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Wüstentag


Es sollte ein außergewöhnlicher Tag für unsere Therapiegruppe werden. Jeder für sich sollte einen Ort aussuchen, an dem er bewusst genießen kann. Hierbei sollten unsere Sinne, wie fühlen, riechen, schmecken und sehen im Vordergrund stehen. Eine Entspannungsphase darf natürlich nicht fehlen. Ich suchte mir den idyllischen Stadtteil Kaiserswerth in Düsseldorf aus.

Morgens nach dem Frühstück wurden wir von unseren Therapeuten verabschiedet. Ich ging erst mal in Richtung Straßenbahn, die mich zum Düsseldorfer Hauptbahnhof bringen sollte. Nachdem ich einen Sitzplatz bekommen hatte, versuchte ich mich auf die unterschiedlichen Geräusche zu konzentrieren. Es war mir allerdings zu viel und zu laut. Die Menschenmengen im Hauptbahnhof waren einem Ameisenhaufen gleich, aber in der U-Bahn konnte ich mich wenigstens ein bisschen entspannen.

In Kaiserswerth angekommen, schaute ich mich erst mal auf dem Klemensplatz um. Nun ging ich erst mal zum Rheinufer hinunter. Was für ein grandioser Ausblick. Ich stand ein Weilchen dort, holte tief Luft, um sie danach wieder bewusst auszupusten und genoss es in allen Zügen. Hier herrschte die Ruhe der Natur. Der Pegel des Rheinwassers war ziemlich niedrig und ich konnte die vielen unförmigen, riesigen Felsensteine auf dem Sand des Ufers bestaunen. Der Himmel zeigte sich in verschiedenen Farben und die Wolken wurden von der fast verdeckten Morgensonne angestrahlt. So entstand eine wunderbar schöne Landschaft. Es war absolut windstill. Ich konnte regelrecht eine Ruhe verspüren. Noch einmal holte ich tief Luft und atmete sie ganz langsam wieder aus.

Ich blickte nach links und entdeckte einen schmalen Weg, der hinter einer Burgmauer verschwand und wurde neugierig. Ich beschloss diesem Pfad zu folgen. Ganz langsam und genüsslich ging ich los. Immer wieder sah ich auf das Wasser auf dem sich eine kleine Fähre ans andere Ufer machte. Es war kaum ein anderes Wesen zu entdecken. Mich haben vor allen Dingen die wunderbar verästelten Bäume fasziniert. Kaum ein Baum trug noch ein Blätterkleid. Mich überkam eine innere Ruhe. Nach einigen Minuten spürte ich die Kälte auf meinem Gesicht und an den Händen und beschloss langsamen Schrittes zurück ins Dörfchen zu gehen.

Ich betrat eine kleine Buchhandlung. Eine wohlige Wärme kroch in mir hoch. Jetzt fehlte nur noch ein Sessel, dachte ich. Ich stöberte ein bisschen herum. Die Dame an der Kasse, war sehr freundlich. Hier fühlte ich mich wohl. Nachdem das Lädchen wieder verlassen hatte, wollte ich mich noch etwas im Städtchen umsehen.

Ein paar Weihnachtsbuden schmückten das Ende der Straße. Ich bog links in eine Gasse ein und sah ein hübsches Gebäude. Es nannte sich Cafe Werthvoll. Das ist jetzt genau das richtige für Dich, überlegte ich mir. Ich betrat einen urigen Wintergarten, der sehr gemütlich auf mich wirkte. Ich suchte mir einen schönen Platz aus, von dem ich einen wundervollen Rundblick hatte und bestellte mir einen Kaffee. Zwei Studenten unterhielten sich am Nebentisch. Doch selbst das angeregte Gespräch übertünchte die Stille im Raum. Nur das Schlürfen meines Kaffee's konnte ich hören. Die nette Bedienung zündete auf den Tischen alle dicken cremefarbenen Kerzen an. Schön war's.

Meine innere Stimme meldete, dass doch jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, eine Bild zu malen. Also holte ich meine Zeichenutensilien aus der Plastiktüte hervor und überlegte nur kurz. Die ersten Striche waren zu Papier gebracht, da brachte mir die Kellnerin noch einen Kaffee. Mein Bild nahm langsam Formen an und ich war voll in meinem Element. Leider reichte die Zeit nicht aus, um es zu Ende zu bringen. Ich schaute auf die Uhr und wollte dann meine Rückfahrt antreten. Warm eingepackt schlenderte ich in Richtung Klemensplatz, wo auch schon meine Bahn stand.

Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass ich nun öfter mal einen Wohlfühl-Tag machen werde. Diese Art der Entspannung und des genaueren Hinsehens hat mich fasziniert und es kostet fast gar nichts. Wie schön doch so ein Baum sein kann...

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Tag der Veröffentlichung: 26.11.2011

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