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I

Geschrieben von Türkan Turan dem Opfer dieses Geschehens.

Übersetzt von Günel Ahmedli.

      

      Nach dem Sex wurde ich keine Frau! Ich zog meine Beine an mich und saß still. Preßte meinen Kopf zwischen meine Hände und weinte. Hatte Angst mich wahrzunehmen, ich wollte fliehen! Es war mir nicht mal bekannt was eigentlich fliehen, stillhalten und Angst haben war! Diesmal war es anders... Denn es gelang mir schon seit 23 Jahren nicht, mich davon zu befreien!

Wieder kommen die 4 Tage. Wieder die Tage, die ich nicht vergessen kann. Vier Tage lang werde ich erneut tausend mal sterben und ins Leben gerißen! Die mitleidlosen Gelächter, Bombenlärm, die Blut verkleideten Gassen und die endlosen Schreie...! Auch wenn Jahre vergangen sind, habe ich mich nicht finden können! Immer wenn es wieder und wieder vor meinen Augen kommt, schlage ich alles kaputt. Meine Augen werden vom ganzen Weinen rot. Ich presse meine Fingernägel tief in meine Faust bis es blutet! Ich verfluche Gott dafür, dass ich als Mädchen geboren bin.

Ich war 13 Jahre alt. Die 12 wunderschönsten Winterzeiten waren im dreizehnten wie nie erlebt. Aber diesmal wird der Winter noch härter sein als zuvor.Noch begriff ich nicht was Krieg bedeutete. Doch alles änderte sich an dem Tag als ich mir erhoffte, dass der morgen nie kommen würde.

Es war ein kalter Wintermorgen. Alles war mit Schnee bedeckt. Auf einmal fing es an der Tür an heftig zu poltern, dann traten sie mit dem Füßen gegen die Tür. Der Lärm setzte uns alle in fürchterliche Angst. Als mein Vater die Tür öffnete, schlug man ihn mit dem Hinterteil der Waffe auf die Brust. Somit verlor mein Vater sein Bewusstsein und fiel zu Boden! Sie zielten mit den Waffen und forderten uns auf hinaus zu gehen. Man brachte uns zu einem Platz vor unserem Haus. Da waren viele Menschen, die Mehrheit bestand aus Frauen und Kindern. Die Kugeln flogen in der Luft hin und her. Wenn wir nicht auf rechts und links geachtet hätten, hätten sie uns auf dem Kopf getroffen. Eine kurze Weile später stiegen aus einem Militärwagen ungefähr 20 armenische Soldaten aus und kamen auf uns zu. Mit der Waffe zielten sie wieder und zwangen uns in die Fahrzeuge einzusteigen. Sie brachten uns zur Kaserne , die in der Nähe eines Waldes lag. Schon als ich austieg ergreifte mich ein schreckliches Entsetzten. In allen vier Seiten gab es auf grausamste art Folter. Frauen wurden vergewaltigt, Männer geschlagen. Die Männer schlug man mit dem Hinterteil der Waffe auf das Geschlechtsorgan, damit wir von unseren Männern keine Kinder mehr zu Welt bringen könnten... Sie sagten, dass die neue Generation von ihnen enstehen würde. Danach brachten sie die Männer aus dem Fahrzeug herunter. Mein Vater war nicht zu sehen. Alle waren verhungert. Ich aber fühlte mich so als ob man mich in einen kochenden Kessel geworfen hätte, das gleich schmilzt. Ein bisschen Trost gab mir mein kleiner Körper, das zwischen der Menge als vergessen schien. Als wäre meine kleine Größe ein Vorteil. Es war dunkel, schon Nacht. Sie brachten uns auf ein Befehl in den Wald. Die Aussicht auf den Straßen war grauenhaft. Die Stadt war in einen Blutbad getränkt. Es kam jeden so vor, als würde statt Wasser, Blut regnen. Man sah überall die armenischen Truppen. Sie prüften die gelegenen ob sie Tod waren. Wenn nicht erschossen sie sie noch einmal. Man brachte uns irgendwohin, was auch ganz fremd für mich war. Ich sah wieder viele Gefangene und Folter. Sie verbrannten die Menschen auf lebendigem Leibe. Manche Männer, die sich beschützend vor die Frauen stellten, wurden auch erschossen! Ich erinnere mich noch bis heute, dass in nur wenigen Minuten fast zwanzig Männer starben. Als würden die meisten Männer die Kugel, statt die furchtbare Folter gegenüber den Frauen zu sehen, bevorzugen! Ich bin mir ganz sicher das die Menschheitsgeschichte noch nicht auf so etwas bereit ist! Um das ganze Geschehen nicht ansehen zu müssen, wünschte ich mir den Tod. Bei jeder Unmenschlichkeit schnitt man mir mehrmals in die Haut. Ich wollte ins Koma fallen, tief schlafen, weg aus dem Bewusstsein. Vor dem Vätern vergewaltigte man die jungen Töchter und dabei lachten sie wie Schauspieler aus den Horrorfilmen. Sie griffen die Frauen an und sagten dabei:,, Ihr seit zum Tod verurteilt, wir werden eure Wurzeln vernichten, ihr werdet unsere Söhne austragen! "Vor meinen Augen riss man den schwangeren Frauen das Bauch auf, nahmen die Babys heraus und verbrannten es im Feuer. Ich verlor schon beim Ansehen das Bewusstsein. Als ich meine Augen öffnete, sah ich während der ganzen Angst die Tränen der Mütter.Nach dem ich schon 4 Tage dort verbracht hatte, blieben sehr wenige Menschen am Leben. Das man mich und ein paar andere Frauen den ganzen Tagen nicht angefasst hatte, müsste ein Wunder gewesen sein. Es war die nächste Nacht und der Himmel war rot. Als ob das Blut auf dem Boden sich im Himmel widerspiegeln würde. Wir waren in einer dunklen und feuchten Ecke versammelt. Es kamen Schritte auf uns zu. Meine Mutter hielt mich ganz fest in ihren Armen. Wenn sie dazu fähig wäre, würde sie mich wieder in ihren Mutterleib hineinschieben. Sie hatte nicht ohne Grund vor Angst gezittert. Der Mann riss mich aus den Armen meiner Mutter. Meine Mutter weinte, als ob sie sich in den Tod schreien würde. So hatte ich Sie nie erlebt. Weshalb man mich weg brachte, verstand ich nicht. Ich weinte, flehte sie an und bettelte, damit sie mich frei ließen! Sie schleiften mich am Boden bis zu einem Zimmer und warfen mich hinein. Ohne mich zu verlieren beruhigte ich mich sehr schnell. Schaute mir das Zimmer an. Man bemerkte, dass dieses Zimmer wesentlich sauberer ist als die anderen und einem höheren Dienstgrad gehörte. Auf einmal hörte ich schnelle und schwere Schritte.Eine dunkle Stimme fragte:,, Ist sie dessen Tochter?" ohne eine Antwort entgegenzunehmen tritt er ins Zimmer!Ich stand unerwartet mit dem großen, dicken, um die 45, bartigen, nur paar weißhaarigen Mann Auge um Auge! Er schaute mich mit Hass und einem anstößigen lächeln an. Und kam wie ein wildes Tier, das man erst aus dem Gitter ließe, auf mich.Ich konnte nur mit einer Hand sein Gesicht zerreißen. Kurz darauf fasste er mich am Haar und presste mich fest an die Wand. Es fühlte sich an , als ob man mich mit einem Auto überrollt hätte. Wegen einen gebrochenem Zahn war mein Mund voller Blut.Das Blut auf meiner Stirn floß mein Gesicht herunter, sodass mein Augen nicht mehr zu sehen waren. Indem ich zu mir kam und meine blutigen Augen öffnete, fühlte ich in meinem Magen einen grausamen Schmerz, es ließ all die anderen schmerzen vergessen! Mein Körper war betäubt!Ich rührte mich nicht von der Stelle und verstand meine Mutter erst jetzt besser!Jetzt bin ich nicht mehr das kleine Mädchen, nun bin ich eine vergewaltigte Frau! Innerlich zerstörte, Gefühl entnommene, so wie physikalisch als auch psychisch und die Zukunft vergewaltigte Frau!Noch war mein kleiner Körper nicht wie eine Frau fortgebildet, aber es erlitt bei der Vergewaltigung das schrecklichste.Ich konnte nicht aufstehen. Als sei ich jahrelang Bettkrank. Aber jetzt gab es zwischen einem hilflosen Kranken und mir, das aus dem Bett gefallen und nicht aufstehen kann, keinen Unterschied.Ohne einen klaren Kopf zu bekommen, kommt wieder dieser Mann hinein, diesmal aber wurde ich von den ganzen armenischen Soldaten vergewaltigt. Immer wenn der große Mann, den ich das Gesicht zerrissen habe, sich am Fenster oder Spiegel anschaut, machte er die Zigaretten an meinem Körper aus, fluchte und benannte mich als eine kleine Hure.Er befriedigte sich an mir und sagte:,, Man muss euch so vernichten!"Wie lange konnte ich mit dem schmerzen von den Zigarettenstummel auf meinem Körper und in innerlich zerfetzter Lage noch aushalten?! Manchmal dachte ich, dass alles nur ein schlechter Traum wäre.Doch jedesmal erschrak ich mich und sah das Gegenteil!Ich suchte nach Wegen zum Tod. Aber es gab kein Unterschied zwischen mir und einem Toden.Meine Befreiung. Sie dachten, dass ich Tod sei, brachten mich mit den anderen Leichen zu einem Grab und warfen uns hinein. Später hab ich erfahren, dass ein aserbaidschanischer Soldat zufällig mein erschwerendes Atmen hörte und mich zum Aghdasch Krankenhaus brachte. Einige Jahre konnte ich nicht sprechen.Die Wunden im Körper waren geheilt! Aber die Narben blieben im Körper und in der Seele. Von dem Tag an waren alle Ängste wie Schießpulver, alle Farben schwarz und rot und alle Geräusche zu Waffen und Bomben.Weder konnte ich meine Kindheit, Jugend noch meine Fräulichkeit erleben. Nach dem Sex wurde ich keine Frau! Den Übergang von Jungfräulichkeit zu Frau konnte ich nicht sehen. Was Leidenschaft, Liebe und Wärme ist, konnte ich nicht erfahren!Ich war Gefange, ein Kind, Tochter eines Gefallenen, Weise, Schülerin, Studentin, alles nur keine Frau!Vor dem Spiegel ekelte ich mich von meinem Körper und den Zigarettennarben. Ich ekelte mich vor der rechten kahlen Stelle meines Kopfes, das man mir am Tag die Hälfte meiner Haare von der Wurzel riss! Ich ekelte mich vor meinen Ohren, sodass niemand meine Schreie hören konnte, die aus meinen Ohren kamen! Vor dem Tag als ich zu Frau wurde, habe ich mich vor meiner Fräulichkeit geekelt! Mein Geschlecht verneint!Alle zeigten mit dem Finger auf mich, die schon als die Vergewaltigte in Xodjali bekannt war. Und wieder widerte ich mich selbst an. Es gab eigentlich eine Wahrheit: Das Gewissen dessen, die auf mein Körper mit dem Finger zeigten, war vergewaltigt. 12 Jahre lang lebte ich in Xodjali, in Erinnerung blieben nur die 4 Tage und ein Wort. Vergewaltigung!Türkan Turanhttps://m.facebook.com/Turkhan.Turan

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 03.03.2015

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Nichts für schwache Herzen

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