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Der Mann, der schreiben wollte saß in der Bahn. Er hatte ein Buch in der Hand, aber er las nicht darin. Er las schon seit einigen Minuten nicht mehr in diesem Buch. Er saß auf seinem Sitz und starrte geradeaus. Dabei dachte er daran, wie es sei, ein berühmter Autor zu sein, zu dem die Frauen kamen, um mit ihm zu schlafen, weil er über Frauen schrieb, mit denen er schlief. Der Mann, der schreiben wollte, seufzte und kehrte in seine Welt, in die Realität zurück.
Er fuhr von der Arbeit nach Hause. Dabei begegnete dem Mann, der schreiben wollte, eine Geschichte.
Sie begann mit dem Mann, der Zeichen an die beschlagene Scheibe in der Bahn malte. Das war der Zauberer. Er malte seltsame Formeln an die Scheibe, die ihn, den Zauberer, und auch die anderen Fahrgäste vor dem Tod in der Bahn retten sollten. Den Zauberer erkannte man an seiner Mütze. Darauf stand „Skysport“. Das war komisch.
Der Zauberer war komisch, wie er sich über den Mann, der schreiben wollte, beugte, seltsame Silben murmelte und ein Zeichen an seine Scheibe malte, um ihn so vor dem Tod in der Bahn zu retten. Der Mann, der schreiben wollte, bedankte sich mit einem Nicken, doch der Zauberer war längst weitergegangen, um die anderen Fahrgäste zu retten.
Der Mann, der nun sehen konnte, blickte durch die Scheibe und sah den Jungen, den pessimistischen Jungen. Der den Geldschein in den Automaten schob und die Hand an den Schlitz hielt, weil er wusste, dass der Automat seinen Schein nicht haben wollte. Der den Schein nahm, ihn glatt strich und noch einmal einführte, wieder mit der Hand am Rückgabeschlitz. Doch der Schein blieb drin, er war nun im Besitz des Automaten. Trotz der Zweifel des Jungen hatte der Automat den Schein für gut befunden, hatte ihn gegen einen Fahrschein und das Wechselgeld getauscht und mit einem abschließenden Rattern den Kontakt zum Jungen abgebrochen. Der Mann, der schreiben wollte, sah den Jungen das Geld des Automaten nachzählen. Das war also der pessimistische Junge, der keinem traute. Auch nicht einem Automaten. Dies war der Junge, der noch nicht bereit war zu lernen, der aber lernen würde, wenn er nur wollte. Doch wer brachte ihn dazu, zu wollen? Wer brachte ihn dazu, etwas aus seinem Leben zu machen?
Dies war das Mädchen mit den traurigen Augen und den grünen Strumpfhosen, die zu ihm passten. Der Mann, der schreiben wollte, sah sie in der Bahn neben einem Mann sitzen, der auf sie einsprach, während sie in einem Buch las. Wie sie da saß und sich von ihrem Freund, der über finnische Atomkraftwerke erzählte, nicht stören ließ, regte die Phantasie des Mannes, der schreiben wollte, an.
Sie müßte mit dem pessimistischen Jungen zusammentreffen, an dem sie gerade noch vorbeigefahren war. Irgendwie würden sie sich begegnen. Wahrscheinlich in der Bibliothek, wo der Junge ein Buch für den Zauberer auslieh. Ein Buch über Kornkreise, das das Mädchen mit den grünen Strumpfhosen schon seit langem bestellt hatte. Das erste Treffen würde negativ ausfallen - wegen der Spannung. Also mit der Enttäuschung des Mädchens, da es das Buch trotz Vormerkung wieder nicht bekam. In ihrem Ärger würde das Mädchen mit der Vorliebe für Kornkreise seinen Bibliotheksausweis liegen lassen, den der Junge mit dem Auftrag des Zauberers finden würde.
Der Mann, der schreiben wollte, hatte die Geschichte plötzlich vor Augen. Das Buch, das eines Tages zusammen mit dem Ausweis im Briefkasten des Mädchens liegen würde, direkt auf einer Nachricht von ihm. Einer harmlosen Nachricht mit Entschuldigung, die aber nicht das Mädchen, sondern der Freund mit Interesse für finnische Atomkraftwerke finden würde. Natürlich gab dies ein Theater und der Freund, der seiner Mutter versprochen hatte, noch in diesem Jahr zu heiraten, beschloß, seine Freundin mit den grünen Strumpfhosen zu entführen. Natürlich keine richtige Entführung sondern ein Winterurlaub in den verschneiten Bergen eines Hochgebirges.
Als der Mann, der schreiben wollte, aus der Bahn ausstieg, wusste er, dass der Zauberer mit Hilfe eines grünen Fadens ihrer Strumpfhosen das abgelegene Dorf in den Bergen ausfindig machen würde, wo das Mädchen und sein Freund aufgrund der Witterungsbedingungen eingeschneit war. So konnte der pessimistische Junge ihr nacheilen, um sie zu befreien. Es war noch nicht sicher, ob der Junge den Freund in einem fairen Zweikampf besiegen und eine Klippe hinabstoßen oder ob der Freund von einer Lawine verschüttet werden würde, weil er versucht hatte, den pessimistischen Jungen zu erschießen, weil dieser Hinter dessen Geheimnis, mit finnischen Atomsprengkörpern zu handeln, gekommen war.
Als der Mann, der schreiben wollte, zu Hause ankam, schliefen das Mädchen und der Junge zum ersten Mal miteinander und kurz danach, auf der Hochzeitsreise in Venedig, als sich herausstellte, dass der Zauberer der Vater des Mädchens war, da schwand das Interesse des Jungen, der nicht mehr pessimistisch war. Er wollte etwas aus seinem Leben machen, er wollte Giftmüllskandale aufspüren und er wusste, dass Glück ihn davon abhalten würde. Der Junge wollte wieder unglücklich und pessimistisch sein.
Um sich kurz zu sammeln, hatte der der Mann, der schreiben wollte, den Fernseher angeschalten. Er schlief während der dritten Werbung ein.

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Tag der Veröffentlichung: 13.12.2008

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