Prolog:
Die junge Frau baute sich vor Michael auf und ignorierte die Blicke der anderen Wächter und Hüter. Sie hatte lange genug auf die unwichtigen Dinge geachtet.
„Meinetwegen verbannt mich.“, begann sie mit tonloser Stimme. „Aber selbst dann werde ich mich für mein Handeln nicht entschuldigen! Ich werde der Menschheit nicht mehr schaden. Wir als Wächter wurden geschaffen, um die Menschheit zu beschützen und um dafür zu Sorgen, dass es friedlich auf der Welt bleibt. Wollt ihr wirklich dem Allmächtigen gehorchen und die Menschheit vernichten, wenn er es euch befiehlt?“
Michael, der Meister – unter diesen Umständen ehemaliger Meister – von Lacey funkelte sie mit roten Augen an. Seine Augen waren sonst so grün wie zwei Smaragde, doch Himmlische verwandelten sich in grausame Bestien wenn sie wütend wurden.
„Mag sein, dass wir aus diesem Grund geschaffen wurden aber wir sind nicht diejenigen, die die Fäden ziehen. Wir fügen uns, ob wir wollen oder nicht.“
Seine Stimme war so rau und tief, dass jeder Anwesende erschauderte, doch das war nun mal die Wirkung eines solch mächtigen Mannes wie er. Ihr Gespräch war beendet. Michael nahm den Dolch, dem ihn ein Wächter reichte und schnitt sich ohne zu zögern in seinen Finger. Mit seinem Blut, dass so tief rot war wie Laceys Lippen, zog er einen breiten Strich auf ihre Stirn. Dann ließ er die Hände sinken.
„Geh! Und komme nie wieder!“
Laceys strahlend weiße Flügel färbten sich schwarz. Eine Feder nach der anderen sah so aus, als würde sie in Tinte getaucht. Die Frau wandte sich ab und hörte wie Jamie, einer ihrer – ehemaligen – Genossen, wehmütige Worte aussprach.
„Lacey gehört zu den stärksten. Es war gewiss die falsche Entscheidung.“
Dann hörte sie Michael.
„Der Allmächtige will es so!“
Lacey war im ersten Moment traurig, doch kaum hatte sie das Himmelsreich verlassen wurde ihr bewusst, dass sie nun frei war. Von nun an durfte sie Gefühle zeigen! Glücklich sein, traurig sein, lachen, weinen, lieben und hassen. Sie konnte tun und lassen was sie wollte und darauf war sie stolz!
1
Einige Zeit schon lebte ich nun unter den Menschen und ich hatte mich auch daran gewöhnt. Sicherlich hatte ich hier niemanden den ich einen Freund nennen konnte, dennoch war ich einigermaßen zufrieden. Immer wenn irgendwo Hilfe benötigt wurde half ich, doch das Gefühl das etwas fehlte blieb.
So vergingen die Jahre...
Auf einer Parkbank sitzend beobachtete ich Kinder, die auf einer Wiese spielten. Plötzlich kullerte mir ein Ball vor die Füße. Ein kleines Mädchen schaute zu mir und richtete ihren Blick dann auf den Ball zu meinen Füßen. Sie konnte nicht älter als sechs oder sieben Jahre alt gewesen sein. Ihre blonden Haare umrahmten in Korkenzieherlocken ihr rundes Gesicht, was sie noch kindlicher wirken ließ. Obwohl sie mindestens fünfzehn Meter von mir entfernt war, konnte ich ihre glänzenden blauen Augen erkennen. Im Gegensatz zu mir sah sie aus wie ein Engel. Meine Haare waren pechschwarz und reichten mir bis fast an den Po, doch ich ließ sie nie offen, sondern band sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen. Meine Augen waren dunkelgrün, an Rand fast schon schwarz, verfärbten sich aber rot wenn ich wütend, gestresst oder emotional berührt war. So wie bei jedem anderen meiner Art auch. Es war mitten im Sommer, vielleicht knapp an die dreißig Grad, weshalb ich eine blutrote Corsage und schwarze, knappe Shorts trug. Ich zeigte gerne viel Haut, auch im Winter. Ich nahm die Temperaturen nicht wahr. Weder Hitze noch Kälte.
Ich war eine typische Gothicbraut, doch was andere von mir hielten war mir egal. Schon seit langer Zeit. Ein normaler Mensch würde mich nicht älter als achtzehn oder neunzehn schätzen, allerdings war ich in Wirklichkeit schon an die fünfhundert Jahre alt. Ich war eine hervorragende Kämpferin und trug unter den Wächtern den Spitznamen „kalte Schönheit“ aufgrund dessen, dass ich keine Gefühle besaß. Auch jetzt zeigt eich kaum Emotionen, egal in was für einer Situation. Bis auf ein schwaches Lächeln durfte man nicht mehr erwarten...Ich hob den Ball auf und erhob mich dann, um zu dem Mädchen zu gehen.
„Der gehört dir, nicht wahr?“
Sie nickte mit großen Augen. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich einen Mann, der an einem Baum stand und uns aufmerksam beobachtete. Mir entging dabei nicht, dass seine Hände nervös an seiner Hose fummelten. Mein Blick richtete sich wieder auf das Kind, ich ging in die Hocke.
„Spielst du alleine hier oder sind deine Eltern hier irgendwo?“, fragte ich nun mit freundlicher und teils liebevoller Stimme, damit sie keine Angst bekam. Viele Menschen die das wahre Gesicht eines Engels je zu Gesicht bekommen hatten, stürzten sich in den Tod. Deshalb hielten wir uns bedeckt. So gut es eben ging...
Sie schüttelte den Kopf und öffnete den Mund.
„Ich bin mit meinen Freunden hier. Mami und Papi haben aber gesagt, dass wir vorsichtig sein sollen und nicht mit Fremden reden sollen.“
Ihre Stimme war leise und piepsig, ganz so, wie es zu ihrem Erscheinungsbild passte. Ich lächelte zaghaft.
„Und da haben sie recht! Ihr solltet an einem Ort spielen, wo viele Menschen sind. Zum Beispiel auf einem Spielplatz. Hier im Park ist um diese Zeit niemand, es wäre also besser woanders hinzugehen.“
Sie nickte.
„In Ordnung, Ma`am.“
Sie lief zurück zu den anderen Mädchen und teilte ihnen aufgeregt mit, was ich eben gesagt hatte. Dabei zeigte sie auf mich. Ich winkte leicht, sie winkten zurück und verließen den Park. Nachdem ich ihnen nachgeschaut hatte ging ich in die Richtung, in der sich der Mann befand. Als ich an ihm vorbei ging sah ich ihn mit roten Augen an.
„Behalt deine Hände bei dir oder ich hacke sie dir ab!“
Er erstarrte und rutschte an dem Baumstamm zu Boden. Ich hatte schon immer Spaß daran die Böse zu sein, weshalb meine Mundwinkel zuckten...
Als ich an einen Brunnen kam beschloss ich, mich wieder auf eine Bank zu setzen. Nachdem ich die Augen für einen kurzen Moment geschlossen hatte und sie nun wieder öffnete, stand Jamie plötzlich vor mir. Nur langsam wurden meine Augen wieder grün. Ich schwieg, starrte ihn lediglich finster an. Nachdem auch er nichts gesagt hatte neigte ich den Kopf.
„Es überrascht mich dich hier anzutreffen.“, sagte ich kalt und dennoch wütend. Jamie war trotz seiner arroganten, nervigen und machohaften Art einmal eine Art Freund gewesen, doch als ich seine Worte hörte wurde ich stutzig.
„Normalerweise hättest du mich nie wieder zu Gesicht bekommen aber es ließ sich nicht vermeiden. Dir wurde etwas aufgetragen.“
Ich war überrascht, wütend und gleichzeitig verwirrt über seine Worte. Die Art wie er das gesagt hatte klang so, als ob er mich schon immer abgrundtief gehasst hatte.
„Scheint als würdest du mich nicht mehr mögen.“, sagte ich spöttisch lächelnd und erinnerte mich daran, wie er immer versucht hatte mich anzubaggern. Ich fuhr fort.
„Ich wurde aus eurem Reich verbannt und stehe somit nicht zu Diensten.“
Mein Blick fiel auf seine Hände, die nervös an seinem Gewand spielten. Wieder zuckten meine Mundwinkel.
„Mir scheint als wäre etwas passiert.“
Nachdem ich tief durchgeatmet hatte wurde ich ernst und überschlug die Beine.
„Worum geht es?“
Jamie fasste sich und überreichte mir eine Schriftrolle. Ich öffnete sie und fing an zu lesen.
„Verstehe...“, murmelte ich. „Die Schutzengel verschwinden und ich soll herausfinden warum...“
Ich reichte ihm die Schriftrolle zurück und verschränkte die Arme.
„Wieso sollte ich dem nachgehen?“
Nun wurde er wieder nervös. Ich kannte diese Art an ihm nicht, weshalb ich natürlich noch aufmerksamer wurde.
„Viele Wächter sind auf der Suche nach den Schutzengel, doch bisher ist nicht ein einziger von ihnen zurückgekehrt. Michael und die anderen Erzengel machen sich Sorgen. Man hat den Befehl gegeben nach dir zu suchen und dich um Hilfe zu bitten, da du zur Zeit die einzige bist, die uns noch helfen kann. Zudem gehörst du zu den Stärksten und Besten, was alles noch erleichtern könnte.“
Ich dachte einen Augenblick lang nach. Das die Schutzengel verschwanden tat mir für die Menschen durchaus leid, dennoch gab es keinen Grund für mich zu helfen.
„Also schön.“, begann ich. „Angenommen ich helfe euch, was springt dann für mich dabei heraus?“
Jamie stutzte.
„Soll das ein Witz sein? Ich dachte immer du willst der Menschheit helfen? Und nun sträubst du dich? Du hast dich wirklich verändert, Lacey.“
„Ich bin nicht die einzige die sich verändert hat.“, sagte ich monoton. „Wir waren mal etwas wie Freunde, Jamie. Und nun benimmst du dich, als hättest du mich schon immer gehasst!“
Mit einem Mal wurde seine Stimmer flehend und weich.
„Bitte hilf uns, Lacey! Irgendetwas stimmt da nicht! Die wenigen Wächter die noch verblieben sind hoffen inständig, dass du uns weiterhelfen kannst. Selbst Michael wäre dankbar für deine Hilfe.“
Ich stieß ein Knurren aus, was ihn zusammenzucken ließ.
„Klar würde sich Michael freuen wenn ich helfen würde aber nur, weil er selbst dann weniger Arbeit hat.“
Ich spürte wie sich meine Augen wieder rot färbten, was ihm nicht zu gefallen schien. Er wollte sich bereits abwenden, doch ich hielt ihn zurück.
„Warte.“, sagte ich fest, worauf er sich wieder umdrehte. Ich wollte ihnen nicht helfen, doch irgendjemand musste es ja tun.
„Selbst als Gefallene muss ich arbeiten.“, murmelte ich, als ich mich ihm wieder zuwandte.
„Ich werde der Sache nachgehen.“
Er lächelte leicht.
„Sehr schön.“
2
„Wo hat das Verschwinden der Hüter angefangen?“, fragte ich Jamie, der gegenüber von mir auf dem Sofa saß. Entweder bildete ich mir das ein oder er saß wirklich wie ein verängstigtes Kaninchen vor der Schlange da.
Ich hatte mir inzwischen eine Wohnung zugelegt, was viele Vorteile hatte - zum Beispiel das ich nicht mehr unter einer Brücke oder auf einem Baum schlafen musste-. Auch wenn ich kaum Nahrung und Schlaf benötigte.
„In der St. Marcus-Akademie. Von rund fünfhundert Schülern haben nur noch knapp an die siebzig einen Hüter.“
Ich stutzte.
„Verdammte Scheiße, nur noch siebzig? Das darf doch nicht wahr sein, wie lange wisst ihr denn schon davon?“
Mein lautes Brüllen und das tiefe Knurren in meiner Brust erschreckten ihn nur noch mehr.
„Jetzt fluchst du sogar schon.“, sagte Jamie leise und irgendwie geschockt. Er musterte mich ungläubig. Schnell fand er zu seiner Fassung zurück.
„Seit knapp zwei Wochen warten wir schon auf die Wächter.“
Wieder ein Knurren meinerseits.
„Ihr habt euch ganz schön Zeit gelassen mich um Hilfe zu bitten.“, murmelte ich. Ich wusste nicht, was ich von der ganzen Sache halten sollte. Wieso wollten sie - wer genau wollte das eigentlich? -, dass ich mich darum kümmerte? Die Erzengel waren doch genauso mächtig...
„Wie wirst du vorgehen?“, fragte mein Gegenüber und riss mich somit aus den Gedanken. Ich überlegte kurz.
„Ich werde mich an dieser Akademie anmelden und als Schülerin versuchen mehr herauszufinden. Ich werde mit den übrig gebliebenen Hütern reden, vielleicht gelange ich so an wertvolle Informationen. Falls das nicht ausreichen sollte werde ich mich in der gesamten Stadt umhören. Irgendwo werde ich schon etwas herausfinden.“
Er nickte schwach. Misstrauen lag in seinem Blick.
„Also gut. Ich werde Michael von deinem Vorhaben erzählen.“
Er erhob sich, doch bevor er hätte verschwinden können öffnete ich wieder den Mund.
„Es gibt da noch etwas...“, sagte ich hastig.
„Und was wäre das?“
„Michael soll sich bereit halten.“
„Und warum, wenn ich fragen darf?“
„Ich habe da einen Verdacht. Und wenn sich der bestätigt werde ich ihn brauchen.“
„Na gut, ich werde es ihm ausrichten.“
Er wandte sich ab, jedoch...
„Ich war noch nicht fertig.“, brummte ich irgendwie schlecht gelaunt.
„Was denn noch?“
Ich seufzte.
„Wäre es möglich das ich meine Waffen wiederbekomme? Wie ich schon sagte, ich habe einen Verdacht.“
Er grinste, was mich wirklich überraschte. Schien er damit gerechnet zu haben?
„Mir war klar, dass du nach deinen Waffen fragen würdest.“
Er schnippte mit den Fingern und wie durch ein Wunder lagen ein Schwert und zwei Pistolen auf dem Tisch. Das Lächeln, welches meine Mundwinkel umspielte überraschte mich selbst.
„Wie ich sehe hast du dich gut um sie gekümmert.“, konnte ich gerade noch sagen, ehe er verschwand. Ich lächelte vor mich hin, während ich meine alten Waffen betrachtete.
„Du bist ein Kotzbrocken, Jamie, dennoch immer gut zu gebrauchen!“
Ein paar Tage vergingen ehe ich es geschafft hatte mich an der Akademie anzumelden.
Montagmorgen. Die ersten Sonnenstrahlen küssten den Horizont als ich aus meinem Schlaf erwachte.
Ich war noch nie auf einer Schule...
, dachte ich schlaftrunken und breitete meine Flügel aus. Jede Zelle meines Körpers kribbelte, als meine Kraft mich durchströmte. Ich faltete meine Flügel wieder zusammen und ließ sie verschwinden, ich wollte ja nicht, dass die Menschen in einen Schockzustand fielen. Obwohl es sicher lustig gewesen wäre...Ich schnappte mir meine Sachen und verschwand ins Bad...
Nachdem ich in meine Sachen geschlüpft war schnappte ich mir ein Holster, welches ich mir um den Fußknöchel schnallte. Ich schob eine Pistole hinein und schob dann die Hose darüber, sodass man es nicht mehr sehen konnte. Nachdem auch das erledigt war ging ich wieder ins Bad, wo ich mir ein rotes Stoffband schnappte, um damit meine Haare zusammenzubinden. Als ich mich umdrehte stand Michael an der Wand gelehnt da. Finster, fast schon wütend funkelte er mich an.
Seine Gestalt hatte sich über all die Jahre kein bisschen verändert. Sein makelloses Gesicht war scharf geschnitten und seine Gesichtszüge ausgeprägt. Seine vollen und geschwungenen Lippen luden zum küssen ein. Keine Frau konnte ihm je widerstehen. Auch ich hatte schon einige Male davon geträumt mich an ihn zu drängen und ihn zu küssen. Er hatte seine Arme verschränkt, doch selbst das ließ ihn unwiderstehlich wirken! Trotz meiner Gedanken ignorierte ich ihn und ging an ihm vorbei.
Ich ging in mein Zimmer wo ich mir eine schwarze Umhängetasche schnappte. Als ich alles in meinem Zimmer erledigt hatte ging ich in den Flur, wo ich in meine Stiefeletten schlüpfte. Ich nahm den Schlüssel vom kleinen Tisch neben der Tür und drehte mich nun erst wieder zu Michael um.
„Was willst du hier?“, knurrte ich und starrte ihn an. Ich war es nicht gewohnt komische Dinge in mir zu spüren. Ich vermutete das es Gefühle waren, doch da ich so gut wie nie in meiner gesamten Existenz welche verspürt hatte, konnte ich sie nicht zuordnen. Es war halb acht, ich hatte also noch eine halbe Stunde ehe der Unterricht an der Akademie begann.
„Meine Schülerin hat sich ziemlich verändert.“, sagte er mehr zu sich selbst als zu mir. Seine Stimme war so kalt und emotionslos wie immer, dennoch glaubte ich einen nachdenklichen Unterton zu hören.
„Ich dachte ich soll mich bereithalten?“, gab er nun ebenfalls knurrend zurück.
Ich versuchte die aufsteigende Wut in mir zu unterdrücken. Erfolglos. Meine Augen verfärbten sich, was Michael – natürlich – nicht entging.
„Warum bist du sauer auf deinen Meister?“
„Ich bin nicht sauer auf dich, sondern darauf, dass ihr nicht in der Lage seid alleine der Menschheit zu helfen. Kaum zu glauben das ihr so tief gesunken seid und jetzt schon Verbannte um Hilfe bitten müsst!“
Angeekelt stieß ich die Worte aus. Irgendetwas blitzte in seinen Augen auf, doch ich hatte keine Ahnung was es war. Wieso beschlich mich der Verdacht, dass auch er sich verändert hatte?
„Und übrigens solltest du dich nicht hier unten bereithalten, sondern dort oben!“
Ich deutete mit dem Kopf nach oben. „Und bevor ich es vergesse.“, fügte ich hinzu. „Nenne mich nie, niemals wieder, deine Schülerin!“
Ehe ich hätte blinzeln können hatte er mich an den Handgelenken gepackt und gegen die Wand hinter mir gedrückt. Ein kurzer Schmerz durchfuhr mich, doch das Adrenalin das bereits durch meine Adern rauschte ließ es mich kaum bemerken.
„Ich war nicht derjenige der diese Befehle gegeben hat. Ich wäre jetzt nicht hier, wenn du nicht gesagt hättest das du meine Hilfe brauchst. Es schmerzt zu sehen wie sehr die Eigenschaften der Menschen auf dich übergehen. Die Frau die ich wie eine Schwester geliebt habe gibt es nicht mehr. Du bist zu einer Person geworden, die sich gegen alles uns jeden aufspielt!“, flüsterte er an meinem Ohr. Trotz seiner verwirrenden Worte – das er so etwas wie Schmerz und Liebe empfand – wurde ich nur noch wütender. Und zwar so sehr, dass sich der Bereich um meine Augen schwarz verfärbte und es so aussah, als hätte ich sie mit Kajal umrandet. Meine Fingernägel wurden lang und spitz, was meine Hände in gefährliche Klauen verwandelte. Die Wut und das Adrenalin in mir wuchsen heran, bis ich Michael mühelos weg stieß und ihm eine verpasste.
„Die Gesetze gelten nicht mehr für mich. Ich kann dir jederzeit eine verpassen, du solltest also vorsichtig sein!“, knurrte ich und sah, dass meine Klaue einen Kratzer auf seiner Wange hinterlassen hatte. Blut quoll aus dem Schnitt.
„Ich bin mir nicht einmal sicher ob ich deine Hilfe wirklich benötige. Das weiß ich erst wenn sich mein Verdacht bestätigt.“
Michael ließ das Thema zu meinem Erstaunen fallen und wischte sich mit gleichgültigem Gesichtsausdruck über den Kratzer.
„Jamie hatte erwähnt, dass du eine Ahnung hast. Was ist das für ein Verdacht?“
Ich seufzte. Es war komisch das zu tun – ja das war es wirklich! -, denn als Wächterin war ein Seufzen ein Zeichen von Überstrapazierung der Nerven, nichts was erlaubt war.
„Mein Gefühl sagt mir, dass Luzifer dahinter steckt.“
Es war auch ein ungewohnter Anblick zu sehen, wie er sich versteifte.
„Wie kommst du darauf?“
Ich schloss die Augen, worauf sie grün wurden, das schwarz verschwand und meine Klauen sich wieder in normale Hände verwandelten.
„Ich weiß es nicht. Aber wenn mein Gefühl mich nicht täuscht haben wir ein Problem, und zwar ein gewaltiges! Wenn es wirklich der Fall ist, komme ich ohne deine Hilfe nicht aus. Wenn wir Pech haben werden wir es selbst zu zweit nicht schaffen.“
Er seufzte ebenfalls. Was war bloß mit ihm passiert? Dann fuhr er sich mit der Hand durch die braunen, zerzausten Haare. Ich folgte seiner Bewegung. Seine langgliedrigen Hände sahen aus, wie die eines Pianisten. Nie wäre ein Mensch darauf gekommen, dass es die Hände eines grausamen, kalten und brutalen Mörders waren.
„Dein Gefühl hat dich noch nie getäuscht. Und genau das beunruhigt mich!“
3
Ich war inzwischen an der Akademie angekommen und war beeindruckt, als ich das Gebäude genauer betrachtete. Es schien schon an die hundert Jahre alt gewesen zu sein, denn die Efeuranken bedeckten fast die gesamte vordere Seite. Lediglich der Eingang und die Fenster waren zu sehen. Ich betrat das Gebäude und stutzte. Kunstvoll verzierte Türen, Treppen und Geländer, gemusterte Böden und Mosaike an den Decken. Ich hatte ein bisschen recherchiert und herausgefunden, dass diese Akademie mal ein Kloster war. Davor jedoch ein Zuchthaus.
„Eine sowohl unheimliche, als auch interessante Geschichte eines Gebäudes...“, murmelte ich monoton. Ich lief durch sämtliche Flure und tatsächlich. Kaum einer der anwesenden Schüler hatte einen Schutzengel. In meiner neuen Klasse angekommen waren bereits alle auf ihren Plätzen. Auch der Lehrer.
„Du musst Lacey sein.“, sagte er warm lächelnd. Ich nickte stumm. Alle Blicke lagen auf mir, insbesondere die der jungen Männer die hier saßen. Ich ließ meinen Blick schweifen und stellte fest, dass nicht einer der fünfundzwanzig Schüler einen Hüter bei sich hatte.
„Suche dir einen Platz und schreib dir das wichtigste auf. Da du neu bist werden dich die meisten verschonen.“
Wieder nickte ich und ging dann in eleganten Schritten nach hinten durch, um mich an einem Tisch in der rechten Ecke zu setzen. Der Junge der vor mir saß drehte sich zu mir um und grinste frech.
„Hallo Süße, ich bin Ryo.“
Ein Mädchen, welches links von ihm saß verdrehte die Augen.
„Hör mit diesem Blödsinn auf. Es ist doch jedes Mal das selbe mit dir...“
Sie schüttelte kurz den Kopf und sah dann mich an. Freundlich streckte sie mir die Hand entgegen.
„Ich bin Cloe.“
Zögerlich ergriff ich ihre Hand. Ich wusste nicht warum es so war, doch ich fand die Menschen einfach nur jämmerlich.
„Freut mich.“
Sie blieb still, weshalb ich das Wort ergriff.
„Ist hier in letzter Zeit irgendetwas passiert?“, fragte ich monoton und streng zugleich. Ryo und Cloe wechselten einen Blick.
„Wieso fragst du?“, wollte Ryo wissen und sah mich neugierig an. Seine blauen Augen strahlten Naivität aus. Ich schloss kurz die Augen.
„Es gibt da einige Gerüchte. Ich neige dazu unwichtige Dinge zu ernst zu nehmen.“
Cloe zuckte mit den Schultern.
„Naja. In letzter Zeit ist hier alles anders. Die Schüler sind aggressiver geworden. Ständig streitet sich jemand. Meistens kommt es zu mehreren Prügeleien am Tag. Es ist so als würde etwas fehlen...“
„Also stimmen die Gerüchte.“, murmelte ich. Dann wurde ich wieder ernst. „Wie lange geht das schon so?“
Ryo seufzte.
„Seit knapp drei Wochen. Und es scheint immer schlimmer zu werden.“
Ich versuchte meine Wut zu unterdrücken und ballte unauffällig die Hände zu Fäusten.
Ich schaffte es in einer Freistunde Ryo und Cloe zu entkommen, denn ich musste feststellen, dass sie ziemlich nervig sein konnten. Als ich einige neu erhaltene Bücher in mein Schließfach legte, tippte mir jemand auf die Schulter, somit hatte ich keine Zeit mehr zum nachdenken.
Das erste was ich sah als ich mich umdrehte, waren Flügel. Erst jetzt richtete ich meinen Blick auf das Gesicht des Engels.
„Komm mit.“, sagte sie bloß und ging den Gang entlang. Ich folgte ihr nach draußen, wo sich noch an die sechzig andere Hüter befanden.
„Du weißt sicher worum es geht.“, sagte die Hüterin irgendwie verängstigt und sah mich aus braunen Augen heraus an. Ich nickte ernst.
„Sicher.“
Ein Hüter, ziemlich groß und muskulös, kupferfarbene Haare und honigbraune Augen, trat an ihre Seite.
„Warum schicken sie eine Gefallene? Wo ist Michael?“, fragte er mit rauer Stimme. Nach dem Tonfall zu Urteile schien er alles andere als erfreut über mich zu sein.
„Frag mich was leichteres.“
„Ich bin hier.“, ertönte es plötzlich hinter mir. Ich spürte wie meine Augen sich verfärbten.
„Wenn du die ganze Arbeit machen willst kann ich mich der Sache ja entledigen.“, knurrte ich und sah über meine Schulter.
„Du hättest den Auftrag ja nicht annehmen müssen.“, gab er spöttelnd zurück, worauf es mich in den Fingern kribbelte.
„Ich habe einen schlechten Sinn für Humor, Michael.“ Ich machte eine kurze Pause. „Übrigens hat Jamie mich angefleht anzunehmen. Ich kann euch armselige Würstchen ja nicht alleine lassen.“
Er trat an meine Seite und seine Aura, die inzwischen brodelte, kam mir gefährlich nahe.
„Du spielst mit dem Feuer, meine Liebe.“
„Soll ich dir noch mal eine verpassen?“, fragte ich, lächelte zuckersüß und sah zu ihm auf. Der Kratzer war inzwischen verheilt, allerdings war er so tief gewesen, dass er eine hauchfeine Narbe hinterlassen hatte. Er antwortete nicht, weshalb ich meinen Blick abwandte und stattdessen den Hüter anschaute.
„Würdest du uns gefälligst mal verraten, wer diese Göre das ist?“
Ich kniff die Augen zusammen und antwortete an Michaels Stelle.
„Diese Göre trägt den Namen Lacey und ist ehemalige Wächterin von Bristol.“
Die Hüterin, dessen Namen ich noch immer nicht kannte, verneigte sich.
„Es ist mir eine Ehre dich kennenzulernen!“, sprach sie leise und packte den anderen Hüter am Kragen, damit auch er sich verneigte.
„Das klang eben noch ganz anders.“, murmelte ich belustigt über den Gesichtsausdruck des Hüters.
„Ich bin Keira. Das hier ist Jayden.“
Michael meldete sich zu Wort.
„Schluss mit diesem Geplänkel. Was wisst ihr über das Verschwinden der anderen?“
Seine Stimme klang verbittert und wütend, was mir einen Schauer über den Rücken jagte. Ich würde später mit ihm reden müssen. Keira senkte den Blick.
„Wir wissen nicht mehr weiter. Es sind inzwischen fast alle Hüter der Schüler verschwunden. Und das seltsame daran ist, dass es nur die Schüler der St. Marcus-Akademie betrifft. Jeder Mensch in dieser Stadt hat einen Hüter, nur diese Schule ist betroffen. Wir wissen nicht woran es liegen könnte und haben keinen einzigen Hinweis, dem wir nachgehen könnten. Keiner von uns hat je bemerkt wie sie verschwunden sind. Einzig und allein der Geruch von Schwefel lässt uns Böses ahnen.“
Ich ballte die Hände zu Fäusten und starrte zu Boden. Ich knurrte, nach einigen Sekunden auch Michael.
„Was ist los?“, fragte Jayden und schaute zwischen uns hin und her.
„Wieso sollte er die Schutzengel entführen? Was ergibt das für einen Sinn?“, murmelte ich.
„Du glaubst also wirklich das er es ist?“, fragte Michael, fast schon verzweifelt. Verdammt noch mal, wenn er sich so unnormal verhielt, konnte ich mich nur schwer konzentrieren. Ich nickte.
„Ja, kein Zweifel. Schwefel ist sein Markenzeichen. Allerdings kommt mir die Sache seltsam vor. Schutzengel sind, um ehrlich zu sein, die nutzlosesten Wesen unter den Himmlischen. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen beizustehen und sie zu beschützen. Was will Luzifer mit ihnen? Für ihn sind sie mehr als nutzlos.“
Ein Klingeln unterbrach den Moment. Ich schaute über den Campus und sah wie die Schüler ins Gebäude gingen. Ich seufzte und wandte mich an Michael.
„Ich werde ein Auge auf die übrigen Hüter haben. Hör du dich in der Stadt um.“
Mein ehemaliger Meister nickte.
„Ich bezweifle dort einen Hinweis zu finden aber wie heißt es doch so schön? Wer suchet, der findet.“
Dann war er verschwunden.
4
„Lacey!“
Mitten auf der Treppe drehte ich mich um. Ich konnte nach Hause, doch Keira, die schluchzend in meine Richtung kam, hinderte mich daran. Ohne etwas zu sagen deutete ich mit dem Kopf auf den Ausgang. Mitten im Gebäude mit „sich selbst zu sprechen“ würde alles andere als normal wirken.
„Was ist passiert?“, fragte ich ernst, als wir das Gebäude verlassen hatten. Sie schluchzte so sehr, dass es einen Moment dauerte bis sie in der Lage war zu antworten.
„J-Jayden ist v-verschwunden!“
„Was? Wann? Wo?“
Wütend packte ich ihre Schultern, kraftvoll schüttelte ich sie.
„V-Vor wenigen Minuten. In der Cafeteria. Er war neben mir und dann...“
Ihre Stimme brach weg, weshalb ich sie wieder schütteln musste, damit sie weitersprach.
„Was dann?“, drängte ich laut.
„Er war weg...“, flüsterte sie weinend. „...einfach weg!“
Ich nahm ihre Hand und zog sie mit.
„Komm.“, befahl ich. In der Cafeteria war keine Menschenseele zu sehen. Der Geruch der in der Luft hing ließ mich husten. Schwefel.
„Luzifer.“, hauchte ich. Keira begann wieder zu schluchzen, weshalb ich sie in die Arme nahm. Eine Geste die ich zum ersten Mal in meinem Leben machte.
„Wir finden ihn und die anderen. Versprochen!“
Mit einer Karte in der Hand ging ich ins Wohnzimmer, wo Michael auf dem Sofa saß. Sein Blick war undurchdringlich und war dem Sonnenuntergang gewidmet. Eine Wand aus Glas lieferte diesen atemberaubenden Ausblick. So wie Michael da saß wirkte er wie ein Rachegott. Düster, gefährlich aber unglaublich sexy! Wieso hatte ich auf einmal solche Gedanken? Ich biss mir auf die Zunge, um diesen Gedanken loszuwerden und ließ mich im Sessel nieder, dann überschlug ich die Beine.
„Was ist los mit dir?“, fragte ich monoton und beobachtete ihn dabei, wie er aufstand. Elegant und anmutig, wie ein Raubtier. Ich schmeckte Blut...
Rote Schlieren zogen sich durch seine, ebenfalls grünen Augen.
„Nichts.“, murmelte er, doch ich ließ mich nicht täuschen.
„Hör auf mich anzulügen. Du benimmst dich schon seit einigen Tagen so komisch. Ist etwas passiert?“
Es gefiel mir nicht das er so ruhig war, denn jedes Mal wenn er so wurde gab es Probleme.
„Nichts, was dich etwas angehen könnte.“, knurrte er mich plötzlich an. Es war kein Knurren wie ich es kannte, viel mehr schien es mir eine unausgesprochene Drohung zu sein, die er ernst meinte!
„War das eine Drohung?“, hakte ich nach und funkelte ihn mit roten Augen an. Wütend starrte er mich an und nachdem sich seine Augen ganz verfärbt hatten, tauchten auch schwarze Umrandungen auf. Ich erhob mich und ging zu ihm, bedacht darauf ihm so nahe wie möglich zu kommen.
„Wenn du mir etwas verschweigst kriegen wir beide ein großes Problem miteinander!“
Der Moment wurde unterbrochen, denn Jamie tauchte neben uns auf.
„Lacey.“
Ich seufzte und richtete meine roten Augen auf ihn.
„Zwei Hüter sind verschwunden. Eine von ihnen trägt den Namen Keira.“
Wieder ein Seufzen.
„Auch das noch.“, murmelte ich und dachte nach. „Wo befanden sie sich zu dem Zeitpunkt?“, fragte ich, worauf mir eine weitere Karte in die Hand gedrückt wurde. Jamie schaute zwischen Michael und mit hin und her, blieb aber beim Thema.
„In der Nähe einer verlassenen Fabrik. Vielleicht solltet ihr euch das mal anschauen.“
„Worauf du dich verlassen kannst!“, murmelte ich und betrachtete die Karte kurz.
„Ist etwas passiert?“, fragte Jamie plötzlich und schaute wieder zwischen uns hin und her. Ich wandte mich ab.
„Allerdings. Aber er will nicht mit der Sprache herausrücken.“, knurrte ich.
„Es ist nichts passiert!“, fauchte Michael nun und schaute wieder nach draußen. Die Sonne verschwand hinter den Häusern. Ich tigerte auf und ab und dachte nach.
„Luzifer...“, murmelte ich, als plötzlich Schwefelgeruch in meine Nase drang. Und von einer Sekunde auf die andere stand Luzifer, der wohl bekannteste Gefallene, mitten im Raum.
„Du hast gerufen, Chérie
?“
Sofortige Anspannung lag in der Luft. Es dauerte keine zwei Sekunden bis meine Augen rot und schwarz umrandet waren und meine Hände sich in Klauen verwandelt hatten. Ich ging auf Luzifer zu, packte ihn an der Kehle und drückte ihn gegen die Wand.
„Wer hat die Wächter?“
„Wer?“
Michael war verwirrt. „Ich dachte er hätte sie?“
Ich stieß ein Lachen aus, das einem Knurren ähnelte.
„Wenn er sie hätte wäre er jetzt nicht hier. Jemand anderes steckt also dahinter.“
Luzifer grinste, trotz seiner misslichen Lage.
„Die Geschichten über dich scheinen zu stimmen, Chérie
. Es ist mir eine Ehre dich kennenzulernen.“
Nun richteten sich seine schwarzen Augen auf Michael.
„Hallo Michael, mein alter Freund!“
„Weißt du wer dahinter steckt?“, waren Michaels einzigen Worte.
„Bedauerlicherweise nein. Aber es ist interessant mit anzusehen, wie ihr vorgeht.“
Michaels Augen färbten sich wieder rot.
„Ich glaube dir nicht.“, sagte er wütend. Ich ließ Luzifer los und ging dann zum Sofa, um mich darauf nieder zu lassen. Ich überschlug die Beine und fing an nachzudenken.
„Er sagt die Wahrheit, Michael.“
Luzifer grinste und rieb sich den Hals.
„Die Kleine ist gut. Vielleicht biete ich ihr mal einen Deal an!“
Ich sah den Dämon an.
„Du steckst zwar nicht dahinter, ma Chére
, dennoch hast du etwas damit zutun, nicht wahr?“
Er zog überrascht die Brauen hoch, sodass sie fast seinen blonden Haaransatz berührten.
„Pardon
? Ich weiß nicht wovon du sprichst, mon petit
!“
„Du hast dir den falschen Tag ausgesucht um mich anzulügen, mein Lieber.“
Er lächelte.
„Dich anzulügen könnte gefährlich werden, stimmt´s?“
Ich lächelte. Michael und Jamie schienen meine Reaktion verwirrend zu finden, denn sie beobachteten mich fasziniert.
„Jetzt verstehen wir uns.“, sagte ich zu dem Gefallenen. Er seufzte.
„Vor einigen Wochen tauchte ein Lakai bei mir auf. Ich weiß bis heute nicht wer ihn geschickt hat. Er sagte sein Meister bittet mich um einen Bindungs- und Verstärkungszauber. Ich Austausch verlangte ich den Namen seines Meisters.“
Ich kniff die Augen zusammen und ignorierte das Zappeln von Jamie, der nervös geworden zu sein schien.
„Wie lautete der Name seines Meisters?“
Luzifer seufzte erneut.
„Keine Ahnung. Der Lakai sagte, er sei ein Mann, der von vielen Dämonen besessen sei.“
Ich erstarrte, was nicht unbemerkt blieb.
„Was ist los?“
Michaels misstrauischer Tonfall ließ mich die Fäuste ballen.
„Legion...“, war das einzige was ich herausbrachte. Luzifer und Michael erstarrten ebenfalls, nur Jamie wusste nicht was los war.
„Wer oder was soll Legion sein?“
Ich verschränkte die Hände ineinander und stützte mich dann auf den Knien ab. Ich schaute zu Michael auf und hofft die Antwort die er mir geben würde, wäre eine gute Antwort.
„Glaubst du die Legende des Dämons von Gadara ist wahr?“
Michael schien nachzudenken, denn er blieb still.
„Möglich ist alles.“, sagte Luzifer und wandte sich ab. „Ich werde dann mal verschwinden.“
Doch ich ließ ihn nicht gehen, sprang auf und packte ihn am Kragen,um ihn zurückzuziehen.
„Für diese Worte könnte ich mich jetzt ohrfeigen...“, murmelte ich und atmete tief durch. „Ich verlass mich auf dich, Luzifer!“
„Worauf?“, fragte er verblüfft.
„Darauf das du uns helfen wirst. Wenn etwas vorfällt sagst du es mir, verstanden?“
Er schnaubte.
„Wieso sollte ich?“
Ich ließ ihn los und verschränkte die Arme.
„Also gut, du kriegst deinen Deal!“
Stille breitete sich aus und ein breites Grinsen umspielte Luzifers Mundwinkel.
„Du bist wirklich beeindruckend, Kleines!“
„Was verlangst du?“, fragte ich emotionslos und hielt seinem stechenden Blick stand. Sein Grinsen wurde breiter.
„Ich bin der Ansicht, dass du ein guter Gewinn wärst.“
„Für welche Zwecke willst du mich?“, fragte ich nun. Das Funkeln in seinen Augen ließ es mich ahnen, weshalb ich klare Regeln aufstellte.
„Ich würde für dich arbeiten, Luzifer aber nicht als Frau für dich herhalten! Hast du verstanden?“
„Eins muss man dir lassen, du weißt, was einen Mann in den Wahnsinn treibt!“, lachte er.
Wie so oft schon schloss ich für einen Moment die Augen.
„Ich muss dich darauf hinweisen das ich nur so lange für dich arbeite, wie diese Sache andauert. Das heißt, sollte der Fall in zwei Wochen erledigt sein, werde ich auch nur zwei Wochen für dich arbeiten.“
Trotz dieser Bedingungen schien sein Grinsen immer noch breiter zu werden.
„Abgemacht.“, sagte er und zog ein Messer aus seiner Hosentasche. Er schnitt sich mit der Klinge in die Handfläche und reichte mir dann das Messer. Doch bevor ich mich hätte verletzen können, hatte Michael mein Handgelenk gepackt.
„Du wirst nicht auf diesen Deal eingehen.“, knurrte er unheilvoll.
Ich schaffte es mich aus seinem Griff zu befreien.
„Du kannst mir keine Befehle mehr erteilen, Michael! Außerdem weiß ich schon längst das er etwas vorhat.“
Überraschte Blicke. Selbst Luzifer schien nicht damit gerechnet zu haben.
„Wie kommst du darauf das ich etwas vorhabe?“, fragte er verwirrt.
„Ganz einfach.“, gab ich zurück. „Weil du das Angebot angenommen hast, ohne zu zögern. Außerdem hast du ein dämliches Grinsen im Gesicht.“
Er lachte leise und kehlig. Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus.
„Du bist ein schlaues Mädchen.“
„Und dennoch lässt du dich darauf ein?“, fragte Michael. Warum klang er so verletzt?
„Ja. Unsere Chancen stehen wesentlich besser wenn er uns dabei hilft. Außerdem weiß ich, was ich tue, also bring mir bitte ein bisschen Vertrauen entgegen!“
Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Ich weiß nicht ob man dir noch vertrauen kann. Schließlich hast du dich gegen uns aufgespielt...“
„Wir waren Jahrhunderte lang Partner und jetzt vertraust du mir nicht einmal mehr? Das soll wohl ein Scherz sein!“
Ich schnitt mir nun endlich auch in die Handfläche und streckte Luzifer dann die blutige Hand entgegen. Er nahm sie an und das Kribbeln das ich verspürte bestätigte, dass der Pakt nun endgültig geschlossen war.
5
Der nächste Morgen verging relativ schnell. In der Akademie verlief es einigermaßen ruhig, bis auf ein paar Prügeleien, die aber schon zur Gewohnheit geworden waren. Saphira, eine Hüterin, wich mir nicht von der Seite. Es machte sie noch immer fertig das Keira verschwunden war. Sie war ziemlich pessimistisch und vermutete deshalb das Schlimmste. Nachdem ich vom Unterricht befreit war und Michael immer noch nicht aufgetaucht war beschloss ich, mich alleine auf den Weg zu dieser alten Fabrik zu machen.
Auf dem Gelände angekommen tauchte Luzifer neben mir auf.
„Hallo, Chérie
.“
„Hallo, Luzifer.“, grüßte ich kurz angebunden zurück und widmete mich dem Fußboden.
„Bist du alleine hier?“, fragte der Dämon verwirrt und schaute sich um. Ich lachte.
„Nein, du bist ja hier.“
Er seufzte.
„Ich dachte Michael wollte dich begleiten?“
„Das dachte ich auch aber wie du siehst ist er nicht aufgetaucht. Und um ehrlich zu sein gefällt mir das gar nicht.“
Ich nahm einen Haufen Erde in die Hand und roch daran.
„Luzifer?“
Ich sah zu ihm auf.
„Hm?“
„Du bist der einzige, mir bekannte Dämon dessen Markenzeichen Schwefel ist, also erkläre mir bitte warum die Erde mit diesem Geruch verpestet ist!“
Er beugte sich zu mir hinunter und roch an der Erde, die ich ihm entgegenhielt. Falten bildeten sich auf seine Stirn.
„Das ist mehr als nur Schwefel...“, murmelte er.
„Bitte?“, hakte ich nach. Ich verstand ihn nicht. Was meinte er mir mehr als nur Schwefel?
„Riechst du das nicht?“, fragte er und sah mich mit hochgezogenen Brauen an.
„Was meinst du?“, gab ich zurück und beobachtete, wie er sich umsah.
„Es riecht nach Chlorsäure.“
Erst jetzt bemerkte ich den anderen stechenden Geruch. Ich schaute mich ebenfalls um. Mein Blick blieb an der Fabrik hängen. Die ganze Sache gefiel mir nicht...
„Es kommt von da drinnen.“, stellte ich fest und ging voran.
„Du solltest mich vorgehen lassen.“, meinte Luzifer und hielt ich zurück. Ich seufzte resigniert.
„Männer...“
Ich ließ zu das er die Führung übernahm und folgte ihm. Vorsichtig schob er die Eisentür der alten Fabrik auf und trat ein. Plötzlich traf ihn ein Schlag und er wurde zur Seite geworfen.
„Luzifer!“, rief ich und rannte hinein. Ich hatte mich ein wenig erschrocken, dabei hätte ich damit rechnen müssen. Noch bevor ich ihn erreichte fielen mir die großen Flügel auf, die sich auf uns zu bewegten.
„Verzeihung, ich dachte du wärst...“
Michael unterbrach sich selbst. Er entschuldigte sich? Zum Teufel, was war denn bloß los? Ich verstand die Welt nicht mehr...Luzifer hockte auf dem Boden und hielt sich knurrend die Schulter, die verletzt gewesen zu sein schien. Ich lachte lauthals los, was die beiden erschreckte und zusammenzucken ließ.
„Wer hätte das gedacht aber es war tatsächlich eine gute Idee von dir, voran zu gehen.“
Doch dann fiel mir wieder der Geruch ein. Prompt wurde ich ernst und drehte mich zu Michael um. Mein plötzlicher Stimmungsumschwung schien ihn ebenfalls zu verwirren.
„Du bist das.“, murmelte ich und ging auf ihn zu.
„Was meinst du?“, fragte er und zuckte zurück, als ich an seinem Hals roch.
„Du riechst nach Chlorsäure.“
„Lacey!“, hörte ich eine bekannte Stimme rufen. Ich drehte mich um und erstarrte.
„Keira! Jayden!“, rief ich, doch die Leute blieben mir im Hals stecken als ich sah, dass sie Schwerter bei sich trugen.
„Michael, erkläre mir was hier los ist.“, verlangte ich. Er seufzte.
„Ich wurde angegriffen...aber nicht von ihnen, sondern von einem Lakaien. Ich hatte ihn fast aber er ist geflohen. Daher der Geruch von Säure und Schwefel. Ich dachte Luzifer wäre dieser Lakai, nochmals Verzeihung. Was die beiden hier zu suchen haben weiß ich allerdings nicht.“
Ich zog mein Schwert aus der, für Menschen unsichtbare, Schwertscheide über meinem Po.
„Irgendetwas stimmt hier nicht.“, murmelte ich und fixierte Keira und Jayden mit meinen Blicken. Das erste was mir auffiel war die Augenfarbe der beiden.
„Michael, Luzifer, ihre Augen!“
Ihre Augen waren schwarz und von roten Schlieren durchzogen. Nur Dämonen hatten schwarze Augen, so wie Luzifer und nur Himmlische besaßen das rot in den Genen.
„So etwas habe ich noch nie gesehen.“, sagte Michael leise und beobachtete, wie die beiden langsam auf uns zukamen. Luzifer meldete sich zu Wort.
„Halb Dämon, halb Hüter. Meint ihr, dass ist möglich?“
Ich schnaubte. Die Sache wurde immer schlimmer!
„Ganz egal ob es möglich ist oder nicht, irgendjemand scheint uns nicht zu mögen.“
Als hätte jemand einen Kampf auf Kommando eröffnet stürmten Keira und Jayden auf uns zu. Doch schon nachdem ich ihren ersten Angriff abgewehrt hatte war klar, dass sie es auf mich abgesehen hatten. Ich breitete meine Flügel aus und schwang mich in die Lüfte, was meine Partner wohl verwirrte. Seltsamerweise sah es so aus, als besäßen die Hüter keine Flügel mehr.
„Wir dürfen sie nicht verletzen.“, rief ich. Michael und Luzifer breiteten ebenfalls die Flügel aus und waren mit einem Flügelschlag in der Luft. - Ja, Luzifer hatte auch Flügel! -
Ich begann auf meiner Lippe herumzukauen, bis sie blutete.
„Was ist?“, fragte der Dämon als er sah, wie verzweifelt ich nachdachte.
„Nach der Art her wie sie sich bewegen und kämpfen scheint es, als hätte man sie manipuliert. Aber aufgrund ihrer Augen glaube ich, dass sie etwas Schlimmeres durchgemacht haben. Der Hass den sie jetzt auf mich haben verwirrt mich. Man muss ihnen irgendetwas eingeredet haben.“
„Vielleicht eine Art Bann.“, murmelte Michael. Luzifer schüttelte jedoch den Kopf.
„Ich kenne jegliche Art von Bännen aber so einen habe ich noch nie gesehen.“
Plötzlich breiteten Keira und Jayden ebenfalls ihre Flügel aus und schwangen sich in die Luft. Kaum waren sie in der Luft bildeten sich Kugeln aus Feuer in ihren Händen. Ich fluchte.
„Verdammte Scheiße, schwarze Flügel und himmlisches Feuer. Von diesem Hin und Her kriege ich Kopfschmerzen!“
Michael und Luzifer schauten sich an, ich seufzte.
„Ja, ich fluche, was dagegen?“
Plötzlich traf mich ein Schlag und ich wurde nach Hinten geschleudert. Glas klirrte und als ich auf einem grünen Untergrund aufprallte begriff ich, dass es ein Fenster gewesen sein musste.
6
Michael und Luzifer riefen gleichzeitig meinen Namen, doch ich hörte es kaum. Schmerz durchzuckte meinen ganzen Körper und als ich versuchte mich aufzurappeln sah ich, dass das Engelsfeuer meine Schulter getroffen hatte. Es hatte sich wortwörtlich durch die Schulter gefressen!
Meine Hände verwandelten sich in Klauen als ich es geschafft hatte aufzustehen. Trotz der Schmerzen die ich hatte ging ich zielstrebig auf das Gebäude zu. Feuer wuchs in meiner Hand und formte sich zu einer gewaltigen Kugel. Ich hörte es noch einige Male klirren, doch ich ließ mich dadurch nicht ablenken. Ich blieb vor der metallenen Wand stehen und holte aus. Mit einem lauten Knall und einer Menge Dreck und Staub – nicht zu fassen das Metall Staub hinterlassen konnte... - haute ich ein Loch in die Wand. Durch dieses Handeln unterbrach ich den Moment im Inneren der Fabrik, denn alle Anwesenden erstarrten und schauten zu mir.
„Oh nein.“
Michaels Augen verengten sich.
„Was, oh nein?“, fragte Luzifer nervös und sah den Erzengel an. Knurrend ging ich weiter.
„Sie ist verdammt wütend. Und in solchen Momenten sollte man sie in Ruhe lassen.“, antwortete der Mann monoton und ließ mich nicht aus den Augen.
„Du sagst das, als wäre sie in diesem Zustand nicht zu halten.“
Michael schluckte, ließ sich seine Nervosität aber nicht anmerken. Es gab nur eine Sache die ihn wirklich beunruhigte! Und das war meine Art zu kämpfen wenn ich wütend war.
„Das ist sie auch nicht.“
Luzifer lachte.
„Ach komm, ich wette du übertreibst.“
Ehe Michael etwas erwidern konnte hatte Luzifer sich in Bewegung gesetzt. Selbstbewusst und grinsend kam er auf mich zu. Ich fand das aber nicht lustig, im Gegensatz zu ihm.
„Immer locker bleiben, Chérie
!“, lachte er und streckte die Hand aus. Doch ich knurrte nur nur noch lauter, holte aus und verpasste ihm einen Schlag, der ihn gegen die Wand schleuderte.
„Heilige Scheiße, was ist denn mit der los?“, fluchte der Gefallene verwirrt und rappelte sich sofort wieder auf. Blut lief an seiner Schläfe hinab, doch mit dem Arm wischte er es weg.
„Wir müssen sie aufhalten. Sie darf die beiden auf keinen Fall verletzen!“, rief Michael dem Dämon zu, doch ich war schneller und hatte mich schon auf Keira gestürzt. Mit dem Schwert an ihrer Kehle saß ich auf ihr und drückte sie nieder. Doch plötzlich wurde ich zurückgerissen. Ein Arm lag an meiner Taille und drückte mich zurück. Eine weitere Hand lag an meiner Kehle und fixierte mich.
„Würdest du dich mal zusammenreißen?“
Es war Michaels Stimme die drohend an mein Ohr drang. Doch ich war zu wütend um mich zu beruhigen. Ich rammte ihm meinen Ellenbogen in den Bauch, wodurch ich mich befreien konnte. Ich schnappte mir mein Schwert und ging in Position. Luzifer und Michael standen gegenüber von mir und wussten, dass mit mir nicht zu spaßen war. Ich wollte sie nicht verletzen, doch in solchen Momenten war es, als wäre ich nicht ich selbst gewesen. Ich knurrte noch immer, Michael versuchte mich zu beruhigen und hob die Hände.
„Komm endlich runter!“
Bevor ich etwas erwidern konnte unterbrach Luzifer den Moment.
„Lacey, hinter dir!“
Ich wirbelte herum und schaffte es nicht mehr auszuweichen. Keira hatte sich auf mich gestürzt und drückte mich zu Boden. Ihr Engelsfeuer kam mir gefährlich nahe, doch ich schaffte es ihr einen Schritt in den Bauch zu verpassen, worauf sie mich losließ.
„Was machen wir jetzt?“, hörte ich Luzifer fragen. Ich wusste bereits was Michael sagen würde.
„Verpass ihr einen Schlag auf den Hinterkopf.“
„Was? Ich schlage keine Frauen!“
„Das ist der einzige Weg, sie lässt sich durch nichts beruhigen.“
Ich stürmte auf Keira zu als Luzifer plötzlich vor mir auftauchte. Ich wollte ihm gerade eine verpassen, als ich selbst einen ab bekam. Alles um mich herum wurde schwarz und ich spürte wie meine Beine nachgaben. Michael.
„Müsste sie nicht so langsam mal aufwachen?“
Nur leise drang Luzifers Stimme an mein Ohr. Er dauerte einige Sekunden bis ich bemerkte, dass ich getragen wurde. Die warme Aura und der erdige Geruch den ich wahrnahm deuteten darauf hin, dass es Michael war der mich trug. Ich fühlte mich – um ehrlich zu sein – geborgen in seinen Armen und ich musste mir eingestehen, dass ich es vermisst hatte mit ihm zusammen zu arbeiten. Er war wie ein Bruder für mich. Er war mein Meister, hatte mir alles beigebracht was ich nun wusste und konnte, hatte mich beschützt und war immer für mich da. Die Art wie er mich immer still gelobt hatte fehlte mir und ich bedauerte es, ihn enttäuscht zu haben. Ich hatte ihn vermisst und war nun froh, ihn endlich wieder zu haben, auch wenn er nicht mehr der Selbe war...
„Sie ist schon längst wach. Sie ist nur zu faul um selbst zu laufen.“
Ich hörte ein Lächeln in seiner Stimme, weshalb auch meine Mundwinkel zuckten.
„Siehst du?“, fügte er hinzu, als er es zu bemerken schien.
„Verzeiht mit meinen Ausbruch, ich hatte mich nicht im Griff...“
Luzifer seufzte.
„Die Raubkatze hat sich in ein Schmusekätzchen verwandelt, nicht zu fassen!“
Ich öffnete die Augen und blickte in Michaels makelloses Gesicht. Er schaute stur geradeaus, doch irgendwann schien er meinen Blick zu bemerken, denn er richtete seine matten, grünen Augen auf mich.
„Was ist?“
„Wo sind die Hüter jetzt?“, fragte ich schuldbewusst.
„Sie haben sich zurückgezogen...“, sagte er kalt und richtete seinen Blick wieder auf den Weg.
„Entschuldigt mich aber ich habe zu tun. Ich melde mich wenn´s was Neues gibt.“
Luzifer riss uns aus den Gedanken. Wir beide nickten, dann war er auch schon verschwunden. Die Minuten vergingen und keiner von uns wollte etwas sagen. Doch irgendwann hielt ich das Schweigen nicht mehr aus. Es war ungewöhnlich für mich den Drang zu sprechen zu spüren...
„Michael...“, sagte ich leise und ließ zu, dass mir eine Träne über die Wange lief. Auch hatte ich, soweit ich mich erinnern konnte, nie geweint. Er blieb stehen und schaute mich an. Nachdem er mich genauer betrachtet hatte zeichnete sich Unsicherheit auf seinem Gesicht ab. Auch das war ungewöhnlich für ihn! Für ihn schien das Ganze genauso schlimm zu sein, wie für mich.
„Was hast du?“, fragte er leise.
„Es tut mir leid.“, murmelte ich.
„Was tut dir leid?“, fragte er verwirrt und musterte mich erneut.
„Alles.“, hauchte ich und wischte die Träne weg. „Das ich dich enttäuscht habe, dass ich dir weh getan habe, dass ich dich angreifen wollte...Es tut mir alles leid, ich wollte das nicht!“
Er ließ mich herunter und fasste mein Kinn. Er hob mein Gesicht, sodass ich gezwungen war ihn anzusehen. Ich kannte diese Geste von ihm nicht. Seine grünen Augen schienen zu glühen.
„Hör auf dich zu entschuldigen. Du hast mich nicht enttäuscht. Du hast mich nie enttäuscht! Und weh getan hast du mir auch nicht. Ich bin dir nicht böse wegen deiner Taten und Handlungen, ich konnte niemals böse auf dich sein, dass weißt du doch! Ich bin derjenige der sich entschuldigen muss. Die Dinge die ich dir an den Kopf geschmissen habe waren alles andere als schön.“
Zögerlich umarmte ich ihn.
„Ich vermisse dich, Michael! Du hast dich verändert...Es scheint als wärst du nicht mehr der Selbe. Ich vermisse meinen alten Meister!“
Er erstarrte, doch nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte legte er ebenfalls zögerlich die Arme um mich. Die Wärme war...angenehm.
„Verzeih mir wenn ich dir Schmerzen bereite...Ich vermisse dich auch Lacey aber ich befürchte das alles wieder beim Alten sein wird, wenn wir den Fall aufgeklärt haben.“
Ich schwieg und genoss den Augenblick, bis Michael mich von sich schob und meine Hand nahm.
„Komm, ich bringe dich nach Hause.“
7
Eine Woche verging...und nichts passierte. Die Zeit schien still zu stehen. Ich hatte Michael und Luzifer während der gesamten Woche nicht gesehen. Seit dem Vorfall in der Fabrik verschwand nicht ein einziger Hüter und das bereitete mir Sorgen. Keira und Jayden haben sich laut Michael zurückgezogen aber irgendwie behagte mir auch das nicht. Was wenn sie wieder auftauchen würden und Michael und Luzifer nicht in der Nähe waren? Ich würde wieder die Beherrschung verlieren!
Ich versuchte die Gedanken loszuwerden, doch es klappte nicht. Ich sah aus dem Fenster und bemerkte, dass es anfing zu dämmern. Der Abend und die Nacht waren schon immer meine Lieblingstageszeiten, also beschloss ich noch einen Rundgang zu machen...
Ich ging an einem See spazieren, als mir einige bestimmte Momente in den Kopf schossen. Bilder tauchten vor meinem geistigen Auge auf und diese Bilder sorgten dafür, dass sich Tränen in meinen Augen sammelten...
„Lacey.“
Die männliche, raue und strenge Stimme brachte sie dazu sich umzudrehen. Vor ihr stand ein Erzengel. Groß, muskulös und gutaussehend. Er hatte braune Haare, ausgeprägte Gesichtszüge, volle Lippen und eine gerade Nase. Als sie in seine grünen Augen sah wusste sie, wer er war. Seine Aura war überwältigend! Sie war so stark und mächtig, dass sie das Gefühl hatte davon erdrückt zu werden.
„M-Michael, nicht wahr?“
Sie war nervös. Es war das erste Mal das sie solch einem Wesen gegenüber stand. Der Engel nickte.
„Ja. Du bist ab sofort meine Schülerin und stehst somit unter meinem Schutz.“
Sie nickte zaghaft. Obwohl sie wusste das er es nicht war kam er ihr boshaft vor. Er strahlte eine gewisse Stärke aus, die ihr Angst einjagte. Es schien offensichtlich gewesen zu sein das sie nervös war, denn er sprach das Thema an.
„Hast du Angst?“, fragte er monoton. Sie nickte wieder.
„Ja. Verzeihung aber es ist das erste Mal das ich einem Erzengel gegenüber stehe.“
Sie dachte das sie sich das eingebildet hätte, doch seine Mundwinkel zuckten tatsächlich!
„Du bist nicht die einzige die das sagt. Mach dir keine Sorgen, ich bin nicht so unfreundlich wie es schient.“
Diese Worte brachen das Eis und brachten sie zum lächeln...
Ich wischte mir die Tränen weg. Ich hatte ihm ersten Moment Angst vor ihm gehabt, doch nachdem er mir versichert hatte das er sich gut um mich kümmern würde verstanden wir uns auf Anhieb.
Nicht zu fassen, dass er das Ritual der Verbannung durchgeführt hatte. Das nächste Bild schoss mir in den Kopf.
„Michael!“
Sie schrie so laut sie konnte und doch nicht laut genug. Sie rannte zu ihm und kniete sich hin.
„Michael, kannst du mich hören?“
Sie betete um Gottes Beistand. Es war das erste Mal das sie ihn so sah...blutend und ohne Verteidigung. Sie schüttelte ihn.
„Michael!“
Er öffnete langsam die Augen und knurrte etwas ihr unverständliches.
„Du musst verschwinden...“, sagte er kaum hörbar und wollte sie wegschieben. Doch als sie den Feind hinter sich bemerkte sprang sie auf uns ging in Position.
„Lacey, verschwinde!“
Michael schrie schon fast, als der Feind auf das Mädchen zusteuerte.
„Nein!“
Sie sah über ihre Schulter und sah ihn mit roten Augen an. Es war das erste Mal das sich ihre Augen verfärbt hatten, auch Michael war überrascht gewesen. Dennoch wollte er, dass sie verschwand.
„Lacey!“, knurrte er.
„Nein, Michael! Du hast mich immer beschützt. Jetzt beschütze ich dich!“, waren ihre letzten Worte, ehe sie ihr Schwert zog.
Erst jetzt wurde mir klar, wie emotional der Moment gewesen war. Ich hatte mein Leben riskiert um ihn zu retten, es war so offensichtlich das er mir wichtig geworden war. Ob ihm das wohl auch klar war? Plötzlich vernahm ich Kampfgeräusche. Es kam aus dem Park in der Nähe und da es schon dämmerte und kaum eine Menschenseele zu sehen war, breitete ich meine Flügel aus und schwang mich in die Lüfte. Ich kam zum Zentrum des Parks und sah, dass nicht weit entfernt vom Brunnen zwei Gestalten miteinander kämpften. Ich landete lautlos hinter einem Baum und versuchte etwas zu erkennen. Nachdem sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten erkannte ich, dass es Michael und Luzifer waren! Beide standen sich mit einem Schwert gegenüber. Mir entging nicht, dass Michael schwer verletzt war. Irgendetwas musste seine Brust durchbohrt haben, denn die klaffende Wunde blutete so stark, dass die Heilung nicht ansetzen wollte.
Warum sollte Luzifer ihn angreifen? Was ergibt das für einen Sinn?
, ging es mir durch den Kopf.
Ich beschloss einzugreifen. Im Laufschritt gab ich mein Versteck auf.
„Michael!“, rief ich und näherte mich ihm.
„Verschwinde, Lacey! Irgendetwas stimmt nicht mit Luzifer.“
Kaum hatte er die Worte ausgesprochen trafen ihn schwarze Flammen und ließen ihn zu Boden gehen.
„Michael!“, rief ich und wollte zu ihm, doch wie damals hielt er mich zurück.
„Verschwinde schon, bevor du wieder die Kontrolle verlierst!“
Ich stellte mich vor ihn, um ihn vor Luzifer schützen zu können, dann schaute ich mit roten Augen über meine Schulter.
„Ich verstehe das du dir Sorgen machst aber ich werde nicht abhauen. Genauso wenig wie damals!“
Er erstarrte und ich sah, dass er diesen Moment ebenfalls nicht vergessen hatte.
„Wieso gibst du dein Leben für mich?“, fragte er leise.
Was sollte das denn jetzt?
„Ganz einfach...“, murmelte ich. „Weil du mir etwas bedeutest!“
Luzifer machte den Eindruck als wollte er uns aus der Welt schaffen.
„Du bist eine törichte Frau, Lacey! Niemand wäre dumm genug sich für jemanden wie mich zu opfern!“
Ich ließ Luzifer nicht aus den Augen, sprach aber zu meinem alten Meister.
„Ich bin dumm genug. Du bist mein Freund, Michael. Es ist selbstverständlich das ich dir helfe. Auch wenn du mich verbannt hast.“
Michael schaffte es aufzustehen und trat an meine Seite.
„Normalerweise beschützt der Meister seinen Schüler und nicht umgekehrt.“
Meine Mundwinkel zuckten.
„Wie oft noch? Ich bin nicht mehr deine Schülerin.“
Ich erstarrte als ich aus den Augenwinkeln sah, dass Michael lächelte.
„Für mich bleibst du immer meine Schülerin!“
Ich konzentrierte mich wieder auf den Dämon uns gegenüber, schweifte aber immer wieder mit den Gedanken ab.
„Du darfst keine Gefühle besitzen, Michael. Also Schluss mit diesem Geplapper!“
8
Michael blieb still und auch ich konzentrierte mich nun voll und ganz auf Luzifer.
„Luzifer, warum greifst du Michael an?“, rief ich ihm zu und bedachte ihn mit einem genauen Blick. Auf den ersten Blick schien nichts ungewöhnlich zu sein. Doch ich bekam keine Antwort. Ich legte eine Hand an meine Hüfte um mein Schwert schneller greifen zu können und ging vorsichtig auf ihn zu. Ich hätte erwartet das Michael mich zurückhalten würde, doch er ließ es geschehen, wenn auch mit kritischen Blicken. Wenige Zentimeter vor dem Dämon blieb ich stehen.
„Luzifer?“, fragte ich leise.
Als er immer noch nicht reagierte legte ich meine Hand an seine Wange und roch an seinem Hals. Ein stechender Geruch machte sich bemerkbar. Ich drehte mich in Michaels Richtung und unterdrückte ein Husten.
„Er riecht nach Säure!“
Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen traf mich ein Schlag in der Magengrube. Stechender Schmerz durchfuhr mich. Ich würgte Blut und hörte wie Michael meinen Namen rief. Dann ging alles ganz schnell. Ich spürte das er mich auffangen wollte, doch der Hieb den Luzifer mir versetzt hatte war so stark, dass wir beide zu Boden gingen. Nachdem ich einige Male Blut gespuckt hatte, richtete ich meinen Blick auf Michael, der unter mir lag.
„Alles okay?“, fragte ich leise und strich ihm einige Strähnen aus dem Gesicht. Er hatte einige Kratzer und Wunden im Gesicht, doch es hätte schlimmer sein können.
„Ja, bei dir aber nicht.“, antwortete er und musterte mich. Ich wischte mir spöttisch lächelnd das Blut aus den Mundwinkeln.
„Nur ein Kratzer.“
Wir kamen beide wieder schnell auf die Beine und gingen wieder in Position.
„Er wird kontrolliert.“, stellte ich nun fest und bemerkte den Blick des Erzengels.
„Wie kommst du darauf?“, fragte er misstrauisch und umgriff sein Schwert fester.
„Er reagiert nicht einmal wenn man seinen Namen nennt, dass ist wirklich seltsam. Außerdem scheint er gar nicht zu wissen was er tut. Er hat noch nicht einmal was gesagt und das ist für den Luzifer den wir kennen höchst ungewöhnlich.“
Ein raues Gelächter ertönte nicht weit hinter Luzifer.
„Ich bin beeindruckt! Sie gehört mit ihren fünfhundert Jahren zu den Jüngsten, jedoch auch zu den Besten!“
Ich zog mit Klauen mein Schwert und starrte mit roten Augen in die Dunkelheit. Hinter Luzifer tauchte eine Person auf, die in einen schwarzen Umhang gehüllt war. Die Kapuze hatte derjenige tief ins Gesicht gezogen, sodass man nicht man ein Stück seiner Haut sehen konnte. Die Aura des Mannes war unheimlich und stark. Das pure Böse lag in der Luft. Es schienen tausende Auren zu sein, jede Sekunde spürte ich etwas anderes. Ich knurrte laut.
„Wie lautet dein richtiger Name, Legion?“
Michael sah mich überrascht an.
„Legion?“, murmelte er und richtete seinen Blick wieder auf den Unbekannten. Der widerrum blieb regungslos stehen.
„Legion? Du glaubst also ich wäre der Dämon von Gadara?“
Ein amüsierter Unterton schwang in seiner Stimme mit, doch für mich war die Sache bereits klar. Ich nahm eine gerade Haltung ein und hob das Kinn.
„Ich glaube es nicht. Ich weiß es!“
Ich machte eine kurze Pause. „Was auch immer du über mich gehört haben magst, ich kann und weiß weit mehr als das was behauptet wird!“
Michael mischte sich ein.
„Wieso bist du dir so sicher, dass er der Dämon von Gadara ist?“
Ich lächelte.
„Ich erkenne es an seiner Aura. Es ist weit mehr als nur eine. Es sind an die tausende! In jeder Sekunde nehme ich eine andere wahr, die jedoch immer von ihm ausgeht. Selbst mir läuft ein Schauer über den Rücken wenn ich daran denke, was für eine Macht er besitzen muss!“
Der Unbekannte stieß ein kurzes Lachen aus.
„Du bist wohl die beeindruckendste Frau die ich je gesehen habe. Ich würde dich nur zu gerne besitzen.“
Er schob die Kapuze zurück und zum Vorschein kam es Mann, der nicht älter aussah als fünfundzwanzig. Hätte ich Michael nicht gekannt wäre Legion vermutlich der attraktivste Mann gewesen, den ich je gesehen hätte. Silberne Haare und ein Gesicht, das man so schnell nicht vergessen konnte. Er hatte ein Zeichen auf seiner Stirn, welches aussah wie eine Flamme. Seine Augen waren so grau, dass sie mich regelrecht in den Bann zogen. Seine Nase war wie die von Michael gerade und sein Mund genauso voll, wenn auch nicht so schwungvoll. Ich zog einen Mundwinkel in die Höhe.
„Ich gebe zu bei deinem Anblick könnte ich jegliche Hemmungen verlieren aber aufgrund meines Auftrags muss ich mich leider zusammenreißen, tut mir leid!“
Michael reagierte...komisch. Ich konnte ein leises Knurren hören und sah etwas in seinen Augen aufblitzen, was gefährlich, ja fast mordlustig wirkte. Als er mir einen kurzen Blick zuwarf, sich aber sofort wieder abwandte sah ich etwas, was ich nicht sehen sollte oder viel mehr nicht glaubte zu sehen. Gefühle glommen in seinen Augen und als ich so über seine Reaktion nachdachte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Er knurrte, weil er mich beschützen wollte, klar und das was in seinen Augen aufblitzte war Eifersucht, doch der Moment in dem er mich angesehen hatte, hatte nur eine Bedeutung. Er begehrte mich! Und ich bemerkte es erst jetzt!
„Michael.“, flüsterte ich und war erstaunt als ich sah,wie schnell sein Kopf in meine Richtung schoss.
„Du weißt, dass das nur ein Spaß von mir ist, oder?“
Er schien nicht zu wissen was ich meinte, denn Unwissenheit und Verwirrung lag in seinem Blick.
„Wir reden später darüber.“, sagte ich leise und ließ das Schwert sinken.
„Warum entführst du die Hüter? Was ist der Sinn der Sache?“
Legion grinste und plötzlich verfärbten sich seine Augen blutrot. Ich befand mich nicht mehr im Park, sondern in einem dunklen Raum, der sich nach kurzer Zeit als Kerker herausstellte. Ich schaute mich unauffällig um und bemerkte, dass ich alleine war. Doch plötzlich verpasste mir etwas einen Hieb. Ich prallte gegen die Wand hinter mir und rutschte keuchend zu Boden.
„Willkommen in meinem Reich, Lacey. Leider wird hier kein Kampf stattfinden und ich werde dir auch verraten warum!“
Ich hatte solche Schmerzen, dass ich ein Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Ohne eine Antwort abzuwarten fuhr er fort.
„Dein alter Meister Michael steht noch immer im Park, ohne zu wissen wo wir sind und Luzifer steht immer noch unter meinem Bann. Keiner von ihnen wird also in der Lage sein dir zu helfen. Du wirst keine Chance haben zu entkommen, meine Liebe.“
Ich hatte keine Chance mehr etwas zu erwidern, denn ich bekam wieder einen Schlag. Dieses Mal auf den Kopf. Mir wurde schwarz vor Augen und ich sackte leblos in mir zusammen.
Langsam kam ich zu mir. Ich schaute mich um und sah weder Fenster noch Türen. Lediglich Finsternis. Ich zitterte und als ich an mir herunter sah wusste ich auch warum. Lediglich in BH und Pantys saß ich da. Meine Hände waren über mir an der wand befestigt und auch meine Füßen waren in Ketten gelegt worden. Narben verteilten sich über meinen ganzen Körper und mir wurde schnell klar, dass viele Neue dazugekommen waren. Meine Augen begannen zu glühen und erhellten den Kerker ein wenig. Ich versuchte die Fesseln zu zerstören, doch kaum begannen meine Hände zu leuchten bekam ich einen solch heftigen Schlag versetzt, dass ich einen Schrei nicht unterdrücken konnte. Tränen des Schmerzes traten mir in die Augen. Wo zum Teufel war ich hier bloß gelandet?
Was war denn hier los?
„Verzeih mir, Schatz aber wenn ich sie dir abnehme könnte dich nichts mehr zähmen. Du muss dich noch ein bisschen gedulden...“
Schatz? War ich im falschen Film? Was war denn in der Zeit geschehen, in der ich nicht bei Bewusstsein gewesen war? Ich wollte ihm antworten, doch ich war unfähig zu sprechen. Es war, als hätte man mir meine Stimme genommen. Selbst beim denken hatte ich so meine Probleme.
Lacey, verschwinde!
Ich erinnerte mich an Michaels Worte die er mir kurz zuvor zugeschrien hatte. Die Tränen rannen über meine Wangen und hinterließen feuchte Spuren auf meiner Haut, die brannten wie Feuer. Michael hatte recht gehabt! Ich war dumm! Ich hatte mich und vor allem ihn, in Gefahr gebracht! Wer weiß, was er gerade durchmachte?
Michael...
, flüsterte eine leise Stimme in meinem Kopf. Es war meine eigene. Plötzlich vernahm ich einen erdigen Geruch.
Lacey...Lacey, bist du das?
Mein Körper rebellierte. Er wollte nicht das machen was ich machen wollte. Ich war so sprachlos gewesen das ich mich nicht bewegen konnte, doch als ich seine Stimme in meinem Kopf hörte begann mein Körper so zu strampeln, dass ein Schrei nach dem anderen meinen Mund verließ.
Schmerz...Hilfe...Michael!
, waren die einzigen Dingen an die ich in diesem Moment denken konnte, ehe sich die Stimme von Legion wieder zu Wort meldete.
„Ruhig, Schatz. Versuche dich möglichst wenig zu bewegen, hörst du? Ich verspreche dir, dass es bald aufhören wird!“
Ich wollte keine Versprechungen und stieß einen erneuten Schrei aus. Plötzlich fielen mir meine Haare über die Schultern. Was zum...Ich verharrte in meiner Bewegung. Wo war das Band, welches meine Haare zusammenhielt? Ich spürte etwas an meiner Schulter und wollte es automatisch loswerden, doch die Bewegung löste ein Knurren aus. Allerdings kam das nicht von mir.
„Ruhig!“, ertönte es plötzlich und Legion tauchte vor mir auf. Er hockte vor mir und legte seine Hand an meine Wange. Dann begann er, meinen Hals zu küssen.
„Du bist eine starke, selbstbewusste und bewundernswerte Frau. Spiel gefälligst mit, hast du verstanden?“
„Niemals!“, war das einzige Wort das ich aussprechen konnte, ehe seine Hand tiefer glitt. Plötzlich wurden meine Eckzähne lang und spitz. Ich erschrak. Ich war noch nie so wütend und gestresst gewesen, dass meine Zähne sich veränderten, dennoch wusste ich das es nun gefährlich wurde. Würde er nicht damit aufhören und mich somit noch wütender machen, würde ich die Kontrolle verlieren. Nicht einmal mehr mein Verstand würde mir dann noch helfen, denn der würde ebenfalls aussetzen. Seine Hände packten meine Oberschenkel, worauf ich einen Schrei ausstieß und ihm in den Hals biss. Fauchend wich er zurück, wobei er sich die Hand auf den Hals presste.
„Verdammtes Miststück!“, brüllte er und verschwand in der Dunkelheit. Ich leckte mir das Blut aus den Mundwinkeln.
„Verdammter Bastard! Wenn ich dich in die Finger kriege wird nicht einmal mehr Staub von dir übrig bleiben!“, murmelte ich knurrend und versuchte mich zu beruhigen. Ich hatte keine Ahnung was passieren würde, wenn ich nicht mehr bei Verstand gewesen wäre. Ich schloss die Augen und ließ die Tränen ungehindert fließen. So fühlte es sich also an, wenn man schwach und hilflos war...
Ich besaß kein Zeitgefühl, hatte keine Ahnung wie lange ich bewusstlos gewesen war, keine Ahnung was in der Wirklichkeit passierte, keine Ahnung wann eine Minute, eine Stunde oder ein Tag vorbei war. Erst jetzt bemerkte ich ein Ziehen in tiefer gelegenen Regionen. Als ich den Boden unter mir betrachtete fiel mir nach einigen Sekunden eine dickflüssige, klebrige Substanz auf. Ich konnte nicht erkennen welche Farbe sie hatte, doch mir war bereits klar um was es sich da handelte. Als ich das Blut jedoch mit den Schmerzen in Verbindung brachte erstarrte ich. Auch als himmlische Frau hatte ich meine Periode, allerdings war diese Zeit bei mir schon längst vorbei. Hatte der Kerl...? Erneut sammelten sich Tränen in meinen Augen. Eine Welle von Gefühlen durchströmte mich, und zwar so heftig, dass ich anfing zu würgen. Ich verspürte Ekel, alle anderen Gefühle kamen aber so heftig, dass ich sie nicht mehr zuordnen konnte. Ich fühlte Hass und Wut, hatte Angst. Ich wusste nicht was auf mich zukam und genau das war es, was mir so Angst machte. Ich ignorierte alles um mich herum und versuchte einzuschlafen. Ich würde meine Kräfte brauchen wenn mir die Fesseln abgenommen werden würden. Es dauerte nicht lange ehe ich mich nicht mehr wach halten konnte und in den Schlaf sank...
9
„Ist sie hier irgendwo?“
Stimmengemurmel ließ mich aufhorchen. Vorsichtig öffnete ich die Augen, doch ich war bereits so wütend, dass das rot in der Dunkelheit glühte.
„Ich weiß es nicht.“, sagte jemand anderes. Ich konnte die Stimmen nicht zuordnen und war in höchster Alarmbereitschaft. Wie aus dem Nichts standen zwei Gestalten im Raum. Da ich nur ihre Umrisse sehen konnte fing ich an zu zappeln. Dieses Zappeln hatte allerdings zur Folge, dass ich schreien musste. Die eisernen Fesseln rasselten und plötzlich packte mich etwas oder jemand an den Schultern.
„Lacey!“
Noch immer konnte ich nichts mit der Stimme anfangen. Meine Eckzähne waren noch immer lang und spitz, weshalb die Spitzen über meine Unterlippe ragten. Ich fauchte. Sofort wurden meine Schultern losgelassen. Plötzlich wurde es hell. Ich kniff die Augen zusammen und erkannte Luzifer, der eine Fackel in der Hand hielt. Michael hockte vor mir und starrte mich an. Ich konnte den Schock in seinem Gesicht deutlich sehen. Ich begann zu zittern, Tränen sammelten sich in meinen Augen und drohten überzulaufen. Michaels Hände begannen zu glühen und ohne etwas zu sagen befreite er mich mühelos von den eisernen Ketten. Sanft und vorsichtig legte er die Arme um mich, um mich dann an sich zu drücken.
„Ich...Ich!“, stotterte ich kaum hörbar und krallte mich an ihm fest.
„Ich weiß.“, gab er zurück ohne mich zu Ende stottern zu lassen und strich mir über meine Haare. „Aber es ist vorbei. Er wird für seine Taten büßen, versprochen!“
Luzifer mischte sich ein, doch trotz meines Aussehens – halb nackt, wir erinnern uns – blieb er ernst.
„Was hat er mit dir gemacht?“, fragte er ohne ein Funken Gefühl. Ich löste mich von Michael und schaute nun ihn an. Noch immer zitternd ging ich auf ihn zu. Ich lehnte mich an ihn, roch an ihm, doch nun wich er zurück.
„Was soll das?“
Michael seufzte und sprach leise.
„Egal was er mit ihr gemacht hat, ihr Verstand setzt niemals aus. Ich sagte doch das du uns angegriffen hast. Und da du unter dem Bann von diesem Kerl gestanden hast, rochst du nach Säure.“
„Verstehe.“, murmelte der Dämon. Ich wandte mich ab und schaute zu Boden.
„Ich weiß nicht was passiert ist. Wir waren im Park und plötzlich war ich hier. Alleine. Der Kerl meinte das hier wäre sein Reich und das ich keine Chance hätte zu entkommen. Er hat mir einen Schlag verpasst, alles wurde schwarz und als ich wieder zu mir kam musste ich feststellen, dass ich tausende neue Narben besitze. Kleider besaß ich übrigens nicht mehr. Ich wollte mich befreien aber diese Fesseln haben...“ Ich stoppte und seufzte. „Er nannte mich Schatz und meinte, ich müsse mich noch ein wenig gedulden. Dann hat er angefangen...“
Ich unterbrach mich erneut und ballte die Hände zu Fäusten.
„Du riechst ebenfalls nach Säure.“, stellte Michael fest und musterte mich. Ich stieß ein Knurren aus.
„Rate mal warum!“, brüllte ich. Die grünen Augen des Erzengels färbten sich schwarz. Ich hatte noch nie erlebt wie er kurz davor stand die Kontrolle zu verlieren, ebenso wenig wie er meinen jetzigen Anblick kannte.
„Fang mit dem Zauber an.“, befahl er Luzifer und warf ihm einen kurzen Blick zu. Der jedoch zog die Brauen hoch.
„Ich brauche ihr Blut.“
Ich wurde noch lauter.
„Schau mal auf den Boden!“, schrie ich. „Meinetwegen kannst du es auflecken aber ich schneide mir nicht die Pulsader auf!“
Er seufzte leise, erwiderte aber nichts. Er schien zu wissen das es keinen Sinn machte mich anzuschreien. Michael glitt aus seinem grauen Mantel und legte ihn mir über.
Du entkommst mir nicht, Lacey!
Ich erstarrte, was nicht unbemerkt blieb.
„Was ist?“, fragte Michael.
„Er ist hier...“, flüsterte ich. „Ich kann seine Stimme in meinem Kopf hören.“
„Luzifer, beeil dich!“, brüllte mein alter Meister. Der Dämon nickte.
„Bin schon fertig. Und jetzt kommt.“
Gemeinsam schafften wir es von dem Kerker aus in meine Wohnung zu gelangen. Auch wenn mir bis heute nicht klar war, wie das möglich war...
„Was ist das für ein Zauber?“, fragte Michael und schaute Luzifer wütend an. Er betrachtete mich.
„Kein Zauber, ein Fluch. Scheinbar hat er ihr Blut getrunken und sich dadurch an sie gebunden.“
Damit der Fluch aber vollständig funktioniert musste sie auch etwas von seinem zu sich nehmen.“
Ich unterdrückte ein Würgen und fuhr mir mit der Hand durchs Haar. Leise seufzte ich. Ich war immer noch nicht ich selbst, weshalb ich nicht viel redete.
„Und wie wird dieser Fluch gebrochen?“, meldete sich Michael wieder zu Wort. Der Gefallene stieß ebenfalls ein Seufzen aus. Jedoch klang es...hoffnungslos.
„Jetzt kommt das Problem. Um diesen Fluch zu brechen muss sie das Blut der Person trinken, die sie liebt. Und die Person die ihre Liebe erwidert muss ihres trinken. Erst dann wird die Wirkung aufgehoben. Jedoch wird dann eine neue Bindung entstehen.“
Michael schnaubte.
„Na großartig. Und was wenn der oder die Betroffene niemanden liebt?“
Luzifer schüttelte den Kopf.
„Tut mir leid aber dann kann der Fluch nicht gebrochen werden.“
Nun endlich kam ich zu Wort. Wieso wurde ausgerechnet mir dieser Auftrag erteilt? Das wäre alles nicht passiert wenn ich nicht verbannt worden wäre...Ich sperrte diese Gedanken weg und konzentrierte mich auf die jetzige Situation.
„Was, wenn der Betroffene dieses Ritual trotzdem mit jemandem durchführt?“
Der blonde Dämon zuckte mit den Schultern, was irgendwie elegant wirkte.
„Keine Ahnung, dass hat bisher niemand versucht.“
Ich stand auf und ging zur Tür, die ins Bad führte.
„Ich muss nachdenken. Du kannst meinetwegen anderen Dingen nachgehen, Luzifer, ich brauche deine Hilfe fürs erste nicht.“
Dann verschwand ich ins Bad. Ich hörte noch einige Minuten lang Stimmengemurmel, doch dann wurde es still. Ich stützte mich mit den Armen am Waschbecken ab und begann, Tränen zu vergießen. Wie hielten die Menschen diese ganzen Gefühle bloß aus? Gab es denn nichts, um die zu unterdrücken? War ich je in meinem Dasein so verzweifelt gewesen? Nachdem einige Minuten still Tränen ins Waschbecken getropft waren, tauchte Michael hinter mir auf.
„Ist alles in Ordnung?“
Wieso stellte er mir eine solch überflüssige Frage? Und warum tat er mir das an? Warum zeigte er mir gegenüber Gefühle? Merkte er nicht, dass er dadurch alles noch schlimmer machte?
„Nein.“, sagte ich trocken. Das Zittern in meiner Stimme ließ sich nicht verbergen. Am liebsten hätte ich mich geohrfeigt. Was war bloß aus mir geworden? Wo war die kalte Schönheit? Ich wollte nicht, dass jemand sah wie verletzlich ich als Frau doch war.
Er kam dicht an mich heran und legte seine Arme um meinen Bauch. Verdammt, konnte er nicht verschwinden?
„Es ist deine Entscheidung aber ich bin der Meinung, dass du es trotzdem versuchen solltest.“
Ich drückte seine Arme nieder und drehte mich dann um. Forschend betrachtete ich sein Gesicht. Es schien als wären seine Gesichtszüge weicher geworden. Seine Augen strahlten nicht mehr diese unheimliche Kälte aus, sondern waren von Sorge geprägt. Ich hatte seine kalte und geheimnisvolle Art gemocht, doch diese Seite an ihm...liebte ich!
„Ich muss dir etwas sagen...“, begann ich zögernd. Ich wusste nicht wie ich ihm das sagen sollte, weshalb ich eine Ewigkeit lang schwieg. Sein Körper spannte sich an und ich sah Unsicherheit in seinen Augen aufblitzen. War er nur so unsicher und zärtlich geworden, weil ich mich verändert hatte? Seitdem er hier war konnte ich an nichts anderes denken, als ihn endlich wieder zu haben. Überkamen mich deshalb all diese Gefühle? Weil er wieder bei mir war?
Ich konnte es nicht aussprechen, weshalb ich Taten sprechen ließ. Ich atmete tief durch, umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und zog ihn zu mir herunter. Vorsichtig berührten meine Lippen seine.
10
Als ich mich von ihm löste sah ich ihm in die Augen. Ich brachte kein Wort heraus, weshalb ich ihn stehen ließ und aus dem Bad lief. Ich ging ins Wohnzimmer, wo ich mich auf dem Sofa niederließ und die Beine anzog. Hatte ich das gerade wirklich getan? Was sollte ich sagen, wenn er eine Erklärung verlangte? Ich konnte ihm doch nicht sagen das ich in ihn nun mehr als einen Bruder...Meister...Freund sah!
Plötzlich stand er vor mir.
„Soll das heißen das du...“
Ich traute mich nicht aufzusehen. Ich hatte zu viel Angst. Auch wenn ich ihn nicht ansah sah ich, dass er lächelte.
„Dem Allmächtigen sei Dank!“
Mein Kopf schoss hoch. Sein Blick brannte sich in meinen, dann setzte er sich neben mich und kam näher. Sanft klemmte er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Dann streiften seine Lippen meine.
„Michael...“, murmelte ich und wollte zurückweichen, was aufgrund seiner Hand in meinem Rücken unmöglich war. Er drückte mich an sich.
„Du...bist ein Erzengel.“, hauchte ich, als er mich Luft holen ließ. „Du darfst nicht...“
Weiter kam ich nicht, denn er lachte leise und unterbrach mich somit. Unglaublich...ich hatte ihn noch nie so lachen sehen! Ich verliebte mich noch ein Stückchen mehr in ihn...
„Die Gesetze der Himmlischen sind mit in diesem Moment scheißegal!“
„Aber...“
Ich gab auf und erwiderte den Kuss. Selbst seine Art zu reden kam nun der meiner gleich. Ich wollte ihn, doch mein Verstand sträubte sich dagegen. Ohne es zu wollen vergrub ich meine Hände in seinem Haar und presste mich an ihn. Es war das erste mal das ich so etwas tat – bisher hatte ich es immer nur bei den Menschen gesehen – , umso glücklicher war ich, als er seine Hand in meinen Nacken legte, leise stöhnte und den Kuss vertiefte. Plötzlich räusperte sich jemand.
Ich horchte auf und lehnte mich zurück. Auch Michael schien zu erstarren. Jamie stand im Raum und verschränkte die Arme.
„Ich bin vorbeigekommen um nach Lacey zu sehen aber scheinbar stellt sich das als unnötig heraus. Es scheint sowohl ihr als auch dir alles andere als gut zu gehen.“
Das er mich ignorierte machte mich wütend.
„Du kommst immer zu den ungünstigsten Zeitpunkten.“, knurrte ich. Michael lehnte sich zurück und seufzte.
„Ich bin nur ungern der Spielverderber aber ich muss euch ausdrücklich sagen, dass euer Handeln gegen das Gesetz verstößt.“, sagte Jamie. Ich seufzte ebenfalls.
„Wie oft muss ich dir noch sagen, dass das Gesetz für mich nun keine Rolle mehr spielt? Außerdem hat er angefangen!“
Abwehrend hob ich die Hände, wofür ich einen finsteren Blick von Michael zugeworfen bekam. Nach einigen Sekunden wandte er sich jedoch an Jamie.
„Ich will ehrlich sein.“, sagte er lächelnd. Fasziniert betrachtete ich ihn. „Die Regel was das betrifft ist mir egal!“
„Ist das dein Ernst?“, fragte Jamie und zog unglaubwürdig die Brauen hoch. Dann seufzte er.
„Ihre Eigenschaften färben auf dich ab, mein Lieber. Ihr ist inzwischen vieles egal geworden, dir scheinbar auch...“
Michael grinste, was mir den Atem verschlug.
„Ich als Erzengel muss mir das von jemandem wie dir nicht anhören!“
Dann legte er mir den Arm um die Schulter und drückte mich an sich.
„Nur weil du eifersüchtig bist musst du nicht gleich so böse werden.“
„Das hatte ich ganz vergessen...“, murmelte ich kaum hörbar. Jamie versuchte schon immer mich rumzukriegen, doch aufgrund der Regel keine Gefühle besitzen zu dürfen hatte er keine Chance. Und nun stand er hier und musste mit ansehen wie Michael und ich uns nahe kamen.
Lacey...
Die Stimme in meinem Kopf ließ mich aufspringen. Ein blaues und ein grünes Augenpaar richteten sich auf mich.
„Was hast du?“, fragte Jamie.
Meine Augen wurden rot und meine Hände verwandelten sich in Klauen. Ich hielt mir den Kopf, denn Legions Stimme schien immer lauter zu werden.
Du kannst mir nicht entkommen, Lacey! Ich verspreche dir, dass es dir bei mir gut gehen wird. Wenn du freiwillig zu mir kommst, lasse ich die Wächter frei!
„Du mieser Bastard!“, schrie ich, worauf auch Michael aufsprang. Sofort hielt er mir sein Handgelenk hin.
„Lacey.“, sagte er sanft. Schockiert sah ich zu ihm auf.
„Du weißt, dass wir dadurch einander gebunden sind.“, sagte ich leise. Er nickte nur. Zögerlich nahm ich seinen Arm, dann sah ich ihm in die Augen.
„Bist du dir wirklich sicher?“
„Glaubst du ich lasse zu, dass dich dieses Arsch terrorisiert?“
Seine Ausdrucksweise brachte mich dazu zu lächeln, wenn auch nur schwach. Mein Mund legte sich auf seine Pulsader und um es nicht ewig hinauszuzögern schlug ich ihm die Zähne in die Haut.
Er zuckte nicht einmal, doch ich wusste das es schmerzhaft war... Nachdem ich einen Schluck von seinem Blut getrunken hatte ließ ich von ihm ab, um meine Zähne dann in meinem Handgelenk zu versenken. Ich hielt ihm den Arm hin, worauf er ihn nahm und vorsichtig an der Wunde saugte. Ich erschauderte. Nachdem auch er von mir abgelassen hatte begann mein Handgelenk zu kribbeln. Plötzlich tauchte ein Unendlichkeitssymbol – eine, auf der Seite liegende acht – auf meiner Haut auf. Nach kurzer Zeit sah man es jedoch kaum noch, ebenso wie bei Michael.
Du verdammte...
Legions Stimme in meinem Kopf wurde leiser, bis sie am Ende schließlich vollends verstummte. Erleichtert stieß ich die Luft aus. Michael schloss mich in seine Arme.
„Der Teil wäre überstanden aber wie gedenkst du ihn aufzuhalten? Schließlich wissen wir nicht einmal was er vorhat.“
„Ich wünschte ich hätte diesen Auftrag niemals angenommen. Die Geschehnisse der letzten zweieinhalb Wochen bringen mich total durcheinander.“, murmelte ich, wurde dann aber ernst und fiel in meine alte Rolle als gnadenlos Wächterin zurück.
„Allein werden wir gegen ihn nicht ankommen.“, sagte ich monoton und wandte mich aus Michaels Armen, um mich wieder aufs Sofa fallen zu lassen.
„Meine folgenden Worte werden die meisten nicht verstehen aber ich glaube, dass Wächter und Gefallene dieses Mal zusammenhalten müssen.
Jamies Augen färbten sich rubinrot.
„Ist das dein ernst? Du weißt, dass die Himmlischen sich davor sträuben.“
Ich verschränkte die Arme.
„Dessen bin ich mir bewusst aber hast du eine bessere Idee? Die wenigen Wächter die sich noch im Himmelsreich befinden könnten sich ruhig nützlich machen. Erst jetzt wird mir bewusst wie faul wir als Wächter doch sind. Ihr lasst die unteren Stufen die Arbeit machen, ich könnte kotzen wenn ich daran denke das ich mal einer von euch war!“
Michael und Jamie blieben stumm. Sie wussten das ich recht hatte, doch es überraschte mich das sie meine Worte einfach so hinnahmen. Ich zog einen Mundwinkel hoch.
„Das ihr beiden das ohne Wiederworte hinnehmt gefällt mir. Also schön, dann gebt mal den anderen Bescheid, ich werde mir mit Luzifer eine Strategie überlegen. Wenn das erledigt ist sehen wir weiter.“
Jamies aufbrausende Seite kam zum Vorschein.
„Du tickst doch wohl nicht mehr richtig! Luzifer gehört zu den Engel, die zu Dämonen geworden sind, ist dir klar das er die Sache nur noch verschlimmern könnte? Die Wächter werden niemals mit ihm zusammen arbeiten und die Erzengel erst recht nicht!“
Wutentbrannt über seine Worte erhob ich mich. Ich ging auf ihn zu und packte ihn am Kragen um ihn an mich zu ziehen. Meine Augen funkelten rot. Michael schien meine Reaktion nicht zu stören, denn er blieb ruhig und beobachtete mich.
„Jetzt pass mal auf! Ich hasse es mit euch zusammen zu arbeiten genauso wie ihr es hasst mit Gefallenen zu arbeiten aber Luzifer war mal einer von euch!“
Knurrend stieß ich ihn zurück.
„Nicht zu fassen, dass euch eure Ehre wichtiger ist als das Leben eurer Kameraden, die auf dem Spiel stehen!“
„Lacey.“, hörte ich Michael leise sagen.
„Verschwindet endlich.“, fauchte ich und stapfte aus dem Raum. Ich ging ins Schlafzimmer, wo ich wütend die Tür zuknallte.
11
Michael und Jamie überlegten wie sie den anderen erklären sollten was Lacey vorhatte. Michael seufzte und fuhr sich durchs Haar.
„Geh und berichte den Wächtern von Laceys Vorhaben. Ich werde in der Zeit zu einer Versammlung der Erzengel rufen.“
Jamie nickte wortlos und verschwand. Michael begab sich in die Halle der Erzengel, wo Raphael schon auf seinem Platz saß.
„Es überrascht mich nicht, dass du der erste bist, der davon weiß.“, murmelte Michael monoton und begab sich an seinen Platz. Raphael hatte das Talent Dinge mitzubekommen, von denen niemand anderes je etwas erfahren hätte...
„Sobald die anderen hier sind wirst du uns bis ins kleinste Detail aufklären.“, sagte Raphael und beendete somit das Gespräch.
Es dauerte nicht lange, da hatten sich auch die anderen Erzengel in der Halle eingefunden.
„Was ist der Grund für die einberufene Versammlung, Michael?“, fragte Gabriel tonlos. Michael schloss für einen Moment die Augen.
„Es geht um den Konflikt den Lacey, Jamie und ich geführt haben.“
„Was war das für ein Konflikt?“, fragte Gabriel ruhig und verschränkte die Hände ineinander. Michael atmete tief durch und suchte krampfhaft nach den richtigen Worten.
„Lacey will gegen Legion vorgehen. Allerdings verlangt dafür nach der Hilfe der Wächter und Erzengel.“
„Ist das ihr Ernst?“, mischte Uriel sich ein. Michael seufzte.
„Ja. Jamie hat ziemlich stark reagiert und meinte das sich alle dagegen sträuben werden.“
„Das kann einfach nicht ihr Ernst sein!“, raunte Uriel empört. Michaels Mundwinkel zuckten.
„Doch. Ihr hättet mal sehen sollen wie sie ausgerastet ist! Ich zitiere: Die wenigen Wächter können sich ruhig nützlich machen. Erst jetzt wird mir bewusst wie faul wir als Wächter doch sind. Ihr lasst die unteren Schichten die Arbeit machen. Ich könnte kotzen wenn ich daran denke, dass ich mal einer von euch war
.“
Raphael schnaubte.
„Sie hat jeglichen Respekt verloren.“
Michael verkniff sich sein Grinsen. Auch er hatte nun ein bisschen seines Respekts verloren, nur wegen ihr, doch das würde er seinen Brüdern gegenüber niemals zeigen!
„Es geht noch weiter! Sie sagte das sie sich mit Luzifer eine Strategie ausdenken wird. Wie zu erwarten passte das Jamie natürlich auch nicht. Er meinte, dass er alles verschlimmern könnte. Ihr werdet es nicht glauben aber ich zitiere: Jetzt pass mal auf! Ich hasse es mit euch zusammen zu arbeiten genauso wie ihr es hast mit Gefallenen zu arbeiten aber Luzifer war mal einer von euch. Nicht zu fassen das euch eure Ehre wichtiger ist als das Leben eurer Kameraden, die auf dem Spiel stehen
!“
Anspannung lag in der Luft. Die Erzengel waren deutlich wütend, die meisten unter ihnen hatten inzwischen rote Augen. Nur einer fand die Situation amüsant. Michael. Erst jetzt wurde ihm klar, wie Lacey die Himmlischen beschrieben hatte und er fand es lustig zu wissen, dass sie mit ihren beleidigenden Worten recht hatte. Sie hatte verdammt noch mal recht!
„Sie will wirklich Luzifer um Hilfe bitten?“, fragte Jophiel sichtlich verärgert. Michael wurde ernst.
„Verzeiht mir das ich es euch nicht schon früher gesagt habe aber Lacey arbeitet schon seit längerer Zeit mit ihm zusammen. Sie ging davon aus das er dahintersteckte, was sich aber als falsch herausstellte. Luzifer konnte uns einige Hinweise geben worauf die beiden einen Pakt eingingen, damit er uns hilft. Ich konnte sie von dem Bündnis leider nicht abhalten. Nachdem das alles vorbei ist wird sie solange für ihn arbeiten, bis die Zeit die er uns geholfen hat, abgearbeitet ist.“
Gabriel knurrte.
„Diese Frau macht nichts als Ärger!“
Michael lächelte leicht, was die Blicke der anderen auf sich zog.
„Sie ist ein stures Weib, welches keine Regeln befolgen kann, dennoch ist sie eine der Besten. Sie ist sich in dem was sie tut so sicher, dass ich gar nicht anders kann als ihr zu vertrauen.“
Und sie gehört mir!
, fügte er in Gedanken hinzu.
„Das klingt ganz so, als ob du Gefühle für sie entwickelst.“
Michaels Lächeln wurde breiter. Er hatte bereits Gefühle für sie und die hatten sich schon vor längerer Zeit entwickelt.
„Natürlich habe ich Gefühle für sie. Sie war meine Schülerin. Vertrauen ist auch ein Gefühl, richtig?“, sagte er belustigt.
„So meinte ich das nicht...“, sagte Uriel, doch weiter kam er nicht, denn die Tür flog so kraftvoll aus, dass sie fast aus den Angeln flog. Lacey trat, gefolgt von Luzifer ein.
12
„Was zum...“, knurrte Raphael. Meine roten Augen machten sich ein kurzes Bild der Lage, dann ging ich selbstbewusst auf die Erzengel zu. Mitten im Raum blieben Luzifer und ich stehen.
„Ich störe wirklich nur ungern aber wir haben ein Problem.“, sagte ich kalt.
„Wie zum Teufel habt ihr es geschafft hierher zu gelangen?“, fauchte Gabriel und erhob sich, doch er wurde von Michael an der Schulter gepackt und zurückgezogen.
„Warum seid ihr hier?“, fragte Michael, ganz der Erzengel.
„Ihr solltet euch das mal ansehen.“, meinte Luzifer und verschwand nach draußen. Ich schaute ihm kurz nach, dann wandte ich mich wieder an die anderen.
„Keira, eine Hüterin ist wieder aufgetaucht, allerdings in einem grausamen Zustand.“
Die Engel verließen in höchster Alarmbereitschaft die Halle. Michael wartete bis alle den Saal verlasst hatten, ehe er sich an mich wandte. Er grinste.
„Wir haben gerade über dich gesprochen.“
Ich ließ mich nicht ablenken und blieb kalt.
„Sie wollen nicht helfen, nicht wahr?“
Überrascht sah er mich an.
„Wie kommst du darauf?“
„Ich ahne es.“, sagte ich nur und verließ ebenfalls die Halle. Draußen hatten sich inzwischen Wächter und Erzengel um die tote Hüterin versammelt.
„Wer hat sie gefunden?“, fragte Zadkiel wütend und schaute mich an.
„Sie ist bei Luzifer aufgetaucht und hat irgendetwas auf malaysisch gesagt. Dann ist sie leblos in sich zusammengesackt.“
„Was genau hat sie gesagt?“, meldete sich Raphael zu Wort und sah Luzifer sowohl fordernd als auch empört an. Luzifer zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Ich habe nur Vergeltung, Lacey und Warnung verstanden.“
Michael spannte sich an aber scheinbar war ich die einzige die das bemerkte.
„Dann hat er es also immer noch auf Lacey abgesehen.“, knurrte er und erntete überraschte Blicke.
„Was soll das heißen er hat es auf sie abgesehen?“, mischte sich Jophiel ein. Michael seufzte.
„Er hat es geschafft sie zu sich zu holen und sie an sich zu binden. Wir konnten den Fluch jedoch brechen.“
Camael baute sich vor Michael auf, sah jedoch mich an.
„Wessen Blut hat sie getrunken?“, fragte er aufgebracht. Jetzt sah er Michael an. Seine braunen Augen waren rot.
„Meines.“, antwortete Michael ohne ein Funken Gefühl und hielt dem Blick von Camael stand. Stille breitete sich aus. Die Blicke der Wächter und anderen Erzengel führten von Michael zu mir. Ich verschränkte bloß die Arme und blieb still.
„Du weißt das du als Erzengel keine Bindungen eingehen darfst.“, kam nun Camael wieder zu Wort. Michaels Augen wurden schmal und seine Mundwinkel gingen spöttisch in die Höhe, Und zum ersten Mal in meinem Leben sah ich, wie Michael sich gegen einen anderen Himmlischen aufspielte. Somit tat er genau das, was ich damals getan hatte.
„Wieso siehst du das Ganze nicht positiv? Lieber ihr ehemaliger Meister, als der Dämon namens Luzifer da drüben!“
Der Gefallene lachte.
„Also ich hätte damit kein Problem gehabt.“
„Ich habe da auch noch ein Wörtchen mitzureden.“, murmelte ich und warf dem Dämon einen mahnenden Blick zu. Camael knurrte.
„Wir alle müssen uns an die Regeln halten, so auch du!“
Ich ging dazwischen.
„Schluss jetzt.“, sagte ich laut und trat zwischen die beiden. „Es spielt jetzt keine Rolle wer mit wem eine Bindung eingegangen ist. Wir haben wichtigeres zutun!“
„Nicht so voreilig, Fräulein!“, sagte Uriel und kam zu uns. „Ist dir klar, dass du gegen sämtliche Regeln verstößt?“
„Ach ja? Gegen welche Regeln?“
„Unbefugtes Eindringen ins Himmelsreich, unbefugtes Eindringen ins Himmelsreich mit einem der schlimmsten Gefallenen die es gibt und Verführung eines Erzengels!“
Ich fing lauthals an zu lachen was, bis auf Michael, Luzifer und Jamie, alle erschreckte.
„Verführung eines Erzengels? Was darf ich mir denn darunter vorstellen?“
Auch Michaels Mundwinkel zuckten.
„Ich bitte dich, Uriel! Soll das heißen du glaubst ich hätte mich ins sie verliebt?“
Die Art mit denen Michael diese Worte aussprach versetzten mir einen Hieb, der mir Schmerzen bereitete. Ich wusste das er log, dennoch tat es weh das so glaubwürdig von ihm zu hören. Uriel blieb ernst und ließ sich nicht beirren.
„Wir arbeiten seit über tausenden von Jahren miteinander, ich kenne dich, ebenso wie die anderen, gut genug um zu wissen das du lügst. Du hast noch nie gelächelt wenn du über sie gesprochen hast.“
Ich lächelte. Spöttisch und herausfordernd.
„Weißt du was für mich zur Verführung gehört?“, sprach ich an Uriel gewandt und erhaschte seine Aufmerksamkeit.
„Das!“, sagte ich selbstbewusst, drehte mich um und küsste Michael. Geschickte Laute waren zu hören. Als sich unsere Lippen voneinander lösten lächelte ich spöttisch und ihm somit zu verstehen, dass die folgenden Worte nicht ernst gemeint waren. Ich drehte mich zu Uriel um und wurde schlagartig ernst.
„Ich kenne Michael noch nicht so lange wie du und die anderen, dennoch weiß ich mehr über ihn als ihr! Ich weiß wovon ich rede wenn ich sage, dass er seinen Rang als Erzengel niemals für jemandem wie mich aufgeben würde!“
Bist du dir sicher?
, hörte ich Michaels Stimme in meinem Kopf sagen, wodurch es mir schwer fiel ernst zu bleiben. Dadurch das wir aneinander gebunden waren konnten wir per Gedanken miteinander kommunizieren.
„Man sollte ihr die Flügel nehmen!“, hörte ich Jamie sagen. Die Worte warfen mich so aus der Bahn, dass sich meine Augen verfärbten.
Sagt er das, weil er eifersüchtig ist?
, dachte ich und sah, wie Raphaels Mundwinkel zuckten.
„Sieht so aus als hätte Kyle soeben ihre Schwachstelle gefunden.“
Es ist nicht nur die Eifersucht.
, kam es von meinem ehemaligen Meister zurück. Er ist wütend darüber, dass du den Himmlischen solche Lügen auftischst.
„Verdammte Scheiße!“, brüllte ich. „Wie soll ich bitte gegen Legion kämpfen, wenn ich keine Flügel mehr habe? Meine Kräfte sind dann auch futsch, also vergesst es!“
Missbilligende Blicke lagen auf mir.
Und er regt sich darüber auf das du fluchst.
, kicherte Michael.
Ich baute mich vor Raphael auf und breitete meine Flügel aus, die ich wie mir nun klar wurde, schon seit längerer Zeit nicht mehr benutzt hatte.
„Ihr wollt mir die Flügel nehmen?“, knurrte ich herausfordernd. „Bitte, nur zu! Dann brauche ich mir wenigstens nicht mehr die Mühe machen dem Dämon von Gadara den Garaus zu machen.“
Michael packte mich am Kragen und zog mich zurück.
„Schluss mit dem Unfug. Wie lautet der Plan?“
Ich verschränkte die Arme.
„So weit waren Luzifer und ich noch nicht.“, grummelte ich nun wieder besänftigt, worauf mich der Erzengel losließ.
„Deine launische Art treibt mich noch in den Wahnsinn.“, murmelte er und seufzte. Luzifer lachte.
„Ich frage mich wie du es geschafft hast so lange mit ihr zusammenzuarbeiten.“
„Sag jetzt nichts falsches!“, mahnte ich und sah Michael mit hochgezogenen Brauen an. Er lächelte.
„Sie war nicht immer so.“, sagte er trocken und kam dann wieder zur Sache.
„Seht zu das ihr euch etwas überlegt, verstanden?“
Ich lachte leise.
„Wie Ihr wünscht, Meister!“
Das ich ihn Meister genannt hatte schien ihn zu überraschen, denn er starrte mich an.
Grinsend und ihn ignorierend packte ich Luzifer und zog ihn mit.
„Komm.“
13
Ich stand vor der verglasten Wand und beobachtete die Menschen die vierzig Meter unter mir über die Wege liefen. Jeder von ihnen hatte einen Hüter, nur die Schüler der St. Marcus-Akademie nicht.
Plötzlich küsste mich jemand auf den Hals.
„Da bin ich, ma Chérie
!“, kicherte Luzifer. Ich stieß ihm den Arm in den Bauch und wirbelte herum.
„Lass den Blödsinn!, fauchte ich. Ich war nicht in der Stimmung für solchen Unsinn, dass ließ ich ihn auch deutlich wissen.
„Wo warst du?“, fragte ich dann ein bisschen weniger aggressiv. Er lachte voller Stolz, auch wenn ihm jetzt übel sein musste.
„Ich habe es geschafft einen Lakaien von Legion zu fangen und zu manipulieren! Er wird uns ab jetzt eine Woche lang auf dem laufenden halten.“
Sofort hob sich meine Stimmung wieder. Ich grinste.
„Ich merk schon, auf dich kann man sich verlassen.“
Plötzlich piepte etwas. Luzifer warf einen Blick auf seinen Arm und seufzte.
„Ich muss los, Chérie
. Ich fürchte wir sehen uns erst morgen.“
Ich lächelte.
„Kein Ding. Ich brauche sowieso mal eine Pause von dir.“
Er schob beleidigt die Lippen vor, lachte aber dann und verschwand. Ich seufzte. Kaum zu glauben aber ich als ehemalige Wächterin war tatsächlich mit einem Dämon befreundet. Wenn man den Pakt zwischen uns denn eine Freundschaft nennen konnte...Ich ging ins Schlafzimmer, wo ich mich aus meinen Sachen schälte und stattdessen ein Baby Doll anzog. Ich stellte mich damit vor den Spiegel und betrachtete mich. Das Top war aus roter Seide, was meine schwarzen Haare noch dunkler wirken ließ. Was ja eigentlich gar nicht möglich war. Unterhalb der Brust ging es auseinander. Ich löste meinen Pferdeschwanz, worauf mir meine Haare über die Schultern fielen. Ich seufzte wieder, wandte mich vom Spiegel ab und legte mich in mein Bett, welches unnötigerweise ein riesiges Himmelbett war. Erst jetzt bemerkte ich wie müde ich war. Schon nach einigen Minuten konnte ich mich nicht mehr wachhalten und sank in den Schlaf.
Lacey...
Das leise Lachen in meinen Gedanken und die zarte Berührung an meiner Wange brachten mich dazu, mich murrend auf die andere Seite zu legen.
Schläfst du immer ohne Decke?
Das Lachen in meinen Gedanken wurde lauter, wenn auch nur ein bisschen. Die Worte verwirrten mich, weshalb meine Hand nach etwas weichem tastete, jedoch nichts fand bis auf...
„Bist du nackt?“, murmelte ich noch immer im Halbschlaf. Michaels leises Lachen drang an mein Ohr.
„Nein, ich habe mir lediglich das Shirt ausgezogen.“
„Warum?“, nuschelte ich.
„Weil es fünfunddreißig Grad im Schatten sind.“, gab er zurück.
Da Michael immer einen Umhang oder einen Mantel trug konnte ich es nicht sehen, doch nun fühlte ich wie muskulös er wirklich war! Meine Finger fuhren über seinen Oberarm unter dessen Hau sich stahlharte Muskeln spannten. Meine Hand fand zu seiner Brust, die ebenso hart war wie seine Arme. Dann glitten meine Fingerspitzen über seinen Bauch, wo ich deutlich die Wölbungen seiner Bauchmuskeln spüren konnte.
„Du bist wirklich dumm genug deinen Rang wegen mir aufzugeben, oder?“, flüsterte ich und schlug nun die Augen auf. Meine grünen Augen suchten die seine.
„Spielt das eine Rolle?“, fragte er und zog die Brauen hoch. Ich lächelte leicht und schüttelte den Kopf. Er packte mich geschickt an den richten Stellen und zog mich dann auf sich.
„Das was wir zu Uriel gesagt haben...“, begann ich leise. „Das du dich niemals in mich verlieben könntest und du dein Engelssein niemals aufgeben würdest hat sich verdammt echt angehört!“
Michael lächelte und strich mir die Haare zur Seite. Eine solche Geste von Michael kannte ich nicht, doch ich genoss sie, weshalb ich die Gänsehaut auf meinen Armen gar nicht erst zu verstecken versuchte.
„Wenn du nicht gewusst hättest was ich fühle hättest du es geglaubt, nicht wahr?“
Ich nickte stumm. Dann legte ich meinen Kopf auf seine Brust und schloss wieder die Augen. Nach einer ewigen Stille überkam mich ein komisches Gefühl.
„Ich mache mir Sorgen...“, sagte ich schließlich.
„Worüber?“, fragte er.
„Um Jamie.“, gab ich zurück. „Er war trotz des Gesetzes von Gefühlen immer hinter mir her und musste mit ansehen wie wir...“
Ich unterbrach mich.
„Glaubst du er wird uns verraten?“
Er drückte mich fester an sich und ließ seine Fingerspitzen über meine Wirbelsäule tanzen.
„Wenn du ihm wirklich etwas bedeutest wird er es niemandem sagen.“
„Bist du dir da wirklich sicher?“, sagte eine Stimme plötzlich und erschrak mich damit so sehr, dass ich zusammenzuckte. Ich begriff sofort das es Jamie war der das gesagt hatte.
„J-Jamie...“, stotterte ich und versuchte mich aus Michaels Griff zu befreien. Doch er war zu stark als das ich mich hätte von ihm losmachen können.
„Er muss lernen damit klarzukommen, also hör auf ihn verschonen zu wollen.“, sagte Michael seltsam monoton.
„Du bist ein richtiges Arsch...“, sagte ich ironisch und stützte meinen Kopf auf die Hand. Michaels Mundwinkel zuckten, doch als er seinen Blick auf Jamie richtete wurde er ernst.
„Bist du hier um uns auf deinen Verrat vorzubereiten?“
Jamie lächelte, scheinbar amüsiert.
„Nein. Ich bin hier um dir mitzuteilen, dass darüber verhandelt wird dich aus dem Orden der Erzengel zu verbannen.“
Ich sah Michael geschockt an, doch ihn schien es völlig kalt zu lassen.
„Sieh an, sie vertrauen mir also nicht mehr. Woran das wohl liegt?“
„Vielleicht wegen mir?“, exzessiv geschockt und lachte dann. Jamie schnaubte.
„Dir wird das Lachen noch vergehen, Lacey.“
Ich schaffte es mich aufzusetzen und zog die Brauen hoch.
„Ach ja?“
Jamie verschränkte die Arme und lächelte diabolisch.
„Die Erzengel sind immer noch nicht damit einverstanden an deiner Seite zu kämpfen. Erst recht nicht wenn Dämonen vorhanden sind.“
Ich kniff die Augen zusammen.
„Haben sie dir den Befehl gegeben uns das zu sagen?“, hakte ich nach und erntete ein spöttisches Grinsen.
„Wer weiß?“, sagte er und verschwand. Unentschlossen sah ich Michael an. Ich wusste nicht ob ich darüber lachen oder weinen sollte, dass Michael bald vielleicht nicht mehr zum Orden gehören würde.
„Was nun?“, fragte ich leise. Michael schob mich von sich und setzte sich auf.
„Ich spiele jetzt keine Rolle. Alles worum wir uns kümmern müssen ist, dass die Himmlischen uns helfen. Alleine haben wir gegen Legion keine Chance.“
„Natürlich spielst du eine Rolle!“, protestierte ich und verpasste ihm einen Schlag. „Als Erzengel kannst du mehr durchsetzen, dass weißt du doch! Außerdem kannst du die Jahrtausende die du im „Dienst“ warst nicht einfach so hinschmeißen!“
Er seufzte und sah mich dann eindringlich an. Sein Blick war unbeschreiblich.
„Mein Rang als Erzengel ist mir egal, Lacey! Meinetwegen könnte ich auch ein Mensch sein, Hauptsache ich habe dich bei mir...“
Ich lächelte berührt. Mochte sein das seine Worte kitschig waren und ich so etwas hasste, doch in diesem Moment war mir das egal.
„Dafür das du tausende von Jahren keine Gefühle besitzen durftest bist du ganz schön romantisch!“
Er ignorierte diese Bemerkung und ließ das Thema fallen, was mich nicht überraschte.
„Wir fliegen ins Himmelsreich. Ich muss mit den anderen reden.“, sagte er und stieg aus dem Bett.
14
Michael stieß die Tür der Halle der Erzengel kraftvoll auf und trat selbstbewusst ein. Wie nicht anders erwartet saßen die mächtigen Männer auf ihren Plätzen und warfen uns wütende Blicke zu.
„Wenn ihr mich aus dem Orden schmeißen wollt, bitte. Aber ihr wisst genauso gut wie ich über die Konsequenzen bescheid.“, knurrte Michael und blieb stehen. Ich trat an seine Seite und sah unsicher zu ihm auf.
„Ich weiß immer noch nicht was ich davon halten soll...“, sagte ich leise. Er beachtete mich nicht und sah stattdessen Raphael an, der sich von seinem Platz erhob.
„Wir wissen über euch Bescheid, Michael.“, sagte er monoton. „Jamie hat uns alles erzählt.“
Meine Augen färbten sich rot und meine Hände ballten sich automatisch zu Fäusten. Das ich nun zuließ meine Gefühle zu zeigen änderte aber nichts daran, dass ich meine Aggressionen nun unter Kontrolle hatte...
„Wenn ich dich in die Finger kriege...“, murmelte ich. Raphael fuhr unbeirrt fort.
„Allein schon deshalb müssten wir dich verbannen, jedoch ist eure Beziehung zueinander nicht das einzige Problem. Du hast zugelassen das Lacey einen Pakt mit Luzifer geschlossen hat, er hätte die Chance das Himmelsreich und dessen Bewohner ins Verderben zu stürzen! Und daran bist allein du Schuld!“
Zum Ende hin wurde er lauter, wodurch Michael provoziert wurde.
„Ich kann ihr keine Befehle mehr erteilen!“, brüllte Michael. Ich legte ihm die Hand auf die Brust, um ihn zu beruhigen. Doch so schnell konnte man ihn nicht beruhigen. In dieser Hinsicht waren wir uns ähnlich...Dann wandte ich mich an Raphael, der ebenfalls vor Wut bebte.
„Warum regt ihr euch eigentlich so auf? Vertraut ihr ihm nicht mehr? Wenn die ganze Sache vorbei ist werden wir sowieso wieder getrennte Wege gehen. Zum Pakt mit Luzifer: Er hat versucht mich davon abzuhalten aber ich habe nun meinen eigenen Willen, nicht mal ein Erzengel kann daran etwas ändern! Ich bin eine Gefallene und kann tun und lassen was ich will. Ich könnte mich auch Luzifer anschließen aber wenn ich mich recht erinnere treibt mich sein Verlangen nach mir in den Wahnsinn...Wie dem auch sei, hört auf Michael zu beschuldigen, ihn trifft keine Schuld!“
Raphael zog die Brauen hoch.
„Natürlich trifft ihn die Schuld! Er wusste das er keine Bindungen eingehen darf, dennoch hat er das Gesetz missachtet und das Gesetz besagt, dass sein Verhalten bestraft werden muss.“
Ich seufzte.
„Himmel noch mal, dass darf doch nicht wahr sein!“
Michael wurde nun ruhiger.
„Wenn ihr mich aus dem Orden schmeißen wollt, dann soll es so sein. Jedoch bin ich...hergekommen um eure Hilfe anzufordern.“
Raphael ließ sich wieder auf seinem Thron nieder. Sein Gesichtsausdruck ließ uns nichts erkennen. Umso mehr interessierte es mich, was er nun dachte.
„Lacey hat Recht mit dem was sie sagt. Alleine haben wir gegen Legion keine Chance. Ich bestehe auf die Hilfe der Erzengel und Wächter!“
Camael mischte sich ein.
„Wieso sollten wir helfen? Lacey und Luzifer haben einen Pakt geschlossen, es besteht das Risiko, dass sie gar nicht vorhaben Legion zu bekämpfen.“
„Das ist doch völliger Blödsinn...“, knurrte ich. „Mag sein das Luzifer nicht gerade...vertrauenswürdig ist aber er hat einen Spion der Legion beobachtet. Ich habe ihm auch nicht vertraut, jedoch ist er eigentlich ganz in Ordnung, dafür das er ein Dämon ist.“
„Ich vertraue ihr nicht...“, murmelte Zadkiel leise.
„Ist euch das Leben der Hüter wirklich so egal?“, fragte ich traurig darüber, dass ihnen nur ihre eigene Existenz wichtig war.
„Natürlich nicht.“, sagte Raphael wütend. „Wir wollen sie retten, jedoch vertrauen wir dir nicht, Lacey. Du hast dich gegen uns aufgespielt und uns verraten, du wirst sicher verstehen das wir nun vorsichtiger sind.“
Ich schüttelte den Kopf über ihre Sturheit.
„Nein, ich verstehe es nicht. Wenn ihr mich nicht vertraut, warum habt ihr mir dann diesen Auftrag gegeben? Ich verstehe das ihr euch Sorgen macht aber ihr könnt doch nicht wegen mir das Leben eurer Kameraden aufs Spiel setzen!“
Die Erzengel tauschten Blicke untereinander aus. Würden sie es einsehen oder weiterhin stur bleiben? Michael nahm vorsichtig meine Hand und zog mich zurück.
„Komm. Ich glaube es ist sinnlos mit ihnen darüber zu diskutieren, sie sind wie ich Erzengel und die geben nicht nach.“
Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem spöttischem Lächeln.
„Ich habe dich als Arsch bezeichnet, diese Beleidigung gilt aber auch für die anderen Erzengel die hier sitzen!“
Uriel erhob sich voller Zorn, doch er war nicht der einzige der solche Worte nicht auf sich sitzen ließ.
„Für wen hältst du dich eigentlich? Niemandem ist es gestattet so über die mächtigsten aller Himmlischen zu reden!“
„Scheinbar hast du schon vergessen das ich einen freien Willen habe. Nicht einmal mehr ihr könnt mir jetzt noch Befehle erteilen.“, antwortete ich darauf, fast schon wieder fauchend. So langsam glaubte ich, dass fast jeder Himmlische solch ein aufbrausendes Gemüt hatte...
Michael zog mich in seine Arme.
„Lass gut sein, Süße. Glaub mir wenn ich sage, dass sie dir gar nicht zuhören. Die Sorgen der anderen interessieren sie nicht.“
Es war das erste Mal das er mich mit einem Spitz- beziehungsweise Kosenamen ansprach, weshalb ich lächeln wollte, doch ich konnte nicht, denn ich war traurig darüber das auch er ein Erzengel war.
Ich sah zu ihm auf. Er bemerkte meinen Blick und beugte sich zu mir herunter, bis seine Lippen an meinem Ohr lagen.
„Desto mehr Zeit ich mit verbracht habe, umso mehr habe ich mich verändert!“, flüsterte er. Ich lächelte nun doch und sah, wie sich die Gesichtsausdrücke der Erzengel veränderten. Empörung und Zorn spiegelte sich in ihren Augen wider. Das waren die einzigen Gefühle die ein Engel je zeigen durfte. Alles andere war verboten.
„Spart euch eure Worte.“, begann ich ernst. „Wenn ihr wüsstet was Liebe bedeutet würdet ihr das Gesetz keine Gefühle zu besitzen abschaffen!“
Doch meine Worte verschlimmerten die Sache nur. Jophiel kam zu Wort.
„Glaubst du wirklich das wir nicht wissen was Liebe bedeutet? Natürlich besitzen wir Gefühle. Wir empfinden Liebe, Hass, Freude und Trauer, nur dürfen wir wir das nicht zeigen. Jeder von uns hat Frauen geliebt, doch keiner von uns durfte und hat seinen Gefühlen nachgegeben.“
Ich kam nicht mit. Wovon redete er denn da? Wenn dem doch so war, warum...
Nun deutete er auf Michael, der mich noch immer im Arm hielt.
„Bis auf ihm.“
Ich wurde wieder ernst.
„Aber wenn jeder Himmlische dann Gefühle besitzt und liebt, warum gibt es diese Regeln dann noch?“
Raphael sprach weiter.
„Jeder Himmlische wurde geboren um der Menschheit zu helfen, auch wir Erzengel. Wir müssen uns auf unsere Aufgaben konzentrieren, Frauen, beziehungsweise Männer lenken ab!“
„Das ist alles andere als fair...“, murmelte ich. Raphael zuckte mit den Schultern, eine Geste die nicht zu ihm passte.
„Wie schon gesagt, unsere Aufgaben haben Vorrang.“
Ich dachte einen Augenblick lang nach, schloss die Augen und seufzte leise.
„Zurück zum Wesentlichen, werdet ihr Michael verbannen oder nicht?“
Wieder tauschten die Männer Blicke aus. Verdammt noch mal, am liebsten hätte ich mich nun verkrochen...Camael seufzte ebenfalls.
„Naja...wir werden ihn nicht sofort verbannen, allerdings für eine Zeit lang von seiner Arbeit suspendieren.“
Nun wechselten Michael und ich einen Blick miteinander.
„Und für wie lange?“, fragte ich misstrauisch.
„Solange, bis alles vorbei ist.“, antwortete Raphael und ich sah, dass seine Mundwinkel zuckten.
„Werdet ihr uns helfen?“, fragte Michael. Nun grinste Raphael. Es war das erste Mal das ich ein Grinsen auf einem anderen Engelsgesicht außer Michaels sah und natürlich fragte ich mich sofort, was er im Schilde führte.
„Nein.“, brummte er belustigt und fuhr mit der Begründung fort. „Es ist Laceys Auftrag, also liegt es auch an ihr ihn zu erfüllen. Das Risiko das sie auf die falsche Bahn gerät ist zu hoch als das wir es eingehen könnten.“
Ich befreite mich aus Michaels Armen und steuerte auf den Ausgang der Halle zu.
„Also gut, dann muss ich eben Michales und mein Leben aufs Spiel setzen um den Dämon aufzuhalten. Ihr seid ja zu feige...“
15
Ich sah Jamie von weitem an einem Brunnen stehen und spürte gleich darauf wie der Zorn in mir wuchs.
„Dieser verdammte...“, weiter kam ich nicht, denn Michael legte seine Arme um meine Taille und drückte mich an sich.
„Wenn du erlaubst würde ich das gerne erledigen.“
Ich sah zu ihm auf und stutzte als ich das glühende rot seiner Augen sah.
„Mach ihn fertig!“, sagte ich grinsend. Er ließ mich los und ging auf den Brunnen zu. Langsam trugen mich meine Füße in die Richtung in der sich Michael und Jamie befanden. Michael packte ihn am Kragen. Er brüllte so laut, dass ich es selbst über hundert Meter Entfernung hören konnte.
„Sag mal, hast du sie noch alle? Dir ist sicher klar das sie dich grün und blau prügeln wird, oder?“
Leise lachend trat ich an seine Seite.
„Nett formuliert.“, sagte ich grinsend.
Mein geliebter Erzengel – mein Geliebter, Gott ich liebte diesen Ausdruck – ließ von Jamie ab, damit ich handgreiflich werden konnte.
„Ich könnte dich töten...“, knurrte ich.
„Aber du tust es nicht.“, gab Jamie grinsend zurück.
„Bist du sicher?“, antwortete ich in unheilvollem Ton und lächelte finster. Ich holte aus. Meine Hand hinterließ einen glühenden roten Abruck in seinem Gesicht.
„Für heute muss ich mich mit einer Ohrfeige zufrieden geben. Aber ich warne dich, ungeschoren lasse ich dich nicht davonkommen!“
Mit diesen Worten wandte ich mich ab und nahm Michael bei der Hand um ihn mitzuziehen.
„Ich kann Jamie jetzt nicht den Arsch aufreißen, ich habe andere Dinge im Kopf.“, begann ich, während wir uns auf den Weg zum Tor machten. „Zum Beispiel die Worte deiner Brüder. Wenn jeder von ihnen weiß was du für mich empfindest und es auch nachvollziehen können, warum wurden die Gesetze dann noch nicht geändert?“
Ich sah zu ihm auf und erst da bemerkte ich den Blick, mit dem er unsere Hände anstarrte, die noch immer ineinander verschränkt waren. Mit hochgezogenen Brauen zog ich meine Hand zurück. Doch noch bevor ich hätte blinzeln können hatte er wieder nach ihr gegriffen. Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
„Sie haben nun mal Recht, Lacey. Jemanden zu lieben lenkt ab. Auch wenn das jetzt schwer ist einzusehen.“, antwortete er nun erst, jedoch geistesabwesend.
„Aber wenn man jemanden liebt will man ihn doch beschützen! Ist das etwa schlecht?“, sagte ich leise.
„Was ist los mit dir, Kleines? Du gibst doch sonst nichts auf die Worte meiner Brüder.“
Seine Antwort ließ mich seufzen.
„Nenn mich nicht Kleines. Süße ist mir lieber.“
Ich war bereits wieder in Gedanken versunken, weshalb ich kaum registrierte das Michael mich auf die Wange küsste.
„Was hast du herausgefunden?“, fragte ich Luzifer und sah, dass Michael entspannter war als sonst. Lag es wohl daran, dass Luzifer eine ziemlich große Hilfe für uns war? Der Dämon seufzte und warf einen Blick aus der verglasten Wand.
„Legion ist dabei eine Armee aufzustellen, leider konnte ich nicht herausfinden aus welcher Art Dämonen sie besteht, tut mir leid.“
Michael begann mit meinen Haaren zu spielen.
„So wie du das sagst klingt es, als wärst du dir sicher das die Welt untergeht.“
Er schmunzelte, wurde aber wieder ernst.
„Ich habe keine Ahnung wie wir vorgehen sollen...“, gab ich zu und sah die beiden kurz an.
„Die Erzengel müssen von Legions Plänen erfahren.“, sagte Michael nun.
„Sie werden sowieso nicht helfen.“, murmelte Luzifer und wandte den Blick von uns ab.
„Wie kann man bloß so egoistisch sein?“, sagte ich leise und lehnte meinen Kopf an Michaels Schulter. Er strich mir sanft über die Haare, was mich schwach lächeln ließ.
„Wir kriegen das schon hin.“, versprach er, doch ich wusste das es nur ein jämmerlicher Versuch war mich zu trösten.
„Nett von dir, Süßer aber du weißt genauso gut wie ich, dass es alles andere als einfach sein wird.“
Nun grinste der Erzengel.
„Wenn es sein muss manipuliere ich die Erzengel aber ich verspreche dir, dass wir nicht alleine gegen Legion kämpfen werden!“
Luzifer verdrehte die Augen.
„Dieses Versprechen ist wirklich herzallerliebst aber ich würde es toll finden wenn ihr das Gespräch auf einen anderen Zeitpunkt verschieben würdet. Wir sollten uns lieber eine Strategie überlegen.“
Meine Augenbrauen gingen in die Höhe.
„Gute Idee, du Genie aber ist dir klar, dass wir erst einmal mehr Informationen brauchen? Zum Beispiel mit wie vielen Gegnern wir es zutun haben oder wann sie zuschlagen werden.“
Luzifer seufzte bloß. Ich bemerkte eine Bewegung aus den Augenwinkeln und als ich meinen Blick auf diese Stelle richtete, blickte ich in Jamies Gesicht.
„Raphael lässt euch beobachten.“, sagte er monoton. Knurrend wandte ich mich aus Michaels Armen und erhob mich. Wie schon im Himmelsreich holte ich aus. Die Wucht mit der ihm meine Faust traf ließ ihn zu Boden gehen.
„Was erlaubst du dir eigentlich einfach hier aufzutauchen?“
Michael trat an meine Seite und legte sanft die Arme um mich, um mich zu beruhigen.
„Nach allem was du Lacey angetan hast wagst du es noch, dich hier blicken zu lassen?“
Ich knurrte, winkte aber dann ab.
„Schon gut.“, sagte ich zu Michael und wandte mich dann an Jamie.
„Ich glaube kaum das sie dir befohlen haben uns das zu sagen, also warum hilfst du uns, indem du uns vor Raphael warnst?“
Der Engel zu meinen Füßen zuckte mit den Schultern und rappelte sich auf.
„Keine Ahnung. Vielleicht, weil ich dich liebe?“
Ich brach in schallendes Gelächter aus, was alle hier zusammenzucken ließ.
„Wenn dir diese Worte so leicht über die Lippen kommen scheinst du zu lügen.“
Ich wurde wieder ernst.
„Wenn du mich lieben würdest hättest du dich nie gegen mich gestellt und vor allem hättest du mich nicht verraten!“
Ein schuldbewusster Ausdruck trat in sein Gesicht.
„Glaub mir, Lacey ich will dir nicht weh tun oder Unrecht tun aber ich will nicht mit ansehen müssen wie du auf die falsche Bahn gerätst! Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Süße. Luzifer wird dir zum Verhängnis und Michael wird dir irgendwann das Herz brechen, so wie seiner Verlobten damals auch!“
Ich wusste nicht das Michael jemals verlobt gewesen war und war deshalb einen Augenblick lang sprachlos, doch ich stellte fest, dass es mir egal war. Wütend war ich dennoch.
„Du hast mir aber weh getan, Jamie! Ich habe nie so empfunden wie du für mich aber du warst dennoch mein Freund und dennoch hast du dich gegen mich gestellt. Das Michael seiner Verlobten damals das Herz gebrochen hat ist mir egal! Ich weiß das er mich niemals verletzen wird. Und noch etwas: Niemand darf mich Süße nennen, außer Michael und Luzifer!“
„Warum Luzifer?“, fragte Michael und zog die Brauen hoch. Ich grinste, wurde nach einigen Sekunden aber wieder ernst.
„Weil es mich irgendwie nicht stört...Und, weil er auf meiner Seite steht.“
„Lacey...“, flehnte Jamie.
„Verschwinde einfach!“, fauchte ich und ging auf Luzifer zu, der mit ausgestreckten Armen auf dem Sofa saß. Wie lange saß er schon da? Grinsend setzte ich micha auf seinen Schoß. Michael schien nichts dagegen gehabt zu haben, denn er wandte sich an Jamie.
„Du hast sie ghört, verschwinde!“
Jamie nickte und sah dann noch einmal zu mir hinüber.
„Ich glaube so langsam das Raphael mit dem Gedanken spielt dich zu töten, also pass bitte auf dich auf!“
Ich machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Keine Sorge, ich kann auf mich aufpassen. Und sollte es doch mal gefährlich werden habe ich ja meine zwei Jungs die mir zur Seite stehen.“
Mit einem Seufzen verschwand mein ehemaliger Freund.
16
„Ähem...“
Ich räusperte mich als ich spürte, dass Luzifers Hände auf meinen Hintern zusteuerten. Er grinste verschmitzt.
„Verzeihung aber dein Körper ist eine wahre Oase!“
„Danke!“, sagte ich lachend. „Aber der ist ausschließlich für Michael gedacht!“
Mein Erzengel kam auf uns zu und hob mich von Luzifers Schoß.
„Tut mir leid, Luzifer aber das ist mein Eigentum!“, sagte er grinsend und küsste mich demonstrativ. Der Dämon erhob sich und streckte sich.
„Also schön, dann werde ich euch zwei mal nicht weiter stören. Ich werde versuchen herauszufinden wann Legion geplant hat anzugreifen.“
„Viel Glück.“, konnte ich gerade noch sagen, bevor er verschwand. Einen Augenblick lang standen wir einfach nur dann, doch dann ertrug ich die Stille nicht mehr.
„Du warst mal verlobt?“, fragte ich leise und sah zu Michael auf. Er nickte.
„Ja, aber das ist schon lange her. Zu dem Zeitpunkt war ich noch nicht lange ein Erzengel.“
„Was war sie für eine Frau?“, fragte ich neugierig, trotz all der Widrigkeiten des Gesetzes wegen.
Er bemerkte meine Vorsicht, weswegen er seufzte. Er drückte mich aufs Sofa, dann setzte er sich neben mich und zog mich auf seinen Schoß.
„Ihr Name war Eleanor. Sie hatte kurze blonde Haare und blaue Augen. Ihr Vater war der Besitzer und Verwalter des Archivs, in dem alle geheimen Schriften gelagert sind. Sie war unglaublich schlau und hatte ein großes Herz. Sie war eine Hüterin und liebte ihren Job. Die meisten verstanden nicht warum sie so gerne die Menschen beschützte aber ich liebte sie auch deswegen. Sie war eine fröhliche Frau die sich durch nichts aus der Ruhe bringen ließ. Nach unserer Verlobung musste ich mir eingestehen, dass es schwer werden würde verheiratet zu sein und gleichzeitig seinen Job als Erzengel zu machen. Das war der Grund, warum ich ihr das Herz gebrochen habe...“
Traurig über diese Geschichte schaute ich ihn an.
„Bereust du es?“
Er schüttelte den Kopf, sehr zu meiner Überraschung.
„Nein. Damals war es die richtige Entscheidung. Würde es jedoch noch einmal passieren, würde ich mich nicht noch einmal für meinen Rang entscheiden!“
„Jede Entscheidung im Leben hat einen Sinn.“, flüsterte ich und küsste ihn. In diesem Augenblick war mir alles egal. Alles was ich wollte war, Michael und mich selbst glücklich zu machen und ich schwor mir, dass ich das auch schaffen würde!
„Was machen wir nun?“, fragte ich als ich mich von ihm löste. Ich glaubte es war besser, wenn ich das Thema wechselte.
„Sollen wir noch einmal versuchen die Erzengel wieder zur Vernunft zu bringen oder warten wir ab was passiert?“
Michael dachte einen Augenblick nach.
„Wir werden abwarten. Doch sollte Jamie Recht haben und Raphael kommt wirklich auf die Idee sich zu töten, müssen wir vorsichtig sein. Raphael kennt keine Grenzen und tötet für sein Leben gerne. Er spielt mit seiner Beute und genau das macht ihn so gefährlich! Wenn dir irgendetwas seltsam vorkommt sagst du es mir, hast du verstanden?“
Ich grinste und küsste seinen Hals.
„Wie Ihr befiehlt, Meister!“
Ein paar Tage vergingen und Luzifer hatte sich noch immer nicht gemeldet.
„Ich fange an mir Sorgen zu machen...“, gestand ich, als ich in Unterwäsche aus dem Bad trat um neue Sachen aus meinem Zimmer zu holen.
„Worüber?“, hakte Michael nach und trat hinter mich, um meinen Nacken zu liebkosen.
„Luzifer ist immer noch nicht aufgetaucht.“, begann ich und wandte mich von ihm ab.
Ich hatte im Moment keine Lust auf Zärtlichkeiten was wohl daran lag, dass wir uns in einer schwierigen Situation befanden.
„Was, wenn Legion herausgefunden hat das er unter Beobachtung steht und Luzifer wieder unter seinem bann steht?“, fügte ich hinzu.
Der Erzengel lachte leise.
„Hey, seit wann bist du so pessimistisch?“
„Ich mache mir halt Sorgen, wo ist das Problem?“, sagte ich und zog mich an.
„Du bist total verkrampft.“, antwortete er und trat wieder hinter mich. „Mach dir nicht all zu viele Gedanken, es wird alles gut!“
Wie aufs Stichwort tauchte Luzifer vor uns auf. So wie es aussah hatte er gute Laune, denn ein breites Grinsen zierte sein Gesicht.
„Gute Neuigkeiten!“, verkündete er und ließ sich auf dem Bett zu unserer Linken nieder.
„Raus damit!“, drängte ich und sprang auf ihn, um ihn an den Schultern zu packen und zu schütteln.
„Erstens war Jamie gerade bei mir.“, begann er. „Er sagte das Gabriel überlegt euch zu helfen. Zweitens habe ich neue Informationen über Legion. Seine Armee besteht hauptsächlich aus Ghulen, Poltergeistern und anderen Dämonen, die einem auf die Nerven gehen. Er ist sich allerdings noch nicht ganz sicher wann er zum Angriff übergehen will. Das ermöglich uns eine Strategie zu überlegen.“
Jetzt wurde er ernst.
„Die Vorbereitungen müssen hervorragend sein, denn eines ist sicher: Er will sowohl dich als auch die Herrschaft über...über was auch immer.“
„Glaubst du Gabriel hilft uns wirklich?“, fragte ich und sah zu Michael, dessen Blick nachdenklich war.
„Hoffentlich.“, antwortete er und richtete seinen Blick nun auf Luzifer. „Kaum zu glauben das ich das mal sage aber...gute Arbeit Luzifer. Dank dir sind wir in der Lage diesen Dämon aufzuhalten.“
Ich lächelte vor mich hin und beugte mich dann hinunter, um Luzifer auf die Wange küssen zu können.
„Komm.“, sagte ich und nahm seine Hand.
„Was? Wohin?“, fragte er verwirrt.
„Du kommst mit uns ins Himmelsreich, schließlich bist du derjenige dem wir die guten Nachrichten zu verdanken haben.“
Zu dritt machten wir uns also auf den Weg zur Halle der Erzengel.
„Verzeiht die Störung aber es ist wichtig!“, sagte Michael monoton und ging voran, direkt auf die Erzengel zu.
„luzifer hat herausgefunden das Legion eine Armee zusammengestellt hat um anzugreifen. Jedoch weiß er noch nicht wann der richtige Zeitpunkt ist.“, erklärte ich und sah, wie Jamie auf der anderen Seite des Saales auftauchte. Raphaels Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Wie oft muss ich euch noch sagen, dass wir nicht helfen werden?“
Gabriel erhob sich.
„Genug!“, befahl er und gab Raphael somit zu verstehen, dass er ruhig sein sollte.
„Ich habe mir so meine Gedanken gemacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass wir einschreiten sollten. Uriel, Zadkiel und Jophiel sind ebenfalls meiner Meinung. Legion ist zu einer Bedrohung geworden, die man ernst nehmen sollte. Wenn er wirklich eine Armee zusammengestellt hat müssen auch wir Truppen vorbereiten. Ich sage es wirklich nur ungerne aber es scheint als wäre ein Krieg unvermeidbar!“
17
„Was ist los?“
Michael musterte mich und die Sorge in seinen Augen war nicht zu übersehen.
„Alles ist bereit. Die Truppen vorbereitet, die Strategie zurechtgelegt, die Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Dennoch mache ich mir Sorgen das etwas schief geht.“, antwortete ich und starrte mein Spiegelbild im Wasser an. Der See lag ruhig vor uns, doch mit jeder Sekunde in die der Krieg näher kam wurde das Wasser unruhiger.
„Hör auf dich verrückt zu machen, es wird alles wieder gut werden.“, antwortete Michael tröstend und legte seine Arme um mich.
„Das ist der erste Krieg zwischen Himmel und Erde.“, murmelte ich. „Was, wenn er gewinnt und nicht nur mich, sondern auch das Himmelsreich an sich reißt?“
„Deine pessimistische Art kann einem ganz schön auf die Nerven gehen.“, brummte er. Ich war froh darüber ihn zu haben, denn ich wusste nicht ob ich es ohne ihn so weit geschafft hätte. Je länger ich über mich und meine Vergangenheit nachdachte, desto mehr wurde mir bewusst, was ich eigentlich getan hatte. Ich hatte das gesamte Himmelsreich verraten und mit dazu seine Bewohner. Außerdem hatte ich mich vor kurzem über die Gesetze lustig gemacht, indem ich vor aller Augen Michael geküsst hatte. Ich hatte sie provoziert und musste nun die Konsequenzen tragen...Ich konnte verstehen warum die Erzengel mir nicht vertrauten...
„Ist es so schlimm sich Sorgen über seine Familie und seine alte Heimat zu machen?“, fragte ich und sah in seine grünen Augen. Michael lächelte und zog die Brauen hoch.
„Du betrachtest uns immer noch als deine Familie? Und diesen Ort als deine Heimat?“
Ich nickte leicht.
„Natürlich! Aber ich weiß das bald alles wieder beim alten sein wird.“
„Nein!“, sagte der Erzengel nun und wurde ernst. Misstrauisch sah ich ihn an.
„Was soll das heißen, nein?“
Er schob mich ein wenig zurück um dann aufstehen zu können. Er nahm meine Hand und zog mich hoch.
„Sobald der Krieg vorbei ist wird alles anders sein. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Entweder bleibe ich ein Erzengel oder sie verbannen mich. Je nachdem wie der Krieg ausgeht. Wenn ich ein Erzengel bleibe werde ich darauf bestehen das du hier bleibst. Werde ich zu einem Gefallenen werde ich mit dir zusammen auf der Erde, unter den Menschen leben.“
Überrascht über die Tatsache wie ernst er das sagte, sah ich ihn an.
„Du willst im Ernst mit mir zusammenleben?“, fragte ich perplex und starrte ihn an. Er lächelte leicht und nickte.
„Warum nicht?“
„Weil du ein Erzengel bist, darum!“, antwortete ich und machte eine hilflose Bewegung mit den Armen. Ich konnte einfach nicht glauben was er da gerade gesagt hatte.
„Ich bin noch jung aber ich nehme an es kommt unglaublich selten vor das ein Erzengel seine Liebe gesteht.“
Er begann zu grinsen.
„Ja und? Ich bin mir sicher, dass wenn der Krieg vorbei ist, das Gesetz noch einmal neu geschrieben wird.“
Lächelnd wandte ich mich ab.
„Wenn du mich suchst, ich bin bei Luzifer. Vielleicht gibt’s was Neues.“
„Du siehst nervös aus.“, stellte ich fest, als ich in die Bilbiothek kam. Luizfer lief auf und ab, dass seine Augen dabei vor Zorn funkelten entging mir natürlich nicht.
„Nervosität ist kein Ausdruck für das, was ich gerade empfinde.“, sagte er knurrend und blieb stehen. Seine schwarzen Augen richteten sich auf mich.
„Legion will schon in zwei Tagen angreifen!“
Ich erstarrte.
„Und damit rückst du erst jetzt raus?“, hauchte ich und stürmte auf ihn zu, um seinen Arm zu packen und ihn hinter mir her zu schleifen.
„Gabriel!“, brüllte ich durch den gesamten Saal, nachdem ich die Tür aufgestoßen hatte. Die Erzengel zuckten allesamt vor Schreck zusammen, weshalb meine Mundwinkel zuckten. Doch um mich darüber lustig zu machen war nun keine Zeit.
„Ich hoffe ihr habt einen guten Grund dafür einfach so hier hereinzuplatzen.“, knurrte Raphael.
„Allerdings.“, gab ich in selbem Tonfall zurück und bedeutete Luzifer das er weitermachen sollte. Er nickte.
„Wie sich herausgestellt hat wird Legion schoni n zwei Tagen angreifen. Der Spion glaubt gehört zu haben, dass er eine Geheimwaffe hat.“
Die Erzengel schnaubten.
„Und was für eine Waffe soll das sein?“, fragte Gabriel. Seine Augen verengten sich als er den Dämon betrachtete. Der Gefallene schien ihm nicht geheuer zu sein, doch das war ja nichts was einen überraschen konnte.
„Das weiß ich leider nicht...“
Der Orden tauschte Blicke aus.
„Und was sollen wir eurer Meinung nach tun?“, meldete sich Michael zu Wort, der hinter uns aufgetaucht war. Luzifer und ich zuckten zeitgleich mit den Schultern.
„Noch mehr Sicherheitsvorkehrungen treffen?“, schlug ich vor und machte eine kurze Bewegung mit der Hand.
„Wir haben alles getan was wir konnten, Lacey. Nun heißt es Geduld zu bewahren.“, erklärte Gabriel. Michael trat neben mich und legte seinen Arm um meine Taille.
„Entschuldigt sie, sie macht sich Sorgen darüber, dass etwas schief gehen könnte.“
Rote Schlieren zogen sich durch Raphaels Augen.
„Ein Himmlischer darf keine Ängste zeigen und erst recht keine solch Kriegerin wie du.“
Ich zog überrascht die Brauen hoch.
„Sich Sorgen zu machen heißt nicht Angst zu haben!“, protestierte ich.
„Ich sehe die Angst in deinen Augen.“, sagte Jophiel plötzlich und musterte mich. Ich hatte das Bedürfnis überschüssige Wut loszuwerden, weshalb ich grinste.
„Ach ja? Dann sag mir doch mal was du hierrin sieht!“, sagte ich und zeigte ihm den Mittelfinger. Ich machte kehrt und verließ knurrend die Halle der Erzengel. War mir doch egal was für Konsequenzen das haben würde!
„Was war das denn?“
Ich spürte Michaels Lippen auf meinem Hals, weshalb ich die Augen öffente. Die Sonne schien mir ins Gesicht, es war angenehm warm.
„Es ist eine Frechheit zu behaupten, ich hätte Angst!“, brummte ich.
Er zog sich zurück und fasste mein Kinn, somit zwang er mich ihn anzusehen.
„Du hast Angst, Süße! Du willst es dir nur nicht eingestehen!“
Irritiert und gleichzeitig wütend starrte ich ihn an. Dann seufzte ich. Was sollte ich sagen?
„Ich weiß nicht was Legion alles mit mir gemacht hat während ich nicht bei Bewusstsein war. Ich will ihm nicht noch mal gegenüber treten.“, hauchte ich.
Ich fühlte mich verwundbar und das gefiel mir nicht! Schwäche zu zeigen war mir schon immer unangenehm. Es reichte doch schon das jeder meine Gefühle für Michael zu sehen bekam. Und meine Sorge! Da musste doch nicht noch jeder mitbekommen, dass sich Angst in mir breit machte...
„Du darfst ruhig Angst haben.“, sagte Michael und strich mir übers Haar. „Du hast eine Ewigkeit keine Gefühle besessen. Nachdem was du durchgemacht hast brauchst du keine Erlaubnis um gefühlvoller und sensibler zu werden.“
Ich seufzte erneut, denn das was ich fühlte war unbeschreiblich.
„Ich will gar keine Angst haben...“, murmelte ich. „Ich bin keine Frau die sich einschüchtern lässt!“
„Du bist die stärkste, selbstbewussteste, sexieste und großartigste Frau die ich kenne! Allerdings ist es spannend zu sehen, wie du mit neuen Gefühlen umgehst. Ich mag es wenn du bemerkst das du doch nicht so stark und unverwundbar bist wie du eigentlich glaubtest.“
Michael grinste und kam mir dann näher um mich zu küssen, ich fand das Ganze allerdings nicht so lustig wie er.
„Natürlich gefällt dir das...“, murmelte ich als er meine Lippen freigag. „Du bist ein Mann und Männer lieben es wenn die den Beschützer und Macho herraushängen lassen können!“
„Wie Recht du da hast.“, schmunzelte er.
18
„Ich bin der Meinung das wir uns auf der Erde bereithalten sollten. Findet der Krieg hier statt müssen wir das Riiko eingehen, dass das Himmelsreich zu Schaden kommt.“, meldete sich Lacey zu Wort.
„Das Himmelsreich ist dir wichtig?“, fragte Raphael verblüfft, was Lacey nur die Brauen hochziehen ließ. Luzifer mischte sich ein.
„Lacey hat recht. Wir sollten auf Nummer sicher gehen.“
Raphael erhob sich von seinem Thron. Er traute weder Luzifer noch Lacey. Natürlich nicht! Schließlich hatten sie ihre Gefährten verraten.
„Nein.“, sagte er schroff. „Was, wenn es eine Falle ist? Wenn sie zu Legion gehören und uns auf die Erde locken wollen?“
Laceys Augen färbten sich rot.
„Nach allem was wir gesagt haben vertraust du uns immer noch nicht? Himmel noch mal, was müssen wir tun damit du wieder zur Vernunft kommst?“, fauchte sie und begann auf und ab zu laufen. Sie war schon seit einiger Zeit so genervt, doch das lag nur daran, dass niemand mehr auf die hören wollte. Bis auf Luzifer.
„Beruhig dich.“, sagte Michael leise und legte seine Hand auf die Schulter seiner Geliebten. Doch sie riss sich los.
„Nein!“, brüllte sie. „Ich habe in den vergangenen Wochen verdammt viel durchgemacht! Ich bin inzwischen in der Lage Forderungen zu stellen und ich will, dass diese Forderungen akzeptiert werden!“
Alle Blicke lagen auf ihr.
„Du bist definitiv nicht in der Lage Forderungen zu stellen!“, stellte Raphael klar und richtete seinen Blick auf Michael.
„Du solltest deiner Frau mal Manieren und Respekt beibringen!“
Schwarze Umrandungen tauchten und Laceys Augen auf als sie sah, dass die Mundwinkel des Erzengels zuckten. Knurrend stürmte sie auf ihn zu, dann packte sie ihn und zog ihn an sich.
„Nur, weil du ein Erzengel bist hast du noch lange nicht das Recht, so über mich zu reden!“, fauchte sie.
„Hüte deine Zunge, meine Liebe!“, meinte er nur grinsend, was er jedoch sofort bereute. Mit einem gefährlichen Knurren stieß sie ihn weg, dann holte sie aus...
„Ich respektiere sowohl dich als auch alle anderen Himmlischen. Aber wer sich mir gegenüber respektlos verhält wurd von mir genauso behandelt! Ich habe nicht die Absicht dir zu nahe zu treten aber ein kleiner Tipp von mir: Halt dich nächstes Mal etwas mehr zurück!“
Mit diesen Worten drehte sich Lacey um.
„Es bleiben uns nicht einmal vierundzwanzig Stunden. Bereiten wir uns vor.“, sagte sie nun monoton und winkte Michael und Luzifer zu.
„Geht ihr beiden schon mal vor, ich bin gleich bei euch.“, sagte Michael und wandte sich wieder den Erzengeln zu. Mit einem Nicken verließ Lacey zusammen mit Luzifer die Halle der Erzengel.
Raphael bebte vor Zorn. Noch nie in seinem Jahrhunderte langem Leben hatte es jemand gewagt ihm eine zu verpassen.
„Wenn der Krieg vorbei ist wird sie das Himmelsreich nie wieder betreten!“, brachte er schließlich heraus.
„Wenn sie geht, gehe ich auch.“, sagte Michael und spürte, wie sich auch seine Augen verfärbten.
„Ich bin weder auf Laceys noch auf eurer Site aber sie hat recht. Keiner von euch hat das Recht sich unangemessen ihr gegenüber zu verhalten!“
Jophiel kam zu Wort. So wie alle anderen auch hatte er genug von all dem. Er hatte nie Probleme mit Michael, allerdings auch auch er schon lange die Nase voll von diesen Spielchen.
„Genug jetzt! Wenn Lacey dir wichtiger ist als deine Aufgabe als Erzengel, dann verschwinde zusammen mit ihr!“
Michaels Augen verengten sich.
„Also schön.“, begann er ernst. „Wenn ihr so dringend darauf besteht werde ich mit ihr verschwinden. Seid euch darüber bewusst, dass ihr und jetzt sofort loswerdet und der Krieg an euch hängen bleiben wird!“
Ohne auf eine Antwort zu warten machte er kehrt und ging auf die Tür zu. Er liebte Lacey und nie, niemals, würde er sie im Stich lassen. Schon einmal hatte er einer Frau weh getan, doch das war notwendig. Mit einer falschen Entscheidung würde er seiner Geliebten das Herz brechen und das wollte er auf keinen Fall riskieren! Auch wenn das bedeutete, seinen Rang als Erzengel aufzugeben und somit den Orden und das Himmelsreich zu verlassen!
„Das kannst du nicht machen!“, brüllte Raphael. Michael sah über seine Schulter.
„Ach nein? Das sehe ich anders!“
Gabriel seufzte.
„Wenn du jetzt gehst, brauchst du nie wieder zu kommen.“
Der Erzengel der den Saal schon fast verlassen hatte blieb stehen und begann zu grinsen. Erst nachdem er bei Lacey auf der Erde war hatte er damit begonnen Zähne zu zeigen und er musste feststellen, dass es schlauer gewesen wäre wenn er schon viel eher damit angefangen hätte.
„Hm, wenn das so ist...“
Er drehte sich um, hob die Hand und senkte den Blick.
„Im Namen aller Himmlischen, hiermit entledige ich mich dem Rang als Erzengel!“
Geschockte laute gingen durch den Saal. Das die Formel der Entehrung so kurz war lag daran, dass es noch nie einer gewagt hatte diesen Rang freiwillig aufzugeben. Michael war der erste der von diesen Worten Gebrauch machte, umso lächerlicher fand er sie. Die Augen jedes Erzengels hatten sich rot verfärbt. Raphael wollte etwas sagen, doch Michael unterbrach ihn indem er die Hand hob und ihn somit zum Schweigen brachte.
„Eure Meinung interessiert mich nicht. Ich habe lange genug zu euch gehalten, nun ist es an der Zeit Lacey zur Seite zu stehen.“
„Was? Zum Teufel noch mal, bist du verrückt?“
Meine Stimme ging in ein lautes Schreien über. Ich ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen und warf ihm stattdessen einen furchteinflößenden Blick zu.
„Du kannst dich doch nicht einfach dem Amt als Erzengel entziehen!“
„Natürlich kann ich das.“, antwortete Michael gelassen. Er packte mich am Arm und zog mich an sich.
„Jetzt kann uns keiner mehr Befehle erteilen.“, sagte er gut geaunt und sah Luzifer an.
„Irgendwas Neues?“
Der Dämon nickte leicht.
„Der Angriff ist für Mitternacht geplant.“
„Eigentlich müssen wir nicht kämpfen.“, dachte Michael laut. Geschockt sah ich ihn an, doch dann fuhr er fort.
„Allerdings bist du sein Ziel und deshalb werde ich kämpfen!“
„Na ein Glück, dass ich dich habe!“, lachte ich leise.
„Und was ist mit mir?“, fragte Luzifer mit Schmollmund. Sein lachen konnte er sich nur schwer verkneifen. Ich löste mich aus Michaels Armen und ging auf den Dämon zu, um ihn zu umarmen.
„Ist ja gut, du bist auch wichtig. Ohne dich wären wir nie so weit gekommen.“
„Na also, schon besser.“, antwortete er und drückte mich an sich. Ich räusperte mich als seine Hände wieder begannen tiefer zu wandern.
„Verzeihung aber ich kann nicht anders.“
„Wie spät ist es?“, fragte ich nun und richtete meinen Blick auf die Uhr. Siebzehnuhrdreißig. Von einer Sekunde auf die andere wurde ich nervös. Ich hatte Angst, und zwar panische Angst! Beide schienen es zu bemerken.
„Hör auf dir Sorgen zu machen.“, sagte Michael schon wieder genervt und zog mich wieder in seine Arme.
„Wir sollten uns bereithalten.“, murmelte ich.
„Auf der Erde?“, hakte Luzifer nach. Ich nickte und deutete auf die Waffen, die auf dem Tisch lagen.
19
„Kaum zu glauben wie still es ist.“, murmelte Lacey und durchsuchte die Dunkelheit.
„Genieße die Ruhe solange du noch kannst.“, sagte Luzifer und warf ihr einen kurzen Blick zu.
Er konnte die Ansannung an ihrem Körper ablesen.
„Der Krieg von Dämonen ist mehr als nur grausam. Du kannst mir glauben, ich habe schon einige miterlebt.“, fuhr der Dämon fort.
„Du hast sie nicht miterlebt.“, antwortete sie ernst. „Du hast sie angeführt.“
Luzifer lachte leise, bedacht darauf nicht zu laut zu sein, damit sie einen Feind sofort entdecken konnten.
„Viele. Aber nicht alle!“
„Ich kann immer noch nicht glauben das ich jemandem wie dir vertraue...“, mischte sich Michael leise ein und drehte sich ruckartig um als er glaubte, etwas gehört zu habem.
„Ich bin´s.“
Jamie tauchte hinter einem Baum auf.
„Jamie? Was machst du hier?“, fragte Lacey etwas lauter als geplant. Sofort presste Michael ihr die Hand auf den Mund.
„Ich bin hier, um euch zu helfen, ist doch klar.“, antwortete der Wächter flüsternd und richtete seinen Blick auf Michael.
„Was ist mit deinen Flügeln passiert?“
Michaels sonst so prachtvollen weißen Flügel schimmerten silbergrau. Luzifer wollte gerade etwas sagen, als der Wächter begriff.
„Warte mal...Du hast doch nicht etwa...“
„Doch, hat er.“, sagte Lacey bloß, nachdem Michael seine Hand hatte sinken lassen. Plötzlich hob sie die Hand. Nun bemerkten auch die anderen drei, dass sie nicht mehr alleine waren.
„Legion.“, knurrte Lacey bedrohlich und zog ihr Schwert.
„Hallo, mein Schatz!“, brummte der Mann, der hinter ihr auftauchte. Ruckartig wirbelte sie herum. Schon bei seinen Worten wurde ihr schlecht.
„Scheinbar hast du vergessen das ich an Michael gebunden bin.“, sagte sie ernst und amüsiert zugleich. Sie konnte selbst nicht nachvollziehen waren sie immer so amüsiert klang, wenn ein Kampf bevorstand...Legions graue Augen richteten sich auf den ehemaligen Erzengel.
„Nein, dass habe ich nicht vergessen. Und genau deshalb bin ich hier. Ich will mir das nehmen, was mir zusteht.“
Wie auf Kommando tauchten seine Untergebenen auf.
„Du wirst sie nicht bekommen! Nur über meine Leiche!“, brüllte mIchael, was Legion zum lachen brachte.
„Ich nehme dich beim Wort, mein Lieber!“, sagte er amüsiert, zog einen Dolch und stürzte sich auf ihn.
„Michael!“, schrie ich als ich sah, dass die Klinge eines Messers seine Brust durchbohrte. Ich dankte dem Allmächtigen dafür, dass es kein Engelsfeuer war, dennoch tat es weh mit anzusehen wie Michael meinetwegen verletzt wurde. Ich warf ein Messer nach dem Dämon der ihn verletzt hatte. Und hatte Glück! Ich traf sein Herz. Gerade in diesem Moment tauchten die Erzengel und Wächter auf.
„Wurde auch Zeit das ihr auftaucht!“, fauchte ich und tötete den nächsten Dämon.
„Glaube mir, nachdem das vorbei ist wirst du uns nie wieder sehen!“, brüllte Raphael. Ich lachte amüsiert als ich plötzlich von hinten gepackt wurde. Eine Hand legte sich auf meinen Mund, eine andere umfasste meine Taille und nahm mir das Schwert aus der Hand. Ich leistete natürlich Wiederstand, doch es half nicht. Ich hatte nicht einmal die Chance der Person in die Hand zu beißen, wobei ich das eigentlich ziemlich widerlich fand.
„Dir wird nichts passieren!“, ertönte es leise an meinem Ohr. Ich erkannte Legions Stimme. Die Angst in mir wuchs erneut. Tränen sammelten sich in meinen Augen als ich daran dachte, was letztes Mal passiert war als ich in seiner Gewalt war und hörte, wie er lachte. Auch Übelkeit stieg in mir auf.
„Eine solch sensible Art hätte ich dir nicht zugetraut.“, waren die letzten Worte ehe alles um mich herum schwarz wurde...
Mit dröhnendem Kopf wachte Lacey auf. Sie wzsste sofort das sie sich im Versteck von Legion befand, doch anders als letztes Mal lag sie nun in einem Bett. Mit einem Stöhnen setzte sie sich auf und hielt sich den Kopf.
„Verdammt...“
Michael.
, dachte sie und erstarrte als ihr wieder einfiel was passiert war. Michael war nicht hier, genauso wenig wie Luzifer und die anderen. Lacey schlug die Decke zurück und begann erneut zu fluchen als sie sah, dass sie nichts außer einem durchsichtigem Hemdchen trug.
„Du perverser, alter, dreckiger...“
Noch während sie aus dem Bett siteg, durchs Zimmer lieg und ihre Sachen suchte fluchte sie weiter. Sie fand nichts außer BH und Höschen, doch natürlich zog sie beides an. Hauptsache sie musste nicht völlig entblößt aus diesem Zimmer treten...
Barfuß und mit gezücktem Schwert, welches sie an einer Wand gefunden hatte, setzte sie einen Fuß vor den anderen. Sie fragte sich wie blöd Legion eigentlich war, Waffen einfach so herumliegen zu lassen, wo sie doch hier war. Doch kopfschüttelnd versuchte sie nicht weiter darüber nachzudenken. Stattdessen widmete sie sich den Rachegedanken sie sich nun endlich bemerkbar machten. Als sie an eine große Holztür kam hörte sie Stimmen. Unter anderem die von Legion.
„Keiner von euch wird sie anfassen, ist das klar?“
„Ja, Meister!“
Lacey trat mit einem Knarren der Tür ein.
„Da ist ja meine Prinzessin!“, sagte Legion lachend und breitete die Arme zum Empfang aus.
„Deine Prinzessin? Träum weiter!“, fauchte die Gefallene und blieb stehen. Legions Augen funkelten amüsiert.
„Lass mich raten...“, knurrte sie. „Du hast die anderen einfach stehen lassen und bist mit mir verschwunden.“
Der Dämon lachte, in ihren Augen eine Bestätigung.
„Also schön, du hast mich hergebracht. Verrätst du mir auch warum ich nackt bin...war?“
Sein Grinsen wurde breiter.
„Meine Frau muss doch gut aussehen!“
Knurrend setzte sie sich wieder in Bewegung.
„Soll das heißen ich bin hässlich?“, fragte sie und zog die Brauen hoch. Sie hatte die Schnauze nun mehr als nur voll! Sie war mehr als wütend, mehr als angeekelt. Er lachte wieder.
„Aber nein! Ich finde es nur schade einen solchen Körper zu verstecken!“
„Du weißt, dass du sterben wirst, oder?“, fragte sie unheilvoll.
„Hast du ernsthaft vor gegen mich zu kämpfen?“, fragte Legion, scheinbar überrascht über ihren plötzlichen Mut.
„Na, was hast du denn gedacht? Glaubst du wirklich ich lasse mir alles gefallen?“, antwortete sie und schaute sich unauffällig um. Sie unterdrückte ein Knurren als sie sah, dass es hier nur so vor Frauen wimmelte. Alle waren sie nur spärlich bekleidet. Wenn man ein paar Bänder denn Kleidung nennen konnte. Noch bevor sie mit den Gedanken abschweifen konnte konzentrierte sie sich wieder auf Legion.
„Glaubst du wirklich du hättest gegen mich eine Chance? Noch dazu alleine?“, lachte er und keuchte, als sich die Klinge ihres Schwertes in seine Brust bohrte. In Sekundenbruchteilen stand sie vor ihm.
„Ich weiß nicht. Finden wir es heraus!“, knurrte sie leise, sodass nur er es hören konnte und verpasste ihm einen Hieb.
20
„Du verdammtes Misstück!“, schrie Legion, als Lacey einen Schnitt in seiner Kehle hinterließ. Leider musste sie dafür einen solch heftigen Schlag einstecken, dass sie gegen eine große Steinsäule prallte und Blut spuckte. Mehrere Knochen in ihrem Leib waren auf einem Schlag gebrochen. Das laute Knacken war der Beweis. Die Frauen die sich im Saal befanden begannen wild zu kreischen und drängten sich in die Ecken.
„Beleidige mich so viel du willst aber dadurch lasse ich mich auch nicht unterkriegen.“, hustete die Gefallene und rappelte sich, so sehr ihr Körper auch schmerzte, wieder auf.
Verdammt, Michael! Ihr habt mich schon einmal hier herausgeholt also bewegt eure Ärsche gefälligst zu mir!
, dachte sie und ging wieder in Position.
Niemals würde dieser Kerl sie besiegen!
Legion stürzte sich erneut auf sie und erwischte sie wieder. Erneut prallte sie gegen eine Wand. Sie hörte wie noch mehr ihrer Rippen brachten und war froh darüber, dass es bisher nur unwichtige Knochen waren. Wären es ihre Gliedmaßen gewesen hätte sie Probleme bekommen.
Lacey!
Michaels Stimme in ihrem Kopf ließ sie erstarren was zur Folge hatte, dass Legion sie an der Kehle packte und hochhob.
Michael!
, dachte sie. Hilf mir!
Wo bist du?
Irgendwo in Legions Versteck...Er hat mich wortwörtlich fest im Griff!
„Was fällt dir eigentlich ein, dich mir gegenüber so respektlos zu verhalten? Als meine Frau machst du gefälligst das was ich dir sage, hast du verstanden?“, brüllte Legion ihr ins Gesicht. Seine Hand schloss sich immer enger um ihren Hals, bis sie anfing nach Luft zu ringen und verzweifelt versuchte seine Hände vn ihrer Kehle zu lösen.
„Niemals du...verdammter Ba...“, weiter kam sie nicht.
Das hatte zwei Gründe. Erstens bekam sie keine Luft mehr, zweitend flog im selben Moment die Tür hinter ihnen aus den Angeln.
„Michael!“, krächze Lacey als sie sah, wer dort stand. Das Glänzen in ihren Augen verschwand als sie sah, dass auch die Erzengel dabei waren. Sie bemerkte das Legion abgelenkt war und nutzte die Chance, indem sie ihm einen kraftvollen Hieb mit dem kleinen Messer in ihrer Hand verpasste.
Schmerzerfüllt schrie er auf und ließ sie fallen. Keuchend prallte sie auf dem Marmorboden auf. Mit hasserfülltem Blick sah sie zu ihm auf.
„Lacey!“
Michael setzute sich in Bewegung und verpasste Legion einen Schlag. Der Dämon brüllte erneut auf.
„Kümmert euch um ihn!“, schrie Michael und hob seine Frau hoch.
„Alles in Ordnung?“, fragte er dann sanft an die Gefallene in seinen Armen. Ihre Mundwinkel zuckten.
„Bis auf ein paar gebrochene Rippen, einigen anderen zertrümmerten Knochen und die Tatsache das ich gerade fast erstickt wäre ist alles super!“
Michael lächelte, allerdings war es ein trauriges Lächeln. Das sie keine Schmerzen zeigte und die Sache schwer verletzt zu sein einfach so hinnahm beeindruckte ihn, dennoch konnte er es sich nicht verzeihen nicht rechtzeitig hier gewesen zu sein. Während Luzifer und die Ezengel sich auf Legion stürzten versuchten Michael und Lacey zu verschwinden, jedoch schaffte Legion es ihnen durch eine gewaltige Wand aus Feuer den Weg zu versperren.
„Ich hasse diesen Kerl...“, murmelte Lacey und sah, dass der Dämon fast alle Angriffe ihrer Gefährten abwehrte.
Wie tötet man einen Dämon?
, dachte sie und sah Michael an. Er erwiderte ihren Blick nicht und starrte Legion volelr Zorn an. Am liebsten hätte er sich selbst um ihn gekümmert, um seine Rache ausüben zu können, doch Lacey brauchte ihn jetzt.
Erst muss sein Herz zerstört werden. Dann wird der Kopf abgetrennt.
„Das hört sich alles andere als leicht an.“, murmelte sie nun und bedeute Michael sie runter zu lassen. Voller Sorge sah er sie an.
„Vertrau mir.“, sagte sie mit bedeutungsvollem Blick und nahm ihm einige Messer ab. Er vertraute ihr, doch die Sorge war größer.
Immer und immer wieder verpassten sie ihm Schläge, Tritte und Hiebe, doch nicht einmal gelang es ihnen sein Herz zu treffen, geschweige denn es zu zerstören.
Das geht so nicht weiter.
, dachte Lacey, als sie das nächste Messer schleuderte und erneut knapp sein Herz verfehlte.
Du siehst alles andere als toll aus...Du solltest dich ausruhen und uns die Arbeit machen lassen.
, hörte sie dann Michael. Doch sie schnaubte.
Und mich so zum Ziel machen? Niemals! Ich will ihn selbst töten, erst dann werde ich zufrieden sein!
Er seufzte leise und beließ es dabei.
Eine weitere Ewigkeit verging ehe Lacey ein Schwert in der Hand hatte. Sie schaffte es durch ein geschicktes Manöver hinter ihn zu gelangen und stach nun die Klinge in die Brust des Dämons. Der Schrei der durch den Saal hallte war ohrenbetäubend! Sie hatte sein Herz getroffen. Endlich! Nun musste sie es nur noch zerstören. Sie zog das Schwert heraus, worauf ihre Hand anfing zu glühen. So kräftig sie konnte schlug sie ihm die Klaue ins Fleisch. Mit einer Tirade von Flüchen und Beleidigungen zerquetschte sie sein Herz mit bloßer Hand. Legion versuchte noch immer sich zu wehren, doch natürlich funktionierte dies nun nicht mehr. Mit einem schmerzerfülltem Wimmern brach der Körper des Dämons in sich zusammen. Luzifer lachte fröhlich und ließ seine Fingerknöchel knacken. Er ging zum – fast – toten Körper des Dämons und legte seine Hände an die richtigen Stellen. Mit einem lauten Knacken und Knirschen brach er ihm erst das Genick, dann trennte er den Kopf entgültig vom Rumpf. Blut sprizte.
Feuer ballte sich in Michales Hand zu einer gewaltigen Kugel. Er verbrannte sowohl den Körper, als auch den Kopf von Legion, damit er nie wieder irgendwelchen Schaden anrichten konnte.
Tränen rannen über Laceys Wangen. Mit ausdruckslosem Gesicht starrte sie ihre Hand an, die vor Blut immer noch triefte. Michael nahm vorsichtig ihr Handgelenk um dann mit einem Ruch das Blut abzuwischen.
„Er kann unmöglich tot sein...Das ging zu schnell.“, hauchte sie.
„Es ist vorbei, Lacey.“, sagte Michael leise und nahm sie in den Arm. Doch sie schüttelte den Kopf.
„Das kann nicht sein...“
„Doch.“, erwiderte er und strich ihr übers Haar. „Du bist in Sicherheit. Alles wird gut, hörst du?“
Sie begann zu schluchzen, weshalb Michael sie auf sie Stirn küsste.
„Ist gut.“, flüsterte er.
„Sie ist eben doch nur eine Frau.“, spottete Raphael und wandte sich ab.
Epilog
„Willst du meine Frau werden?“
Ich erstarrte. Mit allem hätte ich gerechnet aber nicht damit!
Hier saß ich nun, auf einer alten Parkbank. Vor mir Michael, der mir mit funkelnden Augen einen atemberaubenden Ring hinhielt und darauf wartete, dass ich ja sagte.
„Ist das dein Ernst?“, murmelte ich perplex und zog die Brauen hoch. Er grinste, was mich wieder einmal dahinschmelzen ließ.
„Hör auf so zu tun als wärst du überrascht und sag gefälligst ja!“
Mit einem Lächeln auf den Lippen nickte ich.
„Ja.“
Leise lachend steckte er mir den hauchfeinen Silberring an. Ein kleiner, tiefroter Rubin funkelte im Sonnenlicht. Voller Freude küsste ich ihn. Ich wollte unbedingt für den Rest meines Seins mit ihm leben aber auf den Gedanken ihn zu heiraten wäre ich nie gekommen!
Ein paar Wochen waren seit dem Kampf mit Legion vergangen. Da Michael kein Erzengel mehr war lebte er zusammen mit mir auf der Erde, was ihm irgendwie zu gefallen schien. Das Ganze war mir zwar unheimlich, doch ich stellte es nicht Infrage. Ich genoss es einfach, dass ihm das Leben hier Freude bereitete. Er wollte nicht mehr zurück ins Himmelsreich, was die Erzengel natürlich nicht verstanden. Sie hatten sich bei Luzifer und mir entschuldigt, doch Michael blieb bei seiner Entscheidung mit mit zusammenzuleben. Luzifer hatte den Deal zwischen uns platzen lassen, stattdessen waren wir nun gute Freude, die sich gegenseitig halfen. Allerdings war ich nicht immer mit seinen Ideen zufrieden. Er war und blieb nun mal ein Dämon, der nur Unfug im Kopf hatte. Jedoch waren seine Pläne nun nicht mehr ganz so schlimm wie zu Anfang. Ich dachte auch jetzt noch über Legion nach. Wir fanden heraus, dass er die unzähligen Hüter dazu benutzen wollte, um seine Macht zu steigern. Wie genau er das anstellen wollte hatten wir jedoch nicht herausgefunden. Auch jetzt musste ich darüber mit dem Kopf schütteln. Legion war unglaublich mächtig gewesen, es hieß ja nicht umsonst er sei von tausenden Dämonen besessen, dennoch wollte er noch stärker werden. Warum? Ich sperrte diese Gedanken weg. Dem Allmächtigen sei Dank hatten wir alle verschwundenen Hüter – und auch die Wächter die sich auf die Suche nach ihnen gemacht hatten – gefunden. Auch wenn ich noch nicht ganz verstand wie solch schwache Wesen wie sie dazu beitragen sollten, noch mächtiger zu werden...
„Denkst du schon wieder über Legion nach?“
Michales Stimme riss mich aus den Gedanken. Verwirrt sah ich ihn an. Mein Blick brachte ihn dazu laut loszulachen. Er biss mir ins Ohrläppchen.
„Du weißt wirklich wie man den romantischsten Augenblick zerstört!“
Lächelnd sah ich unserer gemeinsamen Zukunft entgegen, auch wenn ich ahnte, dass noch die ein oder anderen Probleme auf uns zukommen würden...
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2011
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