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Mittwoch, 01.12.2010



Der Dezember hatte begonnen und somit die Weihnachtszeit. Ich hasste Weihnachten, was wohl daran lag, dass vor zwei Jahren, einen Tag nach Heiligabend meine Großmutter verstarb.
Ich war bis heute noch nicht darüber hinweg.
Der Tag begann so wie immer. Ich stand um sechs Uhr auf, ging ins Bad und machte mich fertig, frühstückte und verließ um Punkt sieben Uhr das Haus, um meine Freundin Molly abzuholen, die wie jeden anderen Tag auch verschlief. Nachdem ich einige Zeit lang vor ihrer Tür gestanden hatte und versucht hatte sie aus dem Bett zu klingeln, schafften wir es doch tatsächlich pünktlich zur Schule zu kommen. Zu der Schule, die ich erst seit einem Jahr besuchte, doch das war unwichtig.
Der Schultag war so wie immer: Lustig, spannend, nervig, schnell und endete wie immer in schlechter Laune. Ich setzte mich, nachdem ich gegessen hatte, Hausaufgaben gemacht und mich gelangweilt hatte an das Laptop und stieß, keine Ahnung warum, auf das Thema Menschen und ihre Schutzengel. Die Vorstellung das es Engel gab war irgendwie beruhigend, denn ich meinte, war es nicht irgendwie schön zu wissen das man einen Engel hatte, von dem man beschützt wurde? Dennoch war das Ganze ein wenig absurd. Warum sollte man an etwas glauben, von dem niemand wusste ob es überhaupt existierte. Ich war verwirrt. Dieses Thema faszinierte mich zwar, doch es machte mir seltsamerweise auch Angst . . .
Aber wie dem auch sei, ich sollte mich wohl besser nicht mehr damit beschäftigen, ich hatte andere Probleme. Zum Beispiel der Weihnachtsball vor den Ferien oder der Stress mit meinen Eltern.
. . .
Wenn mein Tagebuch sprechen könnte würde es mich wohl verprügeln, weil ich ihm immer die Ohren, äh, Seiten voll jammere, hm?
Ja ja, dachte ich mir.


Donnerstag, 02.12.2010



Dieser Tag war ein wirklich . . . komischer Tag . . .

Ein aufgeregtes Schreien und ein heftiges Rütteln lassen mich die Augen aufreißen und vor Schreck schreien. Emily, meine Schwester, lehnte über mir und versuchte verzweifelt mir etwas zu sagen. Ich stieß sie weg und zog mir die Decke über den Kopf.
„Verzieh dich, ich will ausschlafen!“, fauchte ich.
„Du Pissbacke, es ist erst Donnerstag! Du hast verschlafen!“
Ruckartig setzte ich mich auf.
„Was?“
Ich sprang aus dem Bett, stolperte und fiel der Länge nach hin.
„Auch das noch . . .“, knurrte ich genervt als ich wieder aufstand und sah, dass mein Handgelenk rot wurde und nach einigen Minuten auch anschwoll. Ich sauste ins Bad, wusch mich, putzte mir die Zähne, zog mich an, kramte meine Sachen zusammen und rannte aus dem Haus.
Scheint als wäre ich diesmal Schuld am zu spät kommen.

, dachte ich und rannte in die Richtung, in der Molly wohnte. Doch dann blieb ich stehen. Entweder schlief sie noch oder sie war schon weg. Was nun? Wenn sie noch schlief und ich auf sie warten würde, würden wir noch später in der Schule ankommen. Ich schüttelte den Kopf, drehte mich um und nahm den kürzesten Weg zur Bushaltestelle . . .
Acht Uhr und der Bus würde erst in einer halben Stunde kommen. Ich seufzte, dann rannte ich los.
Wie blöd war ich eigentlich? Ich rannte zur Schule, was gut fünfundvierzig Minuten dauerte, würde mich nicht wundern wenn ich nachher tot war. Ich wurde schneller. Gott, was habe ich getan das du mich so sehr strafst?

, dachte ich und schaute kurz in den Himmel, der wolkenlos war.
Fataler Fehler, denn prompt stolperte ich über . . . keine Ahnung was und fiel genau auf mein Handgelenk. Tolle Wurst. Ich schrie kurz vor Schmerz auf, rappelte mich dann aber wieder auf und rannte weiter. Ich warf einen Blick auf mein Handgelenk, welches irgendwie einen Blaustich hatte. Um Himmels willen, es war doch nicht etwa gebrochen, oder? Panisch rannte ich weiter. Darüber würde ich mir Gedanken machen wenn ich in der Schule war . . .
Eine halbe Stunde später rannte ich durch die leeren Gänge der Schule und stürmte die Treppen hoch. Allen Übels befand sich meine Klasse im Obersten Stockwerk . . .
Völlig außer Atem riss ich die Tür auf.
„Verzeihen sie die Verspätung aber ich habe verschlafen, den Bus verpasst und mich entschieden zur Schule zu rennen, da der Bus ewig später kommen würde, ich bin auf die Fresse geflogen und habe mir wohl oder übel das Handgelenk gebrochen aber egal, ich bin da, alles klar?“
Ich schluckte. Oh je . . . Alle Blicke lagen auf mir, insbesondere der, zweier stechend blauer Augen.
„Ich . . . äh . . .“
Ich wies mit dem Finger aus meinen Platz, ohne meinen Blick von dem Jungen abzuwenden.
Die Hitze in meinem Gesicht kam so plötzlich, wie eine Windböe im Herbst.
„Setz mich dann mal . . .“; hauchte ich und wollte mich in Bewegung setzen, als der Junge leise lachte.
„Du bist ja süß, Kleine.“
Die Art wie er das sagte ließ mich sofort wütend werden. Das war definitiv nicht mein Tag.
„Oh Gott, was bist du? Ein Trauerkloß oder ein Weiberheld? Oder etwa beides?“, fauchte ich und zog die Brauen hoch. Trauerkloß . . . hm, dass passte. Schwarze, etwas längere zerzauste Haare, blasse Haut, schwarze Kleidung und nicht zu vergessen diese stechenden Augen.
Er lachte wieder.
„Oh, das Kätzchen fährt die Krallen aus!“
Ich ging wütend auf ihn zu und hob drohend den Zeigefinger.
„Komm mir bloß nicht so du . . .“
Lachend packte er meine Hand, was zu Folge hatte das ich aufschrie. Sofort ließ er mich los.
„Verdammte Scheiße . . .“, fluchte ich leise, hielt mir die Hand und wandte mich ab.
„Wäre ich doch bloß im Bett geblieben . . .“, fügte ich hinzu.
Nun endlich schaltete sich unsere Lehrerin ein, die wie die anderen Schüler nur zugeschaut hatte.
„Ich weiß nicht genau was hier los ist aber ich glaube es ist besser wenn du dich ins Krankenzimmer begibst. Dévil wird dich begleiten, da er neu ist kann er sich so gleich mal ein bisschen umsehen.“
Dévil? Teufel? Sein Name klang nicht nach Englisch, viel mehr nach . . . Französisch.
„Ich komme auch allein zurecht, vielen Dank.“, protestierte ich und ging auf die Tür zu.
„Keine Widerrede er kommt mit dir.“, sagte Mrs Pilar und sah mich wütend an. Ich seufzte bloß.
Ich wollte gerade den Raum verlassen, als . . .
„Faith!“
Ich drehte mich um und blickte Mrs Pilar ins Gesicht, die schon zu ahnen schien das dieser Tag eine Katastrophe werden würde. Mit einem leisen Knurren drehte ich mich wieder um.
. . .
„Schön, die Schwester ist nicht hier, also kann ich wieder gehen.“, sagte ich mies gelaunt und drehte mich um. Dévil sah auf mich herab und zog eine Braue hoch.
„Du setzt dich jetzt dahin!“, meinte er grob und wies auf die Liege an der Wand hinter mir.
„Wozu? Es ist keiner hier.“, antwortete ich darauf und sah ihn wütend an.
Plötzlich packte er mich am Oberarm und stieß mich auf die Liege.
„Du wartest hier, ich gehe die Schwester suchen. Und wehe du bist nicht mehr da wenn ich zurück bin.“
„Willst du mir etwa Befehle erteilen?“, zischte ich, kurz bevor er den Raum verließ. Er blieb stehen und schaute grinsend über seine Schulter. Ohne etwas zu sagen ließ er mich zurück.
Na großartig . . . Hier saß ich nun, im Krankenzimmer, alleine, schlecht gelaunt und mit schmerzendem Handgelenk. Ich sah aus dem Fenster und beobachtete eine Krähe, die es such auf einem Ast gemütlich machte.
„Du hast es gut . . . Bist frei und kannst machen was du willst . . .“, murmelte ich und beschloss es mir bequem zu machen. Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen . . .
Ein Fluchen ließ mich die Augen öffnen. Dévil betrat, scheinbar auch schlecht gelaunt, den Raum. Er hielt ein weißes Hemd in der Hand. Nun sah ich, dass sein Shirt ein riesiges Loch hatte.
„Was ist passiert?“, fragte ich monoton und beobachtete fasziniert, wie er das Shirt auszog und in den Müll schmiss.
„Frag nicht.“, antwortete er patzig. Ich wollte antworten, doch ich konnte nicht. Das riesige Tattoo auf seinem Rücken faszinierte mich zu sehr. Zwei unglaubliche, blutige Flügel prangten dort und zogen mich in den Bann. Plötzlich schoss mir das Wort Engel in den Kopf. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und schloss wieder die Augen. Als ich sie wieder öffnete war Dévil dabei, das Hemd zuzuknöpfen. Die obersten Knöpfe ließ er offen, sodass man den Ansatz seiner Brust sehen konnte.
„Wie´s aussieht hast du die Schwester nicht gefunden.“, stellte ich fest und war schon dabei aufzustehen. Doch zu früh gefreut, mit der Hand auf meiner Schulter drückte er mich wieder zurück.
„Schön hiergeblieben. Scheint als müsse ich das machen.“
Ich zog die Brauen hoch.
„Wie bitte?“
„Du hast schon verstanden und jetzt sei still.“
Mit offenstehendem Mund beobachtete ich, wie er so zart wie eine Feder meine Hand nahm.
„Wenn es weh tut sagst du es.“, sagte er bloß und begann an verschiedenen Stellen Druck auszuüben. Als er die Innenseite meines, linken, Handgelenks berührte zog ich die Hand zurück.
Ich fuhr mir mit der, natürlich anderen, Hand durch meine schulterlangen, dunkelroten Haare.
„Es ist angebrochen.“, sagte Dévil und wandte sich von mir ab. Er begann irgendwelchen Kram zusammenzusuchen.
„Woher weißt du das?“, fragte ich verblüfft und biss mir sofort auf die Zunge, weil ich zuließ ihm gegenüber Interesse zu zeigen. Ich sah es nicht, doch ich hörte das selbstsichere Lächeln in seiner Stimme.
„Mein Vater war Arzt.“
Ich verschränkte die Arme.
„Ach, und weil dein Vater so ein unglaublicher Arzt war dachte er, er bringt dir auch was bei, hm?“
Mit Verband und einigen anderen Dingen drehte er sich zu mir um.
„Warum so mies drauf?“, fragte er und nahm wieder meine Hand.
„Naja, wenn man von seiner schreienden Schwester geweckt wird, beim Weg ins Bad auf die Fresse fliegt, zur Schule rennt und dabei nochmals auf die Nase fällt ist es wohl kein Wunder schlecht drauf zu sein. Aber man sollte nicht die Tatsache vergessen, dass ich einen ätzenden Kerl kennengelernt habe, der von diesem Tag an auf die selbe Schule geht wie man selbst. Noch Fragen?“
Er lachte leise, sagte aber nichts.
„Idiot.“, murmelte ich als Antwort auf sein Lachen.
„Der Verband sollte erst nach fünf oder sechs Wochen abgenommen werden. Solange darfst du die Hand nicht benutzen.“, sagte er dann.
Er wandte sich ab, ich stand auf und streckte mich ein wenig.
Auf dem Weg zurück ins Klassenzimmer schwiegen wir, es war keine unangenehme Stille, dennoch wuchs die Neugier in mir, bis ich mich geschlagen gab und den Mund aufmachte.
„Warum bist du an diese Schule gewechselt? Nicht das es mich interessiert aber du machst den Eindruck als wärst du zu mehr in der Lage. Als Hauptschüler wirst du es hier nicht leicht haben, glaub mir.“, sprach ich monoton. Ich wollte nicht das er merkte, dass er mich faszinierte. Er schien mir meine kalte Art abzukaufen. Für den Moment jedenfalls.
„Ich bin an diese Schule gewechselt, weil es sich nicht vermeiden ließ. Ich bin wirklich in der Lage zu mehr, sehr viel mehr, aber das ist irrelevant. Ich weiß nicht wie es ist ein Hauptschüler zu sein aber ich schätze es mal als ganz lustig ein.“, antwortete er und warf mir einen kurzen Blick zu, den ich allerdings nicht erwiderte.
Meine Mundwinkel zuckten.
„Hauptschüler zu sein bedeutet . . . Spaß zu haben, ausgenutzt zu werden, wie Dreck abserviert zu werden und . . . Sklave der Lehrer zu sein. Ich sollte dich vielleicht darauf hinweisen das es hier nichts bringt sich wie der Größte und Beste aufzuspielen, dadurch gerätst du nur in Schwierigkeiten.“
„Was soll das heißen?“, fragte er und blieb stehen. Ich blieb ebenfalls stehen und sah ihn ausdruckslos an.
„Das soll heißen, dass du dir dein Machogehabe getrost abschminken kannst. Es gibt hier eine Menge Idioten die sich wie die Könige höchstpersönlich aufspielen und deshalb nicht merken, wie peinlich sie sind und das schlecht über sie geredet wird. Es gibt hier mehrere Cliquen an dieser Schule. Die Beliebten, die Kriminellen, die Mitläufer und die Loser. Wenn du dich so benimmst wie bisher wirst du schnell zu den Beliebten gehören aber bilde dir bloß nicht ein, dass das was Gutes ist. Die Beliebten Schüler sind einem persönlich gegenüber immer nett und freundlich und es macht den Eindruck, als wollten sie nur das Beste für dich. Doch drehst du dich einen Augenblick lang um fangen sie an zu grinsen und reden über dich als wärst du eine Hexe im Mittelalter. Die restlichen Schüler werden von ihnen ausgenutzt und missbraucht.“
Nun lächelte ich.
„Es wäre schade jemanden wie dich an solche Leute zu verlieren.“
Dévil zog die Brauen hoch und ging an mir vorbei.
„Das muss ich mir wie jemanden von dir nicht anhören. Es würde mich nicht überraschen wenn du zu den Losern gehörst. Wetten du bist nur eifersüchtig auf die Beliebten, weil sie die Dinge haben die du nicht hast?“
Er wandte sich ab und ging weiter. Verdutzt sah ich ihm nach, dann senkte ich den Blick.
„Sie haben tatsächlich etwas das ich nie hatte, und zwar die Anerkennung und Würde.“, murmelte ich leise und ging in die andere Richtung. Scheinbar hatte er mich gehört.
„Was soll das heißen? Wo willst du hin?“
„An die frische Luft.“, antwortete ich. „Von dir wird mir schlecht.“
. . .
Ich ging nicht zurück zum Unterricht.


Montag, 06.12.2010




Bevor ich das Schulgebäude betrat atmete ich tief durch. Ich war Freitag nicht in der Schule gewesen, zu schlimm wäre der Anblick des Neuen gewesen. Was bildete der sich eigentlich ein? Wenn es jemanden gab der über diese Schule Bescheid wusste, dann war ich es. Ich war erst seit einem Jahr hier, doch in diesem Jahr hatte ich eine Menge gelernt. Zum Beispiel das es niemanden interessierte das ich gestern Geburtstag hatte. Ich hatte meinen sechzehnten Geburtstag alleine in meinem Zimmer verbracht und darüber nachgedacht wie es wäre tot zu sein. Ich hatte Molly heute nicht abgeholt, sie war Donnerstag nicht da gewesen, wie´s Freitag aussah wusste ich nicht. Und wie es heute aussah war mir egal. Ich wusste schon jetzt das ich diesen Tag nur schwer überleben würde.
Während ich die Treppen hochging hörte ich plötzlich eine Stimme, die mir vertraut vorkam und mich verdammt noch mal ankotzte.
„Sieh an, die Kleine ist wieder da!“
„Gott schickt mir einen Teufel, na danke aber auch.“, sagte ich und hatte sofort wieder schlechte Laune. Als ich über meine Schulter blickte sah ich, dass Dévil wie angewurzelt auf der Treppe stand. Ich zog die Brauen hoch.
„Was ist? Stört es dich, dass ich dich als Teufel bezeichne? Wenn ja, dann super! Das ist dein neuer Spitzname!“
Ich wandte mich ab und ging weiter die Stufen hoch, als der Typ neben mir auftauchte.
„Du gehörst zu den Kriminellen nicht wahr?“, sagte er und überholte mich.
„Hä?“
Verwirrt blieb ich auf der Treppe stehen.
„Du hast mich schon verstanden. Ich hab so einiges über dich gehört. Die „Beliebten“ meinten, dass du im vergangenem Jahr über dreihundert Fehlstunden hattest. Du sollst wohl ziemlich viel geschwänzt haben.“
„Oh, prima! Du hast dich ihnen angeschlossen.“, meinte ich sarkastisch und ging an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Ich atmete wie vorhin schon auch tief durch und sah erneut über meine Schulter.
„Die Zeit ist vorbei. Ich gehöre zu den Mitläufern.“
Ich legte die Hand an die Klinke des Klassenzimmers, doch . . .
„Faith.“
Ich drehte mich um und begegnete dem Blick zwei eisblauer Augen.
„Ich gehöre nicht zu den Beliebten. Ich habe noch nie zu ihnen gehört und daran wird sich auch nichts ändern. Wenn du mich in eine Gruppe einordnen willst dann in die, der Bösen.“
Mit diesen Worten stieß Dévil mich zur Seite und betrat das Klassenzimmer, in dem schon jeder auf seinem Platz saß, bis auf der Lehrer.
Er setzte sich doch tatsächlich auf den Stuhl neben meinem! Himmel, fand er es toll mich psychisch zu foltern?
„Wenn du dich da hin setzt kastriere ich dich eigenhändig!“, knurrte ich und sah mit verschränkten Armen dabei zu, wie er sich setzen wollte. Grinsend ließ er sich auf dem Stuhl nieder.
„Na dann versuch´s mal!“, sagte er.
Ich beugte mich bedrohlich zu ihm hinunter, als plötzlich die Tür aufging und Mr Ramiro den Raum betrat.
„Glück gehabt!“, fauchte ich und ließ mich auf meinem Stuhl nieder.
. . .
Ich war dabei in der Kantine einen Apfel zu essen und an einer Story weiterzuschreiben, als Dévil aus dem Nichts neben mir auftauchte. Er sagte nichts, schaute lediglich dabei zu wie ich schrieb und aß. Ich seufzte.
„Was willst du?“
„Dich besser kennenlernen.“, antwortete er.
„Der Bus kommt gleich, ich glaub ich lasse mich überfahren.“, murmelte ich und war bereits dabei meine Sachen zusammenzupacken, als Lucas und Tyler, zwei Klassenkameraden und gleichzeitig zwei gute Freunde, am Tisch auftauchten und sich gegenüber von Dévil und mir niederließen.
„Hey, Faith, herzlichen Glückwunsch nachträglich!“, sagte Lucas und grinste. Dann hielt er mir eine weiße Rose hin.
„Oh . . . Äh, danke, Lucas.“, murmelte ich und nahm die Rose entgegen.
„Heilige Scheiße, du bist total in sie verschossen, oder?“, sagte Dévil lachend.
Unsere Blicke schossen zu ihm.
„Du bist ein richtiges Arsch, weißt du das?“, fauchte ich und sah Lucas an, der als Rapper einiges aushielt, diese Situation jedoch peinlich fand.
„Ich . . . geh dann mal.“, murmelte er, erhob sich und verschwand.
„Oh Scheiße . . .“, fluchte ich und fuhr mir mit der Hand durchs Haar.
Tyler funkelte Dévil mit wütenden Augen an.
„Du würdest super zu den Beliebten passen.“
Ich richtete meinen Blick wieder auf den Neuen.
„Siehst du? Ich hab´s dir ja gesagt!“
Doch der Junge grinste nur fies.
„Ich sagte doch, wenn du mich einordnen willst, dann in die Gruppe der Bösen!“
Mit diesen Worten erhob er sich und verschwand ebenfalls. Ich wandte mich Tyler zu.
„Was soll ich jetzt machen?“
Tyler ignorierte meine Frage und knurrte wütend vor sich hin.
„Ich kann diesen Kerl echt nicht ab, er ist Freitag in der Raucherecke aufgetaucht und hat uns über dich ausgefragt.“
Sofort wurde ich hellhörig.
„Wie bitte? Dieses Arsch! Gerade hat er mir gesagt das die Beliebten ihm einiges über mich erzählt hätten.“
„Vielleicht betrachtet er uns ja als die Beliebten.“, sagte eine weibliche Stimme. Molly stand auf einmal neben mir. Ich sah zu ihr auf uns musterte sie. Sie färbte ihre Haare immer schwarz, doch jetzt waren sie blond . . .
„Ich hab dich heute Morgen in der Klasse nicht gesehen, wo warst du?“
„Hab verschlafen.“
Ich nickte.
„Egal. Kennst du Dévil schon länger oder warum glaubst du zu wissen das er uns als die Beliebten sieht?“, sagte ich dann. Molly setzte sich neben mich.
„Meine Güte, der Junge ist neu, behandle ihn doch nicht wie den letzten Dreck!“
Perplex richteten sich meine grauen Augen auf meine Freundin.
„Molly? Bist du´s? Sag mal, seit wann benutzt du Worte wie „der Junge“? Ich werde dir jetzt mal meine Meinung sagen, was so gut wie nie vorkommt. Also dann, auf ein Wort:
Dieser Kerl, von dem ich glaube das er kein normaler Mensch ist, ist eine Plage! Dieses Arsch terrorisiert mich! Sein Machogehabe geht mir auf die Nerven und wenn ich sein Gesicht sehe würde ich am liebsten kotzen! Kurz und knapp: Ich hasse ihn wie die Pest!“
Tyler nickte wissend.
„Ich bin ihrer Meinung. Dieser Kerl ist unglaublich nervig! Er hält sich für was besseres und ist davon überzeugt das jedes Weib für ihn auf die Knie fällt!“
Molly verdrehte die Augen und legte ihren Arm um meine Schulter.
„So, da du dich jetzt über ihn beschwert hast kannst du nun sicher auch die guten Dinge an ihm aufzählen.“
„Er sieht gut aus.“, sagte ich ohne zu zögern.
„Oh Gott, ich verschwinde.“, sagte Tyler, schüttelte den Kopf, stand auf und verschwand.
„Und weiter?“, drängte Molly. Nach einem Moment der Stille schüttelte ich den Kopf.
„Nein, da ist nichts mehr.“
Ich nahm meine Sachen und stand auf.
„Sorry, Molly. Aber auf dieses Positiv-Negativ Ding habe ich keine Lust. Ich weiß du bist der Meinung das er sich so nur schützt aber das ist Blödsinn! Einmal Macho immer Macho. Ich mag ihn nicht und das wird auch in Zukunft so bleiben also sei so nett und komme nie wieder in meiner Gegenwart auf ihn zu sprechen!“
Ich wandte mich von ihr ab und verließ die Kantine.
. . .
Ich lief über den Campus, in der Hoffnung irgendwann auf Lucas zu stoßen, doch selbst nachdem meine freie Stunde vorbei war hatte ich ihn nicht gefunden.
„Verdammt . . .“, murmelte ich.
„Herzlichen Glückwunsch nachträglich, Kleine. Wie alt bist´e geworden?“
„Nicht du schon wieder . . .“, murmelte ich. „Danke. Sechzehn.“, brummte ich dann und ließ meinen Blick noch einmal über das Gelände schweifen.
„Suchst du jemanden?“, fragte Dévil und musterte mich eingehend.
„Ja. Lucas. Deinetwegen sitzt er jetzt bestimmt irgendwo und schreibt `nen Song darüber das ihm das Herz gebrochen wurde. Du hast mich übrigens angelogen.“, meinte ich monoton. Dieser Typ ging mir unglaublich auf die Nerven. Er schien das zu wissen, jedoch glaubte er scheinbar nicht etwas daran zu ändern. Es machte ihm wohl Spaß mich so zu ärgern.
„Ich hab mir schon gedacht das er rappt schreibt. Man sieht es ihm schon an. Weites Shirt, tief sitzende Hose und `ne schiefe Kappe. Nicht zu fassen das er auf dich steht. Was meinst du mit angelogen?“
Ich stieß die Luft zischend aus, drehte mich ruckartig zu ihm um und stieß ihm den Finger in die Brust.
„Jetzt pass mal auf, Freundchen! Nicht nur das du Lucas und mir einige Probleme bereitet hast, nein, du hast mich auch noch angelogen und hast den Nerv dich hier aufzuspielen als seist du ein Mensch, der allen anderen überlegen ist! Hast du eine Ahnung wie sehr mich das ankotzt?“
Plötzlich stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Er legte einen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht an. Das Grinsen wich einem selbstsicheren Lächeln als er sich zu mir herunter beugte und mir so nahe kam, dass ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte.
„Hör zu, Kleine. Meinetwegen beleidige und schreie mich an so viel du willst aber ich bin dir und allen anderen hier wirklich überlegen! Und das beziehe ich nicht nur auf euer Wissen!“
Er ließ mich los und wandte sich ab. Während er davonging sah er über seine Schulter.
„Wenn du dich beruhigt hast komm morgen früh um neun in den Stadtpark.“
„Du Idiot, ich werde ganz sicher nicht kommen! Schule geht vor!, rief ich ihm wütend nach.
Doch er lachte nur. Zum zweiten Mal ließ ich meinen Blick über den Campus schweifen.
„Verdammt, Lucas, wo steckst du?“


Dienstag, 07.12.2010




Während ich mir die Zähne putzte dachte ich darüber nach was ich nun tun sollte. Entweder packte ich meine Sachen und ging in die Schule oder ich ging in den Stadtpark.
Was hatte Dévil vor? Was wollte er von mir? Warum konnte er mich nicht in Ruhe lassen?
Wieder schoss mir das Wort Engel in den Kopf. Knurrend schmiss ich die Zahnbürste ins Waschbecken. Was stimmt nicht mit mir?

, fragte ich mich und blickte in den Spiegel.
Dunkle Ränder waren unter meinen Augen zu erkennen. Kein Wunder. Ich hatte die Nacht so viele Albträume gehabt, ich konnte sie gar nicht mehr mitzählen. Seltsam war nur, dass sich die Träume immer ähnelten. Jemand verfolgte mich, spionierte mir nach und lauerte mir auf. Später sah ich dann eine Szene, in der dieser Jemand mit dem Teufel sprach. Ich wusste nicht wer dieser Jemand war, die Person war immer in einen dunklen Umhang gehüllt. Der Teufel sah aus wie ein ganz normaler Mensch, war jedoch unverkennbar dank seiner stechend roten Augen. Am Ende eines jeden Traumes sah ich das Bild der Flügel auf Dévil´s Rücken . . .
Kopfschüttelnd kämmte ich mir die Haare und steckte sie locker hoch.
. . .
Ich hatte beschlossen weder in die Schule zu gehen, noch Dévil zu besuchen, stattdessen ging ich in den Wald, wo ich auf einen Baum kletterte, es mir auf einem Ast gemütlich machte und die Ruhe genoss. Ich döste vor mich hin, bis mich plötzlich eine sinnliche Stimme aufschrecken ließ.
„Scheint als wäre die Zeit der Kriminalität doch nicht vorbei.“
Schlagartig öffnete ich die Augen und sah wütend auf Dévil herab.
„Verschwinde!“, fauchte ich.
Doch das tat er natürlich nicht. Stattdessen kletterte er so elegant wie ein Gepard zu mir auf den Baum und ging gegenüber von mir auf dem Ast in die Hocke. Jeder andere hätte das Gleichgewicht verloren und wäre `runter gefallen, doch Dévil wirkte wie eine Katze.
„Nun sag schon, was machst du hier?“, fragte er und sah mich neugierig an.
Bildete ich mir das ein oder waren seine Augen noch heller geworden?
„Ich frage mich warum du mich nicht in Ruhe lässt.“, knurrte ich und schloss die Augen wieder.
„Ich dachte du wolltest in die Schule?“
„Keine Lust. Und auf dich hatte ich auch keinen Bock. Naja . . . wenn du schon einmal hier bist kannst du mir sicher erklären, warum du mich angelogen hast.“
Als ich die Augen wieder öffnete sah ich bloß ein blaues Augenpaar das mich ausdruckslos anstarrte. Mit verschränkten Armen wandte ich meinen Blick von ihm ab.
„Du warst nicht bei den Beliebten, sondern in der Raucherecke und hast meine Freunde über mich ausgefragt. Warum?“
Ich hörte ein Lächeln in seiner Stimme.
„Du bist nie an einem Gespräch mit mir interessiert, also musste ich auf einem anderen Weg etwas über dich herausfinden.“
Doch dann wurde er ernst, was mich dazu brachte ihn wieder anzusehen.
„Hast du wirklich geglaubt das ich mich Leuten anschließen würde, die hinterlistig sind und jeden in den Dreck ziehen? Das ist mies, Kleine. Du solltest jemanden erst besser kennenlernen ehe du ihn verurteilst.“
Traurig sah ich ihn an.
„Sieh dich doch an! Du läufst zwar wie ein Trauerkloß durch die Gegend, siehst aber trotzdem gut aus. Jeder hält dich für beliebt und du könntest es sogar sein! Du könntest alles an unserer Schule bekommen. Bewunderung, Anerkennung und vor allem Macht! Aber du lehnst es ab . . . Stattdessen wählst du die kompletten Gegenteile. Wenn du so weitermachst wie bisher, wird dich am Ende keiner mögen . . . Aber das scheint dir total egal zu sein. Du solltest froh sein von den meisten akzeptiert zu werden.“
Mit diesen Worten wandte ich meinen Blick wieder ab.
„Sag mal, kann es sein, dass du so einiges hinter dir hast?“
Meine Augen verengten sich. Er hatte den Unterton in meiner Stimme also bemerkt. Ich stieß ein kurzes Lachen aus und richtete meinen Blick auf eine Maus, die unter uns auf dem Boden nach Nahrung suchte.
„Vergiss es, ich werde dir ganz sicher nichts erzählen.“
Dévil schwieg, aus den Augenwinkeln sah ich, dass er mir dann die Hand hinhielt.
Fragend zog ich die Brauen hoch.
„Lass uns schwimmen gehen.“, sagte Dévil und brachte mich somit zum lachen.
„Spinnst du? Glaubst du wirklich das ich daran interessiert bin mit dir schwimmen zu gehen? Wir müssten eigentlich in der Schule sein, dass wir nicht dort sind ist schon zu viel des Guten.“
Er seufzte, nahm meine rechte Hand und zog mich ruckartig an sich. Er drückte mich an seine Brust und als ich erkannte was er vorhatte sah ich ihn wütend an.
„Bist du verrückt? Du kannst doch nicht . . .“
Weiter kam ich nicht, denn er sprang tatsächlich!
Angsterfüllt sah ich zu ihm auf.
„Bist du wahnsinnig? Du hättest dir sämtliche Knochen brechen können!“, hauchte ich.
Zum Teufel noch mal, dass waren vielleicht sieben Meter und er hatte nicht mal einen Kratzer!
Er sah mich mit unergründbarem Blick an und blieb still.
„Könntest . . . du mich jetzt wieder loslassen?“, murmelte ich und versuchte ihn von mir zu schieben, doch er hielt mich mit eisernem Griff an sich gedrückt.
„Nein, kann ich nicht.“, antwortete er und zog einen Mundwinkel hoch.
Mein Herz war kurz davor zu explodieren, doch ich ignorierte es gekonnt. Ich senkte den Blick.
„Warum gehst du mir so auf die Nerven?“, fragte ich leise und ließ meinen Kopf gegen seine Schulter fallen.
„Du machst mich fertig.“, fügte ich hinzu und schloss die Augen. Seltsamerweise war das Gefühl so dicht bei ihm zu sein gar nicht mal so schlecht . . .
„Sag mal, Kleine, gefällt dir das?“, drang seine Stimme an mein Ohr.
Ich stieß ihn von mir und sah ihn wütend an.
„Wie bitte? Hat dir jemand eingetrichtert das ich was von dir will, oder was?“
Plötzlich kam er auf mich zu, packte meine Oberarme und drückte mich gegen einen Baum.
„Ich weiß es nicht!“, sagte er leise und bedrohlich. „Aber was ich weiß ist, dass ich was von dir will!“
Er kam mir näher, weshalb ich mich gegen den Baum drückte und hoffte ich würde im Erdboden versinken, doch natürlich geschah dies nicht. Ich gab zu das es verlockend war Dévil zu küssen, doch wie nicht anders erwartet reagierte ich, indem ich ihn erneut von mir stieß und ihn anbrüllte.
„Sag mal hast du sie noch alle? Einen Moment lang glaubte ich du bist nicht so schlimm wie ich dachte aber der Gedanke war so schnell verschwunden wie er gekommen war!“
Dann drehte ich mich um und ging in schnellen Schritten davon.
„Läufst du immer vor den Tatsachen weg?“, rief er mir nach.
„Deine Worte machen die Situation nicht erträglicher!“, erwiderte ich ohne mich umzudrehen.
Der Waldboden verriet seine Schritte, weshalb ich nun doch stehenblieb und mich umdrehte.
„Lass mich in Ruhe, hast du verstanden?“, brüllte ich und musterte ihn. Er war stehengeblieben, hatte die Hände in die Hosentaschen geschoben und sah mich an. Irgendetwas blitzte in seinen Augen auf aber ich konnte nicht sagen was es war. War es Wut? Ich hatte keine Ahnung.
Kopfschüttelnd wandte ich mich ab.


Mittwoch, 08.12.2010




Mit einem Schrei wachte ich auf.
„Was schreist du hier so herum?“, fragte eine weibliche Stimme, die ich als meine Schwester identifizierte.
„Entschuldige . . .“, murmelte ich und sah auf den Wecker. Fünf Uhr.
Das war´s dann wohl mit dem Schlaf.

, dachte ich und stand auf. Schon wieder dieser Traum.
Dieses Mal war er aber anders . . . Ich hatte die Augen der unbekannten Person gesehen. Und ihre Farbe ließ mich unglaublich wütend werden. Sie waren blau. Eisblau!
„Mach nicht so `nen Lärm!“, schimpfte Emily und schaltete ihre Nachttischlampe an.
„Heulst du?“, fügte sie hinzu.
Ich erstarrte und betastete dann meine Wangen, die zu meiner Überraschung feucht waren.
„Ich habe schlecht geträumt. Schlaf weiter.“, murmelte ich und warf meiner Schwester einen kurzen Blick zu.
„Was interessiert es mich ob du schlecht geträumt hast? Sei einfach leise!“
Mit diesen Worten machte sie die Lampe wieder aus und drehte sich wieder auf die andere Seite.
Verwirrt tapste ich ins Bad, wo ich erst einmal den Wasserhahn aufdrehte und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritzte. Ich sah auf und begegnete im Spiegel dem Blick zwei eisblauer Augen.
Voller Schreck wirbelte ich herum, doch hier war niemand. Ich drehte mich wieder um. Niemand außer mir war im Spiegel zu sehen.
„Idiot . . .“, murmelte ich wütend. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Dévil mehr als nur ein neuer Schüler war. In meinem ganzen Leben hatte sich noch nie jemand so sehr für mich interessiert, dass war mir mehr als unheimlich.
Seit der Grundschule wurde ich ausgeschlossen, hintergangen, belogen und ausgenutzt. Ich ging nach der vierten Klasse auf eine Realschule, kam aber da nicht mit meinen Mitschülern und den Lehrern aus. Ich schaffte es auf eine Gesamtschule zu wechseln, doch da verlief es nicht anders.
Dann kam ich auf die Hauptschule. Im ersten Halbjahr war es eine Katastrophe!
Die ewigen Mobbereien hatten irgendwann jedoch ein Ende. Ich fand neue Freunde, doch ich hatte meine Lektion gelernt und mir geschworen mich nie wieder jemandem zu öffnen. Wenn ich an meine alten „Freunde“ dachte überkam mich große Wut. Ich hatte ihnen vertraut und mit ihnen viel erlebt, doch nie hatte ich bemerkt das sie mich nie wirklich als ihre Freundin anerkannten.
Jedes mal wenn ich an sie dachte, wollte ich mich rächen! Sie hatten mir so viele Schmerzen zugefügt und es wurde Zeit das sie erfuhren, was es heißt von niemandem akzeptiert zu werden!
Plötzlich hatte ich das Gefühl gerufen worden zu sein. Ich schaute zur Tür und öffnete sie dann auch, doch es herrschte Stille.
„Irgendetwas stimmt nicht . . .“, flüsterte ich und trat aus dem Bad. Die Atmosphäre war . . . gruselig. Es war kalt in der Wohnung, dabei war die Heizung an, es herrschten knapp fünfundzwanzig Grad hier.
„Dévil?“
Ich erstarrte. Wieso hatte ich seinen Namen genannt? Ich fuhr mir knurrend mit der Hand durchs Haar und versuchte verzweifelt die Situation zu begreifen.
Was ist hier eigentlich los?


Ich schnappte mir meinen iPod und drehte auf volle Lautstärke, um mich abzulenken. Und es funktionierte tatsächlich! Leise vor mich hinsummend ging ich in die Küche, wo ich mir Frühstück machte.
. . .
„Guten Morgen.“
Kaum hatte ich das Haus verlassen erstarrte ich. Ich schaute nach links und sah Dévil, der an der Hauswand lehnte. Wütend schaute ich ihn an.
„Hatte ich nicht gesagt das du mich in Ruhe lassen sollst? Deinetwegen habe ich schon Albträume!“
„Es tut mir leid.“
Ich zog die Brauen hoch. Hatte er sich gerade entschuldigt? Schön und gut aber meinte er das ernst?
Man konnte einem Menschen ansehen wenn ihm etwas leid tat, doch der kalte Ausdruck in seinen Augen hatte sich nicht verändert. Er sah mich an, als wäre ich ein unbedeutendes Insekt, dass er zertrampelt hatte und sich nun dafür entschuldigte. Es war nicht ernst gemeint, ich wusste es.
Ich wandte mich von ihm ab und ging den üblichen Weg zur Bushaltestelle. Er folgte mir.
„Was hältst du von einem Waffenstillstand?“, sagte er irgendwann und brachte mich dazu stehenzubleiben.
„Du entschuldigst dich bei mir ohne es ernst zu meinen und schlägst mir einen Waffenstillstand vor. Was soll ich davon halten?“
Nun veränderte sich doch etwas in seinem Gesicht. Seine harten Gesichtszüge schienen weicher zu werden.
„Du sollst nicht glauben das ich ein arrogantes Arsch bin, deswegen will ich mit dir . . . reden.“, sagte er monoton.
Ich wandte mich seufzend von ihm ab und erstarrte erneut.
„Nicht schon wieder . . .“, murmelte ich als ich sah, dass der Bus davon fuhr.
Mit ausdruckslosem Gesicht setzte ich mich in Bewegung.
„Deinetwegen muss ich wieder laufen.“, brummte ich.
„Ich kann dich auch tragen!“, kam es zurück.
„Vergiss es! Lieber laufe ich mir die Füße wund.“, keifte ich.
Ich hörte ihn hinter mir lachen, als er plötzlich hinter mich trat, mich packte und über seine Schulter schmiss.
„Ach komm schon, dann bin ich mal nett zu dir und du blockst ab.“, sagte er lachend.
„Lass mich ´runter du Idiot!“
Mit den Fäusten begann ich auf seinem Rücken herumzutrommeln, doch mit jedem Schlag wurde sein Lachen lauter.
„Nein!“, sagte er und begann erneut zu lachen. „Übrigens, netter Hintern!“
Ich blies mir meine Haare aus dem Gesicht und hörte auf mich zu wehren.
„Okay, wie du willst. Weißt du was? Mach mit mir was immer du willst, ich werde dich ignorieren.“
Er blieb stehen.
„Hm, dann ist es nicht ganz so lustig aber wie du willst. Glaub nicht das du mich dadurch loswirst!“
Ich antwortete nicht.
„Vielleicht hörst du mir jetzt endlich zu . . .“, murmelte er leise. „Es tut mir wirklich leid! Ich hatte von Anfang an nicht die Absicht einen schlechten Eindruck zu machen. Ich weiß wie . . . du dich fühlst.“
Seine Worte ließen mich aufmerksam werden. Was sollte das heißen?
„Du gibst dich nach außen kühl und unnahbar. Natürlich zeigst du Gefühle aber Schwäche kennst du nicht. Du willst nicht das jemand deine verletzliche Seite sieht. Du willst nicht verletzt werden und aus Schutz gibst du dich mir gegenüber auch so zickig.“
Mein Mund öffnete sich, doch ich brachte keinen Ton heraus. Ich schluckte.
„Du bist genauso, nicht wahr? Du tust als wärst du ein Arsch und das nur, damit niemand weiß wie du wirklich bist! Aber weißt du was? Das ist armselig! Jahrelang habe ich es nicht geschafft mich gegen jemanden zu verteidigen, jetzt wo ich es kann bin ich zu blöd um auch mal Zuneigung zu zeigen! Ich hab den selben Fehler gemacht!“
Dévil stieß ein kurzes Lachen aus, das einem Knurren ähnelte.
„Wir sind uns in keinerlei Hinsicht ähnlich, Kleine. Ich verrate dir ein Geheimnis: Betrachte mich nie, niemals in deinem Leben, als einen Freund, denn das bin ich nicht, hörst du?“
Ich ballte die Hände zu Fäusten.
„Ach nein? Wenn du nicht auf eine Freundschaft aus bist, worauf dann? Betrachtest du mich nur als eine Mitschülerin oder siehst du mich gar als Feind? Ich will wissen warum du mich nicht in Ruhe lässt!“
Wieder blieb er stehen, dann stellte er mich auf den Füßen ab und sah mich . . . mit dämonischem Blick an. Das war noch untertrieben!
„Wenn ich dir alle Antworten liefere, müsste ich dich foltern!“, sagte er leise, in unheilvollem Ton und starrte mich an.
„Du hast ´nen Knall.“, sagte ich lachend und ging weiter.
„Oh, du glaubst mir also nicht, hm?“
Der Unterton in seiner Stimme ließ mich erstarren. Nun erkannte ich, dass er es ernst meinte.
„Okay, was willst du wirklich von mir?“, knurrte ich und sah ihn über meine Schulter hinweg an.
Er zog einen Mundwinkel hoch und trat näher an mich heran. Wie schon ein anderes Mal beugte er sich zu mir hinunter, bis seine Lippen fast meine berührten.
„Willst du das wirklich wissen?“, hauchte er.
„Du machst mir Angst.“, sagte ich leise und ausdruckslos, schob ihn zur Seite und ging den Weg zurück, den wir bisher gegangen waren.
„Läufst du schon wieder weg?“
Ich blieb stehen, ballte die Hände erneut zu Fäusten und sagte dann mit zuckersüßer Stimme:
„Komm her.“
Lächelnd drehte ich mich um und siehe da! Er kam tatsächlich. Misstrauisch beäugte er mich. Mein Lächeln verschwand als ich ausholte und ihm eine verpasste.
„Es reicht!“, brüllte ich und zog damit die Blicke mancher Passanten auf uns. Dévil zog überrascht die Brauen hoch, dann packte er knurrend mein, angebrochenes, Handgelenk und zog es über meinen Kopf. Ich biss die Zähne zusammen, denn es schmerzte.
„Du hast Recht, es reicht!“; zischte er und kam mir näher. „Ich habe es satt mich von einer Rotzgöre wie dir wie Dreck behandeln zu lassen! Ich hatte erwartet das du deinem Vater nicht so sehr ähnelst aber scheinbar habe ich mich getäuscht! Wenn du glaubst das ich mir dein Verhalten weiter gefallen lasse, dann hast du dich geschnitten, meine Liebe!“
Seine Worte verwirrten mich. Was meinte er mit „Ich hatte erwartet das du deinem Vater nicht so sehr ähnelst“? Und was hieß hier Rotzgöre?
„Du tust mir weh!“, knurrte ich und versuchte mich aus seinem Griff zu befreien. Doch es war zwecklos, seine Hand schloss sich nur noch fester um mein Gelenk.
„Oh, armes Ding! Fängst du jetzt an zu heulen? Dafür das du so tough bist fängst du allerdings ziemlich früh an zu jammern.“
„Lassen Sie das Mädchen los!“
Ich richtete meine grauen Augen auf den Mann der neben uns erschienen war. Er wirkte unbedeutend, doch scheinbar hatte Dévil Respekt vor ihm, denn er ließ mich wie befohlen los.
Fassungslos hielt ich mein Handgelenk.
„Ähm, danke!“, sagte ich zu dem Mann, wandte mich dann allerdings sofort ab und ging in schnellen Schritten davon. Ich konnte gar nicht schnell genug von hier weg kommen.
Was zum Teufel war in ihn gefahren? Ich hätte ihm vieles zugetraut, dass er so weit gehen würde allerdings nicht . . . Es wirkte als ob er wirklich die Schnauze voll von mir hatte.
Als ich Zuhause ankam zerbrach mich mir immer noch den Kopf darüber, was es wohl mit dem Satz über meinen Vater auf sich hatte.
„Was machst du hier?“
Meine Mutter streckte den Kopf in den Flur und musterte mich argwöhnisch.
„Mir ist nicht gut, deswegen hab ich umgedreht . . .“, log ich und tat so, als wäre mir übel.
Eigentlich hätte ich ihr das gar nicht sagen brauchen, sie interessierte sich sowieso nicht für mich. Genauso wenig wie mein Vater. Sie sagten nicht einmal etwas wenn ich die Schule schwänzte.
Schulterzuckend und ohne etwas zu sagen verschwand meine Mutter wieder in die Küche.
Ich ging in mein Zimmer, wo Emily auf ihrem Bett saß und fern sah.
„Warum bist du nicht in der Schule?“, fragte ich tonlos.
„Keine Lust.“, antwortete sie ebenso monoton. „Und warum bist du wieder da?“
„Mir ist nicht gut.“, sagte ich und schmiss meine Tasche in die Ecke des Zimmers. Na großartig, dann würde ich den Morgen auch keine Ruhe haben.
Ich schmiss mich in mein Bett und drückte mein Gesicht ins Kissen.
Was ist der Grund für dein Auftauchen? Wer bist du? Und was willst du?


Unendlich viele Fragen schossen mir durch den Kopf, doch Antworten hatte ich nicht.
Ein Paar rote und blaue Augen tauchten vor meinem geistigen Augen auf. Keuchend setzte ich mich auf. Was war das? Nach all den Geschehnissen war ich mir sicher, dass mir mein Gehirn doch keinen Streich gespielt hatte. Alles was mir seltsam vorkam, ist wirklich passiert!
Aber was sollte ich nun tun? Ich schüttelte den Kopf und ließ mich wieder ins Kissen fallen . . .


Donnerstag, 09.12.2010




Den gesamten Vormittag lang ignorierten Dévil und ich uns, war wohl auch besser so. Ich beschloss die Mittagspause in der Bibliothek zu verbringen, wir schrieben noch vor den Ferien eine Matheklausur, schlechte Noten konnte ich mir nicht leisten.
Doch kaum hatte ich den Tempel der Bücher betreten erstarrte ich. War es Dévil den ich da hörte?
Er redete mit jemandem . . . Ohne ein Geräusch zu verursachen lugte ich um die Ecke eines Bücherregals und tatsächlich! Dévil telefonierte mit jemandem. Ich hielt die Luft an, mein Gefühl sagte mir das ich verschwinden sollte, mein Körper wollte allerdings nichts davon hören. Ich ahnte bereits das er mich schon längst bemerkt hatte, doch wenn das stimmte müsste er auch reagieren. Das tat er aber nicht, stattdessen sprach er weiter. Er schien eine Diskussion zu führen.
„Das ist mir klar aber dieses Weib treibt mich in den Wahnsinn! Such dir jemand anderen der die Drecksarbeit für dich macht! Ich habe schon so einiges für dich getan aber das geht zu weit!“
Eine Pause entstand, dann fing er an zu Knurren.
„Vergiss es! Sie ist deine Tochter, nicht meine! Wenn du sie so dringend willst dann hol sie dir!
Du hast gesagt ich soll nicht mit Widerstand rechnen . . . Sie schreit mich an, beleidigt mich und hat mich geschlagen! Sie ist genauso hinterlistig wie du! Kümmere dich selbst drum . . . Ach leck mich!“
Als ich wieder einen Blick riskierte sah ich, dass er das Handy auf den Boden schmiss. Da war wohl jemand schlecht gelaunt. Erst jetzt machte ich mir Gedanken über seine Worte.
Ging es um mich? Wenn ja, dann glaubte ich, dass ich noch in Schwierigkeiten geraten würde.
Mit wem hatte er gesprochen? Und was hatte es mit der ganzen „Vatersache“ auf sich? Plötzlich schoss mir ein Moment der Vergangenheit in den Kopf.
„Wir werden es ihr nicht erzählen, verstanden? Niemals!“, brüllte Ben, ihr Vater. Das Mädchen stand im Flur, und neugierig wie sie war, warf sie einen Blick in die Küche. Ihre Eltern stritten sich, doch das war nichts ungewöhnliches, das taten sie ständig. Doch dieses Mal kam es ihr komisch vor. Etwas war anders . . .
„Willst du sie ihr ganzes Leben lang belügen?“, keifte Tia, ihre Mutter.
„Na und? Es gibt niemanden der ihr die Wahrheit erzählen könnte, also warum das Risiko eingehen das sie sich etwas antut, wenn wir das verhindern können? Glaubst du wirklich sie würde es einfach so hinnehmen? Je älter sie wird, umso mehr wird sie die Wahrheit erfahren wollen, also komm nicht noch einmal auf den Gedanken es ihr zu erzählen, hast du verstanden?“
Tia nickte mit Tränen in den Augen. Damals hatten die beiden das Mädchen noch geliebt, doch seitdem Tia Emily zur Welt gebracht hatte, war alles anders.
Faith wandte sich ab. Die Lautstärke war ihr inzwischen vertraut, weswegen sie die beiden nicht weiter beachtete und zurück in ihr Zimmer ging . . .

Ist
es das?

, fragte ich mich still und heimlich und hoffte, dass es nicht so sein würde. Ich versuchte die Sache schön zu reden, ich war mir der Tatsache das es schief gelaufen war durchaus bewusst.
Aber wenn meine Eltern nicht meine leiblichen Eltern waren, was dann? Ben und Tia hatten es mir also nicht erzählt, weil sie dachten ich würde nicht damit klarkommen. Aber was, wenn ich es verstand? Wenn ich keine Probleme damit hätte? Und was war, wenn meine richtigen Eltern viel besser wären als die beiden? Vielleicht hätte ich die Chance nicht mehr so . . . leben zu müssen.
Ich hatte mir immer Eltern gewünscht die mich liebten und denen ich wichtig war, was wenn ich nun die Chance dazu hatte sie zu bekommen?
„Hast du nichts besseres zutun als andere zu belauschen?“
Ich erstarrte, er wusste also doch das ich hier war. Ich rührte mich nicht. Sollte er es doch wissen, mir doch egal. Wenn es um mich ging sollte er es mir sagen. Dévil tauchte neben mir auf.
Stumm sah ich zu ihm auf.
„Na, woran denkt das kleine Mädchen?“, fragte er monoton und musterte mich.
Ich antwortete nicht. Es wäre ihm sowieso egal gewesen.
„Wie lange stehst du hier schon?“, fragte er nun in scharfem Tonfall.
„Lange genug!“, knurrte ich und verschränkte die Arme. „Willst du mir nicht endlich die Wahrheit sagen?“, fragte ich fordernd und sah wieder zu ihm auf.
„Du würdest die Wahrheit nicht ertragen.“, antwortete er tonlos.
„Was ist los, seit wann nimmst du Rücksicht auf mich?“, fragte ich schnippisch und lächelte schwach. Er blieb still, weshalb ich ernst wurde und meine Augen sich verengten.
„Hör mit deinen Spielchen auf, hast du verstanden?“, sagte ich leise.
Er zog die Brauen hoch, irgendwie schien ich ihn zu amüsieren, denn nun verzogen sich auch seine Lippen zu einem Lächeln. Dennoch blieb er still.
„Dominat oder schüchtern, du musst dich für eines entscheiden!“, meinte ich dann und wandte mich ab.
„Warte.“
Ich blieb stehen und drehte mich um. Fragend sah ich ihn an.
„Du willst also die Wahrheit? Also schön . . . Ben und Tia sind nicht deine Eltern.“, erklärte er monoton und beobachtete, wie ich reagieren würde.
„Das ist nichts neues, Dévil.“, antwortete ich. „Vor . . . langer Zeit habe ich mitbekommen wie sich die beiden stritten. Ben meinte, dass mir die Wahrheit niemals gesagt werden sollte, damit ich nicht auf dumme Gedanken komme. Zu der Zeit war ich fünf oder Sechs Jahre alt. Damals hatte ich natürlich keine Ahnung was sie damit meinten, doch seitdem du da bist ist mir einiges klar geworden. Also sag mir endlich wer meine richtigen Eltern sind. Aber vor Allem: Was wollen sie von mir?“
Dévil stieß ein kurzes Lachen aus.
„Ich bin überrascht. Ich hätte nicht erwartet das du so scharfsinnig bist. Es fällt jetzt vielleicht nicht auf aber auf der Hauptschule hast du überhaupt nichts zu suchen.“
„Das hast du aber früh bemerkt.“, sagte ich und lächelte. „Hör zu.“, sagte ich dann und wurde prompt wieder ernst. „Mir scheint als würdest du mich nicht mögen aber ich kann dich beruhigen! Ich mag dich auch nicht! Also Schluss mit den Höflichkeiten, kommen wir endlich zur Sache. Ich habe keine Lust auf das ganze Drumherum.“
Dévil´s Augen verengten sich.
„Also gut. Aber ich kann dir jetzt schon sagen das dir die Wahrheit nicht gefallen wird! Der Name deines Vaters lautet Luzifer. Eine Mutter hast du nicht.“
„Luzifer? Komischer Name aber naja, deiner ist genauso seltsam. Egal, wer ist er? Wenn er es war mit dem du da gerade gesprochen hast glaube ich, dass er ziemlich . . . hm, wie drücke ich es aus . . .“, entgegnete ich und wurde unterbrochen. Dévil fuhr fort.
„Machthaberisch, egoistisch, stur und eigensinnig, ich weiß. Willst du wissen woran das liegt? Er ist der Teufel.“
Perplex starrte ich ihn an. Er sagte das so locker und entspannt, dass ich es natürlich für einen Witz hielt.
„Ist das dein Ernst?“, meinte ich, unterdrückte ein Lachen und verschränkte die Arme. Doch als ich sah das er ernst blieb verging mir mein Lachen.
„Bitte sag mir, dass das ein Scherz war! Ich werde dich nie wieder beleidigen wenn du mir versprichst, dass das nur ein Scherz war, bitte!“, flehte ich, doch er schwieg.
Hoffnungslos fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar.
„Ich glaub´s einfach nicht. Mein Vater soll der Teufel sein? Was kommt als nächstes? Das Geständnis das du ein Dämon bist und kein Jugendlicher?“
Er fing an zu grinsen.
„Bitte nicht.“, jammerte ich und wandte mich ab. Ich ging auf eine Sitzecke zu und ließ mich in einen Sessel fallen. Dévil lachte leise.
„Sorry, Kleine aber ich bin alles andere als ein Jugendlicher! Wenn du willst erzähle ich dir gerne mehr, dass wird sich ohnehin nicht vermeiden lassen, schließlich wirst du nicht mehr lange hierbleiben. Du wirst einiges lernen müssen.“
„Was soll das heißen ich werde nicht hierbleiben? Irgendetwas läuft hier gehörig schief!“, antwortete ich und funkelte ihn mit vor Wut blitzenden Augen an. Er lachte.
„Hör mir gut zu dann werden deine Fragen beantwortet. Als Tochter des Teufels hast du einige Verpflichtungen. Zum Beispiel die, dass du nicht hier unter den Menschen, sondern in Pragaras leben musst. Pragaras ist . . . um es mal in menschlicher Sprache zu sagen, die Hölle. Aber keine Angst, dort ist es nicht so wie man es als Mensch erwartet. Pragaras ist eine Welt für sich. Betrachte diesen Ort einfach als einen siebten Kontinent. Wenn man zum ersten Mal dort ist vergisst man Schnell, dass es die Hölle ist. Die unerwartete Stille dort ist trügerisch! In dieser Welt zeigt jeder Dämon seine wahre Natur. Ist er allerdings mal unter den Menschen, was gar nicht mal so selten vorkommt, sieht er aus wie ein ganz normaler Mensch eben. So viel dazu.
Um auf deinen Kommentar von vorhin zurückzukommen, nein, ich mag dich nicht sehr. Aber wundert dich das? Am Anfang hatte ich damit gerechnet, auf ein liebes, schüchternes und normales Mädchen zu stoßen. Tja, diese Hoffnung hat sich in Luft aufgelöst als du mit dem Spruch „Bist du ein Trauerkloß oder ein Weiberheld?“, gekommen bist. Es war sofort offensichtlich das du Luzifer´s Tochter bist, er ist genauso frech. Aber er ist der Teufel, dann ist das normal. Außerdem ist es sein Job gemein zu sein. Ich habe gehofft ich würde nicht all zu viele Probleme mit dir bekommen aber da habe ich auch wieder zu viel gehofft . . . Du bist respektlos und frech, Eigenschaften die ich eigentlich mag, mich an dir aber stören. Ich sollte vielleicht erwähnen das du ab jetzt vorsichtiger sein solltest! Da du nun weißt das ich ein Dämon bin brauche ich dir sicher nicht zu sagen das ich dich jederzeit töten kann.“
Ich lachte leise.
„Du willst mich also töten, ja? Na dann versuch´s ruhig! Ich bin sicher Luzifer wird dir, wortwörtlich, die Hölle heiß machen!“
„Arrogant und vorlaut bist du auch? Das wird ja immer schlimmer.“, brummte er.
Ich starrte zu Boden.
„Schon komisch. Bevor du aufgetaucht bist habe ich meine Fresse nicht sehr oft auf bekommen. Irgendwie zwingst du mich dazu, mich so zu verhalten. Als gib mir nicht die Schuld daran, sondern dir!“
Dévil knurrte und trat näher an mich heran.
„Hast du eine Ahnung wie sehr du mir auf die Nerven gehst?“
Ich lächelte arrogant, packte ihn am Kragen und zog ihn zu mir herunter, bis sein Gesicht nur wenige Zentimeter von meinem entfernt war.
„Freut mich das ich dir so viele Probleme bereite! Du hast mir soeben verklickert das alles was du je zu mir gesagt hast, gelogen war. Du willst bestimmt nichts von mir und es tat dir auch nicht leid! Und weißt du was? Ich glaube dir auch nicht das du weißt wie ich mich fühle! Du kannst deine Gefühle nicht verstecken, denn du hast gar keine! Richte Luzifer aus er kann sich, was immer er auch geplant hat, seine Gedanken abschminken. Ach ja, bevor ich es vergesse: Sag ihm, seine Tochter bittet ihn inständig um deinen Tod!“
Dann ließ ich ihn los und wandte mich ab. Doch plötzlich erstarrte ich. Ich wollte weitergehen, doch ich konnte nicht. Es war als wären meine Füße am Boden festgefroren.
Dévil tauchte vor mir auf. Seine sonst so schönen, dennoch kalten, blauen Augen waren blutrot und strahlten nichts als Macht und Zorn aus. Er packte meine Handgelenke und in Sekundenbruchteilen hatte er mich gegen ein Bücherregal gedrückt. Mich zu befreien wäre unmöglich gewesen.
„Irrtum, Kleine! Ich weiß sehr wohl wie du dich fühlst!“, knurrte er und kam mir immer näher.
Die Wärme die von ihm ausging war unerträglich. Ich konnte seine Macht spüren, wenn er schon so mächtig war, wie sah es dann wohl bei meinem Vater, dem Teufel aus? Darüber mochte ich noch nicht einmal nachdenken.
„Ach ja?“, flüsterte ich wütend, mit Tränen in den Augen. „Dein ganzes Leben war also auch eine Lüge? Du wurdest verstoßen und verachtet, so, als seist du ein Monster? Ich glaube dir nicht, Dévil!
Wenn du so überzeugt davon bist, dass du grausames durchgemacht hast, dann erzähl es mir! Vielleicht kann ich dich dann ein bisschen besser verstehen. Erst wenn du mir alles gesagt hast werde ich dir glauben. Das ist vielleicht nicht der passende Zeitpunkt aber du kannst gut schauspielern. Ich habe dich schon mehrmals lachen gehört aber war das Lachen auch echt? Ich glaube kaum.“
Er schien immer wütender zu werden, denn sein Griff und das Gewicht seines Körpers auf meinem wurde immer fester. Ein Knurren drang aus seiner Brust und für einen Moment hatte ich panische Angst vor ihm.
„Du solltest auch Angst haben, hast du eine Ahnung wie verletzend deine Worte sind? Glaubst du, du seist die einzige die ein hartes Schicksal hat?“
Wieder erstarrte ich. Konnte er Gedanken lesen? Seine Mundwinkel zuckten.
„Nein, ich kann keine Gedanken lesen, falls du dich das jetzt fragst. Aber ich bin in der Lage die Gefühle der Menschen anhand ihrer Augen abzulesen. Wie heißt es doch so schön, die Augen sind die Spiegel der Seele?“
Plötzlich wurde mir übel. Es war als flackerte ein Gefühl in seinen Augen und ich begriff, dass es das sein musste was er eben gesagt hatte. Ich erkannte, dass es Schmerz war das ich in seinen Augen erkannte. Ich gab nach. Ich glaubte ihm. Vom einen Moment auf den anderen war alles in mir wie ausgelöscht. Das einzige was ich jetzt noch besaß, war das Mitleidsgefühl. Als ob mich jemand kontrollieren würde stieß ich eine seiner Hände mit einem geschickten Griff weg und legte meine Hand an seine Wange.
„Was ist passiert? Ich weiß nicht woran es liegt aber ich kann in dein Innerstes sehen. Es ist leer.
Hass und Zorn flackert in dir wie eine Flamme die sich nicht löschen lässt.“, murmelte ich und zuckte kurz zusammen, als er blitzschnell von mir zurückwich.
„Hör auf damit!“, brüllte er. Seine Augen blitzten erneut rot auf.
Dann war ich wieder bei Bewusstsein. Das seltsame Gefühl war verschwunden und ich konnte wieder klar denken.
„Was in Gottes Namen war das?“, hauchte ich und hielt mir den Kopf. Er dröhnte. Ich biss mir kraftvoll auf die Lippe und schüttelte den Kopf. Ich wandte mich ab und rannte auf die Tür der Bibliothek zu.
„Faith, bleib hier, verdammt!“, rief Dévil mir nach.
„Schnauze! Ich muss weg, du bekommst mir nicht!“, erwiderte ich und stieß die Tür auf.
. . .
Für den Rest des Tages ging ich ihm aus dem Weg.


Freitag, 10.12.2010




Ich spürte etwas warmes auf meinen Lippen und ein leises Schmunzeln drang in meine Ohren. Träumte ich? Nein, ich war definitiv wach. Gereizt schlug ich die Augen auf. Zwei Saphire funkelten mich amüsiert an. Vor Schreck schrie ich auf und stieß ihn kraftvoll weg.
„Spinnst du?“, schrie ich und schlug mir die Hand vor den Mund als ich registriert hatte, dass Dévil´s Lippen meine berührt hatten. Der Dämon wurde ernst, verschränkte die Arme und lehnte sich zurück.
„Irgendwie musste ich dich ja wach kriegen.“, meinte er und grinste dann plötzlich schelmisch.
„Ist übrigens ein toller Anblick dir beim schlafen zuzusehen, liegt wohl daran das du fast nichts anhast.“
Ich knurrte, griff nach meinem Kissen und pfefferte es ihm ins Gesicht.
„Arsch! Was hast du hier zu suchen?“
Ich sah an ihm vorbei und bemerkte, dass das Bett meiner Schwester leer war. Dann fiel mein Blick auf meinen Wecker. Kurz nach zehn.
„Was . . . warum . . .“
Mir fehlten die Worte.
„Dein Vater will dich sehen.“, sagte Dévil monoton und wollte bereits meine Hand ergreifen, um mich aus dem Bett zu ziehen, doch ich wich zurück und sah ihn feindselig an.
„Nein! Und jetzt mach das du verschwindest, bevor ich in die Küche renne und mir ein Steakmesser schnappe!“, fauchte ich. Dévil beugte sich zu mir hinunter und fasste grob mein Kinn.
„Versuche es ruhig, du würdest es sowieso nicht schaffen. Ich bin ein Dämon, schon vergessen?“, meinte er und lachte leise. Ich stieß ihn weg und kletterte aus dem Bett, dann stieß ich ihm den Finger in die Brust.
„Und wenn du Gott wärst, ich würde trotzdem auf dich losgehen!“, fauchte ich.
„Mutig, mutig.“, antwortete er grinsend. „Weißt du was?“, sagte er dann gut gelaunt. „Lass es doch einfach auf einen Versuch ankommen!“
„Was?“, meinte ich perplex. Er lachte.
„Na los, schnapp dir ein Messer und geh auf mich los, mal sehen wie viel Kraft du wirklich besitzt.“
Mir klappte die Kinnlade herunter.
„Bist du verrückt?“, schrie ich und musterte ihn ungläubig.
„Was ist? Hast du Angst?“
Ich verschränkte die Arme und kniff die Augen zusammen. Ohne etwas zu sagen wandte ich mich ab und lief in die Küche, wo ich mir ein großes Messer aus dem Messerblock schnappte. Als ich mich umdrehte stand Dévil so nah vor mir, dass ich voller Schreck zurückwich.
Mit einem boshaften Grinsen sah er auf mich herab.
„Na los, lass deine Wut an mir aus, ich werde schon nicht abkratzen, keine Sorge!“
„Schade . . .“; erwiderte ich ebenfalls grinsend. Mein Blick fiel auf das Messer in meiner Hand, welches von Sekunde zu Sekunde schwerer zu werden schien. Ich musste Dévil nicht anschauen um zu wissen, dass er mich herausfordernd ansah. Meine Hand umgriff den Schaft des Messers fester, bis ich entschlossen aufsah und die Klinge tief in seinen Bauch stieß.
Du denkst jetzt sicher ich sei nicht ganz richtig in der Birne, doch glaube mir, ich wusste sehr wohl was ich hier tat. Nur kam es mir falsch vor, auch wenn er danach verlangt hatte. Er hatte mich herausgefordert, also musste ich mich beweisen. Nur leider kam ich mir trotzdem schwach und verletzlich dabei vor . . .
Blut lief über meine Finger und tropfte zu Boden. Nachdem ich das Messer wieder herausgezogen hatte, starrte ich die Wunde an, die sich augenblicklich wieder schloss. Ich sah auf und begegnete dem ausdruckslosem Blick von Dévil.
„Ich will meinen Vater nicht sehen, also lass mich in Ruhe.“, sagte ich monoton und wandte mich der Spüle zu, um sowohl das Messer, als auch meine Hände zu säubern.
„Du kannst dich deinem Rang als Tochter des Teufels nicht entziehen.“, antwortete er und nahm meine Hand. Ruckartig zog er mich an sich. Die Wärme die von ihm ausging trieb mich in den Wahnsinn.
„Ich weiß das Gefühl, welches du gerade fühlst, ist verdammt scheiße. Glaube mir wenn ich sage, ich weiß wie du dich fühlst aber jetzt rum zu zicken bringt nichts.“
Ich befreite mich aus seinem Griff und funkelte ihn wütend an.
„Ach ja? Fängst du jetzt schon wieder mit deinen Lügengeschichten an? Ich . . .“
Weiter kam ich nicht, denn er wandte sich ab und steuerte auf mein Zimmer zu.
„Ach übrigens, dein Angriff war lächerlich. Sogar eine Schnecke hat mehr Power wie du!“
Knurrend setzte ich mich in Bewegung. Er drehte sich um, konnte mich jedoch nicht mehr abfangen und wurde von mir zu Boden geworfen, sodass ich nun rittlings auf ihm saß. Ich nahm seine Hände und drückte sie links und rechts neben seinem Kopf fest zu Boden. Schweigend betrachtete ich forschend sein Gesicht. Ich suchte nach Antworten, fand aber keine. Was war bloß los mit mir? Und was war mit ihm? Gestern noch war die Situation in der Bibliothek außer Kontrolle geraten, sowohl er als auch ich hatte die Kontrolle verloren. Nun lag er erschrocken unter mir, obwohl er eben doch noch gelacht hatte. Ein eigenartiges, mir unbekanntes Gefühl stieg in mir auf. Ich dachte nach.
Obwohl ich diesen Jungen . . . nein, Mann passte eher, hasste, entwickelte ich doch eine gewisse Zuneigung zu ihm. Plötzlich war ich ein Mittelpunkt, dass kannte ich nicht . . .
Ein leichtes Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Ich ließ seine Hände los und sah ihn noch immer neugierig an.
„Warum bist du gestern so ausgerastet? Habe ich etwas gesagt das ich besser hätte nicht sagen sollen?“
Genau wie gestern blitzten seinen blauen Augen rot auf.
„Ja, hast du. Aber mach dir keine Gedanken, schließlich werfe ich dir auch ständig irgendetwas an den Kopf.“, antwortete er genauso leise wie ich gefragt hatte.
„Ich werde trotzdem nicht mitkommen.“, meinte ich dann und grinste.
„Das war mir klar . . .“, erwiderte er und verdrehte die Augen.
„Jetzt geh runter von mir.“, verlangte er dann.
Ich schüttelte stur den Kopf und grinste weiter.
„Warum?“
Grimmig sah er mich an, dann packte er meine Handgelenke, nicht ganz so grob wie ich erwartet hatte, und zog mich zu sich hinunter.
„Weil ich sonst böse werde!“, hauchte er. Sein warmer Atem strich über meine Lippen und verursachte Gänsehaut auf meinem Körper. Unübersehbar wenn man bedenkt, dass ich nur ein kurzes Shirt und Pants an hatte. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. Plötzlich streiften seine Lippen meine. Sofort drehte ich mein Gesicht weg.
„Glaubst du im Ernst ich würde mich darauf einlassen?“, murmelte ich und sah ihn vorsichtig an.
„Einen Versuch war es wert.“, antwortete er. Ich stieg von ihm hinunter und wandte mich ab.
„Was ist? Verschwindest du jetzt oder nicht?“
Nun war er derjenige der den Kopf schüttelte.
„Nein. Ich werde solange bei dir bleiben bis du sagst, dass du mitkommst.“
„Da kannst du warten bis du schwarz wirst.“, meinte ich monoton und ging ins Zimmer,wo ich mir neue Sachen suchte. Nachdem das erledigt war steuerte ich auf das Bad zu. Dévil war in Begriff mir zu folgen, doch ich wirbelte herum, schob ihn aus dem Bad und hob drohend den Zeigefinger.
„Vergiss es!“, knurrte ich nur und knallte auch schon die Tür zu. Ich schloss ab.
. . .
Nachdenklich griff ich nach einem Handtuch und wickelte es mir um. Das Dévil in meiner Wohnung war trug nicht zu meinem Wohlbefinden bei . . . Ich blickte in den Spiegel und wirbelte erschrocken herum. Dévil grinste amüsiert.
„Du hast hier drinnen nichts zu suchen . . .“, sagte ich leise, fast unhörbar. Er stieß sich von der Wand, an der er lehnte, ab und drängte mich gegen die gegenüberliegende Wand.
„Willst du mir etwa den Spaß verderben?“, lachte er.
„Allerdings.“, murmelte ich und versuchte weiter zurückzuweichen.
Was passiert hier bloß?

, dachte ich und prallte gegen die Wand. Sein stählerner Körper drängte sich immer mehr gegen meinen, bis ich dachte, dass ich keine Luft mehr kriege.
„Fang nicht schon wieder an.“, flüsterte ich und drehte meinen Kopf weg. Dévil lachte leise und drehte meinen Kopf wieder zu ihm, dann legten sich seine Lippen auf meine . . .
Der Kuss war bitter, doch . . . warum hatte ich soeben die Lippen geöffnet? Unsere Zungen begannen miteinander zu spielen und wie von selbst fanden meine Hände zu seiner Brust. Als mir klar wurde wen ich hier vor mir hatte stieß ich ihn weg und holte aus. Mit einem roten Abdruck im Gesicht grinste er mich an.
„Ach komm, gib zu das es dir gefallen hat! Schließlich hast du ohne zu zögern mitgemacht.“
Ich wusste nicht was ich sagen sollte, ich konnte bloß denken. Ja, es hatte mir gefallen, es hat sich nicht falsch angefühlt, dennoch war es ein komisches Gefühl. Dévil war eine Person der man besser nicht vertrauen sollte, doch was würde passieren wenn man sich ihm doch anvertraute? Vielleicht war er ja gar nicht so schlecht, schließlich hatte er verletzt reagiert als wir in der Bibliothek gestritten hatten. Die Wärme – Hitze war der richtige Ausdruck – die mich durchströmt hatte war angenehm, ich kannte diese Nähe nicht.
„Findest du Gefallen daran mich zu quälen?“, brummte ich und schubste ihn an. Er legte seine Hand an meine Wange, ich ließ es zu. Ein seltsamer Ausdruck trat in seine Augen, ich konnte ihn nicht deuten.
„Du wirst mir jetzt vielleicht nicht glauben aber ich will auch nicht das du zu deinem Vater gehst! So viel Gefühl besitze ich dann doch noch!“
Perplex starrte ich ihn an. Hatte ich mich etwa verhört? Nein, vollkommen ernst sah er mich an.
„Du bist ein Idiot, Dévil! Du hast mir so viel Scheiße erzählt, dass ich Wahrheit von Lüge nicht mehr unterscheiden kann. Woher soll ich wissen, dass du nicht versuchst mich weich zu klopfen? Verdammt, Dévil, sag mir endlich die Wahrheit. Sag mir warum du so gereizt reagierst, wenn deine Gefühle ins Spiel kommen!“
Ich rang nach Luft. Ich musste zugeben das Dévil mich interessierte, doch das änderte nichts daran das er ein Kotzbrocken war! Er schien zu bemerken das er mich faszinierte, denn seine Gesichtszüge wurden weicher.
„Glaubst du alle meine Handlungen sind grundlos? Glaubst du das es keine Erklärungen für mein Verhalten gibt? Alles hat seinen Grund, Faith! Ich kann dir nicht die Wahrheit sagen, Kleines, damit würde ich mir nur Probleme einhandeln. Außerdem würde das auch deinem Vater nicht gefallen.“
Dann wurde er leiser, sah mich flehend an und wandte sich schließlich von mir ab.
„Und jetzt mach dich fertig. Auch meine Geduld hält nicht ewig.“
Ich verschränkte die Arme. Ein schlechtes Gewissen überkam mich. So wie er mit mir sprach schien es, als würde er Probleme bekommen wenn ich nicht mit ihm kam. Doch auf der anderen Seite vertraute ich ihm solange nicht, bis er mit der Wahrheit heraus rückte. Ich dachte nach. Würde mein Vater ihn verletzen wenn er es nicht schaffte mich zu ihm zu bringen?
„Ich sagte doch das ich nicht mitkommen werden. Hör zu, Dévil. Es tut mir leid wenn ich dir Probleme oder sogar Schmerzen bereite aber ich lasse mich nicht von dir zwingen mich dem Teufel gegenüber zu stellen!“
Mit diesen Worten wandte ich mich wieder meinem Spiegelbild zu. Heilige Scheiße! Ich sah aus wie eine Tomate! Im Spiegel sah ich, dass Dévil erstarrte. Langsam drehte er sich um und schaute mich im Spiegel wütend an.
„Habe ich schon wieder einen wunden Punkt getroffen?“, fragte ich amüsiert und zog die Brauen hoch als ich sah, dass wieder einmal etwas rotes in seinen Augen aufblitzte.
„Zwing mich nicht dazu dir weh zu tun!“, zischte er.
„Oh, keine Sorge, dass hast du schon.“, flüsterte ich.
„Wie bitte?“, sagte er leise, fast schon knurrend.
„Nichts.“, erwiderte ich leise und begann meine Haare zusammen zu binden.
„Faith.“, drängte er.
„Geh!“, knurrte ich und warf ihm einen warnenden Blick zu.
„Ich werde nicht gehen.“, meinte er.
„Und ich werde nicht mit dir kommen.“, brummte ich und seufzte dann. „Also gut, mach was du willst. Aber ich warne dich! Wenn du mir zu nahe kommst oder einen dummen Spruch ablässt attackiere ich dich mit einem Messer, und zwar richtig, hast du verstanden?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Ich sollte vielleicht erwähnen das ich dich die ganze Zeit über nie aus den Augen gelassen habe. Ach ja, hast `nen verdammt geilen Körper!“
Ich erstarrte, Dévil lachte.
„Ja, ich habe dich schon oft fast nackt gesehen, wie jetzt zum Beispiel. Aber keine Sorge, du bist nicht die erste Frau die ich so sehe.“
„Gehst du jetzt `raus, oder nicht?“, fragte ich monoton.
„Was glaubst du?“, kam es zurück. Ich atmete tief durch, dann ließ ich das Handtuch fallen.
„Ich dachte ich bin nicht die erste Frau die du so siehst, also was glotzt du so?“, sagte ich nach einer Weile, während ich mich anzog. Dévil schwieg. Als ich über meine Schulter blickte sah ich, dass er mich mit einem lustvollen Funkeln in den Augen musterte.
„Komm nicht auf dumme Gedanken.“, murmelte ich, plötzlich nervös. Dévil´s rote Augen musterten mich immer wieder, von oben bis unten.
„Ich kann fühlen das du erregt bist.“, sagte er plötzlich, vollkommen ernst. Ich erstarrte erneut, errötete gleichzeitig. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich tatsächlich ein Ziehen in tiefer gelegenen Regionen verspürte. Ich schluckte und tat auf selbstbewusst.
„Na und? Du bist nicht der erste Kerl bei dem ich Lust verspüre, also bilde dir nichts darauf ein!“
Tapfere Worte für ein Mädchen, welches nur einen einzigen Freund hatte, mit dem sie noch nicht einmal Sex gehabt hatte . . .
Plötzlich kam er näher. Wieder drängte er mich gegen die Wand. Er begann mich zu küssen, vom Hals bis hoch zu den Lippen, wo er immer drängender wurde. Ich machte mit, doch wollte ich das auch? Naja, ich wollte es schon, doch ich hatte etwas anderes im Sinn . . .
„Hör auf!“, verlangte ich krächzend. Er lachte leise.
„Du willst doch gar nicht das ich aufhöre . . .“
„Du hast Recht.“, gab ich kleinlaut zu. „Aber ich will keine Affäre eingehen. Und schon gar nicht mit dir!“
Während er meinen Hals küsste kicherte er.
„So nennt ihr Menschen das? Eine Affäre? Kleine, was wir hier machen ist nichts verbotenes. Außerdem sind keine Gefühle mit im Spiel, oder täusche ich mich?
„Nein, du hast Recht.“, murmelte ich und gab mich ihm hin. Sanft legten sich seine Lippen auf meine, dann begann meine Zunge seine zu suchen. Dévil´s Hand verkrallte sich in meinen Haaren und zog meinen Kopf zurück. Ich stöhnte.
„Ich würde dir jetzt am liebsten `ne Knarre an den Kopf halten.“, knurrte ich, als er meine Lippen freigab. Er lachte.
„Das würde nichts bringen. Um einen Bewohner der Hölle umzubringen braucht es schon einiges an Wissen und Macht.“
„Mir doch egal. Ich würde dir trotzdem gerne eine Kugel in den Kopf jagen.“
„Oh Gott, hör auf so etwas zu sagen, sonst nehme ich dich hier und jetzt, auf der Stelle!“, raunte er.
„Mehr als das hier ist nicht drin!“, antwortete ich und keuchte auf, als seine Hände über meinen Rücken strichen und schließlich den Verschluss meines BH´s fanden.
„Ach ja?“, sagte er lachend. Meine Fingernägel bohrten sich als Warnung in seine Schultern.
„Treib es nicht zu weit, Dévil!“, fauchte ich. Doch natürlich ließ er sich nichts sagen. Mein BH fiel zu Boden. Ich schloss die Augen und als ich sie wieder öffnete zog ich ihn an mich und sah ihn mit mörderischem Blick an.
„Einmal und nie wieder, hast du verstanden?“, knurrte ich und begann sein Hemd aufzuknöpfen.
„Mir kann keine Frau widerstehen, selbst du nicht, trotz deiner Sturheit und Dickköpfigkeit.“, lachte er.
„Arsch!“, antwortete ich und biss ihm auf die Lippe. Plötzlich packte er mich an den Oberschenkeln, hob mich hoch und drückte mich gegen die Wand.
„Dir passt das genauso wenig wie mir, oder?“, meinte ich als ich merkte, wie verbissen er mich küsste.
„Was meinst du?“, kam es von ihm zurück. Ich lächelte schwach.
„Wir können uns beide nicht leiden,doch gerade das wird uns in diesem Moment zum Verhängnis. Kann es sein das wir auf diese Zicken- beziehungsweise Machotour stehen?“
Er erstarrte.
„Gut. Jetzt ist dir die Lust vergangen.“, sagte ich kichernd, brachte ihn dazu mich loszulassen, hob meinen BH auf und wandte mich ab. Ich spürte Dévil´s Blick im Rücken und er fühlte sich nicht besonders angenehm an.
„Musste das sein?“, knurrte er in unheimlichem Tonfall.
„Ja. Sonst hättest du nicht von mir abgelassen.“, erklärte ich und grinste in mich hinein.
Plötzlich umschloss ein starker Arm meine Taille. Eine Klaue legte sich an meine Kehle, dann wanderte sie hoch zu meiner Wange, wo der Fingernagel seines Daumens einen hauchfeinen Schnitt hinterließ.
„Wage es nicht mit mir zu spielen, mich zu verarschen oder mir blöd zu kommen, du würdest es bereuen!“, ertönte seine raue und sinnliche Stimme an meinem Ohr. Ein Schauer rieselte über meinen Rücken.
„Du kannst mir keine Angst einjagen, Dévil. Mein Leben ist schon gruselig genug, ein Dämon mehr macht keinen Unterschied. Und jetzt nimm deine Griffel von mir, bevor ich dir wieder eine verpasse!“
Dévil machte ein Geräusch, welches sowohl nach einem Lachen als auch nach einem Knurren klang.
„Ich steh auf diese Leidenschaft!“
Ich knurrte leise, er wurde wieder ernst.
„Ich meine es Ernst, meine Liebe! Noch so eine Nummer und du kannst was erleben!“
„Ach ja?“, erwiderte ich und wandte mich in seinen Armen herum. „Glaubst du wirklich du könntest mir Angst einjagen?“, wiederholte ich meine Aussage von vorhin. Dévil seufzte.
„Ich fürchte nein. Aber du solltest es!“
Langsam färbten sich seine Augen rot. Ich stieß ein kurzes Lachen aus und wandte mich von ihm ab.
„Bevor ich Angst vor dir habe geht die Welt unter!“
Ich wischte mir über den Kratzer und warf dem Dämon dann einen wütenden Blick zu.
„Wenn du jetzt nicht endlich verschwindest, verliere ich die Nerven!“
Er grinste und schob die Hände in die Hosentaschen.
„Na, dann verliere mal ruhig die Nerven.“
„Worauf du dich verlassen kannst!“, zischte ich leise und stürmte in die Küche, wo ich mir zwei Messer schnappte. Ich rannte zurück und schleuderte eines der Messer in Dévil´s Richtung, welches allerdings nur seinen Arm streifte und hinter ihm schließlich am Spiegel abprallte. Überraschte sah Dévil erst die Schnittwunde, dann mich an.
„Was soll das?“, fragte er perplex.
„Entweder du verschwindest oder das zweite Messer geht nicht daneben!“, drohte ich und hob zum Beweis den Arm. Er lachte leise.
„Kleine, du kannst mich nicht töten, schon vergessen?“
Knurrend schleuderte ich auch das zweite Messer nach ihm, welches ihn auch tatsächlich traf!
Der Blutfleck auf seinem Hemd breitete sich rasend schnell aus. Geschockt zog er das Messer aus seiner Brust und starrte mich an. Während sich die Wunde schloss fing er an zu lachen.
„So, das Kätzchen will also spielen! Meinetwegen!“
Grinsend kam er auf mich zu, nahm meine Handgelenke, drehte mich herum und drückte mich gegen die Wand.
„Scheint als hättest du den Umgang mit Waffen trainiert . . .“, sagte er leise, wobei sein heißer Atem meinen Nacken streifte. Ich erschauderte. Sein warmer, muskulöser Körper drückte sich gegen meinen Rücken, mein Bauch wurde gegen die kalten Fliesen gedrückt. Ein komisches Gefühl. . .
„Wie kommst du darauf?“, murmelte ich leise, mit zittriger Stimme.
„Du hättest fast mein Herz erwischt! Ich habe nicht mit dieser Ziel- und Treffsicherheit gerechnet.“, meinte er.
„Purer Zufall.“, entgegnete ich noch leiser.
„Wohl kaum!“, lachte er. Ich schluckte und begann zu zittern.Hatte dieser Moment denn gar kein Ende?
„Du bist die Tochter Luzifer´s. Das töten liegt dir im Blut!“, meinte Dévil dann. Das war zu viel. Ich konnte spüren, dass ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand.
„A-Alles in mir . . . schreit nach Rache . . .“, flüsterte ich. „Aber nie, niemals, würde ich töten. Ganz egal wie aussichtslos die Situation auch sein mag!“
„Bist du sicher?“, hauchte Dévil mit samtiger Stimme und drückte mich noch ein bisschen stärker gegen die Wand.
„Ja . . .“, hauchte ich mit Tränen in den Augen. Plötzlich ließ der Druck auf meinem Körper nach.
„Du darfst solche Gefühle empfinden. Einen Groll gegen jemanden zu hegen ist okay! Als Tochter, und Nachfolgerin, des Teufels ist es deine Aufgabe wütend zu sein. In Zukunft wirst du vielen Leuten ihr Leben zerstören!“
Geschockt drehte ich mich langsam um und sah zu dem Dämon auf. Leicht lächelnd legte er seine Hand an meine Wange und beugte sich zu mir hinunter.
„Denk nicht das sei etwas schlechtes. Glaube mir wenn ich sage, das Gefühl der Macht ist eines der wenigen Dinge für die es sich lohnt zu töten!“
Ich schlang die Arme um meinen Oberkörper, um das Zittern zu unterdrücken, doch es funktionierte nicht. Meine Atmung beschleunigte sich. Die Panik in mir wuchs. Nun hatte ich tatsächlich Angst vor Dévil!
„Nein! Ich werde nie töten! Ich bin weder wie du, noch wie mein Vater!“, krächzte ich, stieß ihn zur Seite und wollte los rennen, doch zu früh gefreut. Er packte mich und zog mich zurück in seine Arme.
„Hey, Kleine. Alles okay?“, fragte er leise und besorgt. Er schien meine Angst noch gar nicht bemerkt zu haben. Ich dachte er konnte die Gefühle eines Menschen an den Augen ablesen?
Plötzlich legte Dévil einen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht an. Forschend sah er mich an.
„Ich kann in deinen Augen nichts erkennen. Sag mir . . . was dich so belastet.“
Ich schob ihn weg und wischte mir mit dem Handrücken über die Augen.
„Wieso sollte ich?“, fauchte ich und wandte mich wieder ab.
„Faith!“
„Lass mich in Ruhe!“, schrie ich und lief in mein Zimmer. Dort angekommen erstarrte ich zur Salzsäule. Ein Mann stand vor mir. Groß, muskulös, braune Haare, Quecksilber graue Augen. Ich schluckte. Der Typ starrte mich an wie ein Insekt, welches er am liebsten vernichten würde.
Plötzlich fing er an zu lachen. Lag wohl an meinem Gesichtsausdruck . . .
Dann kamen mir wieder meine Träume in den Sinn. Dieses Gesicht . . . diese grauen Augen . . . die auch rot sein konnten . . . Ich riss die Augen auf.
„Oh nein!“, hauchte ich.
„Oh doch.“, entgegnete Dévil neben mir. Der Mann verbeugte sich vor mir und grinste mich an.
„Nicht zu fassen das ein Kerl wie du mein Vater sein soll . . .“, knurrte ich und verschränkte die Arme. Dévil starrte mich an als sei ich nicht ganz dicht, Luzifer lachte amüsiert.
„Ganz schön frech! . . . Das lobe ich mir!“
Dévil schnaubte.
„Ja, ermutige sie auch noch! Hast du eine Ahnung wie anstrengend sie ist?“
Empört verpasste ich ihm einen Box.
„Selber Schuld. Du wolltest mich nicht in Ruhe lassen, also habe ich Messer nach dir geworfen. Du bist ein Dämon, du musst so etwas aushalten.“
Der Teufel lachte noch lauter, Dévil fand die Situation allerdings nicht ganz so lustig.
„Ein paar Zentimeter weiter links und du hättest mein Herz erwischt! Das hätte übel ausgehen können!“, maulte er. Mein Vater musterte mich interessiert.
„Hmm, scheint als wären Messer die perfekten Waffen für dich.“
„Wie oft noch? Ich will mit diesem Scheiß nichts zutun haben, verstanden?“; brüllte ich und funkelte die beiden wütend an.
„Kein Erfolg gehabt, hm?“, murmelte der Teufel und richtete seinen Blick auf Dévil. Der Dämon schüttelte den Kopf und warf mir einen kurzen Blick zu.
„Man kann ihr sagen was man will, sie will es nicht hören.“
Der blauäugige junge Mann beobachtete, wie der Teufel sich zu mir herunter beugte und forschend in mein Gesicht sah. Ich zuckte nicht einmal mit der Wimper, auch wenn ich Angst hatte.
„Kann es sein, dass du deine Gefühle unterdrückst?“, sagte er leise und bedrohlich.
„Du kannst auch nichts erkennen?“, fragte Dévil. Mein Vater schüttelte den Kopf und lehnte sich wieder zurück.
„Nein. Gar nichts. Und das gefällt mir!“ Er grinste. „Na, wie dem auch sei, bist du bereit?“
Ich zog eine Augenbraue hoch.
„Du meinst, bereit um mit euch zu kommen? Nein!“ Ich schüttelte nun auch den Kopf. „Meinetwegen foltert mich und reißt mir die Gliedmaßen raus aber selbst das bringt mich nicht dazu mit euch zu kommen!“
Luzifer kniff die Augen zusammen und sah dann wieder den Dämon an. Die beiden starrten sich an, ohne ein Wort zu sagen. Ich begriff erst nach einigen Sekunden, dass die beiden wohl per Gedanken miteinander sprachen. Ich konzentrierte mich auf meine eigenen Gedanken und blendete dann alles aus. Und tatsächlich! Ich konnte etwas hören!
Sie ist total ausgerastet!


Dévil?
Für einen Moment herrschte Stille, dann ertönte wieder eine Stimme.
Verständlich. Sie hat einiges hinter sich.


Was soll das heißen? Warum hast du mir nicht gesagt, welche Themen tabu sind?


Sie hat . . .


„Du wirst es ihm nicht sagen!“, schrie ich wütend und sah meinen Vater an. Überrascht starrten die zwei mich an.
„Und woher weißt du überhaupt was passiert ist?“, keifte ich weiter, noch bevor die beiden etwas sagen konnten. Sie tauschten einen Blick aus. Dévil trat näher an mich heran, bis ich die Wärme die von ihm ausging spüren konnte.
„Du dürftest gar keine Gedanken lesen können!“, knurrte er und jagte mir damit wieder Angst ein.
„Dévil!“, drohte Luzifer, packte ihn am Kragen und zog ihn zurück. Dann sah er mich an.
„Du bist meine Tochter, ich weiß alles über dich! Zum Beispiel, dass du nächste Woche deine Periode bekommst!“
Ich erstarrte und hoffte ich würde nicht rot anlaufen. Ich überspielte den Scham und musterte Luzifer misstrauisch.
„Warum kann sie Gedanken lesen? Und was ist passiert das sie ständig so ausrastet?“, fragte Dévil, worauf ich auf meinen Vater zu stürmte und ihm die Hand auf den Mund presste.
„Halt bloß den Rand!“, fauchte ich. Er zog die Stirn kraus.
Sag es ihm nicht. Bitte!

, flehte ich in Gedanken. Keine Ahnung warum aber ich wusste, dass Dévil es nicht hören konnte.
Er hat mir bis jetzt auch nichts von sich erzählt, er kann sich also ruhig noch ein bisschen den Kopf über mich zerbrechen!

, fügte ich leise kichernd hinzu.
Seine Lippen verzogen sich unter meiner Hand zu einem Grinsen.
Verstehe. Wie du willst. Aber im Gegenzug wirst du mitkommen, hast du verstanden?


Ich riss die Augen auf und zog meine Hand weg.
„Das ist Erpressung!“
Er lachte.
„Ich bin der Teufel, schon vergessen? Also was ist? Entweder kommst du mit und ich sage nichts oder du weigerst dich und dein Freund da drüben erfährt die Wahrheit!“
Ich sah kurz zu Dévil, dann wieder zu meinem Vater, von dem ich immer noch nicht glauben konnte das er wirklich mein Vater war.
„Von wegen Freund! Man sollte meinen er wäre der Teufel und nicht du! Aber meinetwegen . . . ich werde mitkommen. Allerdings habe ich eine Bedingung!“
Luzifer zog die Brauen hoch.
„Ach ja?“
Ich nickte kurz.
„Ich bleibe nicht länger als vierundzwanzig Stunden! Menschlicher Zeit! Mein Gefühl sagt mir, dass es in der Hölle so etwas wie Zeit gar nicht gibt . . .“
Der Herr der Unterwelt grinste wieder.
„Hm, was, wenn ich deine Bedingung nicht akzeptiere?“
„Dann werde ich sehr, sehr böse!“, gab ich unheilvoll knurrend zurück.
Die beiden Höllenbewohner starrten mich an, als sei ich eine Außerirdische.
„Ich meine es ernst!“, sagte ich dann. Luzifer kniff die Augen zusammen und nickte schließlich.
„Also gut, ganz wie du willst.“
Dévil knurrte leise.
„Was soll das? Du zwingst mich dazu ständig bei ihr zu bleiben und sie dazu zu bringen zu dir zu kommen und wenn sie etwas verlangt akzeptierst du es einfach? Ich glaub´s einfach nicht! Was bildest du dir eigentlich ein, du . . .“
Luzifer wurde schlagartig ernst. Seine grauen Augen begannen erst rot zu schimmern und glühten schließlich vollends blutrot.
„Pass auf was du sagst, Dévil!“, sagte er in so scharfem Tonfall, dass ich augenblicklich die Schultern einzog. Der Teufel fuhr fort.
„Du scheinst die Geschehnisse der „Vergangenheit“ vergessen zu haben. Du weißt genauso gut wie ich, was passiert wenn du dich mir widersetzt!“
Sofort wurde ich aufmerksam. Ohne ein Wort zu sagen schaute ich zwischen den beiden hin und her. Aus irgendeinem Grund war ich geschockt. War es die Tatsache, dass Dévil dem Befehl meines Vaters unterstand und somit keinen eigenen Willen hatte? Scheinbar hatte sich das Mitleid in meinen Augen bemerkbar gemacht, denn Dévil starrte mich wütend an.
Sieh mich nicht so an!

, ertönte seine Stimme in meinem Kopf. Ich senkte den Blick. Hatte ich wirklich Mitleid mit diesem Kerl? Scheinbar ja, denn jetzt war ich auch schon so neugierig, dass ich wissen wollte was ihm widerfahren war.
Tut mir leid . . .

, antwortete ich auf seine Gedanken. Irritiert sah er mich an. Das Luzifer noch immer auf eine Antwort wartete war ich völlig egal.
„Sie wird morgen früh bereit sein.“, sagte Dévil, ohne den Blick von mir abzuwenden. Überraschenderweise nickte Luzifer stumm. Von einer Sekunde auf die andere war mein Vater verschwunden. Ich hatte mit einem dummen Spruch gerechnet . . .
„Hast du gerade „Es tut mir leid!“ gesagt?“, meldete Dévil sich wieder zu Wort.
„J-Ja.“, antwortete ich leise, stotternd.
„Warum?“, erwiderte der Dämon sichtlich wütend. Ich antwortete nicht. Würde er noch wütender werden wenn ich ihm die Wahrheit sagen würde?
„Vergiss es . . . Du würdest mich sowieso nur wieder anschreien . . .“
Ich wandte mich ab und ließ mich auf meinem Bett nieder.
„Faith.“
Seufzend richtete ich meinen Blick wieder auf den Unsterblichen.
„Ich glaube dir, dass du . . . meine Gefühle und mein . . . Verhalten nachempfinden kannst.“, sagte ich leise.
„Ach, auf einmal?“, schnaubte Dévil und verschränkte die Arme.
„Ja.“, antwortete ich und bedeutete ihm, sich neben mich zu setzten.
„Nicht zu fassen das ich das jetzt sage aber . . . ich habe dir Unrecht getan! Du weißt was es heißt zu leiden aber ich habe es nicht geglaubt. Deshalb tut es mir leid.“
Kaum hatte ich die Worte ausgesprochen hatte er mich gepackt und ins Kissen gedrückt. Sein Körper presste sich gegen meinen, sein warmer Atem strich über mein Gesicht.
„Was soll das? Wovon redest du da? Woher glaubst du zu wissen, dass ich leide?“, brummte er.
Mit schien als käme er immer näher . . .
„Ich weiß nicht was geschehen ist . . . aber was auch immer es war, es ist dafür verantwortlich, dass du deinen freien Willen einbüßen musstest. So wie Luzifer mit dir gesprochen hat war es offensichtlich, dass du seinen Befehlen zu folgen hast . . .“
Er begann zu knurren. Ich hatte also Recht. Ich blieb still und sah ihn bloß stumm an. Das Kribbeln in meinem Bauch gefiel mir ganz und gar nicht! Das blau seiner Augen zog mich in den Bann, noch viel interessanter waren allerdings die rot schimmernden Stellen. Ich versuchte die Gedanken die mich überkamen zu verdrängen, vergebens . . .
Ich war tatsächlich scharf auf diesen Kerl! Aber . . . warum? Lag es an seinem Aussehen? Oder war sein Charakter Schuld? Woran auch immer es lag, ich musste ihn mir aus dem Kopf schlagen, und zwar so schnell wie möglich!
„Du bist echt seltsam . . .“, sagte er plötzlich.
„Ist das gut oder schlecht?“, entgegnete ich leise. Anstatt mir eine Antwort zu geben küsste er mich. Seinen warmen, weichen Lippen wurde immer fordernder, doch anstatt ihn wegzustoßen machte ich mit.
Was bezweckst du damit?

, dachte ich dennoch. Einfach alles in mir war froh über diesen Kuss, bloß mein Verstand hatte so seine Probleme . . . Statt einer vernünftigen Antwort warum er dies tat bekam ich diese Worte:
Du bringst tausend Mal deine Abneigung gegen mich zum Ausdruck, also warum lässt du zu, dass ich dich küsse?


Darauf wirst du keine Antwort erhalten. Sei einfach dankbar dafür, dass du diese Chance hast!

, antwortete ich schnippisch. Er hielt inne und zog sich zurück.
„Dankbar dafür, dass ich meine Chance habe?“, fragte er scheinbar verwirrt.
„Die Chance mich zu küssen, du Idiot!“, brummte ich genervt und zog ihn wieder an mich.
Scheiß auf die Konsequenzen, alle Vorsätze über Bord!
Was wird das jetzt?

, fragte Dévil noch verwirrter als ich begann, sein Hemd aufzuknöpfen.
„Was glaubst du denn was es wird?“, flüsterte ich.
Plötzlich lachte er leise.
„Du stehst auf mich, oder?“
„Nicht wirklich.“, antwortete ich und strich mit den Händen über seine Brust.
„Ach ja?“
„Ja. Alles was ich will ist . . . ein bisschen Spaß.“
Er blieb still und begann wieder mich zu küssen. Seine Lippen wanderten von meinen Mundwinkeln zu meinem Kinn, dann zu meinem Hals, bis hin zum Brustansatz. Ach ja, ich war ja immer noch in Unterwäsche . . . Ich riss ihm das Hemd vom Leib und schmiss es in die Ecke meines Zimmers. Mein rechter Arm umschlang seinen Hals, meine linke Hand verkrallte sich in seinem Oberarm. Seine Muskeln spielten unter seiner Haut, fasziniert betrachtete ich seinen Oberkörper.
Gefällt dir was du siehst?

, ertönte seine Stimme.
Allerdings!

, antwortete ich und ließ meine Hände über seinen Rücken gleiten. Seltsam . . . Wieso konnte ich sein Tattoo fühlen?
Was für eine Bedeutung hat das Tattoo?

, fragte ich. Dévil hielt kurz inne, dann küsste er meine Schulter.
Tattoo kann man das nicht nennen und die Bedeutung ist . . . unwichtig.


Stille.
Dévil´s Hände fanden meinen BH-Verschluss und öffneten ihn. Seufzend umschlang ich ihn mit meinen Beinen und drückte ihn an mich. Plötzlich war jegliches Gefühl der Wärme weg. Ich fühlte mich, als hätte man mich in eine Tiefkühltruhe gesteckt. Ich schlug die Augen auf und sah, dass Dévil aufrecht in meinem Bett saß und mich anstarrte. Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe.
„. . . Sie fallen mir erst jetzt auf.“, murmelte er leise. Ich sah an mir herunter. Nichts ungewöhnliches zu sehen. Zwei Brüste, ein flacher Bauch, blasse Haut und unzählige Narben.
Ich sah wieder auf und begegnete dem Blick zwei stechend roter Augen.
„Wie sind die Zustande gekommen?“, fragte er knurrend.
„Unwichtig. Genauso wie die Flügel auf deinem Rücken.“, antwortete ich monoton. Dévil beugte sich vor und fuhr mit den Fingern über eine Narbe, die sich quer über meinen Bauchnabel zog.
„Du musst blind sein wenn du die Narben erst jetzt bemerkt hast . . .“, murmelte ich.
„Ich muss wirklich blind sein. Gott, wie konnte ich das nur übersehen?“
Ich lächelte leicht und legte den Finger unter sein Kinn, um sein Gesicht anzuheben, so wie er es bei mir gemacht hatte.
„Ein Dämon sollte Gott nicht in den Mund nehmen!“, sagte ich. Er blieb still.


Samstag, 11. 12 2010




Der gestrige, restliche Tag verging schnell. Nachdem Dévil und ich uns näher gekommen waren und er meine Narben bemerkt hatte, verlief es ruhig. Sehr ruhig! Von da an ließen wir uns in Ruhe und schwiegen. Stumm hatte er mich dabei beobachtet, wie ich meine alltäglichen Situationen meisterte. Auf die Narben sprach er mich nicht mehr an, doch das sollte sich am heutigem Tage ändern . . .
Wieder wurde ich durch einen Kuss auf die Lippen geweckt. Funktionierte mein Wecker nicht mehr?
„Weck` mich nächstes Mal mit einer Ohrfeige . . .“, murmelte ich genervt als ich langsam die Augen öffnete und funkelnden blauen Augen begegnete. Dévil zog die Brauen hoch.
„Ich will doch nicht das dein hübsches Gesicht entstellt wird! Ein Wecker kriegt dich nicht wach und dich bloß anzustoßen bringt auch nichts.“, erklärte er.
„Dann mach es eben mir einem Schnitt in meinem Bauch, auch egal.“, fauchte ich, setzte mich auf und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Er wurde ernst.
„Noch eine Narbe muss nicht sein, du hast schon genug!“
„Fang nicht schon wieder damit an . . .“, murmelte ich, während ich aus dem Bett stieg und mich kurz reckte.
„Wann wird er hier sein?“, fragte ich dann, vollkommen ernst. Dévil zuckte mit den Schultern.
„Wer weiß. Pünktlichkeit kennt er nicht, möglich das er auch erst heute Abend auftaucht.“
Nun zuckte ich mit den Schultern.
„Mir egal. Ich geh` duschen.“
Er wollte mir ins Bad folgen, doch ich stieß ihn zurück.
„Alleine!“, sagte ich mit Nachdruck. Schnell knallte ich die Tür zu, schlüpfte aus meinen Sachen und sprang unter die Dusche.
Tut mir leid . . .


Ich erstarrte.
Was?


Es tut mir leid. Alles!


Dann wurde es wieder still. Völlig perplex stellte ich das Wasser ab, stieg aus der Dusche, trocknete mich ab und zog mich an. Danach ging ich zurück in mein Zimmer, wo Dévil, mit hinterm Kopf verschränkten Armen auf meinem Bett lag. Er sah nachdenklich aus . . .
„Worüber denkst du nach?“, fragte ich monoton und legte mich neben ihn. Er warf mir einen kurzen Blick zu und starrte dann wieder an die Zimmerdecke.
„Du nimmst meine Entschuldigung einfach so hin?“, fragte er.
„Ja.“, antwortete ich immer noch monoton. „Du hast meine Entschuldigung doch auch angenommen, oder etwa nicht?“
Er blieb still, ich redete weiter.
„Wie dem auch sei, ich glaube wir sollten aufhören uns immer zu bekriegen.“
Fragend sag er mich an.
„Was soll das heißen?“
„Das soll heißen, dass wir aufhören müssen uns ständig wie Kinder zu benehmen! Was hältst du davon wenn wir uns ein bisschen austauschen? Vielleicht kommen wir dann besser miteinander klar?“
Langsam taute ich auf. Ich merkte von selbst, dass ich nicht mehr ganz so kühl war. Dévil sah mich an, als wäre ich eine Verrückte. Ich lachte.
„Hast Recht, blöde Idee. Prügeln wir uns lieber!“
Plötzlich lächelte er schwach.
„Lächelst du etwa?“, fragte ich überrascht und setzte mich auf.
„Du hast mich doch schon oft lächelnd sehen.“, antwortete er.
„Schon. Aber nie war es . . . solch ein Lächeln.“, erklärte ich und machte eine hilflose Geste mit der Hand.
„Das habe ich nicht verstanden.“, meinte er.
„Das ist das erste Mal das ich ein . . . natürliches Lächeln sehe. Die anderen wirkten immer so unecht.“
Stumm sah er mich an. Wartete er auf etwas?
„Ich habe mir die Narben teilweise selbst zugefügt . . .“, sagte ich leise, fast unhörbar. Ein seltsamer Ausdruck trat in Dévil´s Augen. War es die Überraschung? Die Verblüffung? Oder einfach nur der Schock? Ich wusste es nicht.
„Es gab schon viele Moment in denen ich kurz vor´m Selbstmord stand. Die große Narbe auf meinem Bauch hat mir meine Schwester zugefügt. Ich stand kurz davor auch sie umzubringen . . . Die Situation eskalierte, ich griff zum Messer. Irgendwie hat sie das Messer in die Hände gekriegt. Ich habe sie gegen die Tischkante gestoßen, weshalb sie eine Gehirnerschütterung davontrug.
Deshalb kann sie sich nicht mehr an das Geschehene erinnern. In manchen Momenten habe ich mich nicht unter Kontrolle . . . Ein Grund mir nicht zu sehr auf die Nerven zu gehen . . .“
Meine Geschichte schien ihn zu schocken, er starrte mich an. Als er wieder zu seiner Fassung gefunden hatte kamen folgende Worte:
„Aber ich dachte du wurdest nie akzeptiert und ignoriert, wie kann man dir dann auf die Nerven gehen?“
Ich nickte kurz und wandte meinen Blick von ihm ab.
„Das ist richtig. Aber hast du dich mal gefragt warum ich immer Selbstmord begehen wollte? Ich war die meiste Zeit in meinem Leben alleine, war es gewohnt mich hier im Zimmer zu verkriechen und alleine durch den Wald zu irren. Dann, auf einmal, komme ich an eine Schule, wo ich plötzlich Freunde habe! Seitdem geht man mir ständig auf die Nerven. Ich war es gewohnt alleine zu sein, ich hasste diese Einsamkeit. Jetzt, wo ich nicht mehr alleine bin, will ich die Einsamkeit zurück haben! Ich will meine Ruhe. Deshalb raste ich öfters mal aus . . .“
Bedrückende Stille trat ein. Ich traute mich nicht etwas zu sagen. Einzelheiten würde ich sowieso nicht nennen, es tat so schon weh darüber zu sprechen . . . Auch Dévil blieb still. Wusste er nicht was er sagen sollte? Oder wollte er nichts sagen? Ich atmete tief ein und klang gleich viel fröhlicher und zuversichtlicher.
„Tja, wie dem auch sei, nun kennst du mein Geheimnis, also musst du mir nicht mehr auf die Nerven gehen!“
Plötzlich packte er mein Handgelenk und zog mich auf sich.
„Ich war nicht immer ein Dämon . . .“, begann er leise und sah mir dabei tief in die Augen. Doch eine Chance weiterzuerzählen hatte er nicht. Mein Vater stand plötzlich mit verschränkten Armen neben meinem Bett. Nach einem Grinsen war mir jetzt nicht zumute und es war auch nicht die passende Situation, doch ich grinste Dévil trotzdem frech an und gab ihm einen leichten Klaps auf die Brust.
„Scheint als hätten wir keine Zeit für deine langweiligen Geschichten.“
Ich kletterte von ihm herunter und sah zum Teufel auf.
„Hast dir ziemlich Zeit gelassen.“, meinte ich munter. Luzifer sah zu Dévil, der widerrum mich ansah.
„Glotz nicht so, sonst fallen dir die Augen aus!“, meinte ich und warf dem Dämon einen Blick zu.
Mein Vater lachte leise und legte seinen Arm um mich.
„Und, bereit? Oder hat Dévil dich davon abhalten wollen?“
Seine Worte verwirrten mich. Was meinte er damit? Dévil hatte mir zwar mal gesagt, dass es ihm nicht passt das ich zu meinem Vater gehe, aber geglaubt hatte ich das nicht. Nun fing ich an es wirklich zu glauben. Ich sah wieder kurz zu dem Dämon. Ausdruckslos sah er mich an.
„Nein, er wollte mich nicht davon abhalten.“, sagte ich traurig zu meinem Vater.
Luzifer zog eine Braue hoch.
„Ach, nein? Ich muss zugeben ich bin überrascht. Er hatte schon mehrmals Probleme mit der Auswahl meiner . . . Untergebenen, jedoch hat er sich noch nie so zurückgehalten.“
Meine Neugier siegte.
„Was soll das heißen?“
Mein Vater überlegte einen Moment, ehe er antwortete.
„Naja . . . immer wenn ich mir eine neue Untergebene gesucht habe, hatte er etwas dagegen. Tja, scheint als hätte er seine Lektion gelernt. Dafür das er sich gegen mich aufgespielt hat, habe ich sein Mädchen umgebracht. Tja, der letzte Vorfall ist jetzt einige hundert Jahre her aber . . . naja, für uns Höllenbewohner sind das nur ein paar Augenblicke . . .“
Wütend starrte ich meinen Vater an. Ich zitterte. Er tötete die . . . Frauen die Dévil liebte? Es fiel mir schwer zu glauben, dass der Dämon überhaupt in der Lage war zu lieben, dennoch setzte ich mich jetzt für ihn ein.
„Du nimmst ihm die Personen, die ihm am meisten bedeuten? Du . . .“
Weiter kam ich nicht, denn mein Vater unterbrach mich.
„Liebes, ich bin der Teufel. Außerdem wusste Dévil worauf er sich einlässt. Und nun genug davon. Bist du fertig?
„Ja.“, brummte ich widerwillig, verschränkte die Arme und senkte den Blick. Ich blinzelte nur kurz und plötzlich standen wir inmitten einer Stadt. Riesige Tower um uns herum, komische Gestalten auf den Straßen und ein grauer, wolkenverhangener Himmel.
Wow, dachte ich. So hatte ich mir die Hölle nicht vorgestellt. Dennoch . . . ich fühlte mich nicht im Geringsten unwohl! Ich warf Dévil einen unauffälligen Blick zu. So hatte ich ihn noch nie gesehen . . . Ich sah die Nervosität in seinen Augen und die Anspannung an seinem Körper.
Alles in Ordnung?, dachte ich. Er warf mir einen wütenden Blick zu, blieb aber still. Diese Reaktion sollte ein eindeutiges Ja sein, doch ich kaufte ihm dieses Ja natürlich nicht ab.
„Was soll ich hier?“, fragte ich zickig und blickte dem Teufel in die stechend roten Augen. Er lächelte hinterhältig und sah auf mich herab.
„Erst einmal werde ich dir dein zukünftiges Heim zeigen, dann werden wir mal deine Kräfte austesten.“
„Nein!“, sagte Dévil ausdrucksstark. Mein Vater sah ihn wütend an, ich zog die Brauen hoch.
Langsam fing ich an, mir mehr Gedanken über ihn zu machen. Ich wurde nicht schlau aus ihm. Im einen Moment war es offensichtlich das er mich nicht gut leiden mochte, im anderen Moment schien es, als würde ich ihm etwas bedeuten.
„Nein?“, ahmte mein Vater ihn nach und verschränkte die Arme. Dévil´s Augen blitzten rot auf.
„Du kannst sie nicht gegen dich kämpfen lassen! All die anderen Male hast du deine „Trainingspartner“ getötet. Sie hat keine Chance gegen dich!“
Ich sah von dem Dämon zu meinem Vater, sagte aber nichts. Angst hatte ich dennoch.
„Also bitte, glaubst du wirklich ich bringe meine Tochter um?“
„Ich traue dir alles zu! Ich bezweifle das sie dir etwas bedeutet.“, antwortete Dévil düster.
Ich mischte mich ein, denn ich wollte nichts mehr von Ermordung und Totschlag hören.
„Schluss jetzt! Mir ist ganz egal ob ich meinem Vater etwas bedeute oder nicht, schließlich bedeutet er mir auch nichts! Und es ist mir auch egal wenn man mich umbringt, mein Leben ist sowieso scheiße!“
Beide starrten mich an, ich blieb ruhig und verschränkte lässig die Arme.
„Was ist? War ich zu ehrlich?“
Mein Vater wandte sich ab und machte eine Handbewegung, die ich als Aufforderung sah ihm zu folgen. Nur widerwillig setzte auch Dévil sich in Bewegung.
Mein Gefühl, das mir gesagt hatte, dass es hier keine Zeit gab, hatte mich nicht getäuscht. Die Zeit schien still zu stehen, die Wolken standen unbewegt am Himmel, als einen Blick auf meine Armbanduhr warf sah ich, dass die Zeiger stehengeblieben waren. Mein Vater führte uns zu einem riesigen Wolkenkratzer, was geschätzt eine Stunde gedauert hätte, würde die Zeit hier nicht stillstehen.
„Was ist das für ein Gebäude?“, fragte ich monoton, als wir die Eingangshalle des Kolosses durchquerten. Statt meines Vaters beantwortet Dévil die Frage.
„Dein zukünftiges Heim Schrägstrich Arbeitsort.“, sagte er ebenfalls ausdruckslos.
„Ah.“, meinte ich nur und sah mich neugierig um. Der Boden war schwarz, von ein paar grauen Schlieren durchzogen und schien aus glasähnlichem Material zu sein. Ich konnte mich darin spiegeln. Die Wände hatten einen komischen Grauton und hier und da hingen ein paar Spiegel. Links und rechts am Rand der Halle befanden sich Sitzgruppen, wo jedoch niemand zu sehen war.
Wir steuerten auf einen Empfang zu, an dem eine Frau mit blonden Haaren und blauen Augen saß. Ihre Augen wirkten allerdings nicht annähernd so mysteriös wie die von Dévil. Auch strahlten sie nicht so. Neben ihr stand ein Mann. Groß, schlaksig, braune Haare, braune Augen. Er bemerkte uns zuerst und sah auf. Als wir den Empfang erreicht hatten fing der Typ an zu grinsen und sah auf mich hinunter.
„Na, Zuckerschnecke?“
„Pass auf was du sagst!“, fauchte ich. Nanu? Hatte Dévil etwa leise geknurrt? Ich warf ihm einen Blick zu. Seine Augen glühten in unheilvollem rot. Der Fremde musterte mich abschätzig.
„Hm, noch so eine Rotzgöre die sich nichts gefallen lässt?“
Nun lächelte Dévil schwach.
„Du solltest aufpassen, Carter! Sie hat mich mit Messern attackiert. Sie ist anstrengend!“
Wider musterte mich der Typ.
„Ist das so?“ Mehr sagte er nicht. Mein Vater wandte sich an die Blondine.
„Abby, zeig Faith ihr Zimmer und bring sie dann in die Halle.“
Mit diesen Worten ließen Dévil und mein Vater mich stehen. Wütend sah ich ihnen nach.
Die Blondine lächelte traurig und streckte mir ihre Hand entgegen.
„Freut mich dich kennenzulernen, Faith.“
Mit einem Nicken nahm ich ihre Hand und drückte sie kurz.
„Kümmerst du dich um die . . . du weißt schon?“, sagte Abby dann zu dem Mann. Er nickte.
„Für dich tue ich doch alles!“
Dann ließen wir den grinsenden Carter stehen. Abby bemerkte meinen Blick.
„Carter ist . . . ein Fall für sich. Wenn du ihm begegnest ist es besser du ignorierst ihn. Er hat schon die ein oder anderen Probleme bereitet.“
„Das habe ich mir irgendwie schon gedacht . . .“, antwortete ich und betrat mir Abby einen luxuriösen Fahrstuhl.
„Ich hatte mir Pragaras anders vorgestellt . . .“, murmelte ich dann. Die blonde Frau antwortete nicht darauf, stattdessen musterte sie mich neugierig.
„Entschuldige die Frage aber warum bist du hier? Ich weiß nur, dass dein Name Faith ist. Ich sollte dein Zimmer fertig machen . . .“
Überrascht sah ich sie an. Ich zögerte.
„Ähm . . . naja . . .Ich bin hier, weil Luzifer es so will. Ich nehme an . . . du weißt nicht, dass er mein Vater ist?“
Der Fahrstuhl öffnete sich. Abby erstarrte.
„N-Nein, dass wusste ich in der Tat nicht.“
Ich lächelte schwach.
„Ach, mach dir keine Gedanken . . . Das ist bloß eine unwichtige Tatsache.“
Wir liefen durch einen langen Flur, dessen Wände dunkelrot waren.
„Von wegen unwichtig!“, protestierte Abby. „Natürlich ist das wichtig. In der letzten Zeit war hier sprichwörtlich die Hölle los und das alles wegen dir!“
„Oh . . . Verzeihung, ich habe wohl dem ein oder anderen Ärger eingehandelt.“
Nun war die Blondine diejenige die zögerte.
„Ähm . . . Ja. Ich weiß nicht ob ich das jetzt sagen sollte aber . . . Dévil war einer davon.“
Ich blieb stehen. Ich wusste nicht was ich sagen sollte, ich war viel zu überrascht. Ich beschloss mich später bei ihm zu entschuldigen. Ich blieb still und setzte mich wieder in Bewegung.
„Alles okay?“, fragte Abby dann.
„Ähm, natürlich!“, sagte ich schnell und blieb stehen, als auch sie stehenblieb. Sie öffnete eine große Tür und überließ mir den Vortritt. Ich staunte als ich sah, wie riesig der Raum war in dem ich mich nun befand. Die Wände waren hellblau, alle Möbel aus massivem Holz.
„D-Das soll mein Zimmer sein?“, fragte ich leise. Abby nickte lächelnd.
„Ja. Ich hoffe du fühlst dich wohl.“
Ich nickte und lächelte, als ich einen Strauß Lilien auf einer Anrichte stehen sah.
„Du hast einen guten Geschmack!“, gab ich ehrlich zu. „Danke, du hast echt gute Arbeit geleistet!“, meinte ich dann und sah sie freundlich an. Sie sah nicht älter aus als zwanzig, vielleicht war das einer der Gründe, warum ich sie so sympathisch fand. Ihre Augen begannen zu funkeln, so als hätte sie noch nie ein Kompliment bekommen.
„Freut mich das es dir gefällt.“; hauchte sie. Der Moment wurde von einem Klingeln unterbrochen. Abby zog ein Handy aus der Tasche ihrer Hotpants.
„Ja? . . . Ja, seit diesem Moment . . . Nein . . . Verstanden!“
Dann legte sie auf und schob das Handy wieder zurück in die Tasche. Fragend sah ich sie an.
„Dein Vater will, dass du in den Trainingsraum kommst.“, sagte sie und wies dann auf einen Schrank und eine Tür.
„Sachen findest du im Schrank, dort geht’s ins Bad. Ich warte solange.“
Ich nickte lächelnd und wandte mich ab.
. . .
Nach knapp zwanzig Minuten trat ich fertig aus dem Bad.
„Sag mal . . . Bist du auch eine Dämonin?“, fragte ich neugierig und musterte Abby. Es dauerte einen Moment bis sie antwortete.
„Ja . . . Aber das war nicht immer so . . . Ich war bis zu meinem neunzehnten Lebensjahr ein Mensch.“
Es entstand eine Stille, die ich nicht lange ertragen konnte.
„Was ist passiert?“, fragte ich leise, als ich Trauer in ihren Augen aufblitzen sah. Überrascht sah sie mich an.
„Mich hat noch nie jemand danach gefragt“
Ich zog die Brauen hoch.
„Wirklich? Oh, okay . . . Du kannst mit mir über alles reden aber wenn du nicht willst, musst du nichts sagen.“
Seufzend ließ sie sich auf das cremefarbene Sofa nieder, das am Rand des Raumes stand.
„Weißt du . . . Ich hatte nie jemanden den ich einen Freund nennen konnte. Ich werde dir alles erzählen aber es ist sicher keine schöne Geschichte.“
Dann schoss ihr Kopf hoch.
„Aber was ist mit deinem Vater? Er hasst es zu warten!“
Ich winkte ab.
„Ach, ist schon gut. Wenn er glaubt dich anschreien zu können wird er sehen, dass ich das auch bei ihm kann!“
Dann setzte ich mich ihr gegenüber in einen Sessel, der ebenfalls cremefarben war. Abby lächelte.
„Danke, Faith! Es ist wirklich nett von dir, dass du mir zuhörst.“
„Kein Problem.“, entgegnete ich. „Na, dann leg mal los.“
Wieder herrschte Stille, dann seufzte sie und fing an zu erzählen.
„Mit elf Jahren hat alles angefangen. Meine Eltern beschlossen, dass ich auf eine einfache Dorfschule gehen sollte. In der Zeit gab es kaum Kinder die zur Schule gingen, ich hatte Glück. Eines Tages kamen Fremde ins Dorf. Es waren seltsame Leute. Jeder ahnte das sie ein Geheimnis hatten. Einer von ihnen, sein Name war Aaron, freundete sich mit mir an. Nach und nach geriet ich immer mehr an die Fremden. Nachdem einige Monate vergangen waren fand ich heraus, dass die Fremden, für mich inzwischen Freunde, so eine Art . . . Spione waren. Sie waren hinter jemandem her, jedoch verrieten sie mir nicht wer dieser Jemand war. Irgendwann vertrauten sie mir. Sie baten mich immer wieder um einen Gefallen. Unter anderem baten sie mich, Informationen zu beschaffen. Tja, dann kam der Tag an dem sie mir anboten, bei ihnen mitzumachen. Ich dachte lange über das Angebot nach, sehr lange. Ich hatte Aaron inzwischen echt gern, weshalb ich das Angebot annehmen wollte, doch dann passierte etwas, mit dem ich nie in meinem Leben gerechnet hätte! Meine Eltern . . . waren Auftragskiller! Und sie waren nicht meine richtigen Eltern. Es war nur ein dummer und blöder Zufall, dass ich das herausgefunden habe. Aaron . . . war bei uns Zuhause. Meine Eltern und er waren in der Küche. Keiner von ihnen wusste das ich da war. Aaron wollte sie überwältigen aber ich bin . . . dazwischen gegangen. Mein Freund klärte mich über meine Eltern auf. Er sagte, meine Eltern wurde zu den Attentaten gezwungen. Doch trotz dieser Tatsache wollte er sie umbringen . . . Sophie, meine Mutter, sagte, sie habe mich in einem verlassenen Haus gefunden. Sie hatte keine Ahnung wessen Tochter ich war und sie fand es auch in Zukunft nicht heraus. Also hatte sie beschlossen mich großzuziehen. Aaron erklärte mir, dass er meine Stiefeltern nicht vor meinen Augen töten würde, ihren Tod allerdings nicht vermeiden könnte.“
Sie machte eine Pause.
„Immer von der Angst begleitet vergingen ein paar Wochen. Und dann war es soweit . . . Als ich eines Abends vom Dorffest nach Hause kam, fand ich meine angeblichen Eltern tot in der Küche . . . Ich schwor mir Rache und begegnete nach einigen Tagen dem Teufel. Er versprach mir Macht und das, wonach ich mich so sehnte. Tja, nun bin ich eine unsterbliche Dämonin, die ihre heimliche Liebe, dessen Freunde und die Leute auf dem Gewissen hat, die ihren Eltern das angetan hat. . .“
Ich stutzte. Für einen Moment war ich sprachlos. Sie lächelte schwach.
„Du dachtest sicher ich bin eingebildet, hm?“
Nervös fuhr ich mir mit der Hand durchs Haar.
„Naja, du bist blond, groß und schlank . . . Entschuldige, du bekommst so etwas sicher oft zu hören.“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Es waren immer Kerle hinter mir her . . . Mädchen waren immer neidisch auf mich . . .“
„Du musst es echt schwer gehabt haben.“, murmelte ich. Sie nickte und erhob sich.
„Ziemlich. Aber naja . . . Es hat sich einiges gebessert . . . Und nun hoch mit dir, Luzifer wartet sicher schon ungeduldig.“
Ich lachte leise.
„Ach, immer mit der Ruhe. Soll er doch warten bis er schwarz wird.
Auch Abby begann leise zu lachen.
„Ich glaube wir werden gut miteinander auskommen!“
„Na, dass will ich doch hoffen!“, antwortete ich und verließ zusammen mit meiner neuen Freundin das Zimmer.
. . .
„Würdest du mir bitte erklären warum das so lange gedauert hat?“, schrie Luzifer Abby an und ging direkt auf sie zu. Schnell drängte ich mich zwischen die beiden.
„Hör auf sie anzuschwärzen! Wenn du jemanden anschreien willst, dann mich! Wir haben nur ein bisschen gequatscht, also bleib locker!“
Mein Vater zog die Brauen hoch, Dévil tauchte plötzlich neben mir auf und legte seinen Arm um meine Schulter.
„Vergiss es, Kleine, ihm ist fast alles egal!“
„Dévil!“, stieß ich überrascht aus.
„Hallo, Angel!“, sagte Abby plötzlich.
„Angel?“, murmelte ich und sah wieder zu dem Dämon auf. Warum hatte er diesen Spitznamen? Der wütenden Blick den er Abby zuwarf entging mir nicht. Ich versuchte seine Gedanken zu lesen, doch ich konnte nichts hören. Dévil´s topasblaue Augen richteten sich wieder auf mich.
Kleiner Tipp: Tue nichts unüberlegtes!


Ich blinzelte perplex, fasste mich aber schnell.
Was das bedeutet ist mir jetzt egal.

Ich muss mit dir reden!

, antwortete ich. Er schwieg. Luzifer hatte immer noch nichts gesagt, doch jetzt deutete er mit einer Handbewegung an, dass Abby und Dévil verschwinden sollten. Dévil drückte seine Lippen kurz auf meine Wange, ehe er sich abwandte und die Halle verließ. Abby folgte ihm, ich sah ihm verwirrt nach.
Was war das denn?


Ich bekam keine Antwort und wandte mich an meinen Vater.
„Also schön, hier bin ich. Was nun?“
Mit ausdruckslosem Gesicht wies er auf einen Tisch, der voller Waffen war. Zögerlich ging ich auf den Tisch zu.
„Nimm dir alles was du brauchst.“, sagte Luzifer schließlich.
„Ich soll dich also angreifen, habe ich das richtig verstanden?“, fragte ich trocken. Er nickte.
Meine Mundwinkel zuckten. Nach kurzem Überlegen nahm ich einige Messer in die Hand, die ich dann mit Schlaufen und Heften an geeigneten Stellten meines Körpers befestigte. Nachdem das erledigt war fiel mein Blick auf einen Dolch, der in der Mitte des Tisches lag. Grinsend griff ich danach.
„Glaubst du wirklich es wäre einfach mich zu verletzen?“, fragte mein Vater in die Stille hinein.
„Wer weiß?“, antwortete ich, wirbelte herum und schleuderte eines der Messer nach ihm. Ich lachte als sich die Klinge in seine Schulter bohrte. Überrascht sah er mich an. Dann, binnen weniger Sekunden stand er vor mir und verpasste mir einen solch derben Schlag in den Magen,dass ich Blut spucken musste. Keuchend prallte ich auf dem harten Boden auf.
„Oh man . . .“, murmelte ich als ich versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Doch dann traf mich auch schon der nächste Schlag. Ich zögerte nicht lange und warf gezielt zwei Messer nach ihm. Eines traf ihn in der Brust, das andere bohrte sich in seinen Bauch. Ich stürmte auf ihn zu und wollte ihm einen Schlag mit der Faust verpassen, doch er wich geschickt aus. Er tauchte hinter mir auf, jedoch konnte auch ich seiner Faust ausweichen.
„Bevorzugst also den Nahkampf, hm?“, meinte ich mit zusammengebissenen Zähnen und grinste, als ich ihm nun doch einen Schlag verpassen konnte. Erst jetzt bemerkte ich den unglaublichen Schmerz in meiner Brust. Ich blickte an mir herunter und sah, dass eine Wunde in meiner Brust klaffte. Perplex sah ich wieder auf. Doch viel Zeit zum nichts tun blieb mir nicht, denn mein Vater stürzte sich erneut auf mich . . .
Eine halbe Stunde später lag ich Blut hustend auf dem Boden. Mein Vater war verschwunden. Ich hatte ihn mindestens genauso übel zugerichtet, wie er mich, allerdings sah man ihm die Erschöpfung nicht an. Die Wut dafür umso mehr. Scheinbar hatte er nicht damit gerechnet, dass ich so schnell war. Die Schmerzen die ich hatte waren mir egal, viel mehr störte mich, dass ich nicht in der Lage war aufzustehen. Ich sammelte meine letzten Kräfte und setzte mich langsam auf. Dann lehnte ich mich gegen die Wand hinter mir. Es fiel mir schwer die Augen offen zu halten. Das letzte was ich sah war Dévil, der plötzlich am Eingang der Halle auftauchte und dann auf mich zukam.
„Was machst du hier?“, hörte ich mich flüstern. Meine Augen waren inzwischen zugefallen. Alles was ich noch wahrnahm war seine Stimme und ein starker Griff. Hatte er mich hochgehoben?
„Ich bring dich in dein Zimmer. Dein Vater hat ziemlich wütend geklungen. Scheinst ihn ja ziemlich fertig gemacht zu haben, Kleine!“
Ich schaffte es zu lächeln.
„Allerdings aber dafür hat er mich auch ganz schön erwischt . . .“, antwortete ich immer noch flüsternd. Dann war ich auch schon eingeschlafen.


Sonntag, 12. 12. 2010




„Du hättest mich nicht Angel nennen dürfen. Sie wird früher oder später danach fragen.“
Wessen Stimme war das? Sie war rau und klang sinnlich. Dévil? Dann hörte ich eine weibliche Stimme.
„Du hast es ihr noch nicht gesagt? Verdammt, Dévil! Sei nicht immer so herzlos! Weißt du . . . Ich bin mir nicht ganz sicher aber ich glaube, sie macht sich Gedanken über dich.“
A-Abby? Sie hatte Recht, ich machte mir tatsächlich Gedanken über ihn! Seufzend hielt ich mir den Kopf und setzte mich auf. Ich ließ meinen Blick schweifen und sah Dévil und Abby an einem Tisch sitzen. Abby sah den Dämon an.
„Na, dann werde ich ihm mal Bescheid geben.“
Dann erhob sie sich und verließ das Zimmer. Mein Blick richtete sich auf Dévil. Auch er sah mich an. Doch sagen sollte keiner etwas. Schließlich hielt ich die Stille nicht mehr aus.
„Danke.“, sagte ich monoton. Irritiert sah er mich an. Er musste nicht nachfragen was ich meinte, ich wusste auch so das er mich fragen wollte wofür das Danke war.
„Dafür, dass du mich in mein Zimmer gebracht hast. Aber ich schätze wenn mein Vater dir nicht diesen Befehl gegeben hätte, wärst du auch nicht in der Halle aufgetaucht.“
Mit völliger Gleichgültigkeit stand ich auf. Ich spürte seinen Blick im Rücken, während ich mich vor den Spiegel stellte. Ich verkniff mir ein Seufzen. Mein Körper war übersät mit Blutergüssen und Schürfwunden. Die Wunde in meiner Brust war wegen eines großen Pflasters nicht mehr zu sehen. Kaum berührten meine Finger sie Stellte, stieß ich automatisch ein Zischen aus.
„Scheint als hättest du noch nicht alle deine Fähigkeiten erlangt.“
Ich drehte mich zu Dévil um und sah ihn irritiert an.
„Was meinst du?“
Der Dämon verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
„Jeder Höllenbewohner hat Selbstheilungskräfte. Du scheinbar nicht.“, meinte er monoton.
Ich seufzte leise und wandte mich ab.
„Das ist mir nicht entgangen. Aber mir ist egal das ich diese, und wahrscheinlich auch andere, Fähigkeiten nicht habe, ich bin auch so ganz gut ohne ausgekommen.“
Ich zuckte zusammen als er in Sekundenbruchteilen plötzlich vor mir stand und die Wunde an meiner Brust berührte. Ich stieß einen leisen Schmerzensschrei aus.
Dévil´s Mundwinkel zuckten.
„Es gibt auch ohne Selbstheilungskräfte einen Weg die Wunden zu heilen.“, sagte er leise.
„Und der wäre?“
„Der Biss eines Dämons.“
Mit hochgezogenen Brauen sah ich zu ihm auf.
„Also bitte, machen wir jetzt schon einen auf Vampir?“
Dévil lachte leise. Erst jetzt bemerkte ich, dass mir dieses Lachen gefiel. Trotz aller Merkwürdigkeiten sah ich Dévil inzwischen als eine Art Freund an. Vielleicht war er sogar mehr als das. Mehr als ein neuer Mitschüler, mehr als ein Klassenkamerad, mehr als ein Freund . . .
„Du wirst lachen aber es gibt gar keine Vampire. Und all die anderen Wesen wie Werwölfe sind auch erfunden.“
Ich musste tatsächlich lachen.
„Es gibt die Hölle, den Teufel und Dämonen. Darauf schließe ich das es auch die ganzen Gegenteile davon gibt, also den Himmel, Gott und Engel. Bei all dem ganzen Quatsch willst du mir weiß machen, dass es so etwas wie Vampire gar nicht gibt? Das ist doch verrückt!“
Im ersten Moment erstarrte er, doch dann lächelte er wieder.
„Tja, nicht alles lässt sich erklären. Und ja, es gibt den Himmel. Allerdings wird er Himnaríki genannt.“
Bei diesen Worten klang er nachdenklich. Ich überlegte ob ich ihn darauf ansprechen sollte. Aber wie? Ich wollte ihn nicht verletzen. Nicht noch einmal . . .
„Sag mal . . . Es gibt mehrere Dinge die ich dich fragen möchte aber . . . Um all diese Fragen zu vermeiden packe ich alles zusammen. Ich will wissen . . . wer du eigentlich bist. Du spielst eine größere Rolle, nicht wahr?“
Jegliches Gefühl wich aus seinem Gesicht, stattdessen trat ein kalter und distanzierter Ausdruck in seine Augen. Er wandte sich von mir ab und ließ sich wieder in einem Sessel nieder.
Er schwieg. Mit einem Seufzen setzte ich mich in den Sessel gegenüber von ihm.
„Also gut, warum hat Abby dich Angel genannt?“
Ein angedeutetes Lächeln huschte über sein Gesicht.
„Ist bloß ein Spitzname, so wie Dévil auch.“
Überrascht sah ich ihn an, ich zog die Beine an und machte es mir gemütlich. Vielleicht würde ich doch mehr aus ihm herauskriegen als gedacht.
„Nur ein Spitzname? Wie lautet dein richtiger Name?“
Stille. Dann ein kurzes Zögern.
„Kieran.“, sagte er ausdruckslos.
Wieder zog ich die Augenbrauen hoch. Vorwurfsvoll sah ich ihn an.
„Ich habe nach deinem richtigen Namen gefragt. Mit Betonung auf richtigen!“
Er seufzte leise, dann sagte er:
„Ariel.“
Ich schwieg. Ariel . . . diesen Namen hatte ich irgendwo schon mal gehört. Engel . . .

, schoss es mir durch den Kopf. Nicht schon wieder, dachte ich. Doch dann fing ich an zu kombinieren. Einen Moment mal. Gab es nicht einen Erzengel, der so hieß? War das der Grund dafür, dass mir ständig das Wort Engel durch den Kopf schoss? Hatte Dévil´s Spitzname Angel auch damit zutun?
„Wie kam es zu diesem Spitznamen?“, fragte ich gezielt unwissend und hoffte, er würde nicht erkennen das ich bereits eine Ahnung hatte.
Dieses Mal antwortete er jedoch gar nicht. Erneut entfuhr mir ein Seufzen.
„Meinetwegen, dann schweig! Dann kommen wir eben auf vorhin zurück. Was würde passieren wenn du mich beißt?“
Plötzlich trat wieder Leben in sein Gesicht. Vollkommen ernst sah er mich an, jedoch wirkten seine Augen nicht mehr ganz so kalt.
„Keiner weiß warum es so ist aber wenn ein Dämon jemanden in die Halsschlagader beißt, beginnt der Körper desjenigen sich vollkommen zu regenerieren.“
Ich blieb still, denn ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Plötzlich verzogen sich Dévil´s Lippen zu einem arroganten Lächeln.
„Na, was ist? Soll ich deine Wunden heilen oder nicht?“
Ich konnte mir ein Grinsen nur schwer verkneifen.
„Willst mir wohl unbedingt wieder an die Wäsche, hm?“
Er lachte leise. Nun richtete ich meinen Blick auf die Tür.
„Erst einmal: Wie lange habe ich geschlafen? Und was meinte Abby mit „Dann gebe ich ihm mal Bescheid“?“
„In der Menschenwelt hättest du bis zum Sonntagnachmittag geschlafen. Abby wird deinem Vater berichten das du aufgewacht bist.“
Wieder musste ich grinsen.
„Mich würde interessieren wie schlimm ich ihn erwischt habe!“, sagte ich und sah Dévil an als, als er wieder lachte.
„Ziemlich schlimm. Außer Abby und mir darf ihn keiner sehen. Wenn du ihn sehen könntest würdest du ihn auslachen. Wenn wir nicht seine Untergebenen wären würden wir auch lachen.“
Nun konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen. Stumm sah Dévil dabei zu wie ich mich vor Lachen kringelte, als ich mich wieder beruhigt hatte erhob ich mich, ging zu ihm und setzte mich auf seinen Schoß.
„Also gut, beiß` mich!“
Er zog die Stirn kraus und sah mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle.
„Wie bitte?“
Ich verdrehte die Augen.
„Du hast mich schon verstanden . . .“
Ein ernster Ausdruck trat in sein Gesicht. Schon wieder diese Distanzierung in seinen Augen . . .
„Bist du sicher?“, fragte er leise, während seine Lippen meinem Hals immer näher kamen.
„Jop.“, trällerte ich fröhlich.
„Ich sollte erwähnen, dass es weh tun wird.“, meinte er dann.
„Und wenn schon. Ich bin kein Weichei!“, antwortete ich gelassen und verkrallte mich schlagartig in seinen Oberarmen, als er seine Zähne in meinen Hals schlug.
Trotz der unglaublichen Schmerzen gab ich keinen Mucks von mir. Soweit kommt´s noch, dass ich ihm gegenüber jammere! Ich biss die Zähne zusammen, doch schon nach einigen Sekunden war der Schmerz wieder vorüber. Mit einem Grinsen sah er mich an.
„Bist wohl doch nicht so abgehärtet, hm?“
Ich schob die Unterlippe vor, darauf hatte ich keine Antwort parat. Er lachte.
„Was nun?“, fragte ich nach einer Weile.
Dévil schob mich vorsichtig von sich hinunter und stand auf.
„Ich hab noch einiges zu erledigen. Du wirst hierbleiben.“
Ich blies mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und verschränkte die Arme.
„Das war klar . . .“
Mit einem aufmunternden Lächeln ging Dévil zur Tür.
„Keine Sorge, Abby schaut später noch mal vorbei.“
Dann war er auch schon verschwunden.
. . .
„Abby?“
Die Dämonin wandte ihren Blick vom Fenster ab und sah stattdessen mich an.
„Ja?“
„Ich habe Dévil schon danach gefragt aber er hat mir keine Antwort gegeben also frage ich dich jetzt: Wie kam der Spitzname Angel zustande?“
Sie schluckte. Scheinbar wurde sie nervös, denn sie begann mir ihren Fingern zu spielen.
„Ähm, naja . . . weißt du . . . Dévil hat mir . . . von eurem Gespräch erzählt und . . . mir verboten dir solche Fragen zu beantworten.“, sagte sie stockend.
Sofort wurde ich von Wut überschwemmt. Abby zog bereits die Schultern ein.
„Nicht zu fassen, dieses Arsch!“, brüllte ich und sprang auf. Abby wurde leiser.
„Bitte reg` dich nicht auf! Wenn ich dir die Dinge erzähle, die ich dir nicht erzählen sollte, habe ich ein riesiges Problem! Mit Dévil ist nicht zu spaßen, glaub mir!“
Ich atmete tief durch und schaffte es tatsächlich mich ein wenig zu beruhigen.
„Ja, ich hab schon vor langem gemerkt das man mit diesem Köter besser nicht spielen sollte. Aber dann verrate mir wenigstens, warum sein Charakter so gespalten ist!“
Sie überlegte einen Moment, rieb sich die Hände und sah mich entschuldigend an.
„Naja, sagen wir einfach, er kann deine Gefühle nachempfinden, weil er selbst ziemlich viel durchgemacht hat . . . Genaueres kann ich leider nicht sagen.“
Ich verschränkte die Arme. Waren es Schuldgefühle die sich in mir breit machten?
„Faith? Alles okay?“
Ich zuckte unwillkürlich zusammen.
„Was? Äh, ja!“, sagte ich hastig und lächelte schwach. Doch Abby ließ sich nicht täuschen. Sie zog die Brauen hoch und sah mich fordernd an.
„Von wegen. Raus mit der Sprache, was ist los?“
Ich trat von einem Fuß auf den anderen. Dann begann ich auf und ab zu laufen.
„Abby, ich . . .“ Ich seufzte und setzte neu an. „Dévil hat schon mehrmals erwähnt, dass er weiß was ich durchgemacht habe und wie ich fühle. Jedes Mal wenn er das gesagt hat ist die Situation eskaliert! Er rastet total aus wenn es um seine Gefühle und um seine Existenz geht. Irgendwie . . . sind wir uns ähnlich. Ich verliere auch schnell die Kontrolle wenn es um meine . . . Vergangenheit geht. Allerdings kommt es mir manchmal so vor . . . als würde ich ihm etwas bedeuten! Mag sein das wir ständig aneinander geraten aber . . . Ich bin mir sicher . . . das er mich schützen will! Doch um auf den Punkt zu kommen, jedes Mal wenn besagte Situation aus den Fugen geraten ist, hatte ich Schuldgefühle. Und in diesem Moment auch um ehrlich zu sein. Dadurch das ich ihm erst nie geglaubt habe, habe ich ihm Unrecht getan. Ich komme mir echt mies vor. Was, wenn er gar nicht so gefühlskalt ist wie er immer tut?“
Verwirrt sah ich Abby an. Ich hatte eigentlich vor mit niemandem darüber zu reden, doch in der blonden Dämonin sah ich einen Menschen, äh, Verzeihung ich meinte eine Frau, die für mich wie eine Schwester war. Eine Schwester die gleichzeitig meine beste Freundin war. Sie seufzte.
„Weißt du . . . Dévil ist schwierig. Er war schon immer etwas anders. In all der Zeit die ich ihn nun kenne, schon einige Jahrhunderte um genau zu sein, gab es noch nie eine Person, der er vertraut hat.
Und obwohl wir wie Geschwister geworden sind, gibt es Dinge die er mir verschweigt. Selbst mir vertraut er nicht zu hundert Prozent aber das nehme ich ihm nicht übel! Sollte noch einmal eine heikle Situation vorkommen, solltest du versuchen ihn zu verstehen. Auch wenn du so gut wie nichts über ihn weißt. Was seine Gefühle angeht . . . Ich weiß nicht wie du zu ihm stehst und was du für ihn bist aber ich bin mir sicher er macht sich genauso viele Gedanken über dich, wie du über ihn. Verrate ihm nicht das ich dir das gesagt habe aber ich habe mitbekommen wie er versucht hat Luzifer über dich auszufragen. Und nun Themawechsel, bevor ich etwas sage, was ich eigentlich nicht sagen sollte.“
Ich lächelte.
„Danke, Abby.“, sagte ich leise. Sie nickte kurz.


Montag, 13. 12. 2010




Topasblaue Augen.


Blutrote Augen.


Blut.


Kampfgeräusche.


Schwarze Flügel.


Feuer.


Blaue Augen färben sich rot.


Ein Schrei . . .



„Dévil!“, keuchte ich und setzte mich ruckartig auf. Schweißgebadet schlug ich die Decke zurück und sprang aus dem Bett. In diesem Moment war es mir egal das ich nur ein freizügiges Shirt und Pants an hatte. Ich rannte aus dem Zimmer und lief durch den langen Flur. Dieser Traum hatte etwas zu bedeuten, da war ich mir sicher. Instinktiv lief ich in die richtige Richtung. An der Wand hingen Waffen, ich schnappte mir zwei Dolche und riss eine Tür auf, von der ich wusste, dass es die richtige war. Kaum war die Tür offen erstarrte ich. Doch ich fasste mich schnell und schleuderte einen der Dolche nach dem Teufel. Ich grinste kurz als der Dolch seine Hand an der Wand festnagelte. Sofort rannte ich zu Dévil, der blutüberströmt auf dem Boden lag. Ich hiefte seinen Oberkörper auf meinen Schoß und beugte mich über ihn. Sein ganzer Körper war von klaffenden Wunden übersät.
„Warum heilen die Wunden nicht?“, fragte ich hilflos. Dévil sah mich stumm mit roten Augen an. Ich sah wieder zu meinem Vater, der sich inzwischen wieder befreit hatte. Mit einem Knurren richtete ich mich auf und ging mit dem verbliebenden Dolch auf ihn los. Doch kaum hatte ich ihn verletzt zog er sich zurück und verschwand. Etwas irritiert sah ich mich um, dann kniete ich mich wieder neben Dévil. In meinem ganzen Leben kam ich mir noch nie so hilflos vor. Sein Anblick bereitete mir Schmerzen, doch eigentlich sollte das nicht sein. Es durfte nicht sein!
Der Dämon unter mir schien schwächer zu werden und mit einem mal wusste ich, was ich zutun hatte! Ich beugte mich zu ihm hinunter und schlug meine Zähne in sein Fleisch. Seine Finger bohrten sich in meine Taille, was ich nicht gerade als angenehm empfand.
Was . . . tust du?

, ertönte seine Stimme in meinem Kopf. Selbst seine Gedanken klangen schmerzerfüllt.
Ich habe keine Ahnung . . .

, antwortete ich ehrlich. Ein komisches Gefühl durchströmte mich. Ich hatte keine Ahnung warum ich glaubte Dévil beißen zu müssen, doch als ich mich zurücklehnte stellte ich fest, dass ich richtig gehandelt hatte. Die Wunden begannen sich zu schließen, das Blut versiegte. Erleichtert atmete ich aus.
„Alles okay?“, fragte ich leise und beobachtete, wie er vorsichtig aufstand. Er warf mir einen wütenden Blick zu.
„Bis auf die Schmerzen ist alles bestens!“, meinte er sarkastisch. Ich grinste spöttisch und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Scheint als wärst du doch nicht so abgehärtet, hm?“, ahmte ich seine Worte nach.
Als Antwort erhielt ich ein Knurren, welches ziemlich gefährlich klang.
„Was war hier eben los?“, fragte ich dann vollkommen ernst und monoton.
„Das geht dich nichts an!“, antwortete er in aggressivem Tonfall und wandte sich von mir ab.
„Und ob mich das was angeht!“, entgegnete ich noch aggressiver. „Glaubst du es ist mir egal wenn mein Vater sich mit meinem . . .“
Weiter kam ich nicht. Sein Schlag traf mich so hart, dass ich zu Boden ging. Ich hielt mir die Wange und sah sprachlos zu ihm auf. Ich erstarrte. Solch einen verbitterten Gesichtsausdruck hatte ich noch nie gesehen . . .
„Misch dich da nicht ein, hast du verstanden?“, brüllte er. Ich rappelte mich auf und sah ihn wütend an.
„Ich wollte eigentlich Freund sagen aber naja . . .“
Kopfschüttelnd drehte ich mich um und verließ fluchtartig den Raum.
Auf dem Weg zurück in mein Zimmer begegnete ich Abby, doch noch bevor sie mich grüßen konnte stieß ich sie zur Seite und ging weiter. Mit einem lauten Türknall verschwand ich in mein Zimmer.

Die gesamte restliche Nacht über konnte ich nicht schlafen. Wie auch. Mein Vater und dessen Untergebener hatten sich geprügelt. Ich konnte es natürlich nur vermuten, doch ich ahnte das es dabei um mich ging. Doch was noch viel schlimmer war, Dévil hatte mich geschlagen! Und das würde ich ihm nie verzeihen. Ich habe ihm viel zugetraut, sehr viel, und obwohl er schon mehrmals ausgerastet ist und die Kontrolle verloren hat, hatte ich gehofft er wäre nicht ganz so schlecht wie es zu Anfang schien. Doch da hatte ich wohl zu viel in ihn hinein interpretiert.
Ich wälzte mich von eine Seite auf die andere, doch ich fand keine Ruhe.
„Faith? Faith, bitte mach auf!“
Jemand klopfte an die Tür, die Stimme klang nach Abby.
„Nein.“, sagte ich laut und schloss die Augen. Ich wollte niemanden sehen und erst recht nicht mit jemandem reden.
„Geh zur Seite.“
Wessen Stimme war das? Viel zu spät erkannte ich die Stimme. Ich riss die Augen auf als die Tür mit einem Krachen aus den Angeln flog. Seine Schritte wurden auf dem Weg zu meinem Bett immer lauter.
„Was fällt dir ein, du . . .!“
Noch bevor er den Satz beenden konnte sprang ich mit einem Knurren aus dem Bett und griff mir den nächstbesten Gegenstand.
Du denkst jetzt sicher ich hätte mir eine Lampe oder ähnliches gegriffen, hehe, falsch gedacht!
Der Säbel in meiner Hand kam mir unglaublich leicht vor. Aus den Augenwinkeln konnte ich mein Spiegelbild sehen und das was ich sah jagte mir einen Schrecken ein.
Waren meine Augen rot?
„Komm mir nicht zu nahe!“, meinte ich drohend und hob das Schwert.
Doch er ignorierte meine Warnung und kam auf mich zu. Ohne zu zögern packte er mich an der Kehle, dann hatte ich auch schon keinen Boden mehr unter den Füßen.
„So sehr ich deinen Charakter auch schätze aber das geht zu weit! Was fällt dir eigentlich ein, dich einzumischen?“, brüllte mein Vater und schnürte mir die Luft ab. Trotz des Problems zu atmen, gelang es mir zu sprechen.
„Glaubst du ich sehe zu . . . wie du Dévil umbringst?“, krächzte ich. Die Pranke des Teufels um meinem Hals lockerte sich.
„Sieh` an, du scheinst ihn zu mögen.“, meine Luzifer in feststellendem Ton und sah mich mit purem Spott in den Augen an. Da ich nun wieder einigermaßen gut Luft bekam schaffte ich es, einen vernünftigen Satz ohne zu stocken auszusprechen.
„Blödsinn! Aber er ist einer der wenigen die mich so akzeptieren wie ich bin! Obwohl er meine Charakterzüge scheiße findet hat er noch nicht einmal versucht mich zu ändern und das ist es, was ich an ihm so schätze! Und jetzt will ich wissen worum es in diesem Kampf ging!“
Viel zu spät erst bemerkte ich, dass Dévil schon einige Zeit lang im Raum stand.
„Lass sie los!“, befahl er. Abby stand hinter ihm und sah nervös zwischen uns dreien hin und her.
Ich erkannte die Angst in ihren Augen und auch in Dévil´s Augen konnte ich einige Gefühle erkennen. Jedoch waren es ausschließlich Wut und Nervosität. Doch für einen kurzem Moment blitzte auch die Angst in seinen roten Augen auf.
Mein Vater sah über seine Schulter. Perfekt. Mit einem kraftvollen Hieb stieß ich ihm die Klinge des Säbels in den Bauch. Mit einem dumpfen Prall landete ich auf dem Boden. Luzifer stieß eine Art Brüllen aus und holte aus, doch während Dévil noch versuchte ihn aufzuhalten, wich ich geschickt aus. Statt mir bekam nun Dévil einen Schlag ab. Doch das war mir egal. Ich kam schnell wieder auf die Beine und funkelte den Dämon wütend an.
„Was willst du hier?“
„Mit dir reden.“, antwortete er mit völliger Gleichgültigkeit. Ich schüttelte den Kopf und ließ den Dämon nicht aus den Augen.
„Vergiss es! Ich will deine Entschuldigung nicht hören, du meinst es sowieso nicht ernst!“
Ich konnte die wachsende Wut in seinen Augen sehen. Abby mischte sich ein.
„Was ist eigentlich passiert?“, fragte sie. Keiner beachtete sie.
„Faith!“, sagte Dévil leise und eindringlich.
„Du hast mich geschlagen, Dévil!“, schrie ich. „Wie war das noch mit „Ich will dein hübsches Gesicht nicht entstellen!“?“, fügte ich hinzu. Seufzend fuhr er sich durch seine Haare.
Verdammt, Faith! Es tut mir leid! Wirklich! Würde ich jeden Mal auf dich losgehen wenn mir etwas nicht passt, wärst du schon längst nicht mehr am leben!


Stumm sah ich ihn an. Mein Vater schien die Situation interessant zu finden, denn er sah uns, ebenfalls stumm, an. Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich blinzelte sie weg und schüttelte den Kopf.
Lass mich in Ruhe!

, das ich bloß und wies auf die Tür.
„Wenn ihr dann jetzt verschwinden würdet.“
Mein Vater knurrte leise, dann wandte er sich an Dévil.
„Bring sie nach Hause. Für´s erste hab ich genug von ihr.“
Dann war er auch schon verschwunden. Dévil seufzte. Er schien zu wissen das es nicht einfach werden würde mit mir zu reden.
Ich gebe dir Bescheid wenn ich soweit bin.

, dachte ich an Dévil gewandt und deutete mit dem Kopf wieder auf die Tür. Bevor der Dämon den Raum verließ kam er zu mir. Ich erstarrte.
Ich hatte Angst vor ihm! Wie von selbst wich ich zurück, doch er legte seine Hand in meinen Rücken und schob mich wieder nach vorne. Mit dem Daumen strich er über meine Wange, seine Augen färbten sich wieder eisblau.
„Es tut mir wirklich leid, Kleine!“
Dann ging er weiter. Abby ließ mich ebenfalls alleine.
Faith, ich gebe ehrlich zu, dass ich schon mehrmals eine Frau geschlagen habe. Doch noch nie hat es mir so leid getan wie jetzt!

, ertönte die Stimme, des Untergebenen meines Vaters, in meinem Kopf. Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte, also blieb ich still.
Faith, bitte rede mit mir!


Du hast mich geschlagen, Dévil! Das mag jetzt vielleicht scheiße kitschig klingen aber . . .

, ich lachte nervös und auch ein wenig hysterisch.
Du hast mir etwas bedeutet! Naja . . . ich empfinde weder Liebe noch Freundschaft aber das ich dich hasse ist in manchen Momenten durchaus amüsant. Und jetzt sag mir endlich was zwischen Luzifer und dir abgelaufen ist!


Der Dämon seufzte in meinem Kopf.
Das geht dich nichts an. Außerdem will ich nicht darüber reden.


Du verdammte Flatsche!

, schrie ich ihm meine Gedanken entgegen. Doch zu meiner Überraschung erhielt ich nur ein Kichern als Antwort.
Im Beleidigen bist du wirklich eins A.


Dann wurde seine Stimme eine Spur weicher. Und jetzt mach dich fertig.




Dienstag, 14. 12 2010




„Hey, Kleine. Wach auf!“
Ich war schon längst wach, doch meine Augen hielt ich geschlossen. Ich wollte nicht aufstehen. Mein Gefühl sagte mir, dass etwas bevorstand. Es fühlte sich gefährlich an, ich ahnte das ich in Schwierigkeiten geraten würde. Das würde wohl oder übel ein schlechter Tag werden . . .
Dévil seufzte, plötzlich blieb mir die Luft weg.
„Hey, du Fisch! Was soll das? Ich bin wach!“, schimpfte ich los und trommelte mit meinen Fäusten auf Dévil´s Rücken herum. Der Dämon lachte.
„Ich weiß. Aber wenn du nicht aufstehen willst muss ich eben nachhelfen!“
Seit dem gestrigen Tag hatten Dévil und ich nicht mehr miteinander gesprochen. Das waren die ersten Worte die wir miteinander wechselten.
„Will Luzifer was oder warum dieser Aufstand?“, fragte ich genervt.
„Die Schule ruft.“, meinte Dévil gelassen und ließ mich im Bad wieder auf die Füße.
„Ich geh` nicht in die Schule.“, protestierte ich und verschränkte die Arme. Der Dämon verdrehte die Augen, packte meine Schultern und versuchte mich von der Stelle zu bewegen, doch ich hielt tapfer stand.
„Und ob du gehen wirst!“
„Nein!“ Er hielt inne, weshalb ich wütend zu ihm aufsah. „Na was ist? Schlag mich doch, vielleicht gehorche ich dann!“
Traurig sah er auf mich herab.
„Fängst du schon wieder an?“ Dann wurde er wieder etwas ernster. „Wir müssen reden, Faith.“
„Es gibt nichts worüber wir sprechen könnten.“, meine ich knapp und wandte mich ab.
Ich ging aus dem Bad als sich plötzlich zwei Hände an mein Gesicht legten und meinen Kopf in den Nacken legten. Dévil´s Augen waren zwar blutrot, doch ich konnte keinerlei Wut oder andere Gefühle in ihnen erkennen.
„Verdammt, Kleine, wie lange soll das noch so gehen, hm? Ich sagte doch das es mir leid tut! Woher hätte ich wissen sollen, dass ich dir wichtiger bin als du zugibst?“
Ich lachte kurz und befreite mich aus seinem Griff. Bestimmend schob ich seine Hände weg.
„Ich will keine Freundschaft schließen, du Idiot. Es reicht völlig aus wenn du in meiner Nähe bleibst.“
Dann prustete ich auch schon los.
„Gott, klang das scheiße!“, sagte ich lachend und hielt mir nach einer Weile den Bauch.
Dévil schien das nicht lustig zu finden, denn er sah mich ernst an. Ich konnte die Fragezeichen in seinen Augen und versuchte mich zu beruhigen. Mit Erfolg.
„Ich gehe nicht in die Schule, vergiss es.“
„Warum?“, entgegnete er bloß.
„Spürst du das nicht?“, fragte ich leise und sah ihn eindringlich an. Er schien keine Ahnung zu haben.
„Was meinst du?“
Ich hatte keine Ahnung warum ich nun in Gedanken mit ihm sprach, ich tat es einfach.
Du bist der Dämon von uns beiden, eigentlich müsste ich dich das fragen. Aber gut, ich rede von diesem komischem Gefühl. Fühlst du wirklich nichts?


Der Dämon grinste spöttisch und nahm eine imposante Haltung ein.
„Du meinst das Kribbeln in deinem Bauch, dem Beweis das du auf mich stehst?“, meinte er und lachte.
Ich ballte die Hand zur Faust. Ich war kurz davor auszuholen, doch ich schaffte es mich zusammenzureißen. Stattdessen schrie ich:
„Du elender Steckdosenbefruchter! Bist du blöd oder tust du nur so?“
Er brach in schallendes Gelächter aus.
„Sag mal, was ist los mit dir? Ist heute Tag der Beleidigungen?“
Ich knurrte leise, wurde nach kurzer Zeit aber wieder ernst und sah den Dämon nachdenklich an.
„Spaß beiseite. Ich habe ein ungutes Gefühl. Irgendetwas stimmt nicht . . .“
Dévil zog misstrauisch die Brauen hoch und klopfte dann im vorbeigehen meine Schulter.
„Keine Sorge, ich bin ja da. Und nun zieh dich an. Besser wir kommen zu spät als gar nicht.“
Mit einem verächtlichen Schnauben sah ich über meine Schulter.
„Du bist da? Schön, aber was hab ich davon, außer überstrapazierte Nerven?“
„Du vertraust mir nicht?“
„Kein bisschen!“, sagte ich lachend.

„Warum gucken die alle so?“, meinte er leise und ließ seinen Blick schweifen. Tja, hier saß ich nun. In meiner Klasse, Dévil neben mir. Mir war nicht entgangen, dass meine Mitschüler uns anstarrten als seien wir nicht von dieser Welt. Naja, genau genommen waren wir keine normalen Menschen und irgendwie konnte man behaupten, wir seien auch nicht von dieser Welt, doch nie würde jemand von ihnen erfahren wer oder was wir waren.
„Vielleicht weil du mir auf die Pelle rückst?“, schrie ich und verpasste ihm einen Box.
Dévil lachte leise, nahm mein Handgelenk und zog mich dann näher an sich heran.
„Also bitte, ja? Wir hätten fast miteinander geschlafen und jetzt rastet du schon aus wenn ich bloß neben dir sitze? Also wirklich, Kleine!“
„Du Idiot! Soll das die ganze Welt erfahren? Halt gefälligst die Schnauze!“, schrie ich und versuchte mich seinem Griff zu entziehen, doch er brach in schallendes Gelächter aus und zog mich mit einem Ruck auf seinen Schoß.
„Ach, jetzt komm schon! Es hat dir doch gefallen, also was hast du für ein Problem?“, meinte er lachend.
„Hör auf mit diesem Mist! Macht es dir Spaß mich so zu demütigen!“, keifte ich und haute ihn.
„Ach, Kleine!“, lachte der Dämon nur. Ich schob die Unterlippe vor, verschränkte die Arme und schwieg. Mag sein das ich frech war und mir so gut wie nichts gefallen ließ, doch auch ich hatte irgendwann mal nichts mehr auf Lager. Doch dann erinnerte ich mich an etwas.
„Du . . . Dévil?“
Fragend sah er mich an, ich ließ meine Hände in den Schoß sinken.
„Du hast damals behauptet, du seist nicht immer ein Dämon gewesen. Erzählst du mir die Geschichte?“
Mrs Pilar hatte die Klasse inzwischen betreten und trotz ihres wütenden Blickes den sie uns zuwarf hatte ich das Gefühl, Dévil und ich wären alleine. Der Dämon legte die Stirn in Falten.
„Wie kommst du eigentlich darauf, dass ich dir die Geschichte erzählen würde?“
„Wäre mein Vater letztens nicht aufgetaucht hättest du es mir erzählt.“, schmollte ich.
Dévil richtete seinen Blick auf Mrs Pilar, dann wieder auf mich.
Ein andern Mal, Kleine.


. . .
Seltsamerweise . . . hatte mich mein Gefühl getäuscht! Den ganzen Tag lang . . . passierte nichts. Rein gar nichts!


Montag, 20. 12. 2010




Der Weihnachtsball stand bevor. In den vergangen Wochen hatte Luzifer sich nicht blicken lassen.
Ich hatte also Zeit den alltäglichen Dingen des Lebens nachzugehen. Zum Beispiel ein vernünftiges Kleid für den Ball kaufen . . .
„Faith! Das Telefon klingelt!“
Ich hielt inne. In drei Stunden begann der Ball, ich hatte also nicht mehr viel Zeit.
„Na dann geh doch `ran!“, brüllte ich und wandte mich wieder meinem Spiegelbild zu.
Ich zog den Lidstrich weiter, als plötzlich die Tür aufflog und Dévil mir das Telefon hinhielt.
„Ist für dich.“, sagte er genervt.
Ich stieß ein Schreien aus als ich mein Spiegelbild sah.
„Ahh! Du Spasti, guck was du gemacht hast!“, fauchte ich und wies auf mein Auge.
„Das ist nur ein Strich.“, meinte er gelassen und zuckte mit den Schultern. Doch das machte mich nur noch wütender. Ich ballte die Hände zu Fäusten und wurde noch lauter.
„Ein wasserfester Strich, du Schleim scheißende Bambus-Kröte!“
Der Dämon fing an zu prusten und warf mir das Telefon zu. Dann war er auch schon verschwunden.
„Hallo?“
„Faith? Ich bin´s, Sienna. Sag mal, was ist denn bei dir los? War das Dévil´s Stimme?“
„Oh, hallo, En. Ähm, ja, Dévil ist bei mir. Man kann sagen . . . er wohnt bei mir. Aber egal, was gibt’s?“
„Och, wollt` nur mal hören wie´s vor dem Ball so bei dir aussieht. Mit wem gehst du eigentlich hin?“
Ich zögerte, doch dann lächelte ich mich selbst im Spiegel an.
„Naja . . . um ehrlich zu sein hat mich niemand gefragt, ich selbst wüsste nicht mit wem ich hingehen sollte. Aber ich glaube . . . das ist besser so! Lieber gehe ich alleine als mich von irgendeinem Idioten begleiten zu lassen.“
Sienna kicherte.
„Typisch. Du warst schon immer eine Einzelgängerin.“
Ich lachte.
„Tja, einmal ein einsamer Wolf, immer ein einsamer Wolf. Was ist mit dir? Mit wem gehst du?“
. . .
„Ähm, Sienna, tut mir leid aber ich muss Schluss machen. Wir haben eine halbe Stunde verquatscht und dank dieses Knallfroschs Dévil ist der Lidstrich jetzt total daneben gegangen!“
Meine Mitschülerin begann laut zu lachen.
„Ah, verstehe. Wir sehen uns dann später.“
. . .
„Du gehst also alleine?“
Ich sah zur Tür. Dévil schien auf der anderen Seite zu stehen und auf eine Antwort zu warten.
„Ja.“, antwortete ich monoton. Dann hörte ich ein Seufzen.
„Ich hatte eigentlich nicht vor hinzugehen aber ich kann dich schlecht alleine gehen lassen. Tja, jetzt gehst du nicht mehr alleine hin.“
Ich erstarrte.
„Wie bitte? Ist das dein Ernst?“
„Ja.“, kam es monoton zurück. Ich verkniff mir mein Lachen.
„Sorry, Dévil aber daraus wird nichts. Lieber gehe ich alleine als von dir begleitet zu werden. Und überhaupt: Hast du überhaupt einen Anzug?“
„Vergiss es, du wirst nicht alleine gehen. Und ja, habe ich. Sogar mehrere.“
Mit einem genervten Seufzen gab ich mich geschlagen.
„Widerstand ist zwecklos, hm?“, meinte ich und bekam als Antwort ein leises Lachen.
. . .
„Bist du fertig?“
„Nur einen Moment noch!“, rief ich und schlüpfte in meine silbernen Schuhe. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel. Ich hatte meine Haare mit einem Lockenstab eingedreht und sie dann locker hochgesteckt, nur einige Strähnen umrahmten mein Gesicht. Meine Augen waren nur ein wenig schwarz geschminkt und auch meine Lippen schimmerten nur in einem leichten rot.
Dafür war mein Kleid umso schöner und auffälliger. Es war schwarz, knielang und bestand aus einer Corsage und einem Rock. Goldene Blumen waren im Stoff auf der Brust eingearbeitet und auch im Rock funkelte es an einigen Stellen gold. Ich grinste, dann trat ich aus dem Bad.
„So, ich bin fertig!“
Schweigend musterte Dévil mich von oben bis unten. Auch ich betrachtete ihn ausgiebig. Er trug einen schwarzen Anzug. Das Jackett hatte er offen gelassen und auch die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes waren offen. Ich brannte wirklich darauf ihm ein Kompliment zu machen, doch diesen Gefallen tat ich ihm nicht. Er wusste auch so das er gut aussah.
„Kein Kompliment zu meinem Aussehen?“, sagte ich grinsend und zog eine Augenbraue hoch. Ich überspielte meine Überraschung als er sagte:
„Wozu denn? Du weißt auch so das du hübsch bist, dass brauche ich dir nicht auf die Nase zu binden.“
„Stimmt!“, sagte ich lachend und erstarrte als er zu mir kam und sich zu mir hinunterbeugte.
„Dennoch . . .“, begann er leise. „Du siehst unglaublich aus.“
„Danke.“, antwortete ich noch leiser als er.
„Aber bist du sicher, dass du du fertig bist?“
„Hä?“
Verwirrt sah ich zu ihm auf. Lächelnd hielt er die Hand hoch. Etwas silbernes baumelte in seiner Hand. Er fasste mich bei den Schultern und drehte mich herum, dann legte er mir etwas um den Hals.
Mit den Fingerspitzen berührte ich vorsichtig den silbernen Anhänger. Dann nahm ich ihn in die Hand und betrachtete ihn. Was nicht gerade einfach war, da die Kette nicht gerade lang war.
Es war ein Mond. In diesem Mond war eine Frau zu sehen. Sie hatte lange Haare und Flügel.
„Das ist das Amulett der Mondgöttin Luna. Ihm werden magische Kräfte zugeschrieben. Angeblich soll es seinem Träger Schutz bieten. Du musst selbst entscheiden ob du daran glaubst oder nicht.“, erklärte er.
„Das ist wunderschön! Woher hast du das?“, sagte ich leise und legte den Kopf in den Nacken, um ihn ansehen zu können.
„Es wurde mir . . . vor sehr langer Zeit anvertraut.“, sagte Dévil und hielt mir dann den Ellenbogen hin. Er klang nachdenklich. Schwelgte er in Erinnerung?
„Und nun komm. Es wird Zeit.“
Ich lächelte, nickte und hackte mich bei ihm ein.
. . .
„Wow. Hätte nicht gedacht das die Aula so schön sein kann.“
Verblüfft ließ ich meinen Blick durch die riesige Halle schweifen. Dévil lächelte stumm. Doch irgendetwas sagte mir, dass etwas nicht stimmte. Der Dämon verhielt sich komisch. Auf dem Weg hierher war er seltsam still gewesen und ausnahmsweise gerieten wir mal nicht an die Fronten.
„Dévil, was ist los?“, fragte ich und sah misstrauisch zu ihm auf.
„Ich habe ein komisches Gefühl . . .“, meinte er monoton. Ich seufzte.
„Ich habe mich schon lange nicht mehr amüsiert. Ich wäre dir dankbar wenn du für diesen Abend auf blöde Sprüche verzichten würdest, ebenso wie Fluchtiraden wegen meines Vaters. Für diesen Abend . . . will ich außer von meinem normalen Leben und mir nichts hören, hast du verstanden?“
Er sah auf mich herab und hielt mir dann demonstrativ die Hand hin.
„Tja, wenn man´s genau nimmt bist du die Prinzessin der Unterwelt, ich muss tun was du sagst.“
Mit klappte die Kinnlade herunter.
„Wie bitte?“, motzte ich. „Das heißt du müsstest eigentlich tun was ich sage?“
Der Dämon grinste frech.
„Ja. Hätte mir dein Vater nicht verboten auf dich zu hören.“
Ich ballte die Hand zur Faust.
„Dein Glück!“
Dévil lachte leise und führte mich auf die Tanzfläche.
Tja, irgendwann bist du diejenige die mir Befehle erteilt. Aber bis dahin . . . wird es noch ein bisschen dauern. Doch in diesem Moment habe ich die Chance einen deiner Befehle auszuführen.


Während ein langsames Lied anstimmte und Dévil mich an sich drückte, sah ich zu ihm auf.
„Danke.“, sagte ich leise und lächelte schwach.
. . .
„Faith!“
Ich drehte mich um.
„Oh, Sienna!“
Meine Mitschülerin sah über meine Schulter zu Dévil, der nicht weit von uns entfernt stand und mich beobachtete.
„Du hast doch gesagt du hast niemanden der dich begleitet. Und ich dachte Dévil wollte nicht kommen.“
Ich sah kurz zu dem Dämon, dann wieder zu Sienna.
„Ähm . . . er hat mitbekommen wie ich gesagt habe das ich alleine zum Ball gehe, da meinte er er wird mich begleiten. Tja, hier sind wir nun.“
„Verstehe, du . . .“
Glas klirrte. Schreie. Ein lautes Krachen.
Ich wirbelte herum und sah . . . Flügel? Ja, tatsächlich. Strahlend weiße Flügel. Und die dazu passenden Körper sahen genauso unglaublich aus. Engel. Es gab sie tatsächlich!
Dévil tauchte plötzlich neben mir auf und drückte mir etwas in die Hand. Dann zog er mich mit und stieß mich unter einen Tisch. Mit einem wütenden Blick gab er mir zu verstehen, dass ich da bleiben sollte wo ich war.
Engel? Was wollen die hier?

, dachte ich und betrachtete nun das Ding in meiner Hand.
Um Himmels willen. Messer! Und das nicht gerade wenige. Das waren geschätzte zehn oder sogar fünfzehn Messer!
Ich habe da so eine Vermutung aber ganz genau weiß ich es natürlich nicht.

, sagte Dévil in meinem Kopf. Ich schwieg und versteckte die Messer in der Zwischenzeit. Gut das mir mein Kleid bis zu den Knien reichte, so hatte ich die Chance die Messer mit den Lederbändern an meinen Oberschenkeln zu befestigen. Einfach war das nicht, unter einem Tisch war nun mal nicht viel Platz. Ich schlüpfte aus den Schuhen und seufzte leise. Was war hier eigentlich los? Es krachte einige Male, dann wurde es still. Auch die panischen Schreie waren verstummt. Dévil´s Stimme erklang und hallte wie ein Echo durch die Aula.
„Was wollt ihr?“
„Sieh an, wenn das nicht mal Ariel ist.“
Ich erstarrte. Wer . . . war das? Diese Stimme war . . . angsteinflößend! So tief und . . . voller Verabscheuung.
„Raphael.“, hörte ich Dévil sagen. Ich schluckte. Hatte ich wirklich das Recht mich hier zu verstecken? Der Dämon schwebte doch in Gefahr!
„Sag uns wo das Mädchen ist. Dann kriegst du auch keine Probleme.“
Die waren . . . hinter mir her? Deswegen hatten die Kerle die Aula zerstört? Wegen mir? Aber warum? Etwa, weil ich die Tochter von Luzifer war? Ich ballte die Hände zu Fäusten. War ja klar, mein Vater macht nichts als Ärger. Wie dämlich muss man sein um ein Kind in die Welt zu setzen? Hätte er nicht wissen müssen das sein Nachfolger auf der Todesliste stehen wird? Ich bin sicher diese Engel wollen verhindern, dass ich die Herrscherin der Unterwelt werde. Verdammt!
Ich erstarrte wieder als ich Dévil´s Stimme hörte.
„Vergiss es! Ich habe euch damals schon nicht gehorcht, glaubt ihr wirklich das sich das ändern wird? Und überhaupt: Was wollt ihr von ihr?“
„Also wirklich, Ariel. Du warst immer der scharfsinnigste und nun weißt du nicht einmal mehr, was unsere Aufgabe ist? Wie traurig . . .“
Dévil klang auf einmal panisch und nervös.
„Soll das heißen . . . ihr habt den Auftrag sie zu töten?“
„Das ist unsere Aufgabe, ja.“, antwortete dieser Raphael.
Moment mal! Raphael . . . Ariel . . . Erzengel? Nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Flügel auf Dévil´s Rücken, sein Spitzname Angel, die Worte er sei nicht immer ein Dämon gewesen und die Worte Ich habe euch damals schon nicht gehorcht

. . .Er war mal ein Engel, natürlich!
Ich hatte genug. Voller Zorn kam ich unter dem Tisch hervor. Ich hoffte nur, sie würden die Messer nicht bemerken, die ich in die Ärmel meines Boleros geschoben hatte. Als Dévil mich bemerkte funkelte er mich mit roten Augen an. Ich ahnte das auch meine Augen wieder rot waren, so wie damals, bei meinem Vater.
„Sag mal spinnst du? Du solltest unter dem Tisch bleiben, du dumme Pute!“, schrie er.
„Jetzt halt mal die Luft an, du verdammte Arschgeige! Du bist mir einige Erklärungen schuldig!“
Dévil knurrte mich an, der Engel namens Raphael schwieg. Ich musterte den Engel. Er war unglaublich groß, größer wie Dévil. Seine Haare waren goldblond und seine Augen so schwarz wie zwei Onyxe. Sein Körper war bestimmt drei Mal so kräftig wie der von Dévil. Ich schluckte.
„Dein Name ist also Raphael? Also schön, dann sag mal, Raphael. Was hat dieser Knallfrosch hier verbrochen, dass er in der Hölle schmoren darf?“
Der Engel zog die Brauen hoch und musterte mich.
„Die Kleine macht sicher eine Menge Probleme.“, meinte er monoton.
„Das kannst du laut sagen!“, knurrte Dévil.
Ich streckte dem Dämon die Zunge raus, dann wandte ich mich wieder an Raphael.
„Nun sag schon, was hat er angestellt? Er selbst will es mir ja nicht sagen.“
Der Engel seufzte und verschränkte die Arme. Der Engel hinter ihm, genauso groß, braune Haare und grüne Augen, seufzte ebenfalls.
„Du bist ganz schön nervig, Kleine. Aber gut, ich werde mich kurzfassen. Der liebe Ariel hat . . .“
Ein lautes Brüllen ging durch die Aula. Es war Raphael´s Brüllen.
„Tut mir leid aber wenn ich seine Geschichte hören will, dann von ihm persönlich!“
Die zwei Messer aus meinen Ärmeln hatten sich in Raphael´s Flügel gebohrt. Nach der Lautstärke seines Brüllens her schien es, als wären ihre Flügel ziemlich empfindlich. Der andere Engel wollte sich auf mich stürzen, doch Dévil schubste mich zur Seite und wehrte ihn ab.
„Was soll das? Bist du verrückt? Hast du eine Ahnung wer die sind?“, brüllte er mich an.
„Erzengel, schon klar! Aber die wollen mich umbringen, glaubst du wirklich ich habe Lust hier ein Gespräch anzufangen, in der Hoffnung sie verlieren das Interesse an mir? Du hast wohl `ne Macke, du Idiot! Und jetzt lass uns verschwinden!“
„Verschwinden? Daraus wird nichts! Die beiden hier gehen nicht so leicht zu Boden, glaub mir, dass wird dauern.“
Ich lachte kurz und wich der Faust aus, mit der Raphael versuchte mich zu treffen.
„Och, ich hab Zeit.“
„Tut uns leid aber wir nicht. Wir können uns nicht ewig mit euch `rumschlagen!“, knurrte Raphael und packte mich an der Kehle.
Ich rang nach Luft, schaffte es aber nach einem Messer zu greifen. Mit voller Wucht rammte ich es dem Engel in den Rücken.
„Euch wird wohl nichts anderes übrig bleiben.“, keuchte ich, nachdem ich auf den Boden fiel.
Dévil kämpfte immer noch mit dem anderen Kerl, sah sich aber immer mal wieder kurz nach mir um.
„Wie wäre es wenn du nicht immer so eine große Klappe haben würdest und stattdessen mal ein wenig Angst zeigst!“, rief er.
„Zum Angst haben ist jetzt keine Zeit, du Spast!“, rief ich zurück und warf mich zur Seite, als Raphael wieder über mir auftauchte.
„Du nervst!“, knurrte ich und schleuderte das nächste Messer. Wieder ein Brüllen. Schon wieder hatte ich seinen Flügel erwischt.
„Schade um die schönen Flügel.“, meinte ich trotz der Schwierigkeiten gut gelaunt. „Muss toll sein fliegen zu können.“
Dévil verpasste seinem Gegner einen Schlag bei dem er zu Boden ging, dann wirbelte er herum und stürmte auf mich zu.
„Was machst du?“, schrie ich, doch wir knallten bereits auf den Boden.
Blut tropfte auf meine Wange.
„Ariel . . .“, hauchte ich und erstarrte. Eine blau flammende Klinge steckte in seinem Rücken.
Raphael stand über uns und zog die Klinge aus seinem Fleisch.
„Pass gefälligst auf!“, knurrte der Dämon und sah mich wütend an. Ich schluckte und bewegte mich ein wenig. Dann drückte ich meine Lippen auf seine Wange.
„Danke.“
Dann rappelte ich mich auf und drohte ihm mit der Faust.
„Aber ein einfaches „Duck` dich!“ hätte auch gereicht!“, keifte ich. Raphael kniff die Augen zusammen.
„Noch nie hat jemand so mit Ariel geredet. Irgendwie kann er einem leid tun . . .“, meinte er monoton.
„Spar dir dein Mitleid! Das hat er nicht nötig!“, fauchte ich und warf die nächsten Messer.
Dieses Mal gingen sie jedoch daneben.
Dévil tauchte neben mir auf.
„Ich stimme dir ausnahmsweise mal zu. Auf eine Mitleidstour kann ich wirklich verzichten.“
Hör zu. Wenn ich dir ein Zeichen gebe läufst du nach Hause. Luzifer wird dort sein. Ich komme nach.


Ich hielt kurz inne, dann lächelte ich, sagte aber nichts.
Gut. Aber ich hoffe für dich, dass keiner der beiden mir folgen wird. Ich kann zwar schnell rennen aber ich bin ziemlich tollpatschig

!, dachte ich dann.
Er warf mir einen Blick zu, dann huschte ein kurzes Lächeln über sein Gesicht.
Du kriegst das schon hin.


Der Engel, dessen Namen ich immer noch nicht kannte, knurrte laut.
„Schluss mit diesen Kindereien! Warum verteidigst du das Mädchen so, Ariel? Seit wann gefällt es dir für den Teufel zu arbeiten?“
„Ich verteidige sie, weil es meine Aufgabe ist. Glaubt ihr im Ernst es gefällt mir die Drecksarbeit für Luzifer zu machen? Was habe ich denn für eine Wahl? Habt ihr eine Ahnung was passiert wenn ich mich ihm widersetze? Außerdem hat die Kleine den Tod nicht verdient, sei es drum ob sie nervig ist oder die Tochter Luzifer´s.“
Ich schwieg. Wenn jemand nervig war, dann jawohl er! Aber ich machte jetzt lieber keinen Aufstand, dass würde nur Probleme geben.
Ich wandte den Blick von meinem Leibwächter ab und richtete ihn stattdessen auf die Engel.
„Jetzt hört mal zu, ihr beiden. Ihr habt wohl einen an der Waffel wenn ihr glaubt es würde ihm passen mir ständig hinterher zu laufen. Ich finde es genauso schlimm ständig von ihm begleitet zu werden! Allerdings . . . Ach, egal. Schluss mit diesem Palaver.“
Plötzlich hatte Dévil ein Schwert in der Hand. Es bestand aus Flammen, allerdings waren sie nicht blau wie die von Raphael, sondern rot. Er warf mir einen vielsagenden Blick zu. Ich nickte.
Während er sich auf die beiden Bewohner von Himnaríki stürzte machte ich auf dem Absatz kehrt und rannte los. Gut das man sich in einem Kleid so gut bewegen konnte . . .
. . .
Ich knallte die Tür hinter mir zu und rang nach Luft. Kompliment an mich selbst, ich war schneller geworden. Ich sah auf und begegnete dem wütenden Blick zweier roter Augen. Ich hatte weder Zeit etwas zu sagen, noch auszuweichen. Die Wucht seines Schlags warf mich gegen die Wand.
Ich hielt mir die Wange und sah wütend zu ihm auf.
„Was fällt dir eigentlich ein Dévil alleine zu lassen? Hast du eine Ahnung was die mit ihm anstellen?“, brüllte er. Verwirrt sah ich ihn an.
„Äh, was? Aber . . . er hat doch gesagt . . . ich soll abhauen.“
Mein Vater war außer sich vor Wut. Dem wollte ich nicht im Dunkeln begegnen. So ein kraftvolles rot hatte ich noch nie gesehen.
„Dieser Idiot! Ich habe ihm doch gesagt er soll dich nicht alleine lassen! Er weiß genau das er alleine nicht gegen Raphael und Gabriel ankommt! Dadurch das er dich hergeschickt hat wissen sie jetzt wo du wohnst! So eine Scheiße aber auch!“
Nun war ich noch verwirrter. Ich rappelte mich auf und sah meinen Vater fragend an.
„Aber ich sie haben mich doch gar nicht verfolgt. Wie sollen sie dann wissen wo ich jetzt bin?“
Luzifer schien sich ein wenig beruhigt zu haben, dennoch konnte er einem Angst einjagen.
„Sie können dich spüren, Faith.“, sagte er monoton, dennoch ausdrucksstark. „Sie können jeden Dämon spüren der sich auf der Erde herumtreibt. Du bist zwar noch keine volle Dämonin, dennoch kommt deine Kraft an die von Dévil `ran. Und der ist nicht gerade schwach.“
„Äh, soll das heißen ich bin fast so stark wie er?“, fragte ich verblüfft.
Mein Vater nickte und sah mich dann nachdenklich an.
„Ich glaube ich muss dir noch einiges beibringen. Aber egal. Pack deine Sachen. Ich werde dem Nichtsnutz von Dévil mal helfen, es wird gleich jemand hier sein.“
Dann war er auch schon verschwunden.
„Na toll . . .“, murmelte ich und rannte in mein Zimmer. Die Wohnung war wie immer leer. Erst jetzt fragte ich mich, was eigentlich mit meiner angeblichen Familie passiert war. Ich hatte sie schon ewig nicht mehr gesehen. War mein Vater Schuld? Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich konnte mir das egal sein, schließlich war das nicht meine richtige Familie. Ich schnappte mir eine große Tasche und schmiss alles hinein was ich brauchte und was mir wichtig war. Unter anderem einige meiner Bücher. Nachdem das erledigt war zog ich das Kleid aus. Ich legte die Messer ab, griff nach einer kurzen Hose, schlüpfte hinein und band dann wieder einige der Messer an meinen Oberschenkel. Ich schätze es war besser immer ein paar Waffen dabei zu haben, für den Fall, dass ich wieder in Schwierigkeiten kam.
Ich nahm eine Bewegung hinter mir wahr weshalb ich eines der Messer in meine Hand gleiten ließ. Dann wirbelte ich herum.
„C-Carter?“, fragte ich verwirrt. Der Dämon grinste breit und betrachtete mich ausgiebig.
„Trotz des Messers in deiner Hand ein schöner Empfang.“, sagte er.
Ich knurrte leise, wandte mich ab und griff nach einem T-shirt.
„Schau nicht so, dass sind bloß zwei Brüste, nichts besonderes.“
Carter lachte leise und trat näher an mich heran.
„Für dich nichts besonderes, für mich eine wahrer Augenschmaus!“
„Komm mir bloß nicht zu nahe!“, drohte ich und hob die Faust.
Der Dämon lachte und wurde dann wieder ernst.
„Beeil` dich. Wir müssen hier weg.“
Ich nickte und beeilte mich. Kaum war ich fertig fand ich mich auch schon in Pragaras wieder.
„Findest du den Weg alleine? Abby wartet auf dich.“
Ich? Alleine durch Pragaras? Um Himmels willen! Ich nickte.
„Klar.“
Worauf hatte ich mich da bloß eingelassen?
Eine gefühlte Viertelstunde später lief ich orientierungslos durch die Straßen und Gassen. Die Blicke der komischen Gestalten entgingen mir nicht, doch die Messer die ich bei mir hatte gaben ein kleines Gefühl der Sicherheit.
„Hey, Mädchen!“, ertönte es hinter mir.
Panisch, und mit Messern in der Hand, wirbelte ich herum. Erschrocken wich ich einige Schritte zurück. Das Ding vor mir sah alles andere als menschlich aus. Es war ein Hund. Ein riesengroßer Hund! Er überragte mich um Längen, ich musste den Kopf in den Nacken legen um ihn richtig ansehen zu können. Sein Fell war schwarz und zottelig und seine Augen glühten feuerrot.
„Hast du dich verlaufen?“, fragte er.
Ich war verwirrt. Seit wann konnten Hunde reden? Tja, die Unterwelt eben . . .
Ich nickte bloß.
„Wo musst du hin?“
„Zum Turm von Luzifer.“, sagte ich monoton und umgriff die Messer in meiner Hand.
Der Hund lachte und legte sich auf den Boden.
„Du vertraust mir nicht, schon klar. Aber keine Sorge, ich tue dir nichts. Ich war mal ein Engel, also ist nicht alles in mir dämonisch. Und nun steig auf, ich bringe dich hin.“
Überrascht zog ich die Brauen hoch. Nach einigen misstrauischen Blicken stieg ich auf seinen Rücken. Langsam setzte er sich in Bewegung. Er wollte los rennen, doch ich lachte leise.
„Lass dir Zeit. Ich habe es nicht eilig.“
„Wie du willst. Sag mal, was hast du hier in Pragaras verloren? Ich kann nur wenig dämonisches an dir fühlen. Verrate mir erst einmal deinen Namen.“
„Ich heiße Faith.“, antwortete ich barsch und wartete auf seine Reaktion.
Er blieb stehen und sah über seine Schulter zu mir.
„Faith? Soll das heißen du bist . . .“
„Luzifer´s Tochter, ja.“, beendete ich seinen Satz und lächelte. „Hast du jetzt Angst?“, fügte ich lachend hinzu. Er stieß ebenfalls ein kurzes Lachen aus.
„Vor dir nicht, nein. Vor deinem Vater schon! Schließlich ist er der Herr der Unterwelt. Dafür das du seine Tochter bist, bist du allerdings ziemlich nett. Ich hätte eine verwöhnte Göre erwartet.“
Ich verpasste ihm einen leichten Hieb und grinste dann.
„Verwöhnt nicht aber du solltest vorsichtig sein, ich kann ziemlich schnell unangenehm werden.“
Er lachte, ich wurde nachdenklich.
„Sag mal . . . Wie heißt du eigentlich? Du hast gesagt du warst mal ein Engel. Dann kennst du doch sicher Ariel, oder?“
Er blieb stehen und knurrte. So wie es ein Hund nun mal tat wenn er wütend war.
„Nenne . . . diesen Namen nie wieder in meiner Gegenwart, hast du verstanden?“
Er schnaubte kurz, dann sagte er:
„Nenn mich Kieran.“
„Kieran?“, murmelte ich. „Den Namen habe ich schon einmal gehört.“
Dann ging mir ein Licht auf.
„Aber natürlich!“, sagte ich laut. „Verzeih mir wenn ich das Thema weiter vertiefe aber . . . Dévil, oder besser gesagt Ariel, macht einen auf geheimnisvoll. Ich wollte am Anfang so gerne alles über ihn erfahren. Ich fange wohl besser von vorne an, sonst ist das ganze zu verwirrend.
In der Menschenwelt kam Ariel als neuer Schüler an meine Schule. Er ging mir ziemlich auf die Nerven aber irgendwie habe ich mich an ihn gewöhnt. Wie dem auch sei, ich hab schnell gemerkt das er mehr als nur ein neuer Schüler war. Irgendwann kam raus das er ein Dämon ist und Luzifer mein Vater. Ariel hatte den Auftrag mich nach Pragaras zu bringen, als das erledigt war scheint mein Vater ihn als eine Art Leibwächter eingestellt zu haben. Ich habe mitbekommen wie Abby ihn Angel genannt hat, natürlich habe ich nachgefragt wie es zu diesem Spitznamen kam. Aber Ariel wollte mir nicht antworten. Dann habe ich angefangen ihn auszufragen. Als ich ihm nach seinem richten Namen gefragt habe, hat er mit Kieran geantwortet. Wart ihr mal . . . Freunde?“
Wieder knurrte der Hund unter mir. Dieses Mal so laut, dass sein ganzer Körper zu vibrieren begann. Ich schluckte, Kieran setzte sich wieder in Bewegung.
„Freunde . . . Ich weiß nicht ob wir Freunde waren. Allerhöchstens waren wir . . . Partner. Ariel hat sich scheinbar kein bisschen verändert. Er war schon immer sehr schweigsam. Es dauert nicht mehr lange bis zum Tower. Ich bezweifle das ich die Chance habe dir alles zu erzählen.“
Ich grinste fies und lehnte mich etwas vor, um ihm etwas in seine Ohren zu flüstern.
„Weißt du was? Du wirst bei mir bleiben. Die Gelegenheit etwas über Ariel zu erfahren lasse ich mir nicht entgehen!“
„Ich bezweifle, dass das möglich ist. Ich kenne Luzifer. Er wird es nicht erlauben.“
„Oh, dass werden wir ja sehen!“, sagte ich in überheblichem Tonfall und grinste dann wieder.
„Also dann, fang an zu erzählen.Wenn du und Ariel Partner wart, warum hegst du dann so einen Groll gegen ihn?“
Kieran seufzte.
„Das ist eine lange Geschichte. Aber gut, ich werde sie dir erzählen. Auch wenn Ariel mich dafür umbringen könnte.“
„Wenn er das macht hat er ein Problem. Und zwar ein riesengroßes!“, meinte ich nebenbei und überließ ihm wieder das Wort. Er lachte leise, wurde aber schnell wieder ernst.
„Ariel hatte, so wie jeder andere Erzengel auch, einen Engel an seiner Seite, der für ihn unentbehrlich war. Ich und viele andere Engel, waren also so etwas wie ihre Assistenten.
Ariel und ich hatten eigentlich nicht viel miteinander zutun, doch wenn es ums kämpfen ging waren wir ein eingespieltes Team. Wir konnten uns immer auf den anderen verlassen, trotz der wenigen Worte die wir miteinander wechselten. Viele Jahrhunderte lang habe ich für ihn gearbeitet, doch irgendwann fing Ariel an sich komisch zu verhalten. Immer öfter erledigte er seine Aufträge alleine.
Ich bekam Panik, denn das was keiner wusste war, dass ich jemanden umgebracht hatte. Es war eine Menschenfrau. Nicht viel älter als du. Natürlich hatte ich Angst das er es herausfand, doch mir war klar das er es schon längst wusste. Das hätte sein Verhalten erklärt. Ich bekam mit wie Raphael und Jophiel ihn darauf ansprachen aber Ariel verriet mich tatsächlich nicht! Doch die Freude über seine Verschwiegenheit hielt nicht lange an. Schon einige Tage später griff er mich an . . . Die Frau die ich getötet hatte hieß Skye. Schon vor langer Zeit ahnte ich das er sie mochte. Mehr als er sollte.
Doch das Mädchen war wirklich atemberaubend . . . Auch ich fing an sie zu mögen. Ich kam mit ihr zusammen, was eigentlich verboten war, da sie ja ein Mensch war. Als ich dann mit anhören musste wie Ariel ihr seine Liebe gesteht bin ich durchgedreht. Lange Zeit hatte ich mich unter Kontrolle und konnte es zurückhalten, doch als Ariel mich dann angegriffen hat war alles vorbei.
Vor Skye´s Augen haben wir gekämpft. Aus Wut habe ich auch sie angegriffen. Und sie dabei getötet. Natürlich war Ariel dann derjenige der sich nicht unter Kontrolle hatte. Er stürzte sich auf mich und versuchte verbissen mich zu töten. Er hielt sich nicht zurück. Er wusste das ich keine Chance gegen ihn hatte. Ich war schon längst am Ende, er wollte mir gerade den tödliche Hieb verpassen als die anderen Erzengel auftauchten. Sie glaubten Ariel hätte Skye getötet und da ich halb tot vor ihnen lag bestraften sie ihn natürlich. Tja, seitdem ist er hier. Ich weiß allerdings nicht warum er für den Teufel arbeitet. Entweder haben die Erzengel dafür gesorgt oder er hat sich freiwillig dazu bereit erklärt. Einige Jahre später fand man heraus das ich für Skye´s Tod verantwortlich war. Seitdem bin ich ebenfalls hier. Allerdings frage ich mich . . . warum hat Ariel ihnen nicht die Wahrheit gesagt? Warum hat er nicht versucht sich der Strafe zu entziehen?“
Ich schwieg und dachte über seine Worte nach. Dévil war gewiss keine schlechte Person. Ich war mir sicher das er für Kieran eine Art Freundschaft empfand.
„Weißt du . . . Ich habe Ariel als einen eher merkwürdigen Typen kennengelernt. Er distanziert sich ziemlich aber ich ich glaube dennoch einiges über ihn zu wissen. Zum Beispiel das er nie freiwillig für meinen Vater arbeiten würde! Wir beide behaupten ständig den anderen nicht leiden zu können, doch ich habe ihn schon längst akzeptiert. Er widerrum beschützt mich. Allerdings . . . gibt es Situationen die mir zu denken geben . . .“
„Hat er dich geschlagen?“, fragte er plötzlich. Ich blieb einen Augenblick lang still, dann bestätigte ich leise. Ich konnte ein Lächeln in seiner Stimme hören, sehen konnte ich es nicht. Konnten Riesenhunde lächeln?
„Keine Sorge, Kleines. Er war als Erzengel schon ziemlich gewalttätig. Er versucht sich zusammenzureißen, nur in den seltensten Fällen wird er handgreiflich. Wenn er dich geschlagen hat musst du ihn entweder extrem provoziert haben oder etwas falsches gesagt haben. Es tut ihm wahrscheinlich leid. So genau kann ich das aber nicht sagen, ich habe ihn seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Seit wir hier sind gehen wir uns aus dem Weg. Wo steckt er gerade?“
Ich sah in den grauen, wolkenverhangenen Himmel.
„In der Aula meiner Schule. Raphael und Gabriel haben den Auftrag mich zu töten.“
Kieran knurrte leise.
„Raphael und Gabriel? Verdammt, gegen einen von ihnen kommt er an, beide auf einmal ist aber zu viel für ihn. Verdammte Scheiße, warum ausgerechnet die beiden? Ist er alleine?“
„Er wollte das ich verschwinde, mit ihm zu diskutieren bringt nichts also habe ich getan wonach er verlangte. Er war etwas länger allein, als ich Zuhause ankam hat mein Vater sich auf den Weg zu ihm gemacht.“, antwortete ich. Kieran schwieg. Wir waren inzwischen beim Tower angekommen, weshalb ich von seinem Rücken sprang.
„Läufst du eigentlich immer so `rum? Oder gibt’s dich auch in menschlicher Gestalt?“, meinte ich grinsend und sah zu ihm auf. Er lachte. Und dann stand auch schon ein junger Mann vor mir.
Warum waren eigentlich alle so groß? Ich war an die ein Meter siebzig groß, also nicht gerade klein, dennoch war ich her die kleinste. Seine Haare waren schwarz und zerzaust, so wie sein Fell. Seine Augen schimmerten rubinrot. Allerdings war er nicht blass, so wie ich vermutet hatte, sondern braungebrannt. Dämonisch lächelnd sah er auf mich herab.
„Sehen die bösen immer so gut aus?“, fragte ich scherzhaft und lachte. Dann wandte ich mich von ihm ab.
„Eine Frage habe ich noch.“
„Schieß los.“, sagte Kieran hinter mir. Ich konnte seine Schritte hören, doch keine Frage, er folgte mir.
„Angenommen Ariel begegnet einer gutaussehenden Frau, wie reagiert er?“
„Er würde anfangen mir ihr zu spielen.“, antwortete der Hundedämon ohne zu zögern.
Ich schwieg.
. . .
„Kieran . . . Was hast du hier zu suchen? Ariel wird sicher nicht erfreut sein.“
Unsere Blicke richteten sich auf Carter, der neben Abby am Empfang lehnte. Abby schien ebenfalls nicht erfreut über meinen Begleiter zu sein, ihr nervöser Blick verriet es.
„Ariel ist nicht hier. Also halt die Klappe, Carter.“, sagte ich kalt und sah Abby an.
„Glaubst du, du kannst Kieran ein Zimmer geben?“
Carter riss wieder das Maul auf.
„Nein, kann sie nicht. Wenn Dévil herausfindet das wir ihn hier unterbringen können wir was erleben!“
Langsam wurde ich wütend. Ich funkelte den Dämon an und verschränkte die Arme.
„Erstens hat Ariel hier nicht die Entscheidungen zu treffen. Zweitens ist es mir egal wenn er euch dann `ne Predigt hält. Und drittens habe ich auch einiges zu bestimmen.“
„So, du willst uns also Befehle erteilen?“
„Wieso nicht?“
Carter knurrte, Kieran und Abby warteten still ab was passieren würde.
„Du hast uns nichts zu sagen!“
„Ach nein?“, entgegnete ich und zog eine Braue hoch. Dann trat ich an den Dämon heran und legte den Kopf in den Nacken. Leise knurrte ich ihn an.
„Wenn du Kieran raus schmeißt kriegst du es mit mir zutun!“, drohte ich. Keiner der drei Anwesenden bemerkte, wie ich ein Messer in meine Hand gleiten ließ. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich Gefallen daran fand . . . Unheimlich . . .
Carter lachte, doch das hatte zur Folge das ich ausholte. Mit der Faust verpasste ich ihm einen Schlag.
„Du glaubst mir nicht?“, sagte ich monoton und erstarrte, als er sich aufrappelte und auf mich zustürzte. Blitzschnell weichte ich aus, doch er war schneller als ich erwartet hatte. Plötzlich stand er vor mir und packte mich an der Kehle. Gerade noch rechtzeitig konnte ich ihn abwehren, dann hatte ich ihn auch schon gepackt und zu Boden geworfen. Ich drückte ihm mein Knie in die Brust und kniete mich hin, dann hielt ich ein Messer gegen seine Kehle, ein anderes drückte ich an seine Brust.
„Faith . . .“, hörte ich Kieran leise sagen.
„Pass bloß auf!“, knurrte ich.
„Faith! Es reicht!“
Ich sah auf.
„Luzifer. Dévil.“, murmelte ich und sah wieder Carter an. Er grinste siegessicher, doch das ließ ich mir natürlich nicht gefallen. Ich hinterließ einen tiefen Schnitt in seiner Kehle und richtete ich dann auf. Als ich den wütenden Blick meines Vaters sah schob ich beleidigt die Unterlippe vor.
Doch dann fiel mir etwas auf. Dévil sah aus, als wäre er von mehreren Lastern überrollt worden!
Als ich den Ausdruck in seinen Augen sah richtete ich meinen Blick auf Kieran. Doch der sah genauso wütend aus. Ich schluckte, griff nach Kieran´s Hand und wollte ihn mitziehen.
„Komm. Wir gehen in mein Zimmer.“
Doch der Hund bewegte sich keinen Millimeter. Verwirrt sah ich ihn an, dann hob ich die Arme um sie gleich darauf wieder sinken zu lassen. Genervt schüttelte ich den Kopf, dann wandte ich mich ab und ging auf das Treppenhaus zu. Wenn ich auf den Fahrstuhl warten müsste hätte mein Vater die Gelegenheit mir eine Standpauke zu halten, warum auch immer, und darauf hatte ich keine Lust.


Dienstag, 21. 12. 2010




Ohne einen Gedankengang starrte ich an die Decke. Die ganze Nacht über hatte ich wach in meinem Bett gelegen. Ich konnte nicht schlafen. Wie auch wenn man ständig die Worte eines Hundedämons im Kopf hatte. Scheinbar hatte jeder in Pragaras ein hartes Schicksal. Abby, Dévil, Kieran, ich . . . Was war wohl mit Carter? Ich seufzte.
Nicht zu fassen was damals zwischen Dévil und Kieran abgelaufen war. Es muss echt schrecklich für die beiden gewesen sein. Ein Mädchen, welches sie über alles liebten und ihr Tod . . . Luzifer hatte gesagt er habe Dévil´s Frauen immer umgebracht . . . War das einer der Gründe warum er immer so empfindlich reagierte wenn es um seine Gefühle ging? Kopfschüttelnd und leise vor mich hin knurrend stieg ich aus dem Bett und ging zum Kleiderschrank. Ich schälte mich aus meinen Sachen und schmiss sie einfach auf den Boden. In Unterwäsche wühlte ich im Schrank nach neuen Sachen. Ich entschied mich für eine enge schwarze Jeans und ein weißes Hemd. Schnell schlüpfte ich in die Hose, dann in das Hemd.
Plötzlich ging die Tür auf. Wer auch immer da jetzt stand, hätte derjenige nicht warten können bis ich das Hemd zugeknöpft hatte?
Es waren Dévil und Kieran.
„Hm, beide auf einmal . . . Wie nett.“, sagte ich monoton. Während die beiden mich musterten knöpfte ich schnell das Hemd zu. Es war mir ein wenig zu groß, weshalb ich es am Bauch verknotete.
„Was wollt ihr?“, fragte ich dann, immer noch tonlos.
„Mit dir reden.“, antwortete Kieran.
„Worüber?“, fragte ich barsch.
„Such dir etwas aus.“, meine Dévil. Die beiden traten ein und warfen die Tür hinter sich zu.
„Du zerbrichst dir über uns den Kopf, nicht wahr?“, sagte Kieran und ließ sich auf mein Bett fallen. Dévil ergriff wieder das Wort.
„Es gab schon viele die versucht haben unsere . . . Beziehung zueinander zu flicken. Nur einmal im Voraus: Versuche es erst gar nicht! Es würde nämlich nicht funktionieren.“
Ich zog die Brauen hoch und verschränkte die Arme.
„Ähm . . . okay. Ich hatte gar nicht vor mich in eure Angelegenheiten zu mischen aber egal. Über euch nachgedacht habe ich trotzdem. Naja, wie dem auch sei, habt ihr mir sonst noch etwas zu sagen? Ich würde gerne weiter nachdenken. Natürlich nur wenn es euch nichts ausmacht!“
Die Dämonen tauschten einen Blick aus. Sie sahen sowohl verwirrt als auch genervt aus. Kein Wunder, dem dem Hauch des Sarkasmus. Die beiden blieben still, weshalb ich weitersprach.
„Und? Was ist mit den beiden Erzengeln? Was ist noch passiert, nachdem ich weg war?“
Dévil schwieg einen Augenblick, dann seufzte er leise.
„Die beiden haben sich nach einiger Zeit zurückgezogen. Dein Tod hat für die Erzengel oberste Priorität, es wird für dich nicht mehr möglich sein dich gefahrlos in der Menschenwelt zu bewegen. Du wirst ab jetzt rund um die Uhr bewacht.“
Ich blieb still. Bewacht? Rund um die Uhr? Na großartig . . . Ich seufzte leise und wandte mich ab.
„Und wer wird diese Aufgabe übernehmen?“, fragte ich monoton.
„Kieran und ich.“, antwortete Dévil.
„Natürlich, wer sonst . . .“, murmelte ich leise.
Dévil kam zu mir, blieb dicht vor mir stehen und sah auf mich herab. Seine eisblauen Augen funkelten geheimnisvoll.
„Mach keine Dummheiten, hast du verstanden?“, sagte er leise, sodass nur ich es hören konnte.
Wie kommst du darauf das ich etwas dummes tun könnte?

, dachte ich und zog die Brauen hoch.
Der Dämon zog die Stirn kraus.
Versuch` es erst gar nicht! Ich sehe dir an das du etwas vorhast. Ich bitte dich, Faith! Versprich mir, dass du keinen Unsinn anstellst!


Fasziniert betrachtete ich ihn. Entweder machte er sich Sorgen um mich oder er versuchte mich verzweifelt von meinem Vorhaben anzubringen, um sich keinen Ärger mit meinem Vater einzuhandeln.
Also gut.

, dachte ich. Aber bedenke das ich nur auf dich höre, damit zu keinen Stress mit Luzifer bekommst.


Überrascht starrte er mich an. Ich lächelte schwach.
Es ist offensichtlich das du Probleme bekommst, wenn du die Befehle meines Vaters nichts ausführst.


Ich seufzte wieder.
„Tut mir leid.“, sagte ich leise und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. „Meinetwegen hast du sicher eine Menge Probleme gehabt. Nochmals Entschuldigung . . .“
Kieran beäugte mit misstrauischem Blick die Situation.
„Du brauchst dich nicht bei ihm entschuldigen, Faith. Er will es sowieso nicht hören. Glaub mir, deine Gefühle sind ihm völlig egal . . .“
Ich sah Kieran eine Weile lang stumm an, dann richtete ich meinen Blick wieder auf Dévil. Sah ich da etwa Wut in seinen Augen aufblitzen?
„Und wenn schon.“, sagte ich dann wieder zu Kieran. „Selbst wenn er taub oder aus Eis wäre, ich würde mich trotzdem bei ihm entschuldigen!“
Ich wandte mich wieder an den Dämon vor mir und sah ihn fragend an.
„Was macht eigentlich deine Wunde?“
Er schien mich nicht zu verstehen, denn es bildeten sich Falten auf seine Stirn.
Ich trat noch näher an ihn heran, griff um ihn herum und drückte dann leicht gegen seinen Rücken. Er zuckte unter meiner Berührung zusammen und packte meinen Arm, um ihn nieder zu drücken.
Ich sah ihm an das er sich ein Knurren verkneifen musste.
„Dachte ich´s mir.“, murmelte ich und sah wütend zu ihm auf. „Du bist ein echter Idiot! Du kannst dich doch nicht einfach über mich werfen!“
„Wärst du an meiner Stelle gewesen wärst du jetzt tot.“, antwortete er darauf.
Ich zuckte mit den Schultern und grinste.
„Na und? Damit hätte ich keine Probleme gehabt. Ich wäre nicht die Nachfolgerin des Teufels geworden und dir wären weitere Probleme erspart gewesen. Es wäre besser so gewesen. Aber nein, du bist so blöd und rettest mich!“
Dévil fing an zu knurren, Kieran lachte leise. Auch ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen. Es amüsierte mich zu sehen, wie Dévil sich über meine Worte aufregte.
„Was gibt’s da zu lachen?“, knurrte er Kieran an, was den Hundedämon allerdings nur noch lauter lachen ließ.
„Man, diese Frau ist der Wahnsinn! Wurde auch Zeit das mal jemand so mit dir redet!“
Dévil war kurz davor sich auf den anderen Dämon zu stürzen, doch ich versperrte ihm schnell den weg und lachte leise.
„Jetzt beruhige dich mal. Du springst manchmal mit mir um als sei ich der letzte Dreck, da wird es mir wohl erlaubt sein auch mal ein wenig scheiße zu dir zu sein, oder?“
Mit roten Augen starrte er auf mich herab.
„Wer von euch übernimmt die erste Schicht?“, fragte ich und sah die beiden Dämonen an.
„Ich.“, antwortete Kieran und lächelte leicht. Ich legte meine Hand auf Dévil´s Brust und schob ihn zu Tür.
„Wenn das so ist: Mach das du raus kommst!“, sagte ich lachend. Der ehemalige Erzengel knurrte noch immer, sagte aber nichts. Kaum hatte ich ihn aus dem Zimmer geschoben knallte ich die Tür hinter ihm zu. Seufzend lehnte ich mich gegen die Tür.
„Alles okay?“, fragte Kieran und musterte mich.
„Klar!“, trällerte ich und schmiss mich neben ihn auf´s Bett. „Verliert er immer so schnell die Kontrolle?“, fragte ich leise und drehte mein Gesicht in Kieran´s Richtung.
Der Dämon verschränkte die Arme hinter dem Kopf und seufzte leise.
„Ja. Er hat immer versucht daran zu arbeiten, doch kaum widerspricht ihm jemand oder provoziert ihn, rastet er aus. Es kommt selten vor das er es schafft sich zusammenzureißen.“
Ich brummte leise.
„Bist du sicher?“, murmelte ich leise. „Ich weiß das ich ihm unglaublich auf die Nerven gehe. Doch immer wenn es eine angespannte Situation gab konnte ich sehen, wie anstrengend es für ihn ist sich zu beherrschen. Ich kenne ihn erst seit kurzem aber ich bin mir sicher, dass er sich geändert hat!“
„Ich glaube er hat sich tatsächlich verändert.“, meinte Kieran. „Er ist zwar immer noch aufbrausend, hat sich aber wesentlich stärker unter Kontrolle als vorher. Ich bin fest davon überzeugt, dass du dazu beigetragen hast!“
„Meinst du?“, fragte ich noch leiser. Er nickte nur. Ich kicherte leise und schloss die Augen.
„Du und Abby . . . ihr seid schon jetzt meine besten Freunde!“
„Freund . . . Dieses Wort wird sowohl in Pragaras als auch in Himnaríki nie benutzt.“
Ich schwieg.


Mittwoch, 22. 12. 2010




Faith.


Ich schlug die Augen auf und begegnete dem Blick zweier eisblauer Augen.
„Steh auf. Du musst trainieren.“, sagte Dévil barsch und wandte sich ab.
„Welch arme Sau ist es diesmal?“, murmelte ich, während ich mir den Schlaf aus den Augen rieb.
„Das siehst du wenn du im Trainingsraum bist.“, antwortete er monoton und ging zum Schrank. Er griff hinein, zog Unterwäsche ein Shirt und eine Hose heraus und warf mir dann alles zu.
„Beeil dich. Heute steht einiges an.“, meinte er und verließ beinahe schon fluchtartig den Raum.
Du bist mein Trainingspartner, nicht wahr?

, dachte ich. Er antwortete nicht.
War bloß geraten . . .

, fügte ich schnell hinzu und ging ins Bad.
. . .
Ich betrat die Halle und sah Dévil mit dem Rücken zu mir an dem Tisch stehen, auf dem die Waffen lagen. Ich blieb stehen, denn ich brauchte einen Moment um mich zu sammeln. Er hatte nur eine Hose an . . .Die riesige Narbe auf seinem Rücken schockte mich. Mir war das Ausmaß der Kräfte der Erzengel nicht bewusst gewesen. Genau zwischen seinen Flügeln prangte die Narbe. Ich wusste nicht worüber ich mehr staunen sollte. Über sein Tattoo, welches sowohl atemberaubend als auch erschreckend war, oder über die Narbe, die ebenfalls meine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Mit dieser, noch immer nicht ganz verheilten, Verletzung würde es schwer für ihn werden gegen mich anzutreten. Ich war fast genauso stark wie er und in diesem Moment vielleicht noch stärker. Wollte er wirklich mit mir trainieren? Mich beschlich der Gedanke, dass mein Vater dahinter steckte. Ich umklammerte das Messer in meiner Hand ein wenig fester, dann schob ich es zurück in das Heft an meinem Oberschenkel. Ohne ein Geräusch zu verursachen machte ich auf dem Absatz kehrt und lief aus der Halle. Ich rannte durch den Gang, zum Fahrstuhl. Die Trainingshalle lag im Keller, das „Büro“ meines Vaters im obersten Stockwerk. Ich seufzte als ich den Fahrstuhl betrat. Super, hundertsechzig Stockwerke noch, bis ich meinen Vater erreicht hatte. Hoffentlich war er auch da . . .
. . .
Anklopfen erschien mir unnötig, ich betrat den Raum ohne zu zögern. Ich seufzte als ich die Frau auf dem Schoß meines Vaters sitzen sah. Sie hatte lange blonde Locken und moosgrüne Augen.
Beide sahen zu mir, die Frau rümpfte die Nase.
„Wer ist denn diese Göre?“
Noch bevor mein Vater etwas sagen konnte ging ich auf die beiden zu.
„Diese Göre ist Luzifer´s Tochter und sie ist im Moment nicht gerade gut gelaunt.“
Ich richtete meinen Blick auf meinen Vater und verschränkte die Arme.
„Warum ist Dévil mein Trainingspartner?“, fragte ich monoton und zog erwartungsvoll die Augenbrauen in die Höhe. Luzifer kniff die Augen zusammen und schob die Frau von seinem Schoß.
„Liebes, warte bitte draußen auf mich.“, sagte er. Die Frau murmelte etwas, ich konnte es nicht verstehen, und ging nach draußen. Mit einem nicht gerade leisem Knall zog sie die Tür zu.
„Er ist dein Partner, weil ich es so angeordnet habe. Und nun geh` zu ihm, ihr habt nicht mal eine Stunde.“
Ich schüttelte den Kopf und verlagerte mein Gewicht auf mein rechtes Bein.
„Die Wunde auf seinem Rücken bereitet ihm immer noch Schmerzen, du kannst ihn doch nicht mit dieser Verletzung gegen mich antreten lassen!“, entgegnete ich.
„Dafür muss er sich selbst verantworten. Kann es sein, dass du dich um ihn sorgst?“
Meine Augen verengten sich ein wenig.
„Wie kommst du darauf? Ich sehe es nur nicht ein mit jemandem zu trainieren der mir, wenn auch nur ein klitzekleines bisschen, unterlegen ist!“
Mein Vater schwieg einen Augenblick dann wies er auf die Tür.
„Du wirst mit Dévil trainieren und damit basta! Und nun raus hier!“
Mit einem Knurren öffnete ich die Tür.
Wo bleibst du?

, ertönte plötzlich Dévil´s Stimme in meinem Kopf.
Entschuldige, ich war noch bei meinem Vater. Ich bin gleich bei dir.

, antwortete ich.
Beeil dich gefälligst!


. . .
Wütend beobachtete Dévil mich dabei wie ich in Position ging.
„Warum haben es heute alle so eilig?“, fragte ich und ließ zwei Messer in meine Hände gleiten.
„Dein Vater hat einige Dämonenfürsten eingeladen.“, antwortete der Dämon während er auch schon auf mich zu rannte.
„Fürsten?“, hakte ich nach, während ich ihn abwehrte und seiner Faust auswich. „Aber ich dachte Luzifer sei der Herr von Pragaras.“
Wie aus dem Nichts tauchte er hinter mir auf, ich sprang zur Seite und warf die Messer nach ihm.
„Sagen wir es mal so . . .Luzifer ist der König. Er hat Untergebene, dass sind wir. Doch noch vor den Untergebenen kommen die Fürsten. Jeder Fürst ist für etwas anderes zuständig.
Azazel zum Beispiel ist ein Dämonenfürst, der für die Sünden der Menschen zuständig ist.“
Die Messer trafen ihn in der Brust, doch er gab nicht einen Mucks von sich.
„Schön und gut aber weshalb sind alle so in Aufruhr? Was ist denn so besonders an denen? Sind doch auch nur irgendwelche Dämonen, oder nicht?“
Dévil rannte wieder auf mich zu und holte aus. Ich ließ das Messer in meiner Hand wieder zurückgleiten und benutzte ebenfalls meine Fäuste.
„Nein, eben nicht.“, meinte Dévil und verpasste mir einen Schlag in den Magen. Ich flog durch die Luft und prallte hart auf dem Boden auf. Überrascht rappelte ich mich auf. Machte ihm seine Verletzung denn gar nichts aus? Ich biss die Zähne zusammen. Also gut, Schluss mit dem zurückhalten!
„Dämonenfürsten sind alle gleich. Sie suchen den Streit und die Auseinandersetzung. Sie lieben es zu kämpfen und zu töten, dein Vater wird dir vor ihrem Eintreffen verklickern, dass du dich zu benehmen hast. Ein falsches Wort und der Tower droht in Schutt und Asche gelegt zu werden.“
Ich ließ jeweils drei Messer in je eine Hand gleiten und grinste.
„Wenn ihr glaubt ich werde mich von Grund auf umkrempeln, nur wegen ein paar Fürsten, habt ihr euch geschnitten!“
Ich setzte mich in Bewegung und versetzte Dévil in einen Nahkampf, in dem ich jetzt klar Vorteile hatte.
. . .
Ein paar Minuten später saß ich auf dem Dämon und hielt ihm ein Messer gegen den Hals und die Brust. Er sah echt übel aus, doch ich hatte auch einiges abbekommen. Langsam stieg ich von ihm herunter, dann nahm ich seine Hand und zog ihn mit einem Ruck auf die Beine.
„Wie viele Fürsten werden kommen? Und wie heißen sie?“, fragte ich monoton.
Dévil atmete schwer, man sah ihm an das er am Ende war. Scheinbar war er auch zu schwach zum sprechen, denn er antwortete in Gedanken.
Als erstes hätten wir Belial. Sie macht sich eine Freude daraus sowohl Menschen als auch Engel mit ihren sexuellen Gelüsten ins Verderben zu stürzen.
Dann kommt Asmodeus. Ich weiß nichts über ihn, nur dein Vater kennt seine Aufgaben.
Als nächstes wäre da Incubus. Albträume sind sein Spezialgebiet, daraus zieht er seine Energie.
Zu guter Letzt kommt Lilith. Den Namen hast du sicher schon einmal gehört, oder?


„Ja, wir haben schon mehrmals in der Schule über sie gesprochen.“, sagte ich leise und stützte Dévil.
„Ich hab wohl etwas übertrieben, oder?“, murmelte ich leise.
Vor Lilith muss man sich in Acht nehmen. Sie ist die gefährlichste von den fünf. Und nein, du hast es nicht übertrieben. Auch wenn es unfair ist aber im Kampf mit den Dämonen muss man auch zuschlagen, wenn der Gegner schon am Boden liegt.


Ich seufzte leise und sagte nichts mehr. Doch dann hatte ich doch noch eine Frage.
„Wie genau läuft das Ganze jetzt ab?“
Abby wartet in deinem Zimmer. Du musst dich umziehen, ich ebenfalls. Wir beiden werden die einzigen sein die bei dieser . . . „Versammlung“ dabei sein werden. Abby wird dich hin bringen.


Ich antwortete nicht darauf. Während wir durch den Flur gingen kam uns plötzlich mein Vater entgegen. Er musterte uns und richtete seinen Blick am Ende auf mich.
„Du wirst dich benehmen, ist das klar? Du gibst nur etwas von dir wenn man dich anspricht, verstanden?“
Ich blieb still und sah ihn wütend an.
„Ja . . .“, sagte ich schließlich leise.
. . .
„Abby?“
Ich betrat mein Zimmer und sah die Dämonin im Sessel sitzen. Sie sah auf, ich lächelte.
„Da bist du ja!“, sagte sie und stand auf. In schnellen Schritten war sie bei mir und drückte mir etwas in die Hand. Es war schwarz. Ein Kleid.
„Beeil dich. Du hast nicht mehr viel Zeit.“, sagte sie hastig und schob mich ins Bad.
„Ist gut.“, meinte ich nur und schloss die Tür hinter mir. Ich seufzte leise.
Das Ganze gefiel mir nicht. Ich hasste es mich schick zu machen, der Weihnachtsball war eine Ausnahme gewesen . . . Ich war eine Person die kurze Hosen und einfache Tops bevorzugte.
. . .
Nach gefühlten zehn Minuten hatte ich meine Wunden versorgt, mich gewaschen und angezogen. Meine Haare ließ ich offen. Ich kämmte sie einfach nur durch und zupfte den Pony zurecht.
Dann griff ich zum Kajal. Als auch das erledigt war musterte ich mich.
Das Kleid war wie schon einmal erwähnt schwarz, reichte mir nicht einmal bis an die Knie und war asymmetrisch. Eine Schulter lag frei, es glitzerte auf der Brust und ein langes Band betonte meine Taille. Ich schüttelte den Kopf und knurrte leise. So schön das Kleid auch war, ich würde es nicht anbehalten! Ich stürmte aus dem Bad zu meinem Schrank und griff beherzt hinein.
„Du siehst gut aus. Was wird das?“, fragte Abby.
„Danke . . . aber ich werde nicht wegen ein paar Dämonen in diesem Fummel durch die Gegend laufen.“
Ich zog ein schwarzes Tanktop und Jeanshotpants heraus, riss mir das Kleid vom Leib und schlüpfte dann schnell in die neuen Sachen. Ich kicherte während ich nach einigen Nietenarmbändern griff.
„Aber du kannst doch nicht . . .“
Ich unterbrach Abby mit einem Lachen.
„Klar kann ich!“
Ich rannte zurück ins Bad, schnappte mir einen Kamm und begann meine Haare zu toupieren.
Ich kicherte immer noch vor mich hin.
„Ich weiß nicht ob das eine so gute Idee ist . . .“, meinte die blonde Dämonin.
„Mach dir keine Sorgen, Abby. Ich trage die Verantwortung hierfür, nicht du. Und nun bring mich zu meinem Vater. Mal sehen wie er reagiert.“
. . .
Die Tür zum großen Saal war geschlossen, scheinbar war schon jeder da. Bis auf mir . . .
„Wo steckt sie?“, hörte ich jemanden fragen. Die Stimme klang nach meinem Vater.
„Ich weiß es nicht.“, antwortete jemand anderes. Dévil.
„Geh und such` sie.“, befahl Luzifer.
„Von wem ist die Rede?“, hörte ich eine Frau sagen. Ich bekam die Antwort nicht mit, denn die Tür öffnete sich und Dévil tauchte vor mir auf. Er hatte einen Anzug an, weshalb ich ihn grinsend musterte.
„Siehst gut aus!“
Seine Augen färbten sich rot.
„Danke. Du auch, obwohl du nicht das Kleid anhast.“, sagte er leise. Scheinbar wollte er nicht, dass das jemand hörte.
Warum hast du das Kleid nicht angezogen?


Weil es nicht zu mir passt und ich mich darin nicht wohlfühle.


Ich schob den Dämon zur Seite und betrat selbstbewusst den Saal.
„Sorry, ich bin zu spät, ich weiß.“, meinte ich und ließ mich auf den leeren Stuhl neben meinem Vater fallen. Alle Blicke lagen auf mir, vor allem der, zweier blutroter Augen. Es waren die Augen meines Vaters. Ich grinste.
„Wer ist diese Göre?“, fragte eine rotblonde Frau. Ihre grünen Augen fielen mir sofort auf. So ein giftgrün hatte ich noch nie gesehen . . .
„Ich hätte nichts dagegen, wenn das „Göre“ weggelassen wird. Aber egal, ich bin Faith. Luzifer´s Tochter.“, sagte ich gut gelaunt und musterte die Personen um mich herum. Dévil warf mir einen warnenden Blick zu, doch das ließ mich nur noch breiter grinsen.
„So, das ist also deine Tochter . . .“, sagte die Frau mit den grünen Augen.
„Ja, die bin ich. Und wer sind Sie?“, entgegnete ich. Die Frau zog die Brauen hoch. Erst schwieg sie, dann verschränkte sie die Arme und lehnte sich zurück.
„Mein Name ist Lilith. Schon mal gehört?“, antwortete die Fürstin.
„Allerdings.“, sagte ich und richtete meinen Blick auf den Mann neben ihr. Er hatte kupferfarbene Haare und nussbraune Augen.
„Bist du Asmodäus?“, fragte ich. Der Mann starrte mich überrascht an, dann lachte er leise.
„War bloß geraten.“
Der Dämon fasste sich schnell und nickte ernst.
„Ja, der bin ich, in der Tat.“
Nun wandte ich mich an die zwei verbliebenen Dämonen.
„Dann seid ihr Incubus und Belial.“, sagte ich. Belial ignorierte meine Worte und sah stattdessen Dévil an, der sich in ihre Richtung bewegte und sich dann auf den Stuhl neben ihr setzte. Belial´s Blick gefiel mir nicht. Incubus sah mich mit gleichgültigem Blick an.
„Du bist scharfsinnig, dass gefällt mir!“
Stille trat ein, dann ergriff mein Vater das Wort.
„Tja, da sich meine Tochter selbst vorgestellt hat brauche ich das ja nicht mehr zu machen. Ariel kennt ihr ja alle schon.
Belial grinste, ein Funkeln trat in ihre Augen.
„Jemanden wie ihn muss man kennen!“
Dévil blieb still. Als ich sah wie Belial sich zu Dévil hinüber lehnte und sich mit der Zunge über die Lippen leckte, ballte ich die rechte Hand zur Faust, sodass sich meine Fingernägel in die Handfläche bohrten. Ich war tatsächlich eifersüchtig, nicht zu fassen!
. . .
Die ganze Zeit über beobachtete ich Belial dabei, wie sie sich an Dévil heranmachte. Ich hatte die Stimmen der anderen schon vor langem ausgeblendet, alles was mich jetzt noch interessierte war Dévil´s Reaktion. Er lächelte nur, dass war dann aber auch schon alles. Plötzlich hörte ich meinen Namen. Ich blinzelte perplex und sah meinen Vater an. Worum ging es? Lilith musterte mich.
„So, deine Nachfolgerin also. Ich habe mir noch kein Urteil über deine Tochter gebildet aber bist du sicher das sie das schafft?“
Mein Vater schwieg, weshalb ich etwas sagte.
„Du hast Recht, ich bin noch grün hinter den Ohren und habe keine Erfahrung. Aber wer sagt, dass ich das nicht schaffen könnte? Außerdem bleibt mir noch eine geschätzte Ewigkeit bis ich den Platz meines Vaters einnehme.“
Ich bemerkte die Blicke von Luzifer und Dévil.
Was?

, dachte ich und sah beide einmal kurz an.
Das Gespräch geht in eine Richtung die mir nicht gefällt.

, antwortete mein Vater.
Was soll das heißen? Bis jetzt ist doch alles gut gelaufen.

, meinte ich.
Bis jetzt.

, mischte sich Dévil ein. Aber es wird nicht mehr lange dauern bis Lilith einen Streit anfängt.


Lilith zog einen Mundwinkel in die Höhe.
„Du scheinst Vertrauen in dich zu haben.“, meinte sie.
Oh oh, jetzt geht’s los.


Das war Dévil.
„Allerdings.“, antwortete ich und grinste. Die Dämonin lachte leise.
„Hm, was hältst du von einem kleinen Kampf? Ich bin sicher du wirst deinen Spaß haben!“
Prompt wurde ich ernst. Jetzt konnte ich die Sorge von Luzifer und Dévil verstehen. Diese Frau war Mords gefährlich! Ich begriff so langsam, dass dieses Weib aus Spaß tötete. Ich wollte bereits antworten, doch mein Vater kam mir zuvor.
„Kommt nicht in Frage!“, meinte er. „So sehr ich dich auch schätze, ebenso wie die anderen, aber nicht einer von euch wird Faith zu einem Kampf herausfordern! Dafür ist sie viel zu wertvoll!“
Ich seufzte. Selbst in den Augen meines Vaters war ich nur ein Werkzeug.
Belial kicherte. Es war ein typisches, mädchenhaftes Kichern.
„Luzifer ich glaube das gefällt der Kleinen nicht. Scheinbar hat auch sie Lust auf einen Kampf.“
Ich schluckte und verkniff mir ein Knurren. Am liebsten hätte ich dieses Weib verprügelt! Mit diesen Worten machte Belial nur alles noch schlimmer, mir war klar, dass das ihre Absicht war.
Ich sah meinen Vater von der Seite her an.
„Ich bevorzuge es selbst Entscheidungen zu treffen, ich dachte das hättest du inzwischen gemerkt?“
Ich sah zu Dévil, doch ich konnte keinerlei Regung in seinen Augen erkennen. Seine Augen schimmerten rot, doch mit einem Blinzeln waren sie wieder eisblau. Was wollte er mir mit dieser Gleichgültigkeit sagen? War meine Reaktion richtig gewesen oder entpuppte sie sich als fataler Fehler? Ich hätte sowohl Luzifer als auch Dévil nach ihrer Meinung gefragt, doch da keiner von ihnen ein Kommentar dazu abgab, blieb auch ich still.
Lilith und Belial lachten leise. Gott, ich hasste diese Frauen! In einem hinteren Teil meines Hirns fragte ich mich, ob es mir als Tochter des Teufels überhaupt erlaubt war Gott in den Mund zu nehmen.
„Die Kleine hat wirklich Mut, dass muss man ihr lassen!“, meinte Belial.
„Fragt sich nur ob sie auch noch so mutig ist, wenn sie winselnd unter mir am Boden liegt.“, erwiderte Lilith lachend.
Nun konnte ich ein leises Knurren nicht unterdrücken. Ich bemerkte etwas warmes in meiner Hand, als ich den Blick senkte sah ich Blut. Überrascht starrte ich meine Hand an. Meine Fingernägel hatten sich so in meine Handfläche gebohrt, dass Blut hervorquoll. Auf der Stelle trat Stille ein.
Auch das Kichern der weiblichen Dämonenfürsten verstummte.
„Sieht aus als hätten wir sie wütend werden lassen.“, meinte Lilith und grinste wieder.
Ich erhob mich und biss die Zähne zusammen. Ich ließ hinter meinem Rücken ein Messer in meine Hand gleiten, doch noch bevor ich einen Schritt machen konnte, hatte Luzifer mein Handgelenk gepackt.
Es reicht!

, knurrte er in meinen Gedanken. Dann wandte er sich an die anderen.
„Schluss jetzt. Ist Faith erst einmal wütend beruhigt sie sich nicht wieder so schnell. Es wird kein Kampf stattfinden und auch nicht in der Zukunft. Ariel!“
Dévil nickte und kam um den Tisch herum zu mir. Er fasste mich bei der Hand und zog mich mit.
Komm.

, sagte er bloß per Gedanken.
Was soll das?

, dachte ich wütend und versuchte mich von ihm loszureißen, doch ich hatte keine Chance. Er packte mich an den Hüften und schmiss mich über seine Schulter.
„Lass mich los!“, schrie ich und haute ihn mehrere Male. Er blieb kalt.
„Nein.“
. . .
Er schmiss mich auf mein Bett und verschränkte danach die Arme.
„Du solltest lernen dich besser zu beherrschen. Wäre Luzifer nicht da gewesen hätte es jetzt Probleme gegeben.“, meinte er monoton. Ich knurrte und setzte mich aufrecht hin.
„Ich lasse mich doch nicht von diesen aufgeblasenen Weibern unterdrücken!“
Dévil stieß Stoßweise die Luft aus, ich neigte den Kopf.
„Was war das für eine Nummer von Belial?“, fragte ich misstrauisch. Ich wollte nicht das er meine Gefühle bemerkte, doch ich wollte auf diese Frage eine Antwort.
„Ich sagte doch, sie liebt es zu spielen.“, meinte er.
„Spielen ist der falsche Ausdruck. Belial ist genauso schlimm wie Lilith!“,murmelte ich. Dévil´s Augen verengten sich, dann trat er ans Bett und beugte sich zu mir herunter.
„Bist du eifersüchtig?“
Nervös rutschte ich ein Stück zurück.
„Wie kommst du darauf? Worauf denn? Auf Belial´s Spielchen, oder was?“, fragte ich.
Leben kehrte in das Gesicht des Dämons. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem arroganten Lächeln.
„Gib´s zu, du kochst vor Eifersucht! Man hat dir angesehen, dass du Belial am liebsten an die Gurgel gegangen wärst.“
Ich biss mir auf die Lippe. Ich konnte ihn nicht anlügen . . . Mit einem leisen Lachen fasste er mein Kinn und zog mich an sich. Ich wollte wieder zurückweichen, doch er ließ es nicht zu. Ich seufzte leise.
„Du bist so ein arrogantes Arsch!“, murmelte ich. Wieder lachte er leise. „Aber ich steh` drauf!“, fügte ich hinzu und gewährte den Kuss.
Du bist die erste Frau die ich kenne, die sich dagegen wehrt mich toll zu finden!


Ich hasse dich wirklich!

, dachte ich. Er lachte und drückte mich ins Kissen.
Aber genau das macht es so interessant.

, meinte er.
„Interessant?“, murmelte ich. „Ich würde es anders formulieren. Es macht die Sache nicht interessant, sondern verdammt gefährlich!“
Der Dämon lachte nur.
War klar das du das lustig findest . . .


Er wurde immer drängender, doch das störte mich nicht, ich machte mit.
Warum machen wir das eigentlich?

, fragte ich mich. Dévil schien meine Frage gehört zu haben, er wurde zärtlicher.
Wer weiß. Das ist einer der vielen Dinge, denen man nicht nachgehen sollte.


Es gibt für alles eine Antwort . . .

, entgegnete ich und umschlang ihn. Dévil blieb still weshalb ich den Kuss unterbrach und ihn fordernd ansah.
„Nun? Was ist der Grund für deine Spielchen?“
Er antwortete nicht, lachte bloß und küsste mich wieder. Er lehnte sich über mich und als er mir das Shirt über den Kopf zog seufzte ich leise. Ich hatte nicht vor das Ganze zu unterbrechen, doch wollte ich meine Unschuld wirklich durch einen arroganten und unberechenbaren Dämon verlieren?
Ja, willst du!


Ich erstarrte als ich Dévil´s Worte in meinem Kopf registriert hatte. Wieder lachte er.
„Ich sagte doch, dass ich keine Gedanken lesen kann aber die Frage ob du dich auf mich einlassen sollst spiegelt sich deutlich in deinen Augen!“
Ich schwieg, denn ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Der Dämon grinste.
„Ich weiß das du mich mehr magst als dir lieb ist aber das sollte dich nicht dazu bringen es zu leugnen.“
Ich seufzte wieder leise.
„Das ist kompliziert . . . Ich empfinde . . . wirklich nur Hass und Abneigung für dich, nichts wie Freundschaft oder gar Liebe. Aber irgendwie . . . werde ich total eifersüchtig wenn . . . ich sehe wie Belial dir nahe kommt!“
Nun brach der ehemalige Erzengel in schallendes Gelächter aus. Wütend sah ich ihn an. Als er sich wieder beruhigt hatte lächelte er.
„Wenn Dämonen eine längere Zeit mit einem Gegenstand oder einer Person verbringt, entwickelt sich ein Besitzdenken.“
Ich stutzte.
„Soll das heißen . . . ich betrachte dich als mein . . . Eigentum?“
Er nickte, ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Mit einem selbstsicheren Lächeln legte er seine Hand in meinen Nacken und drückte mich an sich, sodass seine Lippen mein Ohr berührten.
„Ich verrate dir ein Geheimnis: Ich fühle genauso! Und es kotzt mich an!“, flüsterte er.
„Also bin ich auch dein Eigentum . . .“, meinte ich in feststellendem Ton.
„Ja.“, hauchte er.
„Na toll . . .“, brummte ich.
„Betrachten wir es mal positiv: Es gibt schlimmeres!“
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, lag ich auch schon wieder unter ihm.
„Da wäre ich mir nicht so sicher . . .“, murmelte ich.
Ein erneutes Lachen. Seine Lippen streiften meine und das Kribbeln was mich zeitgleich durchfuhr ließ mich leise Stöhnen. Dann wanderten seine Lippen hinunter zu meinem Hals, über mein Schlüsselbein, bis hin zu meinen Brüsten. Er hatte sich seinem Jackett schon längst entledigt, weshalb ich nun sein Hemd aufknöpfte. Na das konnte ja was werden . . .


Freitag, 24. 12. 2010




Zwei Tage waren vergangen seitdem Dévil und ich miteinander geschlafen hatten. Doch das war nicht das erste und letzte Mal das wir im Bett gelandet waren. Auch gestern sind wir uns irgendwie wieder näher gekommen . . . Ich sollte vielleicht anmerken, dass er verdammt gut im Bett war . . .
Ich kreischte. Wasser? Ich setzte mich auf und strich mir die nassen Haare aus dem Gesicht. Es war tatsächlich Wasser.
„Sag mal bist du bescheuert?“, schrie ich und sprang aus dem Bett. Doch noch bevor ich Dévil eine verpassen konnte hatte er mich gepackt und über seine Schulter geworfen. Mittlerweile war das eine Angewohnheit geworden, die mir nicht gefiel . . .
„Gut, da du jetzt wach bist können wir trainieren.“, meinte der Dämon.
Ich seufzte und blies mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Es ist Weihnachten, da habe ich andere Dinge im Kopf als das Training . . . Und jetzt lass mich `runter.“
Er blieb kurz stehen.
„Weihnachten? Was ist so besonders daran? Die Menschen feiern Jesu Geburt, dabei hat er im Sommer Geburtstag. Außerdem kannst du wegen so einer Kleinigkeit nicht dein Training vernachlässigen.“
Ich seufzte.
„Weihnachten . . . Ich habe es schon immer gehasst. Ich bin nicht in der Stimmung um zu trainieren also lass mich endlich los!“
Er ließ mich tatsächlich hinunter, doch stattdessen fasste er mein Kinn und hob mein Gesicht an.
„Kleines, was bedrückt dich?“
Ich schob seine Hand weg und wandte mich ab.
„Ich will nicht darüber reden.“, meinte ich nur. Dévil seufzte leise und legte seine Hand an meine Wange.
„Komm schon, Süße . . . Vertraust du mir nicht?“, hauchte er.
Ich erstarrte kurz, dann stieß ich ihn zurück.
„Oh Gott, hör auf so etwas zu sagen, ist ja widerlich!“
Er musterte mich argwöhnisch, dann beugte er sich zu mir herunter und küsste mich zärtlich.
Ich lachte leise und unterbrach den Kuss.
„Küss mich so oft und so zärtlich wie du willst, verraten werde ich dir trotzdem nichts!“
Der Dämon seufzte wieder und wurde ernst.
„Wie du willst, dann wird eben trainiert.“, sagte er und griff nach meiner Hand.
„Dévil . . .“, sagte ich leise. Er blieb stehen und drehte sich zu mir um. Flehend sah ich ihn an.
„Bitte!“, hauchte ich. Der Dämon seufzte.
„Du willst nicht darüber reden, hm?“
Ich nickte schwach. Wieder seufzte der Dämon.
„Also gut. Wenn du etwas brauchst rufst du einfach.“
Dann hatte er auch schon die Tür hinter sich zugezogen.
Danke.

, dachte ich leise und erstarrte, als die Tür plötzlich wieder aufging. Kieran trat ein. Verwirrt sah ich ihn an.
„Was machst du hier?“, fragte ich. Er grinste.
„Ich habe nichts zutun, also habe mich angeboten dich im Auge zu behalten. Das macht dir doch nichts aus, oder?“, antwortete er.
„Ähm, nein.“, sagte ich und wandte mich ab.
„Faith?“
Ich drehte mich um und schaute ihn fragend an.
„Alles in Ordnung, Süße?“
Innerlich seufzte ich. Warum wussten eigentlich immer alle, wenn es mir schlecht ging? Ich zwang mich zu einem Lächeln.
„Alles bestens!“, beteuerte ich. Der Hundedämon seufzte, kam auf mich zu und legte seine Hand an meine Wange, um mein Gesicht anzuheben.
„Wage es bloß nicht mich anzulügen!“
Ich schob seine Hand weg.
„Es ist alles in Ordnung. Wirklich!“
Plötzlich begann er leise zu knurren. Er packte meine Schultern und wollte bereits etwas sagen, doch ich kam ihm mit einem Seufzen zuvor.
„Du hast Recht, es stimmt etwas nicht.“
Kieran´s Hand hatte ein seltsames Kribbeln auf meiner Haut hinterlassen. Es war ein komisches Gefühl ihn so dicht bei mir zu haben, weshalb ich einige Schritte zurückwich. Nach einigen Überlegungen beschloss ich, Kieran zu erzählen was los war.
„Vor zwei Jahren, einen Tag nach Heiligabend, ist jemand verstorben, der mir sehr viel bedeutet hat . . .“
Kieran wurde nachdenklich.
„Verstehe. Das meinte Ariel also damit als er sagte, du wärst in Gedanken versunken und würdest Weihnachten hassen . . .“
Ich schwieg, Kieran lächelte verständnisvoll, kam zu mir und umarmte mich.
„Ach, Süße . . . Du magst es in Erinnerungen zu schwelgen, oder?“
„Nein, eigentlich nicht . . .“, sagte ich leise. „Aber sie hat mir wirklich viel bedeutet.“
Kieran strich mir über die Haare und hob wieder mein Gesicht an, um die Tränen von meinen Wangen wegzuwischen. In dem Moment ging die Tür – schon wieder – auf. Meine grauen Augen richteten sich auf Dévil, der erst überrascht und dann wütend aussah. Dann verschwand jegliches Gefühl aus seinen Augen.
„Dein Vater will dich sehen.“, sagte er mit völliger Gleichgültigkeit.
Kieran fletschte die Zähne.
„Sieht sie etwa so aus als sei sie daran interessiert mit ihrem Vater zu sprechen?“, knurrte er.
Natürlich wurde darauf auch Dévil sofort aggressiv.
„Ich bin nicht derjenige der diese Befehle erteilt, also hör auf mich so an zu knurren! Was ist hier eigentlich los? Hast´e sie zum weinen gebracht, oder was?“
Ich wischte mir schnell mit dem Handrücken über die Augen und schritt ein.
„Hört auf euch zu streiten!“
Ich machte eine kurz Pause, dann deutete ich ein Lächeln an.
„Ich bin eben eine Heulsuse, ich brauche nicht immer einen Grund zum heulen.“
Ich war bereits auf dem Weg zur Tür, doch Kieran zog mich zurück.
„Keinen Grund zum heulen? Du weinst wegen eines ziemlich triftigen Grundes also tu` nicht so als würde es dir gut gehen!“
Ich zwang mich mal wieder zu einem, wenn auch nur schwachen, Lächeln und schob ihn ein Stück zurück.
„Immer locker bleiben, Süßer. Jetzt weißt du warum ich versuche zu niemandem eine engere Bindung aufzubauen.“
Mit diesen Worten verließ ich den Raum.
„Wenn ich mich sucht, ich bin bei meinem Vater!“, rief ich noch und wischte mir erneut Tränen weg . . .

„Du wolltest mich sprechen?“
Ich verschränkte die Arme und kniff misstrauisch die Augen zusammen. Mein Vater hatte mir den Rücken zugekehrt und stand an der verglasten Wand. Mir war der Krach vor dem Tower nicht entgangen, was war es, das seine Aufmerksamkeit auf sich zog?
Vor dem Schreibtisch des Teufels, jeweils links und rechts, standen zwei Dämonen. Ich verkniff mir ein Seufzen. Was hatte Carter hier zu suchen? Den anderen Dämon kannte ich nicht. Er hatte helle braune Haare und ebenfalls helle braune Augen. Irgendwie machte er mir Angst . . . doch natürlich zeigte ich das nicht. Carter warf mir einen feindseligen Blick zu, ich ignorierte ihn.
„Ja.“, sagte mein Vater nun. „Erst einmal will ich wissen, warum du nicht beim Training bist.“
Ich schwieg erst, doch dann atmete ich tief durch.
„Ich bin nicht in der Stimmung um mich mit Dévil zu messen. Ich habe im Moment andere Dinge im Kopf.“
Luzifer schnaubte kurz.
„Und was für Dinge sollen das sein?“
„Das hat dich nicht zu interessieren.“, entgegnete ich ohne zu zögern und sah amüsiert dabei zu, wie mein Vater herumwirbelte und mich mit roten Augen anfunkelte. Auch die beiden Dämonen vor dem Schreibtisch sahen mich empört und geschockt an.
„Wie bitte?“, sagte Luzifer perplex. Ich grinste frech.
„Du hast mich schon verstanden. Du weißt so schon zu viel über mich, da werde ich dir sicher nicht noch meine wichtigsten Geheimnisse auf die Nase binden! Da das geklärt wäre kannst du mir nun sicher sagen warum du mich noch herbestellt hast.“
Ich konnte ein leises Knurren hören, allerdings konnte ich nicht feststellen von welchen der dreien es kam. Mein Vater starrte mich einfach nur an. Plötzlich stand Carter vor mir. Ich hatte keine Ahnung was er vorhatte, ich wich einfach aus und verpasste ihm einen kräftigen Schlag.
„Wie oft willst du es noch versuchen, hm?“, meinte ich als ich mich über ihn lehnte. Warum mochte er mich nicht? Fand er mich nervig? Ich kicherte leise, wurde dann wieder ernst und streckte ihm meine Hand entgegen. Doch er dachte nicht einmal daran sich aufhelfen zu lassen. Mit einem Seufzen packte ich seinen Arm und zog ihn mit einem kräftigen Ruck auf die Beine. Wütend sah ich zu ihm auf.
„Versuchst du das noch einmal hast du ein Problem.“, fauchte ich und wandte mich wieder meinem Vater zu.
Der andere Dämon musterte mich von oben bis unten.
„Interessant. Ich hätte nicht gedacht das sie so schnell ist. Und an Kraft mangelt es ihr auch nicht.“
Mein Vater ließ sich in seinem Sessel nieder und stützte genervt die Stirn gegen seine Hand.
„Lass dich dadurch nicht beeindrucken, Connor. Für solche Kleinigkeiten braucht sie sich nicht anzustrengen . . . Dévil musste schon so einiges wegen ihr wegstecken. Glaub bloß nicht das du eine Chance gegen sie hättest!“
Connor grinste breit.
„Ach, ich wäre schon scharf auf einen kleinen Kampf.“
Ich lachte leise.
„So neugierig ich auch bin aber der Kerl hinter dir wird es nicht erlauben . . . Die einzigen die gegen mich kämpfen dürfen sind meine Trainingspartner.“
Unsere Blicke richteten sich auf meinen Vater, der nachdenklich aussah. Er wollte gerade etwas sagen, doch ein lautes Krachen unterbrach den Moment. Mein Kopf schoss in Richtung Tür.
„Ich wette diese zwei Idioten prügeln sich gerade . . .“, murmelte ich.
Connor sah mich fragend an.
„Dévil und Kieran. Die zwei haben wirklich nichts besseres zutun als sich gegenseitig fertig zu machen . . .“, erklärte ich und widmete mich nun wieder voll und ganz meinem Vater.
„Du wolltest was sagen?“
Er seufzte leise, dann lehnte er sich zurück.
„Genau genommen würde es mich ebenfalls interessieren, wer von euch zwei als Sieger aus einem Kampf herausgehen würde. Das wäre außerdem die perfekte Möglichkeit dein Training nachzuholen.“
Wieder lachte ich leise.
„Was ist los mit dir? Seit wann erlaubst du das?“
„Connor ist einer meiner besten Kämpfer. Ich will wissen wie weit du gehen kannst.“, erklärte mein Vater. Connor grinste mich an.
„Da habe ich wohl Glück gehabt, hm?“
Ich nickte.
„Meinetwegen können wir loslegen.“
Auch der Dämon nickte, dann wandte er sich ab und ging auf die Tür zu.
„Ich warte im Trainingsraum auf dich.“
Dann war er auch schon weg. Ich warf Carter einen kurzen Blick zu, dann wandte ich mich wieder meinem Vater zu.
„Also? Weshalb hast du mich noch her gerufen?“
Der Teufel blieb still, Carter meldete sich zu Wort.
„Dein Vater ist der Meinung, dass du stark genug bist um in der Menschenwelt auf dich selbst aufzupassen. Er erlaubt dir dich frei in der Menschenwelt zu bewegen.“
Ich blieb still. Ich war zu verblüfft um etwas zu sagen. Nach einigen Sekunden hatte ich mich gefasst.
„Im Ernst?“, hakte ich bloß nach. Mein Vater nickte schwach. Ich lächelte zufrieden und wandte mich ab.
„Super! Aber erwarte nicht das ich mich dafür bedanke.“
. . .
Als ich in der Trainingshalle ankam zog ich die Brauen hoch. Ich fand nicht nur einen kampfbereiten Connor vor, sondern auch zwei Dämonen die so aussahen, als hätten sie einen Krieg hinter sich.
„Habt ihr euch ernsthaft nur wegen meinem Geheule geprügelt? Ihr seid schon verrückt . . .“
Kopfschüttelnd musterte ich die schweigenden, ehemaligen Engel.
„Warum seid ihr hier?“, fragte ich dann. Connor antwortete darauf.
„Sie sind neugierig. Und ich auch. Also lass uns anfangen.“
„ Wie du willst.“, sagte ich lachend. „Mit oder ohne Waffen?“
„Ganz wie du willst. Ich bin auf alles vorbereitet.“
„Connor!“
Das war Dévil. Ariel starrte Connor mit furchteinflößendem Blick an, sagte aber nichts. Ich sah wieder zu Connor, der ebenfalls ein ernstes Gesicht machte. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, abwechselnd sah ich zwischen den beiden hin und her.
„Connor, du wirst dich nicht zurückhalten, ist das klar?“, meinte ich vollkommen ernst und verschränkte die Arme. Der Dämon lachte leise.
„Ich muss schon sagen, Ariel, die Kleine kennt dich inzwischen wirklich gut, trotz der wenigen Wochen die ihr euch erst kennt.“
Dévil schloss kurz die Augen und seufzte.
„Ja, ich befürchte, dass mir das noch zum Verhängnis wird . . .“, murmelte er.
Ich brummte, dann sah ich die drei der Reihe nach an. Mir kam da eine Idee.
„Was haltet ihr davon . . . alle drei gegen mich anzutreten? Das würde sicher amüsant werden.“
Alle drei starrten mich überrascht an, weshalb ich leise kicherte. Kieran verwandelte sich in seine ursprüngliche Form und trottete dann auf mich zu.
„Dein Mut beeindruckt mich immer wieder.“, schnaubte er.
Ich sah zu dem Hundedämon auf und grinste.
„Mutig? Naja . . . Ich gehe bloß gerne ein Risiko ein!“
Dévil kam dazu.
„Das stimmt. Wann immer sie die Chance dazu hat begibt sie sich in Gefahr . . . Mutig würde ich das nicht nennen. Das ist eher lebensmüde!“
Ich grinste weiter.
„Also bitte, ja? Du warst doch derjenige der Raphael und Gabriel alleine fertig machen wollte.“
Connor starrte den Dämon an.
„Ist das wahr? Du wolltest es wirklich alleine mit den beiden aufnehmen?“
Ich ließ Dévil gar nicht erst zu Wort kommen.
„Ja, wollte er. Und nun Schluss mit diesem Geplauder, legen wir los.“
Connor und Kieran gingen in Position, doch Dévil steuerte auf die Tür zu. Noch bevor er die Halle verlassen konnte hatte ich ein Messer nach ihm geworfen und ihm somit den Weg abgeschnitten.
„Du wirst doch nicht etwa abhauen, oder?“, fragte ich voller Spott und zog eine Augenbraue hoch.
Er begann laut zu knurren, dann stand er auch schon vor mir. Ich parierte seinen Schlag und lachte.
„Habe ich dich etwa wütend gemacht?“
Ich wusste das ich mit dem Feuer spielte. Und ich wusste, dass ich mich verbrennen könnte. Dévil zu provozieren konnte verdammt gefährlich werden, doch sein wütendes Knurren ließ mich nur noch lauter lachen. Es machte mir einfach Spaß ihm eins `reinzuwürgen.
Geschätzte zehn Minuten lang versuchten wir zwei uns gegenseitig fertig zu machen, doch bis auf ein paar Treffer hatten wir Glück. Doch dann mischten sich auch Connor und Kieran ein.
Nun wurde es schwierig. Die drei Dämonen waren perfekt aufeinander abgestimmt und konzentrierten sich auf meine Schwachpunkte. Meine Angriffe waren präzise und ich war schnell, doch meine Abwehr war noch lange nicht perfekt. Ich musste eine Menge einstecken, doch ich ließ mich nicht unterkriegen. In diesem Kampf machte ich mehr von meinen Fäusten Gebrauch als von meinen Messern, was wohl daran lag, dass auch meine Gegner ihren Körper als Waffe benutzten.
Nach einiger Zeit hatten wir alle genug.
Ich stützte mich auf meinen Knien ab und rang nach Luft. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, die drei Dämonen schon, dafür hatten sie eine Menge ertragen müssen. Überall auf dem Boden war Blut. Wir hatten solange gekämpft, bis die Knöchel an unseren Fingern aufgeplatzt waren. Ich schluckte, Connor, Kieran und Dévil rangen ebenfalls nach Luft. Kieran, der immer noch in seiner natürlichen Gestalt war, brach jaulend zusammen. Connor schnaubte und musterte mich.
„Verdammte Scheiße, wo hast du gelernt so zu kämpfen? Wenn du noch ein wenig an deiner Abwehr arbeitest wärst du vielleicht sogar in der Lage gegen einen Erzengel zu kämpfen!“
Ich ging in die Knie und schluckte wieder. Mein Hals brannte als hätte ich mehrere Flaschen Whiskey getrunken.
„So weit bin ich noch lange nicht, Connor.“, krächzte ich erschöpft. Stille trat ein, als plötzlich . . .
„Faith.“
Ich sah auf und begegnete eisblauen Augen. Eben waren seine Augen noch blutrot gewesen . . .
Ich schwieg.
„Es ist Weihnachten, oder?“, sagte Dévil. „Ich habe etwas für dich.“, sagte er dann und stand in Sekundenbruchteilen vor mir. Er lächelte, dann lagen seine Lippen auch schon auf meinen.
In diesem Moment nahm ich mehrere Dinge auf einmal wahr. Irgendetwas an Dévil hatte sich verändert . . . Kieran knurrte . . . Connor stieß ein empörtes Schnauben aus. Und ich? Ich seufzte.
Wie lange soll das noch so gehen, hm? Wir können nicht ewig miteinander `rummachen.

, dachte ich.
„Das ist ein Geschenk, nichts weiter. Also bleib locker!“, sagte er, nachdem er von mir abgelassen hatte. Ich lächelte und wandte mich ab. Langsam ging ich auf die Tür zu. Während ich einen Fuß vor den anderen setzte sah ich über meine Schulter.
„Ein Geschenk, hm?“, murmelte ich nachdenklich. „Na dann, danke! Ach ja! Luzifer erlaubt mir wieder mich in der Menschenwelt zu bewegen. Und . . . ich glaube ich habe es noch nicht erwähnt aber . . . du bist ein guter Küsser!“
Das letzte was ich hörte war ein Krachen. Ein ziemlich lautes Krachen. Ich kicherte. Kieran und Dévil . . .


Samstag, 25. 12. 2010




Mit einem Stöhnen wachte ich auf. Ich konnte jeden Knochen in meinem Körper spüren. Mittlerweile waren meine Fähigkeiten ausgeprägter. Auch die Selbstheilungskräfte! Die äußerlichen Wunden waren zwar verheilt, doch ich vermutete, dass es in mir noch immer übel aussah. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und erstarrte. Dévil lag auf dem Sofa und sah . . . echt scheiße aus.
Was um Himmels willen war mit ihm passiert? Waren das die Folgen des Trainings und der Schlägerei zwischen Kieran und ihm? Nein, unmöglich! Trotz des Hasses würden sich die beiden Dämonen niemals so übel zurichten!
Der Dämon atmete schwer und hatte sich mit seinem Arm die Augen verdeckt. Schlief er? Oder war er einfach nur zu schwach um ein Lebenszeichen von sich zu geben?
Trotz der Müdigkeit und der Schmerzen stand ich auf. Ich hatte das Gefühl ich wäre aus Wackelpudding, so sehr zitterte ich. Langsam ging ich auf ihn zu.
„Dévil? Was ist los? Ist was passiert?“, fragte ich leise und hob seinen Arm vorsichtig von seinem Gesicht. Eisblau traf auf grau. Unglaublich . . . diese Wut . . . Sofort zuckte ich zurück.
Vorsichtig, ja fast zögernd, setzte er sich auf und fuhr sich mit der Hand durch´s Haar.
Sein ganzer Körper sah . . . Ich seufzte. Mir fehlten die Worte. Er trug nur knielange Shorts, weshalb ich meinen Blick über seinen Oberkörper schweifen ließ. Wieder ein Seufzen. Er sagte nichts, weshalb ich ihn erst fordernd ansah, mich dann aber abwandte und ins Bad verschwand.
Ich griff nach einem Tuch, machte es nass und ging zurück zu dem Dämon. Ich kniete mich vor ihm hin und säuberte seine Wunden, die irgendwie nicht richtig heilen wollten. Ich dachte nach, dann hielt ich inne. Ich kannte nur ein Wesen, welches dafür verantwortlich sein konnte.
„Wer von ihnen ist dafür verantwortlich?“, fragte ich knurrend und sah zu ihm auf. Dévil sah mich ausdruckslos an. Nichts als Zorn und Kälte konnte man in seinen Augen erkennen.
„Es war nicht einer.“, sagte er schroff. „Raphael, Gabriel, Michael, Jophiel und Zadkiel . . . Sie alle waren hier.“
Das Tuch fiel mir aus der Hand.
„Was? Aber . . . warum habe ich . . .“, murmelte ich und schüttelte verwirrt den Kopf. Dévil atmete tief durch, dann lehnte er sich wieder zurück und schloss die Augen.
„Du hast nichts mitbekommen, weil du nach dem Training im Flur zusammengebrochen bist. Ich hab dich auf dein Zimmer gebracht, da sind auch schon die Erzengel aufgetaucht.“
Er knurrte laut und animalisch, ich dachte nach.
„Wie haben es diese Dreckskerle bloß hierher geschafft?“, brüllte Dévil.
„Ich bin zusammengebrochen? Das darf doch nicht wahr sein . . . auf mich ist echt kein Verlass . . .“, murmelte ich betrübt, richtete mich auf und wandte mich ab.
Dévil hatte seinen linken Arm über die Lehne des Sofas gelegt und sah mich immer noch kühl an.
In diesem Moment hätte wahrscheinlich jeder Fremde geglaubt, Dévil sei ein Gott . . .
„Dich trifft keine Schuld, Faith. Kieran, Connor und ich sind Schuld an deinem Zusammenbruch. Wir hätten niemals alle drei auf einmal gegen dich antreten dürfen.“, sagte er kühl.
Ich ließ mich auf meinem Bett nieder und stützte meine Arme auf den Knien ab. Meine Haare fielen mir wie ein Schleier über die Schultern.
„Euch trifft keine Schuld, Ariel. Ihr seid nicht zu stark für mich, ich bin einfach zu schwach für euch! Ich nehme an auch Luzifer hat die Erzengel abgewehrt. Ich als seine Tochter sollte es ihm nach tun . . . Es geht doch um mich, oder nicht? Wieso sollte ich mich nicht selbst um meine Angelegenheiten kümmern?“, murmelte ich.
„Rede nicht so einen Müll!“, knurrte Dévil laut.
„Von wegen Müll! Wie soll ich einmal Herrscherin der Unterwelt werden, wenn ich nicht einmal in der Lage bin bei Bewusstsein zu bleiben wenn es . . .“
Ein stechender Schmerz zog sich durch meine Wange.
„Sei still!“, brüllte Dévil.
Die Ohrfeige die er mir verpasst hatte empfand ich nicht so schlimm wie die erste, weshalb ich schwieg. Ich sah zu dem Dämon auf.
„Du gehörst eigentlich gar nicht hierher, Ariel. Also warum bist du immer . . . mitten im Geschehen? Klar, du dienst meinem Vater . . . aber du handelst oft von dir aus . . . Mich würde interessieren warum! Gibst es hier in Pragaras irgendwas oder irgendjemanden, der dir wichtig ist oder etwas bedeutet?“
Meine Worte schienen ihn zu überraschen, denn er starrte mich mit seltsamen Blick an.
Seine blauen Augen schienen in meinem Gesicht nach einer Antwort zu suchen, doch scheinbar fand er keine. Ich sah ihn einfach nur an. Dann . . .
„Tut mir leid!“
Ich konnte sehen wie sich sein ganzer Körper anspannte . . . Er schien wirklich verdammt überrascht zu sein. Verwirrt sah er mich an. Seine Augen wurden ein wenig dunkler, sie waren nicht mehr eisblau, sondern saphirblau.
„Meinetwegen geraten alle immer in Schwierigkeiten. Seitdem wir zwei uns kennen musstest du so viel einstecken . . . Das ist meine Schuld!“
Dévil´s Augen verengten sich zu Schlitzen. Er legte einen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht an. Seine andere Hand drückte er zwischen meine Schulterblätter. Ich zuckte zusammen, verkniff es mir aber zu stöhnen.
„Du bist diejenige die viel einstecken musste, Faith. Ich und auch alle anderen hier in Pragaras sind solch starke Verletzungen gewohnt. Mag sein das du eine Dämonin bist und mag auch sein, dass sich deine Heilungskräfte weiter entwickelt haben, dass heißt aber nicht das du so wir wir in der Lage bist mehrere Stunden oder sogar Tage durchzukämpfen. Ganz egal wie schlimm du meinen Anblick auch findest, dass sollte dich nicht davon abhalten an dich selbst zu denken.“, sagte er streng. Ich schwieg einen Augenblick, dann sah ich wieder zu ihm auf.
„Du sagst also die Erzengel waren hier? Was haben sie alles angerichtet? Aber vor allem: Wie sind sie hierher gekommen?“
Der Dämon begann wieder laut zu knurren.
„Ich habe keine Ahnung wie es ihnen gelungen ist nach Pragaras zu gelangen. Abby und Carter haben einiges abbekommen und einige Teile des Towers wurden zerstört, sonst ist alles in Ordnung. Hauptsache ist, dass dir nichts passiert ist!“, meinte er. Ich seufzte.
„Hatten es wieder auf mich abgesehen, hm? Meinetwegen habt ihr nur Ärger am Hals. . .“
„Muss ich dir wieder eine verpassen!“, knurrte Dévil. „Es ist unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass du in Sicherheit bist, also hör auf dir Vorwürfe zu machen.“
Ich sprang auf und wurde so wütend, dass ich kurz davor war ihm eine zu scheuern.
„Es ist aber nicht deine Aufgabe!“, fauchte ich. „Ich sagte doch, du gehörst nicht hierher! Dein Platz ist in Himnaríki, und nicht in Pragaras! Hör auf alles gut zu reden!“
Scheinbar ging ich ihm wirklich auf die Nerven, denn er trat näher an mich heran und funkelte mich mit blutroten Augen an.
„Du solltest nicht so eine Scheiße reden!“, schrie er. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und seufzte leise.
„Tu` mir den Gefallen und verschwinde!“
Ich wies auf die Tür.
„Noch bist du nicht in der Lage mir Befehle zu erteilen.“
Ich knurrte leise.
„Das sehe ich anders. Mach das du ´raus kommst, und zwar schnell!“
Mit Spott in den Augen sah er auf mich herab. Ich holte bereits aus, doch noch bevor meine Hand sein Gesicht traf, wurde die Tür aufgerissen. Es war Kieran. Gerade noch rechtzeitig fing der Hundedämon meinen Arm ab.
„Ich habe zufällig mitgehört, tut mir leid. Aber Dévil hat Recht. Hör auf dir die Schuld für alles zu geben!“
Kieran´s Worte machten mich nur noch wütender. Mein Knurren wurde immer lauter, bis ich schließlich schrie und die beiden Richtung Tür stieß.
„Raus jetzt! Ich will euch nicht mehr sehen!“
Die beiden tauschten einen Blick aus und seufzten.
Nach ein paar Minuten saß ich alleine in meinem Zimmer, heulend auf dem Bett . . .


Dienstag, 28. 12. 2010




Drei Tage waren vergangen. Sowohl mein Vater als auch Dévil wollte mich nicht in die Welt der Menschen gehen lassen. Nicht seit dem Vorfall mit den Erzengeln. Stattdessen wurde ich zum harten und bedingungslosen Training verurteilt. Und wer war mein Partner? Klar, natürlich Dévil!
Die Trainingseinheiten waren, wie zu erwarten, nicht sehr spaßig und angenehm.
Wir schwiegen uns an und versuchten uns gegenseitig zu Fall zu bringen, doch es klappte bei keinem von uns zwei. Wir waren beide wütend, dass sah man schon an der Art unseres verbissenen Kampfes, doch spätestens nachdem eines meiner Messer fast sein Herz erwischt hatte war klar, dass ich immer noch nicht ansprechbar war. Ich dachte er geht zu Boden, doch Pustekuchen! Nun stürzte er sich noch verbissener auf mich. Ich wich ihm aus und starrte ihn verblüfft an. Warum konnte er noch stehen? In diesem Moment tauchte er hinter mir auf, packte mich und warf mich auf den Boden. Völlig perplex blieb ich regungslos unter ihm liegen. Ich knurrte leise und seufzte dann.
Dévil´s Griff in meinem Nacken wurde immer fester, war er wirklich so wütend? Ich schwieg. Meinetwegen konnte er so wütend sein wie er wollte, ich würde mich nicht entschuldigen!
„Du hast gewonnen. Jetzt lass mich los.“, murmelte ich mit zusammengebissenen Zähnen.
Doch sein Griff wurde nur noch fester und sein Knurren lauter. Ich schaffte es gerade so über meine Schulter zu schauen.
„Verdammt, geh` ´runter von mir!“, fauchte ich. Doch auch das brachte ihn nicht dazu mich loszulassen.
Ich war so schon am Ende, sein Gewicht auf mir machte es da nicht besser. Es kam mir vor als würde er immer schwerer werden. Nach einigen Sekunden stöhnte ich leise.
„Du tust mir weh . . .“; sagte ich leise und versuchte ihn abzuschütteln. Doch er war scheinbar nicht er selbst. Ohne mich entkommen zu lassen drehte er mich um und holte aus. Die Wucht des Schlages warf meinen Kopf zur Seite. Ich war zu sprachlos um ihn anzuschreien und zu fragen was das sollte, weshalb ich ihn bloß erschrocken und zugleich panisch ansah.
Egal wie verzweifelt ich auch war, er hörte nicht auf. Immer wieder schlug er auf mich ein, bis ich schließlich heulend und wimmernd unter ihm lag. Egal wie sehr ich auch versuchte mich zu befreien, er war auf einmal so viel stärker!
Kieran! Hilf mir!

, dachte ich und hoffte, der Hundedämon würde es hören. Und tatsächlich, nach einigen Minuten und weiteren Schlägen tauchte er in der Halle auf.
„Faith, was . . .“, weiter kam er nicht, denn er war genauso überrascht über Dévil´s Handeln wie ich. Sofort kam er zu uns und zerrte den Dämon von mir herunter. Doch auch für ihn schien Dévil zu stark zu sein. Nur mit Mühe konnte Kieran ihn in den Schwitzkasten nehmen.
„Du musst Luzifer Bescheid geben!“, knurrte Kieran.
Luzifer . . . komm in die Trainingshalle, schnell!

, dachte ich bloß.
Die Tränen strömten ungehindert weiter über meine Wangen, so sehr ich sie auch wegwischen wollte, es funktionierte nicht. Ich hatte zu viel Angst um mich auch nur das kleinste bisschen zu regen. Was war bloß in ihn gefahren? Kieran versuchte ihn zu beruhigen, doch er schaffte es nicht. Immer wieder versuchte Dévil sich aus seinem Griff zu befreien. Nach einer gefühlten Ewigkeit tauchte endlich mein Vater auf. Er sah uns drei der Reihe nach an, dann fluchte er leise und half Kieran.
„Bring sie hier weg.“, befahl er dem Hundedämon. Als ob Dévil nur ein kleines, bockiges Kind wäre packte er ihn und zog ihn mit sich. Kieran kam langsam auf mich zu und ging vor mir in die Knie.
„Hey . . .“, sagte er leise und streckte die Hand aus, doch ich zuckte wie von selbst zurück.
Der Dämon seufzte leise und ließ die Hand sinken.
„Ganz ruhig, ich tue dir nichts.“, murmelte er und packte mich. Dann hatte er mich auch
schon hochgehoben. Er brachte mich auf mein Zimmer, auf dem Weg dorthin schwieg er.
Ich blickte in sein Gesicht und sah . . . nichts. Nicht mal den Hauch eines Gefühles. Mit ausdruckslosem Gesicht starrte er immer geradeaus. In meinem Kopf herrschte Leere. Ich wusste nicht was ich denken, geschweige denn sagen sollte.
Kieran legte mich auf meinem Bett ab und verschwand. Nach einigen Sekunden kam er mit einem Beutel Eis zurück. Er drückte ihn mir leicht gegen meine Wange und nahm dann meine Hand, die er dann an den Beutel führte. Ich hielt ihn fest. Kieran kniete sich vor mich hin und deutete auf meine Kleidung.
„Darf ich?“, fragte er leise. Ich schwieg. Mit einem Seufzen richtete sich der Dämon wieder auf.
„Wenn du Hilfe brauchst ruf` einfach nach mir.“, sagte er und küsste mich auf die Stirn, ehe er sich umdrehte und mein Zimmer verließ.
Und schon wieder war ich alleine.
. . .
Nachdem ich geschlafen und mich geduscht hatte, stellte ich mich vor einen Spiegel und musterte mich. Langsam ließ ich meinen Blick von oben bis unten schweifen. Meine Wange schimmerte bläulich, meine Unterlippe war aufgeplatzt, meine Kehle war überseht mit Blutergüssen, blaue Flecken und Schnittwunden verteilten sich über meinen ganzen Körper. Ich schluckte und wandte meinen Blick ab.
Ich war noch immer total verwirrt und neben der Spur. Albträume hatten mich im Schlaf geplagt.
Mir war aufgefallen, dass Dévil erst so komisch war, seitdem die Erzengel hier aufgetaucht waren.
Was war bloß los mit ihm? Die Ganze Sache wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen.
Ich ging zurück in mein Zimmer und suchte mir ein Top und eine knielange Hose.
Ich hätte die ganzen Wunden am liebsten versteckt aber es war nicht kalt genug um einen Rollkragenpullover anzuziehen . . . Ich griff nach einem Haargummi und band mir meine Haare zusammen.
Seufzend verließ ich mein Zimmer.
Ich hatte keine Ahnung wo ich eigentlich hin wollte. Unendlich viele Gedanken gingen mir durch den Kopf. Einer davon machte mir wirklich zu schaffen . . .
Zuhause. Ich wollte nach Hause, doch wo war das? Hier, in Pragaras? War die Hölle oder die Erde mein Zuhause? Und wer war meine Familie? Luzifer? Er war mein Vater, doch musste ich ihn deshalb auch als meine Familie akzeptieren? Und was war mit Emily, Tia und Ben?
Seufzend lief ich immer weiter. Plötzlich hörte ich zwei Stimmen, was mich dazu brachte stehenzubleiben.
„Weißt du schon das Neueste? Ariel soll wohl die Kontrolle verloren haben!“
Ich erstarrte. Das klang nach Belial. Waren sie und die anderen etwa immer noch hier? Und woher wusste sie was passiert war? Hatten mein Vater oder Kieran etwas verraten?
„Naja, nur ein Teil davon. Angeblich soll er eine junge Frau übel zugerichtet haben. Mehr weiß ich nicht.“
Lilith . . .
Belial kicherte.
„Ariel war schon immer ein Bad Boy aber das er mal so die Beherrschung verliert überrascht mich dann doch. Was meinst du, statten wir ihm einen kleinen Besuch ab? Ich hab gehört er wurde im Keller, bei einigen anderen „Verbrechern“ eingesperrt.“
Ich schlug mir die Hand vor den Mund um jegliche Geräusche zu unterdrücken. Er wurde eingesperrt?
„Meinetwegen.“, lachte Lilith.
Ich sah vorsichtig um die Ecke und konnte Belial und Lilith sehen, die auf den Fahrstuhl zusteuerten. Kaum hatten sie ihn betreten schoss ich hinter der Wand hervor und stürmte auf das Treppenhaus zu. Im Mords Tempo raste ich die Stufen hinunter, bis ich schon nach kurzer Zeit im Keller ankam. War nur zu hoffen das die beiden Fürstinnen nicht schon hier unten waren.
Ich rannte weiter und kam schließlich an eine große Tür, die nicht gerade einen guten Eindruck machte. Vor der Tür stand ein bulliger Typ, der Ähnlichkeit mit einem Gorilla hatte. Er musterte mich.
„Du hast hier unten nichts zu suchen. Verschwinde!“, meinte er grob.
Ich sah hastig über meine Schulter um sicher zu gehen, dass Belial und Lilith noch nicht hier waren. Dann sah ich wieder den Mann an.
„Luzifer schickt mich. Alles andere geht dich nichts an. Und nun mach die Tür auf, es ist dringend!“
Er musterte mich noch einmal eingehend, dann trat er zur Seite und öffnete tatsächlich die massive Eisentür. Gott, wenn mein Vater herausfand das ich hier war würde ich was erleben können. Andererseits war ich froh darüber das dieser Kerl hier war, so hatten die beiden Dämonen wenigstens keine Chance hier herein zu kommen.
Kaum hatte sich die Eisentür hinter mir geschlossen seufzte ich. Allerdings waren die zwei Fürstinnen. Sie würden sicher Zugang haben . . .
Ich schüttelte den Kopf und lief weiter. Ich befand mich in einem breiten Gang, an dessen Seiten sich käfigartige Verliese befanden. Die Wesen darin sahen mich teils wütend, teils lustvoll an.
Ich beachtete sie nicht und suchte weiter nach Dévil. Ich hatte ihn scheinbar übersehen, denn plötzlich ließ mich seine Stimme zusammenzucken.
„Faith!“
Ich sah mich um und entdeckte den Dämon in einem der Verliese rechts von mir. Er umklammerte mit beiden Händen die schwarzen Stangen, die die Flucht unmöglich machten. Ich wusste nicht aus welchem Material sie waren, es war mir unbekannt, denn scheinbar waren sie so stabil, dass selbst der stärkste Dämon sie nicht zerstören könnte. Er musterte mich und starrte mich dann mit blutroten Augen an.
„Was ist passiert?“
Ich kniff die Augen zusammen und trat ein Stückchen näher an das Verlies heran. Ich wusste nicht ob ich ihm vertrauen konnte. Und obwohl er darin festsaß hatte ich doch Angst vor ihm.
„Du erinnerst dich nicht?“, fragte ich leise.
Er schüttelte den Kopf.
„Wer hat dir das angetan?“, fragte er wütend. Sein ganzer Körper bebte. Was würde passieren wenn ich ihm die Wahrheit sagte? Sollte ich ihn besser anlügen? Nein, dass konnte ich nicht. Ich seufzte und sah ihn dann traurig an.
„Du.“, flüsterte ich.
Stille. Das Gebrüll der anderen Dämonen hier unten schien für uns zwei zu verstummen und auch das die Eisentür wieder geöffnet wurde nahm ich nicht wahr.
„Du lügst!“, sagte er leise und schüttelte den Kopf.
„Es ist wahr! Ich wünschte auch es wäre eine Lüge.“, entgegnete ich ebenfalls leise.
Der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben. In diesem Moment tat er mir leid. Mit einem Mal wusste ich, dass er das nicht absichtlich getan hatte. Und trotzdem wich ich zurück als er die Hand nach mir ausstreckte. Verständnislos sah er mich an.
„Tut mir leid . . .“, sagte ich leise.
„Na, wen haben wir denn da!“
Ich erstarrte. Wenn Belial und Lilith meine Verletzungen bemerken würden wäre ihnen klar, wer die junge Frau war die es erwischt hatte. Ich schluckte. Wenn die beiden hier einen Streit anfingen und auf einen Kampf hinaus wollten, würde mir keiner helfen. Selbst Dévil nicht. Ich schwieg. Ein falsches Wort und ich war in Schwierigkeiten. Dévil knurrte und ließ die Hände sinken, dann wandte er sich an die zwei Frauen.
„Ihr habt hier nichts zu suchen!“
Doch die beiden kicherten nur aufgeregt.
„So so, Faith ist also diejenige die´s erwischt hat.“, meinte Belial.
„Scheint als wärst du doch nicht so stark.“, sagte Lilith zu mir.
Ich verkniff mir ein Knurren und blieb ruhig.
„Ich lasse mich durch dich nicht provozieren, Lilith.“, antwortete ich auf ihre Worte.
Ich wollte noch ganz andere Worte ausspucken, doch das hätte einen Kampf zur Folge gehabt, also hielt ich die Klappe. Die Dämonin grinste. Was hatte sie vor?
„Ach nein? Na dann verzichte ich halt mal auf meine Spielchen und komme gleich zur Sache. Was hältst du von einem Kampf? Du und ich, ohne Zuschauer.“
Ich erstarrte. Oh nein! Mein ganzer Körper spannte sich an.
Scheiße!

, dachte ich.
Du darfst nicht darauf eingehen, hast du gehört?


Dévil´s Stimme in meinem Kopf beruhigte mich ein wenig.
Aber genau das will sie doch!

, entgegnete ich. Wenn ich ablehne bin ich feige. Ich hasse solche Zwickmühlen! Beide Antworten haben Nachteile.


Ich atmete tief durch.
„Na, was ist?“, meldete sich Lilith wieder zu Wort.
„Meinetwegen.“, sagte ich kalt.
Überrascht zog die Dämonin die Brauen hoch und auch Belial sah überrascht aus.
Ich sprach weiter.
„Aber du verstehst doch sicher das der Kampf zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden wird. Momentan bin ich leider nicht in der Verfassung um mich mit dir zu messen.“
Lilith´s wütender Gesichtsausdruck verriet mir, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Trotz des bevorstehenden Kampfes hatte sie ihr Ziel nicht erreicht.
„Natürlich.“, brachte sie hervor. „In einer Woche bin ich wieder hier, klar?“
Ich lächelte.
„Ich freu` mich.“, sagte ich und beobachtete amüsiert wie sie sich umdrehte und wütend davonging. Belial folgte ihr.
„Lilith.“, rief Dévil ihr nach.
Außer sich vor Wut drehte sie sich noch einmal um. Dévil zog einen Mundwinkel hoch.
„Dir ist doch klar, dass wenn Luzifer davon erfährt, du nichts mehr zu lachen hast, oder?“
Sie antwortete nicht.
Dévil und ich sahen uns wieder traurig an.
„Ich bin eigentlich hier herunter gekommen um dich zu fragen was mit dir los ist. Aber scheinbar weißt du das selbst nicht.“, meinte ich und verschränkte die Arme.
Wieder schüttelte der Dämon den Kopf.
„Ich wüsste gerne warum ich hier eingesperrt bin!“
Ich schwieg und überlegte einen Moment. Mir war nicht ganz wohl bei der Sache . . .
„Du hast total die Kontrolle verloren . . .“, murmelte ich. „Wir haben trainiert und ich hätte mit einem Messer fast dein Herz erwischt . . . Danach bist du auf mich losgegangen und hast . . .“
Ich unterbrach mich und sah ihn einfach nur an.
Auch Dévil schwieg.
„Du bist schon so komisch seitdem die Erzengel hier waren . . .“, fügte ich dann hinzu.
Seine Augen verengten sich als plötzlich die Eisentür wieder geöffnet wurde. Ich erstarrte als ich meinen Vater erblickte.
Oh Oh, jetzt kann ich was erleben . . .

, dachte ich und tauschte einen schnellen Blick mit Dévil aus.
Was soll das heißen?

, kam es zurück.
Ich denke mal, dass ich gar nicht hier sein darf. Ich habe behauptet mein Vater hat mich hergeschickt, der Kerl vor der Tür hat es geglaubt.

, dachte ich dann, da stand auch schon mein Vater mit grimmiger Miene vor mir.
„Kannst du mir mal verraten was du hier unten zu suchen hast?“, knurrte er und funkelte mich wütend an.
Ich schluckte und antwortete nicht. Doch dann passierte etwas das mich überraschte. Mein Vater seufzte.
„Deine Lüge ich habe dich geschickt ist mir jetzt egal. Ich nehme an du willst nur wissen was eigentlich los ist.“, meinte er und warf Dévil dabei einen kurzen Blick zu.
„Und du kannst dich sicher an nichts erinnern, stimmt´s?“, fügte er hinzu.
Dévil schüttelte bloß den Kopf. Wieder seufzte mein Vater.
„Die Erzengel haben dich manipuliert.“, sagte er dann, kalt und dennoch verbittert.
Verständnislos starrte ich meinen Vater an. Dévil klappte die Kinnlade herunter.
„Was?“, hauchte er. „Das ist unmöglich!“
Luzifer blieb ernst.
„Eine andere Erklärung gibt es nicht. Ich weiß das wird euch beiden nicht gefallen aber ab sofort werdet ihr euch nicht mehr sehen. Scheinbar haben sie begriffen, dass sie selbst nicht an Faith herankommen und versuchen es nun stattdessen über dich, Dévil. Allerdings scheinen sie dich nicht nur manipuliert zu haben. Normalerweise würde Faith sich niemals von dir unterkriegen lassen, beim Training allerdings hast du so kraftvoll auf sie eingeschlagen, dass sie nicht die geringste Chance hatte sich zu wehren. Deine Kraft hat also auch zugenommen.“
Immer noch schockiert und gleichzeitig traurig sah ich Dévil wieder an. Er machte einen wirklich geknickten Eindruck.
„Da wir nicht wissen wann Dévil wieder die Kontrolle verlieren wird ist es besser wenn ihr euch nicht seht.“, sagte mein Vater, als hätte er die Fragen in meinem Kopf gelesen.
Dévil knurrte und drehte uns den Rücken zu. Seine Faust zuckte, scheinbar verspürte er den Drang auf etwas einzuschlagen.
„Ganz so einfach wird das nicht sein . . .“, meinte er. „Das wäre zu leicht! Ich kenne sie, besser als jeder andere. Sie wissen das man uns voneinander trennen wird, sie werden sich sicher etwas anderes ausgedacht haben. Ihre Pläne waren schon immer ausgeklügelt, diese Situation wäre zu einfach . . .“
Meine Augen füllten sich mit Tränen, doch ich blinzelte sie weg. Man, ich war wirklich verweichlicht . . .
„Vielleicht wollen sie mich in die Enge treiben . . .“, dachte ich laut. „Ab jetzt bin ich hier wohl nicht mehr sicher. Ich schätze mal sie wollen, dass ich wieder unter den Menschen lebe, damit sie besser an mich herankommen . . . Also, bin ich weder hier, noch dort sicher. Ich wette das ist ihr Ziel!“
Dévil wandte sich wieder zu uns herum und deutete ein fasziniertes Lächeln an.
„Dein Verstand lässt dich wirklich nie im Stich, Kleine.“
Ich musterte ihn misstrauisch. Diese Seite an ihm kannte ich noch nicht. Sie war mir . . . fremd und . . . jagte mir gewissermaßen auch Angst ein. Dieses gefährliche und faszinierte Lächeln auf seinen Lippen war in meinen Augen ein Beweis dafür, dass er mal ein Erzengel war. Ich hatte nicht wirklich Ahnung von Engeln, geschweige denn von Erzengeln, doch ich konnte mir denken, dass sie das Spiel liebten, viel mehr Verstand hatten als andere Wesen im Universum und einfach nur verdammt gefährlich waren. Und ich glaubte, dass Engel nicht immer die harmlosen Wesen waren, wie man an sie glaubte.
„Du siehst mich an als wäre ich deine Beute.“, sagte ich leise und sah ihn immer noch misstrauisch an.
„Für mich sieht es so aus als hätte er eine Idee.“, meinte mein Vater.
Für den Buchteil einer Sekunde verwandelte sich das Lächeln des Dämons zu einem ausgewachsenem Grinsen, doch das Grinsen verging ihm sofort wieder. Nun machte er den Eindruck als sei er geschockt.
„Mir kam da tatsächlich eine Idee aber . . .“
Mitten im Satz brach er ab, dann sah er meinen Vater ernst an.
„Sie muss hier weg, sofort! Aber in die Menschenwelt darf sie auch nicht, du musst dir also was einfallen lassen!“
Mein Vater brummte und schloss nachdenklich die Augen.
„Ich sage das wirklich nur ungern aber ich habe in diesem Moment nicht den geringsten Plan . . .“
Ich atmete tief durch und sah meinen Vater entschuldigend an.
„Ähm, das ist nicht das einzige Problem . . .“, sagte ich leise. Dévil schien erst nicht zu wissen was ich meinte, doch dann gab er mir mit einer unauffälligen Geste zu verstehen, dass ich die Klappe halten sollte. Luzifer zog die Brauen hoch, doch ich konnte in seinem Gesicht nichts lesen.
„Lilith und ich werden gegeneinander kämpfen. In einer Woche . . .“, gestand ich noch leiser.
Der Stirn des Teufels wurde noch faltiger.
„Wie bitte?“
Ich zog die Schultern ein.
„Es ging nicht anders, tut mir leid.“
Dévil schwieg. Mit einem Seufzen fuhr sich der Teufel mit der Hand durchs Haar.
„Na großartig.“, murmelte er und wurde dann prompt wieder ernst. „Also gut, ich weiß was wir machen.“
Dann drehte er sich um und ging einige Schritte. Er krümmte den Finger und bedeutete mir ihm zu folgen. Doch bevor ich das tat wandte ich mich noch einmal dem gefallenen Engel zu.
„Schätze wir werden uns eine ganze Weile lang nicht sehen.“, sagte ich leise.
Er schwieg, doch das machte mich nur noch trauriger.
„Was für eine Idee ist dir eben gekommen?“, fragte ich.
Verbittert sah er mich an. Seine eisblauen Augen färbten sich langsam dunkelrot und verliehen seinem Gesicht etwas hartes, ausdrucksstarkes.
„Glaub mir, Faith, wenn ich dir das sage würdest du mir nie wieder unter die Augen treten wollen.“
Wieder atmete ich tief durch.
„Ich hab Angst, Ariel!“, gab ich flüsternd zu. Seine Augen weiteten sich und färbten sich schlagartig wieder blau. Ich fuhr unbeirrt fort.
„Ich weiß nicht wie lange ich das alles noch aushalte! Ich will leben können wie jedes andere Mädchen in meinem Alter auch . . . Doch statt feiern zu gehen und mich zu betrinken muss ich damit klarkommen einmal die Nachfolgerin des Teufels zu werden! Hinzu kommt, dass ich jetzt fort von der einzigen Person muss, die . . .“
„Faith!“
Die inzwischen wütende Stimme meines Vater ließ mich herumwirbeln. Mit Tränen in den Augen starrte ich den Teufel an.
„Beeil dich gefälligst!“, knurrte er.
Mit einem verzweifelten Seufzen trat ich ans Verlies heran. Die metallenen Stäbe hatten Abstände von knapp zwanzig Zentimeter. Viel müsste man meinen, dennoch konnte hier seltsamerweise keiner fliehen.
Die Tränen liefen mir inzwischen über die Wangen. Ich griff durch die Stäbe, umfasste Dévil´s Gesicht mit beiden Händen zog ihn so nah an mich, wie es die Metallstangen zuließen, und küsste ihn. Nach einigen Sekunden zog ich mich zurück und grinste ihn an.
„Ich hasse dich!“; flüsterte ich und wandte mich ab.
Ich wischte mir mit dem Handrücken über die Augen und ließ zusammen mit meinem Vater den Dämon zurück . . .


Donnerstag, 30. 12. 2010




Zwei Tage waren vergangen. Mein Vater hatte beschlossen mich bei Azazel unterzubringen. Niemand, natürlich bis auf Azazel, Luzifer und mir selbst, wusste Bescheid. Azazel war der einzige Dämonenfürst den ich bis vor zwei Tagen noch nicht kannte. Dévil´s Worte das er für die Sünden der Menschen zuständig ist hatte mir einen Schauer über den Rücken gejagt, doch ich musste feststellen, dass der Fürst gar nicht mal so schlimm war. Eigentlich . . . verstanden wir uns ganz gut.
Hier mal eine kleine Beschreibung:
Er war natürlich groß und muskulös. Seine Haare waren dunkelbraun, fast schwarz, kinnlang und zerzaust. Klare Sache, er sah gut aus. Doch am meisten faszinierten mich seine Augen. Glaubst du mir wenn ich sage, sie waren bunt? Nein? Tja, glaub was du willst, ich weiß was wahr war.
Seine Augen waren unglaublich! Um die Pupille herum waren sie braun, dann liefen sie in ein helles grün über. Zum Rand hin wurden sie wolkengrau, bis sie schließlich in einem dunkelblau ausliefen.
Ich war gerade dabei mir etwas zu essen zu genehmigen, als Azazel plötzlich den Raum betrat.
„Schon wieder am essen?“, fragte er und zog eine Augenbraue in die Höhe.
„Nervennahrung.“, antwortete ich knapp und musterte ihn.
„Du siehst aus als wäre etwas passiert.“, stellte ich dann fest.
Azazel sah mich ausdruckslos an, dann setzte er sich zu mir an den Tisch.
„Ariel ist verschwunden.“, sagte er.
Ich wollte einen Schluck Wasser trinken, doch ich verschluckte mich. Panisch umklammerte ich das Wasserglas, was darauf hin zerbrach. Ich starrte die Glasscherben an und richtete meinen Blick dann wieder auf den Fürsten.
„Was? Das kann nicht sein! Er war . . .“
Azazel schüttelte den Kopf.
„Ganz egal wie gut die Sicherheitsmaßnahmen auch waren, er ist weg. Und keiner weiß wo er sich zur Zeit befindet. Niemand hat ihn gesehen. Und das ist das Problem! Keiner außer dein Vater weiß das du hier bist . . .“
Er brauchte nicht mehr zu sagen, ich verstand sofort worauf er hinaus wollte.
„Glaubst du wirklich er würde Luzifer etwas antun?“, fragte ich panisch.
„Ich weiß es nicht. Wenn ich ehrlich bin traue ich ihm alles zu, selbst wenn er nicht manipuliert worden wäre, würde ich es ihm zutrauen.“, antwortete der Dämon.
Ich schüttelte den Kopf.
„Vergiss es! Das würde er nie machen!“
Ein seltsamer Ausdruck trat in seine Augen. Er musterte mich und verschränkte dann die Arme.
„Vertraust du ihm wirklich so sehr?“
Seine Frage ließ mich einen Augenblick nachdenken. Ich musste mir eingestehen, dass ich mir da selbst nicht so sicher war.
„Naja . . .“, begann ich. „Eigentlich nicht aber . . . Ich konnte mich bis jetzt immer auf ihn verlassen. Er war immer da wenn ich in Schwierigkeiten war . . . Allerdings ist er . . . schon einmal auf mich losgegangen.“
Hoffnungslosigkeit durchströmte mich wie eine Flutwelle. Mit einem verzweifeltem Seufzen ließ ich meinen Kopf auf meine Arme sinken.
„Verdammt!“, murmelte ich. „Was nun, hm?“, fragte ich dann und sah wieder auf.
Azazel seufzte.
„Dein Vater weiß selbst das er nun in Gefahr schwebt. Uns bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten. Sollte Ariel allerdings in der Lage sein dich aufzuspüren haben wir ein Problem. Ich bin mir sicher das er dich ohne zu Zögern töten würde!“
Ich stand auf und ging auf die Tür zu.
„Wo willst du hin?“, fragte der Fürst.
„Ich muss nachdenken . . .“, murmelte ich und verschwand in mein Zimmer.
. . .
Vorsichtig berührten meine Finger meine Lippen. Ein Kuss, eine Berührung, bloß seine Nähe . . .
Ich fühlte mich allein. Ich seufzte. Meine Gefühle würden mich noch das Leben kosten!
Ich konnte nicht mit aber auch nicht ohne Dévil. Ich hasste ihn und doch wollte ich ihn nicht verlieren.
Meine Finger glitten zu meinem Dekolleté, an dem sich noch immer das Amulett der Mondgöttin Luna befand. Tränen stiegen mir in die Augen. Am Ende würde es mich wohl doch nicht beschützen. Dabei hatte ich daran geglaubt . . .
Ich fing an zu schluchzen und verfluchte mich, da ich zu einer elenden Heulsuse geworden war.
. . .
Nachdem mein Heulkrampf vorüber war dachte ich noch einmal ausgiebig über die jetzige Situation nach.
Die Engel wollten meinen Tod. Sie kamen nicht an mich heran und haben Dévil manipuliert, damit er das für sie erledigt. Dann kam mir eine Idee.
Dévil war mal ein Erzengel, was, wenn er tief in seinem Inneren eigentlich auch meinen Tod wollte? Er wollte sicher nie für den Teufel arbeiten . . . Und auch wollte er sicher nie für seine Tochter Babysitter spielen.
Mir kam der Gedanke, dass er mich nie wirklich mochte. Er hatte mir oft gesagt das er mich nicht mag. Ich hatte es geglaubt, doch jetzt hatten diese Worte eine ganz andere Bedeutung . . .
Dann fasste ich einen Entschluss. Ich würde mich nicht untätig verstecken! Niemand sollte meinetwegen sterben! Ich würde mich stellen müssen, eine andere Möglichkeit gab es nicht . . .
Würde ich ewig weglaufen können? Nein, natürlich nicht. Aber würde es nicht einen anderen Weg geben Dévil wieder zu Verstand zu kriegen? Ich fürchte nein . . .
Ich befürchtete das schlimmste und vermutete, ein Kampf würde sich nicht vermeiden lassen.
Aber wenn der gefallene Engel jetzt nun so viel stärker war als ich, würde ich dann überhaupt eine Chance gegen ihn haben?
Fragen über Fragen aber keine Antworten. Selbst bei dem Gedanken an einen Kampf auf Leben und Tod sträubte sich alles in mir.
Gefühlte mehrere Stunden lang dachte ich darüber nach, was es noch für Möglichkeiten gab, doch ich wusste das es keine gab. Mit entschlossener Miene riss ich mir das Amulett vom Hals.
Ich ging zum Schrank, riss die Türen auf und griff nach meinen fingerlosen Lederhandschuhen.
Nachdem ich sie mir über die Hände gestreift hatte schnappte ich mir einige Messer und Dolche und befestigte sie an meinem Körper.
Dann machte ich mich auf den Weg zu Azazel.
. . .
„Lass uns trainieren!“, meinte ich monoton und verschränkte die Arme.
Azazel sah auf und betrachtete mich von oben bis unten.
„Warum so entschlossen?“
Ich schnaubte nur, sagte aber nichts. Die Augen des Fürsten verengten sich.
„Was hast du dir in den Kopf gesetzt?“, fragte er dann.
Ich erwiderte seinen misstrauischen Blick nicht.
„Ich will trainieren, nichts weiter.“, sagte ich bloß.
Doch unglücklicherweise glaubte er mir nicht. Er kam auf mich zu, blieb vor mir stehen und sah mit unbeschreiblichem Blick auf mich herab.
„Du bist scharfsinnig und clever aber anlügen kannst du mich nicht. Und nun raus mit der Sprache, was hast du vor?“
Mit einem Seufzen legte ich meinen Kopf leicht in den Nacken.
„Ich muss was unternehmen! Ich kann mich nicht ewig verstecken!“
Er zog die Brauen hoch und sah mich perplex an.
„Wie bitte? Willst du Selbstmord begehen? Du spinnst wohl!“, knurrte er.
Ich wollte mich abwenden, doch er packte meinen Arm und zog mich zurück.
„Was genau auch immer du vorhast, du wirst es schön bleiben lassen, hast du verstanden?“, brummte er. Ich riss mich los und fauchte ihn an.
„Hör auf mir Befehle zu erteilen! Ich kann mich nicht verstecken und darauf warten das dieser Mist aufhört! Irgendwann findet Ariel mich sowieso . . . Wenn ich schon den Schwanz einziehen muss will ich mich wenigstens darauf vorbereiten, irgendwann gefunden zu werden.“
Azazel seufzte genervt und beäugte mich erneut misstrauisch und zweifelhaft.
„Du willst dich also einem Kampf auf Leben und Tod stellen, sehe ich das richtig?“
Ich nickte.
„Was anderes wird mir nicht übrig bleiben.“
Der Dämonenfürst wandte sich ab und fuhr sich durchs Haar.
„Wenn ich das deinem Vater erzähle können sowohl du als auch ich was erleben . . .“, murmelte er.
„Was hast du mit meiner Entscheidung zutun?“, hakte ich nach und zog fragen die Brauen hoch.
„Luzifer wird mir den Kopf abreißen wenn ich sage das ich nicht in der Lage war dich davon abzuhalten.“, antwortete er auf meine Frage und steuerte auf die Tür zu.
„Also gut, ich schicke dir jemanden der mit dir trainieren soll. In der Zwischenzeit mache ich mich auf den Weg zu deinem Vater.“
Dann war er auch schon weg.
. . .
Während ich mich fragte warum jeder Höllenbewohner eine Trainingshalle in seiner Unterkunft hatte, lief ich barfuß über den Marmorboden auf und ab. Doch nur eine riesige Halle war nicht genug. Nein, der Boden musste auch aus Marmor sein und die Waffen aus purem Silber oder Gold!
Ich lief also auf und ab als ich plötzlich ein leises Surren hörte. Ich wirbelte herum und schaffte es das Messer mit einem meiner Dolche abzuwehren. Das Messer fiel zu Boden. Ich sah auf und entdeckte nicht nur einen, sondern gleich zwei Trainingspartner. Ein Mann und eine Frau. Sie sahen sich ziemlich ähnlich, weshalb ich vermutete das sie Geschwister waren. Beide hatten schwarze Haare, braune Augen und ähnliche Gesichtszüge.
„Hast du `ne Ahnung wer das ist?“, fragte die Frau, verschränkte die Arme und zog die Brauen hoch.
„Nein.“, antwortete der Mann mit tiefer Stimme. Dann lächelte er und kam auf mich zu.
„Aber egal wer sie auch ist, sie fasziniert mich.“
Dicht vor mir blieb er stehen, dann legte er einen Finger an meinen Mund und strich über meine Lippen. Ich rührte mich nicht und wartete ab was passieren würde.
„Was soll das?“, keifte die Frau im Hintergrund. „Willst du mir ernsthaft weiß machen das du gefallen an der Göre da hast?“
Der Mann lachte leise und kehlig.
„Naja . . . Sie macht keine Anstalten das ich ihr so nahe bin also . . . Ja!“
Mit einem leichten Lächeln nahm ich seine Hand und drückte sie nieder.
„Tja, zu schade, denn du bist nicht zum flirten hier.“, sagte ich kalt.
Wieder lachte er.
„Schon wieder eine kalte Schönheit, wirklich schade.“
Ich zog eine Braue hoch und deutete ein Grinsen an.
„Schon wieder? Bist wohl ein Aufreißer, hm?“
Dann zückte ich die Messer und ging in Position.
„Im Süßholzraspeln bist du gut, jetzt will ich wissen was du im Kampf drauf hast.“, sagte ich.
Der Mann seufzte und ging ebenfalls in Position.
„Nun gut, da du so scharf auf mein Können bist, will ich dich nicht länger auf die Folter spannen.“
Dann hatte er sich auch schon auf mich gestürzt.
„Wer seid ihr eigentlich?“, fragte ich, während ich auswich und einige Messer schleuderte.
Sie trafen ihn in der Brust, doch das schien ihm irgendwie nichts auszumachen. Er zog sie einfach heraus und kämpfte weiter.
„Ich bin Nicolas, das hinter dir ist Oceane.“, sagte er locker.
Ich beugte mich nach rechts um Oceane´s Faust auszuweichen, dann packte ich ihren Arm und brachte sie mit einem kräftigen Ruck zu Boden.
„So, Nicolas und Oceane also. Ich bin Faith.“, meinte ich und ging in die Offensive . . .
Schon nach kurzer Zeit lagen meine Gegner geschlagen auf dem Boden. Nachdenklich sah ich auf die beiden herab.
„Respekt! Ich hätte nicht gedacht das ihr so zäh seid.“, sagte ich und reichte den beiden die Hand.
Oceane fauchte und schlug meine Hand weg. Nicolas nahm sie nickend an.
„Danke.“, meinte er. „Ich muss zugeben du hast was drauf, allerdings frage ich mich jetzt warum du so gut bist. Du hast nicht viel dämonisches an dir also wie kommt es, dass du solche Kräfte hast?“
Ich grinste frech und zuckte dann mit den Schultern.
„Naja . . . Sagen wir mal . . . es liegt mir im Blut.“, antwortete ich.
Der Dämon beäugte mich misstrauisch. Schon wieder dieser komische Blick . . . Warum sahen mich immer alle so seltsam an? Meine Augen verengten sich.
„Gibt es ein Problem?“, fragte ich.
Nicolas Augen verengten sich ebenfalls, doch er schüttelte den Kopf.
„Nein, alles bestens.“,sagte er monoton.
Ich schwieg. Er log, seine Stimme verriet es. Doch ich sprach ihn nicht darauf an. Oceane warf mir einen wütenden Blick zu.
„Warum sind wir eigentlich hier? Azazel meinte wir sollen mit jemandem trainieren aber das hast du gar nicht nötig. Also wozu das Ganze? Was machen wir hier?“
„Das ist eine lange Geschichte . . .“, murmelte ich und schlug dann einen festeren Ton an.
„Kurz und knapp: Man will mich töten.“
Die beiden tauschten einen Blick aus und sahen dann wieder mich an.
„Wer will dich töten? Und was hast du angestellt?“, fragte Nicolas. Er traute mir nicht. Es war wieder seine Stimme die es mir verriet.
„Noch habe ich nichts angestellt aber ich schätze das ist nur eine Frage der Zeit. Wer mich töten will? Naja . . .“
Ich ließ die Frage unbeantwortet.
Plötzlich flog die Tür auf. Ziemlich laut um genau zu sein. Meine Augen weiteten sich, mein Körper spannte sich an und mein Verstand setzte aus.
„Oh . . . Scheiße!“, nuschelte ich.
Auch die beiden Dämonen neben mir waren sichtlich überrascht.
„Ariel?“, meinte Oceane perplex und zog die Brauen hoch.
„Was hast du hier zu suchen?“, meldete sich nun Nicolas zu Wort.
Doch der gefallene Engel gab keine Antwort. Er starrte mich an und bewegte sich dann schließlich auf mich zu. Ich wich einige Schritte zurück, nahm jedoch eine eindeutige Haltung ein.
Ich ließ wieder Messer in meine Hände gleiten.
„Ariel?“, fragte ich vorsichtig und kniff die Augen zusammen.
Für einen Moment schimmerte es blau in seinen Augen, doch mit einem Wimpernschlag glühten sie wieder vollends blutrot.
„Na toll . . .“, murmelte ich und wich auch schon seiner Faust aus.
Irritiert starrte ich seine Hand an. Sie glühte? Ja, das tat sie, und zwar in einem unheimlichen rot.
Ich knurrte, denn inzwischen hatte ich gegen die Farbe rot eine starke Abneigung entwickelt.
„Ariel, wach endlich auf!“, fauchte ich und wich ihm erneut aus.
„Was hast du mit Ariel zutun?“, rief Nicolas und warf mir nebenbei fragende Blicke zu.
„Auch das ist eine lange Geschichte.“, rief ich zurück.
„Ich hab Zeit.“, antwortete er.
Ich seufzte.
„Luzifer ist mein Vater. Ariel sollte mich herbringen. Jetzt sind die Erzengel hinter mir her. Sie haben Ariel manipuliert und seitdem will er mich töten. Jetzt wisst ihr´s!“
Die beiden waren scheinbar sprachlos, denn sie antworteten nicht.
Ariel kam mir in der Zwischenzeit gefährlich nahe, doch das gab mir die Chance es noch einmal mit Worten zu versuchen.
„Verdammt, Ariel! Lässt du dich wirklich von diesen Mistkerlen beeinflussen!“, murmelte ich.
Für einen kurzen Moment hielt er inne. Das gab mir die Gelegenheit ihm einen Schlag zu verpassen. Ich setzte mich auf ihn und drückte ihm die Klinge eines Messer in den Hals. Blut quoll auf dem Schnitt hervor. Er zischte unter mir und blieb tatsächlich regungslos liegen.
„Komm doch endlich zu dir!“, sagte ich leise, beugte mich zu ihm hinunter und legte meine Hand an seine Wange.
Ariel!

, dachte ich.
Plötzlich schimmerten seine Augen blau. Erleichtert atmete ich aus.
„Oh Gott, Ariel! Sag mir bitte das du es bist!“, flehte ich.
„Faith . . .“, murmelte der Dämon verwirrt. „Habe ich . . .“
„Ja.“, unterbrach ich ihn und sah ihn traurig an. Besorgt sah er mich an, dann fuhr er mit den Fingern über den blutigen Schnitt in meiner Wange. Ich sah ihn erst traurig, dann wütend an.
„Ich hoffe doch sehr, dass es Luzifer gut geht!“, meinte ich streng.
Er seufzte.
„Mein Kopf brummt . . . Ich habe keine Ahnung was auf dem Weg hierher alles passiert ist.“
Ich riss die Augen auf.
„Oh scheiße! Was ist mit Azazel? Er war auf dem Weg zu meinem Vater und ist bis jetzt noch nicht zurück!“
Nicolas und Oceane schwiegen, nur ihre Blicke verrieten wie verwirrt sie waren.
Ich vertraute Dévil inzwischen soweit, dass ich von ihm herunter ging. Er schüttelte den Kopf.
„Das ist jetzt egal! Viel wichtiger ist es dich an einen Ort zu bringen, wo du sicher bist!“
Ich sah ihn erneut traurig an und schwieg. Er schien mein Schweigen nicht zu verstehen, denn er sah mich fragend an. Nicolas und Oceane hatten meine Stille jedoch verstanden. Sie sahen den gefallenen Engel ebenfalls hoffnungslos an.
„Einen solchen Ort gibt es nicht . . .“, sagte ich steif und wartete auf seine Reaktion.
„Was?“, meinte Dévil.
„Ich bin nirgends mehr sicher, Ariel . . .“, sagte ich kopfschüttelnd.
Er schnaubte.
„Was hast du sonst . . .“
Doch mitten im Satz schien er es endlich begriffen zu haben.
„Soll das heißen du willst . . .“, hauchte er, brachte den Satz jedoch nicht zu Ende.
„Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.“, antwortete ich immer noch monoton. „Warum glaubst du befinde ich mich sonst in der Trainingshalle?“
Er schüttelte heftig den Kopf.
„Vergiss es, Faith! Das kommt nicht in Frage!“
„Versuche erst gar nicht mich davon abzubringen!“, entgegnete ich. „Du weißt genauso gut wie ich das es keinen anderen Ausweg gibt.“
Dann wurde ich leiser, sodass nur er meine Worte verstehen konnte.
„Ich weiß, dass dir das genauso weh tut wie mir aber es muss sein. Ich kann nicht ewig weg laufen. Und schon gar nicht vor dir!“
„Faith . . .“
Ich unterbrach ihn mit einem vielsagenden Blick. Einem äußert unfreundlichen, um genau zu sein.
„Hör auf! Sei ehrlich, Ariel . . . Für mich bist du noch immer ein Engel. Du willst, ebenfalls wie die anderen, meinen Tod. Du würdest mich liebend gerne töten und dann von diesem Ort hier verschwinden, wenn du könntest. Du hast selbst gesagt das du mich nicht leiden kannst also warum versuchst du mich zu schützen?“
Wut trat in seine Augen. Seine Hand formte sich schlagartig zu einer Faust. Ich bemerkte das er anfing zu zittern. Ich wusste nicht ob es die Wut war . . .
„Was bildest du dir eigentlich ein? Du reimst dir immer einen Scheiß zusammen, dass ist nicht zu fassen! Wie kommst du eigentlich darauf das ich dich töten würde?“, brüllte er.
Ich atmete tief durch und blieb ernst, auch wenn ich Lust hatte aufbrausend zu werden.
„Wenn du mich nicht tötest, muss ich dich töten.“
Das verschlug ihm die Sprache. Fassungslos starrte er mich an.
„Sie hat Recht.“, ertönte eine Stimme am Rande der Halle.
„Luzifer!“, murmelte Oceane überrascht.
Ich beachtete sie nicht weiter und sah immer noch den Dämon vor mir an.
„Einer von uns beiden wird sterben. Bleibt nur die Frage wer.“, sagte ich leise und wandte mich ab. Ich ging an ihm vorbei, auf meinen Vater zu.
„Das du hergekommen bist überrascht mich. Wo ist Azazel?“, fragte ich mit fester Stimme und sah zum Teufel auf.
„Er ist nicht in der Verfassung um sich jetzt blicken zu lassen.“, antwortete der König monoton und sah auf mich herab. Ich sah zu Boden und dann über meine Schulter zu Ariel. Immer noch fassungslos starrte er mich an. Ich wandte meinen Blick wieder ab und verließ die Halle . . .


Freitag, 31. 12. 2010




„Kannst du mir zeigen wie ich in die Menschenwelt gelange?“
Nicolas sah auf und beäugte mich misstrauisch.
„Du weißt aber schon das die Erzengel dort auf dich lauern werden, oder?“, fragte er.
„Ich weiß.“, antwortete ich. „Aber das ist mir egal. Ich will einfach nur . . .“
Ich unterbrach mich und schüttelte den Kopf.
„Egal. Also, zeigst du es mir?“
Er seufzte leise, erhob sich und ging auf ein Regal zu, aus dem er dann ein alt aussehendes Buch herauszog.
„Vollwertige Dämonen brauchen nur mit dem Finger zu schnippen, du musst dich mit einem Zauberspruch begnügen.“, sagte er dann und drückte mir das Buch in die Hand.
„Erste Seite, unterer Abschnitt.“
Ich lächelte zufrieden, stellte mich auf Zehenspitzen und küsste Azazel´s Untergebenen auf die Wange.
„Vielen Dank, Nicolas! Das bedeutet mir wirklich viel!“
Der Dämon lachte leise, sah auf mich herab und zog die Brauen hoch.
„Sieh an, zeigen meine Flirts da etwa Wirkung?“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und verpasste ihm einen leichten Klaps auf die Brust.
„Träum weiter, mein Lieber. Aber du kannst es ja noch mal versuchen wenn ich die Herrscherin der Unterwelt bin.“
Nun wurde er wieder ernst.
„Du bist also überzeugt davon das du den Kampf gewinnen wirst?“, sagte er leise, sowohl ernst als auch traurig. Ich seufzte leise.
„Naja . . . Entweder ich gewinne oder du und alle anderen seid dem Untergang geweiht.“
Plötzlich richtete sich sein Blick auf die Tür.
„Azazel und ein Vater werden gleich hier sein, du solltest gehen solange du noch die Chance dazu hast.“, sagte er leise und stieß mich leicht an. Ich sah ebenfalls kurz zur Tür, dann richtete ich meinen Blick wieder auf Nicolas.
„Nochmals danke!“, sagte ich schnell, trat einige Schritte zurück und schlug das Buch auf. Ich überflog die erste Seite, bis ich an dem unteren Abschnitt angelangt war. Laut sprach ich die dort stehenden Worte, kaum hatte ich sie ausgesprochen fand ich mich in der Wohnung wieder, in der ich vor wenigen Wochen noch gelebt hatte. Doch . . . ich konnte Stimmen hören. Plötzlich stand Emily vor mir. Sie musterte mich mit einem seltsamen Blick und zog dann die Brauen hoch.
„Wo warst du die ganze Zeit?“, fragte sie in scharfem Tonfall.
„Das geht dich nichts an.“, antwortete ich monoton. Ich klappte das Buch zu und ging an ihr vorbei in unser Zimmer.
Ich war dabei mir einigen Krempel zusammenzusuchen als ich Emily rufen hörte:
„Mama, Papa! Faith ist wieder da!“
Ich blickte über meine Schulter zur Tür uns sah . . . Ben. Er stürmte auf mich zu und brüllte:
„Was fällt dir eigentlich ein, du . . .“
Noch bevor er zu Ende sprechen konnte hatte ich eine Pistole gezogen und sie auf ihn gerichtet.
„Spar dir deine Beleidigungen, Ben. Im Moment bist du im Nachteil.“, meinte ich locker.
Seine Augen weiteren sich erst, dann verengten sie sich. Sein Gesicht lief puterrot an und die Ader an seinem Hals trat hervor. Keine Frage, er war wütend. Ich musterte ihn und grinste dann.
„Ich korrigiere: Du bist mir nicht nur im Moment unterlegen, sondern immer!“
Nun betrat auch Tia den Raum. Sofort schlug sie sich die Hand vor den Mund.
„Oh Gott!“, hörte ich sie flüstern. Ich lächelte schwach.
„Keine Angst, euch passiert nichts.“, sagte ich nur. Ich richtete meinen Blick wieder auf Ben und ließ die Pistole langsam sinken. Es war also doch keine schlechte Idee gewesen die Pistole aus der Halle mitgehen zu lassen! Ben bewegte sich auf mich zu, weshalb ich den Lauf der Waffe gegen seine Stirn drückte.
„Vergiss es, Ben! Die kleinste Berührung und du bist tot!“, drohte ich.
Tia schnappte hörbar nach Luft. Ich ignorierte es und sah auf die Uhr. Nicht mal mehr eine Stunde und das neue Jahr würde beginnen. Meine Augen verengten sich. Wenn ich noch länger hier in der Wohnung bleiben würde, würden bald die Erzengel auftauchen.
„Verdammt!“, murmelte ich.
. . .
Keine fünf Minuten später hatte ich die Wohnung verlassen.Ich war auf dem Weg zu Molly, doch noch bevor ich ihr Haus erreicht hatte, kam sie mir mit Lucas und Tyler entgegen. Überrascht blieb ich stehen, doch die drei waren mindestens genauso überrascht wie ich.
„Faith!“, stieß Lucas verblüfft aus.
„Hey . . .“, sagte ich leise und hob kurz die Hand. Sie kamen auf mich zu und fielen mir um den Hals.
„Oh Gott, Faith! Wir dachten die sei etwas passiert!“, schluchzte Molly.
Ich schwieg.
„Was war denn los?“, fragte Molly dann und sah mich fragend an. Ich lächelte schwach.
„Entschuldigt wenn ich euch Sorgen bereitet habe aber ich brauchte ein wenig Ruhe.“
Lucas schien wütend zu sein.
„Du kannst doch nicht einfach abhauen.“, knurrte er, fasste mich bei den Schultern und schüttelte mich. Ich schob seine Hände weg und wich seinem Blick aus.
„Ich bin nicht abgehauen. Ich war bei einem Freund.“, antwortete ich.
Nun schien er noch wütender zu werden.
„Du warst die ganze Zeit über bei Dévil, nicht wahr?“, brummte er.
Ich erstarrte. Erst wusste ich nicht wie ich reagieren sollte, doch dann atmete ich tief durch.
„Ja . . . Nein . . . So in etwa.“
Hielten die drei etwa die Luft an? Ich seufzte.
„Ja, wir waren die meiste Zeit zusammen. Wir waren bei . . . meinem leiblichen Vater.“, erklärte ich zögernd. Die drei zogen fragend die Brauen hoch, weshalb ich erneut seufzte.
„Ich weiß es selbst noch nicht so lange aber Ben und Tia sind nicht meine leiblichen Eltern.“
Das schien sie zu überraschen, denn sie starrten mich stumm an. Ich warf einen Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk. Nur noch eine halbe Stunde!
„Leute, ich bin hier um mit euch ins neue Jahr zu feiern. Danach werde ich . . .“
Ich unterbrach mich und lächelte dann.
„Egal, ich will einfach nur feiern.“
Die der tauschten Blicke aus. Molly sah mich traurig an.
„Soll das heißen du gehst von hier weg?“, fragte sie leise. Ich nickte stumm, dann fing Molly an zu lachen, was auch Tyler und Lucas dazu brachte zu lächeln. Dann hakte sie sich bei mir ein.
„Also gut, dann lass uns mal feiern!“
Mit einem Blick in den Himmel hoffte ich, dass die Erzengel diese Nacht nicht auftauchen würden.


Samstag, 01. 01. 2010




„Drei, zwei, eins . . . Frohes neues Jahr!“
Ich hob das Sektglas und stieß mit meinen Freunden an. Molly und Tyler widmeten ihre Aufmerksamkeit dem Feuerwerk, doch ich hatte keine Gelegenheit dazu, da Lucas meine Hand nahm und mich von dem Geschehen wegzog.
Einige Minuten später befanden wir uns am Rande des Marktplatzes, am großen Brunnen.
„Du hast mich sicher nicht ohne Grund hergebracht, oder?“, sagte ich leise und setzte mich auf die Steinmauer des Brunnens. Lucas schwieg. Er sah mich einfach nur an. Trauer lag in seinem Blick.
Ich ahnte schon was gleich passieren würde. Dann kam er auch schon näher.
„Lucas, du weißt das ich . . .“, flüsterte ich, doch er unterbrach mich.
„Ich weiß aber das hindert mich nicht daran dich trotzdem zu lieben!“, sagte er leise und strich meinen Pony zur Seite.
„Ich will dich nicht verletzen, Lucas. Es ist besser wenn du . . .“
Plötzlich lagen seine Lippen auf meinen. Ich seufzte leise. Seine Lippen waren weich und warm und der Kuss war unglaublich süß und voller Gefühl.
„Ich weiß nicht genau was dein komisches Verhalten zu bedeuten hat aber ich weiß, dass ich dich nie wieder sehen werde. Ist es nicht so?“, sagte er leise, als er sich von mir löste.
„Ja, du hast Recht.“, murmelte ich und umarmte meinen Freund. „Sei mir bitte nicht böse, Lucas! Ich würde dir gerne alles erklären aber dadurch würdest du nur in Schwierigkeiten geraten . . .“
„Wie süß . . . Ein Abschied unter Freunden.“
Erschrocken richtete ich meinen Blick auf Raphael. Wo kam der denn plötzlich her?
„Um ehrlich zu sein habe ich etwas früher mit dir gerechnet.“, sagte ich monoton und schob Lucas hinter mich. Der Erzengel lächelte arrogant und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Ich wollte eure Zweisamkeit nicht stören.“, sagte er amüsiert.
Ich schnaubte.
„Wie nett.“, sagte ich kalt und atmete dann tief durch. „Was fällt euch eigentlich ein Ariel so dermaßen zu manipulieren?“, fauchte ich dann.
Ein selbstsicheres Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit.
„Wer sagt denn das wir ihn manipuliert haben?“
Meine Augen weiteten sich, er fuhr fort.
„Er war mal ein Erzengel, meine Liebe. Was würdest du tun wenn ich dir sage, dass er dich von sich selbst aus töten will?“
Ich konnte Lucas leise hinter mir knurren hören, doch darüber durfte ich mir jetzt keine Gedanken machen. Ich dachte einen Augenblick lang nach, dann verengten sich meine Augen. Laut sprach ich meine Gedanken aus.
„Die Chance das er von sich aus handelt steht fünfzig fünfzig. Entweder habt ihr ihn manipuliert oder er handelt eigenwillig. Wenn dem wirklich so ist, dann kann ich es ihm nicht verdenken. Als ehemaliger Erzengel empfindet er sicherlich Hass gegenüber den Bewohnern von Pragaras, insbesondere gegenüber meinem Vater und mir. Ich finde es genauso scheiße wie ihr zukünftige Herrscherin zu sein aber auch ich habe ein Recht darauf zu leben, genauso wie ihr und die Menschen. Ich habe mich dazu entschlossen gegen Ariel zu kämpfen also mach` dich vom Acker!“
Der Stirn des Engels wurde faltig. Das Rascheln seiner Flügel beunruhigte mich, es kam mir vor wie ein Zeichen . . . Doch wahrscheinlich ging meine Fantasie mal wieder mit mir durch.
Ich konnte die Verwirrung von Lucas schon fast spüren.
Tut mir leid aber ich kann dir keine Erklärung liefern.

, dachte ich an ihn gewandt. Luzifer hatte mir verraten, dass Engel die Gedanken der Dämonen nicht hören konnten. Darüber war ich Gott in diesem Moment wirklich dankbar.
„Ach wirklich? Ein Kampf auf Leben und Tod also? Dann ist dir doch sicher klar, dass du sterben wirst, oder?“, meinte Raphael. Und trotz des amüsierten Untertons in seiner Stimme blieb sein Gesicht dem einer Maske gleich.
„Ich wäre mir an deiner Stelle da nicht so sicher! Ariel und ich sind gleich stark. Der Kampf könnte also eine unerwartete Wendung nehmen. Außerdem solltest du nicht all zu viel Hoffnung in den Dämon legen. Er hat schon für die ein oder andere Überraschung gesorgt. Du solltest ihm besser nicht vertrauen.“, erwiderte ich und verschränkte herausfordernd die Arme. Ich bemerkte, dass der Erzengel gar nicht auf einen Kampf aus war. Von Anfang an nicht!
„Ich habe diesem Kerl noch nie vertraut, dass heißt aber nicht das er falsche Entscheidungen trifft!“
Ich brummte leise. Ich wurde nicht schlau aus Raphael. Ich hatte schon längst begriffen, dass ich aus ihm nicht heraus bekommen würde was genau sie mit Ariel gemacht hatten, oder eben nicht . . .
Ich biss mir auf die Lippe, denn auf seine Worte hatte ich keine Antwort parat.
„Sieh an, jetzt hat es dir die Sprache verschlagen.“, sagte der Erzengel nun, mit dem Anflug eines Lächelns im Gesicht. Da! Schon wieder dieser amüsierte Ton! Mit einem verächtlichen Schnauben wandte ich meinen Blick ab. Ich erstarrte als ich Raphael´s leises Lachen vernahm.
„Ich muss zugeben du faszinierst mich, Faith!“
Mein Kopf schoss wieder in seine Richtung. Was ich sah überraschte mich. Er . . . lächelte? Es sah aus wie ein verständnisvolles . . . und zufriedenes Lächeln. Langsam und mit gemütlichen Schritten kam er auf mich zu.
„Welch Ironie das du auf den Namen Faith hörst.“, sagte er locker. „Weißt du was für eine Bedeutung dein Name hat?“, fragte er dann und blieb kurz stehen. Kurz und kräftig schüttelte ich den Kopf. Worauf wollte er hinaus? Verdammt, welch irre Situation! Raphael setzte sich wieder in Bewegung.
„Glaube . . . Vertrauen . . . Hoffnung . . . Das ist die Bedeutung des Namen Faith.“, sagte er nun monoton und blieb nur wenige Millimeter vor mir stehen.
„Würdest du doch nur auf unserer Seite stehen . . .“, murmelte er und legte seine Hand an meine Wange. Ein wohliger Schauer überkam mich. Eine Gänsehaut breitete sich langsam auf meinem Körper aus. Verdammte Scheiße! Diese Situation war nicht gerade harmlos. Ich wusste das er mich jeden Moment töten konnte, doch mein Gefühl sagte mir, dass er das nicht tun würde. Dann kam mir ein Gedanke. Doch noch bevor ich diesen Gedanken aussprechen konnte, hatte Raphael sich zu mir hinunter gebeugt und seine Lippen auf meine gedrückt. Grob, fordernd und verlangend drang seine Zunge in meinen Mund. In diesem Moment schien die Zeit still zu stehen . . .
Er schmecke salzig . . . Irgendwie nach Meer . . . Ich war zur Salzsäule erstarrte, doch als er noch drängender wurde erwiderte ich den Kuss. Unsere Zungen stritten miteinander. Der Erzengel wollte die Führung übernehmen, doch ich ließ es nicht zu. Seine Hand verkrallte sich in meinen Haaren und zog meinen Kopf zurück. Ich konnte die Macht und die Kraft spüren die durch seine Adern strömte.
„Lass sie los!“
Raphael ließ von mir ab und richtete seinen Blick auf Lucas, der nun nicht mehr hinter mir stand. Die Augen des Erzengels waren tiefschwarz und funkelten voller Herausforderung. Blitzartig schoss mein Kopf in Lucas` Richtung.
„Sei still!“, fauchte ich. „Du hast ja keine Ahnung mit wem du es hier zutun hast!“
Lucas schwieg, weshalb ich mich wieder an Raphael wandte.
„Nicht jeder von euch will meinen Tod, hab ich Recht?“, meinte ich selbstsicher.
Raphael lächelte noch immer arrogant.
„Ja, du hast in der Tat Recht.“, sagte er kühl. „Einige von uns haben großes Interesse an dir. Sie wollen dich auf unserer Seite. Sie glauben du wärst nützlich und eine . . . Bereicherung.“
Wieder dachte ich einen Moment lang nach.
„Gehörst du auch dazu?“, fragte ich mit zuckersüßer Stimme.
Erst herrschte Stille.
„Ja.“, sagte er schließlich. Der Engel wandte sich ab, drehte sich dann aber noch einmal um und sah mich herausfordernd an.
„Wenn du gewinnst . . . bestehe ich darauf das du mit nach Himnaríki kommst!“
Ich grinste frech.
„Vergiss es, Raphael. Es passt mir nicht zu den Bösen zu gehören aber nie und nimmer werde ich zu einem eurer Werkzeuge!“
Der Erzengel lachte leise und wandte sich wieder ab.
„Eine andere Antwort habe ich nicht erwartet. Du würdest überrascht sein wie schön es in Himnaríki ist.“
Dann war er verschwunden. Verwirrt starrte ich auf die Stelle an der er eben noch gestanden hatte. Erleichtert atmete ich aus. Wenn ich auf Raphael´s Handlungen vertrauen konnte, wäre ich ab jetzt wohl sicher vor den Erzengeln. Ich war mir sicher das Raphael nicht der einzige war, der sich auf den Kampf zwischen Ariel und mir freute.
„Wenigstens mal eine gute Nachricht . . .“, murmelte ich noch immer vollkommen durcheinander.
„Faith.“
Ich drehte mich um. Lucas hatte ich total vergessen.
„Scheinbar glauben sie ich würde dich töten, sonst hätten sie es schon längst getan.“, murmelte ich wieder. Natürlich hatte er meine Worte gehört.
„Was ist hier eigentlich los? Sag mir endlich was Sache ist, Faith!“, knurrte Lucas und trat näher an mich heran. Was sollte ich nun tun? Ich konnte ihm unmöglich die Wahrheit sagen. Aber anlügen wollte ich ihn auch nicht.
„Lucas.“, begann ich leise. „Du bist in Gefahr!“
„Was soll das heißen?“, fragte mein Freund.
„Oh nein!“, hauchte ich und sackte zusammen.
„Faith!“
Lucas zog mich in seine Arme.
„Hey, ist alles in Ordnung?“
Ich stieß ihn weg und erhob mich wieder.
„Was mache ich nur?“, murmelte ich und begann auf und ab zu laufen. Lucas schwieg wieder.
„Es muss einen Weg geben dein Gedächtnis zu löschen.“, murmelte ich dann. Natürlich verstand er auch dieses Gemurmel.
„Was meinst du damit?“, fragte er.
Dafür das in diesen Momenten so viel passiert war blieb Lucas überraschend ruhig. Er hatte keine Angst vor Raphael gehabt, doch er schien zu wissen das er gefährlich war. Ich seufzte leise, legte meine Hände an Lucas` Gesicht und sah ihn eindringlich an.
„Du musst mir jetzt vertrauen, hast du gehört?“
Er sah mich irritiert an, nickte aber schließlich.
„Gut.“, sagte ich. Ich nahm seine Hand und begann den Spruch aus dem Buch aufzusagen, den ich mir eingeprägt hatte. Ein paar Sekunden später befanden wir uns bei Azazel . . .
„Ein Mensch? Was macht dieser Wurm hier?“, keifte Oceane. „Obwohl er wirklich gut aussieht.“, fügte sie grinsend hinzu.
„Halt dich besser zurück, Oceane. Ich bin nicht in der Stimmung um zu spielen!“, antwortete ich und zog Lucas mit.
„Wo sind wir hier?“, fragte er.
„Willkommen in der Hölle.“, sagte ich monoton.
Ich spürte seinen verwirrten Blick im Nacken, weshalb ich seufzte.
„Wir befinden uns in Pragaras. Um es in menschlichen Worten zu sagen: Der Hölle.“
„Du verarscht mich, oder?“, meinte Lucas lachend.
„Leider nein.“, antwortete ich. Das machte ihn sprachlos.
„Faith?“
Ich blieb stehen, drehte mich um und sah Nicolas auf uns zukommen.
„Nicolas!“, stieß ich überrascht aus. „Gut das du hier bist.“, fügte ich hinzu.
„Was macht dieser Mensch hier?“, fragte er verwirrt und deutete auf meinen Begleiter.
„Gibt es eine Möglichkeit sein Gedächtnis zu löschen?“, fragte ich.
Traurig sah Lucas mich an. Ich warf ihm einen entschuldigenden Blick zu.
„Ich bin Nicolas, freut mich.“, meinte der Dämon und streckte Lucas die Hand entgegen.
„Lucas.“, sagte mein Freund bloß und nahm seine Hand.
„Ja, es gibt einen Weg.“, sagte Nicolas nun. „Aber warum willst du ihm seine Erinnerungen nehmen?“
„Naja . . . Besser ich erkläre dir das wenn wir unter uns sind.“, antwortete ich.
Lucas schüttelte den Kopf.
„Vergiss es, Faith! Ich will wissen was hier gespielt wird! Und vor allem will ich wissen was dieser Kerl vorhin von dir wollte!“
„Wen meint er?“, wollte Nicolas wissen.
„Raphael.“, sagte ich tonlos.
Nicolas wurde schlagartig todernst und musterte mich genau.
„Was? Du bist weder verletzt noch in irgendeiner Weise erschöpft, also was wollte er, wenn keinen Kampf?“
„Ich würde mal sagen er ist an ihr interessiert.“, knurrte Lucas wütend und verschränkte die Arme.
Ich seufzte und schloss die Augen. Nachdem ich Lucas einen kurzen Blick zu geworfen hatte sah ich wieder Nicolas an.
„So sehr ich mich auch dagegen sträube das zu sagen aber ich schätze mal Lucas hat Recht. Sagen wir mal so . . . Raphael kam mir ein bisschen . . . zu nahe.“
Nicolas deutete ein Grinsen an, blieb aber dennoch ernst.
„Mir ist aufgefallen das du bei Männern ziemlich beliebt bist.“
Ich lächelte schwach.
„Ja. Allem voran bei dir!“, antwortete ich.
Nun lachte er. Mir entging Lucas` feindseliger Blick nicht, weshalb ich ihm den Arm leicht in die Seite stieß.
„Keine Sorge, er hat `ne Absage gekriegt.“, meinte ich lächelnd.
Lucas verzog das Gesicht, was Nicolas noch lauter lachen ließ.
„Du scheinbar auch!“
Lucas knurrte leise, weshalb ich ihm die Hand auf die Schulter legte.
„Bleib locker. Nicolas ist in Ordnung, wirklich! Es gibt hier wirklich fiese Gestalten, wenn du dich schon von ihm so angegriffen fühlst vermeide ich besser ein Aufeinandertreffen mit den anderen.“
Ich wandte mich wieder an Nicolas.
„Zurück zum Thema. Wie genau funktioniert das?“
Sofort war der Dämon wieder bei der Sache.
„Viel Ahnung habe ich leider nicht. Soweit ich weiß ist es ziemlich aufwendig und kräftezehrend. Es gibt nur wenige die das können. Azazel müsste in der Lage dazu sein. Luzifer sowieso und Ariel ebenfalls . . . aber den können wir im Moment vergessen.“
Als er Dévil´s Namen aussprach senkte ich den Blick. Ich vermisste ihn. Seine nervige Art. Seine Arroganz. Seine Sturheit. Seine grünen Augen die mich wütend an funkelten. Einfach alles an ihm!
Ich bemerkte selbst nicht das ich in Gedanken versank, bis Lucas` Worte mich wieder aus den Gedanken rissen.
„Wer ist dieser Ariel? Sie macht den Eindruck als würde sie an ihm hängen.“, sprach er an Nicolas gewandt. Ich wusste nicht warum, doch Zorn machte sich in mir breit. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich auf und ging weiter.
„Ariel ist der Kerl der auch auf den Namen Dévil hört.“, sagte ich kalt und verbittert.
Unauffällig sah ich über meine Schulter zurück zu Lucas, dessen Augen sowohl vor Wut als auch vor Verblüffung funkelten.
„Mach dir um ihn keine Gedanken. Nicht mehr lange und er ist tot.“, sagte ich ohne Gefühl und wandte meinen Blick wieder ab.
„Bring ihn zu Azazel, Nicolas. Ich komme nach.“, sagte ich dann.
Noch während ich davonging konnte ich die beiden hören.
„Was meint sie damit?“, hörte ich Lucas fragen.
„Vergiss ihre Worte.“, antwortete Nicolas gleichgültig.
„Faith.“
Ich drehte mich um.
„Du scheint zu vergessen, dass das Ganze auch anders ausgehen kann!“; sagte Nicolas ernst und sah mich genauso ernst an.
„Mach dir keine Sorgen, ich komme schon klar. Als Nachfolgerin meines Vaters kann ich eine Niederlage nicht gebrauchen.“
Ich wartete auf eine Antwort, doch es kam keine, weshalb ich mich nun endgültig abwandte.
. . .
„Warum willst du sein Gedächtnis löschen?“, fragte Azazel als ich den Raum betrat.
Lucas saß zusammen mir Nicolas und Oceane an einem Tisch. Natürlich entging mir nicht das Oceane sich an Lucas heranmachte.
„Entweder das oder er verliert mehr als nur sein Gedächtnis.“, antwortete ich auf Azazel´s Worte.
„So?“, entgegnete der Fürst fragend.
„Er weiß nicht viel, doch selbst das ist bereits zu viel. Die Erzengel, viel mehr Raphael, hat ihn nicht getötet. Vielleicht wollten sie das mir überlassen?“, erklärte ich und nahm ebenfalls Platz.
„Du bist scharfsinnig, clever, bist stark und geschickt. Aber deine Gefühle hast du dennoch nicht unter Kontrolle. Das muss sich ändern!“
Unsere Köpfe schossen in die Richtung, aus der die Stimme kam. Meine Augen verengten sich und ich biss mir auf die Lippe, um ein Fauchen zu unterdrücken.
„Ariel und ich werden auf Leben und Tod kämpfen und du glaubst immer noch, dass ich mich von meinen Gefühlen leiten lasse?“, entgegnete ich wütend und ballte die Hand zur Faust.
Lucas` Augen weiteten sich.
„Was soll das heißen „auf Leben und Tod“?“
Oceane schien seine Neugier mir gegenüber nicht zu gefallen, denn sie verzog das Gesicht.
Wir tauschten Blicke untereinander aus. Alle hier wussten das ich nicht darüber reden wollte, weshalb Azazel schließlich seufzte und Lucas die Geschichte erzählte . . .
Fassungslos starrte Lucas mich an.
„Warum hast du ihm das gesagt?“, murmelte ich leise. Luzifer grinste.
„Entweder verliert er seine Erinnerungen oder sein Leben, da kommt es auf diese Informationen auch nicht mehr an.“, meinte er.
Ich seufzte und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Lucas starrte mich unverwandt an. Ich sah Gefühle in seinen Augen aber ich wusste nicht was es für Gefühle waren. Traurig sah ich ihn an.
Mein Vater hatte Recht, ich ließ mich immer noch von meinen Gefühlen leiten und das durfte nicht sein! Lucas war noch nie sehr empfindlich gewesen, doch in diesem Moment wollte ich wissen wie und was er fühlte. Wie war es wenn man wusste das man bald alle seine Erinnerung verlor oder sogar sterben würde. Eigentlich spielte es keine Rolle was mit ihm passieren würde. So oder so würde nichts mehr so sein wie früher.
„Wie fühlst du dich?“, hörte ich mich fragen. Nicht nur ich selbst war über diese Frage überrascht, auch alle anderen.
„Ich weiß nicht wie ich mich fühlen soll.“, antwortete Lucas leise. „Ich machte mir eher Sorgen darüber wie du dich fühlst. Schließlich bist du diejenige die all das Leid über sich ergehen lassen muss.“, fügte er hinzu.
Nun waren wir alle sprachlos. Ja, auch ich! Ich lächelte traurig.
„Danke, Lucas! Ich glaube du bist der erste der mich so sehr liebt um so etwas zu sagen!“, hauchte ich. Er schien meine Worte nicht zu verstehen, denn er schwieg. Noch immer zierte ein Lächeln mein Gesicht.
Danke!

, dachte ich, damit niemand meine folgenden Worte mitbekommen würde.
Bitte lass dir nicht anmerken das ich in Gedanken mit dir spreche, sonst darf ich mir wieder etwas anhören.


Ich machte eine kurze Pause.
Ich bin dir wirklich dankbar, Lucas! Du warst immer für mich da, hast mir gezeigt wie man lacht und gabst mir eine Schulter zum anlehnen. Du ahnst nicht wie viel mir das bedeutet hat.
Ich möchte nicht über dich entscheiden, deswegen will ich wissen was dir lieber ist. Willst du ohne Erinnerungen weiter leben, oder sterben?


Überrascht und total überrumpelt sah Lucas mich an.
Ich weiß das dich das irritiert und das diese Frage dich total überrumpelt aber andere Möglichkeiten gibt es nicht.

, dachte ich dann.
„Kann ich mir dir unter vier Augen sprechen?“, fragte Lucas. Die anderen sahen zwischen uns hin und her. Ich nickte und stand auf.
„Natürlich. Komm.“
. . .
Kaum hatte ich die Tür abgeschlossen herrschte bedrückende Stille. Ich hatte keine Ahnung was ich sagen sollte, Lucas scheinbar auch nicht.
„Es tut mir leid.“, sagte ich schließlich leise. Lucas kam zu mir und umarmte mich.
„Ist schon gut, Süße. Du kannst nichts dafür.“
Mir war nicht danach die Umarmung zu erwidern, weshalb ich ihn weg schob.
„Natürlich kann ich was dafür! Meinetwegen steckst du doch jetzt in dieser Situation!“, entgegnete ich. Lucas seufzte und sah ernst auf mich herab.
„Ich weiß, dass das jetzt nicht gut kommt aber . . . liebst du Dévil?“
Ich erstarrte. Völlig aus der Bahn geworfen sah ich zu ihm auf.
„Ich . . . äh . . . wir . . .“, stotterte ich drauf los.
Lucas blieb still, ich riss mich zusammen.
„Ja, ich habe Gefühle für ihn.“; gestand ich leise. „Nur ist es meistens eher Hass als Liebe. Aber das spielt jetzt eh keine Rolle mehr. Einer von uns beiden wird sterben.“
Er ging nicht weiter darauf ein, stattdessen kam sein Gesicht meinem wieder näher. Nur kurz berührten sich unsere Lippen.
„Was bringt es mir weiterzuleben wenn ich mich nicht an dich erinnern kann?“, flüsterte er.
Wieder erstarrte ich. Ich hasste diesen Kitsch, doch seine Worte trieben mir Tränen in die Augen.
„Bist du sicher?“, fragte ich mit zittriger Stimme. Er nickte bloß.
„Lucas . . .“, sagte ich leise und ließ zu, dass mir die Tränen über die Wangen liefen. Er lächelte und strich mir übers Haar. Er musste nichts sagen, ich wusste auch so was er sagen wollte.
„Ich weiß nicht ob ich das kann!“, sagte ich schließlich.
„Niemand hat gesagt das du das übernehmen musst.“, antwortete Lucas.
„Ich will dich nicht verlieren!“, schluchzte ich, worauf er mich wieder in den Arm nahm.
„Tut mir leid, Süße. Aber ich will nicht ohne das weiterleben, was mir am wichtigsten ist!“, murmelte er.
„Verstehe . . .“, hauchte ich. „Ich hatte gehofft du würdest dich anders entscheiden aber wenn du es so wünschst dann . . . werde ich dir diesen Wunsch nicht abschlagen!“
Ich wandte mich bereits ab, doch dann fiel mir noch etwas ein. Ich drehte mich um und sah Lucas fragend an.
„Willst du noch einmal mit . . . Tyler, Molly oder jemand anderem reden?“
Doch er schüttelte den Kopf.
„Nein. Sei so nett, Süße und erkläre es ihnen.“
Etwas verblüfft starrte ich ihn an, dann lächelte ich schwach und verließ mein Zimmer.
. . .
„Faith? Was ist los?“, fragte Nicolas und musterte mich. Ich hatte noch nicht in den Spiegel gesehen aber ich ahnte das meine Augen noch immer geschwollen waren. Vielleicht sogar auch noch rot.
„Lucas will seine Erinnerungen nicht verlieren.“, antwortete ich leise.
Wieder tauschten die anderen Blicke aus.
„Ich kann ihn nicht töten. Einer von euch muss das übernehmen.“, fügte ich noch leiser hinzu.
„Kommst du wirklich damit klar?“, fragte Nicolas misstrauisch und zog die Brauen hoch.
Ich antwortete nicht. Was sollte ich auch sagen? Ja, ich will unbedingt das er stirbt?
Luzifer lachte leise und dreckig und erhob sich.
„Ich mach das.“, sagte er. Er kam auf mich zu, packte mich grob am Arm und zog mich mit.
„Aber glaub bloß nicht das ich dich damit so davonkommen lasse!“, fügte er barsch hinzu und machte sich mit mir auf den Weg zu Lucas.
„Was soll das heißen?“, fauchte ich und versuchte mich loszureißen. Mein Vater war inzwischen vollkommen ernst geworden und warf mir kurz einen unglaublich zornigen Blick zu.
„Wenn du glaubst dich in Zukunft weiter vor solchen Dingen drücken zu können, hast du dich geschnitten!“, knurrte er. Seine Augen hatten sich inzwischen vollkommen rot verfärbt, doch das jagte mir keine Angst mehr ein. Viel mehr fürchtete ich mich vor dieser unheimlichen Aura die von ihm ausging.
„Ich kann meine Gefühle nun mal nicht immer unterdrücken!“, fauchte ich zickig. „Ich bin zum Teil nun mal menschlich, wenn dir das nicht passt such` dir eine andere Nachfolgerin!“
Die ganze Zeit über versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien, doch jetzt wurde er noch fester.
„Glaub mir, meine Liebe, die Gefühle werde ich dir noch austreiben.“, antwortete mein Vater.
Nach einer kurzen Pause sprach er weiter.
„Ich schätze ich kann dich in diesem Moment nicht dazu zwingen deinen Freund zu töten aber zusehen wirst du trotzdem. Und schlag dir jegliche Versuche dich gegen mich zu wehren aus dem Kopf, verstanden?“
Nachdem ich nicht geantwortet hatte schloss sich seine Hand noch fester um meinen Arm.
„Hast du verstanden?“, brüllte er.
Ich brummte widerwillig und hörte auf mich zu wehren. Genau das hatte ich vermeiden wollen.
Auf keinen Fall wollte ich mit ansehen wie mein Freund starb!
Schon nach kurzer Zeit hatten wir Lucas erreicht. Die Art wie er da stand, angespannt und sich nervös umschauend, machte mich traurig. Durch die Tränen in meinen Augen verschwamm meine Sicht. Ich konnte gerade noch erkennen wie Lucas auf mich zukam und mich in die Arme schloss.
„Fang` bloß nicht an zu weinen, hast du gehört?“, hauchte er mir ins Ohr.
„Idiot!“, erwiderte ich bloß. Mein Vater riss uns auseinander, zu meiner Überraschung sagte er nichts. Er warf mir bloß einen Blick zu, der tausend Bände sprach. Ich erwiderte den wütenden Blick.
„Mach es kurz und schmerzlos!“, verlangte ich von meinem Vater und zog eine Pistole hervor.
Mein Vater zog einen Mundwinkel hoch und nahm mir dann die Pistole aus der Hand, um sie wieder wegzuschmeißen. Dann begann seine Hand rot zu glühen. Meine Augen weiteten sich. Ich ahnte was er vorhatte.
„Das kannst du nicht machen!“, schrie ich. Doch der Teufel lachte nur.
Es tut mir so leid!

, dachte ich mit einem ängstlichen Blick in Lucas` Richtung.
Schon gut, Süße. Es ist okay.

, kam es zurück. Ich wollte meinen Blick bereits abwenden, doch Luzifer krallte sich in meine Haare und fixierte meinen Kopf.
„Wage es nicht den Blick abzuwenden!“, brüllte mein Vater.
Ich wollte die Augen zukneifen, doch irgendwie konnte ich nicht. Mein Vater ließ mich los und ich wusste, dass er seine Drohung wahr machen würde, also starrte ich Lucas an.
Gott, was passierte hier bloß? Ich hatte Angst, panische Angst, doch ich konnte mich nicht bewegen.
Hilflos und kurz vor dem Nervenzusammenbruch musste ich mit ansehen, wie meinem besten Freund der Kopf abgeschlagen wurde. Keuchend fiel ich auf die Knie. Wieso hatte ich das nicht verhindert? Ich gab mir die Schuld dafür, weshalb ich ein Schluchzen nicht unterdrücken konnte. Ohne etwas zu sagen oder mich auch nur eines Blickes zu würdigen verließ mein Vater den Raum und ließ mich alleine mit der Leiche meines Freundes zurück.
. . .
„Faith!“
Ich nahm Kieran´s Stimme kaum wahr, ich war immer noch zu sehr mit heulen beschäftigt. Ich wurde hochgehoben, doch auch das realisierte ich kaum.
„Faith! Faith, sieh mich an! Sieh mich an, verdammt!“
Dieses Mal war seine Stimme lauter. Meine grauen Augen blickten in seine dunklen. Ja, es war Kieran . . .
„Kieran . . .“, hauchte ich kaum hörbar. „Warum bist du hier?“, fügte ich mit zitternder Stimme hinzu. Er antwortete nicht auf meine Frage und umfasste mein Gesicht mit beiden Händen.
„Es ist vorbei, hörst du? Es ist alles in Ordnung!“, ertönte seine Stimme wieder. Wieder konnte ich ein Schluchzen nicht unterdrücken. Still nahm er mich in den Arm und wiegte mich hin und her. Irgendwann schlief ich ein . . .


Sonntag, 02. 01. 2011




Ich konnte Stimmen hören. Doch ich wollte auf Nummer sicher gehen und hielt die Augen geschlossen. Ich glaub ich lag auf einem Bett, denn ich fühlte etwas weiches unter mir. Irgendjemand schien am Rand des Bettes zu sitzen, denn es neigte sich ein wenig.
„Kieran, was machst du hier?“
War das Nicolas?
„Ich bin schon seit einigen Tagen hier, allerdings wussten nur Azazel und Luzifer davon.“, antwortete jemand, der kein anderer als Kieran sein konnte.
Nicolas ließ das Thema fallen.
„Weißt du was passiert ist? Luzifer und Faith sind gestern verschwunden und nicht wieder aufgetaucht.“, sagte er stattdessen. Kieran seufzte.
„Sie musste mit ansehen wie ihr Freund umgebracht wurde . . .“, sagte er nüchtern.
Dank seiner Worte erinnerte ich mich wieder an alles. Ich setzte mich auf und starrte auf die Decke, die auf mir lag.
„Hat mein Vater immer noch schlechte Laune?“, fragte ich heiser und fasste mir an den Hals, da er schmerzte. Überrascht sahen Kieran und Nicolas mich an.
„Wie fühlst du dich?“, wollte Kieran wissen und rückte näher an mich heran.
„Beschissen aber das spielt jetzt keine Rolle. Beantwortet meine Frage.“, antwortete ich kalt.
Die beiden tauschten einen Blick aus.
„Er hat sich etwas beruhigt aber trotzdem ist seine Wut noch nicht verflogen.“, antwortete Kieran.
Emotionslos schlug ich die Decke zurück und stieg aus dem Bett. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich nur ein seidenes Nachthemd trug. Ich zog das Nachthemd aus und lief nackt zum Kleiderschrank.
Die Blicke der zwei Dämonen waren mir vollkommen egal.
Ich suchte mir bequeme und praktische Sachen aus dem Schrank und zog mich hastig an. Dann griff ich nach meinen Waffen. Seit kurzer Zeit hatte ich auch ein japanisches Schwert, ein Katana, auch das schnappte ich mir.
„Äh, Faith? Was hast du vor?“, fragte Nicolas und versperrte mir den Weg.
„Geh mir aus dem Weg.“, knurrte ich.
„Erst wenn du mir verraten hast was du vorhast!“, erwiderte er. Mit einer galanten Bewegung stieß ich in zur Seite und ging an ihm vorbei.
. . .
Mit einem lauten Knall stieß ich die Tür auf. Ich befand mich im Tower meines Vaters, in seinem Büro. Bebend vor Zorn. Doch ich schaffte es, mir nichts anmerken zu lassen. Ich wusste das Dévil sich hier irgendwo befinden musste, doch das war mir in diesem Moment egal. Alles was mich jetzt interessierte war mein Vater. Er hob seinen Blick und kaum hatte er mich identifiziert färbten sich seine Augen rot.
„Was willst du?“, knurrte er.
Ohne etwas zu sagen schleuderte ich ein Messer nach ihm. Zu meinem Pech verfehlte ich mein Ziel.
„Darf ich fragen was das soll?“, brüllte mein Vater und kam, ebenfalls bebend vor Zorn, auf mich zu. Doch noch bevor er mich packen konnte wich ich aus.
„Ich will trainieren.“, sagte ich kalt.
Natürlich wollte ich das nicht. Und das wusste er. Mir war klar, dass das auch schief gehen konnte, doch das war mir egal. Meine Wut schien selbst meinen Verstand auszuschalten.
Die Augen meines Vaters verengten sich.
„Ich rate dir mit diesem Unsinn aufzuhören!“, drohte er.
Wortlos schleuderte ich das nächste Messer. Natürlich brachte das meinen Vater nur noch mehr in Rage. Er knurrte, dann stand er auch schon vor mir.
„Ich warne dich, Fräulein, treib es nicht zu weit!“
Ich zog spielerisch einen Mundwinkel hoch.
„Hättest du Lucas nicht vor meinen Augen umgebracht, hättest du mich jetzt nicht an der Backe kleben.“
Mein Vater unterdrückte ein Kichern.
„Ich wusste gar nicht das du so nachtragend bist. Nimmst es mir wohl übel, hm?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Natürlich aber . . . ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sage aber das härtet ganz schön ab! Ich bin mir sicher nun wird es mir nicht schwerfallen jemanden umzubringen.“
Während ich das sagte verzogen sich meine Lippen zu einem gefährlichen Grinsen. In dem Moment flog die Tür mit einem Krachen auf. Irritiert starrten mein Vater und ich Kieran und Nicolas an, die völlig außer Atem im Raum standen.
„Oh, Gott sei Dank!“, keuchte Kieran. „Wir dachten schon du kommst auf dumme Gedanken!“
Mein Blick verdüsterte sich. Nicolas warf Kieran einen nervösen Blick zu.
„Siehst du das? Ich könnte schwören da funkelt die Mordlust in ihren Augen!“, sagte er leise.
Ich grinste noch breiter.
„Hast du etwa Angst vor mir?“
„Um ehrlich zu sein . . . ja!“, antwortete Nicolas.
Nun konnte ich mir ein Kichern nicht verkneifen. Kieran seufzte leise.
„Du kommst besser mit uns, bevor du noch was unüberlegtes machst!“
Meine Gesichtszüge verhärteten sich als ich die Arme verschränkte und Kieran herausfordernd ansah. Natürlich rührte ich mich nicht von der Stelle. Die beiden Dämonen tauschten einen Blick aus, doch dann fiel mir etwas auf. Mein Vater war verschwunden.
„Dieser feige, alte Sack!“, knurrte ich. Ich wollte aus dem Raum stürmen, doch einer von den beiden packte mich und zog mich zurück. Dann wurde ich auch schon über die Schulter geworfen.
Es war Nicolas. Er seufzte laut.
„Süße, weißt du eigentlich wie anstrengend du sein kannst?“, sagte er genervt. Ich antwortete nicht darauf, knurrte lediglich leise . . .
Auf dem Weg zurück zu Azazel unterhielten sich Kieran und Nicolas über alles mögliche, nur mich ließen sie außen vor. Sie schienen zu merken das ich ziemlich schlechte Laune hatte . . .


Montag, 10. 01. 2011




Schweißgebadet wachte ich auf. Ich hatte schon lange keinen Alptraum mehr gehabt, also fragte ich mich natürlich sofort was los war. Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit, doch noch machte ich mir darüber keine Gedanken.
Gähnend streckte ich mich. Gemütlich trottete ich ins Bad, wo ich eine halbe Stunde brauchte um mich frisch zu machen. Während ich nur mit einem Handtuch umwickelt aus dem Bad trat und mir neue Sachen aus dem Schrank suchte, dachte ich über die vergangenen Tage nach. Es war seltsam ruhig gewesen und erst jetzt wurde mir das bewusst. War war in letzter Zeit bloß los? Seufzend trat ich aus meinem Zimmer. Doch kaum stand ich im Flur erstarrte ich. Es war still. Zu still!
Nichts war zu hören bis auf mein atmen und meinem Herzschlag. Verwirrt sah ich mich um. Normalerweise lief hier ständig jemand durch den Gang aber warum nicht jetzt? Ich machte mich auf den Weg zu Azazel´s Zimmer und klopfte dort angekommen nervös an der Tür.
Doch . . . nichts passierte.
„Azazel?“
Zögernd betrat ich sein Zimmer, doch von dem Dämonenfürsten fehlte jede Spur. Verwirrt ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen. Das Zimmer sah so aus wie immer. Ordentlich.
Alles war an seinem Platz.
„Seltsam.“, murmelte ich und verließ den Raum wieder.
. . .
Nach einer gefühlten halben Stunde hatte ich so ziemlich jedem Zimmer einen Besuch abgestattet, doch ich habe niemanden gefunden. Wo zum Teufel waren denn alle? Ich konnte doch unmöglich die einzige Person in diesem Gebäude sein! Ich war inzwischen so wütend darüber geworden das ich angefangen hatte mit einem Dolch auf alles einzustechen. Manche Türen konnten einem wirklich leid tun und die kaputten Vasen würde man nicht mal eben so wieder zusammenkleben können. Mit einem Seufzen verließ ich die Unterkunft des Fürsten.
Als ich den Straßen der . . . „Stadt“ ankam sah ich mich erneut verwirrt um. Irgendwie waren heute mehr Dämonen unterwegs als sonst.
Zwei katzenartige Wesen rannten an mir vorbei.
„Komm schon, am großen Tower soll was passiert sein!“, hörte ich bloß, ehe ich auch schon los rannte.
Hoffentlich hat Ariel nichts damit zutun!

, dachte ich und wurde schneller.
Ich konnte schon von weitem sehen das sich viele Dämonen vor dem Tower versammelt hatten, weshalb die Panik in mir wuchs. Hoffentlich ging es allen gut . . .
Scheinbar fand in dem Wolkenkratzer gerade ein Kampf statt, denn der Lärm aus dem Inneren wurde immer wieder von schmerzerfüllten Schreien durchbrochen. Ich ging auf eine Gruppe Dämonen zu, die in meinen Augen aussahen wie Kinder.
„Entschuldigung, ihr wisst nicht zufällig was sich im Inneren abspielt, oder?“, sprach ich sie an.
Die Dämonen musterten mich mit einem gleichgültigem Blick. Ein Mädchen zog die Brauen hoch und wies wieder auf das Gebäude.
„Du bist Luzifer´s Tochter, nicht wahr? Ich an deiner Stelle würde meinen Hintern da herein schwingen, soweit ich weiß geht es da um dich!“
Ich riss die Augen auf, wandte mich von ihnen ab und spurtete los. Mir ging im Moment so viel durch den Kopf, dass ich nicht einmal wusste über welchen Gedanken ich zuerst nachdenken sollte.
Mit zwei Dolchen bewaffnet betrat ich das Gebäude. Ich wäre am liebsten weiter gerannt, doch in diesem Moment ließ ich besser Vorsicht walten. Aufmerksam musterte ich die Umgebung und das was ich sah ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Überall war Blut! Ich bezweifelte das es nur von einer Person stammte. Doch . . . Verletzte waren in der Eingangshalle nicht zu sehen.
Erleichtert atmete ich aus, doch das warf auch schon die nächste Frage auf. Warum war hier überall Blut aber niemand der verletzt ist? Ich schaute noch einmal zurück und sah die Dämonen die sowohl neugierig als auch desinteressiert in meine Richtung starrten. Ich verkniff mir ein Seufzen. Ihre Blicke machten mich nervös. Mit einem Kopfschütteln vertrieb ich die Nervosität.
Mein Hände schlossen sich fester um die Dolche. Zögernd lief ich weiter. Der Lärm kam aus dem oberen Teil des Towers, um nicht zu sagen aus der Etage in dem sich Luzifer´s Büro befand . . .
Ich begann zu zittern. Vielleicht war niemand bei Azazel, weil alle hier waren?
Als mein Blick den Aufzug traf biss ich die Zähne zusammen. Ich würde wohl besser die Treppen nehmen. Doch bei dem Gedanken durch das eckige Treppenhaus zu laufen wurde mir ebenfalls schlecht. Könnte doch sein das plötzlich jemand um die Ecke geschossen kam, oder?
Ich kicherte hysterisch. Ich hatte keine Ahnung was mich jetzt erwarten würde, weshalb das Gefühl der Übelkeit schlimmer wurde. Wieder schüttelte ich den Kopf, dieses Mal kräftiger, dann rannte ich los. Scheiß drauf ob mir jemand entgegen kommen würde, wenn derjenige auch nur das kleinste bisschen verdächtig aussah würde er was erleben!
Ich hatte bereits vier Stockwerke hinter mir, doch bis auf noch mehr Blut war nichts zu sehen.
Bitte lass es allen gut gehen!

, dachte ich und versuchte nicht los zu heulen.
Als ich im sechsten Stock ankam rang ich nach Luft.
„Abby!“, keuchte ich und kniete mich neben meine Freundin, die blutüberströmt auf dem Boden lag.
„Faith . . .“, flüsterte sie, fast unhörbar.
Das Loch in ihrer Brust schloss sich nicht, weshalb mir sofort die Engel in den Sinn kamen.
Ich beugte mich bereits zu ihr hinunter, doch dann spürte ich ihre kalte Hand an meinem Arm. Die Kraft mich zurückzuschieben hatte sie nicht, doch trotzdem konnte sie mich davon abhalten sie zu beißen.
„Hilf . . . Luzifer!“, brachte sie nur heraus, ehe ihr Körper erschlaffte.
Ich schüttelte sie.
„Abby. Abby!“, hauchte ich mit Tränen erstickter Stimme, doch natürlich rührte sie sich nicht.
Ich biss mir auf die Lippe und legte ihren leblosen Körper vorsichtig ab. Wer auch immer dafür verantwortlich war würde was erleben! Während ich die nächsten Stufen bewältige fielen mir wieder Abby´s Worte ein. Luzifer war also in Schwierigkeiten . . . Ich wurde schneller, gut das ich inzwischen so viel Ausdauer hatte.
Je weiter ich lief desto mehr Leichen sah ich. In Zukunft würde mich wohl nichts mehr schocken können . . . Immer wieder durchbrachen schmerzerfüllte Schreie die inzwischen trügerische Stille.
Ja, ich hatte Angst. Unglaubliche Angst, doch natürlich war zum Angst haben jetzt keine Zeit.
Ich lief weiter und weiter, immer weiter, bis ich ruckartig zum stehen kam und einen verzweifelten Schrei ausstieß.
„Azazel! Kieran! Nicolas!“, flüsterte ich und rannte auf die drei Dämonen zu, die, so wie auch alle anderen, am Boden lagen.
„Was ist denn passiert?“, brachte ich hervor und strich Azazel einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Kieran und Nicolas waren nicht bei Bewusstsein.
„Kümmere dich nicht um uns, Faith.“, sagte der Fürst leise. „Sie sind bei . . . Luzifer. Du musst dich beeilen!“
„Ich kann euch doch nicht einfach hier liegen lassen!“, meinte ich und machte eine hilflose Geste.
Doch der Dämon schob mich von sich.
„Nun geh schon!“, knurrte er. „Du hast keine Zeit dich um uns zu kümmern!“
Wieder nahmen mir Tränen die Sicht. Azazel lachte leise.
„Du musst dir wirklich abgewöhnen immer zu heulen.“
Ich lachte und weinte gleichzeitig, dann riss ich mich zusammen und wandte mich ab.
Zwei Stockwerke höher blieb ich angewurzelt stehen. Das was sich mir bot hatte ich wirklich noch nie gesehen! Die gesamte Etage wurde in Schutt und Asche gelegt. Die Wände waren alle zerstört, übrig blieb ein einziger riesiger Saal, der in Trümmern lag. Überall war Blut.
Und dann sah ich sie!
Gabriel, Raphael, Ariel, Luzifer und noch zwei weitere Engel, die ich nicht kannte.
Mein Blick blieb an Ariel hängen. Entweder war mir der Anblick der Toten nicht bekommen oder ich sah tatsächlich zwei tiefschwarze, riesige Flügel. Ich rieb mir die Augen, doch die Flügel verschwanden nicht. Alle sechs bemerkten mich nicht. Ich war unfähig etwas zu sagen, geschweige denn zu handeln, doch nachdem ich mir einmal kraftvoll auf die Lippe gebissen hatte gelang es mir einen Schritt zu machen. Ich trat auf ein paar Glasscherben, weshalb ein Knirschen ertönte und sich alle nach mir umdrehten. Sofort erstarrte ich wieder.
„Faith . . .“, hörte ich meinen Vater leise sagen. Als ich den Teufel betrachtete musste ich mir ein Würgen verkneifen. Er hatte üble Verletzungen. Offene Brüche, Quetschungen, Prellungen, Platzwunden und tiefe Schnitte. Ich richtete meinen Blick wieder auf Raphael.
„Ich hätte nicht gedacht das du so etwas tun würdest, Raphael.“, sagte ich ausdruckslos.
Jetzt war mir wirklich alles egal. Alles was ich wollte war Rache! Und ich schwor mir, dass ich sie auch bekommen würde. Vielleicht nicht jetzt aber eines Tages auf jeden Fall!
„Was meinst du?“, erwiderte das geflügelte Wesen.
Meine Augen verengten sich ein wenig.
„Nach dem Kuss und unserer . . . Unterhaltung hätte ich nicht erwartet das du mal eben so mit deinen Freunden alles und jeden tötest der dir in den Weg kommt.“, erklärte ich und verschränkte die Arme. Die anderen Engel starrten Raphael an und als mein Blick Ariel streifte hätte ich schwören können er fletschte kurz die Zähne.
„Soll das heißen du hast was mit einer Dämonin?“, fauchte Gabriel.
Ich seufzte leise. Doch irgendwie amüsierte mich das. War irgendwie ein gutes Gefühl zu wissen das auch Engel verbotene Dinge taten. Statt Raphael antwortete ich auf Gabriel´s Worte.
„Meine Güte, es war nur ein Kuss. Ein . . . ziemlicher inniger Kuss um genau zu sein, aber egal. Viel wichtiger ist das du den Moment zwischen Lucas und mir kaputt gemacht hast!“
Damit war wieder Raphael gemeint.
„Ach, du meinst diesen Menschenbengel? Was ist eigentlich aus dem geworden?“, meinte der Erzengel locker und nahm eine entspannte Haltung ein.
Ich konnte nicht glauben das wir in solch einer Situation gemütlich miteinander plauderten . . .
Was war das doch für eine verrückte Welt. Als ich seine Worte realisiert hatte wurde ich sofort wieder von einer Welle des Zorns ergriffen. Ich warf meinem Vater einen Blick zu, der hätte töten können. Die Engel bemerkten diesen Blick und sahen mich verwirrt an.
„Luzifer hat ihn vor meinen Augen umgebracht. Kein schöner Anblick wenn einem sehr guten Freund der Kopf abgeschlagen wird.“, meinte ich monoton und zuckte die Schultern.
„Aber das ist mir jetzt egal. Ich will wissen warum ihr die anderen da mit herein gezogen habt! Wenn ich mich nicht täusche sind mein Vater und ich die Drahtzieher, oder nicht? Also warum schlachtet ihr die anderen ab und nicht uns?“
Die Himmelsbewohner tauschten Blicke aus.
„Kleine, du hast wohl vergessen das deine geliebten Freunde ebenfalls Dämonen sind. Es spielt keine Rolle wer von euch hier der Boss ist, ein Dämon bleibt ein Dämon und damit ein böses Wesen, welches erledigt werden muss.“, meinte einer der Engel, die ich nicht kannte. Er hatte helles, blondes Haar und genauso helle Augen, die eine Farbe hatten die ich noch nie gesehen hatte.
Es war ein blasses gelb, das schon ins weiß überging. Gab es solche Augenfarben überhaupt?
Anscheinend schon.
Ich begann leise zu knurren.
„An deiner Stelle würde ich mich fragen wer in diesem Moment wirklich die Bösen sind! Wenn ihr jemanden töten wollt dann mich und niemand anderen sonst!“, platzte es dann aus mir heraus.
Ariel sah mich überrascht an, die anderen jedoch zuckten nicht einmal mit der Wimper.
„Apropos töten. Bring es zu Ende.“, befahl Gabriel Ariel und wies auf meinen Vater, der immer noch blutüberströmt auf dem Boden kniete.
„Was? Nein!“, schrie ich, doch es war zu spät.
Mit einem blau glühenden Schwert aus Feuer versetzte Ariel meinem Vater einen Hieb in die Brust.
Luzifer schrie auf. Es war der schlimmste Schrei den ich je gehört hatte. Tränen rannen über meine Wangen. Ariel zog die Klinge wieder heraus und trennte dann den Kopf vom Rumpf.
Ebenfalls schreiend fiel ich auf die Knie. Nur eine Frage hallte in meinem Kopf wieder.
Warum war Ariel wieder ein Engel? Warum? Ich weinte bittere Tränen. Man hatte mir wirklich alles genommen was mir wichtig war. Die Schmerzen in meiner Brust stammten nicht von einer Verletzung, nein, sie waren das Ergebnis der Taten der Engel. Ein riesiges Loch klaffte in meinem Herzen. Ariel würdigte mich keines Blickes und genau das versetzte mir noch einen Stich ins Herz.
Die anderen Erzengel starrten mich still an, doch ich beachtete sie nicht. Gabriel lachte.
„Seht euch das an. Die ganze Zeit über tut sie so als wäre ihr alles egal und dann das. Wie ich diese Menschen verabscheue!“
Sie wollten doch mich, also warum töteten sie Luzifer? Was sollte das? Was hatten sie vor?
Nach und nach hatte ich immer mehr Fragen, doch ich sprach sie natürlich nicht laut aus.
Doch sie schienen zu wissen das ich verwirrt war.
„Faith.“
Es war Raphael der meinen Namen nannte. Ich sah auf.
„Gabriel meinte es sei besser Luzifer zu erst zu töten. Er will wissen wie du nun handelst. Allerdings wird es nicht lange dauern bis wir auch dich töten.“, sprach er kalt und emotionslos.
Ich fletschte die Zähne.
„Halt´s Maul, Raphael!“, fauchte ich laut. „Wenn ihr mich töten wollt dann entweder jetzt oder gar nicht! Denn später werdet ihr dazu nicht mehr in der Lage sein!“
Ich sprach die Drohung bewusst aus. Sie entsprach der Wahrheit! Wenn sie mich jetzt nicht umbringen würden, hätten sie in Zukunft nie wieder diese Chance! Ich war bereits jetzt schon stark, in ein paar Jahren würde ich noch schwerer zu bezwingen sein.
Gabriel und die anderen lachten. Nur Raphael und Ariel schwiegen.
Ich erhob mich wieder, wenn auch zittrig.
„Ich meine es ernst. Entweder bringt ihr das, was ihr angefangen habt zu Ende, oder ihr werdet euer Werk nie mehr vollenden können!“, brüllte ich.
Plötzlich kam Ariel auf mich zu. Mit einem kräftigen Griff packte er mein Kinn und küsste mich grob und verlangend.
„Wir werden uns wieder sehen, Faith. Versprochen!“, sagte er kalt, als er von mir abließ.
Ich holte zum Schlag aus, doch noch bevor meine Hand ihn traf war er verschwunden.
Auch die anderen Erzengel waren weg. Weg . . . einfach so . . .
Schluchzend fiel ich wieder auf die Knie.
Von nun an . . . war ich allein . . .

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Tag der Veröffentlichung: 27.04.2011

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