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3. Kapitel




Am nächsten morgen erwachte Miranda von den ersten Sonnenstrahlen die durch ihr Fenster fielen. Schläfrig spähte sie zur Uhr: Erst halb neun...

Brummelig drehte sie sich auf die andere Seite und kuschelte sich in ihr Kissen. Doch sie konnte nicht mehr schlafen. Miranda fühlte sich komisch. In Gedanken ließ sie den gestrigen Abend noch einmal Revue passieren. Es kam ihr alles sehr abgedreht vor. Sollte sie letzte Nacht tatsächlich von einem Vampir fast getötet und von einem hübschen Engel gerettet worden sein?
Ach, quatsch...Das hatte sie vermutlich geträumt. Vampire und Engel gab es doch gar nicht.
In der Küche konnte Miranda schon ihre Mutter Sue und ihre Schwester Emma beim Frühstück machen hören. Teller klapperten und man hörte leises Gemurmel.
Schnell sprang sie in ihre Jeans und zog sich ein T-Shirt über.
„Morgen Mama, Morgen Emma. Habt ihr auch so schlecht geschlafen? Ich hatte einen total bescheuerten Traum.“
„Morgen, Schatz. Also wir haben ganz gut geschlafen. Erzähl mal von deinem verrückten Traum,“ lächelte Mirandas Mutter.
„Okay,“ begann sie,“ Ich hab geträumt ich war auf dem Weg von der Arbeit nach Hause und da hat mich ein Vampir gejagt. Und am Ende hat mich ein Engel gerettet. Total komisch, oder?“
Ja wenn man es so erzählte, klang es wirklich albern.
„Du hast bestimmt gestern was mit Vampiren gelesen oder so, deshalb hast du davon geträumt, Miranda. Emma mach mal das Radio lauter, ich möchte die Nachrichten hören.“
„Okay, Mama.“

„......mal wieder einige Demonstrationen gegen die Politik. Die Polizei musste nicht eingreifen. Alles verlief friedlich.
Gestern Nacht wurde in der Greystreet die Leiche eines sechzehn jährigen Mädchens gefunden. Von dem Täter fehlt bis jetzt jede Spur. Die Polizei vermutet, dass es sich nicht um ein Sexualverbrechen handelt, da die Leiche vollständig bekleidet aufgefunden wurde. Nähere Informationen erhalte man allerdings erst nach der Obduktion. Bis jetzt stehen die Ermittler vor einem Rätsel.
Und nun zum Wetter. Heute bleibt es meist sonnig mit Temperaturen bis zu........“



Miranda wurde übel. Den halb aufgegessenen Marmeladentoast legte sie auf den Teller zurück.
Das konnte doch nicht war sein? Das musste ein dummer Zufall sein!
„Miranda geht es dir nicht gut, mein Schatz? Du bist plötzlich so blass,“bemerkte Sue.
„Äh, geht schon. Mir ist nur ein wenig schlecht,“ log sie.
„Ich hab keinen Hunger. Ich esse nachher noch was,“ sagte Miranda eilig und stolperte hastig in ihr Zimmer.

Dort angekommen schaltete sie ungeduldig ihr Netbook an. Es dauerte immer ewig, bis das kleine Mistding endlich hochgefahren war.
„Okay, suche....neueste Nachrichten, Greystreet,“ das erste Suchergebnis war gleich ein Treffer. Dort stand zwar nicht viel mehr, als sie eben im Radio gehört hatte aber es war auf der Seite noch ein Passfoto von dem toten Mädchen abgebildet. Jetzt konnte Miranda es nicht mehr leugnen und als Traum abtun. Dieses Mädchen war genau das Mädchen, welches sie letzte Nacht bleich und kalt auf der Bank gefunden hatte.
Miranda war zum heulen zumute. Die Aussicht darauf, dass in der Nächsten Schlagzeile vermutlich ihr Bild erscheinen würde, fand sie ganz und gar nicht gut.
„Ganz ruhig bleiben, Miranda,“ sprach sie zu sich selbst, „Jetzt nicht die Nerven verlieren......Na schön,...neue Suche: Schutz gegen Vampire.....“

„Glaubt man den alten Volkssagen ist der wirksamste Schutz gegen Vampirez.B. :
Zweige von Wacholder, Stechpalme oder der altbekannte Knoblauch
Weihwasser, es wirkt auf Vampirhaut wie Säure
Kruzifixe und Kreuze, Vampire weichen vor ihnen zurück, bei Berührung verbrennt ihre Haut
Sonnenlicht, da Vampire Geschöpfe der Nacht sind, verbrennen sie im Tageslicht ….“



Hm,

dachte Miranda, also der Knoblauch kommt gar nicht in Frage. Ich will nicht die ganze Zeit stinken, nur damit mich kein Vampir aussaugt. Und Weihwasser...naja ich weiß na nicht. Ich glaub nicht, dass ich einfach so in die Kirche gehen und um Weihwasser bitten kann....Das mit dem Sonnenlicht ist ja ganz einleuchtend, das hat Connor mir ja auch gesagt, dann passe ich Nachts eben besonders auf. Und ein Kreuz müsste ich doch auch hier noch irgendwo rumfliegen haben....



Miranda suchte ihr altes Schmuckkästchen. Ein kleines, silbernes Ding vollgestopft mit kleinen Anhängern, Ohrringen, Ketten und sonstigem Kleinkram.
Nachdem sie die gefühlten hundert Ketten und Armbänder auseinander getüdelt hatte, fand sie wonach sie gesucht hatte: Ein kleines, silbernes Kreuz mit einem roten Glasstein in der Mitte. Das Ding hatte sie mal in einem Onlineshop bestellt. Sie war nicht streng gläubig, sie fand es einfach hübsch.
Vorsichtig fädelte Miranda das Kreuz auf eine dünne Silberkette und hing sie sich um den Hals. Sie warf noch einen kurzen Blick in den Spiegel, atmete einmal tief durch und ging zurück zum Frühstückstisch.


4. Kapitel




Die Woche ging schnell rum. Miranda hätte nur eine Spätschicht gehabt, die hatte sie mit einer Kollegin gegen eine Tagschicht tauschen können. So musste sie nicht Nachts allein nach Hause gehen. Soweit war nichts außergewöhnliches passiert. Connor ging jeden Tag am „Schröders“ vorbei und grüßte Miranda kurz. Aber ein längeres Gespräch war mit ihm bis jetzt auch nicht zu Stande gekommen. Darüber ärgerte Miranda sich etwas. Nun ja, es musste ihr wohl reichen, zu wissen, dass er da war. Aber es war schon seltsam. Sie hatte sich mehr davon versprochen. Schließlich hatte er ihr das Leben gerettet. Da war es wohl nicht verwunderlich, dass sie ihren Retter gern näher kennengelernt hätte.
Außerdem war er für einen Engel ziemlich niedlich. Eigentlich nicht ganz Mirandas Typ, sie mochte lieber dunkelhaarige Männer und Connor war nun einmal blond, aber was machte das schon? Sie wollte auf jeden Fall versuchen demnächst mal ein richtiges Gespräch mit ihm anzufangen.
Um siebzehn Uhr hatte sie dann Feierabend und fuhr nach Hause, es war Freitag. Heute feierte ein Bekannter von Lara seinen einundzwanzigsten Geburtstag. Und das wollte Miranda auf keinen Fall verpassen.
Wenn ich nicht allein im Dunkeln rumrenne, passiert mir bestimmt nichts, außerdem könnte es ja auch sein, dass dieser Vampir mich schon längst vergessen hat.


Um zwanzig Uhr wollte Laras Mutter sie abholen. Also huschte Miranda noch schnell unter die Dusche, sie wollte sich heute mal richtig schick machen.

„Wo sind wir hier eigentlich?“ fragte Miranda entsetzt. Laras Mutter war in einen dunklen Feldweg eingebogen, sie waren schon weit außerhalb der Stadt.
Lara guckte zerknirscht, „ Also Jason hat gesagt, dass hier in der Straße eine Scheune ist, in der Donny feiert. Es sind über hundert Leute eingeladen, weißt du? Jason ist auch da!“
„Das is ja toll,“ antwortete Miranda wenig begeistert.
„Ich glaub ich seh da vorn schon Licht, wir müssten gleich da sein.“entgegnete Laras Mutter.
Der Wagen bog in eine Einfahrt ein. Ja, hier waren sie richtig. Alles war hell beleuchtet, die Scheune war professionell ausgebaut, und neben den Parkplätzen waren gemietete Toiletten-Häuschen aufgestellt worden. Man hörte laute Musik und fröhlich grölende Leute die schon kräftig am feiern waren.
„Mama halt an, wir steigen hier aus,“nörgelte Lara.
Aber ihre Mutter meinte: „Ich guck erst einmal, ob ich nicht dichter dran einen Parkplatz finde.“
Verzweifelt kurvten sie herum, um einen freien Parkplatz zu finden, aber alles war schon belegt.
„Dann müssen wir eben vorn an der Straße parken,“schlug Miranda vor. Laras Mutter fuhr zurück die lange Auffahrt hinunter an die Straße und parkte neben einem großen Baum.
„So,“sagte sie,“Hier lass ich euch eben raus.“
Es war recht dunkel dort, da es keine Straßenlaternen gab. Also huschten die beiden schnell aus dem Auto und zur Party.
Laras Mutter rief den beiden noch nach: „Ruft an, wenn ich euch wieder abholen soll und viel Spaß!“
Der Weg zur Scheune war nur ein Schotterweg. Und deswegen fielen Miranda und Lara mit ihren hohen Schuhen beide mindestens zweimal fast hin. Gott sei dank hatten sie inzwischen wieder gute Laute und konnten darüber lachen.
In der Scheune angekommen schaute Miranda sich erst mal nach Leuten um, die sie eventuell kannte, aber auf den ersten Blick fiel ihr keiner auf. Es waren allerdings ein paar ganz ansehnliche junge Männer dabei.
Lara war da ganz anders, sie kannte wieder jeden zweiten, mindestens. Hier eine Umarmung da wieder ein Ex-Freund und wen sie noch nicht kannte, dem machte sie sich einfach bekannt.
Miranda konnte auch gar nicht so schnell gucken, wie Lara ihr einen Drink in die Hand drückte. Mit Alkohol war Lara immer ganz schnell.
Miranda nippte an ihrem Glas und fragte Lara: „Sag mal, wer ist jetzt eigentlich der Typ, der Geburtstag hat? Ich kenn den gar nicht.“
„Donny? Ja den hab ich auch noch nicht gesehen. Wolln wir mal rumgehen und ihn suchen?“
Die zwei kamen nur schleppend voran, ständig musste Lara jemanden begrüßen und versprechen mit demjenigen auf jeden Fall noch einen zu trinken.

Einige Drinks später, waren Miranda und Lara ziemlich gut drauf, allerdings lies es sich nun nicht mehr vermeiden, dass die zwei die Toilettenhäuschen aufsuchen mussten.
Kichernd und stolpernd schlenderten sie aus der Party-Scheune. Da kam Jason von der Seite auf sie zu.
„Hey ihr zwei Hübschen. Trinkt ihr noch einen mit mir?“
„Also, ich schon,“ kicherte Lara begeistert. Sie hakte sich bei ihm ein und guckte Miranda mit großen Augen an.
Miranda fühlte sich schon ziemlich duselig im Kopf, außerdem musste sie wirklich dringend 'wohin'.
„Ach, geht nur. Ich komm gleich nach. Wir treffen uns gleich drinnen, okay?“
„Ok,“ quietschte Lara vergnügt, und dann war sie mit Jason auch schon im Getümmel verschwunden.
Ich trink jetzt erst mal nichts mehr, dachte Miranda und machte sich auf wackligen Beinen auf den Weg.

Auf dem Rückweg hatte sie wieder so ein seltsames Gefühl. Es stellten sich ihr die Nackenhaare auf. Sie ging schnell an den parkenden Autos vorbei. Hinter sich hörte sie ein Rascheln im Gebüsch. Miranda hatte jetzt keine Lust sich umzudrehen.
Nein

,dachte sie bockig, Ich bin gleich wieder bei Lara und den anderen, mir passiert jetzt nichts, ich bin gleich da.


Die letzten Schritte rannte sie, was ein paar betrunkene Typen recht amüsant fanden.
„Ey Kleine, was hast du's denn so eilig?“ lachten sie.
Sie antwortete nicht, ging nur schnell weiter.
Jetzt atmete sie erleichtert auf. Sie war wieder in Sicherheit.
So, jetzt stand sie allerdings vor einem neuen Problem: Wo war schon wieder Lara?
Die Musik war laut. Der DJ spielte einen Song mit besonders viel Bass. Miranda konnte ihn im Bauch vibrieren spüren.
Es half alles nichts, sie stürzte sich in die Menge und machte sich auf die Suche.
Plötzlich wurde sie von jemandem angerempelt und stieß dabei gegen jemanden. Dieser jemand fing sie auf, legte ihr die Hände auf die Schultern. Sie stand mit dem Rücken zu ihm und wollte sich gerade umdrehen um sich zu bedanken, da spürte sie seinen kühlen Atem nah an ihrem Ohr.
„Vorsicht Prinzessin. Sonst passiert dir noch etwas.“
Miranda wich erschrocken zurück. Als sie sich umdrehte bestätigte sich ihr Verdacht: Eisblaue Augen, nachtschwarze Haare.
Anthony der Vampir stand vor ihr.

Er lächelte sie neckend an. Ihre Angst schien ihn zu belustigen. Miranda erging es wie beim letzten Mal. Sie wollte wegrennen so schnell sie konnte, doch irgendetwas zwang sie nicht von der Stelle zu weichen. Diesmal jedoch war es nicht nur der Bann seiner Augen. Tief im inneren verspürte Miranda eine gewisse Neugierde.
Ihr Herz schlug ihr im Hals, als er näher kam. Sein Grinsen wurde mit jedem Schritt breiter.
Jetzt stand er direkt vor ihr. Sie konnte die Kälte fühlen, die er ausstrahlte.
Langsam beugte er sich zu ihr vor. Miranda nahm die Musik und das Stimmengewirr um sie herum nur noch als leises Rauschen war. Sie konnte seine Stimme klar und deutlich hören, dabei sprach er nicht lauter als im Flüsterton.
„Einen schönen Anhänger hast du da. Man könnte meinen, du willst damit Vampire abwehren. Sag mir, ist dem so?“
Leicht verwirrt versuchte Miranda zu antworten. Doch die Worte steckten ihr im Hals fest.
Natürlich wollte sie sich damit vor Vampiren, nein, vor einem Vampir und zwar vor ihm schützen.
Anthony richtete seine gesamte Aufmerksamkeit auf das kleine Kreuz an Mirandas Hals. Spielerisch nahm er es zwischen zwei Finger und betrachtete es ernsthaft. Drehte es leicht ins Licht, sodass der kleine rote Glasstein aufblitzte.
Verwirrt sah Miranda ihn an. Sie sah keine kleinen Rauchschwaden oder roch verbranntes Fleisch. Was war hier eigentlich los?
Anthony musste ein kichern unterdrücken. Sanft lies er das kleine, silberne Kreuz auf Mirandas Haut zurückfallen.
„Es entzückt mich, wie naiv du bist, meine Kleine. Um dich vor mir zu schützen solltest du dir etwas Besseres einfallen lassen, als dieses süße Spielzeug da.“
Dann verschwand er in der Menge. Als wäre er nie dort gewesen. Plötzlich stürzte die Musik wieder mit Voller Lautstärke auf sie ein. Es tat fast schon in den Ohren weh.
Langsam kam sie wieder zur Besinnung.
Miranda kam sich in diesem Moment sehr allein gelassen vor. Wo war Connor, wenn sie ihn brauchte?

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Tag der Veröffentlichung: 15.09.2011

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