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Sie ist eingeschlafen. Ich betrachte sie liebevoll von der gegenüberliegenden Seite des Zimmers. Warum hat sie mich bloß so verzaubert? Das gibt es doch nicht. Ich will auf der Stelle zu ihr. Sie ansehen, wieder in ihren Augen versinken, sie küssen, berühren.... . Die Tatsache, dass ich das alles nicht tun kann, fügt mir tief in meinem Herzen unendliche Qualen zu. Ich möchte fast heulen, so weh tut es. Ich beginne mir vorzustellen wie es mit uns sein könnte, wenn es diese ganzen Probleme nicht gäbe. Es wäre wunderschön. Aber erst jetzt fällt mir der enorme Altersunterschied zwischen ihr und mir auf. Sie ist 16 und ich bin ein bisschen über 2000 Jahre alt. Ich denke aber nicht lange darüber nach. Es ist ein Grund, aber kein Hindernis. Schließlich sehe ich noch sehr jung aus. Langsam beginnt sich mein zu großes Selbstbewusstsein wieder zu melden, dass in den letzten Stunden ziemlich unterjocht wurde. Plötzlich holt mich ungewohnt lauter Krach aus meinen Gedanken. Es wird immer lauter, so als ob der Krawall näher käme. Die Wände des Zimmers beginnen bedenklich zu zittern. Zoe wacht auf, was nicht verwunderlich ist, bei so einem Radau. Mit ängstlichem Blick sieht sie zuerst mich und dann die Wände des Zimmers an. Sie kommt zu mir herüber, sieht mir tief in die Augen und sagt: „Jasper, es geht los. Der Teufel ist hier. Keine Angst, er wird uns nicht sofort suchen, sondern erst einmal Gott provozieren. Das ist so seine Art. Pass auf: Gott wird auf seine Provokation hin, schon seine Engel in allen Sälen postiert haben. Das heißt also, dass er die Wachengel vor unserer Tür auch wo anders positioniert. Bevor Satan nach mir suchen kann, wird er sich wohl oder übel mit der Engelsschar auseinandersetzen müssen. Währenddessen wird er immer wieder versuchen mit mir Verbindung aufzunehmen. Er versucht es bestimmt auch jetzt schon. Es ist aber leider nie genau vorhersehbar wann es klappt. Egal zu dem Teil komme ich später. Wir müssen jetzt erst einmal sehen ob die Engel vor der Tür schon verschwunden sind. Wenn sie weg sind, musst du die Tür einrennen. Auch wenn das Krach verursacht, glaub mir wenn der Teufel im Himmel ist, haben alle besseres zu tun, als auf zwei nicht Gefügige auf zu passen. Wir begeben uns dann auf die Erde. Um zur Verbindung zwischen Satan und mir noch mal zurückzukommen. Jasper, du musst mir um Deinetwillen versprechen, dass wenn sich meine Augen rot verfärben, du mich keines Blickes mehr würdigst und so tust als ob du mich hasst. Auch wenn es schwer ist. Ich muss es auch tun. Aber wir müssen trotzdem gemeinsam auf die Erde. Denn auf der Erde gibt es einen Platz, an dem wir vor dem Teufel sicher sind: die Kirche. Wenn er mit mir schon Verbindung aufgenommen hat, wird er uns nämlich auf die Erde folgen. Aber in der Kirche bricht die Verbindung ab.“, endet sie. „Alles ziemlich kompliziert! Aber wir werden das schon schaffen!“ Ich beruhige mich mit diesen Worten eher selber, als dass ich ihr damit Mut zuspreche. Kaum habe ich die Sätze richtig beendet, nehmen ihre Augen bereits eine rötliche Färbung an. Ich weiß, dass jetzt alles sehr schnell gehen muss. Ohne mich in irgend einer Weise zu vergewissern, ob die Engel vor der Tür stehen, renne ich sie einfach ein. Zum Glück sind die Wachen schon wo anders hin kommandiert worden. Ich will Zoes Handgelenk umfassen und sie so mit mir ziehen, doch im letzten Moment kann ich mich noch zurückhalten. Fast habe ich ihre Worte vergessen. Wir hetzen den Korridor entlang, bis wir an einer Tür angekommen sind, die nach draußen führt. Plötzlich hören wir große, hämmernde Schritte hinter uns. Ich kann eine ziemlich große Gestalt, mit Hörnern und schwarzen Flügeln erkennen. So schnell wir können, stürzen wir uns nach draußen, in den Himmel und fliegen abwärts, geradewegs auf die Erde zu. Meine einzigen Gedanken kreisen im Moment darum, so schnell wie möglich eine Kirche zu finden. Wir fliegen so schnell wir können, doch die Gestalt, besser gesagt der Teufel, der hinter uns her ist, hat auch an Geschwindigkeit zugelegt. Immer näher kommt er. Ich nehme alle meine Kräfte zusammen, packe Zoe am Arm, obwohl ich das nicht dürfte und lasse meine Flügel so schnell schlagen, wie sie es noch nie getan haben. Eigentlich hätten sich hinter mir Rauchwolken bilden müssen, so schnell war ich unterwegs. Als wir endlich über einer Stadt sind, suche ich hektisch im Sturzflug eine Kirche. Ich werfe noch kurz einen Blick zurück, um zu sehen wo unser Verfolger ab geblieben ist und stelle voller Entsetzen fest, dass er dicht hinter uns ist. Das kann doch nicht sein! Zoe scheint inzwischen schon ein Gotteshaus gefunden zu haben, denn sie zieht mich weiter hinunter. Schnell bin ich wieder bei der Sache und sehe auch schon das Gebäude, das sie ansteuert. Als wir schließlich landen, rennen wir völlig außer Atem hinein und werfen die große Flügeltür hinter uns zu. Völlig entkräftet wirft Zoe sich in meine Arme. Endlich kann ich sie berühren. Ich streichele ihr übers schwarze Haar. Plötzlich spüre ich, dass mein T-Shirt nass ist. Ich schiebe Zoe ein wenig von mir weg, halte sie bei den Schultern und sehe, dass sie weint. Ich will sie beruhigen, denn ich kann es nicht ertragen, sie so zu sehen. Ich lege meine Hand unter ihr Kinn, ziehe sie ein wenig zu mir her und küsse sie leidenschaftlich. Ich merke, dass sie den Kuss erwidert. Dann spüre ich, wie ihre Hände über mein Gesicht streicheln und sich dann weiter zu meinem Haar vor tasten. Ich umfasse ihre Taille und drücke sie fest an mich. Sie kann mir gar nicht nah genug sein, so sehr liebe ich sie. Ganz lange stehen wir nun schon so da, eng umschlungen, in innige Küsse versunken. Wir vergessen alles um uns herum. Wir bemerken nicht einmal, dass sich der Himmel verdunkelt hat und es inzwischen blitzt und donnert. Der Zorn des Satans hat den Himmel schwarz gefärbt. Aber hier sind wir sicher.Hier ist nichts, was wir fürchten müssten. Sicher suchen Gottes Engel schon nach uns. Aber ich mache mir im Moment herzlich wenig Sorgen darüber. Ich halte nämlich gerade das liebste auf der ganzen Welt in den Armen. Langsam sinken wir auf den Boden, immer noch in Küsse vertieft. Sie liegt nun unter mir. Ganz sachte beginne ich sie auch zärtlich am Hals zu küssen. Ihre Hand ist inzwischen unter mein T-Shirt gewandert. Schließlich schlafen wir miteinander. Zwar am kalten Marmor, aber es ist uns egal. Ich hülle sie in meine riesigen weißen Flügel. Es soll ihr nicht kalt sein. Sie kuschelt sich in die Federn, schmiegt sich aber trotzdem eng an mich und lächelt mich an. Unbeschreiblich schön ist ihr Lächeln. Ihre Augen haben schon lange wieder ihre normale Färbung angenommen. Sie sind so....wunderschön. Ihr ganzer Körper ist wunderschön. Sehr zierlich und zerbrechlich wirkend, aber trotzdem so sinnlich. Glücklich seufzend schläft sie, den Kopf auf meine Brust gelegt, ein. Ich bin so glücklich. Endlich habe ich sie spüren, berühren dürfen. Ich kann nicht anders, als ihr übers Gesicht zu streicheln. Mein Herz zerspringt förmlich vor lauter Glück. Ich küsse sie zuerst zärtlich auf den Mund, dann auf die Stirn und drücke sie fester an mich. So liegen wir da. Eng aneinander geschmiegt, im Schutze meiner Flügel. Ich betrachte Zoe noch eine Weile und schlafe dann ebenfalls ein, ohne zu wissen, dass wir beide nie mehr erwachen werden.

Azrael:
Da lagen sie beide. Eingehüllt in seine Flügel. Sie sahen so zufrieden aus. Es schmerzte mich, dass ich den Auftrag hatte, sie zu töten. Dieses friedliche Gebilde zerstören? Es schien mir unmöglich. Doch ich musste es tun. Um den Waffenstillstand zwischen Gut und Böse zu wahren. Gut und Böse? Ungerechtigkeit und Böse wäre besser ausgedrückt. Ich hasse mich noch heute dafür, was ich damals tat, auch wenn es gewissermaßen ein milderer Tod für die Beiden war: Ich tötete sie nicht mit meiner Waffe, ich versteinerte sie. So wie sie da lagen. Auf diese Weise konnten sie für alle Ewigkeit vereint sein.

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Azrael ließ die steinerne Statue, zu der er die beiden gemacht hatte, auf dem Marmor liegen. Am nächsten Tag, als der zuständige Pfarrer die Kirche betrat, um seinen täglichen Diensten nachzugehen, sah er die Statue und betrachtete sie als ein Geschenk irgendeines frommen, anonymen Stifters. Wenn er gewusst hätte, welchen Krieg sich die beiden Größten Mächte der Welt, wegen diesem Gebilde geliefert hatten. Er ließ die Statue auf der Kanzel aufstellen. Dort steht sie auch heute noch.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.08.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Bellablume, das ist für dich!!! <3<3<3

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