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Der neunte Einsatz

 

Prolog

 

Sie betrachtete sich im Spiegel. Ihr glattes, dunkelbraunes Haar war schon wieder schulterlang, doch sie entschied sich es diesmal wachsen zu lassen. Schließlich musste sie lernen mit ihrem Körper zurechtzukommen, wenn sie wieder im Einsatz war. Sie griff sich einen Handspiegel, zog ihr blaues Kleid nochmal aus und betrachtete ihren Rücken. Die Wunde war erstaunlich gut verheilt, doch zwischen ihren Schulterblättern zeigte sich eine zackige, weiße Linie auf ihrer ansonsten leicht gebräunten Haut. Diese Narbe würde wohl nie wieder weg gehen. Blanke Wut brodelte in ihr auf. Sie war wütend auf sich selbst. Wie konnte ausgerechnet ihr so ein Fehler unterlaufen, wo sie doch sonst immer so vorsichtig war. Wütend sah sie ihrem Spiegelbild in die smaragdgrünen Augen. Ihre Augen leuchteten kurz auf und der Spiegel zerbrach.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 An nur einem Tag

 

„Jack... Jack wach auf!“. Langsam öffnete Jack die Augen und sofort blendete ihn das durch das Fenster einfallende Sonnenlicht.

„Guten Morgen Jack, beeil dich, sonst kommst du noch zu spät zur Schule“. „Ist ja gut, Mama.“, antwortete Jack schlaftrunken, „habe ich denn schon wieder verschlafen?“

„Wie jeden Morgen, seit einiger Zeit“, sagte sie belustigt. „Verrätst du mir denn heute den Grund dafür? Warum bist du in letzter Zeit so müde?“

„Wie oft soll ich dir denn noch sagen, dass ich es selbst nicht weiß, Mama!“, protestierte Jack und stand auf.

In Wirklichkeit wusste Jack sehr genau warum er in letzter Zeit so müde ist. Aber er konnte seiner Mutter schlecht sagen, dass er jeden Abend bis spät in die Nacht hinein die alten Bücher über Magie studierte, die sein Vater zurückgelassen hatte. Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie wüsste, dass auch ihr Sohn sich für Magie interessierte. Sein Vater starb schließlich im Einsatz.

„Bist du soweit?“ rief seine Mutter von unten.

„Komme gleich“, antwortete Jack. Schnell zog er seine Sachen an und rannte nach unten.

„Dein Frühstück steht auf dem Tisch, ich muss jetzt zur Arbeit. Bis heut' Abend, mein Schatz.“

„Tschüss Mama“, rief Jack ihr hinterher, als sie schon zur Tür rausging.

Gut, sie ist weg, dachte er sich. Heute werde ich mich trauen, den Turm zu betreten. Er aß sein Frühstück auf, packte seine Tasche und verließ das Haus. Doch schlug er nicht den Weg Richtung Schule ein, als er draußen war, nein, heute wollte er in den Turm.

 

 

Die Tür schwang auf und gab die dahinterliegende Bibliothek frei. Die riesige Halle war zugestellt mit deckenhohen Regalen, die die den Saal in fünf Gänge teilten. Jedes einzelne war bis obenhin vollgestopft mit Büchern jeder Art, aber vor allem wurden hier Zauberbücher, Geschichtsbücher und Schriftrollen aufbewahrt. Sie liebte diesen Ort. Jedes Mal, wenn sie hier her kam, überwältigte sie dessen Schönheit. Überall roch es nach altem Leder und Staub. Hier und dort trieben sich ein paar Studenten herum, lasen Schriftrollen oder saßen in Gruppen an den Tischen am Ende der Bibliothek. Sie rief sich in Erinnerung:

 

Dritter Gang, viertes Regal, fünfte Zeile, sechstes Buch.

 

Diese Kombination hatte sie sich ausgewählt, da sie sich zahlen nur schwer merken konnte. Doch das war noch einfach.

Nur jeder, der zum Turm gehörte, hatte Zutritt zur großen Bibliothek. Daher hielt sie diese für das geeignetste Versteck für das Buch, denn wer dem Turm angehören will, muss zuerst die Magie in sich wecken. Und das schafft fast keiner. Zudem ist es schon so schwierig, in dieser riesigen Bibliothek zu finden, was man sucht.

Als sie vor drei Jahren vom Turm aufgenommen wurde, ging sie sofort in die Bibliothek, von der ihre Eltern ihr erzählt hatten, entnahm der Stelle ein altes Geschichtsbuch und schob das Buch stattdessen dort hinein. Doch jetzt brauchte sie es wieder einmal. Sie schaute sich um. Als sie sah, dass niemand sie beobachtete, bog sie in den dritten Gang ein, zählte die Regale, an der sie vorbeikam, schnappte sich die Leiter und holte dort oben das Buch heraus. Nachdem sie das alte Geschichtsbuch, dass sie seitdem in ihrem Zimmer aufbewahrte, wieder hinein gestellt hatte, verschwand sie so schnell wie sie konnte wieder, aus ihrer geliebten Bibliothek.

 

Jack stand vor dem Turm und blickte hinauf. Der riesige, pechschwarze Turm stand genau vor der aufgehenden Sonne und warf einen langen Schatten in seine Richtung. Er machte ihm immer noch Angst. Doch heute wollte er sich endlich trauen. So schlimm wird’s schon nicht werden. Ich schaff das. Ich tue das ja nicht nur für mich. Mit dem Bild seines Vaters im Kopf, schöpfte Jack Mut und klopfte an die Tür.

 

„Bist du zum lernen hier?“, fragte ein tiefe, widerhallende Stimme.

 

Jack schreckte zurück. Hatte die Tür gerade gesprochen? Verunsichert antwortete er: „ ja, dass bin ich.“

Nach ein Weile antwortete die Tür: „Du scheinst mir ehrlich zu sein. Du darfst eintreten.“

Knarrend schwangen beide Flügel der großen, schwarz gestrichenen Holztür auf und Jack wagte sich hindurch. Von innen sah der Turm gar nicht mehr so angsteinflößend aus. Die Wände waren tapeziert und der Boden war mit einem schweren, dunkelroten Samtteppich belegt. Geradewegs vor ihm führte eine hölzerne Wendeltreppe nach oben. Jack hörte Schritte näher kommen. Aus einer Seitentür auf der rechten Seite kam eine alte Frau auf ihn zu. Sie hatte weißes Haar, smaragdgrüne Augen und trug ein Buch in der rechten Hand. Ihr Gang war aufrecht.

„Sei gegrüßt, Fremder“, sagte sie.

„Hallo“, entgegnete Jack. Die Frau kam ihm sympathisch vor. Sie sah nett aus, nicht etwa streng. Jack begann sich im Turm wohl zu fühlen.

„Ich bin Frau Vercelli. Verrätst du mir auch deinen Namen?“

„Mein Name ist Jack Harper.“

„Schön dich kennenzulernen, Jack. Sag, warum bist du hier?“, fragte sie freundlich.

„Ich will ein Magier werden.“, sagte Jack verlegen.

„Ein Magier werden? Bist du dir bewusst, was es heißt, ein Magier zu sein?“

Sie sprach es wie eine Drohung aus. Das machte Jack Angst.

„Ehh, ja. Natürlich weiß ich das. Mein Vater war auch einer. Er hat mir immer davon erzählt, wie es ist, Magie zu benutzen.“ Als Jack von seinem Vater sprach lief ihm eine Träne die Wange herunter. Er fühlte sich schon gar nicht mehr so wohl.

Frau Vercelli schien das jedoch nicht zu stören, sie fragte ihn weiter aus. Jack erzählte ihr alles, was er über Magie wusste, über die innere Kraft, die man dafür braucht, über die Gefahr, die sie verursachen kann und über die Einsätze, zu denen ein Magier verpflichtet ist. Sie fragte ihn auch über seinen Vater, wer er war, wann er gedient hat. Sie schien sich an ihn zu erinnern.

„Es tut mir Leid, dass dein Vater für uns sterben musste“, sagte sie, nun wieder freundlich. „Wie kommt es, dass du trotzdem ein Magier werden möchtest?“

„Ich muss es einfach. Ich interessiere mich für Magie, seit Vater das erste Mal davon erzählt hat. Ich kann nicht anders, als so zu werden wie er.“

„Du könntest aber auch genauso enden wie er.“, sagte sie.

„Dann soll es so sein.“

„Wie alt bist du, Jack?“, fragte Frau Vercelli weiterhin.

„Ich bin schon sechzehn“, sagte Jack voller Stolz und dachte daran, wie seine Mutter ihm an seinem Geburtstag gesagt hatte, dass er jetzt ein großer Junge sei. Seine Anspannung war verflogen.

„Das ist zu jung.“, sagte Frau Vercelli ernst. „Ich kenne nur eine, die es in dem jungen Alter geschafft hat, ihre Magie zu wecken. Abgesehen davon geht das nicht an einem Tag. Manche brauchen zwei Jahre, um es zu schaffen. Die meisten schaffen es niemals.“

 

„Lasst es mich wenigstens versuchen, zeigt mir was ich machen muss!“, protestierte Jack. „Ich könnte doch der zweite sein, der es in dem Alter schafft.“

„Du hast ja recht.“, sagte sie, „man sollte es immer Versuchen.“

„Also darf ich?“, fragt Jack nervös.

„Ich zeige dir was du tun musst. Den Rest musst du selbst schaffen“, sagte sie seufzend. „Also gut, komm mit, Jack.“

Jack folgte Frau Vercelli die Wendeltreppe hinauf. In der zweiten Etage gab es sieben Türen. Gezielt steuerte Frau Vercelli die erste Tür auf der linken Seite der Treppe an.

„Das hier ist der Übungsraum. Hier drin fanden alle Magier des Landes, die heutigen und auch die früheren, den Zugang zu ihrer Magie. Jack starrte in die Riesige Halle. Der Turm musste von innen deutlich größer sein als es von außen den Anschein hat. In genau dieser Halle musste sein Vater ein Jahr und 37 Tage lang, so hatte er es erzählt, wieder und wieder meditiert haben, bis er den Zugang zu seiner Magie fand. Dieses Wissen erfüllte Jack mit Stolz. Er durfte es ihm in demselben Raum gleichtun. Die Halle war in schlichtem weiß tapeziert. Der Boden war mit Laminat belegt. Auch die Einrichtung war schlicht, bis auf den großen dunkelroten Teppich mit drei golden schimmernden Querstreifen.

„Was genau soll ich denn hier tun?“, fragte sich Jack laut.

„Ganz einfach, den Weg zu deiner Magie finden.“

„Und wie soll ich das tun?“

„Jack, alles was uns umgibt ist Magie, das menschliche Leben ist Magie, genauso wie das Unkraut, das auf der Wiese wächst. So steckt auch in jedem von uns Magie. Und wer den Weg zu ihr findet, der kann von ihr Gebrauch machen. Wenn die Magie sich dir öffnet, macht sie sich bemerkbar. Bei den meisten Magiern, die es schaffen zeigt sich die Magie in einer kurzweiligen Projektion. Bei mir hat sich die Farbe des Teppichs geändert. Er war einst braun mit schwarzen Streifen“

 

„Aber wie soll ich denn jetzt den Weg zu meiner Magie finden?“

„Woher soll ich das denn wissen? Die Magie, die einen jeden Menschen erfüllt ist von Person zu Person unterschiedlich. Du musst schon selbst herausfinden wie du sie weckst. Du darfst jeden Tag wieder kommen. Ich beaufsichtige den Raum jedes Mal eine Stunde lang. Dann musst du wieder gehen und an einem anderen Tag wiederkommen. Du hast noch vierzig Minuten für heute.“

Frau Vercelli setzte sich auf einen Stuhl, der in der Ecke des Raumes stand. Sie sagte kein Wort mehr zu ihm, tat fast so, als wäre er gar nicht da. Ich weiß immer noch nicht, was ich jetzt tun soll, dachte sich Jack. Vater hat sich stets auf den Teppich gesetzt und meditiert. Aber ich will nicht auch über ein Jahr brauchen. Was mach ich jetzt bloß?

Jack ging in die Mitte des Raumes und legte sich auf den Teppich. Die goldenen Streifen sahen wertvoll aus, echt, auch aus nächster Nähe. Doch wenn er sie berührte, waren sie samtweich. Er schloss seine dunkelbraunen Augen und überlegte. Als ihm nichts einfiel, sagte er sich wieder und wieder: Alles ist Magie. In mir steckt Magie. Ich kann sie finden. Alles ist Magie. In mir steckt Magie. Ich kann sie finden.

Er dachte an seinen Vater. Er hat mir nie erzählt, wie er es nach einem Jahr dann am 37. Tag geschafft hatte. Er wusste nicht mehr weiter. Würde es auch bei ihm mehr als ein Jahr dauern?

„Noch fünf Minuten“, kam es aus der Ecke des Raumes.

Vater sagte immer: behandle die Magie wie einen guten Freund, dann wird sie dir stets erhalten bleiben!'.

Wie einen guten Freund?

Jack begann immer wieder zu flüstern: „bitte meine Magie, ich brauche dich. Erhöre mich und steh mir bei.“

 

Jack spürte ein Kribbeln im ganzen Körper. Es schien zu funktionieren. Wieder und wieder wiederholte er das Mantra.

Doch dann....

„Genug!!“, schrie Frau Vercelli. Jack schreckte hoch und sah zu ihr rüber. Ihre Hände zitterten.

„Sieh was du angerichtet hast!“, sagte sie mit angsterfüllter Stimme. Jack sah sich um. Der Laminatboden ist an mehreren Stellen aufgebrochen. Selbst durch den Stein zogen sich feine Risse. Auch der Teppich war hinüber und die Wände waren kahl. Die Tapete lag in Fetzen auf den Boden. Auch die Kleidung von Frau Vercelli war auseinandergerissen. Sie hielt sich ihr Kleid mit Mühe zusammen.

„Was... Was hab ich nur getan? Wie konnte das passieren?“ Jack war nun selbst von Angst erfüllt. War seine Magie, die er freundlich um Hilfe gebeten hatte denn so Destruktiv? Sein Vater hat mit Heilmagie gedient, das konnte also einfach nicht stimmen. Hilfesuchend blickte Jack zu Frau Vercelli rüber, die selbst noch wie geschockt im Raum stand. Als sie zu ihm hinsah blickte sie ihm tief in seine smaragdgrünen Augen und fiel in Ohnmacht.

 

 

Frau Arnsbeck

 

Tu das nicht!“, schrie sie. Sie saß oben auf dem Balkon des Aussichtsturms der großen Festung von (Name des Landes) und blickte zu ihm runter. „Ich habe keine Wahl, vertrau mir, es wird alles gut! Ich schaff das schon!“, rief er zurück. Sie schrie nochmals: „Neeeeiiiin!!!“, doch es war bereits zu spät. Er rief seine Magie an, der Boden riss auf und eine undurchdringliche Dunkelheit begann alles Lebende um ihn herum zu verschlingen.

Lara schreckte aus ihrem Schlaf hoch. Sie saß schweißgebadet in ihrem Bett. Schon wieder der gleiche Albtraum, dachte sie.

Jedes Mal, wenn sie einen Blick in das Buch riskierte überkam sie derselbe Traum. Dabei hat sie noch nicht einmal geschafft den Text zu entschlüsseln. Ständig hatte sie eine Idee dazu, einen möglichen Schlüssel zu dem Text. Doch jedes Mal holte sie das Buch aus der Bibliothek und die Idee stellte sich als Irrtum raus. Und jedes Mal folgte dieser schreckliche Albtraum.

Sie stand aus dem Bett auf, ging ins Badezimmer und ließ sich ein Bad ein. Da schon in einer Stunde der Unterricht wieder begann, musste sie sich schnell waschen und dann den Turm hinaufsteigen. Da der Turm von Innen ungeheuer groß war, viel größer als von außen, war das ganz schön mühselig.

Wenn ich Glück hab, dann darf ich vielleicht wieder in den Einsatz, statt dem langweiligen Unterricht zu folgen.

Nach einem ausgiebigen, entspannenden Bad, holte sie eines ihrer blauen Kleider aus dem Schrank, zog es über, schnappte sich ihr Buch und eilte in Richtung Bibliothek. Unbeobachtet bog sie in die dritte Reihe ein. Dritte Reihe, viertes Regal, fünfte Zeile, sechstes Buch. Sie stieg die Leiter hinauf und fiel vor Schreck fast wieder runter. Das Geschichtsbuch, das an sechster Stelle stand war nicht mehr da. Ihr Versteck war hinüber. Jetzt brauchte sie ein neues.

 

Lara rannte zurück in ihr Zimmer. Aus Mangel an Zeit schloss sie das Buch vorerst in ihrem Nachttisch ein und machte sich auf den Weg nach oben. Nach vier Etagen Treppensteigen war sie endlich da. Sie nahm die erste der sieben Türen, links von der Treppe.

„Du bist zu spät, Lara!“, ertönte es unfreundlich aus dem Raum. Nette Begrüßung, dachte sich Lara und trat ein.

„Wo ist Frau Vercelli?“, fragte Lara die unbekannte Frau.

„Frau Vercelli ist krank. Sie wird eine Weile nicht zum Turm kommen können. Ich bin Frau Arnsbeck und werde euch für heute statt ihrer unterrichten. Setz' dich hin und pass' auf.“

„Guten Tag, Frau Arnsbeck.“, sagte Lara genervt. „Was unterrichten sie denn eigentlich?“

Der Unterricht im Turm verlief nicht nach einem festen Plan. Es wurde immer das unterrichtet, wofür gerade ein Lehrer zur Hand war. Wegen der sich häufenden Einsätze, lief der Unterricht in letzter Zeit nach dem Zufallsprinzip. Doch heute sollte Frau Vercelli eigentlich hier sein. Sie hatte ihr versprochen, ihr etwas zu zeigen, was für Lara von großem Wert sein sollte. Sie wollte aber nicht verraten, was es ist.

„Heilkunde.“, antwortete Frau Arnsbeck knapp und blickte zu Lara auf. „Sonst noch Fragen?“

Lara sah in Frau Arnsbecks blaue Augen. Enttäuscht darüber, dass der Unterricht wohl nicht viel mit Magie zu tun haben würde, setzte sie sich mit einem „Nein, Frau Arnsbeck“ auf einen freien Stuhl.

„Dann können wir ja jetzt endlich beginnen.“, meinte Frau Arnsbeck. Auch sie klang enttäuscht. Wahrscheinlich, weil sich kein Student für nicht-magische Heilkunde interessierte. Alle saßen sie mit gesenkten Köpfen an ihren Plätzen, manche zeichneten, andere lasen etwas und die meisten langweilten sich nur. „Wer von euch kann mir denn sagen, welches Kraut gegen Wundbrand hilft?“, fragte Frau Arnsbeck hoffnungsvoll.

 

Nicht ein Student regte sich. Auch Lara wusste nicht viel über nicht-magische Heilkunde. Doch wenn sie so darüber nachdachte, fand sie sie doch schon ziemlich interessant. Nur zu gern wollte sie wissen, was man auch ohne Magie alles schaffen kann. Sie begann sich Notizen zu machen. Als Einzige. Als Frau Arnsbeck das sah, fuhr sie munter mit dem Unterricht fort. Sie sprach nur noch in Laras Richtung, erzählte über die Wirkung von Kräutern und auch, wie man sie richtig zubereitet. Denn auch das richtige Kraut konnte falsch angewendet im besten Fall seine Wirkung verfehlen. Frau Arnsbeck hatte auch Bilder der Kräuter mitgebracht. Sie zeigte sie kurz hoch und Lara zauberte mit einem Aufleuchten ihrer Augen immer eine perfekte Kopie der Bilder an die passende Stelle in ihr Heft. Nach einer Stunde beendete Frau Arnsbeck den Heilkundeunterricht.

„Morgen machen wir mit Wurzeln weiter.“, sagte sie abschließend. Und schneller als man gucken kann waren alle Studenten aus dem Raum gerannt. Nur Lara saß noch an ihrem Tisch und packte gemütlich ihre Sachen ein.

„Danke Lara“, sagte Frau Arnsbeck zu ihr. „Du bist die erste Studentin, die meinem Unterricht folgt.“

„Sie sind ja auch noch nicht lange im Turm“, entgegnete Lara.

„Doch. Seit zehn Jahren.“, sagte Frau Arnsbeck traurig. „Nur dass sich niemand je für meinen Unterricht interessiert hat.“

„Das Tut mir leid.“, sagt Lara ehrlich. „Aber ich finde Ihren Unterricht spannend. Wie sind Sie denn in den Turm gekommen, ohne zuvor ihre Magie zu wecken? Ich hab gehört man darf sich hier nur aufhalten, wenn man seine Magie gefunden hat. Mit Ausnahme des Übungsraumes natürlich.“

„Das war damals so.“, begann Frau Arnsbeck zu erzählen. In ihren Augen sah man, dass sie sich gerne daran zurückerinnerte. „Ich habe vor zehn Jahren Frau Vercelli kennengelernt …“

 

In dem Krankenhaus herrschte wieder mal Hochbetrieb. Ständig eilten magische und auch nicht-magische Ärzte durch den Gang und suchten eines der Zimmer auf. Sie saß mit einem Korb voller Kräuter, die sie heute Morgen erst im Wald geerntet hat, vor dem Zimmer des Chefarztes. Sie brachte ihm seit einiger Zeit einmal die Woche Kräuter vorbei, mit denen er als nicht-Magier seine Patienten behandeln konnte, und doch kannte sie nicht einmal seinen Namen. Sie tat dies auch nur, weil sie sich nützlich machen wollte. Denn sie hatte noch immer keinen Job gefunden. Endlich kam der Chefarzt aus dem Zimmer und betrat den Gang. Als er sie dort sitzen sah, sagte er zu ihr: „Guten Tag, Miss. Ich muss Ihnen heute leider sagen, dass ich Ihre Kräuter nicht mehr annehmen darf. Eigentlich durfte ich das nie. Das Krankenhaus gehört dem Staat und ich werde seit gestern Abend beobachtet. Der Staat will wissen, ob ich noch zum Chefarzt tauge. Es tut mir leid.“

Ohne sich nochmal umzudrehen oder eine Antwort abzuwarten, verließ er den Gang und betrat wieder sein Zimmer. Niedergeschlagen stand sie auf und verließ das Krankenhaus. Sie lief die Straße hinunter zu ihrer kleinen Hütte am Waldesrand. Der Mischwald selbst, der die Stadt umgab, war schon fast zu ihrer eigentlichen Heimat geworden. Sie liebte es dort nach Kräutern zu suchen oder sich unter den Schatten eines Baumes zu setzen und ihre Bücher zu studieren. An ihrer Hütte angekommen blieb sie stehen und fragte sich, wer da wohl vor ihrem Zuhause stand. Eine ältere Frau mit weißen Haaren klopfte an ihre Türe und rief: „Kräutersammlerin! So machen Sie doch auf! Ich brauche Ihre Hilfe.“ Die Frau hatte eine lange schwarze Hose und ein dunkelrotes Oberteil an. Sie ging schließlich hin und sagte: „Ich bin hier!“ Die Frau an ihrer Tür drehte sich um und flehte um Hilfe. Mit schreckgeweiteten Augen sah sie zu ihr rüber. Ihr Oberteil war vorne weiß.

 

Frau Arnsbeck erkannte, dass es sich bei dem Rot auf ihrem Rücken um Blut handelte. „Was ist denn mit Ihnen passiert?“, fragte sie die Frau und war leicht geschockt. „Kommen Sie rein, aber schnell!“ Sie eilte zur Tür, schloss auf und ging mit der Frau hinein. Mit jedem Schritt tropfte Blut von dem Shirt der Frau und färbte die Planken des Bodens rot.

„Legen Sie sich auf das Bett dort, auf den Bauch selbstverständlich!“, sagte Frau Arnsbeck und griff nach einem Messer. Sie schnitt der Frau das Shirt auf und betrachtete ihren Rücken. Er war von oben bis unten mittig aufgerissen und eine hässliche, ausgefranste Wunde kam zum Vorschein. Schnell entnahm Frau Arnsbeck ihrem Korb Kräuter einer bestimmten Sorte. Ein Glück, dass der Chefarzt sie nicht haben wollte. Sie verteilte die rautenförmigen Blätter über den Rücken der Frau und schon nach wenigen Augenblicken hörte die Blutung auf.

Jetzt wusch Frau Arnsbeck ihr mit leicht angewärmtem Wasser die Wunde aus. „Ich werde sie jetzt zunähen“, sagte sie zu der Frau, doch war diese längst nicht mehr bei Bewusstsein. Sie nähte die Wunde zu, fertigte eine Kräutersalbe an und rieb die Wunde sachte damit ein. Dann drehte sie die Frau auf den Rücken und hielt ihr eine helle weiße Wurzel unter die Nase. Die Frau wachte sofort auf. „Du hast mir das Leben gerettet, Kräutersammlerin. Vielen Dank. Ich schulde Ihnen was.“ sagte die Frau noch etwas benommen und war im Begriff aufzustehen.

„So bleiben Sie doch liegen! Sonst reißt ihre Wunde wieder auf. Sie werden heute noch hier bleiben müssen!“

„Aber das geht nicht!“, sagte die Frau, „ich muss doch zum Turm. Die schmeißen mich sonst raus.“

„Beruhigen Sie sich doch.“, redete Frau Arnsbeck auf sie ein. „Vor allem müssen Sie sich ausruhen.“

„Ich kann nicht.“, herrschte die Frau sie an und sprang aus dem Bett. „Heute sind doch die Prüfungen.“

 

Frau Arnsbeck sah ein, dass sie die Frau nicht dazu bringen konnte zu bleiben. „Einen Augenblick noch!“, sagte sie streng.

Sie rieb der Frau die Wunde noch einmal mit der Salbe ein und legte ihr einen engen Verband um.

„Sie sagten doch, man sollte sie so nicht sehen.“ Frau Arnsbeck holte ein frisches weißes Oberteil aus ihrem Schrank, das dem der Frau gar nicht unähnlich war. „Ziehen Sie das an.“

Dankend zog die Frau die Reste ihres Shirts aus und zog das Oberteil über. Sie sagte noch: „Mein Name ist Vercelli, ich erwarte Sie im Turm!“ und verschwand dann durch die Haustüre.

Einige Zeit später, nachdem Frau Arnsbeck die benutzten Kräuter ersetzt hatte und sich im Wald ein wenig von dem Schreck erholt hatte, ging sie die Straße wieder hoch. Diesmal in Richtung Turm.

 

„Verraten Sie mir ihren Namen, Miss?“, sagte das Tor.

 

Frau Arnsbeck bedachte dies mit einem verwunderten Blick. Ein sprechendes Tor sieht man nicht alle Tage.

„Ich heiße Frau Arnsbeck. Man erwartet mich.“

„Willkommen im Turm, Heldin des Tages. Frau Vercelli empfängt sie in der ersten Etage.“, antwortete das Tor.

Heldin des Tages also? Das Tor schien bestens Bescheid zu wissen. Wollte Frau Vercelli die Sache nicht geheim halten?

Sie trat durch das bereits offene Tor und schaute sich um. Der Turm ist von innen her recht nett eingerichtet. Gar nicht so bedrängend wie er von außen aussieht. Sie erkannt sofort, dass der Turm von Innen offenbar viel größer war als von außen. Auch das nahm sie mit einem verwunderten Blick einfach hin.

Sie stieg die Treppe hinauf und guckte sich um. Die Frau mit den weißen Haaren stand vor der ersten Tür, links von der Treppe. „Kommen sie hier herein. Frau Arnsbeck“, sagte sie.

 

„Das hier ist der Übungsraum. Hier sollten wir heute niemanden antreffen.“

„Wie kommt es, dass Sie versuchen alles so geheim zu halten, und dennoch selbst eine Türe Bescheid weiß? Und woher kennen sie eigentlich meinen Namen?“, fragte Frau Arnsbeck Frau Vercelli.

„Ich bin Magierin.“, antwortete diese und guckte Frau Arnsbeck mit ihren smaragdgrünen Augen an. „Ich habe meine Mittel und Wege. Und bevor ich meinem Retter in der Not danken kann, musste ich mich vergewissern, was für ein Mensch dieser ist. Die Geheimhaltung war wegen der Prüfung. Ich leite diesen Turm. Der Staat schickte heute jemanden her um herauszufinden, ob ich noch als Leiterin des Turmes tauge. Dank Ihnen konnte ich noch bestehen. Und wegen dem Tor: das Tor weiß immer mehr als alle anderen im Turm. Es ist der perfekte Wächter. Woher es sein wissen bezieht, das weiß heute keiner mehr, schließlich ist der Turm älter als wir alle.“

Selbst im Turm hat der Staat seine Finger im Spiel?, dachte sich Frau Arnsbeck verärgert und fragte „Warum bin ich hier?“

„Sie sind hier damit ich Ihnen angemessen danken kann. Ich habe herausgefunden, dass der Staat vor Jahren ihren Kräuterladen dicht gemacht hat und Sie seitdem arbeitslos sind. Mit Heilmagie ist längst nicht alles zu schaffen und die Selbstheilung beherrsche nicht mal ich, die Leiterin des Turms. Deshalb möchte Ihnen hier im Turm einen Job anbieten. Ich bitte Sie, unsere Studenten in der Heilkunde zu unterrichten. Ihnen steht selbstverständlich der Kräutergarten des Turms zur Verfügung.“

„Unterstehe ich dann dem Staat?“

„Nein, sie unterstehen dann allein mir. Der Staat guckt nur ab und zu ob alles in Ordnung ist.“

„Wie ist die Bezahlung?“ „Gut.“, sagte Frau Vercelli lächelnd.

„Dann nehme ich an.“

 

„ … und so bin ich schließlich im Turm gelandet. Heute sind Frau Vercelli und ich gute Freunde. Und die Bezahlung ist wirklich gut, sie und der unglaublich große Kräutergarten sind das Einzige, das mich noch hier hält, weil sich kein Magier für Heilkunde interessiert. Doch heute hat sich das erstmals geändert.“

„Heftige Geschichte.“, sagte Lara und strich sich unbewusst mit dem Zeigefinger über die Narbe zwischen ihren Schulterblättern. Sie also auch, dachte sie schockiert. Das hätte sie niemals erwartet.

 

 

Die Prophezeiung

 

Jack schlug die Augen auf und sah sich um. Er musste schon wieder im Krankenzimmer eingeschlafen sein. Frau Vercelli lag vor ihm im Krankenbett und sah zu ihm rüber.

Jack schaute aus dem Fenster und sah, dass die Sonne schon weit oben am Himmel stand.

„Guten Tag, Frau Vercelli“, sagte er und fühlte sich unwohl dabei. „Wie geht es Ihnen heute?“

„Das spielt keine Rolle.“, antwortete sie grob. „Danke, dass du dich hier um mich gesorgt hast. Jetzt geh nach Hause. Ich will dich hier nicht sehen. Auch dem Turm solltest du nie wieder betreten.“

„Aber“, setzte Jack an doch Frau Vercelli schnitt ihm das Wort ab. „Geh einfach.“, schrie sie ihn an.

„Ist es wegen meiner zerstörerischen Magie?“, fragte Jack sichtlich schockiert über Frau Vercellis Reaktion.

„Nein, es ist die Prophezeiung. Jetzt geh endlich. Verschwinde!“, herrschte sie ihn an.

Eine Krankenschwester kam ins Zimmer geeilt.

„Verlassen sie bitte sofort das Zimmer der Patienten, die Aufregung schadet ihr momentan. Bitte beruhigen Sie sich wieder, Frau Vercelli.“

Jack sah ein, dass er hier nicht mehr erwünscht war. Er verließ das Krankenhaus. Es ist nicht meine destruktive Magie, die sie so geschockt hat? Von was für einer Prophezeiung sprach sie?

In Gedanken versunken lief Jack die Straße hoch. Da er den Turm nicht mehr betreten sollte, musste er nun einen anderen Weg finden, ein Magier zu werden. Er hatte es sich selbst versprochen, dass er, egal was geschieht, ein guter Magier werden würde. Und dafür reicht es eben nicht aus nur seine Magie zu wecken. „Ach du Scheiße.“ fluchte Jack plötzlich laut. Er ist schon seit Tagen nicht mehr zu Hause gewesen.

 

Wie soll ich das alles bloß meiner Mutter beibringen?!?

Jack rannte so schnell er konnte zu seinem Haus. Auf dem Weg dorthin überlegte er sich eine Geschichte, die er seiner Mutter auftischen konnte. Seine Mutter wurde wahrscheinlich längst darüber informiert, dass er nicht in der Schule aufgetaucht ist. Sie musste sich Sorgen machen. Zuhause angekommen klingelte er sofort an der Tür. Die Tür wurde geöffnet und als seine Mutter ihn sah umarmte sie ihn erst einmal.

„Ich habe mir solche Sorgen gemacht, Jack. Tu das bloß nie wieder.“, sagte sie zu ihm mit Tränen in den Augen. „Du kannst mir drinnen alles erzählen, komm rein und setz' dich.“

Jack trat ein und setzte sich an den Küchentisch.

„Wo warst du?“, fragte seine Mutter nun mit ernster Stimme.

Jack sah zu ihr auf. Ihm war nichts eingefallen, was er ihr hätte erzählen können.

„Nein! Das kann nicht sein! Nicht du auch noch.“, schrie seine Mutter plötzlich und ihre dunkelbraunen Augen weiteten sich vor Schreck. Sie verließ die Küche, rannte die Treppe rauf und man hörte oben eine Tür knallen. Jack hörte sie weinen.

Eines hatte er nicht bedacht: er hatte nun smaragdgrüne Augen.

Jack war völlig verzweifelt. Was sollte er jetzt tun? Seine Mutter war die einzige, die ihm geblieben war. Andere Familie hatte er nicht. Er ging rauf um ihr alles zu erzählen, sich zu entschuldigen und sie zu trösten. Er war doch immer noch ihr Sohn. Bevor er an ihre Schlafzimmertür klopfte überlegte er sich, wo er am besten anfangen sollte. Mit den magischen Büchern von seinem Vater? Oder sogar schon mit den Geschichten, die er ihm zu Lebzeiten immer erzählt hatte. Irgendwie musste er ihr klarmachen, warum er zu einem Magier geworden ist. Doch dann fiel Jack etwas anderes auf. Es war plötzlich so ungeheuer still geworden. „Mama?“, fragte er, doch es kam keine Antwort. Vorsichtig öffnete er die Schafzimmertür.

 

Und es war niemand im Zimmer. „Mama?“, rief Jack erneut. Wieder erhielt er keine Antwort. Er sah zum Fenster rüber. Es stand offen und die Vorhänge flatterten sachte im Wind. Schnell ging Jack zum Fenster hinüber und sah hinunter. Doch auch dort war niemand zu sehen. Das kann doch nicht sein, dachte er verzweifelt und drehte sich vom Fenster weg. Erst jetzt fiel ihm der handgeschriebene Brief auf, der aufgeschlagen auf dem Kopfkissen des Bettes lag. Feder und Tinte standen noch auf den Nachttisch daneben.

 

Es tut mir Leid Jack, aber ich kann damit einfach nicht leben. Ich will nicht auch noch meinen Sohn an die Magie verlieren.

Mir geht es gut, ich habe beschlossen nach (Name der Stadt) zu reisen und ich fange dort ein neues Leben an. Von dort aus stell ich mir einfach vor, dass mein einziger Sohn zu Hause ein schönes Leben führt. Du bist jetzt auf dich allein gestellt, doch ich werde dich immer lieben.

 

Marie Harper.

 

Ein Abschiedsbrief? Jack konnte es nicht fassen. Seine Mutter wollte in einer anderen Stadt nochmal neu anfangen? Das war doch so gar nicht ihre Art. Jack sah sich den Brief nochmal genauer an. Marie Harper. Seine Mutter hatte noch nie mit ihrem vollen Namen unterschrieben. Er las den Brief wieder und wieder. Und dann erkannte er es: das war überhaupt nicht ihre Schrift. Und es gab nur einen außer ihm, dem sie ihren Vornamen verraten hatte. Es gab auch nur einen, den Jack kannte, dessen Schrift der seiner Mutter so ähnlich war. Sie hatte ihm damals das Schreiben beigebracht.

Aber das ist absolut unmöglich!, dachte Jack und verzweifelte noch mehr.

Denn dieser eine war sein Vater.

 

 

Andere Wege als Magie

 

Lara ging auf ihr Zimmer. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass die Leiterin des Turms, Frau Vercelli, den gleichen Fehler begangen hatte, wie sie. Und Frau Vercelli hatte es offenbar noch deutlich weiter getrieben als sie. Doch als sie ihr Zimmer betrat, fiel Lara wieder ein, dass sie jetzt etwas viel wichtigeres zu tun hatte, als über die Geschichte von Frau Arnsbeck nachzudenken. Schließlich hatte sie noch kein neues Versteck für das Buch gefunden. Ihre Eltern hatten ihr damals gesagt, dass es von unfassbarem Wert sei und auf keinen Fall in die falschen Hände geraten durfte. Und Lara hielt ihr Zimmer für nicht sicher genug. Sie dachte darüber nach es außerhalb des Turms zu verstecken. Kurzerhand entschlossen schloss sie die Schublade von ihrem Nachttisch auf und nahm das Buch heraus.

Ich werde schon was finden, dachte sie, steckte das Buch in die Innentasche ihres Mantels, zog diesen über und verließ den Turm. Sie lief die Hauptstraße hoch in Richtung Wald. Sie dachte, dass sie es am besten einfach unter einem Baum vergraben könnte. Doch vorher brauchte sie etwas, dass das Buch vor dem Schmutz und den Käfern im Erdboden schützte. Praktischerweise lag eine Buchhandlung auf dem Weg.

Lara öffnete die Tür des Buchladens und ein Klingeln ertönte. Sie trat ein. „Kann ich ihnen helfen?“, fragte ein alter Herr mit grauen Haaren und kurzem Bart. „Ja, ich suche etwas, was mein Buch vor Verschmutzung schützt.“, antwortete Lara freundlich. „Dann komm doch mal mit“, sagte der Herr und führte sie in den hinteren Teil des Ladens. Er zeigte ihr verschiedene Schutzhüllen für Bücher in unterschiedlichen Größen. „Aber es soll nicht nur der Einband geschützt werden.“, hakte Lara nach. „Das gesamte Buch mit allen seinen Seiten darf nichts abbekommen.“

 

„Wozu braucht man denn so etwas?“, fragte der Herr freundlich.

„Ich will mein Tagebuch vergraben.“, log Lara und wurde rot. Sie war noch nie gut im Lügen gewesen. Der alte Mann sah sie forschend an. Das machte sie noch verlegener.

„Na wenn das so ist,“, sagte er dann endlich, „dann will ich mal gucken ob ich da nicht was finde. Warte doch bitte hier.“ Der Mann ging in den Lagerraum und Lara atmete auf. Sie war froh, dass der Herr nicht weiter nachfragte. Nach wenigen Augenblicken kam er mit einer hölzernen Schatulle zurück.

„Passt das Buch denn da rein?“

Lara nahm die Schatulle entgegen. Sie war wunderschön. Ihr schwarzes Holz war wunderbar glatt und lag doch gut in der Hand. Und obendrauf war eine grüne Echse gezeichnet, die ihr ihre Zunge entgegenstreckte. Lara drehte dem Herrn den Rücken zu, zog das Buch aus dem Mantel und legte es hinein. Es passte so genau, dass sie es nur wieder herausbekam, indem sie die Schatulle umdrehte.

„Die ist perfekt!“, sagte Lara fröhlich und lächelte dem Herrn entgegen. Sie wollte sie gar nicht mehr aus der Hand geben.

„Wie viel kostet die denn?“

„Du sollst sie haben, mein Kind.“, antwortete der alte Herr ruhig.

„Einfach so?“

„Einfach so.“, sagte der Mann.

„Dankeschön.“, sagte Lara mangels einer besseren Antwort.

„Ich muss dann jetzt los.“

Lara ging wieder in den vorderen Teil des Ladens, öffnete die Eingangstüre und trat hinaus.

„Viel Glück mein Kind. Und Urteile nicht vorschnell, wenn du den Jungen triffst.“, rief der alte Herr ihr noch nach.

Lara hatte keine Ahnung, was er damit gemeint hat und machte sich auf den Weg zum Wald.

 

Wieder am Turm angekommen wurde Lara überrascht. Frau Vercelli war wieder da und durchschritt gerade das Eingangstor.

„Guten Tag, Frau Vercelli!“, rief Lara und ging ihr nach.

„Ach, hallo Lara. Schön dich zu sehen.“, antwortete Frau Vercelli ihr.

„Geht es Ihnen denn wieder gut? Was war denn eigentlich mit Ihnen los?“

„Danke, mir geht es wieder super.“, sagte Frau Vercelli lächelnd. „Ich hatte einen Kreislaufzusammenbruch, bin ja schließlich schon alt.“

Irgendwie konnte Lara das nicht so recht glauben. Das klang nicht gerade überzeugend von ihr. Frau Vercelli schien etwas zu verheimlichen. Doch da war etwas, was Lara viel mehr interessierte. „Sie wollten mir noch was zeigen.“, sagte sie schließlich zu Frau Vercelli.

„Ach ja, dann komm mir nach!“, antwortete diese.

Das Kleid, das Frau Vercelli heute trug, ließ einen Blick auf ihren Rücken zu. Als sie vorausging sah Lara die weiße gezackte Linie, die zwischen den Schulterblättern begann und sich den Rücken runter zog. Es ist also wahr, dachte sich Lara und ein kalter Schauer lief ihr den Rücken runter. Wieso hat Sie dann niemals ihre Studenten auf diese Gefahr aufmerksam gemacht, davor gewarnt? Stumm folgte Lara Frau Vercelli die Treppe hinauf. In der dritten Etage, die vierte der sieben Türen, lag das Zimmer von Frau Vercelli. Sie betraten es und Frau Vercelli durchwühlte ihren Nachtisch. Sie zog schließlich einen Brief hervor. „Der Brief kam vor drei Jahren. Ich habe ihn für dich aufbewahrt, bis ich dich für alt genug hielt. Du solltest wissen, dass deine Eltern mir sehr viel anvertraut haben. Ich weiß über das Buch Bescheid. Doch den Inhalt, den darfst nur du kennen.“, sagte sie und übergab Lara den Brief. „Und dieser Brief wird dir dabei helfen, es zu entschlüsseln.“

 

Ein Brief von meinen Eltern, dachte sich Lara. Wie ist denn das möglich? Und warum hat Frau Vercelli ihn mir so lange vorenthalten? Sie nahm den Brief entgegen. „Danke.“, sagte sie noch, verließ den Raum und ging auf ihr Zimmer.

 

Lara lag auf ihrem Bett. Die Zimmertüre hatte sie verschlossen. Vorsichtig öffnete sie den Briefumschlag und zog den Brief heraus.

Hallo Lara,

da du diesen Brief liest, sind dein Vater und ich wohl schon nicht mehr. Es tut uns sehr leid, dass wir dich alleine gelassen haben. Ich sitze hier auf dem Balkon unseres alten Hauses. Dein Vater steht neben mir. Hiermit schreiben wir dir also beide. Wir werden diesen Brief einem Postboten geben, einem Mann, dem wir sehr vertrauen. Er hat den Auftrag, diesen Brief nach unserem ableben zum Turm zu bringen, in dem du wahrscheinlich schon zu einer fantastischen Magierin herangereift bist. Der Grund für den Brief ist einfach. Zum einen können wir dir so nochmal sagen, dass wir dich immer geliebt haben. Das haben wir wirklich und wir tun es noch. Zum anderen geht es um das Buch. Auf der Rückseite findest du Erklärungen, wie du es entschlüsseln kannst. Pass bitte immer gut auf das Buch auf. Und auf dich natürlich auch.

 

In ewiger Liebe,

Mama und Papa.

 

Lara konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie legte den Brief zur Seite, dachte an die schöne Zeit zurück, die sie mit ihren Eltern hatte und weinte sich aus. Sie fühlte sich befreit. Ihre Seele war erleichtert und die Trauer um den Tod ihrer Eltern war verflogen. Statt ihrer blieben die schönen Erinnerungen an ihr damaliges Leben.

 

Nach einiger Zeit nahm Lara den Brief wieder an sich und betrachtete die Rückseite. Zum entschlüsseln des Buches musste sie nur bestimmte Buchstaben eines jeden Wortes durch einen bestimmten aus den Schlüsselwörtern austauschen.

Die Schlüsselwörter waren grüne Echse.

 

Lara wusch sich das Gesicht. Es musste ja keiner wissen, dass sie geweint hat. Sie zog sich erneut ihren Mantel über und verließ den Turm heute schon zum zweiten Mal. Sie war überglücklich. Endlich hatte sie die Möglichkeit das Buch zu entschlüsseln. Den Brief hatte sie mitgenommen, so musste sie sich nicht merken, welcher Buchstabe wie zu ersetzen war. Außerdem konnte er so nicht in die falschen Hände geraten. Gemütlich spazierte sie die Straße hoch und genoss das schöne Wetter. Im Wald angekommen suchte sie nach der großen Eiche, unter dessen Wurzeln sie die Schatulle vergraben hatte.

Lara begann zu graben. Natürlich machte sie sich nicht die Hände schmutzig, sie musste ja auch noch in den Turm zurück und wollte kein Aufsehen erregen. Stattdessen glühten ihre Augen eine Weile auf und die Erde begann sich selbst wegzutragen und bildete einen kleinen Haufen neben dem entstehenden Loch. Doch in der entsprechenden Tiefe fand Lara keine Schatulle vor. Hatte sie sich im Baum geirrt? Sie sah den Baumstamm hoch und erblickte dort ihr eingeritztes Kreuz. Es war also der richtige Baum. Sie versuchte es einfach erneut. Zuerst schüttete sie das alte Loch zu, markierte die Stelle mit einem X, damit sie dort nicht erneut suchte und begann an einer anderen Stelle zu graben. Nachdem sie sich einmal um den Baum herum gearbeitet hatte und der Boden voller X-e war. Sank sie verzweifelt auf die Knie. Wie konnte das Buch einfach weg sein? Sie hatte doch extra darauf geachtet, dass sie keiner beim eingraben der Schatulle beobachtete. Wieder fing sie an zu weinen.

 

Jack stand im Wald und sah zu der großen Eiche hinüber. In seinen Händen, an denen überall noch Erde klebte, hielt er die schöne Schatulle mit der grünen Echse darauf. Nach einer Weile kam ein Mädchen zu der Eiche, dass Jack noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre schulterlangen dunkelbraunen Haare bewegten sich sanft im Wind, ihre leicht gebräunte Haut duftete leicht nach Parfum. Ihr blaues, knielanges Kleid hob ihre smaragdgrünen Augen hervor, die in der Sonne glänzten. Jack stand da wie erstarrt und beobachtete wie das Mädchen zu graben begann. Noch nie hatte Jack ein so schönes Mädchen gesehen. Sie muss es sein, dachte Jack froh. Er wollte zu ihr hingehen und ihr die Schatulle reichen, doch seine Beine versagten ihm den Dienst. Er traute sich auch nicht sie anzusprechen. Er wusste einfach nicht, was er ihr sagen sollte. Er konnte nicht anders als einfach nur dazustehen und sie zu beobachten. Nach einer Weile, Jack kam es vor wie eine Ewigkeit, sank das schöne Mädchen in Verzweiflung auf die Knie. Als Jack das sah löste sich seine Starre und er schritt vor sie und fragte: „Ist es das, was du suchst?“

Sie schaute zu ihm auf. Als sie die Schatulle erblickte funkelten ihre Augen, einerseits vor Zorn, andererseits vor Erleichterung.

Sie stand auf und riss Jack die Schatulle aus der Hand.

„Du Dieb!“, schrie sie ihn an. „Wie kannst du es wagen...“

„Bitte hör mir erst mal zu.“, sagte Jack in einem ruhigen, ängstlichen Ton. Er wusste, was er getan hatte war Unrecht. Aber ihm wurde gesagt, dass er so ihre Hilfe bekommen würde. Schließlich musste er nach seiner Mutter suchen und es gab nichts, was ihm wichtiger wäre, als sie zu finden.

„Ich brauche deine Hilfe.“, sagte Jack vorsichtig.

„Und warum kommst du dann nicht einfach in den Turm und fragst mich, anstatt mir meinen wichtigsten Besitz zu stehlen?“

Das Mädchen hatte sich beruhigt, was Jack sehr erleichterte. Und ihre Stimme klang so wunderschön.

 

Lara beruhigte sich wieder. Urteile nicht vorschnell, wenn du den Jungen triffst. Jetzt begriff sie, was der Mann aus dem Buchladen damit gemeint hat. Vielleicht wollte der ihr unbekannte Junge, der vor ihr stand und sie mit geröteten Wangen beobachtete, gar nichts Böses tun.

„Weil Frau Vercelli mir verboten hat, den Turm je wieder zu betreten. Eigentlich ging ich nur in die Buchhandlung, um mir eine Karte zu kaufen, die mir den Weg nach (Name der Stadt) zeigt. Der alte Herr, der mich bediente sagte, dass der Weg dorthin voller Gefahren sei und ich jemanden bräuchte der mich begleitet. Mir wurde die Karte geschenkt und als ich gerade gehen wollte, rief er mir noch hinterher: „Gehe in den Wald am Rande der Stadt, suche die große Eiche und grabe dort nach der Schatulle mit der grünen Echse. Dort wirst du dann die benötigte Hilfe erhalten.“. Da ich wirklich Hilfe gebrauchen kann, kam ich hier her und tat es einfach. Es tut mir Leid, dass ich dich so in Verzweiflung gebracht habe. Bitte Verzeih mir.“

Lara hörte ihm nur halb zu. Wer war dieser alte Mann?, dachte sie sich. Erst jetzt fiel ihr auf, dass das Tier auf der Schatulle, die grüne Echse, genau den Schlüsselwörtern im Brief entsprach. Außerdem hatte der Mann sie vor dem Jungen gewarnt und konnte ihm verraten, wo sie die Schatulle versteckt hatte. Und sie war sich ziemlich sicher, dass er ihr nicht gefolgt ist. „Ist ja schon gut!“, sagte sie zu dem Jungen, der sich immer noch bei ihr entschuldigte. „Verrat mir erst mal wie du heißt.“

„Ich bin Jack. Jack Harper. Danke, dass du mir vergibst.“

„Ich habe nie behauptet, dass ich dir das verzeihe. Wie könnt' ich denn, wo du meinen teuersten Besitz einfach an dich nimmst. Ich bin Lara Pulchra, Und du kommst jetzt mit mir mit!“ Sie nahm Jack an die Hand und zog ihn hinter sich her. Ihr Ziel war erst einmal die Buchhandlung.

 

Als sie seine Hand ergriff, machte Jacks Herz einen Sprung. Ihre weiche Haut schmiegte sich sanft an seine rauen Hände. Ehe er sich versah, zog sie ihn hinter sich her. Er ließ es einfach zu und folgte ihr freiwillig auf Schritt und Tritt. Als sie die Hauptstraße betraten ließ sie ihn wieder los. „Bleib bloß hinter mir.“, sagte sie zu ihm und sah ihm in die Augen. „Wenn du versuchst wegzulaufen kriege ich dich und dann bin ich nicht mehr so sanftmütig zu dir.“

„J-J-Jawohl.“, stotterte Jack und errötete unter ihrem durchdringenden Blick. Er folgte ihr zu dem Buchladen.

„Ich werde den alten Mann zur Rede stellen. Du brauchst nur mitzukommen.“, sagte Lara im gehen.

Sie öffnete die Ladentür und das Klingeln ertönte. Sie traten gemeinsam ein. Der alte Mann saß hinten im Laden auf einem Stuhl, trank etwas aus einer Tasse und schien auf jemanden zu warten. Vor ihm standen zwei leere Stühle.

„Da seit ihr ja.“, sagte er und lächelte ihnen entgegen. „Setzt euch doch bitte.“

Jack ließ sich links von Lara auf den Stuhl nieder. Irgendwie gruselig, der Typ, dachte er sich. Lara begann sofort den Mann auszufragen.

„Wer seid ihr?“, fragte sie ihn barsch.

„Ich bin nur ein alter Mann, der seinen kleinen Buchladen betreibt.“

„Woher wusstet ihr von dem Jungen. Und woher wusstet ihr wo ich die Schatulle vergrabe? Wieso habt ihr ihn sie stehlen lassen? Und wieso ist auf der Schatulle die grüne Echse, die die Schlüsselwörter zu meinem Buch symbolisiert?“

„Gleich so viele Fragen auf einmal...“, seufzte der Mann. „Weißt du, mein Kind, es gibt auch noch andere Wege, als den der Magie. Wege, die jenseits eurer Vorstellungskraft liegen.“ Der Mann schaute Lara mit seinen braunen Augen an.

Der Mann ist nicht einmal ein Magier, dachte Jack erstaunt.

 

„Antworte mir!“, befahl Lara ihm.

„Beruhige dich, mein Kind. Das einzige, was ihr zwei wissen müsst ist, dass ihr euch möglichst bald zusammen nach (Name der Stadt) aufmachen solltet. Es ist euer Schicksal zusammen durch die Welt zu reisen und sie von kleinerem und auch großem Übel zu befreien. Lara. Du musst Jack bei seinem Vorhaben helfen. Alles andere tut sich von allein.“

Der Mann stand auf und ging in den Lagerraum des Buchladens. Jack sprang auf und ging ihm nach. Jetzt wollte auch er wissen, woher der Mann denn wusste, was er vorhat. Lara blieb enttäuscht auf dem Stuhl sitzen. Sie hatte eingesehen, dass es keinen Zweck hatte, auf den Mann einzureden. Jack jedoch öffnete entschlossen die Tür vom Lagerraum. Und lief geradewegs vor eine Ziegelwand.

 

 

Ein Auftrag für Lara

 

Wie ist das möglich?, fragte sich Jack und ging eine Schritt zurück. „Kannst du diese Wand entfernen, Lara?“, fragte er und drehte sich um. Doch Lara saß nicht mehr auf ihrem Stuhl. Jack sah gerade noch wie sie draußen die Hauptstraße betrat und verschwand. Dann eben nicht, dachte Jack verärgert. Immer noch neugierig zog er sein Taschenmesser aus seiner Hosentasche und begann den Mörtel um einen Ziegel herum heraus zu kratzen. Der Stein lockerte sich. Jack zog ihn vorsichtig raus und legte ihn auf den Boden. Doch als Jack durch das Loch in der Wand sah erblickte er nur die Gasse, die hinter dem Laden entlangführte. Da war kein Lagerraum. Als er sich gerade wegdrehen wollte streckte der alte Mann seinen Kopf hoch und sah von außen durch das Loch in der Wand. Er grinste Jack entgegen und sagte: „Du solltest ihr nachgehen. Sie wird im Turm sein.“ Mit einem Lachen verschwand er wieder. Jack, der langsam begriff, dass der Mann über sein Schicksal besser Bescheid wusste, als er selbst, dachte sich, dass er besser auf ihn hören sollte. Er steckte den Ziegel zurück, verließ den Laden und ging Richtung Turm. Kaum am Turm angekommen kam ihm auch schon Lara entgegen. Doch sie achtete nicht auf ihn und lief an ihm vorbei. Jack lief ihr hinterher und sah wie sie das Schreibwarengeschäft betrat, dass direkt an den Turm angrenzte. Er wartete draußen und sie kam mit einem Stapel Papier, Tinte und einer neuen Feder wieder zurück. Jack folgte ihr wieder zum Turm. Er wollte sie gerade ansprechen, doch das Tor kam ihm zuvor: „Lara. Du kriegst einen Einsatz. Zieh dich um, packe noch ein paar Sachen ein und komm zur vollen Stunde wieder hier hin.“ Das Tor schwang auf und Lara ging hinein. Als Jack ihr hinterher wollte knallte das Tor wieder zu. „Auch du solltest dich besser auf eine Reise vorbereiten. Sei zur vollen Stunde wieder hier.“

 

Ausgerechnet jetzt einen Einsatz?, dachte sich Lara. Vor nicht mal einem Tag hätte sie sich noch darüber gefreut. Doch jetzt wollte sie eigentlich ihr Buch dechiffrieren und den Inhalt niederschreiben. Sie ging auf ihr Zimmer, verstaute Tinte, Feder und Papier in ihrem Nachtisch und begann ein paar Sachen zu packen. Anschließend zog sie sich noch etwas Praktischeres an. In einem Kleid ließ es sich schließlich nicht gut reisen oder gar kämpfen. Bis zur vollen Stunde war aber noch etwas Zeit. Außerdem kam Frau Vercelli meistens selbst zu spät um den Einsatz bekannt zu geben. Lara legte sich auf ihr Bett, schnappte sich ihr Buch und begann es zu entschlüsseln. Sie schrieb den übersetzten Titel groß auf ein erstes Blatt Papier. Die Wahrheit hinter dem Turm, der Prophezeiung und der Magie. Gespannt schlug Lara die erste Seite auf. Auch diese hatte eine Überschrift und Lara übersetzte sie. Der Turm.

 

Als Jack zu Hause ankam, durchsuchte er noch einmal das ganze Haus, doch seine Mutter blieb verschwunden. Enttäuscht schnappte er sich einen großen Rucksack und bereitete sich auf seine Reise vor. Neben Klamotten packte er Wasser und etwas Brot ein. Er wusste ja noch nicht, wie lange er nach (Name der Stadt) brauchen würde. Aber diese Stadt war der einzige Anhaltspunkt, den er hatte. Auch den Brief, den er im Schlafzimmer vorgefunden hatte, packte er mit in den Rucksack. Bis zur vollen Stunde hatte er jetzt nicht mehr viel Zeit. Er verriegelte alle Fenster, ging nach draußen und schloss die Haustüre gut ab. Als er die Hauptstraße hinunter lief, blickte er nochmal zu seinem Haus zurück. Eines Tages werde ich mit meiner Mutter hierher zurückkehren, dachte er entschlossen. Vielleicht werde ich bis dahin ein großer Magier sein. Jack drehte sich um, lief die Straße weiter runter und machte sich auf den Weg zum Turm.

 

Lara packte noch das bisschen, was sie schon übersetzt hatte zu ihrem Gepäck dazu. Auch das Buch nahm sie mit. Schließlich sollte es nie wieder in fremde Hände gelangen. Statt dem Papier nahm sie sich jedoch ein kleines Notizbuch für diese Reise mit. Sie zog ihren Rucksack über und machte sich auf den Weg nach unten. Als sie das Tor durchschritt klingelte die Kirche zur vollen Stunde. Und wie sie es geahnt hatte war Frau Vercelli noch nicht da.

„Sie wird nicht kommen.“, sagte das Tor schließlich.

„Ich dachte ich hätte einen Einsatz. Wer soll ihn mir denn dann überreichen?“

„Das werde ich heute übernehmen.“, sagte das Tor.

„Aber das ist doch gegen die Regeln. Nur die Turmleiterin und ihre Vertretung darf Einsätze vergeben.“

Das Tor schien sie überhört zu haben. „Dein Auftrag ist einfach. Begleite und beschütze Jack Harper.“

„Lass mich rein, Tor. Ich werde zu Frau Vercelli gehen und das überprüfen. Ich kann mich unmöglich noch länger mit diesem Idioten von Jungen herumschlagen.“

Das Tor wurde stumm und rührte sich nicht. Auch dann nicht, als Lara versuchte es manuell aufzustoßen. Sie wollte gerade erneut Einwand erheben, da kam Jack auf den Turm zu und rief: „Hier bin ich, Tor.“ Lara drehte sich zu ihm um. Das kann doch nicht wahr sein, dachte sie genervt.

Das Tor begann plötzlich wieder zu sprechen. „Hallo Jack. Da ihr jetzt zusammengetroffen seid, solltet ihr losziehen. Ihr müsst vor Einbruch der Dunkelheit die Stadt verlassen und einen sicheren Schlafplatz gefunden haben.“

„Wirst du mich jetzt wohl rein lassen, Tor?“, protestierte Lara.

„Du hast einen Einsatz, Lara. Du darfst wiederkommen, wenn dein Auftrag erfüllt ist.“ „Aber warum ich?“, fragte Lara noch, doch das Tor verstummte wieder. Na toll, dachte sie finster. Das wird der zweitschlimmste Einsatz, den ich je hatte.

 

 

Der Anfang einer langen Reise

 

„Du hast das Tor selbst gehört.“, sagte Lara zu ihm. „Wir müssen die Stadt verlassen. Komm mit, ich weiß wo wir einen sicheren Schlafplatz außerhalb finden.“

Ohne eine Antwort abzuwarten ging sie voraus. Jack folgte ihr so schnell wie sein schwerer Rucksack es ihm erlaubte. Sie war unglaublich flink. Doch die Mühe lohnte sich, denn er kannte sich außerhalb der Stadt überhaupt nicht aus. Er hätte alleine wahrscheinlich nicht mal das Stadttor gefunden. Er konnte sich auch überhaupt nicht vorstellen, was hinter der Mauer für Gefahren lauern sollten, von denen der alte Mann aus dem Buchladen erzählt hatte. Ihm kam es vor, als wären sie schon eine halbe Ewigkeit gelaufen, als sie endlich das nördliche Stadttor erreichten. Das nördliche Stadttor lag hinter dem Wald in der Stadt. Jacks Rucksack lastete schwer auf seinen Schultern und er konnte nur mit Mühe mit Lara mithalten. Als sie das Stadttor durchquerten blieb Jack stehen. Er brauchte dringend eine Pause. Nach einer Weile hielt auch Lara an. „Wo bleibst du denn?“, rief sie zu ihm zurück. „Wenn du so schnell erschöpft bist, dann überlebst du hier draußen nicht lange. Komm weiter es wird schon dunkel.“

Jack mobilisierte seine letzten Kräfte und rannte ihr hinterher. Nach einer Weile blieb sie stehen und sagte: „Wir sind da. Hier drin werden wir heute übernachten müssen.“ Sie wies mit der Hand auf eine kleine Höhle, die nicht weit vom Straßenrand zwischen ein paar Bäumen in einen Hügel hineinführte. Als sie die Höhle betraten war Jack völlig hinüber. Er ließ seinen Rucksack fallen, legte sich auf den Rücken und verschnaufte. „Ruh dich nur aus.“, sagte Lara spöttisch. „Ich sorge solange für ein Feuer.“ Sie verließ die Höhle und ließ Jack alleine dort zurück. Nach einer Weile kam sie mit Feuerholz wieder und legte es in die Mitte der Höhle.

 

Sie entzündete das Feuer mit einem kurzen Aufleuchten ihrer Augen.

„Was sind das für Gefahren, vor denen mich der Mann aus der Buchhandlung gewarnt hat?“, fragte Jack schließlich, nachdem er wieder bei Atem war.

„So nah an der Stadt wird uns kaum etwas begegnen. Aber je weiter wir ins Landesinnere gehen, desto gefährlicher wird es. Hier gibt es jede Menge Wald. Demnach gibt es auch jede Menge Raubtiere. Auch vor Banditen sollten wir uns in Acht nehmen. Ein paar Kilometer weiter nördlich hört die Straße auf und die Banditen überfallen und plündern gerne ein paar umherirrende Reisende.“

Das war nicht gerade beruhigend für Jack. Lara konnte es ihm wohl ansehen. „Du brauchst keine Angst zu haben. Du hast eine Magierin vom Turm bei dir.“

„Wie lange bist du denn schon Magierin?“

„Ich bin vor drei Jahren, nach dem Tod meiner Eltern, vom Turm aufgenommen worden. Nach nur einem Jahr habe ich die Magie in mir geweckt. Also seit etwa zwei Jahren.“

„Das tut mir Leid, dass mit deinen Eltern.“, sagte Jack und bereute die Frage sofort. Doch schien Lara nicht sonderlich zu trauern, als sie von ihren Eltern erzählte. Vielmehr bedachte sie dies mit einem Lächeln. Nach ein paar Minuten bedrückenden Schweigens sagte sie schließlich: „Erzähl mir lieber von dir und deinem Vorhaben. Mein Auftrag ist es dich dabei zu unterstützen und dich zu beschützen. Aber dazu muss ich wissen, wie dein Vorhaben überhaupt aussieht.“

„Ich bin auf der Suche nach meiner Mutter. Sie wurde wahrscheinlich entführt.“ Jack erzählte ihr, von seinem Vater, wie er statt die Schule zu besuchen zum Turm ging, wie er seine Magie nach nur einem Tag wecken konnte, wie er bei Frau Vercelli im Krankenhaus übernachtet hatte und schließlich nach Tagen wieder nach Hause zurückkehrte.

 

Es tat ihm gut mal mit jemandem über alles zu reden. „Sie war geschockt, als sie sah, dass auch ich zum Magier geworden bin. Sie ging auf ihr Zimmer und fing an zu weinen. Als ich ihr nach bin, um ihr alles zu erklären und sie zu trösten, war sie fort.“

„Wieso denkst du, dass sie entführt wurde?“, fragte Lara mitfühlend.

„Auf ihrem Bett fand ich diesen Brief.“ Jack holte den Brief aus seinem Rucksack und zeigte ihn ihr. Sie las ihn sich sorgfältig durch und gab ihn an Jack zurück.

„Klingt eher nach Flucht, als nach Entführung.“, stellte sie fest.

„Meine Mutter hätte niemals mit ihrem vollen Namen unterschrieben. Das da ist auch nicht ihre Handschrift, auch wenn sie ihrer sehr nahe kommt. Außerdem stand das Fenster offen und ich glaube kaum, dass meine Mutter es alleine aus dem ersten Stock dort hinunter geschafft hätte. Außerdem hat sie kein Gepäck mitgenommen. Es war alles noch an Ort und Stelle. Sie muss entführt worden sein.“

„Und ich nehme an, du willst jetzt nach (Name der Stadt) um sie dort zu suchen.“

„Es ist mein einziger Anhaltspunkt. Ich muss es versuchen. Sie ist die Einzige, die mir an Familie geblieben ist.“

„Tut mir leid.“, sagte Lara knapp.

„Ist schon gut. Du kannst ja nichts dafür. Du bist ja nicht mal freiwillig mit mir unterwegs. Trotzdem danke, dass du mir hilfst.“ Jack packte den Brief wieder ein und holte stattdessen die Karte raus, die er geschenkt bekommen hatte. Er rollte sie auf und zeigte erst auf die Stadt, an der sie gerade waren und dann auf die, zu der sie jetzt hinwollten. „Wie weit ist es von hier bis hier?“, fragte er Lara.

Lara warf einen Blick auf die Karte. „Die wirst du nicht brauchen. Ich kenne den Weg, ich war schon ziemlich oft dort.“

„Wieso das denn?“, fragte Jack neugierig.

 

„Einsätze. Ich musste schon öfters dort Aufträge erledigen oder für den Turm Waren einkaufen, die es hier nicht gibt. Zu Fuß werden wir etwa eine Woche brauchen, bis wir da sind.“

„Auf wie vielen Einsätzen warst du denn schon in den zwei Jahren?“, fragte Jack erstaunt.

„Auf Acht. Du bist mein neunter. Und du solltest jetzt schlafen, wir wollen morgen früh los.“

 

 

„Jack... Jack wach auf!“

„Ist ja gut, Mama.“, brummte Jack und öffnete langsam die Augen. Es wurde gerade erst Tag.

Lara konnte sich das Lachen nicht verkneifen. „Es ist Tag, wir wollen los, Schlafmütze.“, sagte sie und sah ihn belustigt an.

Jack wurde knallrot im Gesicht. Sofort war er hellwach.

„Bin gleich soweit.“, sagte er hastig und packte schnell sein Kissen und die Karte, die noch aufgerollt auf dem Boden lag, wieder in seinen Rucksack.

„Schütte deinen Rucksack aus.“, sagte Lara plötzlich.

„Aber wieso?“

„Tu's doch einfach. Du schleppst viel zu viel Kram mit dir rum. Wir wollen vorankommen und dafür wirst du nur mitnehmen, was wir wirklich gebrauchen können. Lass mich deinen Rucksack mal packen.“

Jack schüttete seinen Rucksack aus. Lara begann sofort damit, die Sachen die ihr unnötig erschienen hinten in die Höhle zu werfen. „Soll der nächste Reisende, der hier Schutz sucht sich daran erfreuen.“, sagte sie und fuhr mit ihrer Tätigkeit fort. Zu Jacks Leidwesen warf sie auch sein Kissen weg. Am Ende ließ sie nur ein Paar Klamotten, das Brot und das Wasser übrig.

„Das darfst du wieder einpacken.“, sagte sie zu ihm.

Jack stopfte die Sachen in seinen Rucksack. Als Lara nicht hinsah, packte er noch den Brief und die Karte wieder dazu.

 

Sie warfen noch die Überreste vom Lagerfeuer in den Wald, damit der nächste Reisende die Höhle ordentlich vorfand. Dann machten sie sich auf den Weg. Zunächst folgten sie noch der Hauptstraße. Der nun leichte Rucksack erleichterte das Vorankommen für Jack wirklich enorm. Er hatte keine Schwierigkeiten mehr mit Lara mitzuhalten. „Ich hatte noch nicht die Gelegenheit, Unterricht in Sachen Zauberei zu erhalten. Würdest du mir ein paar Sachen beibringen? Das würde doch auch helfen, wenn wir mal in Gefahr geraten.“

„Von mir aus zeig ich dir ein Bisschen bei unserer nächsten Rast. Unterwegs ist es schwierig dir etwas beizubringen. Ich werde dir auch keine Kampfzauber zeigen. Dafür bist du noch zu unerfahren. Du wirst wie jeder Andere auch ganz unten anfangen müssen.“

„Ich verstehe. Abgemacht. Dann also bei unserer nächsten Rast.“, sagte Jack und war überglücklich, dass er endlich bald seinen ersten Zauber lernen würde.

Sie liefen noch den ganzen Tag durch. Irgendwann waren sie soweit von der Stadt entfernt, dass die große Straße aufhörte. Statt ihrer mussten sich Jack und Lara über Trampelpfade fortbewegen und sich durch den Wald schlagen.

„Warum haben die die Straße denn nicht zu Ende gebaut?“, fragte Jack und stieg über eine umgefallene Birke hinweg.

„Vor langer Zeit, bevor die Städte gegründet wurden, war überall nur Wald. Irgendwann kamen dann Siedler in das Land und begannen den Wald zu Roden und sich Häuser zu bauen. Schließlich wuchs das Ganze dann zu einer Stadt mit Marktplatz und Hauptstraße heran. Auch der Turm wurde schon damals errichtet. Um vor den Gefahren des Waldes zu schützen zogen die Menschen schließlich eine Mauer um die Stadt, mit vier Toren, die nach draußen führten. Die Straße wurde damals ein paar Kilometer aus jedem Stadttor heraus verlängert. Das hatte für die Jäger damals einen Vorteil.

 

So konnten sie außerhalb der Stadt im Wald zwischen den vier Straßen jagen, die Stadt leicht wiederfinden und das Jagdgut schneller bis zum Marktplatz transportieren. Bis heute hatte man keinen Bedarf die Straßen bis zur nächsten Stadt auszubauen, da die Stadt unabhängig überleben kann. Nur der Turm hat oft Interesse an Waren aus der anderen Stadt, meistens Schriftrollen oder Zauberbücher. Die meisten Leute haben, so wie du auch, deshalb auch noch nie etwas außerhalb der Mauern gesehen. Und so geschah es auch mit jeder anderen Stadt. Es heißt die sieben Städte wurden zeitgleich gegründet.

Deswegen werden wir auch erst kurz vor der nächsten Stadt wieder auf eine Straße treffen.“

Als sie sich eine weitere Stunde durch den Wald geschlagen hatten wurde es schließlich Abend und die Sonne war im Begriff hinterm Horizont zu verschwinden. Lara führte Jack zu einer Höhle, die etwa 500 Meter westlich ihrer Route lag und ließ ihn dort zurück. Nach fünf Minuten kam sie mit Feuerholz wieder. „Die Nächte werden kälter. Der Winter naht. Wir werden uns bald mit dem Schlafen abwechseln müssen, damit einer das Feuer versorgen kann. Für heute wird das aber noch nicht nötig sein.“

„Wenn du möchtest, sammle ich nächste mal das Feuerholz.“, bot Jack an. „Schließlich möchte ich auch mal etwas tun und nicht dich alles machen lassen. Ich bin schon froh genug, dass du mich überhaupt begleitest.“

„Ist nicht nötig, Jack. Ich kenne mich hier aus und komme besser zurecht. Aber wir können das jetzt nutzen um dir deinen ersten Zauber beizubringen. Du wirst heute das Feuer entzünden.“ Sie legte das Holz zu einem Haufen zusammen und sah ihn an. „So kleine Zauber, wie das entzünden eines Feuers, brauchen nicht viel mehr als ein bisschen Willenskraft. Stell dir einfach vor, das Holz würde brennen, dann befehle es ihm in Gedanken und es wird dir gehorchen.“

 

Jack versuchte es. Er fixierte mit seinem Blick eine der Holzscheiten, stellte sich ein kleines, warmes Feuer vor und rief in Gedanken: „Entzünde dich, Holz. Brenne!“

Seine Augen glühten kurz auf und auf dem Holzscheit entzündete sich ein Feuer, das sich rasch über den Rest des Holzhaufens ausbreitete.

„Du bist ein Naturtalent.“, sagte Lara und lächelte ihn an.

„Ich hatte es damals nicht gleich beim ersten Mal geschafft.“

„Danke.“, sagte Jack und lächelte voller Stolz zurück. Er hatte heute zum ersten Mal gezaubert.

Lara zeigte ihm noch ein paar weitere Zauber, die sich genauso einfach bewerkstelligen ließen, zum Beispiel das projizieren eines Bildes in der Luft. Jack lernte ehrgeizig und unglaublich schnell. Irgendwann sagte sie ihm wieder, dass er jetzt schlafen sollte. Jack legte sich hin und versuchte einzuschlafen. Aber ohne sein Kissen und auf dem harten Steinboden fand er keinen tiefen Schlaf. Er schreckte hoch, als er draußen etwas vorbeifliegen hörte und sah Lara, wie sie vor einem aufgeschlagenen Buch saß und sich beim Lesen Notizen machte. Als Lara sah, dass er wach war schlug sie ihr Buch zu, packte es hastig wieder in ihren Rucksack und steckte das Notizbuch weg. „Was war das für ein Buch?“, fragte Jack.

„Das geht dich nichts an, du solltest doch schlafen!“, antwortete Lara unfreundlich.

„Das ist gar nicht so einfach auf dem harten Steinboden. Du hast ja mein Kissen weggeworfen. Und solltest nicht auch du etwas Schlaf suchen?“

„Gewöhn' dich dran. Wir sind noch mindestens fünf Tage lang unterwegs und hier draußen wirst du keine Betten finden. Schlaf jetzt, wir werden morgen wieder bei Tagesanbruch weiterziehen.“ Widerwillig legte sich Jack wieder hin und tat so als ob er schlafen würde. Als er sah, dass auch Lara sich jetzt hinlegte und die Augen schloss, schlief er Zufrieden ein.

 

„Guten Morgen Jack, wach auf.“

„Morgen, Lara.“

„Heute gibst du das Frühstück aus. Ich habe nur noch Wasser dabei. Ab morgen werden wir sammeln und jagen müssen.“

„Geht klar“; sagte Jack und holte das Brot aus seiner Tasche. Nachdem sie gegessen hatten packten sie alles zusammen.

„Die Sonne guckt nur halb hinterm Horizont hervor. Wir haben noch etwas Zeit, dir was beizubringen. Wenn man die Sonne ganz sieht brechen wir auf.“

„Dann lass uns anfangen.“, rief Jack freudig. Er konnte es kaum erwarten etwas Neues zu lernen.

„Gut. Heute werden wir eine Stufe weiter gehen. Du kannst mit Magie auch Dinge bewegen. Dazu musst du dich aber auch selbst bewegen. Willst du zum Beispiel dieses verkohlte Holzscheit dort hochheben, reicht es nicht, es dir nur vorzustellen. Du musst deinen Arm anheben und das von dir in Gedanken fixierte Objekt folgt deiner Bewegung. Willst du, dass es nach vorne schwebt, dann machst du es mit einem Wink deiner Hand deutlich oder du gehst einfach selbst nach vorne. Jetzt versuch es!“

Jack fixierte das ausgebrannte Stück Holz und dachte daran es hochzuheben. Er hob seinen Arm und mit einem Aufglühen seiner Augen schwebte es mit nach oben. Jetzt versuchte er es nach vorne zu schicken. Er winkte mit der Hand nach vorn, das Holzscheit bewegte sich ein Stück in die Richtung und fiel polternd zu Boden. „Mist.“; sagte Jack und wollte es gleich nochmal versuchen.

„Warte.“, sagte Lara, „dein Anfang war gar nicht schlecht. Aber du musst die Bewegungen kontrollierter ausführen, beherrschter. Und du darfst niemals die Konzentration verlieren. Du musst dir immer im Klaren darüber sein, was du eigentlich willst. Wenn du das einmal vernünftig hinkriegst, kann es dir das Leben retten.“

 

„Wie soll mir denn das Bewegen von Gegenständen das Leben retten?“

„Denk doch mal eine Sekunde lang nach. Was tust du zum Beispiel, wenn man dich mit einem Messer bedroht? Du lässt es ihm aus der Hand gleiten, vielleicht zu dir selbst hin um es zu benutzen. Dabei sollst du dich aber nach Möglichkeit nicht selbst damit erstechen, es muss langsam in deine Hand schweben. Außerdem kannst du später nicht nur Dinge bewegen. Du wirst auch Zauber bewegen müssen, deine eigenen zu deinem Ziel, die eines Gegners von dir weg. Und bevor du das nicht hinkriegst kann ich dir auch keine richtigen Zauber zeigen. Der Kampf zweier Magier gleicht einem Tanz zu der gleichen Musik. Und wenn du einmal nicht aufpasst, war's das für dich. Ich zeig dir jetzt mal, wie du es machen musst, dann versuchst du es selbst nochmal.“

Lara sah das Holzscheit an und ihre Augen glühten auf. Sie ließ es mit einer fließenden Bewegung ihres rechten Armes erst nach oben steigen und dann nach vorne schnellen. Kurz bevor es gegen einen Baum knallte hielt sie es an und es fiel zu Boden.

„Und jetzt du.“, sagte Lara zu Jack und sah ihn an.

Jack fixierte ein anderes Stück Holz von den Überresten ihres Lagerfeuers, ließ es nach oben steigen und nach vorne schnellen. Schnell zog er seinen Arm zurück um den Aufprall zu verhindern, doch das Stück Holz knallte gegen einen Baum und zersprang.

„Deine Bewegungen müssen fließender sein. Du führst immer eine nach der anderen aus, aber du musst vorher wissen, was du vorhast und es dann als fließenden Bewegungsablauf koordinieren. Sonst bist du viel zu langsam um zum Beispiel zu verhindern, dass das Holz gegen den Baum prallt. Die Sonne ist aufgegangen, wir gehen jetzt weiter. Du kannst dich gerne auch Unterwegs an Objekten üben.“

 

Während sie sich Richtung Norden weiter durch den Wald schlugen ließ Jack immer wieder Äste oder Blätter durch die Luft gleiten und übte sich darin, seine Bewegungen fließend auszuführen. „In einem Kampf hast du aber keine Zeit, dir vorher zu überlegen, was du tun willst. Du musst im Voraus erkennen was auf dich zukommt und danach handeln.“, sagte Lara plötzlich und grinste ihn an. Und bevor sich Jack verteidigen konnte bekam er einen Ast gegen den Kopf und fiel zu Boden. „Du bist tot!“, sagte Lara und ging einfach weiter.

„Warte auf mich!“, rief Jack ihr hinterher.

„Das war echt gemein von dir.“, sagte er als er sie eingeholt hatte.

„Es war zu deinem Besten. Irgendwie musste ich dir diese Lektion erteilen. Und ich hielt es für eine amüsante Lösung. Jetzt lass die Äste und Blätter wo sie sind, wir trainieren dich heute Abend weiter.“

Die restliche Reise verlief auch diesmal ohne Zwischenfälle. Nach zehn Stunden Fußweg kamen Lara und Jack endlich zu einem weiteren Unterschlupf und nahmen diesen sofort in Beschlag. „Von hier aus sollten es nur noch zwei Tage bis nach (Name der Stadt) sein. Jetzt zu deinem Training.“, sagte Lara und ging nach draußen. Jack folgte ihr und schon flog ein dicker Ast in seine Richtung. Er konnte sich gerade noch drunter weg bücken. „Das war nicht das, was ich von dir sehen wollte. Das hier ist kein Ausweichtraining schütze dich mit Magie.“, rief Lara und schon flogen weitere zwei Äste in Jacks Richtung. Entschlossen hob Jack den rechten Arm und ließ die Äste zu Boden fallen. „Gut“, sagte Lara ohne aufzuhören. Plötzlich verwandelte sich einer der Äste, die sie in Jacks Richtung schickte in einen Speer. Jack drehte den Speer im Flug um und schickte ihn zurück. „Ich denke das reicht.“, rief Lara und alles was sich noch in der Luft befand hielt an und fiel zu Boden. „Du lernst schnell. Das gefällt mir.“

 

„Wie hast du das mit dem Speer gemacht?“, fragte Jack.

„Das war einer von den 'richtigen Zaubern', von denen ich sprach. Ich denke du bist jetzt bereit dafür, dass ich dir ein paar zeigen werde. Alle größeren Zauber erfordern ein Zaubergeflecht. Du musst es mit deiner Hand in die Luft schreiben und mit deinem Willen aktivieren. Dadurch kannst du zum Beispiel einen Ast in einen Speer verwandeln oder einen magischen Schild vor dir errichten. Die erfahrensten Zauberer können sich eigene Geflechte ausdenken oder bestehende erweitern und dadurch neue Zauber schaffen. Deshalb musste ich auch regelmäßig zwischen den Städten hin und her reisen um die neuesten Zauber in den Turm zu bringen. Wir fangen jetzt erst einmal mit einfachen Geflechten an. Geh in den Wald und hol dir einen Ast. Den wirst du gleich in einen Speer verwandeln müssen. Der Speer wird aber niemals größer sein als die Holzmenge des Astes es zulässt. Such also einen größeren Ast. Ich warte hier.“

Nach einer Weile kehrte Jack aus dem Wald zurück zum Unterschlupf. Er trug zwei dicke lange Äste unter seinen Armen und legte sie vor Lara auf den Boden.

„Guck jetzt genau darauf was ich mache. Als Magier kannst du sehen, wenn jemand anderes ein Geflecht in die Luft schreibt. Es wird auch solange sichtbar sein bis es aktiviert wird. Ich werde es nicht aktivieren damit du es nachzeichnen kannst. Du musst es dir gut einprägen, wenn du später mal ohne Hilfe zaubern möchtest. Den meisten Magiern fällt es aber ziemlich leicht sich die verschiedenen Geflechte zu merken.“

Lara hob den rechten Arm und zeichnete mit aneinandergelegten Mittel- und Zeigefinger ein kleines Ornament in die Luft. Es leuchtete in einem blassen gelb und schwebte auch noch in der Luft als Lara den Arm wieder runter nahm. „Für den Speer reicht dieses kleine Geflecht schon aus. Jetzt zeichne es nach.“

 

Jack betrachtete eine Weile das Ornament. Er war beeindruckt von der Schnelligkeit und Genauigkeit, mit der Lara es in die Luft gesetzt hat. Er fand es faszinierend, dass es sich dort hielt, bis es aktiviert wird. Entschlossen hob Jack schließlich seinen rechten Arm, legte Zeigefinger und Mittelfinger aneinander und versuchte es nachzuzeichnen. Sein gezeichnetes Ornament kam dem von Lara schon ziemlich nahe, doch leuchtete es nur kurz in dem blassen Gelb auf und verblasste wieder vollständig. „Du musst genauer sein. Wenn du es nicht exakt kopierst funktioniert der Zauber nicht.“, sagte Lara, stellte sich hinter Jack und ergriff seinen Arm am Handgelenk. „Lass den Arm ganz locker, ich führe dich. Präge dir die Bewegungen genau ein.“ Selbst jetzt, wo sie hinter ihm stand und seine Bewegungen führte schwebte das Ornament von ihr noch vor ihm in der Luft. Lara stand Jack so nahe, dass er ihren Atem in seinem Nacken spüren konnte. Unter ihrer Berührung spannte sich jeder Muskel in seinem Körper an und er bekam eine Gänsehaut. Es fiel im schwer seinen Arm locker zu lassen.

„Konzentrier dich und halt Still. Nur dein Arm soll sich bewegen. Du musst Zeige- und Mittelfinger nutzen, sonst wird das Geflecht zu dünn. Und du musst wissen was du vorhast. Denke an den Zauber, den du ausführen möchtest. Sobald deine Konzentration nachlässt wird dein Geflecht verschwinden, noch bevor du es aktivieren kannst.“

Fest entschlossen diesen einfachen Zauber auf die Kette zu kriegen atmete Jack tief durch, beruhigte sich und konzentrierte sich auf das Ornament. Lara zeichnete es mit seiner Hand in die Luft und diesmal blieb es dort auch.

„Geht doch. Jetzt such dir einen der Äste aus und aktiviere den Zauber.“ Lara ließ seinen Arm los und stellte sich wieder vor Jack um ihn besser beobachten zu können. Sie ließ ihr Geflecht aus der Luft verschwinden, ohne es zu aktivieren. Jack jedoch fixierte den näher liegenden Ast und aktivierte den Zauber.

 

Seine Augen leuchteten kurz auf, das Zaubergeflecht nahm eine smaragdgrüne Färbung an und verschwand darauf. Sofort formte sich der ausgesuchte Ast zu einem langen Holzspeer mit scharfer Spitze um.

„Gut gemacht. Jetzt versuch es mit dem anderen Ast alleine.“, sagte Lara und sah ihren Schüler hoffnungsvoll an. Nachdem Jack den Zauber einmal aktiviert hatte, hatte sich das Zaubergeflecht tief in sein Gedächtnis eingebrannt. Ohne große Mühe konnte er sich an das Ornament erinnern und seine Finger glitten durch die Luft. Ganz kurz nur zeigte sich das blass gelbe Ornament, leuchtete parallel zu Jacks Augen smaragdgrün auf und verschwand dann wieder. Auch der zweite Ast auf dem Boden formte sich jetzt sofort zu einem Speer, der etwas länger war als der erste.

„Erstaunlich, wie schnell du das hingekriegt hast, nachdem du beim ersten Mal so Schwierigkeiten hattest. Du bist ein Naturtalent und lernst unglaublich schnell. Ich hatte zwei Wochen lang Unterricht im Turm, bevor man mir das erste Zaubergeflecht beibringen wollte. Lass uns jetzt den Rest von dem Brot zu Abend essen und morgen können wir mit den von dir gefertigten Speeren etwas Fleisch besorgen.“ Lara lächelte ihn an. Voller Stolz, seinen ersten 'richtigen Zauber' gezaubert zu haben, nickte Jack ihr zu und holte das restliche Brot aus seinem Rucksack. Nachdem sie gegessen hatten legte er sich hin und schlief sofort ein. Lara nutze die Gelegenheit, holte ihr Buch aus der Tasche und begann das zweite Kapitel zu übersetzen. Die Prophezeiung. In ihrem kleinen roten Notizbuch fasste sie, wie zuvor auch schon das erste Kapitel, der Turm, in Stichpunkten zusammen.

 

 

Kopfgeldjäger

 

Als Jack von Lara geweckt wurde, zitterte er am ganzen Körper. In der Nacht war es eiskalt geworden. Als er sich aufsetzte sah er, dass vor ihm bereits ein Feuer brannte.

„Das tut mir so leid.“, sagte Jack zu Lara. „Ich hatte total vergessen, dass du bereits gesagt hattest, dass wir uns mit dem schlafen abwechseln müssen, damit einer das Feuer am Leben erhalten kann.“

„Wir werden uns auch abwechseln. Als du gestern plötzlich eingeschlafen bist durfte ich noch Feuerholz suchen um das Feuer die ganze Nacht lang am Leben zu erhalten. Ich konnte dich ja nicht erfrieren lassen. Und du warst einfach nicht mehr wach zu kriegen.“ Lara sah Jack böse an. Sie hatte deutlich sichtbare Augenringe unter den Augen und Jack konnte ihr ihre Müdigkeit sofort ansehen. „Nächste Nacht werde ich schlafen und du kümmerst dich um das Feuer!.“

„Natürlich!“, sagte Jack sofort. Er war ihr dankbar, dass sie sich so um ihn gekümmert hatte, aber andererseits war es ihm auch peinlich. Erst neulich hatte er doch zu ihr gesagt, dass er nicht möchte, dass sie alles für ihn macht und jetzt verdankt er ihr wahrscheinlich noch sein Leben, da sie die Kälte von ihm ferngehalten hatte.

„Wir brechen sofort auf. Du hast es dir heute nicht verdient, etwas von mir beigebracht zu kriegen. Pack deine Sachen zusammen. Wir verschieben das Jagen auch auf heute Abend.“

Als Jack und Lara aufbrachen brannte das Feuer in dem Unterschlupf noch. Lara hatte diesmal keine Lust gehabt, alles ordentlich zu hinterlassen. Auch die beiden Speere hatten sie liegenlassen. Sie liefen zusammen noch eine ganze Weile durch den Wald bis plötzlich ein einziger Mann auf sie zukam. Er trug einen langen Mantel und eine Kapuze verdeckte sein Gesicht. „Helft mir bitte ihr zwei!“, rief er ihnen entgegen.

 

„Wer sind Sie?“, fragte Lara unhöflich.

„Und wo liegt denn ihr Problem?“; schob Jack hinterher.

„Ich bin ein einfacher Händler aus (Name der Stadt). Ich habe dahinten einen Handkarren mit meiner Handelsware stehen. Ich habe ihn versehentlich zwischen zwei Bäumen verkeilt, als ich versuchte ihn zwischendurch zu ziehen. Ihr müsstet mir nur helfen ihn dort hinaus zu bekommen. Ich schaff das alleine nicht.“ Der Mann zeigte irgendwo in den Wald hinein und zog mit der anderen Hand seine Kapuze vom Kopf. „Ich bin eben kein Magier, so wie ihr beide offenbar welche seid.“, sagte er und schaute sie mit seinen grauen Augen an. „Folgt mir doch bitte.“, sagte er noch und ging in die Richtung, in die er gezeigt hatte. Jack lief ihm sofort nach um ihm zu helfen.

„Jack, geh nicht mit ihm mit.“, rief Lara ihm hinterher. Doch Jack ging einfach mit einem „Ich werde dem netten Herrn doch nur kurz helfen.“ tiefer in den Wald hinein. Mit einem Augenrollen lief Lara ihm hinterher. Als sie und Jack den Mann zusammen einholten drehte er sich zu ihnen um und zeigte auf einen leicht beladenen Handkarren der zwischen zwei Bäumen stand. „Da ist er.“, sagte er etwas zu laut.

„Ich traue dem ganzen hier nicht!“, flüsterte Lara Jack zu. „Wenn du unbedingt helfen willst, mach schnell. Und dann lass uns von hier verschwinden.“ Als Jack sich in Richtung des Handkarren bewegte hörte Lara die feinen Äste der kahlen Baumkronen in den Bäumen über ihr rascheln. Sie schaute nach oben, doch konnte sie dort nichts erkennen. Plötzlich sprang ihr ein in schwarz eingehüllter Mann aus dem Baum entgegen und schlug sie mit einer Keule nieder. Sie hatte keine Chance sich zu verteidigen. Als Jack ihren Schrei hörte drehte er sich schnell zu ihr um. Er sah noch wie sie zu Boden sank als auch er plötzlich einen heftigen Schmerz im Hinterkopf spürte und ihm schwarz vor Augen wurde. „Tut mir leid.“, hörte er den Händler noch sagen und fiel dann in Ohnmacht.

 

Langsam öffnete Jack die Augen. Ein pochender Schmerz ging von seinem Hinterkopf aus und sein Kopf fühlte sich an, als wäre er kurz vorm Platzen. Jack unterdrückte einen Schmerzenslaut und sah sich angestrengt um. Er lag auf dem Handkarren, den er zwischen den Bäumen hatte hervorziehen wollen und bewegte sich langsam durch den Wald. Zwei in schwarz gehüllte Männer zogen den Handkarren und vor denen lief der angebliche Händler hinweg. Die Sonne stand hoch am Himmel. Lara war nirgends zu sehen.

„Wo bringt ihr mich hin?“, fragte Jack laut und versuchte sich aufzusetzen. Doch sein Körper verweigerte noch den Dienst. Außerdem waren seine Hände gefesselt, wahrscheinlich um zu verhindern, dass er Zaubergeflechte zeichnen kann.

Der Händler drehte sich um, umrundete den Karren und lief jetzt hinter ihm her. „Sieh mal einer an, wer da von den Toten aufersteht.“, sagte er spöttisch. „Wenn du versuchst zu fliehen bringe ich dich eigenhändig um, hast du das verstanden?“

Jack nickte kurz. „Gut. Wir werden dich zum Turm bringen und dort die Belohnung einkassieren, die auf deinen Kopf ausgesetzt ist. Wir sind nämlich Kopfgeldjäger, weißt du?“

Wieder zum Turm zurück?, dachte Jack schockiert.

„Was für ein Kopfgeld? Warum werde ich denn gesucht?“, fragte Jack.

„Na wegen der Prophezeiung, du Schlaukopf. Die wollen verhindern, dass du die Welt ins Chaos stürzt. Aber du hast jetzt genug gefragt. Wag es nicht auch nur zu versuchen dich zu befreien. Wir dürften in fünf Tagen da sein, bis dahin wirst du schön brav auf dem Karren liegen bleiben. Wenn du dich benimmst kriegst du sogar etwas zu essen und zu trinken.“

„Eine Frage noch: Wo ist Lara? Was habt ihr mit ihr gemacht?“

„Meinst du das Zauberer-Mädchen, das zusammen mit dir unterwegs war? Das haben wir im Wald liegen lassen. Wir haben keine Verwendung für sie.“

 

Langsam schlug Lara die Augen auf und blickte zu den kahlen Baumkronen hoch. Sie hatte unglaublich starke Kopfschmerzen und fühlte sich nicht in der Lage aufzustehen.

Was ist mit mir passiert?, fragte sie sich und fühlte über die Beule auf ihrer Stirn. Doch dann fing sie an, sich wieder zu erinnern. Warum kann dieser Idiot nicht einmal einfach das tun, was ich ihm sage?!? Wir hätten diesem 'Händler' nicht folgen sollen. Kopfschüttelnd setzte sich Lara auf. Jacks Rucksack lag noch hier bei ihr, doch Jack war nirgends zu sehen. Sie schnappte sich die Flasche Wasser aus Jacks Rucksack und trank. Sofort linderten sich ihre Kopfschmerzen und sie konnte wieder klarer denken. „Jack? Jack wo bist du?“, rief sie in den Wald hinein, doch kam keine Antwort. „Jaaack!!!“, schrie sie schließlich, doch noch immer kam nichts zurück. Sofort stand sie auf, packte den Inhalt aus Jacks Rucksack in ihren um und zog ihren Rucksack auf. Sie sah sich um und suchte nach Spuren. Sie musste Jack unbedingt wiederfinden. Schließlich fand sie eine Stelle, wo sich eine breite Schneise durch den Wald zog. Hier waren Sträucher platt getrampelt und Äste abgebrochen worden. Sie mussten hier lang gegangen sein. Die Reifenabdrücke des Handkarrens gingen tief in den Boden.

Sie ziehen Jack mit den Handkarren in genau die entgegengesetzte Richtung, in die wir müssen, dachte Lara verärgert. Wieso muss so etwas ausgerechnet auf meinem Einsatz passieren? Hoffentlich geht es diesem Idioten gut!

Zügig folgte Lara der Spur, die diese Banditen hinterlassen hatten. Sie schienen sich nicht die Mühe zu machen unauffällig zu bleiben. Doch nachdem Lara der Spur etwa einem Kilometer lang gefolgt ist, hörte diese einfach auf. Nirgendwo waren mehr Reifenabdrücke. Nirgendwo waren mehr Sträucher zertrampelt. Wie soll ich Jack so finden können?, dachte Lara verzweifelt. Sie lehnte sich an einen Baum und dachte nach.

 

„Sie wird mich finden und mich retten!“, sagte Jack zu dem Händler, der immer noch hinter dem Karren herlief und ihn beobachtete. „Wird sie nicht.“, sagte dieser. „Wir haben den Karren eine Weile getragen und darauf geachtet keine Spuren zu hinterlassen. Wenn sie versucht uns zu folgen gerät sie in eine Sackgasse. Du wirst wohl oder übel beim Turm abgeliefert.“

„Wie hoch ist denn das Kopfgeld, dass ihr euch so eine Mühe macht?“, fragte Jack den Händler und hielt Blickkontakt.

„Siebenmillionen (Währung). Dafür lohnt es sich.

Eigentlich interessierten Jack die ganzen Einzelheiten nicht, doch der Händler war sprechfreudig und Jack hielt das Gespräch solange aufrecht wie er konnte und blickte ihm dabei stets in die Augen. Denn das Gespräch diente der Ablenkung, denn dem Händler sollten die Bewegungen seiner Hände nicht auffallen. Zwar konnte dieser als Nicht-Magier die Ornamente, die Jack zeichnete nicht sehen, doch hielt Jack es für besser, wenn der Händler gar nicht erst merkte, dass er überhaupt etwas tat. Zwar hatten die Kopfgeldjäger Jacks Handgelenke vor seinem Körper zusammengebunden und seine Oberarme an den Karren gefesselt, doch konnte Jack seine Hände noch bewegen. Und für ein so kleines Zaubergeflecht wie dem Speer reichte das vollkommen aus. Ziemlich früh hatte Jack diese Idee gehabt und war nun schon seit Stunden dabei. Er verwandelte Äste, die noch in den Baumkronen hingen, in Speere. Er hoffte wirklich, dass Lara irgendwann mal aufschauen würde und es bemerkte. Dann würde sie ihn auf jeden Fall finden. Und als Magierin, die schon seit zwei Jahren für den Turm arbeitet, wird sie ja wohl mit drei Männern fertig werden. Das hoffte Jack zumindest. „Was wollt ihr denn mit dem Geld machen, wenn ihr es schaffen solltet, mich auszuliefern? Siebenmillionen ist ja nicht gerade wenig, selbst dann nicht wenn man es auf drei Leute aufteilt …“

 

Lara lehnte immer noch an dem Baum. Sie wusste einfach nicht, wie sie Jack in einem riesigen Wald ohne jeglichen Anhaltspunkt finden sollte. Sie schrie noch einmal „Jack!“ in den Wald, doch wie zu erwarten kam auch diesmal keine Antwort. Stattdessen hörte sie, wie sich eine Eule über den Lärm beschwerte. Lara blickte nach oben. In dem Baum, an dem sie lehnte war kurz vor der Krone eine kleine Höhle, aus der ein rundes Eulengesicht vorsichtig herausschaute. Nachdem Lara die Eule eine Weile betrachtet hatte fiel Lara Lara etwas anderes auf. In der Baumkrone hing ein Speer, der geradewegs nach Süden zeigte.

Das kann nur Jack gewesen sein, dachte sie hoffnungsvoll und schaute an dem nächsten Baum hoch. Auch dort war in der Baumkrone ein Speer zu sehen, der in die gleiche Richtung zeigte. Mit dem Blick nach oben gerichtet suchte Lara jede Baumkrone ab und folgte so schnell sie konnte der neuen Fährte. Also hat er tatsächlich einmal mitgedacht, gar nicht mal so dumm, der Junge, dachte Lara froh. Nachdem sie stundenlang nach Süden durch den Wald gelaufen ist drohte die Sonne hinter dem Horizont zu verschwinden. Es begann schlagartig kälter zu werden. Als Lara schon darüber nachdachte, sich eine Höhle zu suchen und am nächsten Morgen weiter nach Jack zu suchen, hörte sie auf einmal Stimmen. Schnell und leise näherte sie sich und sah schließlich, wie sich Jack von den Kopfgeldjägern durch den Wald ziehen ließ und mit dem Händler sprach.

„Bist du dir sicher, dass du einen Marmorboden in deiner Villa haben willst. Das ist doch eher ungemütlich und du wirst im Winter wahrscheinlich eiskalte Füße bekommen.“, sagte Jack zu ihm. Der Händler dachte einen Augenblick darüber nach. Lara sah wie Jack schnell das Zaubergeflecht für den Speer zeichnete und einen Ast aus der Baumkrone des nächsten Baumes in einen Speer verwandelte der nach Süden zeigt.

 

Plötzlich kamen von Vorne zwei silbern glänzende Kugeln auf die beiden in schwarz gehüllten Kopfgeldjäger zu. Sie wurden getroffen, fielen sofort zu Boden und blieben regungslos liegen. Geistesgegenwärtig zog der Händler ein Messer aus seinem Gewand und hielt es an Jacks Kehle. „Eine Bewegung, Mädchen, und er ist tot!“, schrie er verzweifelt.

„Ich hab dir doch gesagt, dass sie mich retten wird.“, sagte Jack zu ihm und lächelte ihn verschlagen an. Das Messer, dass der Händler Jack eben noch an die Kehle gehalten hatte wurde ihm durch eine unsichtbare Hand entrissen und schwebte zu Lara rüber. Sie fing es mit der Linken auf und zeichnete mit der rechten Hand ein komplexes Zaubergeflecht in die Luft kurz darauf flog noch so eine silberne Kugel auf den Händler zu und ließ auch ihn zu Boden gehen. Lara rannte zu dem Handkarren und schnitt mit dem Messer Jacks fesseln durch. Unmittelbar nachdem Jack aufgestanden war umarmte sie ihn. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht!“, sagte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter. Jack erwiderte die Umarmung. „Ich bin auch froh, dass dir nicht passiert ist. Danke, dass du mich gerettet hast. Ich hätte von Anfang an auf dich hören sollen.“

Jack und Lara standen noch so lange einfach nur da und umarmten sich, bis die Sonne hinterm Horizont verschwand und ein kalter Wind sie zwang sich voneinander zu lösen. Sie suchten die nächste Höhle auf, dieselbe von der aus sie heute Morgen erst losgezogen waren. Sie gingen gemeinsam Feuerholz sammeln und nachdem das Feuer brannte, fragte Lara Jack: „Was wollten diese Banditen von dir?“

„Sie wollten mich dem Turm ausliefern. Das waren Kopfgeldjäger. Sie sagten, dass auf mich, aufgrund der Prophezeiung, ein Kopfgeld von Siebenmillionen (Währung) ausgesetzt sei.“ Wie konnte der Turm so schnell Kopfgeldjäger hinter uns herschicken?, dachte sich Lara. Erst vor sechs Tagen habe ich noch einen Auftrag mit ihm erhalten.

 

 

Unvollständig

 

„Wie bist du auf die Idee mit den Speeren gekommen? Das war genial, wie du den Händler abgelenkt hast um unauffällig zu zaubern.“, sagte sie schließlich laut.

„Das war der einzige Zauber, den du mir bisher beigebracht hast. Und ich konnte das kleine Geflecht auch mit gefesselten Händen zeichnen. Und diese silbernen Kugeln? Hast du die Kopfgeldjäger umgebracht? Und wenn nicht, was wenn sie uns wieder folgen werden?“

„Die Silberkugel ist ein Betäubungszauber. Sie werden erst in ein paar Tagen aufwachen, bis dahin sind wir längst aus dem Wald raus. Ich habe sie zwar nicht umgebracht, aber es ist gut möglich, dass sie da draußen erfrieren, da sie keine Möglichkeit haben ein Feuer zu entzünden, solange sie Ohnmächtig sind.“

„Erzähl mir von der Prophezeiung.“, befahl Jack. „Das ist schon das zweite mal, dass ich aufgrund der Prophezeiung Schwierigkeiten habe. Und ich weiß nicht mal was das überhaupt ist.“

„Wenn du das unbedingt hören willst.“, seufzte Lara. „Die Prophezeiung ist ein Relikt, dass schon seit der Erbauung des Turmes im Turm aufbewahrt wird. Es ist eine Art Steintafel auf der in kryptischen Buchstaben die Prophezeiung geschrieben steht. Es heißt sie wurde von dem allerersten Magier dieser Welt aufgestellt. Jeder Magier im Turm und auch ziemlich viele nicht-Magier kennen sie und so ziemlich jeder glaubt auch daran. Grob zusammengefasst besagt die Prophezeiung, dass an dem Tag, an dem jemand es schafft seine Magie an nur einem Tag zu wecken, ein großes Unheil über die Welt kommen wird. Es verstößt gegen die natürliche Ordnung und führt zu Bösem. Deshalb sucht der Turm dich auch. Und deshalb hast du diese Schwierigkeiten am Hals.

 

Warum der Turm dich nicht schon an dem Tag, an dem du deine Magie geweckt hast, hat festnehmen lassen, kann ich mir nur so erklären, dass Frau Vercelli an dich geglaubt hat. Sie hat zunächst nichts verraten und dich davonkommen lassen. Aber sie glaubte eigentlich schon immer an die Prophezeiung, weshalb der Turm jetzt auch von dir weiß. Ich weiß nicht, was sie in dir gesehen hat, dass sie dich trotzdem davonkommen lassen hat.“

„Wenn die Prophezeiung so schlecht von mir spricht, wieso hilfst du mir dann trotzdem? Du gehörst doch genauso zum Turm.“

„Im Gegensatz zu den meisten anderen glaube ich nicht an die Prophezeiung. Zum einen wurde sie von einem Menschen angefertigt, zum anderen ist sie unvollständig. Außerdem glaube ich einfach nicht, dass du der Welt etwas böses willst. Das passt nicht zu dir.“

„Es bedeutet mir viel, dass du an mich glaubst.“, sagte Jack erleichtert. „Ich habe dir schon so viel zu verdanken. Eines Tages werde ich mich dafür revanchieren. Aber woher weißt du eigentlich, dass die Prophezeiung unvollständig ist?“

„Das weiß jeder, der das Relikt schon mal gesehen hat. Da fehlt der untere Teil. Er ist abgebrochen, verschollen oder sonst was. Auf jeden Fall hört die Prophezeiung mittendrin auf. Ich werde jetzt schlafen.“, sagte Lara mit einem gähnen. „Hast ja versprochen, dass du die nächste Nacht auf bleibst für das Feuer.“ Kaum hatte Lara sich hingelegt schien sie auch schon zu schlafen. „Natürlich. Schlaf gut.“, sagte Jack trotzdem noch.

Das Lara dank ihrem Buch mittlerweile die gesamte Prophezeiung kannte, hatte sie ihm verschwiegen. Es spielte auch keine Rolle, da sie dennoch nicht an die Prophezeiung glaubte. Den Inhalt des Buches darfst nur du kennen. Das hatten ihre Eltern und auch Frau Vercelli zu ihr gesagt. Lara hoffte, dass sie es mit der Prophezeiung nicht zu leicht nahm.

 

Denn sie wusste, dass es durchaus Prophezeiungen gab, die sich bewahrheitet hatten. Und das Vorhersehen von Ereignissen, bevor sie geschahen lag sogar in ihrer Familie. Ihre Mutter hatte diese mächtige Gabe. Deshalb hatte Lara sie auch niemals täuschen können, denn ihre Mutter wusste immer schon vorher, was als nächstes passieren wird. Aber ihr Vater sagte immer, dass man den Lauf der Geschichte beeinflussen kann. Und wenn man sein Schicksal selbst in die Hand nimmt, dann kann keine Prophezeiung voraussehen, was kommt und was nicht. Diese Worte gaben Lara Hoffnung. Deshalb wagte sie es auch die Prophezeiung anzuzweifeln. Denn sie wollte nicht nur ihr Schicksal in die Hand nehmen, sondern auch Jacks. Sie würde schon zu verhindern wissen, dass die Welt sich wegen ihm in Dunkelheit hüllt.

Als Lara wieder wach wurde, war es noch sehr früh am Morgen. Jack bereitete bereits etwas zu essen über dem Feuer zu. Neben ihm standen ihre und seine Flasche, beide wieder bis oben hin mit Wasser gefüllt. „Was ist das?“, fragte Lara Jack und zeigte auf das Fleisch über dem Feuer.

„Eichhörnchen.“, sagte Jack. Ich weiß, Fleisch zum Frühstück ist ungewöhnlich, aber ich habe nichts anderes gefunden, was wir hätten essen können.

„Das macht mir gar nichts. Auf längeren Reisen kommt sowas halt mal vor. Gut, dass du auch an Wasser gedacht hast. Gib mir mal bitte meine Flasche, ich habe Durst.“

Nach dem ungewöhnlichen Frühstück packten Jack und Lara alles was sie noch hatten zusammen, löschten das Feuer und verließen die Höhle. „Bringst du mir noch einen Zauber bei, bevor wir weiterziehen?“, fragte Jack als sie draußen standen. Er hatte Laras Rucksack auf dem Rücken, da seiner im Wald zurückgelassen wurde, als er entführt wurde. Er hatte ihr freiwillig angeboten ihn ihr abzunehmen. „Aber klar.“, sagte Lara und begann schon ein Zaubergeflecht zu zeichnen.

 

 

(Name der Stadt)

 

Nach zwei weiteren Tagen Reise durch den Wald zeigte sich endlich eine Straße und der Wald lichtete sich. Der restliche Weg bis hierhin verlief ohne Zwischenfälle und Lara hatte Jack noch einige Zaubergeflechte beigebracht, die äußerst nützlich waren. Voller Freude erkannte Jack, dass man die Stadt schon am Horizont erkennen konnte. Die Sonne stand noch hoch am Himmel. Bis heute Abend würden sie schon in der Stadt sein. Übereifrig lief Jack los. „Wir haben es endlich geschafft!“, rief er. Lara lief ihm nach. „Soll ich dir vielleicht mal den Rucksack abnehmen, dann kannst du noch schneller bis zur Erschöpfung laufen?“, fragte sie lachend und freute sich mit ihm. „Nicht nötig.“, rief Jack und rannte weiter der Stadt entgegen. Nach einer ganzen Weile blieb er stehen und Lara holte ihn ein. „Du hast zwar ganz schön Ausdauer, aber wir werden nicht früher da sein, wenn wir wegen deiner Rennerei Pausen einlegen müssen.“, sagte Lara und lächelte ihn an.

„Hast ja recht, aber ich bin so froh endlich aus dem Wald raus zu sein.“, antwortete Jack und kam langsam wieder zu Atem.

Gemeinsam liefen sie den restlichen Weg bis zur Stadt, in einem normalen Tempo, die Straße runter und kamen am frühen Abend in dessen Nähe. Im Sonnenlicht glänzten die Hausdächer der gewaltigen Siedlung. Die Stadt war noch stark belebt und man hörte viele Gespräche nach draußen dringen, Kinder lachen und Frauen am Marktstand um den Preis feilschen. Schließlich kamen Jack und Lara an das Stadttor, welches einfach offen stand. Man schien hier wohl nichts zu befürchten. Als sie die Stadt betraten überfielen Jack plötzlich Zweifel. Was, wenn ich sie hier nicht finde?, ging ihm durch den Kopf. Oder wenn ihr was zugestoßen ist.

„Ich bin sicher, dass wir deine Mutter hier wohlbehalten finden werden.“, sagte Lara aufmunternd, die es ihm wohl ansah.

 

„Danke.“, sagte Jack zu ihr. „Aber wo sollen wir suchen? Ich hab nie darüber nachgedacht, was ich überhaupt tun soll, wenn ich einmal hier bin. Die Stadt ist doch riesengroß!“

„Mach dir keine Sorgen. Wir werden einfach die Leute hier fragen. Irgendwer wird sie schon gesehen haben. Zeig ihnen ein Bild von ihr, ich hab dir doch beigebracht, wie du das machen kannst.“

Jack projizierte ein Bild von seiner Mutter aus seinen Erinnerungen in die Luft. Zusammen mit Lara lief er durch Stadt und fragte jeden an dem sie vorbeikamen, ob er sie vielleicht mal gesehen hat. Er verlor schon fast wieder die Hoffnung, als sie endlich einen fanden, der sie kannte.

„Klar habe ich sie gesehen. Frau Harper ist vor kurzem erst hierher gezogen. Kommt mit, ich kann euch zeigen, wo sie wohnt.“ Der nette Herr führte Jack und Lara quer über den vollen Marktplatz. Sie liefen immer weiter zu dem gegenüberliegenden Stadtrand. In einem heruntergekommen Haus, das direkt an der Stadtmauer in der Nähe des Nordtors lag hielten sie an. „Hier ist es.“, sagte der Mann und wandte sich zum gehen. „Vielen, vielen Dank!“, rief Jack ihm noch hinterher. Er ging zur Haustüre und wollte voller Hoffnung anklopfen. Doch irgendetwas hielt ihn ab. Er hatte Angst. Angst davor, was passieren würde, wenn er anklopft und sie ihm aufmacht. Er war sich doch so sicher gewesen, dass sie entführt worden ist. Den Brief hatte sie doch nicht selbst verfasst? Er wurde unsicher und senkte den Arm wieder. „Ich hab dir doch gesagt, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“, sagte Lara. „Jetzt klopf schon an die Türe, was soll schon passieren? Ach ja, hast du was dagegen, wenn ich kurz zurück zum Marktplatz gehe und uns für die Rückreise neu ausstatte? Warte einfach hier auf mich. Ich hol dich hier wieder ab.“

„Geh du nur.“, sagte Jack ohne sich von der alten, schiefen Holztüre abzuwenden.

 

Lara drehte sich kurzerhand um und lief Richtung Marktplatz.

Wenn ich ihn alleine lasse, statt ihn zu beobachten, traut er sich wahrscheinlich auch, seiner Mutter gegenüberzutreten, dachte sie sich. Das ist sowieso etwas, was er alleine bewältigen muss. Als sie um die nächste Ecke bog hörte sie noch, wie Jack endlich an die Türe klopfte. Geht doch, dachte Lara und lief weiter. Am Marktplatz angekommen suchte sie erst mal nach einem neuen Rucksack. Sie brauchten einen neuen, da sie Jacks Rucksack im Wald hatte liegen lassen. Ihr Rucksack war schon mit ihren und seinen Sachen voll und sie wollte noch eine Menge dazukaufen. Zum Glück hatte sie ausreichend Geld vom Turm mitgenommen. Endlich fand sie einen Stand der Taschen verkaufte und hatte sofort einen größeren Lederrucksack im Blick. Sie feilschten erst ein wenig, doch Lara hatte schnell einen guten Preis ausgehandelt und nahm den Rucksack an sich. Nachdem sie auch Wasser und Nahrung gekauft hatte ging sie wieder zu Jack zurück. Das hatte sie zumindest vor.

 

Als Jack seinen Mut zusammennahm und endlich an die Haustüre klopfte fiel diese einfach ins Haus hinein. Es wirbelte eine große Menge an Staub hoch, sodass Jack niesen musste und nichts mehr sehen konnte. Als sich der Staub wieder legte erkannte Jack, dass es sich bei diesem Haus nur um eine Ruine handelte. Alles war verstaubt, die Wände waren morsch und es wirkte alles so, als ob es gleich über ihm einkrachen und ihn begraben würde. Doch als Jack genau hinsah erkannte er im Zwielicht, das durch die alten schweren Vorhänge fiel, dass da eine Person in der Ecke des Raumes stand. „Ehm... Hallo?“, fragte Jack mit zittriger Stimme, doch er bekam keine Antwort. Die Person rührte sich nicht. Jack ging langsam auf sie zu, bis er irgendwann nah genug dran war um ihr Gesicht zu erkennen.

Doch wünschte er sich nun, nie hergekommen zu sein.

 

Als Lara an dem Haus von Jacks Mutter ankam, fand sie es verlassen vor. Etwas verwundert über den Zustand des Hauses, in dem angeblich vor kurzem noch jemand gelebt haben sollte, wollte sie gerade wieder hinausgehen, als ihr etwas am Türrahmen auffiel. „Lara. Hilfe. Entführung. Stadt auf dem großen See.“, stand dort in winzigen Buchstaben hinein geritzt. Doch wurde das nicht etwa mit einem Messer, sondern mit Magie gemacht. Das kann doch nicht wahr sein, dachte Lara verzweifelt, warum gerät Jack immer wieder in Gefahr? Sie packte so viel Proviant wie noch passte in ihren alten Rucksack, ließ den gerade erst gekauften hier zurück und machte sich so schnell sie konnte auf den Weg nach (Name der Seestadt). Die Sonne war schon im Begriff unterzugehen, dennoch verließ Lara noch an diesem Tag die Stadt (Name der Stadt). Der schnellste Weg zur Seestadt führte durch den nordwestlichen Nadelwald. Und sie wollte ihn noch diese Nacht erreichen. Für Jack ist es das Risiko wert, dachte sie sich. Abgesehen davon kannte sie nur diesen einen Weg dorthin. Nachdem sie zwei Stunden nach Nordwesten gelaufen ist hörte die Straße plötzlich auf. Vor Lara erhob sich ein einzelner riesiger Berg. Und den zu umrunden würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb begann sie hinaufzusteigen. Es dauerte eine weitere Stunde, bis Lara bis zum Gipfel hochgekraxelt war. Unter ihr erstreckte sich der Nadelwald soweit das Auge reichte, über ihr schien ein riesiger Vollmond. Hier wollte Lara bis zum Tagesanbruch warten. Sie schlug ihr Lager auf, entzündete ein Feuer und versuchte zu schlafen. Vergeblich. Stattdessen lag sie einfach nur da und verfolgte den Lauf des Mondes. Ihre Gedanken waren bei Jack. Sie hatte sich so sehr gewünscht mit ihm zum Turm zurückzukehren. Irgendwie hätte sie ihn bestimmt wieder Zutritt verschafft und dann könnten sie sich gemeinsam ausbilden lassen. Sie hatte sich alles so einfach vorgestellt. Heimweh überkam sie.

 

 

Der dunkle Wald

 

Sie träumte noch vor sich hin als der erste Sonnenstrahl am Horizont erschien. Schnell packte sie wieder alles zusammen und begann den Berg hinab zu steigen. Am Tage sah der Wald so viel freundlicher aus. Lara suchte sich einen Trampelpfad und folgte ihm nach Nordwesten. Der Wald wurde auch dunkler Wald genannt, und das lag nicht daran, dass die breiten Fichten den Himmel verdunkelten. Hier soll es dunkle Gestalten geben. Menschen und Tiere, denen man lieber nicht begegnen will. Dennoch, der Weg drumherum wäre zu lang gewesen. Lara hoffte, dass sie Jack noch einholen konnte. Vielleicht ging er außenrum und sie könnte seinen Entführern den Weg abschneiden. Doch erst mal musste sie es heil durch den Wald schaffen. Und das klang leichter als es ist. Trotzdem lief sie den ganzen Tag ohne Zwischenfälle durch. Glück gehabt. Doch jetzt wurde es dunkel. Als die Sonne am Horizont verschwand wurde es unheimlich Still im Wald. Obwohl Lara ziemlich müde war, da sie letzte Nacht keinen Schlaf fand, zu schlafen konnte sie sich hier nicht erlauben. Hoffentlich passiert hier nichts, damit ich es rechtzeitig zu Jack schaffe, dachte sie noch, als sie plötzlich einen Schrei hörte. Wieder hellwach ging sie aufmerksam um sich blickend weiter. Der Schrei kam aus der Richtung, in die sie sich bewegte, doch hoffte sie weiterhin, dass sich nichts zwischen sie und ihrem Ziel stellte. Nach fünf unendlich langen Minuten Fußmarsch hielt sie an. Sie ist in eine Waldlichtung geraten und vor ihr bewegte sich etwas. Es schien ein Tier zu sein, groß und mit pechschwarzem Fell, das sich leise und geschickt um sie herum bewegte. So etwas hatte sie noch nie gesehen. Ganz langsam drehte sich Lara im Kreis, um es immer im Blick zu behalten. Aus Angst, jetzt seine Beute zu werden begann sie ein Zaubergeflecht zu wirken.

 

Doch als das Tier sich plötzlich vom Boden abstieß und mit unglaublicher Geschwindigkeit auf sie zu flog, war ein Schrei alles, was ihr noch gelang.

 

Jack wurde von ihr durch den Nadelwald geführt. Es war unheimlich still hier, was schon gruselig genug war, doch dann hörte Jack auch noch Schreie durch die Nacht hallen. Er hatte aber keine Zeit sich zu fürchten, er musste unbedingt an ihr dran bleiben. Eigentlich wusste Jack nicht einmal, warum er ihr überhaupt folgte, doch irgendetwas sagte ihm, dass es gerade nichts Wichtigeres gab. Sie liefen schon seit Stunden, es war längst Nacht geworden, und dennoch verspürte Jack nicht den Hauch von Müdigkeit. Es machte ihm überhaupt nichts aus ihr zu folgen. Er hatte sie schon mehrfach gefragt, wo sie denn mit ihm hin will, doch bekam er niemals eine Antwort. Sie deutete ihm nur stumm, ihr zu folgen. Der Wald schien kein Ende zu nehmen. Jack hatte die Orientierung verloren, ein weiterer Grund an ihr dran zu bleiben. Plötzlich gellte ein weiterer Schrei durch den Wald. Jack fuhr zusammen. Diese Stimme.... er war sich sicher, dass er sie kannte, es kam ihm aber nicht in den Sinn, wer das gewesen sein könnte. Er zuckte einmal mit den Schultern und nahm die Verfolgung wieder auf. Und nach einer Weile, als der Vollmond im Zenit stand, hatten sie endlich das Ende des Waldes erreicht. Von hier an folgten sie einer Straße bis zu einem gigantischen See. Am Horizont konnte Jack eine Stadt erkennen. „Lara. Hilfe. Entführung. Stadt auf dem großen See.“ Ganz kurz blitzte ein Bild in seiner Erinnerung auf. Doch konnte er damit nichts anfangen. Am Ufer des Sees stand ein Boot bereit und er stieg mit ihr hinein. Sie begann zu rudern und sie bewegten sich langsam auf die Stadt zu. Jack fragte sich was sie dort wohl wollen. „Wir sind fast da. Nach all der Zeit wirst auch du ihn nun wieder sehen.“, sagte sie plötzlich mit einem Grinsen im Gesicht.

 

Lara lag mit dem Rücken auf dem Waldboden und starrte das Biest an, das sie überwältigt hatte. Es stand über ihr, drückte mit seinen Vorderbeinen ihre Arme zu Boden und starrte zurück. Das ging schon seit einer ganzen Weile so, Lara hatte schon vor langem aufgehört sich zu wehren. Stattdessen lag sie einfach nur angsterfüllt da und hoffte, dass es sie irgendwann loslassen oder endlich zubeißen würde. Doch das Biest rührte sich nicht. Du hast nichts Böses an dir. Warum wagst du es in den dunklen Wald? Was willst du hier? Die tiefe Stimme des Biestes hallte plötzlich in ihrem Schädel wieder. Doch hatte es nicht einmal sein Maul bewegt. Ich muss verrückt geworden sein, dachte sich Lara und antwortete trotzdem: „Mein Freund. Jack. Er wurde entführt. Sie bringen ihn zur Seestadt und der Wald ist der schnellste Weg dorthin. Ich muss ihm helfen.“ Wenn dies wirklich deine Absicht ist, so will ich dir helfen. Ich bringe dich zum See, hörte Lara in ihrem Kopf. Das Tier ließ sie los und ging ein paar Schritte zurück. Lara stand auf und spielte mit dem Gedanken, es zu töten. Doch sah es nun überhaupt nicht mehr böse oder feindlich aus, es guckte sie mit freundlichen Augen. Steig auf! Das Tier drehte sich nach Nordwesten. Lara fasste Vertrauen. Hätte es mich töten wollen, dann wäre ich längst tot, dachte sie und mit dem Gedanken stieg sie auf den Rücken des Tieres und hielt sich in seinem Fell fest. Sofort begann das Tier loszurennen und Lara bekam Angst, dass sie runterfallen könnte. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit bewegten sie sich durch den Wald. Und der Mond stand noch fast mittig am Himmel als sie schon den See erreichten. Lara stieg ab und ging ans Ufer. Viel Glück, hörte sie noch und das Tier verschwand wieder im Wald. Nicht weit entfernt entdeckte sie ein kleines Boot, dass sich Richtung Stadt bewegte und sofort erkannte sie Jack. Eine Frau, die ihm erstaunlich ähnlich sah, brachte ihn immer weiter fort von ihr. „Jack!!!“, schrie sie über den See.

 

Jack drehte sich um und sah zum Ufer zurück. Dort stand ein Mädchen mit langen braunen Haaren, smaragdgrünen Augen, einem weißen Oberteil und einer langen smaragdgrünen Hose. Sie war das schönste Mädchen, das er je gesehen hatte. Aber warum hatte sie ihn gerufen? „Ignorier sie einfach. Sie ist nicht wichtig.“, sagte die Frau, die hinter ihm saß und ruderte.

„Jack ich komme. Du bist gleich gerettet.“, rief das Mädchen am Strand. Gerettet? Wovor?, fragte sich Jack. Er sah zu der Frau rüber und fragte sich zum ersten Mal, wer das eigentlich war. Doch fiel ihm dazu nichts ein. Und er hatte immer noch das Gefühl, dass es nichts Wichtigeres gab als ihr zu folgen. „Wie lange brauchen wir noch?“, fragte er sie. „In etwa einer Stunde haben wir den See überquert. Dann nochmal eine halbe Stunde durch die Stadt.“, antwortete sie knapp. Eineinhalb Stunden also. Jack sah in den Himmel. Sie würden ihr Ziel schon bei Sonnenaufgang erreichen. In nur einer Nacht haben sie es also von (Name der Stadt) nach (Name der Seestadt) geschafft. Dabei kam ihm der Wald so riesig vor, als sie noch davor standen. Unfähig irgendetwas zu tun schaute Jack zum Ufer zurück, dass sich immer weiter entfernte. Da stand immer noch dieses Mädchen, und sie schien beschäftigt zu sein. Sie fing an auf und ab zu laufen und irgendetwas in den Boden zu zeichnen. Völlig gespannt wartete Jack darauf, dass irgendetwas passieren würde, doch hörte sie einfach mit der Arbeit auf und schaute wieder in seine Richtung. Und es passierte überhaupt nichts. Eine ganze Weile schaute sie ihn einfach nur an und Jack schaute zu ihr zurück. Er sah wie ihre Augen leuchteten, wie der Boden aufglühte und sie ihre Arme hob, doch begriff er nicht, was das bedeutete. Und bevor er das herausfinden konnte hatte er sich so weit vom Ufer entfernt, dass er sie nicht mehr erkennen konnte. Nun wartete er gelangweilt darauf, endlich die Stadt zu erreichen. Und ehe er sich versah legten sie im Hafen an.

 

Die Frau stieg aus dem Boot und bezahlte einen Mann für den Anlegeplatz. Jack folgte ihr in die Stadt. Die Stadttore standen auch hier einfach offen und kaum waren sie hindurch bogen sie rechts ab und liefen die Stadtmauer entlang. Es war noch so früh, dass sie keinen weiteren Menschen begegneten. Sie liefen eine ganze Weile bis schließlich in der Stadtmauer selbst eine Tür erschien. Dahinter führte sie eine steinerne Treppe nach unten und dann ging es wieder nach links durch einen schmalen Gang der in einen leeren Raum führte, von dem mehrere Türen abgingen. Es schien ein komplexes Gewölbe unter der Stadt zu sein. Doch was Jack jetzt am meisten interessierte war, warum die Frau ihn hierher geführt hatte. Sie nahmen die rechte der zwei Türen an der gegenüberliegenden Wand und fanden sich in einer kleinen Halle wieder, deren Decke durch Säulen gehalten wurde. Am Ende der Halle, in etwa fünfzig Metern Entfernung, stand ein hölzerner Thron auf einem kleinen Podest. Dort saß ein hochgewachsener Mann mit weißgrauen Haaren und smaragdgrünen Augen. Er sah recht freundlich aus, fand Jack. „Wir sind da.“, sagte die Frau, die in der Türe stehengeblieben ist, „Geh zu ihm.“ Sie schloss die Türe von Innen und ging vor. Jack folgte ihr, blieb aber vor dem Podest stehen, während sie sich neben den Thron stellte und auf ihm abstützte. „Hallo Jack. Mein Name ist Aramis.“, sagte der Mann im Thron. „Und du bist hier, weil ich dich für etwas brauche. In naher Zukunft...“ Er schien in Gedanken zu versinken. „Woher kennt Ihr meinen Namen? Und wofür braucht Ihr mich?“, rief Jack wütend. Er hatte plötzlich das Gefühl, dass man ihn ausnutzen wollte. Doch Aramis blieb ganz ruhig. „Vertrau mir, Jack. Ich kenne dich schon lange. Und ich habe erkannt, dass du großes Potential hast. Und bis zu jenem Tag wirst du deshalb mein Schüler sein.“

„Was für ein Schüler? Und was ist, wenn ich gar nicht hier sein möchte?“

 

„Ich will dir doch nichts Böses. Ich werde dich Lehren ein großartiger Magier zu sein. Außerdem, wo willst du sonst hin?“

Jack machte den Mund auf um zu antworten und machte ihn wieder zu. Er wusste nicht wohin er sollte. Er wusste ja nicht einmal wo er herkam. Er hatte keine Erinnerung mehr an die Zeit bevor er diese Frau in der Ruine von Haus getroffen hatte.

„Na also.“, sagte Aramis. „Bei uns wird es dir gut gehen“ Er wandte sich zu der Frau, die immer noch neben ihm stand. „Zeig ihm sein Zimmer, Ella. Und sorge dafür, dass er Morgen pünktlich zum Unterricht erscheint. Den Rest des Tages hat er noch frei.“ Ohne zu antworteten ging sie vom Podest runter, lief an Jack vorbei und sagte im vorbeigehen „komm mit, Jack.“

Impressum

Texte: Copyright juckt mich nicht. ;) Ihr könnt gerne daran rumbasteln, wenn ihr wollt.
Tag der Veröffentlichung: 17.03.2016

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