sagte ich in gleichgültigem Tonfall.
Uriel trat einen Schritt vor, doch in Sekundenbruchteilen stand Faith vor mir und hatte ihn an der Kehle gepackt. Mit einem kraftvollen Griff schnitt sie ihm die Luft ab. Schnell legte ich ihr eine Hand auf die Schulter, doch sie schüttelte sie ab.
Nein!

, schrie sie förmlich in meinen Gedanken und sah kurz über ihre Schulter. Sie haben so viel angestellt und nicht nur dir Schmerzen bereitet, sondern auch Kieran, Amaya, mir und vielen anderen! Sie haben es nicht verdient ungestraft weiterzuleben!
Sie müssen für ihre Taten bezahlen, richtig.

, dachte ich. Aber nicht mit ihrem Leben!


Verständnislos sah sie wieder über ihre Schulter zurück.
„Du lässt das einfach so zu?“, fragte sie ungläubig.
„Das sind meine Brüder.“, sagte ich leise. Wieder starrte sie mich ungläubig an.
„Du hast mich ganz am Anfang gehasst! Du hast mich fertig gemacht und hast Luzifer immer versucht dazu zu überreden, strenger mit mir zu sein. Und bei so einer Scheiße bleibst du ruhig und gelassen?“
Ich schwieg.
„Nein!“, hauchte sie und schüttelte den Kopf. Ihre Hand schloss sich immer fester um Uriel´s Hals, doch er schaffte es ihr einen kräftigen Tritt zu verpassen. Keuchend ließ sie von ihm ab.
Ich fing sie auf.
„Deine Kraft ist unglaublich aber du solltest einen der Erzengel nicht unterschätzen!“, flüsterte ich ihr ins Ohr und half ihr, das Gleichgewicht wiederzufinden. Noch bevor sie darauf antworten konnte, ließ uns ein Schrei unsere Köpfe herumfahren. Wir erblickten Amaya, deren Fuß von Gabriel zerquetscht worden war. Ich wollte einen Schritt machen, doch Faith hielt mich zurück.
Gemeinsam beobachteten wir wie sie es schaffte ihre Spezialwaffe zu ziehen. Ihre Munition war lebensbedrohlich. Das Körperteil das getroffen werden würde, würde zerfetzt werden. Um einen Engel aufzuhalten war es sinnvoll ihm seine Flügel zu nehmen, doch wollte man ihn töten, musste man sein Herz treffen. Sie hatte nur zwei Versuche und das wusste inzwischen auch Gabriel!
Kieran stand alarmiert einige Meter abseits, die beiden nicht aus den Augen lassend.
Amaya hatte ganze Arbeit geleistet. Gabriel hatte schwerste Verletzungen erlitten, doch seinen Flügeln hatte sie keinen Schaden zufügen können. Kieran´s Augen richteten sich abwechselnd auf Amaya und Gabriel. Der Lauf der Waffe richtete sich auf Gabriel, der bereits in Position gegangen war und versuchen würde auszuweichen. Doch ich ahnte bereits, dass Kieran wissen würde das zu verhindern, denn auch er ging in Position. Ich warf Faith einen prüfenden Blick zu, doch ihr Blick war ausdruckslos. Wahrscheinlich war der Drang dem Mädchen zu helfen groß, doch sie gab dem nicht nach.
Sie hat Kieran.

, dachte ich und wandte meinen Blick von ihr ab.
Auch Kieran ist verwundbar.

, erwiderte sie. Für einen Moment beachtete uns niemand, weshalb wir verschnaufen konnten und ein paar Worte wechseln konnten.
Du warst diejenige, die nicht eingreifen wollte!

, dachte ich dann.
Ich habe halt keine Lust die Drecksarbeit zu erledigen. Auch wenn ein Kampf um Leben und Tod mit Gabriel sicher interessant wäre.


Ein Schuss ertönte, dann ein Brüllen. Schlagartig richteten sich unsere Blicke auf Gabriel. Doch Amaya´s erster Versuch war daneben gegangen. Sie hatte nur sein Bein getroffen. Allerdings sah diese Wunde schon scheußlich aus. Das komplette untere Bein war weg geschossen. Weg gesprengt hätte es besser getroffen. Ich hörte jemanden würgen, doch ich konnte nicht sagen von wem es kam.
Kieran versetzte meinen Bruder in einen Nahkampf, damit er abgelenkt wurde, doch er war nicht blöd. Er versuchte alles, um Kieran loszuwerden. Jeder hier bemerkte, wie schwer es der Hundedämon hatte, deshalb griff Raphael nach einiger Zeit ein. Amaya zielte erneut.
Sie bemerkte nicht, dass sich Uriel auf schwachen Beinen an sie heranschlich.
In seiner Hand loderte blaues Feuer. Er trat an sie heran, hob seinen Arm und . . . bekam von Faith einen solch kräftigen Schlag verpasst, dass er gegen die gegenüberliegende Wand knallte, die daraufhin noch ein riesiges Loch aufwies. Alle starrten Faith an, doch ein weiteres Brüllen ließ uns die Aufmerksamkeit wieder auf Amaya richten. Sie hatte Gabriel getroffen, doch . . . auch dieses Mal hatte sie sein Herz verfehlt. Stattdessen hatte sie seinen Bauch erwischt. Nun wurde wirklich einigen hier schlecht. Viele seiner Organe waren total zerfetzt. So schlimm, dass die Heilung partout nicht einsetzen wollte. Amaya stieß ein Fauchen aus. Mit einem schmerzerfülltem Zischen versuchte sie aufzustehen. Doch da jeder einzelne Knochen in ihrem Fuß zertrümmert worden war, funktionierte dies nicht. Kieran war sofort bei ihr und stützte sie. Amaya zog ihr Kurzschwert und machte einen Schritt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht.
„Er kann noch immer kämpfen!“, konnte ich Kieran sagen hören.
„Völlig egal!“, zischte Amaya.
So lange Gabriel´s Wunden nicht anfingen zu heilen, würde er sich nur schwer verteidigen können. Doch Kieran hatte Recht. Kämpfen konnte er noch immer. Meine Anspannung wuchs. Gabriel war grausam und herzlos, doch er war noch immer mein Bruder. Würden ich und alle anderen seinen Tod wirklich zulassen? Ich hörte Amaya leise einige Worte aufsagen. Vielleicht eine Formel für einen Zauberspruch? Sie schaffte es tatsächlich alleine auf Gabriel zuzugehen. Der Blick meines Bruders hob sich und richtete sich auf das Mädchen. Raphael stand hinter ihm, doch er bemerkte es nicht. Raphael rührte sich nicht. Wahrscheinlich würde er Gabriel daran hindern sich zu wehren. Ich ließ den Blick schweifen und erkannte, dass niemand Gabriel helfen würde. Meine Brüder waren alle verwundet. Würden sie eingreifen wollen würden sie so wie Uriel, aufgehalten werden.
Ich dachte du wolltest ihr nicht helfen?

, dachte ich an Faith gewandt.
Das ist ihr Kampf, Ariel. Ich habe lediglich verhindert, dass sich jemand in diesen Kampf einmischt.


Meine Mundwinkel zuckten, auch wenn es kein passender Zeitpunkt war um zu lächeln. Mein Blick richtete sich wieder auf Amaya und mir fiel auf, dass sie sich mit einer Leichtigkeit bewegte, die vorhin noch nicht vorhanden war. Hatte sie ihre Verletzung mit Hilfe eines Zaubers geheilt?
Die Sorge in Kieran´s Augen war nicht mehr ganz so groß, weshalb ich mit meiner Vermutung wohl richtig lag. Gabriel stieß ein lautes Knurren aus, als Amaya vor ihm zum stehen kam.
„Warum hast du sie getötet?“, hauchte sie.
Nun sank die Stimmung von jedem hier endgültig in den Keller. Gabriel stieß nur ein Schnauben aus. Die Wut in Amaya´s Augen wurde deutlicher, ihre Stimme lauter und ausdrucksstärker.
„Warum hast du meine Eltern getötet?“, schrie sie schließlich. Tränen rannen ihr über die Wangen. Mein Blick streifte Kieran. Man sah ihm an, dass er sie nun am liebsten in den Arm genommen und getröstet hätte. Gabriel´s Mundwinkel zuckten, doch er schwieg noch immer. Purer Spott und Hohn funkelte in seinen Augen. Er atmete schwer, dennoch loderte wieder blaues Feuer in seiner Hand auf. Er wollte zum Angriff übergehen, doch Raphael hinderte ihn daran. Zur selben Zeit holte Amaya mit dem Kurzschwert aus. Meine Augen verengten sich. Jeder meiner Brüder verspürte nun den Drang einzugreifen, doch niemand würde das tun.
Begleitet von einem lauten Brüllen stieß sie ihm die Klinge in direkt ins Herz . . .
Blut tropfte zu Boden. Ein furchterregender Schrei hallte von den Wänden wider. Angst war jedem von uns in die Glieder gekrochen. Jeder von uns hatte den Atem angehalten und wartete nun darauf, sie erleichtert ausstoßen zu können. Die nun folgende Stille ließ unsere, immer noch vorhandene Anspannung wachsen. Alles was zu hören war, war das Blut, das in regelmäßigen Abständen zu Boden tropfte. Mit einem unbeschreiblichen Geräusch zog Amaya das Schwert aus Gabriel´s Brust. Mein Bruder presste die Hand auf das klaffende Loch und sank zu Boden. Nun lief auch Blut aus seinen Mundwinkeln.
„Du verdammte . . .“, hustete er, doch weiter kam er nicht. Amaya holte wieder aus.
Sie schrie und weinte zugleich. Ein ekelhaftes Knirschen ertönte. Blut spritzte. Ich zuckte zusammen. Nicht aus Angst, Nervosität oder Wut, sondern vor Überraschung. Sie hatte Gabriel tatsächlich getötet!
Ich war mir sicher, dass die Probleme damit allerdings erst wirklich anfangen würden . . .
Sowohl ein wenig angewidert als auch verblüfft und voller Trauer starrte ich Gabriel´s Kopf an, der über den Boden rollte, eine Blutspur hinterließ und dann langsam begann in Staub zu zerfallen.
„Unmöglich . . .“, hauchten Uriel, Jophiel und Zadkiel zugleich. Sie alle klangen so, als würden sie jeden Moment das Bewusstsein verlieren. Amaya fiel auf die Knie. Tränen der Verzweiflung rannen ihr über die Wangen und wollten nicht versiegen. Ich ließ meinen Blick schweifen und sah, dass auch Faith´s Beine nachgaben. Ich wollte zu ihr, doch Jophiel versperrte mir, mit einem Bein hinkend, den Weg.
„Die Sache ist noch nicht vorbei!“, knurrte er und holte zum Schlag aus.
„Da hast du Recht!“, erwiderte ich und parrierte den Angriff.
„Ist dir klar was du alles angerichtet hast!“, brüllte er und versuchte verbissen einen Treffer zu erzielen.
„Ihr seid selbst für all das hier verantwortlich!“, brüllte ich zurück. Meine Beine standen ebenfalls kurz davor nachzugeben, doch ich durfte mir nun keine Fehler erlauben. Ich war selbst angeschlagen, ebenso wie Jophiel, doch wir beide wusste, dass jeden Moment einer von uns zusammenbrechen könnte oder einen Fehler begehen könnte. Ich hielt Ausschau nach jemandem der mir helfen würde. Mein Blick traf den von Kieran. Ich war mir sicher das er nicht eingreifen würde, doch mit einem mal kam er auf uns zu. Nachdem er uns fast erreicht hatte stieß ich Jophiel zurück.
Hast was gut bei mir!

, dachte ich nur.
Lass gut sein. Hilf ihr einfach.

, kam es monoton zurück.
So schnell ich konnte rannte ich zu Faith herüber. Ich kniete mich neben sie und hiefte sie vorsichtig hoch.
„Ich hab doch gesagt du sollst es nicht übertreiben.“
Sie antwortete nicht und versuchte mich wegzuschieben.
„Lass dir gefälligst helfen.“, knurrte ich. „Der Blutverlust macht dir bereits jetzt zu schaffen, nicht mehr lange und du verlierst das Bewusstsein!“
„Und was soll ich dagegen unternehmen?“, fauchte sie leise und versuchte weiter mich loszuwerden. Zadkiel, ebenfalls schwer verletzt, starrte uns an.
„Ihr widert mich an!“, knurrte er und schritt auf uns zu. Schützend legte ich meine Arme um Faith.
„Sie hat nie etwas getan das euch schaden könnte, also lass sie gefälligst aus dem Spiel.“
„Ich bin der Teufel, Süßer. Sie werden mich immer im Visier haben . . .“, erwiderte Faith leise und mittlerweile schwer atmend.
„Sie hat Recht, Ariel.“, sagte Uriel, der an Zadkiel´s Seite trat.
„Wir werden sie immer für den Drahtzieher halten, ganz egal um was für eine Situation es sich handelt.“
Ich wollte bereits protestieren.
„Lass gut sein, Ariel.“, hauchte Faith und erhob sich vorsichtig. Sie war genauso wackelig auf den Beinen wie meine Brüder.
„Es kann dir doch egal sein was deine Brüder von uns halten.“, sagte sie nun.
Ihre Beine gaben bereits wieder nach, doch ich legte wieder die Arme um sie. Zadkiel fasste sich an den Kopf. Es sah so aus, als würde ihm jeden Moment schwarz vor Augen werden.
„Sie ist und bleibt der Teufel, Ariel und bleibt somit unser Feind.“, brummte er.
„Dann ist sie halt euer Feind, dass heißt nicht das ihr sie deswegen töten müsst!“, knurrte ich und schloss meine Arme besitzergreifend noch fester um Faith. Meine Brüder grollten laut.
Ariel . . .


Faith´s Stimme in meinem Kopf ließ mich sie anstarren.
Ich muss hier weg! Lange halte ich es nicht mehr . . .


Ihre Stimme verstummte, ihre Augen schlossen sich und ihr Körper erschlaffte. Panisch hob ich den Kopf. Zadkiel und Uriel tauschten einen Blick aus, dann fingen sie an zu grinsen. Beide traten sie einen Schritt vor.
Raphael!


Hilfesuchend schaute ich mich um. Raphael stürmte auf uns zu. Mit einem geschickten Griff schmiss ich Faith über die Schulter.
„Amaya!“, brüllte ich und setzte mich in Bewegung. Sie sah auf.
Zeit zu gehen!

, dachte ich. Sie nickte, dann richtete sich ihr Blick auf Kieran, der noch immer mit Jophiel beschäftigt war.
Mach dir um ihn keine Sorgen.

, dachte ich dann. Nun konzentrierte ich mich auf Kieran und Raphael.
Wenn ihr hier alles erledigt habt seht zu, das ihr hier weg kommt!


Die beiden antworteten nicht, doch ich wusste das sie mich gehört hatten. Mein Blick streifte Michael, der kampfunfähig in einer Blutlache auf dem Boden lag. Mit Schuldgefühlen trat ich nach draußen, dicht gefolgt von Amaya.
„Tristan!“, brüllte ich.
Ich hielt in der kämpfenden Menge Ausschau nach ihm, doch ich fand ihn nicht. Jedoch hatte er mich gehört.
Was gibt’s, Erzengel?

, ertönte seine Stimme in meinem Kopf.
Bewege deinen Arsch in die Halle und hilf Kieran und Raphael!

, antwortete ich.
Was ist passiert?

, wollte er wissen.
Für eine Fragestunde ist jetzt keine Zeit.

, erwiderte ich gereizt. Mein Blick richtete sich auf Amaya.
„Du kennst die Formel. Beeilung!“, knurrte ich.
Amaya nickte und sagte eine Worte auf. Kurz darauf befanden wir uns in Pragaras.


_____24_____




Langsam öffneten sich meine Augen. Ich fühlte mich schwach. Mein Kopf brummte und ich spürte jeden einzelnen Knochen in meinem Leib. Als ich mich wieder daran erinnerte was passiert war, setzte ich mich ruckartig auf. Doch das hatte zur Folge, dass mir schwindelig wurde. Leise fluchend hielt ich mir die Hand an den Kopf.
„Oh, man . . .“, hauchte ich und kniff einige Male die Augen zusammen.
Ein gleichmäßiger Atem drang in meine Ohren, weshalb ich verwirrt den Blick hob.
Ein Déjà-Vu-Gefühl machte sich in mir breit. Ich ließ den Blick schweifen und als ich Ariel erblickte, vergaß ich sämtliche Schmerzen und jegliche Sorgen. Sofort sprang ich aus dem Bett. Erst jetzt stellte ich fest, dass es mein Zimmer war in dem ich mich befand. Meine Beine gaben nach.
Mein Blick lag noch immer auf Ariel. Das Rumpeln das mein Körper verursacht hatte ließ ihn die Augen aufschlagen. Ich sah zu ihm auf.

Perplex starrte ich auf sie herab. Ihre stahlgrauen Augen sahen mich hilflos an. Sie kniete auf dem Boden. Bei genauerem Hinsehen fiel mir auf, dass Blut zu Boden tropfte. Sofort war ich hellwach.
Ich sprang auf.
„Eine deiner Wunden hat sich wieder geöffnet.“, sagte ich und war sofort bei ihr.
Ihre Augen verrieten, dass sie neben der Spur war. Ich wollte ihr bereits das Shirt ausziehen, um besser an ihre Wunde zu kommen, als sie meine Hand wegschob. Plötzlich fiel sie mir um den Hals.
„Ich bin so froh das es dir gut geht!“, hauchte sie mit Tränen erstickter Stimme.
„Das bin ich auch, Süße aber dafür ist jetzt keine Zeit! Ich muss mich um deine Wunde kümmern!“
Vorsichtig schob ich sie ein Stück zurück.
„Faith!“, sagte ich eindringlich und fasste sie an den Schultern. Ihre grauen Augen klarten sich auf.
„Die Wunde!“, wiederholte ich streng. Ihre Augen schlossen sich, dann schüttelte sie den Kopf.
„Entschuldige.“, murmelte sie. „Ja, die Wunde . . . Du hast Recht.“
Meine Mundwinkel zuckten kurz.
„Kannst du dich an etwas erinnern?“, fragte ich, während ich sie auszog und begann, die Blutung der Wunde zu stoppen.
„Ja, an alles.“, antwortete sie leise und sah mich dann fragend an. „Was ist . . . danach passiert?“, hauchte sie.
„Ich bin mit dir geflohen.“, antwortete ich. Nun trat ein Ausdruck in ihre Augen, den ich nur schwer beschreiben konnte. Etwas flehendes lag in ihrem Blick, so als ob sie um gute Nachrichten bitten würde. Und eine Warnung! Sie musste mich nicht drängen weiter zu erzählen. Ihr Blick sagte es.
„Raphael, Kieran und Tristan haben sich um den Rest gekümmert.“, sagte ich nun.
„Muss ich dir jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen, oder was?“, fauchte sie und stieß mich an.
Ihre Wunde hatte ich inzwischen versorgt, weshalb ich ihr nun auf die Beine half.
„Es ist vorbei!“, sagte ich leise und sah ihr dabei fest in die Augen. Sie starrte mich an, ohne etwas zu sagen. Dann schüttelte sie den Kopf. Erst langsam, voller Unglaube, dann schnell und hektisch, voller Panik.
„Du machst Witze!“, schrie sie und wich zurück, wobei sie stolperte. Ich machte einen Schritt, packte sie und zog sie an mich.
„Nein!“, hauchte ich und strich ihr eine rote Strähne aus dem Gesicht.
„Es ist vorbei, Süße! Meiner Brüder wurden im Kampf geschlagen. Wir werden einige Jahre lang nichts von ihnen hören.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Wieder schüttelte sie den Kopf. Ich drückte sie fest an mich.
„Doch.“, sagte ich leise und strich ihr übers Haar. Dann schob ich sie wieder zurück. Ich fasste ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. Dann küsste ich sie. Sie seufzte in meinen Mund, ihre Arme schlangen sich um meinen Hals.
„Was machen deine Verletzungen?“, flüsterte sie, als ich den Kuss beendete.
„Scheiß auf meine Verletzungen!“, murmelte ich. „Hauptsache dir geht es gut!“
Ihre Fingerspitzen strichen über meine Wange.
„Du solltest dich ausruhen, Ariel.“, hauchte sie und stellte sich auf Zehenspitzen, damit ihre Lippen mein Ohr erreichen konnten.
„Am besten mit mir zusammen!“
Ich lachte leise und hob sie hoch.
„Da sage ich nicht nein!“
Ich trug sie zum Bett und legte sie behutsam darin ab. Dann beugte ich mich über sie.
„Du hättest nicht in Himnaríki auftauchen dürfen.“, sagte ich leise und berührte mit meinen Fingern ihre vollen, geschwungenen Lippen.
„Ich würde dich nie im Stich lassen, Erzengel!“, flüsterte sie.
Meine Augen schlossen sich für einen Moment. Ein Gefühl der Wärme durchströmte mich.
„Ich bin kein Erzengel.“, sagte ich tonlos. „Ich bin Dein!“
Ihre Lippen verzogen sich bei meinen Worten zu einem Lächeln.
„Und ich bin Dein.“, erwiderte sie leise und zog mich an sich.
„Wie geht es den anderen?“, erkundigte sie sich leise.
„Alle haben Verletzungen davongetragen. Jedoch hat es dich am meisten erwischt.“, antwortete ich.
„Erholen sie sich?“, wollte sie nun wissen. Ich grinste.
„Kommt ganz drauf an was du unter erholen verstehst.“
Fragend sahen ihre grauen Augen mich an. Ich seufzte leise und lächelte schwach.
„Ja, sie haben sie alle erholt. Allerdings sind sie inzwischen wieder in den Alltag zurückgekehrt. Amaya trainiert mit Nyima, Tristan ist zurück in der Menschenwelt und so weiter.“
„Was ist mit Raphael?“
Ihre Frage ließ mich die Zähne zusammenbeißen. Das sie sich auch nach ihm erkundigte war gewiss nichts was einen überraschte, dennoch war ich noch immer eifersüchtig.
„Niemand weiß wo er ist.“, sagte ich leise.
Sie musterte mich eingehend und berührte wieder meine Wange. Ihre Berührung löste Gänsehaut bei mir aus.
„Die Angelegenheiten zwischen euch sind noch nicht geklärt.“, murmelte sie.
„Nein, das sind sie nicht.“, bestätigte ich und richtete mich auf.
Ich fasste ihre Hand.
„Komm, zeigen wir den anderen das du wieder da bist!“
Ich wollte sie aus dem Bett ziehen, doch sie lachte leise und zog mich mit einem Ruck wieder zurück.
„Nein!“, hauchte sie grinsend an meinen Lippen. „Zuerst feiern wir, dass alles vorbei ist!“
Ihre Hände begannen mein Hemd aufzuknöpfen.
Ich lächelte . . .
„Wie du willst!“
. . . und behielt für mich, dass es noch nicht vorbei war. Noch lange nicht . . .

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Tag der Veröffentlichung: 04.08.2011

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