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Der ale Mannauf der Parkbank

Ich heiße Suki. Ich bin jetzt 17 Jahre alt und diese Geschichte hat mein Leben verändert. Sie hat sich in mein Gedächtnis gebrannt. Diese Geschichte kann und werde ich nie vergessen.

Ich war bis zu diesem Tag eine ganz normale Schülerin. War nicht immer die beste in der Klasse. Aber auch nicht die schlechteste. Meine Eltern sind gute Geschäftsleute. Wir leben in einem kleinem Häuschen und jeden Sommer fahren wir an ein kleines Häuschen am See. Aber letztes Jahr taten wir es nicht, weil mein Vater einen Dienst im Ausland hatte. Meine ganzen Freunde waren im Urlaub und ich hatte auch keine Geschwister mit denen ich mich hätte beschäftigen können. Meine Mutter war fast die ganze Zeit daheim. Also musste ich mir die Zeit vertreiben. Ich nahm also meistens meine Kamera und lief irgend wo herum und suchte nach tollen Motiven. Irgend wann ging ich dann in den Park, der ein bisschen Abgelegen von der Stadt lag. In den Sommerferien war hier kaum was los. Ich schlenderte also so herum und suchte nach guten Motiven. Dann sah ich einen alten Mann auf einer Parkbank sitzen. Er trug eine Brille. Sein Haar war fast weiß und er hatte schon sehr viele Falten im Gesicht. Er trug ein Hemd und eine Jeans. Er saß dort ganz allein. Lachte aber und redete irgend etwas. Es sah so aus, als würde er mit jemanden reden. Er tat mir sehr leid, weil ich dachte, dass wenn er schon Selbstgespräche führt, er sehr einsam sein muss und wahrscheinlich niemanden hat. Ich ging auf ihn zu und sagte: „Hallo kann ich mich zu ihnen setzten?“ Ich lächelte ihm zu und er lächelte zurück und nickte. „Was machen sie den hier?“, fragte ich und er antwortete: „Ich sitze hier mit meiner Frau Ingrid. Wir lachen schon die ganze Zeit über die alten Zeiten.“ Ich war über seine Antwort sehr verwirrt und sah hier im Park keine Menschenseele. Dieser Mann tat mir schon sehr leid. Wahrscheinlich war seine Frau gestorben und er bildete sich nur ein, dass sie noch lebte. Aber ich wollte ihn auch nicht verletzten. Deshalb fragte ich: „Über welche Zeiten reden sie denn? Mich interessiert das.“ Er blickte mich an und lächelte wieder. „Das ist mir sehr neu. Das sich junge Leute für alte Geschichten interessieren.“ Daraufhin lachte er und ich lachte mit ihm. „Aber na gut. Wenn es dich so interessiert. Ingrid und ich haben uns gerade darüber unterhalten, wie sich unser Hund früher immer angestellt hat. Er hat immer diesen Tauben hinterher gejagt. Einmal ist er ihnen hinterher gesprungen und ins Wasser gefallen. Daraufhin hatte er für die nächsten Wochen Angst vor Wasser. Habe ich recht Ingrid?“ Er schaute kurz auf den Platz neben sich. Dort wo keine Menschenseele saß. Dann lachte er wieder und ich lachte mit ihm. Dann fragte ich: „Sie sehen so glücklich aus. Wie lange sind sie denn schon verheiratet?“ Er schaute mich an und erzählte: „Schon über 40 Jahre. 46 Jahre um genau zu sein. Und wir lieben uns noch, wie seit dem ersten Tag an. Weißt du, als wir noch so alt waren wie du, haben wir uns schon gekannt. Ich war ein richtiger Mädchenschwarm. Aber Ingrid hatte kein Interesse an mir. Ich habe so vieles getan. Ich habe ihr Blumen geschickt. Habe ein Gedicht geschrieben, was echt schlecht war und habe ihr sogar ein Ständchen gesungen und glaub mir ich war ein echt miserabler Sänger. Doch Ingrid hat das gar nicht interessiert. Für mich war sie unerreichbar.“ Er grinste und schaute kurz zu dem leeren Platz neben sich. Dann setzte er fort: „Du fragst dich jetzt bestimmt, wie wir dann zusammengefunden haben. Ich habe sie nicht aufgegeben. Etwas an ihr hat mich gereizt und ich hatte ständig Ärger mit ihren Eltern, weil ich sie nie in Ruhe gelassen habe. Aber ich war so verrückt nach ihr. Irgend wann kam der Tag. Es war an einem Abend. Ihr Freund, denn sie damals hatte, hatte sie sitzen gelassen. Ich habe sie getröstet und dann hatte es zwischen uns richtig gefunkt. Wir sind uns langsam näher gekommen und wir sind bis heute zusammen.“ Er lächelte die ganze Zeit und seine Augen funkelten als er mir das erzählte. Ich fragte dann: „Aber es lief doch bestimmt nie alles gut oder?“ Er schaute mich entsetzt an und sagte: „Natürlich läuft nie alles gut. Wir sind ja nicht in einem Romantischem Liebesroman.“ Er grinste und sagte: „Wir hatten auch unsere Höhen und unsere Tiefen. Aber wir haben sie gemeistert. Zusammen. Man schafft nicht alles alleine in seinem Leben. Das solltest du dir gut merken. Nur zusammen schafft man die schlimmsten Zeiten.“ Er grinste schaute auf den leeren Platz und fing an zu lachen. „Du hast aber eine schöne Kamera.“, sagt er dann auf einmal. Ich nickte und antwortete: „Dankeschön. Ich suche gerade nach schönen Momenten aus dem Leben. Und ich glaube ich habe schon eins gefunden. Wenn sie es mir erlauben, würde ich gerne ein Foto von ihnen beiden machen. So als Erinnerung.“ Er schaute erst auf den leeren Platz dann nickte er mir freundlich zu und meinte: „Wir haben echt nichts dagegen.“ Er legte seinen Arm in die eine Richtung. So als würde er gerade eine unsichtbare Person umarmen. Er grinste in meine Richtung. Ich hob die Kamera und drückte zweimal ab. Dann senkte ich sie wieder. „Und sind sie schön geworden?“, fragte der alte Mann. Ich nickte und fragte: „Wollen sie sie mal sehen?“ „Ach lass mal gut sein. Ich weiß, dass meine Frau gut aussieht und ich weiß, wie schlimm ich aussehe.“ Daraufhin lachte er wieder kräftig los und ich lachte mit ihm. Ich bedankte mich herzlich bei ihm und wünschte ihm und seiner Frau noch viele schöne gemeinsame Jahre. Ich grinste und wünschte mir noch ein schönes Leben. Dann gingen er. Er ging mit der einen Hand ausgestreckt. Ich machte noch leise ein Foto. Es sah so aus, als würde er seine Frau an der Hand halten. Es war so faszinierend.

Als ich ein paar Tage später die Fotos fertig entwickelt hatte, traf es mich fast wie ein Schlag. Der alte Mann saß auf dem Foto nicht mehr alleine. Neben ihm saß eine alte schmale Frau. Mit langem grauem Haar. Sie trug ein Kleidchen und eine Halskette um den Hals. Sie lächelte mitten in die Kamera und ihre eine Hand war auf dem alten Mann seinem Knie. Auf dem nächstem Foto sah ich, wie beide Hand in Hand davon liefen. Ich konnte es im ersten Moment nicht glauben. Ich schaute mehrmals hin. Aber ich sah immer noch die Frau auf meinen Fotos.

Ich machte mich nicht weiter verrückt mit der Geschichte. Aber ich erzählte sie auch keinem. Sie würden mich für verrückt halten. Doch über eins war ich mir jetzt sicher. Der alte Mann war nicht alleine. Er hatte immer noch seine Frau. Auch wenn sie vielleicht nicht mehr so lebendig wie früher ist. Sie ist doch immer noch bei ihm. Auch wenn wir sie nicht wahr nehmen. Direkt an seiner Seite und dort wird sie auch bleiben. So lange bis er seinen letzten Schritt geht.

Impressum

Texte: Maira Baker
Tag der Veröffentlichung: 29.12.2013

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