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KAPITEL 1

Emily hatte den Kopf in den Nacken gelegt, atmete tief ein dabei und seufzend wieder aus, als sie ihren Blick langsam über die Bücherreihen wandern ließ. Sie las jeden Titel, ohne ihn dabei groß abzuspeichern. Bücher, die sie kannte und schon einmal gekauft hatte, neue Bücher, langweilige Bücher, seltsame Bücher. Und alle über Irland. Ihr Magen zog sich kurz zusammen, als sie sich selbst fragte, was sie eigentlich hier suchte. Sie war in der kleinen Buchhandlung eine Straße weiter von ihrer Wohnung aus. Sie hatten Herbst und die Eigentümerin hatte ein Herz für Dekorationen. Fast wöchentlich änderten sie sich. Momentan war alles kunstvoll mit Laub, Kerzen, Kürbissen, Maiskolben, Äpfeln und Quitten dekoriert, in denselben Farben, wie sich die Ahornbäume draußen präsentierten, die die Straße säumten. Von hellem Gelb bis zu tiefem Rot. Der Wind ging ein wenig und Emily hörte die Klingel, als jemand anderes die Tür des Ladens öffnete. Der Straßenlärm wurde kurz lauter und ebbte wieder zu seinem unterschwelligen, nie vergehenden Dröhnen ab. Eines der Dinge, die für Emily neu waren. Bevor sie ihre Reise gemacht hatte, hatte sie der Straßenlärm nie...gestört. Zumindest nicht so. Inzwischen fand sie ihn immer laut. Hörte ihn immer. Egal wo in der Stadt sie war. Überhaupt war ihr die Stadt zu...groß. Voll. Laut. Dreckig. Schmutzig. Stinkend. Hektisch. Abgehoben. Weltfremd. Oberflächlich. Sie konnte ewig so weitermachen. Ihr war ein wenig, als würde sie neben sich stehen, sich den ganzen Tag beobachten und über sich selbst den Kopf schütteln, weil sie sich so verändert hatte. Sicher, auch früher war sie schon immer lieber auf dem Land gewesen, sie war da immerhin aufgewachsen und wollte auch später dort wieder hin – früher hatte sie auch geplant, dort ihre Familie zu gründen und ihre Kinder großzuziehen. Aber der Gedanke löste Kopfschmerzen aus und sie verdrängte ihn immer gleich schnell und erfolgreich. Doch der Rest ließ sich nicht verdrängen.Sie mochte ihre Stadt nicht mehr.

Also hielt sie sich oft in einem Buchladen auf, in einer Bibliothek oder in ihrer Wohnung. Auch in den Park wollte sie nicht – zu viele Menschen auf zu engem Raum. Wenn man sie so denken hörte, könnte man schon fast meinen, sie sei eine Elfe... Emily schüttelte den Kopf und seufzte wieder. Übermorgen würde sie nach Hause zu ihrer Familie fahren, nach Hause aufs Land. Wo es hoffentlich besser wurde.

Sie wandte sich von der Bücherreihe ab, doch sah noch einmal zurück. Viele Buchrücken waren voll von Mustern, Schnörkeln, Tribles, stilisierten Tieren, irischen Begriffen und teilweise Bildern von der irischen Landschaft. Wieder fragte sie sich, was sie eigentlich hier tat. Ob es gut für sie und ihr geistiges Wohl war, wenn sie sich immer wieder an Irland erinnerte. Selbst. Immerhin war es über drei Monate her, dass sie so plötzlich wieder in diesem einen Wald aufgetaucht war, wo sie sich – für sie Jahre zuvor – verirrt hatte. Es war dunkel gewesen, der Nebel dick, doch er hatte sich schnell in Schwaden verzogen. Dann hatte Emily, verwirrt, halb tot vor Erschöpfung und Blutverlust, Lichter gesehen, Rufe gehört, ihren Namen gehört. Sprachlos war sie erst nur dagestanden und hatte in der Nacht im Wald die Lichter einfach nur voll Wunder angeschaut. Sie war tatsächlich an denselben Ort zur selben Zeit zurückgekehrt. Wo sie sich verlaufen hatte. Und sie war einer Suchmannschaft direkt in die Arme gesprungen.

Die irische Polizei war von einem Gewaltverbrechen ausgegangen. Dann von...Pech. Emily wusste nicht wirklich, was sich alle

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.11.2014
ISBN: 978-3-7368-6030-8

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Eltern und meine gesamten Familie, die mich immer tatkräftig unterstützen und es auch immer tun werden. Danke an euch alle, ohne euch hätte ich das nie geschafft!

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