A little romance
Der Duft des neuen Morgens weckt mich sanft aus meinen Träumen. Noch etwas verschlafen drehe ich mich noch einmal auf den Rücken, strecke mich ausgiebig und döse noch einen Moment. Doch plötzlich packt es mich. Ich muss raus! Raus in den neuen Morgen, raus in diesen neuen, herrlich duftenden Tag.
Ich fühle es ganz deutlich in jeder Faser meines Körpers. DIESER Tag wird der BESTE TAG!
Schnell noch einen Happen Frühstücken und etwas trinken. Vor lauter Vorfreude auf den bevorstehenden Spaziergang beeile ich mich. Durch das geöffnete Fenster kann ich all die herrlichen Frühlingsdüfte wahrnehmen. Ich strecke meine Nase sehnsüchtig in die einfallende Sonne und kann es kaum abwarten, bis ich draußen bin.
Endlich, nach ein paar Schritten habe ich mein zu Hause hinter mir gelassen. Die morgendliche Sonne ist noch nicht zu stark, ich atme die feuchte Morgenluft ein, spüre wie die Kälte in meiner Nase prickelt und in meine Lungen strömt. Doch das stört mich nicht, denn schon ein paar Meter weiter wärmt die Märzsonne meinen Rücken.
Hier und da bleibe ich stehen, schnuppere, lausche. Die Luft ist erfüllt von Gerüchen, die die feuchte Erde des frühen Morgens um ein vielfaches verstärkt. Wenn ich meinen Kopf hebe kann ich in der Ferne Kirchenglocken hören. Bei dem sanften Glockenspiel, das der Wind zu mir herüber trägt, bleibe ich einen Moment still stehen und lausche, woher genau diese schönen Töne zu kommen scheinen. Wenn ich meinen Kopf ein wenig drehe, höre ich die Glocken noch viel lauter.
Aber was war das? Im Gebüsch hat es geraschelt. Schnell drehe ich meinen Kopf und kann noch eine kleine Amsel entdecken, die im Laub unter den alten Büschen nach Würmern und Materialien für ihren Nestbau gesucht hat. Aufgeregt schnatternd und zwitschernd fliegt sie im Tiefflug erschrocken über den Boden weg.
Ich beschleunige meine Schritte.
Es tut so unglaublich gut, mich nach der langen Winterpause mal wieder ausgiebig bewegen zu können und die erwachende Frühlingswelt zu erkunden. Mein Atem geht schneller, mein Herz klopft.
Ich kann nicht anders, ich muss schneller werden. Im leichten Trab laufe ich den Weg entlang und genieße das Gefühl, endlich meine Beine wieder zum Laufen bringen zu lassen.
Schnell wird mir warm, die morgendliche Kälte ist komplett aus meinem Körper gewichen.
Mit halb geschlossenen Augen laufe ich auf dem Feldweg entlang, immer der Nase nach. Dort wo es schön ist, bleibe ich eine Weile, bis es mich wieder weiter zieht. Der blaue Himmel über mir ist übersät mit kleinen, weißen Wolken.
Erstaunt bleibe ich stehen, als ich in der Ferne noch ein paar Rehe entdecke, die auf der Lichtung geaast haben. Sie erheben ihre Köpfe, lauschen, spannen ihre Körper und springen davon. Kurz überkommt mich das Verlangen ihnen nachzujagen, genau so elegant und fast schwerelos über die Wiesen und Wälder zu rennen, doch noch als der Impuls in mir auftaucht, spüre ich es.
Dieses Prickeln durchströmt meinen Körper.
Ich spüre, wie das Verlangen wächst.
Bald, bald..., es kann nicht mehr weit sein.
Es ist, als läge etwas ganz besonderes in der Luft.
Schnell renne ich weiter, will wissen, warum es mich genau in diese Richtung zieht. Die Gerüche werden intensiver, ich kann spüren, wie Verlangen durch meine Adern strömt. Verlangen nach etwas ganz besonderem, etwas einzigartigem, etwas was mich und meine gesamten Sinne beflügelt.
Die Welt scheint an mir vorbei zu rauschen, so schnell muss ich rennen. Es kann nicht mehr weit sein, ich spüre es. Nur noch an diesem Baum vorbei, die Ecke passieren und plötzlich bin ich da. Wie angewurzelt bleibe ich erst einmal stehen und genieße was ich vor mir habe.
Da steht sie! Die Sonne strahlt zwischen den Bäumen genau auf sie. Ihre Haare glänzen rotgolden, ihre Augen sind wie dunkle Diamanten. Sie hebt ihren Kopf, auch sie scheint mich endlich entdeckt zu haben. Ich kann nicht mehr, mich hält nichts mehr am selben Fleck. Ihre Schönheit und ihre anmutige Gestalt ziehen mich magisch an. Ich muss zu ihr, ich kann nicht anders! DAS ist es, worauf ich schon die ganze Zeit gewartet habe.
Ich habe die Begegnung nicht nur geahnt, es ist, als hätte ich sie schon heute Morgen riechen können.
„Willst du mit mir spielen?“ scheint ihr Körper zu fragen.
„Und wie ich das will, meine Schöne!“, denke ich, ein letzter Spurt trennt mich von diesem Zauberwesen.
Schon ist es soweit. Wir stehen uns Auge in Auge und Nase an Nase gegenüber. Ihr Körper scheint zu zittern, genau wie meiner bebt er vor Aufregung. Sie riecht so wunderbar, ich nehme nichts anderes mehr in meiner Umgebung wahr. Sie hat mich vollständig in ihren Bann gezogen, aber auch ich scheine ihre volle Aufmerksamkeit zu haben.
Verliebt drehen wir uns im Kreis, wir haben nur noch Augen für einander. Unsere Nasen berühren sich sanft, wir beschnuppern uns.
Ich tanze um sie, um meine unbekannte Schönheit und stecke meine Nase in ihr Ohr, will ihr gern in meiner Sprache sagen, wie wunderbar sie ist.
Doch so leicht lässt sich meine Geliebte nicht verführen. Keck schaut sie mir in die Augen und scheint sagen zu wollen: „Wenn du mich erobern willst, musst du mich erst einmal fangen.“ Ihre dunklen Augen blitzen schalkhaft und schon setzt sie zu einem Sprung an und fegt im Sprint über die Wiesen.
Mich hält nichts mehr, ich sprinte hinterher. „Meine wunderschöne Rothaarige, ich kriege dich!“ Dafür lohnt es sich zu leben!
Schon ist der kühle Morgen einem frühlingshaften Vormittag gewichen. Die meisten Vögel haben ihr frühes Konzert unterbrochen und sind zu ihrem Tagewerk übergegangen. Auf der kleinen Lichtung, genau zwischen dem nahen Wald und dem sandigen Feldweg fegen zwei überglückliche Lebewesen über die Wiese, drehen sich im Kreis, springen und genießen den Moment. Einige Spaziergänger kommen vorbei und beobachten die Szene.
Es ist ein verliebtes Pärchen, die sich bei dem Anblick der beiden rennenden Hunde auf der Lichtung anlächeln und sich liebevoll in die Arme nehmen. Sie stupsen ihre Nasen aneinander, drehen sich im Kreis, küssen sich.
Ein Frühlingstag kann so wundervoll sein.
Tag der Veröffentlichung: 14.09.2011
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