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1. Kapitel


Es war Montag kurz nach Schuljahres beginn. Ich ging langsam und wie immer allein durch die Flure zu meinem Klassenzimmer. Ich hing meinen Gedanken nach, ich war jetzt in der neunten Klasse und hatte es immer noch nicht geschafft mich mit jemandem anzufreunden. Nicht das ich es nicht versucht hätte, aber die meisten Leute um mich herum mochten mich einfach nicht. Und ganz ehrlich, von diesen Leuten wollte ich auch gar nicht gemocht werden, wie ich schon in der Grundschule festgestellt hatte. Gut ich war anders, aber in dieser Hinsicht vertrat ich die Meinung ´lieber anders als eine von euch! ` . Und in dieses Rudel-bildende- Cheerleader-Verhalten wollte ich mich einfach nicht hineinziehen lassen.
Es klingelte und ich schreckte auf, Mist ich war schon wieder so spät dran. Ich ging etwas schneller und schaffte es gerade noch zum Achtuhrklingeln ins Klassenzimmer und auf meinen Platz, ganz hinten im Eck. Der Lehrer, Herr Wilms, sah mich tadelnd an, aber das war mir eigentlich ziemlich egal. Ich war eigentlich noch pünktlich und Leute in Cordanzügen nehme ich einfach nicht ernst.
Die Tür ging noch einmal auf bevor Mister Cord Sachen mit dem Unterricht beginnen konnte. Herein kam Frau Steyn, die Direktorin. Hinter ihr traten ein Junge und ein Mädchen ein. Man konnte die beiden einfach nur als umwerfend, bezeichnen. Sie waren zweifelsohne Geschwister, denn sie unterschieden sich bis auf die großen geschlechtlich bedingten Merkmale nur durch die Haare. Das Mädchen war mindestens so groß wie ich, was selten vorkam da ich mit 15 schon fast 1,80m, groß war. War schlank, hatte elegante Gesichtszüge. Dazu hellblonde, fast weiße Haare. Bei ihrem Anblick musste, wie mir schien, jeder Junge im Raum seufzten. Ihr Bruder war noch ein gutes Stück größer und hatte breite Schultern und unter dem T-Shirt zeichneten sich deutliche Muskeln ab. Er hatte ein kantigeres Gesicht und sah für mich (und so ziemlich alles weibliche auch) einfach nur zum dahinschmelzen aus. Sie würden sicher schnell zu den Leuten gehören die in allem toll und total beliebt waren; so hatte es zumindest den Anschein. Frau Steyn wand sich uns zu und stellte die beiden vor: „Das sind Noah und Alexandra Jäger.“ Und an die beiden richtete sie. „würdet ihr euch beide bitte kurz vorstellen?“.
„Klar.“, erwiderte Noah darauf, „Hi, also, wir sind letzte Woche von Weißrussland hier her gezogen haben aber vorher schon in Deutschland gewohnt. Wie sich die meisten bestimmt gedacht haben, sind wir Zwillinge. Außerdem haben wir noch ein paar mehr Geschwister hier an der Schule.“ Bei dem Wort schreckte Vanessa, die ober Diva leicht hoch, sie war schon seit die beiden Neuen den Raum betreten hatten damit beschäftigt verstohlene Blicke in den Spiegel auf ihrem Tisch zu werfen und versuchte heimlich ihre Haare zu richten (was auch immer es da noch zu richten gab bei der Tonne Haarspray). Noah war wohl mit seinem Bericht zu ende, denn er blickte sich leicht verloren zu den Lehrern im Zimmer um. Seine Schwester hatte noch nichts gesagt, und sah alles in allem recht gelangweilt aus. Die Direktorin verabschiedete sich und verschwand. Herr Wilms rettete den Jungen in den er ihnen Plätze zu wies, es waren nur zwei frei einer neben Vanessa und(welch ein Wunder), neben mir. Das Mädchen warf ihrem Bruder kurz einen Blick zu und ging auf mich zu. Ich sammelte mein Zeug ein wenig ein und machte ihr Platz. Sie lächelte mich an und setzte sich. Erst jetzt viel mir auf, dass sie gar nicht so tussig wie die meisten anderen Mädchen an der Schule gekleidet war. Sie trug eine abgetragene Jeans, ein weit, geschnittenes Top und ausgelatschte Chucks. In Prada-Land war das wirklich mal etwas Anderes.
„Hi, Alex.“ Sagte sie zu mir.
„Hallo, ich bin Ivalu, aber Lu ist mir lieber“ entgegnete ich. Ich mochte meinen Namen wirklich nicht besonders, meine Mutter hatte ihn ausgesucht.
„Kenn ich. Sag lieber nicht Alexandra zu mir, wenn du deine Körperteile alle behalten willst.“
Ich mochte sie sofort.
„Kein Problem, solang du dich auch dran hältst.“, entgegnete ich. Wir wurden unterbrochen als Mister Cord Sachen, anfing über irgendwelche Gebirgsarten zu schwafeln.
„Trägt der Typ immer so scheußliches Cord zeug?“, frage sie mich leise.
„Ja leider Gottes.“
Sie lächelte, und sah ans andere Ende, wo Vanessa ihren Bruder zu textete. „Und das Mädchen da vorne, läuft die immer so rum oder ist heute Zeig-ganz-viel-Haut-Tag?“. Vanessa hatte sich heute wieder selbst übertroffen, ihr „Rock“ ging gerade noch als breiter Gürtel durch und das Top? War im Endeffekt nur ein langer BH.
Ich starrte sie entgeistert an. Aber Alex deutete meinen Blick falsch und wurde unruhig. „Oh Gott. Sie ist doch nicht etwa deine Freundin, oder?“
„Nein, das ist nur gerade ein bedeutender Moment für mich, ich glaube ansonsten finden das hier alle nur tot schick. Bis auf die Jungs, die können meistens eh nicht mehr denken wenn sie sie sehen.“
„Oh gut.“ Erwiderte sie erst erleichtert, dann musste sie schmunzeln, „Ist mir auch schon auf gefallen, das hier niemand außer uns ohne 200 Euro Handtasche zu sehen ist.“

Wir kamen so ins Plaudern und ich erfuhr, dass sie und ihre Familie vor zwei Jahren nach Russland gezogen war, wegen der Familie die sie da hatte oder so und sie jetzt wieder zurückgekommen waren. Alex hatte insgesamt acht Geschwister, und noch zwei Cousinen und einen Cousin die bei ihnen wohnten, da ihr Onkel, ihre Tante, und ihr Vater bei einem Autounfall gestorben waren. Ihre Augen hatten sich ein wenig verdunkelt, als sie mir das erzählt hatte.
Ich hatte ihr auch meine Geschichte erzählt, dass ich eines Tages bei meinem Vater, auf der Treppe vor der Tür gelegen hatte, nur mit einem Kurvet mit den wichtigsten Daten unter anderem meinem Namen und einem Brief meiner Mutter, den ich erst in ein paar Jahren würde lesen dürfen.
Die Stunde war schneller zu Ende als ich gedacht hatte und beim Rausgehen stieß ihr Bruder zu uns. Alex stellte mich ihm vor, „Das ist Lue.“
„Hi.“ Ich deutete mit der Hand irgendetwas an, das einem Winken glich. Er erwiderte die Begrüßung und fing sofort an sich leise bei seiner Schwester zu beklagen: „Musste das wirklich sein? Mich zu dieser Ziege zu schicken? Ich meine, wie viel kann man noch weg lassen, ohne ganz nackt zu sein?“ An dieser Stelle musste ich kurz auf lachen? Noah sah mich fragend an und ich wies ihn auf das Denk-Defizit bei Vanessas Aufzug hin. Er grinste und fuhr fort. „… Nicht das sie nicht hübsch an zu sehen wäre, aber das ist doch nicht mehr schön.“ An dieser Stelle musste Alex auf lachen, „Wie kommt es jetzt das ich dir jetzt nicht glaube?“. Die beiden wurden unterbrochen als es zur nächsten stunde klingelte.
„Was haben wir jetzt?“ wandte sich Alex an mich.
„Chemie“ entgegnete ich und schlug den Weg zum Saal ein. Die Zwillinge folgten mir.
Dort, strebte ich meinen Platz, in der letzten Reihe an. „Wenn ihr wollt, bei mir ist noch was frei.“ Alex nickte und folgte mir. Als Noah Vanessa erblickte, die einladend lächelte, hetzte er uns beiden hinter her. Die gesamte Reihe war frei, und so saß ich in der Mitte. Vanessa und ich hatten uns noch nie gut verstanden, und als sie Noah neben mir sah schoss sie giftige Blicke zu mir herüber.
„Man, der hast du‘s aber angetan.“, sagte ich halb im Scherz zu ihm.
Mit einem Strahlen ihm Gesicht, erwiderte er, „Das ist meine besondere Ausstrahlung auf Frauen.“
„Ach ja? Und was bin ich, ein Frosch?“, konterte ich mit einer hochgezogenen Augenbraue.
Voll Stolz erklärte er: „Das kommt schon noch. Auch du wirst meinem Charme erliegen.“
Nach außen hin, blieb ich skeptisch, aber im inneren, war ich mir nicht so sicher, er sah einfach hinreißend aus. Und er war wirklich nett.

Der Tag zog vorüber aber wir hatten noch nachmittags Unterricht. In der sechsten Stunde fragte mich Alex: „ Und wie ist das Essen hier so?“
„Es geht. Kantinenfutter eben, aber auszuhalten.“, entgegnete ich. Noah der schon seit einer geraumen Zeit hungrig ausgesehen hatte, bekam bei dem Thema Essen leuchtende Augen.
Die beiden folgten mir zur Cafeteria, in der noch nicht viel los war. Ich setze mich an meinen inoffiziellen Stammtisch in einem Eck und war ein wenig überrascht als mir die Zwillinge immer noch folgten. Auch wenn ich jemanden sympathisch fand beruhte das meistens nicht auf Gegenseitigkeit. Aber es hatte den Anschein ich würde heute mal seit langem nicht alleine Essen, denn ein Gruppe Leute strebte auf uns zu. Es waren insgesamt sieben Leute, vier Mädchen und drei Jungen. Wohl die restlichen Geschwister, von denen Alex mir erzählt hatte. Als sich alle irgendwie an den Tisch gequetscht hatten, stellte sie mich vor. „Leute, das ist Lu. Lu, das sind, “ Sie fing bei zwei großen breitschultrigen Jungen an auf zu zählen. „Gabriel und Raphael.“ Beide riesig mit dunklen fast schwarzen Haaren. „Dann, Hannah. Linda und Lilli, unsere Cousinen und Izzy und Sam.“
Mir schien, in dieser Familie gab es einen ganzen Haufen Zwillinge, eigentlich doch sehr ungewöhnlich oder? Außerdem schien es wirklich niemand hässlichen zugeben. Sie sahen alle wundervoll aus. Hannah, Linda und Lilli hatten alle so helles Haar wie Alex. Die anderen, dunkles, fast schwarzes. Sie waren alle groß und gut gebaut. Vor allem die Jungs sahen zum Anbeißen aus. Ich musste mich wirklich zusammen reisen, um nicht wie der letzte Vollidiot zu starren. Aber sie schienen alle recht nett und lächelten mich an.
Dann als jeder los gezogen war und mit Essen zurückkam, fing sozusagen eine richtige Besprechung an. Gabriel und Raphael hatten wohl den Vorsitz als älteste.
„Also, wie ist es euch so bis jetzt ergangen?“ fragte Gabriel, er schien der ernstere von beiden zu sein. Jeder murrte ein gut gut und Raphael frage weiter: „Irgendwelche besonderen Vorkommnisse?“ Daraufhin verneinendes Gemurmel und die beiden begannen zu essen, so wie die anderen auch. Mir war klar, dass ich schon vorher hätte essen können, ich gehörte da ja nicht dazu, aber ich war interessiert gewesen und hatte aufmerksam zugehört. Sie alle machten den Eindruck, als wären sie so etwas gewöhnt.
Ich begann auch zu essen und langte ordentlich hin, ich hatte mir ein paar Gurke-Schinken-Sandwiches geholt und biss herzhaft hinein. Ich hatte den ganzen Tag noch nicht viel gegessen und war eigentlich beschäftigt, bis ich merkte, dass mich alle komisch anschauten. Da fiel mir auf das ich mal wieder, wie ein Schwein gegessen hatte und mir die Remoulade überall hing. Ich aß nie besonders schön aber in der Öffentlichkeit riss ich mich normalerweise zusammen. Verlegen blickte ich auf den Teller. Doch dann, fingen alle an herzlich zu lachen. Na großartig, gerade ist mir mal jemand sympathisch und ich werde ausgelacht. Ich blickte wieder nach Oben um mich zu verteidigen, als mir auf viel, dass die meisten ziemlich angesaugt waren. Sam schaute in die Runde und sagte: „Das ist doch mal ein Mädchen nach unserem Geschmack oder Jungs?“. Wieder brach Gelächter aus aber diesmal stimmte ich leise ein. Sie lachten mich nicht aus sondern mit mir.
Die Mittagspause war schnell zu ende. Sie war recht angenehm verlaufen, Mit viel Gelächter und nur halb ernst gemeintem Gezanke unter Geschwistern. Still und heimlich, fühlte ich mich richtig aufgehoben unter ihnen. Mir war bisher nie klar gewesen, dass ich gerne mit mehreren Leuten zusammen war. Ich hatte mich immer für einen einsamen Wolf gehalten.

„Wir haben jetzt Sport oder? Gemischt oder Getrennt?“, fragte mich Alex als wir zusammen packten.
„Getrennt aber in derselben Halle. Wo auch immer das jetzt einen Unterschied macht.“ Antworte ich mit einem Schmunzeln.
Noah neben mir seufzte erleichtert, „Gott sei Dank. Nicht noch zwei Stunden mit Vanessa.“ Sie war ihm den ganzen Vormittag über immer mal wieder auf die Pelle gerückt und hatte mir giftige Blicke zu geworfen.
„Was den, mit der Blonden da drüben?“, Sam zeigt in ihre Richtung. „Du Glücklicher. Die ist doch heiß“, dafür erntete er prompt Schläge auf den Hinterkopf von seinen älteren Schwestern. Die älteren Zwillinge blickten in Vanessas Richtung und grinsten Sam an, verkniffen sich aber etwas zu sagen.
Wir trennten uns von den anderen und gingen zur Sporthalle. Dort, ging Noah zu den Jungs und Alex und ich zur Mädchenumkleide. Sie hatte noch keine Sport Sachen dabei und ich lieh ihr meine zweite Hose und ein Top. Wir hatten ungefähr die gleiche Größe nur ich war überall ein bisschen breiter. Aber die Sachen waren nicht zu weit und passten einigermaßen.
Vanesa schaffte es etwas noch knapperes anzuziehen und präsentierte beim Umziehen allen ihre sündhaft teure Unterwäsche. Was ihr BH für einen Nutzen hatte war mir ein Rätsel, es war irgend so ein spitzen-ding, das bestimmt von irgendeiner Marke war, die allen außer mir etwas sagte.
Alex beobachte sie und flüsterte mir zu: „Warum stellt sie sich nicht gleich in der Turnhalle an eine Stange und legt eine Striptease hin?“ Ich grinste sie zustimmend an. Vanessa war einfach lächerlich.
Wir gingen raus in die Halle und Alex sagte der Lehrerin schnell bescheid.
Heute war bei uns Völkerball dran und ich suchte mir einen Platz etwas mehr am Rand des Spielfeldes. Ballsportarten, waren eigentlich nicht so meins. Ich mochte Sport lieber allein, laufen im Wald zum Beispiel. Alex hingegen ging richtig auf, sie stürzte sich ins Getümmel und hatte sichtlich Freude damit anderen den Ball an den Kopf zu werfen. Ich blickte zu den Jungs herüber und bekam schon fast weiche Knie. Noah sah wie dafür gemacht aus wie ein Kriegsherr im Feld zustehen und andere mit dem Ball nieder zu strecken. Er hatte sich von irgendwem eine Jogginghose geliehen die – heilige Scheiße – ganzschön eng war und trug obendrein auch kein Shirt, aber da es auch sein erster Tag war hatten die Lehrer ein Auge zugedrückt. Mir viel auf, das auch die anderen Mädchen ihn anschmachteten. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als mich ein Ball voll am Kopf erwischte und irgendwer „Entschuldigung“. rief.
Ich hasse Ballsportarten wirklich.

 

2. Kapitel


Nachmittags verabschiedete ich mich von Noah und Alex. Sport war bis auf den Kopf-Ball-Vorfall doch noch recht gut verlaufen. Mit Alex konnte man sich echt gut unterhalten und Noah war doch wirklich eine Augenweide. Aber nein, darauf wollte ich mich gar nicht zu sehr versteifen ich fing gerade an mich mit Alex anzufreunden, das wollte ich nicht kaputt machen, nur weil ich für ihren Bruder schwärmte. Es hätte doch sowieso nichts genützt, mit Jungs verstand ich mich noch schlechter als mit Mädchen. Und außerdem war er bestimmt nur in meiner Nähe gewesen, weil er an seinem ersten Tag nicht allein sein wollte. Und vielleicht auch wegen Vanessa, auch wenn ich ihm dieses Zögern nicht ganz glaubte. Er wirkte auf mich nicht gerade wie der Typ der etwas anbrennen ließ.
Ich ging zu Fuß nach Hause, ich hatte ja nicht weit, die Schule lag zwar etwas außerhalb des Kaffs, Wallmoos aber mein Haus auch. Gut es war mehr ein alter Bauernhof.
Auch auf die Gefahr hin einsam zu wirken, ich hatte einen Haufen Haustiere. Mein Vater, Tim und ich lebten ja alleine auf dem Hof außer, wenn meine Tante Paula da war. Und da einem eben schnell langweilig wurde gehörten zu meinem „Hofstaat“ -wie mein Vater es nannte: vier Katzen, drei Hunde, zwei Pferde und eine Ziege, die sich meistens auch für einen Hund hielt. Angefangen hatte es mit zwei Katzen aber irgendwann war immer mehr dazu gekommen. Und bei Tieren, konnten wir beide nie Nein sagen.
Am Gartentor wurde ich, wie immer, von meinen Hunden und der Ziege begrüßt. Die Hunde, allesamt kreuz und quer Mischlinge hatte ich (warum auch immer) Kate, Hektor und Bär getauft. Die Ziege, Gladis. (Ich weiß, nicht meine besten Einfälle). Ich ging kurz in das geräumige Holzhaus und legte meine Sachen ab. Mein Vater war noch nicht zuhause, er arbeite immer bis Abends. Deshalb kümmerte er sich morgens um die Tiere und ich mittags. Abends wir beide gemeinsam.
Ich ging in den Stall um nach den Pferden zu sehen.
Ich war schon lange nicht mehr ausgeritten, aber für diese Woche nahm ich es mir fest vor. (Pferde, Isländer: Abba und Geyfa; Trollfrau und Schneefall).
Die Pferde waren noch gut versorgt und nach ein paar Streicheleinheiten, ging ich ins Haus um eine Kleinigkeit zu essen und Hausaufgaben zu machen.
Das war das Einzige, das mir an mir gut gefiel, ich konnte eigentlich so viel essen, wie ich wollte ohne deutlich zuzunehmen. Den Rest glich ich meistens relativ schnell wieder aus.
Mit dem Rest von meinem Äußeren war ich eigentlich nur so lala zufrieden. Gut, ich hatte für mein Alter eine recht ausgeprägt Oberweite und auch sonst genug Kurven an „den richtigen Stellen“. Aber meine Haare waren einfach nur fade braun, nicht schokoladenbraun oder nussbraun, sondern einfach nur langweilig braun, manchmal bildete ich mir schon einen leichten Grau Schimmer ein. Meine Augen waren in Ordnung, aber meistens hatte ich das Gefühl sie wären zu hell, für meinen sonst doch eher dunkleren Typ. Sie hatten ein sehr helles Blau. Fast schon wie bei Huskys.
Ich aß ein wenig Obst und machte mich an die Hausaufgaben, nicht allzu viel, nur ein paar Gleichungen für Mathe und ansonsten nur ein paar Dinge wiederhohlen. Ich war nicht unbedingt eine fleißige Schülerin, ich lernte eigentlich nur wenn ich auch das Gefühl hatte eine Prüfung käme auf mich zu. Nicht unbedingt die effektivste Methode.
Als mein Vater nach Hause kam, sah ich gerade Fern. Er hatte die gleiche gebräunte Haut wie ich und die gleiche Haarfarbe nur bei ihm sah sie besser aus. Er war an den Schläfen schon etwas ergraut und ich glaube das gefiel den meisten Frauen in der Gegend sehr gut, aber trotzdem hatte er seit meiner Mutter keine andere Frau gehabt. Zumindest keine von der ich wusste. Auch wenn er meine Mutter nur flüchtig gekannt hatte und sie dann verschwunden war.
„Hallo Kleines. Wie war’s in der Schule?“, fragte er mich als er mich sah.
„Hi, so wie immer.“, gab ich kurz zurück, meine Sendung wurde gerade interessant.
„Ich hab gehört es sind neue Leute hergezogen, sind von den Kindern auch welche in deiner Klasse?“, fragte er weiter.
„Yup, zwei sogar, Zwillinge.“, fügte ich auf seinen fragenden Blick hinzu.
„Und sind sie nett?“, heute war er vielleicht wieder neugierig.
„Jaa sind recht nett. Mit dem Mädchen versteh ich mich recht gut.“, ich ärgerte mich leicht überseinen skeptischen Blick. „Ja Tim.“, ich nannte ihn meistens Tim, seit ich als kleines Kind festgestellt hatte das es ihn ärgerte. Er verdrehte die Augen. „Ja ich bin in der Lage mich mit jemandem anzufreunden.“ Tim wusste sehr genau, dass ich Schwierigkeiten damit hatte mich mit jemandem gut zu verstehen.
„Ja dann.“, damit war das Thema für ihn wohl beendet. „Was möchtest du zu Abend essen?“
„Irgendwas mit Hackfleisch.“, gab ich zur Antwort und widmete michwieder meiner Sendung.

Wir aßen Buletten mit Gemüse und ich mit einer ordentlichen Portion Ketchup. (Alles schmeckt viel besser wenn man es irgendwo reintunkt.) Danach gingen wir noch in den Stall und versorgten alle Tiere. Die Hunde und Katzen (und meistens aus Gladis) durften zwar ins Haus, aber gefüttert wurden sie im Stall, da war einfach mehr Platz.
Bei den Katzen hatten wir die glorreiche Idee gehabt ihnen biblische Namen zu geben. Also hatten wir einen Sammy (Samuel), eine Bekky (Rebekka), einen Tommy (Thomas), und Jacky (Jakob).
Wir quatschten über Dies und Das und ich beschwerte mich ausgiebig über Vanessa und Mister Cord Sachen. Bei ihm ging so was immer gut. Bald war es schon dunkel und wir beschlossen diese Woche beide noch Ausreiten zugehen. Wir gingen wieder ins Haus und ich ging noch etwas am Kamin lesen. Mein Vater schrieb mir nie viel vor, also konnte ich eigentlich so lang wach bleiben wie ich wollte. Aber auch wenn mein Buch sehr spannend war ging ich bald ins Bett, ich war plötzlich sehr Müde.

In dieser Nacht träumte ich wirres Zeug. Das tat ich normalerweise sonst auch, aber da hatte es noch einen Bezug zur Realität. Aber dieser Traum war einfach nur hanebüchenes Zeug.
Ich stand im Wald nahe bei unserem Haus. Dort kannte ich mich gut aus, als Kind hatte ich oft dort gespielt. Ich fragte mich gerade warum ich dort war bis ich einen Hirsch in der Nähe erblickte.
Ich verhielt mich ruhig um ihn nicht zu erschrecken. Er war wundervoll anzusehen. Mit Wild kannte ich mich nicht so aus, aber er war recht groß und hatte ein hohes Geweih. Es war noch früh am Morgen, und die Sonne strahlte den Nebel um ihn herum an. Doch plötzlich, nahm ich mehr war, ich bemerkte seine Wärme, seinen Herzschlag, den Puls und das Blut das durch seine Adern floss. Und da veränderte sich meine Perspektive. Ich wurde ein Stückchen größer und die Farbe verblasste ein bisschen und ich nahm größere Unterschiede zwischen Hell und Dunkel war. Ich sah zu Boden und konnte einzelne Insekten zwischen dem feuchten Laub herumkriechen sehen und statt Fußen hatte ich zwei schneeweise, riesige Pfoten. Wolfspfoten, schoss es mir durch den Kopf.
In dem Moment erschien mir alles logisch und richtig, so wie das nur in Träumen so ist. Es erschien mir auch logisch und richtig, als ich meine Muskeln und Sehnen anspannte und auf den Hirsch zusprang. Er hatte die Gefahr gewittert, aber es war schon zu spät und er konnte nur ein kleines Stück zurückweichen. Aber ich war viel größer und schneller. Und als ich auf ihn zu schoss schloss ich noch im Flug meinen kräftigen Kiefer um seine Kehle und riss sie heraus.
Ich war wohl im Blut rausch, den ich hörte nicht auf bis ich den leblosen, noch warmen Körper zerfetzt und ein Gutteil gefressen hatte.
Und dann veränderte sich mein Blick wieder, glitt zurück in den Normalzustand. Ich sah an mir herunter. Ich war nackt und Blut verschmiert und vor mir lag der Rest des Hirsches. Mir wurde plötzlich klar was ich getan hatte, ich hatte so ein anmutiges Geschöpf grausam getötet, wenigstens war es schnell gegangen ich glaubte es habe nicht allzu viel gelitten. Aber mir wurde auch klar in was Ich mich da verwandelt hatte und eine riesen Schreck fuhr mir in die Glieder.

Mit rasendem Herzschlag wachte ich auf und saß halb aufrecht im Bett. Ich hatte nicht geschrien, dafür war ich zu erstarrt gewesen. Ich schloss die Augen aber sofort sah ich wieder meinen blutverschmierten Körper.
Irgendwann war ich wohl doch eingeschlafen, denn als mein Vater mich am nächsten Morgen weckte, fühlte ich mich wie vom Bus überfahren. Alles tat mir weh und ich hatte immer noch die Bilder vom Traum im Kopf. Ich sollte wirklich nicht so viele Fantasy-Bücher lesen.
Meine Vater fragte mich ob ich krank sei, aber ich war ja nur völlig übermüdet also ging ich trotzdem zur Schule.
Ich war kaum ein paar Meter gegangen, als ein ziemlich riesiger Geländewagen an mir vorbei sauste und ein paar Meter vor mir anhielt. Ich war erst ziemlich erschrocken, so gut wie niemand hier in der Gegen, fuhr so ein Auto und es war ja noch recht früh und ich alleine auf der Straße. Aber ich beruhigte mich als Alex ihren Blonden Kopf aus dem Seitenfenster schob und mir zu winkte.
„Willst du mitfahren?“, rief sie mir zu.
Ich überlegte, ich kannte sie zwar nicht wirklich lange, aber sie und ihre Geschwister hatten auf mich nicht gerade einen Serienkiller-Eindruck gemacht. Ok, es war wirklich ein wenig naiv (eigentlich sehr naiv sogar) von mir aber ich war wirklich hundemüde und hatte nicht besonders Lust mich bis zur Schule zu schleifen.
„Klar.“, rief ich ihr also zu und ging auf den Wagen zu. Sie stieß die hintere Tür auf und wies die anderen an mir Platz zu machen.
„War wohl gestern ne lange Nacht, was?“, fragte Sam mit einem Grinsen.
Ich musste einen Moment nachdenken von was er da eigentlich sprach. (Zuwenig Schlaf, eindeutig) Aber dann viel mir ein, dass mein Plan mit etwas Schminke nicht wirklich was gebracht hatte und ich immer noch aussah wie der Tod auf Urlaub. Ich grinste zurück und erwiderte: „Nö nur zu wenig Schlaf abbekommen.“
Aber dann wurde sein Grinsten anzüglich. „Warum den oder besser wegen wem den?“.
Ich wollte mir grade eine Bissige Antwort ausdenken, aber Noah kam mir zu Hilfe. „Lass sie in Ruhe, sie sieht heute wirklich beschissen aus.“
„Danke für das Kompliment.“, gab ich in säuerlichem Tonfall an ihn weiter.
„Bitte, Kleines.“, jetzt grinste er mich an. Was sind die denn nur alle so gut drauf?
Ich ignorierte das Kleines einfach mal.
„Aber wirklich“, richtete er wieder an Sam, „du bist heute wirklich wieder unausstehlich. Hast du heute noch nicht gewichst, oder was?“
Darauf folgte allseits Gelächter und ein empörtes Schnauben von Sam. Er setzte zu einer Erwiderung an, wurde aber von Gabriel (es war doch Gabriel, oder?) vom Fahrersitz aus unterbrochen.
„Ruhe dahinten es sind Damen anwesend.“, (daraufhin Schnauben von Raphael, Noah und Sam und geschmeicheltes lächeln von Linda, Lilli, Hannah, Alex und mir), „Izzy hau den beiden mal Eine runter.“
„Wird gemacht.“, gab Izzy lässig zurück und schlug den beiden auf die Hinterköpfe.
Und dann waren wir auch schon vor der Schule. Gabriel parkte ein und wir stiegen alle aus.

Alex lief neben mir zum Klassenzimmer. „Er hat Recht, weißt du.“
„Wer?“, fragte ich sie. Entweder lag es an mir, oder es sprachen heute wirklich alle in Rätseln für mich.
„Na Noah.“, gab sie zurück. Auf meinen verwirrten Blick hin, sprach sie weiter. „Süße, du siehst echt beschissen aus. Nicht genug geschlafen?“
„Ach so.“, jetzt kam ich wieder mit. „Ich hab nur schlecht geträumt.“
„Echt? Erzähl mal.“
„Also gut, wenn dus wissen willst.“, also erzählte ich ihr von meinem merkwürdigen Wolfstraum und den Gefühlen die ich kurz vor dem Aufwachen gehabt hatte.
Sie hörte mir schweigsam zu bis ich fertig war. Dann – vielleicht bildete ich es mir auch nur ein- trat ein verwirrter Ausdruck ihn ihr Gesicht. Sie überspielte es aber gleich wieder mit einem Lächeln.
„Was hast du den Gestern Abend komisches gegessen?“, sie erwartete gleich keine Antwort und sprach gleich weiter: „Na komm. Wir haben noch ein bisschen Zeit, mal sehen ob ich das noch retten kann.“, sie deutete dabei auf mein Gesicht.
Man heute alle wieder höflich und feinfühlig. Aber ich hatte gar keine Zeit mich zu beschweren, denn sie zog mich gleich weiter in die Toilette.
Sie schaffte es irgendwie mir meine Augenringe zu überschminken und brachte mir etwas Farbe ins Gesicht. Und weil sie schon mal dabei war, verpasste Alex mir auch noch einen dezenten Liedschatten und ein wenig Wimperntusche. Ich schminkte mich eigentlich so gut wie nie. Ein bisschen wollte ich mich ja auch von den anderen abheben und wenn die alle wie Barbie aussahen, dann ich eben nicht.
Alex war wohl fertig, denn sie lies von mir ab. Ich sah in den Spiegel, und sah sogar richtig gut aus. Vorher, verschwollene Augen mit Augenringen und völlig blass, Jetzt weicher Dunkelblauer Liedschatten der mir recht gut stand, ebenmäßiger Teint und rosige Wangen.
„Also wenn ich dann immer so gut aussehe, kannst du das ruhig öfter machen.“, lobte ich sie.
Sie lächelte mich an. Eigentlich traute man es ihr gar nicht zu, Ahnung von so etwas zu haben. Alex trug heute ein weites, oranges Top, dazu eine andere verwaschen Jeans und die gleichen Chucks wie gestern. Die langen blonden Haare, hatte sie zu einem hohen Pferdeschwanz zusammen gebunden.
Ich selbst hatte heute Morgen irgendwas aus dem Schrank gezoppelt. Ein T-Shirt und auch eine Jeans. Aber das Oberteil war noch vom letzten Jahr und ein bisschen zu kurz und die Jeans zu groß und mein Hintern sah darin komisch aus.
Es klingelte und wir mussten uns beeilen um nicht zu spät zu kommen. Wir hatten eine Doppelstunde Mathe und dann endlich wieder Pause. Ich hatte die erste halbe Stunde noch mitbekommen und war dann in einen Dämmerzustand verfallen.

 

3. Kapitel


Die nächsten Wochen vergingen und bald hatten wir schon November. Ich freundete mich immer mehr mit Alex an. Bei Noah blieb ich noch vorsichtig, er verwirrte mich einfach, aber mit ihren anderen Geschwistern verstand ich mich gut.

Es war wieder Montag und wir hatten gerade Mathe hinter uns gebracht und es war die zweite Pause. Ich hatte die halbe Stunde wieder verschlafen. Wochenenden machten mich eher noch müder, als dass ich mich ausruhen konnte.
„Um was ging es in Mathe?“, fragte ich Alex während ich einen Apfel aß.
„Keine Ahnung. Mathe ist einfach nicht meins.“, antwortete sie mir leicht resigniert.
„Ja dann muss ich nächste Stunde wieder aufpassen, dann komm ich wieder mit.“, konnte ich gerade noch sagen, bevor Noah sich bei uns auf den Tisch warf.
„Vanessa?“, fragte ich einfach nur.
Ich bekam nur ein „Yup.“ Als Antwort.
Alex verschwand kurz um sich bei Hannah etwas zu essen zu erbetteln, wie sie uns mitteilte.
„Los lach mal, als ob ich etwas witziges gesagt hätte.“, wies Noah mich an als sie weg war und er bemerkt hatte das Vanessa ihm Blicke zu warf. Sie war ihm, die ganze Zeit über, wenn er in der Schule war, so gut wie nie von der Seite gewichen und beobachtet ihn immer aus kurzer Entfernung. Wirklich nicht sehr unauffällig.
„Was denn zum Beispiel.“
„Naja also eigentlich sag ich sehr oft, witzige Dinge. Deshalb bin ich ja auch so liebenswert.“, er blinzelte mich an.
„Aha.“, bekam er von mir nur zu hören bevor ich mich zurück lehnte um weiter meinen Apfel zu essen.
Er schaute mir eine Weile zu, dann begann er wieder zu reden. „Du wirst meinem Charme schon noch erliegen.“
„Mhm. Ist klar.“, ich gab mich gelangweilt. Aber innerlich brodelte ich. Wollte er, dass ich ihn mochte, weil er mich auch mochte? Oder verletzte es einfach nur seinen Stolz wenn ein Mädchen mal nicht total auf ihn stand? Ich wusste es immer noch nicht. Und dass frustrierte mich langsam wirklich.
Ich war überfragt. Mit der Psyche männlicher Wesen kannte ich mich einfach nicht aus. Ich war mit meiner eigenen schon genug beschäftigt.
Er versuchte es weiter: „Du verstehst dich doch recht gut mit Alex oder?“
„Ja schon. Wir kennen uns halt noch nicht allzu lange. Warum?“, sagt ich zu ihm.
„Weil wir nächste Woche Geburtstag haben und ich noch nichts habe.“, erklärte er.
„Oh, Kacke. Ich auch noch nicht. Was mag sie denn?“
„Ja keine Ahnung. Deswegen frag ich dich ja“, er sah fast ein bisschen verzweifelt aus. Aus irgendeinem bescheuerten Grund freute ich mich, dass er mich gefragt hatte. Er war den anderen Mädchen an der Schule nicht verborgen geblieben und die Sache mit Vanessa schmälerte deren Interesse auch nicht gerade. Mich wunderte es ein bisschen, dass von ihm noch keine Geschichten auf der Mädchentoilette erzählt wurden.
Deshalb freute es mich umso mehr, dass er zu mir gekommen war. Ich musste mich zusammenreißen um nicht wie ein Idiot zu grinsen.
„Tja lass mich nachdenken.“, ich überlegte was Alex gefallen könnte.
Sie las zwar auch gerne, aber nicht so viel wie ich, also Bücher nur, wenn uns nichts Besseres Einfiel.
„Also du hast wirklich gar keine Vorschläge?“, hackte ich noch einmal nach.
„Schau ich so aus?“, gab er ein bisschen hilflos zurück.
Ich überlegte weiter.
Bei Schmuck war sie eher so der Lederarmband-Typ, und diese Idee merkte ich mir mal vor, allerdings für mich. Ich brauchte ja auch noch ein Geschenk für Alex.
Also weiter im Text.
„CDs, DVDs?“, schlug ich ihm vor.
„Nicht schlecht. Aber da weiß ich wieder nicht welche.“, antwortete er.
„Aber ich“, Musik mochte sie so ziemlich dasselbe wie ich und Filme, hatte sie mir erzählt, dass ihre ganzen Twilight-DVDs beim Umzug verschollen waren.
„Gut, wie wär’s wenn du mit mir zum Einkaufszentrum fährst und mir beim Aussuchen hilfst? Dann kannst du auch gleich selbst was für sie besorgen.“, schlug er mir also vor.
„Ja ok, können wir machen.“, konnte ich ihm gerade noch zuraunen, bevor Alex auch schon wieder da war. Sie hatte Hannah ein Sandwich abschwatzen können und verputzte geraden den Rest.
„Und über was habt ihr so geredet?“, fragte sie uns mit vollem Mund. Ich hatte schnell festgestellt, dass ich mit meinen Tischmanieren mit den Jägers auf einer Wellenlänge war.
„Nichts Besonderes.“, Das machte sie ja erst recht neugierig, Alex durchschaute mich recht schnell, von Anfang an schon. „Nur ein bisschen über Vanessa gelästert.“, fügte ich rasch hinzu, damit sie keinen Verdacht schöpfte.“
Noah hatte noch nichts gesagt. Alex hatte mir mal erzählt, sie hätten dieses Zwillings-Ding. Deshalb konnten sie sich nicht anlügen.
„Ach so.“, sie war besänftigt. „Sie ist heute mal wieder lachhaft. Hallo!? Wir haben Mitte November und sie kommt immer noch mit Miniröcken daher.“, stieg sie sofort ein. Mit Vanessa hatten wir ein Thema gefunden. Sie war wirklich meistens einfach nur lächerlich.
Die Pause war fast vorüber und Noah verzog sich wieder ins Höllen-Eck, oder so ähnlich, hörte ich ihn noch murmeln.
Der Tag verging und Noah und ich hatten keine Gelegenheit mehr unbemerkt mit einander zu sprechen.

Am Abend dann, saß ich wieder einmal vor dem Kamin im Wohnzimmer und las. Mein Vater, war noch im Büro und machte irgendwas am Computer.
Die Heldin meiner Geschichte verpasste gerade einem Ork einen Tritt in den Magen, als Tim mit dem Telefon in der Hand neben mir auftauchte.
Verwirrt, sah ich zu ihm auf. Es ruf so gut wie nie jemand für mich. Höchstens mal Tante Paula, an Geburtstagen, oder so.
„Es ist für dich.“, sagte er nur und legte es mir das Telefon in die ausgestreckte Handfläche. Er ging aber nicht wieder um mich ungestört telefonieren zu lassen.
Ich meldete mich wie gewohnt. „Ja? Lu Webber hier.“
„Hi, Lu hier ist Noah.“, ertönte es darauf aus dem Hörer.
Und da ging mir auf warum mein Vater sich so seltsam verhielt. Ich hatte ja noch nie einen Freund oder der gleichen gehabt. Deshalb, hatte auch noch nie ein Junge für mich angerufen, also wusste ich auch nicht wie er sich in so einem Fall verhielt. Anscheinend auf jeden Fall, seltsam.
„Hi Noah.“, nahm ich die Unterhaltung wieder auf.
„Ja also, wegen dem Geschenk“, das Wort Geschenk flüsterte er, wohl damit Alex ihn nicht hören konnte. „Wann hättest du Zeit?“
Ich überlegte, aber ich hatte außer den Tieren, sowieso nie viel zu tun, also war es egal. Vermutlich hatte er den engeren Zeitplan.
„Du, mir egal, wann würde es dir denn passen?“, antwortete ich ihm also schließlich.
„Wie wär’s mit Mittwoch?“
„Ja Mittwoch geht.“, im Augenwinkel konnte ich sehen, dass Tim sich immer noch im Wohnzimmer herumdrückte. Er tat so als würde er Staub wischen. Als ob ihm das irgendjemand glauben würde. Mit dem Putzen hatten wir es beide nicht so wirklich.
„Weißt du wann Busse fahren?“, fragte ich wehrend ich meinem Vater mit der Hand zu verscheuchen versuchte.
Er ignorierte mich einfach und spitzte weiterhin die Ohren.
Noah beantwortete meine Frage: „Da kümmere ich mich drum, sag mir nur was ich kaufen soll.“
„Ok, soll mir recht sein.“
„Ich muss Schluss machen, Alex kommt gerade. Wir sehen uns morgen Tschüs.“, erklärte er hastig.
Ich beeilte mich, mich zu verabschieden: „Kein Problem bis Morgen.“
Und er war weg.
Erst jetzt wurde mir klar, was ich da ausgemacht hatte. So ganz allein mit Noah.
Aber Tim schien das auch klar geworden zu sein. Er sah mich vom Wohnzimmertisch aus anklagend an. Den Putzlappen, mit dem er nicht wirklich irgendetwas saubergemacht hatte, hielt er immer noch in der Hand.
„Was denn? fragte ich ihn unschuldig.
„Darf ich mir den keine Sorgen machen, wenn meine 15 jährige Tochter, sich mit irgendwelchen Jungs verabrede, die ich nicht einmal kenne und außerdem auch noch ohne mich zu fragen.“
Ich verdrehte die Augen. „Ach komm schon, ich frag dich doch nie ob ich irgendwo hin darf, weil du es sowieso immer erlaubst.“
„Ja aber jetzt ist es etwas anderes.“
„Inwiefern?“
„Das weist du doch ganz genau.“, jetzt drohte er mir auch noch mit dem Putzlappen.
„Nein, deswegen frag ich ja.“, ich setzte wieder eine Unschuldsmiene auf. Natürlich wusste ich ganz genau was ich meinte (Allein, mit Noah, yey!), aber es machte einfach zu viel Spaß ihn zu ärgern.
Er wollte zu einer Erwiderung ansetzen, aber da klingelte wieder das Telefon. Das war aber auch wieder ein Betrieb, heute.
Er ging ans Telefon, aber nicht ohne mir noch einen wütenden Blick zuzuwerfen. Tim ging wieder in sein Büro und telefonierte eine halbe Ewigkeit.
Ich vertiefte mich wieder in mein Buch aber irgendwie konnte ich mich nicht wirklich darauf konzentrieren. Ich musste an Noah denken. Er sah echt umwerfend aus, war echt nett, brachte mich zum Lachen… aber Nein. Seit wann nahm das den so überhand? Bestimmt war er zu jedem Mädchen so und bestimmt fand er mich einfach nur nett, wenn überhaupt.
Ich steigerte mich da in etwas hinein. Es war doch meistens so: ich von irgendetwas total begeistert, machte mir einen riesen Kopf und außer mir kratze es niemanden und am Ende war dann alles total doof.
Also Schluss jetzt mit dem Geschwärme, befahl ich mir selbst und widmete mich wieder dem Buch. Aber zu meinem Leidwesen waren meine Gedanken immer schon ein sturer Haufen gewesen.
Ein paar gefühlte Jahre später tauchte mein Vater wieder auf und wir kochten zusammen.
„Paula kommt uns bald besuchen.“, teilte er mir im Plauderton mit. Er schien mit dem Jungs-Thema nicht noch einmal anfangen zu wollen, aber ich bleib trotzdem vorsichtig.
„Aha. Wann genau den?“, stieg ich drauf ein.
„Hat sie nicht gesagt, um Weihnachten herum wahrscheinlich.“
Tante Paula war noch relativ jung, sie war ein ziemlicher Nachzügler gewesen und gerade mal 28 Jahre alt. Sie war, als sie noch bei uns gewohnt hatte mein Mutterersatz gewesen und war später weg gezogen um selbstständig zu sein. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, arbeitet sie jetzt in einem Esoterik Laden.
Wir kochten und plauderten weiter und Tim schien vorerst das Interesse verloren zu haben. Vielleicht hatte er sich auch bei Paula beschwert und sie hatte es ihm ausgeredet so ein Geschiss zu machen.
Den Abend verbrachte ich wieder lesend und ging irgendwann ins Bett.
In der Nacht träumte ich wieder. Dem ersten, waren noch ein zweiter und ein dritter gefolgt und dann nichts mehr. Immer war ich im Wald gewesen, hatte mich in einen Wolf verwandelt und hatte irgendwas umgebracht. Im letzten Traum sogar mehrere Tiere. Aber seit diesem war Sendepause gewesen. Bis jetzt.
Ich stand wieder im Wald, aber diesmal, war ich nicht allein. Neben mir stand ein großer dunkler Wolf. Er sah mich aus großen dunkelblauen Augen an. Richtiges Dunkelblau, nicht so hell wie bei mir, was ich mir bei einem Hund oder Wolf noch vorstellen konnte, sondern richtiges Mitternachtsblau.
Dann rückte er näher an mich heran. Er rieb seinen riesigen Kopf an meinem Nacken, er war ein Stück größer als ich und kam ohne Probleme hin. Es war eigentlich gar nicht so unangenehm. Mit meinen Hunden kuschelte ich ja auch. Aber dann stellte er sich hinter mich. Nichts ahnend ließ ich ihn gewähren.
Bis er mich besprang.
Ok, ich hatte einen Sex-Traum mit einem Hund, das war neu.
Ich versuchte mich heraus zu winden, aber er war nicht nur größer sondern auch stärker. Er drückte mich einfach halb zu Boden und machte ungestört weiter.
Es war eigentlich auch nicht unangenehm und nach dem schreck sogar recht angenehm.
Ich glaube ich hatte sogar so etwas wie einen Hunde-Orgasmus und wachte dann auf.
Ok, das war gruselig. Ich hatte Fantasien mit Wölfen?
Aber nach diesem Traum konnte ich sogar recht schnell wieder einschlafen.
Am nächsten Morgen sah ich wieder ein bisschen fertig aus, aber nicht so schlimm wie sonst.
Gabriel fuhr wieder mit den Wagen an unserem Haus vorbei und hielt an. Sie hatten es sich zur Gewohnheit gemacht mich mitzunehmen.
Nur Alex bemerkte etwas und als wir in der Pause ungestört waren fragte sie mich.
„Wieder geträumt?“, sie hatte sich immer meine Träume angehört und mit mir besprochen.
„Ja, aber diesmal war’s anders.“
„Was ist denn diesmal passiert? Mal was Größeres erlegt?“, witzelte sie ein wenig.
Ich druckste nicht groß herum mit Alex konnte ich über alles reden. „Äh ich…. Es könnte vielleicht sein das ich als Wolf mit einem Wolf gevögelt habe.“
Sie sah mich erst erstaunt an und musste dann grinsen.
„Echt jetzt? Also… ähm jedem das seine, oder?“
Ich knuffte sie leicht in die Seite. „Du bist doof, ich schlachte ja auch nicht gerne irgendwelche Hirsche ab.“
„Also dann war es also nicht gut?“
„Das hab ich nicht gesagt.“ Es war ja wirklich nicht schlecht gewesen, ein bisschen merkwürdig eben, wegen der Wolfsache. (Gut, ein bisschen sehr merkwürdig)
Wir machten noch ein paar Witze darüber, von wem wir lieber träumen würden. Es gab ja auch noch ein paar echt hübsche Typen an der Schule. (Allen voran natürlich Noah)

Der Tag verging wieder recht schnell mit Alex, mir ihr konnte man die Zeit sogar noch in Erdkunde totschlagen.

4. Kapitel

Am nächsten Morgen gabelten mich die Jägers wieder auf. Wir alberten herum und waren bald an der Schule.

Noah der hinter Alex und mir lief, schloss auf und ging neben mir her. Mir wurde warm, als er so nah neben mir stand.

„Ich glaube Hannah hat sich heute ein Salami-Sandwich mitgenommen.“, verkündete er in die Runde.

Ich dachte mir erst nichts dabei, na und? Ein Sandwich eben. Ok, es waren alle wahnsinnig verfressen in dieser Familie aber sonst?

Aber dann, schoss es mir das, das Alex Lieblings Sandwich war. Und sie hatte auch schon leuchtenden Augen bekommen und schoss davon, zu Hannah.

Noah blieb weiter neben mir.

„Heute Nachmittag steht?“, fragte er mich.

„Heute Nachmittag? Was? Scheiße stimmt, wir wollten ins Einkaufszentrum. Mist.“, ich hatte es wirklich total vergessen. Man könnte meinen, wo ich Noah doch so toll fand, könnte ich mir so was doch merken. Aber anscheinend hatten meine vergessen und nicht hineinsteigern Mantras doch etwas genützt.

Er sah mich fragend an. „Du kommst aber schon trotzdem mit?

„Ja klar, ich muss nur kurz meinen Vater anrufen. Wegen dem Bus hast du nach gesehen?“

„Ja um viertel nach eins kommt einer und zurück fahren mehrere, je nachdem wie wir fertig werden.“

„Und für Alex hast du dir eine Ausrede überlegt?“

„Ja hab ich. Du sagst ihr, dass du in die Bücherei gehst und ich, dass ich zum Sport gehe. Wir treffen uns dann einfach ‚zufällig‘ an der Bushaltestelle.“

„Ok, wird gemacht.“

Und dann tauchte Alex auch schon wieder auf. Wutschnaubend.

„Hannah behauptet, sie hätte keins dabei. Aber sie lügt und will es mir nur nicht geben. Und so etwas nennt sich Schwester.“

„Tja so sind Schwestern eben, jetzt merkst du endlich, mit welchem Leid ich leben muss.“, sagte Noah neckisch zu ihr.

Aber wenn es ums Essen ging konnte man mit Alex und dem Rest ihrer Familie sowieso nicht reden.

„Leid, Leid? Du kannst froh sein, dass du mich hast. Und außerdem, habe ich bis jetzt so gut wie alles mit dir Geteilt.“, schoss sie in wütendem Tonfall zurück.

Und das ging dann eine Weile so.

 

Mich hatte wieder dieses hibbelige Gefühlt wegen dem Nachmittag mit Noah eingeholt. Soviel zu meinen Mantras, die schienen auch nur dann zu funktionieren, wenn sie wollten.

Einerseits, konnte der Tag nicht schnell genug vergehen, und andererseits verging er viel zu schnell. Ich freute mich zwar riesig, darauf mit Noah Zeit zu verbringen, aber ich hatte auch einen riesen Schieß davor mich blöd zu benehmen.

Irgendwie ging der Tag dann auch vorbei und es war Mittag. Ich hatte Alex schon erzählt, dass ich in die Bücherei gehen wollte und ging zum Bus.

Ich pfriemelte mein Handy aus den weiten meiner Tasche und rief Tim an.

„Hallo Tim, du erinnerst dich, dass ich Mittwoch ins Einkaufszentrum wollte?“

„Ja ich erinnere mich. Mit diesem Noah, richtig?“, er hatte schon wieder diesen vorwurfsvollen Tonfall.

„Genau mit dem. Ich wollte dich nur noch mal daran erinnern. Ich weiß noch nicht wann ich heim komme. Irgendwann heute Nachmittag. Wir sehen uns tschüss.“, ich war mit Absicht so kurz angebunden um ihm keine Gelegenheit zum Wiedersprechen zu geben.

„Tschüss kleines.“

Ich legte auf und verstaute mein Handy wieder. Ich war an der Bushaltestelle angekommen und setzte mich hin.

Ich musste nicht lange auf Noah warten.

„Alles klar?“, fragte er mich als er neben mir saß.

„Yup. Ich hab Tim schon angerufen.“

Er fragte nach Tim und ich erzählte ihm, dass ich meinen Vater einfach gern ärgerte.

„Das geht mir auch so, mit Aaron.“, da war es an mir, in fragend anzusehen.

„Das ist mein ältester Bruder. Als Mein Vater, mein Onkel und meine Tante starben, waren Alex und ich erst sieben und er ist mehr ein Vater für uns als ein Bruder.“

Ich lächelte und erzählte ihm von meiner Tante Paula.

„Dann verstehst du ja was ich meine.“, sagte er noch kurz und dann kam der Bus und wir stiegen ein.

Wir bezahlten und setzten uns in den halbvollen Bus.

Die Fahrt dauerte gut eine halbe Stunde und wir quatschten wehrend dessen. Er erzählte mir ein paar witzige Geschichten von sich und seinen Geschwistern, vor allem von Alex. Und ich erzählt ihm im Gegenzug Geschichten aus dem Dorf und von meinen Tieren. Ich wollte mich mit Geschichten über meine Tiere eigentlich zurückhalten, aber wenn ich einmal ins Reden über sie kam, dann hörte ich nicht mehr damit auf.

Ich entschuldigte mich kurz dafür, aber es schien ihn nicht zu stören. Ich glaube es interessierte ihn sogar.

Als wir ankamen, gingen wir als erstes etwas essen. Es gab verschiedenes und ich strebte ein Café an, das ich schon von anderen Besuchen hier kannte. Dort gab es auch Waffeln und Pfannkuchen und Noah folgte mir bereitwillig.

Ich bestellte deftige Pfannkuchen mit Schinken, Käse und Gemüse und war von der reichlichen Portion schnell satt. Ich hatte zwei gegessen, ich aß meistens mehr als andere Leute.

Wir hatten während dem Essen kaum geredet, dafür schlangen wir beide zu sehr. Als ich fertig war schaute ich ihm zu.

„Also ich kann ja wirklich viel essen. Aber DAS ist doch mal was Neues.“, ich sah staunend zu wie er erst zwei derselben Pfannkuchen wie ich, dann zwei Süße, mit Marmelade und Schokoladen-Sauce und noch eine Portion Waffeln verdrückten. Und das in erstaunlich kurzer Zeit. „Wirst du eigentlich auch mal satt?“

„Ich hab eben einen schnellen Stoffwechsel. Und wenn du schon so fragst, ein oder zwei Stücke von dem Kuchen könnte ich schon noch essen.“. Und ich sah ehrfürchtig zu als er tatsächlich noch zwei Stücke (große Stücke) von dem Schokoladenkuchen aß. Ich klaute ihm zwar ein kleines Stück aber es war trotzdem noch beachtlich.

Als er dann endlich fertig war winkte ich die Bedienung um zu bezahlen.

„Ich mach das.“, kam er mir zuvor und nahm die Rechnung entgegen.

Ichsträubte mich erst aber nicht sehr energisch und genoss es, dass er ein Gentleman war.

 

Als Noah endlich satt zu sein schien, gingen wir als erstes Mal in einen Laden mit Musikabteilung.

„Also, was mag sie?“, fragte ich mich selbst. Ich stromerte ein bisschen durch die Regale. Aber mir gefiel irgendwie nichts. Noah hatte ich irgendwo bei den Computerspielen oder so verloren. Aber er hätte bestimmt sowieso nichts gewusst, dass uns weiter half.

Hier wurden wir offensichtlich nicht fündig. Also beschloss ich Noah zu suchen. Ich ging den Weg zurück, denn ich gekommen war. Ich sah mich um, konnte ihn aber nicht finden. Ich war anscheinend sehr auffällig bei meiner Suche, da plötzlich ein Junge vor mir stand und mich anlächelte. Er war groß, aber nicht so groß wie Noah (Hey momentmal, seit wann vergleiche ich irgendwelche Leute mit Noah??), hatte kurzes Blondes Haar und grüne Augen. Er war höchstens 18, denn auf seinen Wangen, waren einige Pickel und er sah auch nicht besonders alt aus.

„Kann ich dir helfen? Du siehst aus, als hättest du was verloren.“, sprach er mich an.

„Oh nein, schon ok. Ich such nur einen Freund.“, erklärte ich ihm. Ich war ja wirklich unauffällig.

„Achso.“, war das etwa gerade ein Schatten, der über sein Gesicht gehuscht war? Ich war mir nicht sicher, er strahlte mich sofort wieder an. „Kann ich dir sonst irgendwie helfen?“, er war wirklich nett. Aber er trug die Arbeitskleidung des Ladens, also war er wohl zu jedem Kunden so.

„Nein Danke, ich komm schon zurecht.“, ich lächelte ihn an.

Auf einmal, war da etwas Warmes an meinem Rücken und lange Arme schlangen sich von Hinten um meine Taille und hielten mich fest. Ich versuchte mich aus der Umarmung zu winden und umzudrehen. Aber Noah hielt mich fest umklammert, ich wusste irgendwie sofort, dass es er war, ich hatte es gerochen. Gruselig.

Ich lächelte den Jungen wieder an. Er machte ein trübes Gesicht und das lächeln war verschwunden. „Anscheinend hast du deinen Freund wieder gefunden.“, sagte er zu mir und verzog das Gesicht.

„Sieht so aus.“, brummte Noah hinter mir und zog mich dabei noch enger an sich.

Der andere Junge, war anscheinend, sichtlich eingeschüchtert, denn er wich zurück. Er brachte gerade noch ein lächeln für mich zustande und verschwand daraufhin blitzschnell zwischen den Regalen.

Nicht, dass es unangenehm war, so ihn seinen Armen, aber dass er unschuldige Verkäufer verschreckt ging dann doch ein bisschen weit. Ich hob die Hand und schlug ihm leicht mit den Knöcheln ins Gesicht (ich traf die Nase, glaub ich), nutzte seine Überraschung und befreite mich aus der Umarmung.

„Heilige Scheiße! Was war das den jetzt?“, fuhr ich ihn an.

„Was denn? Ich habe dich doch nur beschützt.“, gab er leicht hin zurück.

„Vor einem harmlosen Verkäufer, der nur nett sein wollte.“

„Ach nett?“, er verzog das Gesicht „Der wollte dir doch nur an die Wäsche.“

„Aber ja natürlich.“, zischte ich ihn sarkastisch an. „Der wollte bestimmt gleich hier auf dem Boden mit mir vögeln.“

Er verzog schon wieder so merkwürdig das Gesicht. Wo kam das den auf einmal her? „Ja, wollte er.“, beharrte Noah weiter hin.

„Ist klar.“, ich wollte mich nicht mit ihm streiten, also wechselte ich einfach abrupt das Thema. „Also hier werden wir nichts finden, ich wäre dann für den DVD-Plan.“

Er schien kein Problem mit meiner 180-Grad-Wendung zu haben und stieg darauf ein. „Ok, machen wir.“

Noah zog mich mit sich den Weg entlang aus dem Laden. Auf dem Weg zum Ausgang, kamen wir noch mal an dem netten Jungen vorbei. Dieser, bekam große Augen und wich uns weitläufig aus. Zu allem Überfluss, bemerkte Noah ihn auch und legte besitzergreifend den Arm um mich. Ich gab mir nur eine Sekunde um es zu genießen und schlug ihn wieder leicht auf die Nase. Es tat ihm nicht wirklich weh, aber es verschaffte mir dennoch Genugtuung, als er leicht zusammenzuckte und mich los ließ.

„Kannst du mal aufhören mir dauernd ins Gesicht zu schlagen?“, wies er mich zurecht.

„Wenn du aufhörst dich wie ein Gorilla zu benehmen?“, gab ich zurück.

Er gab einen empörten Laut von sich. „Wie ein Gorilla?“.

„Yup genauso, Silberrücken, wir müssen weiter.“, und zog ihn aus dem Laden.

„Silberrücken?“, er schaute mich mit gespielter Verärgerung an.

„Aye.“ Mehr bekam er von mir nicht zu hören, ich war noch ein wenig in zickiger Stimmung.

Damit war auch dieses Thema beendet, denn wir hatten weitläufige Regale mit DVDs gefunden.

„Also, ich weiß, dass ihre Twilight-Sammlung weg ist. Wie wäre es, wenn du ihr einfach eine neue kaufst.“, schlug ich vor.

„Schau ich so aus, als würde ich so etwas wie glitzernde Vampire unterstützen?“

Ich verdrehte die Augen. „Du kaufst es doch für sie und nicht für dich.“

„Trotzdem.“, blieb er stur. „Sonst keine Idee?“

Der war auch gut. Total planlos sein und dann auch noch Ansprüche stellen.

Aber gut, bleiben wir mal alle nett und freundlich.

Also schritt ich wieder an den Regalen entlang und suchte nach Alternativen.

Ich wusste ja nicht, was sie schon gesehen hatte und was nicht.

Als ich die unendlichen Weiten der Regale abgeschritten hatte und immer noch nichts Richtiges gefunden hatte wurde ich langsam stinkig. Noah hatte mich einfach losgeschickt, seine Arbeit zu machen und war verschwunden. Bestimmt war im langweilig geworden und er wollte schlicht und ergreifend nicht mehr.

Sollte er doch Twilight kaufen, dann konnten wir endlich heimfahren.

Ich musste ihn natürlich erst einmal finden. Langsam aber sicher regte er mich auf. Ich schritt wieder die ganzen Regale entlang und hielt nach Noah Ausschau. Er war am anderen Ende des Ladens und als ich bei ihm ankam hatte ich mich in Rasche geredet, beziehungsweise gedacht. Er sah sich Fernseher an. Diese gigantischen Dinger, bei denen ich mir nie vorstellen konnte, dass die wirklich jemand kaufte.

„Kauf ihr Twilight. Und fertig.“, befahl ich als ich bei ihm ankam in scharfem Ton.

Er sah mich überrascht an. „Sicher?“

„Ja und jetzt ‚Husch‘.“

Er sah noch ein bisschen überraschter an. Ging aber wieder in Richtung DVDs.

Ich ging neben ihm her und grummelte noch ein bisschen. Keine Ahnung warum, aber ich war ganz schön sauer.

„Kannst du zahlen?“, fragte er mich.

Ich hob nur fragend eine Augenbraue.

„Na wie bescheuert sieht es denn aus, wenn ich Twilight kaufe?“, fuhr er weiter aus.

Meine Augenbraue hob sich noch ein bisschen. „Wie ein Typ der das Geburtstagsgeschenk für seine Schwester kauft.“

„Ja aber das wissen die ja nicht.“

„Oh Gott, du bist echt bescheuert.“ Aber ich war müde und wollte meine Ruhe – Was war denn heute los mit mir? „Ja dann gib her.“, sagte ich und streckte ihm meine Hand entgegen.

„Danke.“, er reichte mir die DVDs und seinen Geldbeutel. Es war so ein schwarzes Männerding, das Man(n) in der hinteren Hosentasche Trug. Ich hatte die Teile schon immer unpraktisch gefunden, was vermutlich daran lag, dass ich wie die meisten Frauen alles in irgendwelche Taschen warf und das aus Geldbeuteln ohne Reißverschluss oder der gleichen dann alles heraus viel.

Ich nahm beides und ging zur Kasse. Ich zahlte und musste anschließend, (schon wieder) Noah suchen. Meine Wut regte sich wieder. Der war ja echt nervig. Ich sollte ihm eine Kuhglocke verpassen!

Das Bild, wie Noah auf allen vieren aus einer Wiese stand, mit einer Kuhglocke um den Hals stieg in mir auf. Ich musste Lächeln. Er wäre aber immer noch eine verdammt scharfe Kuh.

Ich bog um eine Ecke und sah ihn. Er hatte mir den Rücken zugewandt und sprach mit jemandem.

Ich ging näher hin und ärgerte mich nur noch mehr, als ich sah, mit wem er da sprach. Es war Vanessa in ihrem besten Girly-Outfit. Sie hatte sich seit heute Vormittag umgezogen, bestimmt tat sie das mehrmals am Tag. Jetzt trug sie einen albern kurzen Rock mit Nylon Strumpfhosen und einem pinken Top mit gigantischem Ausschnitt. Zur Erinnerung: Wir hatten November.

Ich ging zu den beiden und räusperte mich vernehmlich. Vanessa sah mich und schaute überrascht. Noah bemerkte mich auch und grinste mich an, sich keiner Schuld bewusst.

„Was willst du denn?“, fragte Vanessa und sah mich an wie einen ekligen Käfer.

Ich sah sie ungläubig an. Was bildete sie sich eigentlich ein?

„Lue hilft mir mit meinem Geschenk für meine Schwester.“, erklärte Noah.

Vanessa sah mich wieder skeptisch wieder mit ihrem Ekliger-Käfer-Blick an. Ich wurde dabei immer wütender.

„Aber warum hast du mich den nicht gefragt? Ich versteh mich doch so gut mit deiner Schwester“, jetzt hatte ihre Stimme einen So-Ein-Dummer-Junge-Tonfall, mir wurde schlecht.

„Sonst geht’s dir gut oder?“, schaltete ich mich ein (ein wenig zickig, ich gebe es ja zu). „Alex kann dich genauso wenig ausstehen wie ich.“

„Aber das ist doch gar nicht war. Alex und ich verstehen uns prima.“, entgegnete sie, immer noch in diesem ekelerregenden Tonfall. Aber dann wurde ihre Stimme kalt: „Aber stimmt, dich kann ich wirklich nicht ausstehen.“ Sie sah mich dabei kühl an.

Ich verdrehte entnervt die Augen. „Gut ich dich auch nicht.“, gab ich eben so kühl zurück und wandte mich von ihr ab. Ich reichte Noah seine Tüte mit den DVDs und seinem Geldbeutel. „Ich verzieh mich.“, informierte ich ihn knapp und leider auch schon wieder ein bisschen zickig und ging.

Ich wollte noch schnell selbst etwas für Alex besorgen und dann sehen wie ich heim kam. Ich ging zu einem Schmuckladen um etwas Passendes zu suchen.

Ich war ehrlich gesagt stock sauer auf Noah und besonders auf diese dämliche Schlampe. Ich kümmerte mich um seinen Mist, während er mit dieser dämlichen Kuh flirtete. Nein nicht Kuh, das wäre ja eine Beleidigung; für alle Kühe. Ich wütete vor mich hin und bemerkte gar nicht was um mich herum passierte, bis ein Langer arm von der Seite um mich herum geschlungen wurde und ich umgedreht wurde. Ich war nicht darauf gefasst aber ich versuchte sofort mich loszureißen und Abstand zwischen mich und meinen Angreifer zu bringen.

„Beruhig dich, ich bin‘s.“ Es war Noah und er hielt mich weiter eisern fest. Ich gab auf mich zu wehren und hob den Kopf um ihn anfunkeln zu können.

„Was ist los?“, fragte er mit ruhiger Stimme.

„Was los ist? Was los ist?“, brauste ich auf. „Ich sag dir was los ist. Ich darf mich um deinen Scheiß kümmern, während du mit dieser Schlampe rummachst.“, ich war immer lauter geworden und hatte die letzten Worte fast geschrien. Die Leute in dem kleinen Laden drehten sich zu uns aber es war mir scheiß egal. Ich verstummte und sah Noah an.

„Also erstens, “, setzte er an, „haben wir nicht rumgemacht, sondern ganz normal geredet und zweitens beruhig dich mal. Oder bist du etwa eifersüchtig?“, Er hatte eindeutig zu viel Spaß als er mich das fragte.

Ich sah ihn giftig an. „Natürlich nicht!“, das klang sogar in meinen Ohren falsch und sein Grinsen wurde nur noch breiter.

„Ach komm ich bin Eifersucht auf jeden Fall wert.“

Ich rollte als Antwort nur übertrieben mit den Augen und zog eine Augenbraue skeptisch nach oben. Er grinste, wenn das überhaupt möglich war, noch mehr.

„Wieder beruhigt?“, fragte er mich dann aber trotzdem vorsichtig.

„Ja, einigermaßen.“, ich ärgerte mich immer noch über Vanessa, aber das schob ich beiseite.

„Dann komm gehen wir.“, er lächelte mich an und mir riss es fast den Boden unter den Füßen weg. Sofort war unser Streit vergessen und ich musste darauf achten, nicht zu sabbern. Er sah einfach zu gut aus und wenn Noah mich so gewinnbringend anlächelte, dann nur noch mehr. Ich versuchte nicht zu starren aber es war ein Kampf mit mir selbst.

„Ich brauch auch noch was für Alex.“, informierte ich ihn, nachdem wir nur wenige Schritte getan hatten. „Ich dachte an ein Lederarmband.“

„Also gut, dann such, ich helfe dir.“

Ich stöberte durch den Laden, Noah immer dicht hinter mir und wurde auch bald fündig. Ein schwarzes Lederband, dass man mehrmals ums Handgelenk wickeln konnte. Es war schlicht und passte sehr gut zu Alex. Ich ging zur Kasse und bezahlte rasch.

Als wir den Laden verließen, sah Noah im Gehen auf seine Uhr und blieb wie vom Donner gerührt stehen.

„Was ist?“, wollte ich fragen, aber er lies mich gar nicht ausreden. Er packte mich am Arm und zog mich weiter in Richtung Ausgang. Anscheinend hatte er begriffen, dass ich mir so was nicht gefallen lies, den er setzte gleich zu einer Erklärung an: „In zwei Minuten geht unser Bus, der nächste geht erst um acht.“

Er zog mich weiter und ich warf schnell selbst einen Blick auf die Uhr, es war kurz vor fünf, ich war ein wenig überrascht, die Zeit mit Noah war mir viel kürzer vorgekommen. Weil ich keine Lust hatte, drei Stunden auf den Bus zu warten, schickte ich mich selbst an schneller zu gehen, als mich von Noah schleifen zu lassen. Nicht das es unangenehm war, so nah bei ihm…, ich schob den Gedanken beiseite und ging noch ein wenig schneller um mit ihm Schritt zu halten. Ich war ja auch nicht gerade klein, aber Gott hatte der Typ lange Beine.

Als wir durch die großen automatischen Türen traten, stand der Bus schon an der Haltestelle am anderen Ende des Parkplatzes. Gerade als wir aus dem Gebäude getreten waren, setzte – als hätte uns das Universum ärgern wollen - ein starker Schneeregen ein. Dicke, schwere tropfen schlugen auf uns nieder und als wir nach einem kurzen Lauf am Bus ankamen, waren wir bis auf die Knochen durchnässt.

Der Fahrer hatte uns gesehen und hatte gewartet, ich lächelte ihn an, als ich meinen Fahrschein vorzeigte und setzte mich in den hinteren Teil. Bis auf zwei alte Damen weiter vorne war der Bus leer. Noah folgte mir und setzte sich.

Ich drehte den Kopf um ihn ansehen zu können und bemerkte, dass er mich schon ansah. Ich rief mir in Erinnerung, dass ich vermutlich wie ein begossener Pudel aussah. Aber als ich ihn mir genauer ansah, stellte ich fest, dass er auch nicht viel besser dran war. Zwar immer noch zum Anbeißen, aber eben zerzaust und klitschnass. Was ihn eigentlich nur noch attraktiver machte. Wir sahen uns zufällig ihn die Augen und mussten beide loslachen. Wir lachten beide aus vollem Halse und konnten auch nicht aufhören. Eine der beiden Damen hatte sich schon umgedreht und funkelte uns böse an. Ich riss mich zusammen und starrte an die Decke um nicht noch einmal einen Anfall zu bekommen. Noah hörte auch auf – unter sichtlichen Schwierigkeiten. Keine Ahnung, wo das hergekommen war, aber mit ihm zu lachen machte Spaß.

Wir sahen uns wieder an und plötzlich war er mir ganz nah, seine Augen direkt vor meinen und hielten meinen Blick fest. Seine Nasenspitze berührte fast die meine und unsere Lippen waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich verlor mich in den unendlichen Weiten seiner blauen Augen. Ich hatte leicht den Mund geöffnet und wir atmeten beide etwas schneller. In seine wundervollen Augen lag wieder dieser hungrige Blick.

Aber plötzlich war er wieder weg. Er hatte sich wieder zurück gelehnt, den Blick starr nach vorne Gerichtet.

In meinem Magen knotete sich irgendetwas zusammen. Von der Abfuhr hart getroffen, lehnte ich mich ebenfalls zurück und schloss die Augen.

Wo war dieses verdammte Loch im Boden wenn man es mal brauchte?

5. Kapitel

Den Rest des Tages versuchte ich mich zu beschäftigen, ich lernte mal zur Abwechslung, putze das Haus und ging lange in den Stall. Ich wollte nicht über Noah nachdenken müssen. Ich wollte nicht darüber nachdenken warum zum Kuckuck dieser Idiot mich so knallhart abgewiesen hatte. Naja richtig abgewiesen hatte er mich ja nicht, oder? Aber warum hätte er mich den sonst so ansehen sollen und mir so nahe kommen, wenn nicht um mich zu küssen? Ich ärgerte mich darüber dass er nichts versucht hatte und dass es mich ärgerte, ärgerte mich noch mehr.

Ich schob die ätzenden Gedanken an Noah von mir und widmete mich wieder dem Stallausmisten. Es war schon später Abend und mein Dad und ich versorgten gemeinsam die Tiere. Er war über den Nachmittag mit Noah nicht glücklich gewesen, und dass ich so schlecht gelaunt nach Hause gekommen war, hatte die Lage nicht gerade verbessert.

Wir hatten die restliche Fahrt, schweigend nebeneinander gesessen und ich hatte genug Zeit gehabt um wütend vor mich hin zu grübeln. Als er mich verabschieden wollte, hatte er so einen verknoteten Gesichtsausdruck und hatte mir gewunken, ich hatte im Gegenzug nur knapp die Hand gehoben und war wütend davon gestapft. Er hatte zwar zum Teil den gleichen weg und hätte mir eigentlich dicht auf den Fersen seien müssen, aber ich war vor Wut fast gerannt. Zuhause, hatte Tim mich schon erwartet, aber ich wollte nicht mit ihm sprechen und das hatte er bemerkt und lies mich in Ruhe. Ich war im dafür zwar Dankbargewesen, aber immer noch übellaunig.

Normalerweise hätte ich ja Alex angerufen und mit ihr darüber gesprochen, aber dann hätte sie ja von meinem Ausflug mit ihrem Bruder erfahren, also auch, dass es dabei um ihr Geschenk ging und mit großer Wahrscheinlich hätte sie mir dann alles aus der Nase gezogen und ich wollte ihr nicht die Überraschung verderben.

Mein Vater hatte lange durchgehalten und ich war stolz auf ihn, aber beim gemeinsamen Stallausmisten packte er die Gelegenheit beim Schopfe.

„Wie war’s heute eigentlich mit diesem Jungen“, fragte er mich mit einer Unschuldsmine, bei dem das sprichwörtliche Unschuldslamm neidisch geworden wäre.

Er erntete dafür prompt einen entnervten Blick wie ihn nur Töchter ihren Vätern zuwerfen können. „Willst du das wirklich und ganz ehrlich wissen?“.

„Also wenn du mit so einer Gegenfrage kommst dann eigentlich nicht.“ Er verzog das Gesicht. „Aber er hat dir nicht wehgetan oder so?“, Auf Nimmerwiedersehen Unschuldslamm und Hallo wütender Vater.

Dafür bekam er noch so einen Blick zugeworfen. „Glaubst du, er würde hier dann noch herumlaufen?“

„Läuft er denn noch hier herum, oder hast du ihn schon irgendwo im Wald vergraben?“, ich war froh, dass das Gespräch in diese Richtung ging und nicht irgendwie peinlich wurde.

„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, erwiderte ich und tat geheimnisvoll.

Wir mussten beide lachen.

 

In dieser Nacht träumte ich wieder, es war seit ein paar tagen der erste. Ich stand wieder im Wald, ich erkannte sofort, dass ich wieder ein Wolf war, inzwischen bemerkte ich sofort den Höhenunterschied. Dieses Mal, war ich an einem anderen Ort gelandet. Immer noch in dem Wald hinter meinem Haus, aber viel tiefer und weiter, als gewöhnlich. Ich witterte etwas, aber keine beute Tiere, das kannte ich schon, sondern etwas anderes, etwas bekanntes, aber dennoch kein guter Geruch. Er erschreckte mich, jagte mir ein wenig Angst ein und verunsicherte mich. Der Wolf in mir, der die Kontrolle übernommen hatte, befahl, die Nase in den Wind zu halten, um besser riechen zu können.

Der Erzeuger des Geruchs war näher gekommen und war nicht mehr weit entfernt. . Mein menschlicher Teil wollte davon laufen, schnell das Weite suchen, und nicht auf dieses Etwas warten, der Wolf jedoch, war der Ansicht, dass das Revier verteidigt werden musste. Die beiden rangen miteinander und der Wolf gewann.

Ich stellte mich dem Geruch in Angriffsstellung entgegen und wartete, wartete, dass die Gefahr in meine Reichweite kam. Der Mensch hatte soweit gesiegt, dass ich ihr nicht schon entgegen lief.

Und dann war es soweit. Zwischen den Bäumen trat ein großer schwarzer Wolf heraus, er kam mir bekannt vor, aber ich wusste nicht woher. Ihm folgten noch zwei weitere etwas kleinere, ebenso schwarze Wölfe. Sie alle fletschten die Zähne und knurrten mich an.

Ich bleib wo ich war und knurrte instinktiv zurück. Es war total dämlich von mir, drei gegen einen, aber dennoch, ich konnte, ich wollte mein Territorium nicht kampflos aufgeben.

‚Ist es das? Dein Territorium?‘. flüsterte meine Menschliche Seite, doch der Wolf ignorierte sie und bewegte sich mit als die drei anderen Wölfe versuchten mich einzukreisen.

Die drei Wölfe schafften es dennoch mich zu umzingeln, ich hatte solches Herzrasen, das ich befürchtete es würde mir gleich aus der Brust springen. Aber es blieb wo es war, im Gegensatz zu den drei wölfen, sie sprangen alle gleichzeitig auf mich los. Es ging zwar schnell, aber es kam mir trotzdem wie eine Ewigkeit vor, bis der erste an meiner Schulter landete und versuchte mir in die Kehle zu beißen, ich wich zur Seite, aber da war schon ein anderer. Nach hinten oder vorne konnte ich auch nicht flüchten. Ich war hoffnungslos eingekesselt, und so werte ich mich wie eine Berserkerin mit Zähnen und Klauen, doch ich war unerfahren und panisch und sie überwältigten mich. Der größte der drei, biss mir in die Kehle und ich spürte das warme Blut in Strömen in mein schneeweißes Fell sickern. Einer der beiden kleineren bis mir in die Hinterhand, während der andere dafür sorgte, dass ich mich nicht mehr wehren konnte, in dem er sich auf mich warf. Die beiden anderen verbissen sich in mir und ich sah keinen Ausweg mehr. Die Bisse und wunden taten höllisch weh, und ich bemerkte rasch den starken Blutverlust.

 

Ich verlor das bewusst sein und fand mich in meinem Bett wieder, wo ich mir panisch mit einer Hand sofort an den Hals fasste und mit der anderen meine Wade. Ich beruhigte mich wieder, als ich dort keine blutigen Wunden fand.

 

Am Morgen darauf, sah ich wieder einmal aus wie vom Zug überfahren. Ich war zu müde um die dunkeln Augenringe zu überdecken, oder mir sonst irgendwie Farbe im Gesicht zu verschaffen. Also blieb ich wie  war und zog mir irgendetwas an.

Als ich runter kam, war Tim schon weg, er hatte mir Frühstück gemacht und weil ich so spät dran war, schlang ich ein paar Löffel Cornflakes herunter und leerte schnell ein Glas Orangensaft.

Als ich das Haus verließ und durch die Gartentür trat, kam der Wagen der Jägers schon ums Eck gebogen.

Einer der Zwillinge hielt an und ich stieg hinten ein. Heute fuhr Raphael, wie ich feststellte. Nach einiger Zeit hatte ich sie zu unterscheiden Gelernt. Gabriel war der ernstere der beiden, wo hingegen Raffi so gut wie immer einen witzigen Spruch auf den Lippen hatte. Sie waren beide immer sehr nett und freundlich und wie alle anderen hatten sie mich schnell in der Gruppe aufgenommen.

„Morgen.“, brummte ich einsilbig in die Runde. Mir nahm es aber niemand übel, sie waren mich als Morgenmuffel gewöhnt.

„Na Kleine, heftige Nacht gewesen was?“, fragte Sam mich gewöhnt spöttisch. Ich war seine anzüglichen Bemerkungen gewöhnt und schenkte ihm sonst weiter keine Beachtung. Von den anderen erntete er auch nicht mehr als genervtes Augenverdrehen. Alex sah ihren nur wenig älteren Bruder streng an und rutschte dann schnell zur Seite um mir Platz zu machen.

Die Jägers fuhren einen gigantischen SUV, der gegenüber der Rückbank, noch eine durchgängige Reihe sitze hatte, dazu einen riesigen Kofferraum.

Mit elf Leuten, war der Wagen dennoch überbelegt und es war ziemlich eng. Und so fand ich mich schlussendlich zwischen Izzy und Alex wieder. Die letzten Wochen, war Noah eigentlich nie weit gewesen, aber heute saß er soweit wie möglich weg von mir, wie es in einem Auto nur ging. Ich nahm es hin und versuchte nicht weiter darüber nach zu denken.

„Du kommst doch Morgen, oder?“, Alex sah mich aufgeregt an.

Ich sah wohl ziemlich verwirrt drein, denn sie fuhr weiter aus. „Da ist unser Geburtstag, Blödi.“

„Achso ja stimmt.“, gab ich zur Antwort. Linda und Lilly sahen nicht sehr glücklich darüber aus, das Alex mich einlud, Gabriel ebenso, wie ich im Rückspiegel sah. Es hatte wohl Streit gegeben, ob ich dabei seien sollte.

„Mal schauen, ich sag’s dir rechtzeitig.“, gab ich nur als vage Antwort, ich wollte nicht der Anlass für einen Familienstreit sein und hielt mich zurück.

Alex nickte mir zu, aber Izzy ließ nicht locker. „Ach komm, du musst kommen. Es wird bestimmt toll wenn du dabei bist.“, dafür erntete sie wütende Blicke von ihren Cousinen und ein knurren von Gabriel. Momentmal ein knurren? Was sollte das denn?

Plötzlich waren alle im Wagen angespannt, sogar die immer fröhliche Izzy. Ich hatte aber keine Zeit darüber nach zudenken, denn wir hatten die Schule schnell erreicht und alle flüchteten praktisch aus dem Auto. Alex zog mich heraus und plapperte unaufhörlich vor sich hin. „Siehst du den Typen da vorne? Mark Keehler? Sieht der heute nicht wieder zum Anbeißen aus? Ich hab im am Wochenende, als ich mit Izzy und Hannah im Kino war getroffen, er ist total nett. Er hat auch einen Bruder, ich glaube der währe was für Iz. Was hast du am Wochenende gemacht?“, sie legte eine Pause ein und sah mich erwartungsvoll an. Ich hatte ihrem Vortrag nur mit halbem Ohr gewidmet und hatte darüber nachgedacht warum sich ihre Familie so seltsam benahm. War aber zu keinem sinnvollen Schluss gekommen.

„Warum waren die anderen gerade so seltsam?“, ignorierte ich ihre Frage und fragte sie unverblümt, bevor ich mich noch verrückt machte.

„Was genau meinst du jetzt?“, fragte sie eindeutig zu sorglos.

„Du weist genau was ich mein. Das Linda und Lilli so böse geschaut haben und Gabriel... Gabriel hat geknurrt.“, gab ich zurück.

Meine Freundin kniff darauf hin, für eine Zehntelsekunde die Augen zusammen. „Ach was es gab nur einen kleinen Zoff, weil die beiden Ziegen gemeint haben, es solle eine ‚Familienfeier sein‘“, sie äffte Linda mit hoher stimme nach. „Ach scheiß drauf, es ist Noahs und mein Geburtstag, da lad ich ein wen ich will.“, sie bemerkt, dass ich schon wieder zu einer Erwiderung wegen Gabriel ansetzen wollte, lies mich aber gar nicht erst zu Wort kommen. „Und bei Gabriel hast du dich verhört, das war kein knurren, er hatte heute früh nur keine Zeit mehr zum Frühstücken gehabt und hatte eben Hunger.“

„Aber ja, als ob ich dir das glauben würde, ich hab gehört was ich gehört habe und er hat geknurrt!“, gab ich zurück. Ich war heute mal wieder seltsam drauf. Normalerweise reagierte ich nicht so heftig.

„Ach was, du hast nur zu wenig Schlaf abbekommen und fantasierst.“, beschloss sie. „Mal sehen, ob wir dich nicht noch ein bisschen auf hübschen können, bevor Sam noch Anlass hat überall zu erzählen er hätte dir die ganze Nacht den Verstand herausgevögelt.“

Ich gab vorerst klein bei und lies mich von ihr zu den Klos führen.

Dort wollte sie gerade ihr Schminktäschchen zu tage fördern, als Vanessa und ihre Gruppe von Hühnern herein traten.

Vanessa nickte ihren zu Recht gemachten Äffchen kaum merklich zu und die drei kam völlig synchron auf uns zu. Hatten die das etwa geübt? Besagte Zootiere, Molly und Patrice, grinsten Alex und mich an.

Vanessa baute sich drohend vor mir auf, die beiden anderen immer noch mit diesem dämlichen, siegesgewissen Lächeln, hinter ihr. „Du kleine bescheuerte Schlampe, treff dich ja nicht noch einmal mit meinem Noah!“

„Ach ja? Sonst machst du was? Gehst du dann mit deiner Nagelfeile auf mich los? Und was soll hier dein Noah heißen?“, irgendwie war ich auf ihre Attacke gefasst gewesen. Sie hatte Noah schon von Anfang an als Beute angesehen. Und das Mädel konnte ganz schön zickig sein.

Vanessa und ihre Lakaien grinsten höhnisch. „Nein, aber mit denen.“, wie aufs Stichwort, glitten aus all ihren Händen mindestens fünf Zentimeter lange Krallen. Sie sahen echt gefährlich aus, und Vanessa hob ihre Hände, wie um mich zu kratzen.

Bevor ich reagieren konnte, kam Alex vor geschossen und drückte dem Miststück die Handgelenke mit der einen Hand zusammen auf die Ablagefläche zwischen zwei Waschbecken. Mit der anderen Hand packte sie Vanessas Nacken und knallte ihren Kopf zu ihren Händen auf die platte.

„Zurück, oder sie stirbt.“, warnte Alex Molly und Patrice als diese ihrer Anführerin zu Hilfe eilen wollten. Die beiden blieben wo sie waren, hatten aber ihre klauenbewehrten Hände zum Angriff erhoben.

Das ganze hatte nur ein paar Sekunden gedauert und ich hatte mich keinen Millimeter gerührt.

Alex drückte Vanessas Kopf noch fester auf die Fläche. „Wenn du noch einmal meine Freunde oder meine Familie bedrohst, dann ist es das letzte was du tust. Verstanden?“, sagte sie in ruhigem Tonfall, der jedoch keinen Wiederspruch zuließ. Als Vanessa keine Reaktion zeigte, zog Alex ihren Kopf ein Stück nach oben und knallte ihn wieder brutal nach unten. „Hast du mich verstanden?“, fragte sie etwas lauter. Vanessa ruckte soweit wie möglich mit dem Kopf und krächzte so etwas wie ein Ja.

Alex nickte zufrieden und lies Vanessas Hals los, nur um sie in Mollys Arme zu schubsen. Sie richtete Vanessa auf und die drei verließen panisch die Toilette.

„Heilige Scheiße!“, entfuhr es mir. Der Schock war etwas abgeflaut und ich hob eine Hand an die Stirn. „Was zur Hölle war das denn? Hast du ihre Hände gesehen? Und du? Du! Seit wann bist du so schnell?“, ich war richtig laut geworden und atmete schnell.

Der Schock war mir wohl doch noch anzusehen, den Alex drehte sich wieder ganz zu mir um und schob mich behutsam zu einem der Waschbecken. „Ganz ruhig, trink ein paar schlucke und atme.“. Ich tat wie mir geheißen und beugte mich übers Waschbecken.

Als ich fertig war und mich wieder einigermaßen beruhigt hatte, sah ich meine Freundin erwartungsvoll an.

„Ähm also...“, setzte sie zu einer Erklärung an, aber das Klingeln unterbrach sie. „Na komm, wir müssen zum Unterricht.“

Sie zog mich zum Klassenzimmer und ich folgte ihr zögerlich. Mr. Cordsachen, warf uns einen tadelnden Blick zu, aber wir beachteten ihn nicht. Vanessa und ihre Hühner, denen sich noch ein paar mehr angeschlossen hatten, warfen uns allesamt Giftige Blicke zu, während Vanessa sich den Hals rieb. Ihre Nägel, waren alle wieder so wie gehabt, nicht einmal der Nagellack war abgeplatzt. Alex platzierte mich auf meinen Platz und setze sich dann neben mich.

Ich zog schnell meine Sachen auf den Tisch und drapierte sie so an die Kante, dass man von weiter vorne nicht direkt auf den Tisch sehen konnte. Dann nahm ich ein Blatt aus Meinem Block und schrieb drauf:

 

So leicht, lass ich mich nicht abschütteln, was war das gerade eben? Ich schob das Blatt zu Alex rüber.

 

Nicht hier, komm morgen Nachmittag zu mir, wir erklären dir alles. Sie schob das Blatt zurück zu mir.

 

Wir? Und warum nicht hier?

 

Das ganze betrifft nicht nur dich, ich erklär dir alles, aber lass es mich auf meine weise tun, in Ordnung? Sie sah mich eindringlich an und ich nickte.

 

Na gut. Ich gab mich geschlagen. Vorerst. 

 

Der Tag war trotzdem die Hölle für mich. Ich wollte wissen was los war. Aber Alex weigerte sich mir irgendetwas zu erzählen. ‚Nicht hier‘ sagte sie immer wieder. Ihre Geschwister waren auch alle sehr schweigsam. Und ich? Tja ich, wurde fast verrückt vor Neugierde. 

6. Kapitel

Zu Hause tigerte ich unruhig durch mein Zimmer, schon zweimal, hatte ich mein Handy hervorgeholt, eine SMS verfasst und dann doch nicht verschickt und ebenso oft, war ich schon versucht gewesen bei Alex anzurufen. Ich hatte mich jedes Mal noch rechtzeitig gebremst. Sie würde mir ja doch nichts sagen. Sie war da eisern.

Ich verbrachte den Tag irgendwie, versuchte mich zu beschäftigen. Ritt aus, lernte, spielte mit den Tieren, aber ich konnte mich nicht richtig konzentrieren. Ständig, hatte ich diese Bilder von Vanessas, Molly´s und Patrices Klauen im Kopf und grübelte warum Alex und die anderen so schräg drauf gewesen waren.

Ich ging auch schnell ins Dorf, zu dem kleinen Tante Emma Laden um ein Geschenk für Noah zu besorgen – ich war sauer, nicht unhöflich. Ich kaufte ein paar Sachen, die uns ausgegangen waren, und Schokolade für die Zwillinge.

Um mich abzulenken, stöberte ich auch ganz weit hinten in dem Geschäft. In einem Regal sah ich eine kleine, schwarze Figur eines Wolfes der den Mond anheulte. Irgendwie sehr kitschig, aber ich musste sofort an Meine Träume denken. Dieser Wolf machte mir aber keine Angst, so wie die drei in meinen Träumen. Dann dachte ich, wie so oft, an Noah und fand, es sei ein nettes Geschenk für ihn. Ich kaufte sie.

Wieder daheim, packte ich die Geschenke der beiden ein. Um das mal klar zustellen, ich kann einpacken. Aber ich selbst liebe es aus- und auch einzupacken, deshalb packe ich alles wahnsinnig kompliziert ein und habe  eine diebische Freude es jedem besonders schwer zu machen.

Ich ging früh ins Bett und lag lange Wach. Ich dachte im Kreis, ich wusste, dass es da irgendetwas nicht begriff und das wurmte mich.

Irgendwann fiel ich dann wohl doch in den Schlaf und fand mich, wie so oft, in wirren Träumen wieder.

 

Ich stand wieder im Schulklo, vor mir Vanessa, mit langen, knallroten Krallen. Ihr ansonsten, wie ich zugeben musste, doch recht hübsches Gesicht war zu einer fießen Grimmasse verzogen. Lang glänzende Reißzähne ragten ihr fast bis zum Kinn aus dem Mund.

Sie sah mich mit starrem Blick an und verzog den Mund zu einem Lächeln, naja so gut es eben ging mit diesen riesen Hauern. Furchteinflößend war es Trotzdem. „Ich werde dich töten.“, zischte sie mich an. „Ganz langsam und qualvoll. Ich werde dich vom Hals bis zum Bauch aufschlitzen, so dass du langsam stirbst, während ich dein Gesicht zerfetze, bis nichts mehr übrig ist, das meinem Noah gefallen könnte.“

Ich erschauderte bei ihren Worten. Plötzlich kam ich mir klein und verletzlich vor. Völlig ungeschützt stand ich da an der Wand zusammen gekauert. Vanessa kam mit erhobenen Krallen auf mich zu. Aber es war gar nicht mehr Vanessa, noch während sie ging, wurde sie zu einem schwarzen Wolf. Ich erkannte ihn als einen der kleinen Wölfe aus meinem Traum. Auch wenn er kleiner als der größte in meinem Traum war, überragte er mich immer noch weit.

Ich drängte mich noch weiter zurück an die Wand, versuchte so weit wie möglich von ihm weg zukommen, aber es half alles nichts. Der Wolf war mit wenigen Schritten bei mir. Ich wollte schreien, aber ich wusste, dass niemand da war, der mich gehört hätte, der mich hätte retten können.

Vor Angst, versagten mir meine Beine den Dienst, ich sackte zusammen und machte es dem Wolf somit noch einfacher. Ich schütze mit meinen Armen den Kopf und krümmte mich zusammen, aber den Wolf schien das nicht zu stören. Er hob eine Pranke und setze sie an meinem Schlüsselbein an. Ich schlug ihm auf das Bein, aber er fuhr völlig unbeirrt mit der Kralle durch mein Fleisch, langsam an meinem Körper hinunter, bis er bei meinem Unterleib angelangt war. Der Schnitt war lang und tief. Blut so rot wie Vanessas Fingernägel quoll daraus hervor und durchweichte das dünne Nachthemd das ich trug.

Der Wolf war wohl mit dieser Wunde zufrieden, und fuhr nun – genau wie Vanessa gesagt hatte – mit meinem Gesicht fort. Ich versuchte ihn von mir zu schieben, doch dem massigen Tier schien das nichts auszumachen. Panisch schlug ich nach seinem Kopf, doch das brachte ihn nur dazu nach meiner Hand zu schnappen und zu zubeißen, bis ich ein ekliges Knirschen hörte und ich meine Finger, als er davon abließ nicht mehr bewegen konnte. Ich sah meine Hand nicht an, ich wusste, dass ich das gar nicht sehen wollte, die Situation war so schon schlimm genug. Der Schwarze setze seine riesigen Pfoten an meiner Stirn an und zog tiefe Furchen durch Haut, Augen und durchstieß meine Wangen.

Mit der unverletzten Hand schlug ich auf ihn ein, war aber viel zu schwach, ich verlor viel Blut und meine Wunden taten schrecklich weh. Der Wolf setzte sein Werk fort. Völlig ungerührt von meinen Schreien und Klagen und am Ende von meinen Verzweifelten Schluchzern.

Als ich endlich das Bewusstsein verlor, wusste ich, dass von meinem Gesicht nichts mehr übrig geblieben war, die Krallen waren bis auf den Schädel gedrungen. Ich war erblindet und war vor Schmerz ohnmächtig geworden.

 

Als ich später erwachte, raste ich erst einmal wie von der Tarantel gestochen zum Spiegel. Ehrleichtert durchatmen konnte ich erst wieder, nachdem ich mich komplett entkleidet hatte und keine einzige Wunde oder Narbe finden konnte. Besorgt, tastete ich meinen ganzen Körper dennoch noch einmal ab, nur um ganz sicher zugehen, und stieg dann wieder ins Bett.

Der Wolf war kein normaler Wolf gewesen. Kein Tier war grausam, genauso wenig wie ein Kind böse geboren wird. Ein Tier kann aggressiv und gefährlich werden. Ein Kind kann jedoch grausam, boshaft werden. Der Wolf hatte zu viel Menschliches an sich gehabt.

‚Nur ein Traum, alles nur ein böser Traum. ‘, das sagte ich mir immer wieder, trotzdem lag ich noch lange wach und fand in dieser Nacht so gut wie keinen Schlaf.

Der Morgen war wieder die Hölle. Ich verschlief und war total neben der Spur.

Ich sah wie gewohnt total am Ende aus und hatte kaum Zeit um zu frühstücken und um mich anzuziehen.

Ich beeilte mich und rannte beinahe durch den Vorgarten auf die Straße. Der schwarze Wagen stand schon da, ich sprang hinein und lies mich erst einmal auf einen freien Platz fallen. Die Augen hatte ich geschlossen und ich glaube ich war kurz eingenickt. Mir kam es nur wie Sekunden vor, bis mich etwas am Knie anstubste.

„Alles Ok?“, fragte Alex.

„Äh ja klar. Bin nur müde.“ Mir gegenüber saß Noah, er und Sam waren ganz vertieft in die Diskussion darüber, welcher Film heute Abend angesehen werden sollte.

 

Mit einer Energie, von der ich mir nicht erklären konnte, wo sie her kam, richtete ich mich auf einmal auf und schlug mir mit der flachen Hand leicht gegen die Stirn. Anschließend zog ich Alex in eine Umarmung.

Sie war ein wenig steif, ob meiner schnellen Bewegung, entspannte sich aber rasch wieder und erwiderte die Umarmung. „Ach verdammt, ich hab euren Geburtstag vergessen. Alles Gute!“

Alex drückte mich etwas. „Kein Problem, danke.“

Ich löste mich von ihr und wand mich nach vorne zu Noah, der die Diskussion mit Sam unterbrach und mich ansah. Wie gesagt, ich war sauer, nicht unhöflich, also zog ich ihn in eine Umarmung und drückte ihn leicht.

Er duftete himmlisch! Ich konnte es nicht genau definieren, aber es erinnerte mich an ein kuschliges Feuer im Kamin an einem verregneten Tag und auch an Zimt und sogar ein wenig an Schokolade. Ich hatte die Augen geschlossen und sog seinen Geruch tief ein. Ich konnte nicht genug bekommen und presste meinen Nasenrücken an seine Halsbeuge.

„Ähm Leute, nehmt euch ein Zimmer.“, meldete sich Sam zu Wort.

Wie vom Donner gerührt löste ich mich von ihm. „Alles Gute!“, ich versuchte ihn anzulächeln, aber es entglitt mir sofort wieder. Damit, den Impuls rot wie eine Tomate anzulaufen zu unterdrücken, scheiterte ich auch auf ganzer Linie.

Ich versuchte zu lächeln, aber es entglitt mir sofort wieder. Also schloss ich nur resigniert die Augen und lehnte mich wieder zurück. Damit war mein plötzlicher Energieschub vorbei.

 

Als Gabriel nach mir unendlich lang erschienener Zeit endlich die Schule erreichten, floh ich praktisch aus dem SUV und war froh als mir nur Alex wie gewohnt folgte.

 

„Also, wann soll ich heute kommen?“

„Wie du Lust hast.“

„Du weißt aber schon, dass ich vor Neugierde fast platze und dich am liebsten sofort ausquetschen würde?“, fragte ich mit einem halbherzigen Lächeln.

„Ja schon, aber es ist besser wenn du dich noch geduldest, und warte, du wirst schon sehen warum.“

„Du machst es mit deiner Geheimniskrämerei auch nicht gerade besser.“ Ich war langsam ein wenig genervt. Warum konnte sie mir nicht einfach sagen, was gestern auf der Toilette passiert war?

Sie verdrehte die Augen und grinste mich an. „Ach komm. Scheiß drauf ich hab Geburtstag!“. Wir hatten die Treppe am Eingang erreicht und sie drehte sich herum und breitete die Arme aus. „Ich bin die Königin der Welt!“, Alex sagte es, als würde sie nur einfach mal aussprechen, was sowieso schon alle dachten.

Ich glaubte allerdings, dass sie alle für verrückt hielten anstatt für ihre Königin aber ich wollte meiner Freundin nicht ihren Glauben zerstören.

Ihre Familie holte uns ein und ich bemühte mich betont gleichgültig in alle Richtungen außer zu ihnen zu sehen.

Noah schmunzelte beim Anblick seiner Schwester und stellte sich neben sie. Er gab ihr einen leichten Schubs und stellte sich auf ihren Platz und breitete ebenso wie sie die Arme aus. „Und ich der König! Kniet nieder meine getreuen Untertanen.

Sam zeigte ihm daraufhin den Vogel und Gabriel und Raphael präsentiertem ihm völlig synchron beide Mittelfinger.

 

Der Vormittag konnte einfach nicht schnell genug vorbei gehen. Als wir dann zum Auto gingen, rannte ich schon fast und trieb alle zur Eile an.

„Los, Los! Beeilung. Aufschließen, Aufschließen“, wies ich alle an und machte diese Schülerlotsen-Handbewegung. Einvernehmliches Augenverderehen.

 

Während der Fahrt wackelte ich so lange auf meinem Sitz herum, bis Izzy einen Arm quer über mich legte und mich aufhielt. „Wenn du nicht aufhörst kotz ich hier alles voll.“, drohte sie mir. Aber es half nicht lange, ich war gespannt wie ein bogen. Seit gestern hatte ich mich dahinein gesteigert und wollte endlich wissen was es jetzt mit dieser ganzen Sache auf sich hatte und warum Alex so eine Staatsaffäre draus machte.

Als Raphael vor meinem Haus hielt hüpfte ich sofort hinaus und eilte zum Haus.

Und mit einem „Bis Nacher“ war ich auch schon im Haus verschwunden.

Ich war mir sicher, dass sie mir noch hinter her lachten, aber sie meinten es ja nicht böse.

Tim hatte ich gestern Abend schon bescheid gesagt, dass ich bei Alex übernachten würde. Also flitze ich in den Stall, sah schnell nach den Tieren, aß eine Kleinigkeit und packte blitzschnell meine Sachen zusammen.

Dann machte ich mich endlich auf den Weg zu dem Haus der Jägers. 

7. Kapitel

„Heilige Scheiße“, rief ich aus, als ich von der langen Auffahrt endlich zum Haus kam. Wobei Haus die Untertreibung des Jahrhunderts war. Villa oder Schloss oder so etwas, wären noch hingekommen. Das Grundstück lag eigentlich nicht weit von meinem Haus entfernt, aber hinter dem großen Tor am Waldrand, lag eine ewig lange Auffahrt durch den Wald. Ich war mit dem Rad gekommen und fuhr seit ich den Kollos gesehen hatte ein wenig Langsamer. Ich gebe zu, ich war ein wenig eingeschüchtert. Ich meine erst sehe ich Wochen lang Alex in ihren abgefuckten Jeans und dann so was. Jemand anderes hätte sich vermutlich schon gedacht, dass das Haus bei so vielen Leuten ja groß sein musste, aber mit diesem Palast, hätte der sicher auch nicht gerechnet.

Ich kam zu der Haustür und stellte mein Rad in den Grünstreifen neben den Blumenbeeten. Ich ging die wenigen Stufen, die verdächtig nach Marmor aussahen, zur Tür hinauf und suchte die Klingel. Es passiert mir oft, dass ich die Klingel nicht finde oder Tür nicht aufbekomme oder mich auf andere Weise dumm anstellte.

Als ich alles rund um die große, schwere Holztür abgesucht hatte und noch immer keine Klingel in Sicht war, trat ich sogar wieder eine stufe herunter um alles sehen zu können. Es gab nur einen Lichtschalter, der deutlich mit „Licht“ beschriftet war und so einen altmodischen Türklopfer. Er war Silber, ich gehe jetzt mal von einer Silberbeschichtung aus und nicht von massivem echt Silber, wobei mir inzwischen sogar dann nicht so abwegig erschien. Das anachronistische Teil stellte einen Mond da, der arrogant auf mich herablächelte.

Okay, ich ließ mich von einem Türklopfer verunsichern. Ein Grund zum Jubeln, auf jeden Fall. Aber die abgewetzte Jeans und die alte Jacke meines Vaters verringerten mein Unbehagen nicht gerade.

Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Tür-Problem und dachte nach. Zum Haus würde das ganze ja passen. Es war ein hohes Gebäude, mit mindestens drei geschossen. Im roten Ziegeldach, waren die Fenster etwas kleiner und spitz, im restlichen Teil, war, um die Hohen Bogenfenster, die Schneeweise Wand mit roten Schnörkeln bemalt.

Ich stand schon viel zu lange vor der Tür, also ging ich die Stufe wieder hinauf und hob den höhnisch grinsenden Mond ein stückweit an und lies ihn wieder hinunter krachen. Dabei kam ich mir wahnsinnig dumm vor.

Es dauerte eine Weile, bis der Klang verhalte, aber noch während dessen, öffnete sich die Tür.

Eine etwas ältere Version von Alex und ihren Schwestern öffnete die Tür. Ich schätze sie auf Anfang 20. Sie musste Alex älteste Schwester sein.

 

„Hallo. Du musst Lu sein. Freut mich dich endlich kennen zu lernen. Ich bin Lucretia die Mutter von dem ganzen Haufen.“, erklärte sie mir lächelnd.

Ok, da stutzte ich erstmals. Ihre Mutter?! Ich rechnete kurz nach, Alex ältester Bruder, Aaron musste so um die 20 sein und das hieß, dass ihre Mutter doch wohl mindestens 40 oder so seien musste. Aber diese Frau sah keinen Tag älter aus als 25.

„Äh, hallo, freut mich auch“, antwortete ich schnell um meine Verwunderung zu überspielen. Ich glaube sie bemerkte es trotzdem und lächelte mich wieder an. Darin erkannte ich dann doch eine Mutter. Ich hatte meine eigene zwar nie kennen gelernt aber so konnte nur eine echte liebende Mutter lächeln.

Sie trat beiseite und lies mich ins Haus. Als erstes gelangte ich wohl in so eine Art Eingangshalle und musste dort gleich noch einmal Staunen. An den Wänden hingen überall alte Bilder, die wohl verstorbene Familienangehörige zeigten. In einigen erkannte ich Lucretia in einem altertümlichen Kleid, sitzend und die Hände wie zum Gebet im Schoß gefaltet. Hätte ichs nicht besser gewusst, hätte ich Hals und Bein geschworen, dass es wirklich Alex Mutter war. Daneben und im ganzen Raum hingen noch weitere Portraits, auf denen ich einige Ähnlichkeit zu Hannah, Alex, Noah, Sam und Co. fand. Aber ich sah auch einige mir fremde Menschen.

Von weiter oben, am anderen Ende der sehr imposanten Holztreppe hörte ich Gerumpel und undeutliche Stimmen. Und erst da viel mir der gigantische Kronleuchter an der Decke auf. Herrje, waren das da echte Kerzen?

Ein wenig peinlich berührt zog ich meine abgewetzten Turnschuhe aus und sah Lucretia fragend an. „Gib die einfach mir. Die anderen findest du oben, einfach immer dem Lärm nach.“

Ich nickte ihr zu und ging immer noch ein bisschen eingeschüchtert zu der Treppe. Einige der Stufen knarrten, aber das war kaum verwunderlich, das ganze Haus kam mir sehr alt vor. Die Treppe machte oben eine leichte Biegung und endete dann in einem breiten Flur. Hier oben fanden sich an den Wänden zusätzlich zu weiteren älteren Portraits auch modernere Fotographien der Familie. Irgendwer hatte wohl einen Faible dafür. Links und rechts waren mehrere Türen und aus einer der hinteren ertönte lautes Stimmengewirr.

„Ich finde immer noch, dass wir ihr nichts sagen sollten.“, war das Gabriel? Ich war mir nicht sicher.

„Sie hat ein Recht es zu erfahren!“, die Stimme war weiblich aber mir unbekannt.

„Ist doch jetzt egal, beschlossen ist beschlossen und sie kommt bestimmt sowieso gleich.“

„Ganz genau. Die Frage der Fragen ist doch: Haben wir noch genug Schokoladenpudding?“, ok, das war eindeutig Alex.

Ich war verwirrt, ging es hier um mich, war noch wer eingeladen? Keinen blassen Schimmer, also ging ich einfach auf die dunkle Holztür zu, klopfte kurz mit den Knöcheln an den Türrahmen und öffnete sie. Der Raum, um den es sich wohl um die Bibliothek/ Wohnzimmer/ Büro/ Rumpelkammer/ Trainingsraum handelte war bis zum Bersten mit Jägers gefüllt. Wahr ja auch wohl kaum verwunderlich.

Bei meinem Eintreten waren schlagartige alle in Schweigen verfallen.

„Hey Lu“, begrüßte mich Alex als erste. Schließlich auch die anderen. Neben Gabriel und Raphael standen eine fast genaue Kopie von Lucretia und ihre männliche Version. Aaron und Rebecca, wie ichvermutete, was mir Noah auch bestätigte.

Meine Freundin packte mich an der Hand. „Gut dass du endlich da bist, willst du was trinken? Kuchen? Der ist super, Becka hat ihn gemacht.“

„Äh Kuchen hört sich erst mal nicht schlecht an.“, gab ich zurück.

„Ok dann komm.“, und damit zog sie mich aus dem Raum und runter in die Küche. Dort saß ein verstrubbelter Zehnjäriger am Tisch und malte.

Er blickte auf und sah mich grinsend, mit großen Schneidezähnen neugierig an. „Bist du Lu?“

„Jap., die bin ich. Und wer bist du?“, der kleine war echt süß. Aber irgendwie sah er keinem in der Familie so richtig ähnlich. Was die anderen ja anscheinend alle taten.

„Ich bin Thommy. Gut dass du endlich da bist. Dauernd streiten sie sich ob sie dir das Geheimnis verraten sollen…... Oh ich glaube das hätte ich dir nicht sagen dürfen. Aber wenn es nach mir geht erfährst du es sowieso.“, nach dieser Bekenntnis strahlte er mich fröhlich an.

Ich schenkte ihm mein Bist-Du-Süß-Lächeln und warf Alex einen mahnenden Blick zu.

Also langsam sollte man mir wirklich mal verraten was hier los war.

Meine Freundin hob beschwichtigend die Hände. „Erst mal Kuchen. Tomtom willst du auch noch ein Stück?“

„Ne, danke. Noch ein Stück und ich platze.“

Daraufhin hievte Alex ein gewaltiges Tablett aus einem ebenso gewaltigen Kühlschrank. Wir sprechen hier von so einem zweitürigen Ami-Kühlschrank Monster. Von dem „Kuchen“, vielmehr eine Torte fehlte zwar schon gut die Hälfte aber es war immer noch reichlich vorhanden. In dieser Familie war einfach alles überdimensional.

Alex schnitt ein großes Stück ab und schob mir einen Teller und Gabel zu. Für sich selbst nahm sie auch noch mal ein Stück. Beim Essen war ich mit diesen Dimensionen wirklich glücklich.

„Was zu trinken?“

„Ja irgendwas, danke.“

Sie schenkte mir ein Glass Saft ein und wir begaben uns zu Thommy an die Theke und spachtelten Torte.

„Jetzt rück schon endlich raus Ally. Ihr macht mich noch alle wahnsinnig.“

„Ok, aber erst mal langsam, ja? Das ist ein heikles Thema das nicht nur mich betrifft. Und weißt du, dass ist auch ein großer Tag für Noah und mich. Wir wissen selbst noch gar nicht über alles Bescheid und heute nach der Zeremonie werden wir über alles eingeweiht.“, da musst ich sie einfach unterbrechen.

„Warte mal. Zeremonie? So mit Gesang und alten Männern und Jungfrauenopfern und so was?“, ich erntete nur Augendrehen.

„Nein, keine Sorge. Wie gesagt ich weiß es auch nicht ganz genau. Aber es läuft so, heute, sobald die Sonne unter gegangen ist, wird ein uraltes Ritual durchgeführt. Es dürfen aber nur Offenbarte anwesend sein beziehungsweise, diejenigen die offenbart werden. Dann kommt die Volleinweisung für Noah und mich.“

„Ok und was sind jetzt Offenbarte?“, also irgendwie verwirrte sie mich nur heillos.

„Die, deren wahre Natur schon bestimmt wurde.“

Darauf antwortete ich resigniert: „Ich nehme an genaueres wirst du mir nicht erklären?“

„Hey wow, du kannst Hellsehen.“, dabei blitze wieder etwas in ihren Augen auf. Das machte mich noch wahnsinnig. „Aber Aaron wird es dir erklären, ist dein Kuchen und dann gehen wir hoch.“. Das war der Freifahrtsschein mein Kuchen in Rekordzeit wegzuputzen.

In Windeseile waren unsere Teller blitzsauber und Alex, brachte mich hibbelig wie ich war nach oben. Diesmal in ein aufgeräumteres Zimmer. Das sehr einem Büro oder Arbeitszimmer glich. Sauber geordnete Bücherregale, eine Vitrine mit teurem Schnickschnack, Aktenschränke und ein riesiger Schreibtisch. Gegenüber mehrere bequem aussehende Sessel. Hinter dem Schreibtisch saß Aaron. Er hatte die gleichen blauen Augen wie Alex und das gleiche hellblonde Haar. Aber seine standen ein wenig wirr von seinem Kopf ab. Er blickte mich freundlich an und bedeutete uns, uns zu setzten.

„Also Lu, kommen wir gleich zur Sache, was genau weißt du über deine Mutter?“

„Meine Mutter? Was hat die jetzt damit zu tun?“, natürlich überging er meine Frage einfach. „Ok, also nicht viel eigentlich. Ich weiß dass sie meinen Vater nur kurz gekannt hat und mich bei ihm abgelegt hat. Und das sie Vorfahren in Grönland hat und das ich die Augen von ihr hab.“, schloss ich meine Bericht.

Aaron hatte bei meinen Worten eine Augenbraue nach oben gezogen. „Mehr nicht?“, ich schüttelte den Kopf. „Also um genau zu sein, war deine Mutter halb Inuit.“, ich wollte gerade etwas einwerfen, aber er schüttelte nur den Kopf. Woher wollte er das den alles wissen? „Das wird dir jetzt sicher unglaubwürdig erscheinen, aber bei den Inuit handelt es sich um Menschen die das Gestaltwandlergen in sich tragen.“

Also jetzt musste ich ihn wirklich unterbrechen: „Gestaltwandler? Dein ernst? Jetzt komm ich mir vor wie in ‘nem schlechten Film!“, ich versuchte meine angehende Panik mit einem Grinsen zu überspielen aber irgendwie wollte mein Gesicht nicht so richtig und so schnitt ich nur eine Grimasse. Waren die hier den alle verrückt? Ich hatte zwar eine Schwäche für Fantasieliteratur aber das das alles nur Fiktion war, war mir durchaus bewusst. So etwas wie Drachen, Hexen, Gestaltwandler, Orks, Zauberer, Feen und Einhörner gab es doch gar nicht. Aber anscheinend wollte Aaron mir genau das weißmachen. Oder war das Ganze eine riesige Verarsche?

Aaron bemerkte wohl meine Ungläubigkeit und wandte sich an Ally: „Hohl mal Raphael, sonst wird das hier nichts.“, Alex nickt und verschwand. Das überraschte mich jetzt wirklich, das sich Alex rumkommandieren lies und dann auch noch von einem ihrer Brüder war mir neu.

„Glaub mir Lu, es ist so. Und wie du dir sicher denken kannst, war deine Mutter eine Gestaltwandlerin und somit auch du.“

„Was, ich jetzt auch noch? Und woher zum Geier willst du das bitte alles wissen?“, ich wusste zwar nicht viel über meine Erzeugerin aber dauernd drauf herum reiten musste man jetzt auch nicht! „Hast du sie gekannt? Hat sie dir auch vielleicht verraten warum sie mich und Tim einfach sitzen gelassen hat?!“, langsam war ich echt angepisst und somit auch laut. Zurzeit regte ich mich schnell auf und meine Mutter war einfach ein heikles Thema.

„Und ich nehme an, wenn ich eine Gestaltwandlerin bin, dann bist du ein Zauberer, aber wo ist dein langer Bart und der Hut? Oh und ist Alex dann eine Hexe und ich habs ich habs, die Andern sind Vampire und Feen und Elben und Weiße Wanderer und weiß der Teufel was noch alles!“, zur Antwort presste Aaron nur die Lippen zusammen und blickte zu Tür. Wo meine Freundin mit ihrem großen Bruder aufgetaucht war.

„Würdest du bitte?“, sagte er zu Raphael.

Dieser nickte, zwinkerte mir zu  und begann sich auszuziehen. Moment mal! Nicht das Raffi nicht schön anzusehen wäre aber das war jetzt schon ein bisschen viel. „ÄÄHHH und das wird jetzt was, wenn ich fragen dürfte?“

„Warts einfach ab.“, sagte der große Schwarzhaarige während er sich an seinem Gürtel zu schaffen machte.

Mit dem Wissen das Wiederstand zwecklos war, lehnte ich mich in dem weichen Sessel zurück und tat wie mir geheißen. Raffi hatte sich nun seiner Kleidung entledigt und bot wirklich keinen schlechten Anblick, durchtrainiert und gutgebaut wie mir schien. Ich war halt auch nur ein Mädchen.

Raffi zwinkerte mir ein letztes Mal zu und verschwand für eine Millisekunde in einem buntschimmernden Nebel. Und als der Nebel sich verflüchtigte, stand an seiner Stelle ein großer schwarzer Wolf.

„Heilige Scheiße! Du hast mir also keinen Mist erzählt?! Oder doch und ich träum das alles nur? Ich träume in letzter Zeit sehr lebhaft!“, ich war wirklich schockiert ich meine Gestaltwandler, die Idee war ja ganz cool, aber anstelle von Raphael einen riesigen schwarzen Wolf vor sich stehen zu haben war dennoch Angsteinflößend.

„Lu, beruhig dich, alles ok, du träumst nicht und wir verarschen dich nicht und alles ist in Ordnung.“ Alex lächelte mir aufmunternd zu. Dennoch war ich total durch den wind. In meinem Hirn kämpfte die Ungläubigkeit mit dem Glauben und bereiteten mir Kopfschmerzen.

Der Wolf, also Raffi? Kam auf jedenfalls der Wolf kam langsam auf mich zu und rieb seine Schnauze an meiner Wade. Ich verfiel in eine panische Starre. Entweder würde ich gleich in Ohnmacht fallen oder durch drehen. Ich hoffte auf ersteres, denn falls das hier wirklich passierte wollte ich Alex und ihrer Familie einen meiner Wutanfälle ersparen.

Und einmal tat das Schicksal mir einen Gefallen. 

Impressum

Texte: Der Text ist von mir erdacht und aufgeschrieben und deshalb gehört er mir
Bildmaterialien: Das Bild ist von mir erdacht und gestaltet, also Hände weg.
Tag der Veröffentlichung: 26.12.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für die Leute, die sich tag täglich meinen Bullshit reinziehen.

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