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Im Flugzeug herrschte Stille. Absolute Stille. Was auch nicht verwunderlich war, immerhin zeigte Ellys Armbanduhr 1 Uhr nachts. Es dauerte doch ein Weilchen von Australien nach Island zu fliegen. Sie würden in 6 Stunden ankommen. Eine ziemlich lange Zeit, die Elly sich noch zu vertreiben hatte, denn sie konnte, oder besser gesagt wollte, nicht schlafen. Sie drehte ihren Kopf nach rechts, um nach ihrer Mutter zu sehen, die schon längst ins Reich der Träume entführt worden war. Lange betrachtete Elly sie. Besonderes Augenmerk schenkte sie ihren Haaren. Die lange schwarze Pracht war streng zu einem Pferdeschwanz nach hinten zusammengebunden worden. Nur eine einzige Strähne war aus dem Zopf herausgerutscht und ruhte nun auf den sanften Gesichtszügen Mrs Grey´s. Elly musste lächeln. Die Schönheit ihrer Mutter war wohl mitunter auch ein Grund gewesen, weshalb sich ihr Vater in sie verliebt hatte. Ihr Vater! Mit einem Mal waren ihre Gedanken wieder bei dem Alptraum. Ruckartig wandte sie sich von ihrer Mutter ab und blickte stur geradeaus. Für einen kleinen Moment war es ihr gelungen sich abzulenken und dann.... . Elly hätte sich selber Ohrfeigen können. Richtig wütend wurde sie. Sie verschränkte die Arme. Ihr Gesichtsausdruck sprach Bände. Sie zwang sich nicht laut auf zu schreien und in den Sitz vor sich zu beißen. Sie musste sich irgendwie abreagieren, sie wusste aber nicht wie. Sie konnte hier doch nicht auf irgendetwas einprügeln, so wie sie es zu Hause öfter machte, wenn sie wütend war. Es half nichts, die aufgestaute Aggression musste so verrauchen. Langsam ließ sie ihren Blick durchs Flugzeug schweifen, in der Hoffnung irgendetwas zu entdecken über das sie den ganzen restlichen Flug philosophieren und sich den Kopf zerbrechen konnte. Sie erwartete nicht sehr viel, da alle Leute außer ihr schliefen. Doch plötzlich erschrak sie fast zu Tode. Es war ihr auf einmal so, als schleiche ein schwarzer Schatten den Gang auf und ab. Sie wollte schreien und jemanden aufwecken, aber der hätte sie bestimmt für verrückt gehalten. Es war schrecklich. Auf der einen Seite wusste sie ganz genau, dass sie es sich nur einbildete, auf der anderen Seite hatte der Schatten etwas erschreckend Echtes an sich. Sie machte kurz die Augen zu und dann wieder auf um sich selbst zu beweisen, dass es eine Sinnestäuschung gewesen war. Jedoch sah sie den Schatten immer noch. Es sollte aufhören! Das konnte nicht sein, dass sie mittlerweile mit offenen Augen auch schon Gestalten sah, die es nicht gab. Nicht geben SOLLTE!!! Elly unterdrückte einen Schrei. Sie versuchte ihre Mutter zu wecken. Auf einmal war es Elly egal, was sie denken würde, Hauptsache jemand außer ihr war wach. Sie stieß ihre Mutter leicht an. Als diese nicht reagierte, stieß Elly etwas fester. Sie spürte jetzt, dass der Oberarm ihrer Mutter, den sie leicht geboxt hatte, ganz weich war. Zu weich für einen normalen menschlichen Oberarm. Wieso? Langsam drehte sie das Gesicht von Mrs Grey zu sich her. Was sie sah konnte sie nicht glauben. Sie blickte einer lebensgroßen Puppe in die Augen. Voller Angst zog Elly ihre Hand zurück. Große Panik ersetzte nun das entsetzliche Angstgefühl. Als sie sich umdrehte, sah sie, dass auch die Leute hinter ihr, Puppen waren. Jetzt konnte sie sich nicht mehr zurückhalten. Sie schrie laut auf. Was war hier bloß los? Hektisch löste sie den Gurt und sprang von ihrem Sitz auf. Wenn alle Leute Puppen waren, wer lenkte dann das Flugzeug? Wo war der furchterregende Schatten ab geblieben? So vorsichtig wie möglich tastete sie sich zum Pilotencockpit vor. Sie musste sich zusammenreißen um ihrer Hysterie nicht noch mehr Ausdruck zu verleihen, wer wusste was noch alles auf sie zu kam. Plötzlich wurde sie von hinten an den Schultern gepackt und blitzschnell auf den Boden geworfen. Sie schrie auf vor Schmerz. Ihr Ellbogen schmerzte sehr. Doch ehe sie sich aufrappeln konnte, wurde sie grob an den Oberarmen gepackt und hochgezogen. Sie stand wieder auf ihren Beinen, aber bei dem Anblick der sich ihr bot, wäre sie fast wieder umgefallen. Sie blickte in das scheußliche Antlitz einer undefinierbar hässlichen Kreatur, was hieß Kreatur, es war ein Monster. Das Ungeheuer schien vollends aus verfaultem Fleisch zu bestehen und roch abscheulich. Elly war sich sicher, dass sein bloßer Atem töten konnte. Das Ungetüm war in einen Mantel gehüllt, man konnte nur seine Beine und seinen Kopf sehen. Zur Verwunderung Elly´s hatte die Gestalt Haare. Kohlrabenschwarze Haare. Doch sie hatte keine Zeit sich über das abscheuliche Aussehen dieser Kreatur zu wundern, denn sie wurde wieder gepackt und auf die Schultern der Bestie verfrachtet. Sie wehrte sich vergeblich mit aller Kraft und schrie: „Nein....nein.......neiiiiiiiiiiiiiiin!“

„Wach auf Elly! Schatz es ist alles gut beruhige dich!“, flüsterte Mrs Grey salbungsvoll. Elly hatte anscheinend wieder einen Alptraum gehabt, denn sie hatte im Schlaf geschrien und um sich geschlagen. Als sie endlich die Augen aufschlug, konnte sie es kaum glauben, dass sie geträumt hatte. „Ma, wieso lebst du?“, war die erste Frage, die Elly ihrer Mutter verdutzt und immer noch schlaftrunken stellte. „Wieso sollte ich nicht leben?“, kam es ebenso verdutzt zurück. „Du warst doch eine Puppe.... und wo ist die Gestalt?“, redete Elly verwirrt weiter. Sie brauchte etwas Zeit um in die Realität zurück zu finden. „Hast du etwa einen neuen Alptraum gehabt?“, fragte Mrs Grey. „Ja....ja ich glaube...“, antwortete ihre Tochter. „Das musst du Dr. Vòerhogen sagen.“, bestimmte Mrs Grey besorgt. Elly hatte das nicht gehört. Sie war im Moment viel zu beschäftigt mit sich selbst. Langsam gewahrte sie, dass sie sich immer noch in einem Flugzeug befand und dass die Leute KEINE Puppen waren. Sie war sehr erleichtert. Der Traum war so real gewesen. Sie hatte doch die Kreatur berührt, sie hatte den Schatten gesehen.... . Mit einem Seufzer schüttelte sie den Kopf und beschloss einfach froh darüber zu sein, dass es nur ein Traum gewesen war. Trotzdem war es etwas außergewöhnliches. Sie hatte seit zwei Jahren nichts anderes als ihren alten Alptraum geträumt. Es war aber auf erschreckende Weise doch das gleiche. Schließlich war es eine solche Kreatur von denen gewesen, die in ihrem alten Traum auch mitgespielt hatten, da war sie sich sicher. Sie war ihr ja bekannt vorgekommen. Nur diesmal hatte sich alles irgendwie im weitesten Sinne an die Situation angepasst. Der Traum hatte in einem Flugzeug gespielt. Sie saß auch jetzt in einem. Sie wurde unsanft von der Stimme einer Stewardess aus ihren Gedanken gerissen: „Einen wunderschönen guten Morgen Ladies und Gentlemen. Wir werden in Kürze auf den Landebahnen des Flughafens Reykjavìk einrollen. Ich bitte sie daher, sich zurück zu lehnen und festzuhalten. Danke für ihre Aufmerksamkeit! Ich hoffe sie hatten einen angenehmen Flug!“ Elly hatte alles andere als einen angenehmen Flug gehabt, aber dafür konnte sie schließlich nicht die Fluglinie verantwortlich machen. Sie fragte sich, ob man ihr ansah, wie sehr sie der Traum mitgenommen hatte. Den besorgten Blicken ihrer Mutter nach zu urteilen auf jeden Fall. „Komm jetzt, lehn dich zurück.“, sagte Mrs Grey sanft. Elly tat wie ihr geheißen wurde. Sie war irgendwie froh, dass sie jemanden hatte, der sich so um sie sorgte und immer für sie da war. In dem Moment war sie ihrer Mutter so dankbar, dass sie nicht anders konnte, als sie zu umarmen. Es kam etwas plötzlich, aber Cicilia Grey genoss es dann doch ihr eigen Fleisch und Blut so nah am Herzen zu haben.

Mrs Grey hatte Recht gehabt. Sie hätten sich auf wesentlich kältere Temperaturen einstellen müssen. Als sie aus dem Flugzeug gekommen waren, hatten sie gedacht, dass sie jeden Moment zu Eiszapfen erstarren würden. Inzwischen befanden sich die beiden jedoch wieder in einem weit wärmeren Ort, dem Hotel. „Ma, ich geh duschen!“, verkündete Elly. „Is gut Schatz!“, sagte ihre Mutter, die vor dem Kasten stand und die Sachen aus ihrem Koffer einräumte, liebevoll. Sie dachte immer noch an die plötzliche Umarmung im Flugzeug. Es hatte ihr gezeigt, dass Elly doch noch sehr an ihr hing und das wiederum hatte ihr Herz erwärmt. Inzwischen drehte Elly das Wasser auf. Es tat gut es auf der Haut zu spüren. Es wirkte sehr beruhigend auf sie. Für einen kleinen Moment vergaß sie alles um sich herum. Sie hörte nichts anderes mehr als das monotone Rauschen des Wassers, das aus dem Duschkopf kam. Wunderbar! Zum Ersten mal seit langem, lächelte sie wieder richtig. Es war kein beiläufiges Lächeln. Es war eines das aus tiefstem Herzen kam. Ein richtig wohliges zufriedenes Lächeln. Mindestens eine halbe Stunde stand sie so da ohne sich zu regen. Plötzlich hörte sie wie jemand an die Badezimmertür klopfte. „Elly? Schatz? Du bist jetzt schon so lange da drin. Ist alles in Ordnung?“ „Ja....ja...es ist alles in Ordnung, danke Ma.“ Schnell rieb sie sich mit ihrem Duschgel ein, wusch es wieder ab und trat aus der Dusche. Alles war angelaufen. Der Spiegel, die Duschkabinenwände, sogar von den Fließen tropfte das Wasser. Sie war wirklich lang unter dem wohlig warmen Wasserschwall gestanden. Sie bedauerte es, nicht länger darunter stehen zu können. Elly fühlte sich jetzt endlich wieder einmal so richtig wohl. Das hatte sie schon lange nicht mehr getan. Vielleicht würde dieser Ausflug doch erholsam werden?

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Texte: Alle Rechte bezüglich des Inhaltes liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 04.09.2010

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