Tiara hatte gerade Mittagspause und saß in einem Café, dass erst vor kurzem aufgemacht zu haben schien, sie kannte es jedenfalls noch nicht. Genüsslich trank sie ihren Cappuccino und aß ihren geliebten Schokokuchen. Von ihr aus könnte sie sich nur noch hauptsächlich davon ernähren, doch sie wusste, dass dieser ihr dann irgendwann zum Halse heraushängen würde. Obwohl sie es sich bei ihrer schönen Figur erlauben konnte, die Kurven saßen da wo sie hingehörten und essen konnte sie so viel wie sie wollte, ihr Gewicht änderte sich kaum.
Tiara sah seufzend aus dem Fenster. Der ständige Regen ging ihr tierisch auf die Nerven. Eigentlich war es Sommer, doch seit einigen Tagen zeigte sich die Sonne nicht. Vielen schien das Wetter auf ihrer Gemüter zu schlagen, denn die Gesichter waren miesepetrig, sogar Tiara war manchmal schlecht gelaunt und das obwohl sie eigentlich das Sonnenscheinchen in Person war.
Das Café erinnerte mit seinen warmgehaltenen Tönen gehaltenen Einrichtung an einen schönen Sommertag, sodass sich die Stimmung wenigstens ein bisschen aufhellen konnte.
Tiara hatte sich ein ruhiges Plätzchen in dem kleinen Café ausgesucht, wo sie ungestört aber nicht abgeschottet von dem Rest war. Sie trank ein Schluck aus ihrer Tasse und beobachtete die vorbei eilenden Menschen mit ihren Regenschirmen oder Kapuzen auf den Köpfen. Da sie eine recht neugierige Person war, fragte sie sich bei einigen Leuten die sie interessant fand, wo diese wohl hingehen mochten oder ob sich unter ihnen vielleicht ein oder ein paar mehr Vampire befanden. Könnte doch gut möglich sein, oder? Schließlich gab es so viel Kurioses und unerklärliches auf der Welt, warum also nicht auch Vampire? Tiara würde sich wahnsinnig freuen wenn es diese mystischen Wesen geben würde und sie würde furchtbar gerne einen kennenlernen oder auch (was noch viel besser wäre) mit einem zusammen sein. Natürlich nur mit denen, die in den diversen Büchern, die sie bei sich zu Hause im Regal zustehen hatte, als unglaublich schön und anziehend beschrieben wurden. Mit zum Beispiel Vampiren aus der Serie Buffy die so hässliche Falten in ihren Gesichtern bekamen, wollte sie nicht unbedingt zusammen sein. Sie hatte keine Lust jeden Tag aufs Neue kleine Herzinfarkte zu bekommen.
Plötzlich wurde sie von einem Klopfen an der Fensterscheibe aus ihren Gedanken gerissen. Erschrocken wandte sie sich von dem Fenster vor ihr ab und drehte den Kopf nach links zu dem anderem, dabei fragte sie sich welcher Idiot das denn war. Zu ihrer Überraschung war es kein Idiot sondern ihr hübscher bester Freund Eddie. Eigentlich hieß er Etienne, doch fast alle seiner Freunde nannten ihn beim Spitznamen. Tiara fand den Vornamen Etienne viel schöner, als den scheußlichen Kosenamen Eddie.
Der gut gebaute junge Mann mit dem glatten dunklen Haar, dessen Pony ihm immer locker auf die Stirn fiel, betrat das Café, bestellte sich einen Latte Maciato bei einem vorbeigehenden Kellner und setzte sich dann zu Tiara an den Tisch.
“Na Tia, wie geht’s dir? Hast gerade Mittagspause, hm?”, lächelte er sie fröhlich an und seine wunderschönen Augen mit den intensiven Saphirblau strahlten. Nur allein mit diesen Augen konnte er die Frauen reihenweise verführen, doch Etienne war nicht so einer der heute die und morgen eine andere haben musste, er war eher ein Beziehungstyp. Sie fand aber auch dass seine Augen eine hypnotische Wirkung haben konnten, denn die feinen, goldenen Linien legten sich wie kleine Kreise auf die Pupille.
Tiara lächelte zurück. “Hey schöner Mann! Na ja geht so, manchmal gehen mir die Vorsprechen und die einzelnen Schauspieler tierisch auf die Nerven. Und dir?” Sie war die Chefin ihrer eigenen Castingagentur für Theater, Film und TV - Serien. Triple T, die drei T’s standen für Tiara Taylor Talents, hatte sie vor zwei Jahren mit ihrem Cousin auf die Beine gestellt und sie lief auch ziemlich gut. Zurzeit suchten sie Schauspieler für eine Vampirserie die im Fernseher ausgestrahlt werden sollte. Tiara dachte eigentlich, da Vampire ihr Spezialgebiet waren und sie sich selbst Vampirforscherin nannte, das die Suche nicht lange dauern würde, doch bei dem männlichen Hauptdarsteller tat sie sich sehr schwer. Viele Schauspieler kamen umsonst zu ihr. Sie war nicht deshalb so wählerisch, weil sie die weibliche Hauptrolle spielen sollte (der Regisseur hatte beschlossen das sie diese spielen sollte und da Tiara gern neues ausprobierte, hatte sie ihm zugesagt), sondern weil einfach bei jedem Mann der vor sprach das gewisse Etwas fehlte. Manchmal dachte sie dass sie diesen nicht in 100 Jahren finden würde.
“Bei mir ist’s ähnlich”, antwortete er. Etienne hatte einen eigene Werbeagentur: ‘Bellamy Promotions’, die sich auf die Werbe- und Kommunikationsbranche spezialisiert hatte. Seine Agentur war unabhängig und zu seinem Produktportfolio gehörte Werbung, Public Relations oder auch Kommunikationsmanagement genannt, Mediaplanung und Einkauf, Eventmanagement, TV- und Filmproduktion, Corporate Publishing, Jugend-, Sport und Musikmarketing sowie Interactive. Da das viele Bereiche waren, die sich seine Agentur widmete, erstreckte diese sich über etliche Stockwerke, deshalb wurde das Gebäude in dem sich die ganzen Büro- und Arbeitsräume befanden, auch von jedem Menschen in der Stadt, meist nur Bellamy-Tower genannt. Zu Bellamy Promotions Kunden gehörten Medien, Politik, Musik und Sport, des Öfteren kamen aber auch schon Kunden aus dem Mode- oder Filmgeschäft zu ihr.
“Na ja, eigentlich haben wir ja auch fast alle Schauspieler für die Serie zusammen, da sie ja zumeist von Vampiren handelt, ging das ja durch mich ziemlich schnell“, sie grinste, “aber uns fehlt immer noch der Hauptdarsteller. Ich weiß nicht, aber bei dem Charakter tu ich mich sehr schwer mit der Entscheidung. Keiner hatte bis jetzt das gewisse Etwas was ich suche. Du würdest perfekt auf die Rolle passen, du erfüllst einfach alle Kriterien, aber du willst ja nicht… oder doch?”, fügte sie murmelnd hinzu. Zwar war er nicht so blass wie die Vampire oft beschrieben wurden, aber das war egal, er passte sonst einfach sehr gut auf diese Rolle. Etienne war groß, hatte einen athletischen Körper, er war hübsch und sexy, seine Ausstrahlung und sein Auftreten waren immer elegant und anmutend. Alles im Allem also perfekt, fand Tiara, doch sie hatte Schwierigkeiten ihn zu überzeugen.
Etienne hob grinsend eine Augenbraue. “Ach und ich habe das gewisse Etwas?”
Tiara nickte eifrig. “Ja, auf jeden Fall. Würdest du vielleicht doch?” Hoffnung funkelte in ihren Augen.
“Nein, ich bleibe bei meiner Entscheidung. Ich denke einfach das ich kein Talent fürs Schauspielern habe”, sagte er sanft.
“Fauler Zauber! Du würdest das Hundertprozentig hinbekommen! Du bist intelligent, du würdest das schnell lernen. Und wegen deinem Aussehen bräuchtest du dir auch keine Gedanken machen, du siehst verdammt gut aus und du das weißt du auch”, versuchte sie Etienne mal wieder zu überreden und hoffte dass es diesmal vielleicht klappen würde.
“Ach bin ich das?”, schaute er sie amüsiert an.
“Ja, das weißt du! Dafür brauchst du doch keine Bestätigung!”, meinte sie. “Nun komm schon, bitte, biiiiiiiiitttteeeee!”, zog sie das zweite ‘Bitte’ extra in die Länge, dann lächelte sie ihn mit ihrem schönsten Lächeln an. Etienne verlor sich in ihren hübschen Rehbraunen Augen, bei dem Lächeln wurde er fast schwach, sie hatte einfach ein umwerfendes Lächeln. Doch er konnte sich noch mal zusammen reißen und zwang sich den Blick von ihr abzuwenden. Dann seufzte er und sagte: “Tia, ich bleibe bei meiner Entscheidung.”
“Menno! Du bist gemein!”, zog sie einen Schmollmund.
Wie süß
, dachte er. Nicht hinschauen, verflucht bloß nicht hinschauen
, ermahnte er sich selbst und schaute aus dem Fenster. “Ich weiß, bin ich das nicht immer?”, er grinste und wagte es, sie dann doch wieder anzuschauen.
“Idiot”, murmelte sie und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
Zur Antwort bekam sie Luftküsse, danach fragte er sie: “Wie lange habt ihr denn eigentlich noch Zeit einen passenden Schauspieler zu finden?”
“Einen knappen Monat”, antwortete Tiara und schmollte immer noch.
“Ist doch noch genügend Zeit jemanden zu finden”, lächelte Etienne.
“Ich will aber dich!”, murrte sie.
Ich will dich auch, aber du willst mich nicht so wie ich dich will
, dachte er und seufzte innerlich.
Plötzlich klingelten ihre Handys gleichzeitig und als ob es von ihnen einstudiert worden war, gingen sie synchron an jeweils ihre Mobiltelefone. Nach einem kurzen Telefonat legten beide wieder auf, diesmal aber nicht ganz identisch wie zuvor und seufzten: “Die Arbeit ruft.” Tiara fing unwillkürlich anzulachen und Etienne schmunzelte. Er mochte ihr Lachen sehr.
Sie standen beide auf bezahlten ihre Rechnungen und gingen nach draußen.
“Wir sehen uns später. Und glaub ja nicht das dass Thema schon gegessen ist, wir reden später noch mal darüber. Ich werde dich so lange nerven bis du mich entweder hasst oder nichts anderes mehr sagen kannst als, ja”, grinste Tiara.
“Du gibst wohl nie auf, was?”, lächelte Etienne wieder.
“Nö, warum? Sollte ich?”, kicherte sie.
“Wir sehen uns später Kleines”, verabschiedete er sich dann und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Etienne bog in die Lemon Street, dort wo sich seine Agentur befand. Seine Gedanken kreisten mal wieder nur um Tiara. Sie waren seit dem Kindergarten die besten Freunde. All die Jahre waren sie auch nur Freunde bis zu einem Tag. Einen bestimmten Tag vor drei Jahren, der einfach alles veränderte. Es war sein 20. Geburtstag, den er mit Freunden in seinem Loft gefeiert hatte. Im betrunkenen Zustand kamen sie auf die Idee Flaschendrehen zu spielen und wie es der Zufall so wollte, sollte er Tiara küssen. Etienne tat es, es war ja auch nichts dabei. Ein Kuss war ein Kuss - wie er sich doch da getäuscht hatte. Der Kuss hatte viel länger gedauert als es geplant war. Etienne konnte einfach nicht mehr aufhören sie zu küssen. Es hatte sich wie ein Zwang angefühlt, aber es war ein wunderschöner Zwang. Beim Kuss blieb es aber nicht, denn später als alle schon gegangen waren, blieb Tiara bei ihm, in ihrem Zustand war sie nicht mehr fähig nach Hause zu fahren und Etienne war ebenfalls nicht mehr in der Lage Auto zu fahren. Außerdem hatte eine gute Freundin von Tiara anstatt ihren eigenen Mantel, Tiaras angezogen und dort hatte sie ihren Wohnungsschlüssen verstaut.
Zuerst lagen sie nur auf dem Sofa und hatten sich noch irgendein Film angeschaut, doch da Etienne dieses unglaublich schöne Gefühl des Kusses nicht mehr aus dem Kopf gegangen war und er wissen wollte, ob er dieses noch einmal fühlen würde, hatte er sie dann einen zweites Mal geküsst. Es war sogar noch schöner, als zuvor. So kam es nun das sie miteinander schliefen. Diese Nacht blieb unvergesslich für Etienne denn zuvor und auch nicht danach, hatte er je wieder so eine erotische und intensive Nacht erlebt, als mit Tiara. Seitdem wusste er dass er nicht nur freundschaftliche Gefühle ihr gegenüber hegte, doch er behielt sie für sich und kämpfte auch gegen diese an, denn er wollte die Freundschaft zwischen ihnen nicht zerstören. Außerdem wusste er auch gar nicht wie Tiara zu dieser Sache stand. Um keinen Verdacht zu erwecken fragte er auch nicht nach. Aber er sehnte sich sehr nach ihr, ihren Körper, ihren Küssen und ihrem Geruch, der ihn immer fast die Sinne vernebelte.
Seufzend fuhr er sich durchs Haar und fuhr auf dem Parkplatz seiner Agentur in der Applestreet und parkte auf den für ihn reservierten Chefparkplatz. Er schnallte sich ab, stieg aus und schloss sein schwarzen Mercedes mit der Autofernbedienung.
In der Agentur angekommen begrüßte er seine süßen, rothaarigen Empfangsdamen Mary und Jenny, mit einem freundlichen Lächeln. Das Gebäude war in circa 60 Stockwerken gegliedert. Unten befand sich der Empfang, der stets immer nach Kaffee, für die Kunden und Mitarbeiter, roch. Im zweiten Stockwerk waren die Räume für das Vektorisieren, Plotten und Betapen. Weitere Räume in den Stockwerken gehörten zu der Kreativabteilung, der Grafik- beziehungsweise Texterabteilung, PR- Abteilung und noch vielen weiteren Abteilungen.
Mit dem Lift fuhr er dann ganz nach oben bis unter das Dach. Dort befanden sich nur ein kleiner Flur, und zwei Räume. Der eine Raum war sein Büro un der andere der seiner Sekretärin. Auf dem Flur traf er auf seine Assistentin Marina, sein rothaariger Engel für alles in der Agentur, sofort fragte er sie was es denn so dringendes gab, das er seine Mittagspause so frühzeitig beenden musste.
Gerade hatte die hübsche Brünette noch ein Lächeln auf den Lippen gehabt, verzog sie nun ihr Gesicht zu einer genervten Grimasse. “Mrs. Vice ist vor zehn Minuten eingetroffen. Sie wollte wie immer persönlich vorbei kommen.”, sie seufzte und flüsterte: “Diese Frau macht mich wahnsinnig, schon ab der ersten Minute. Die und ihr extravaganter Kaffee, am liebsten hätte ich ihr das Zeug ins Gesicht geschüttet als sie auch beim dritten Mal etwas zu meckern hatte.”
“Marina.”, tat Etienne entsetzt.
“Ist doch aber wahr, blöde alte Wachtel! Sie tut so als ob ich dumm wie Brot wäre. Ich wollte ja mit ihr sprechen, doch sie wollte ausdrücklich nur mit dir reden, ich bin ja nur deine doofe Assistentin.”
“Ach Rinchen”, lächelte Etienne.
“Ja, ich weiß, ich soll mich nicht über sie aufregen, aber sie macht es einem nun mal nicht einfach, ruhig bei ihr zu bleiben.”, wurde sie von seinem strahlenden Lächeln angesteckt.
“Genau. Na gut, ich werde mal sehen was sie wieder will.”, sagte er und begab sich zu seinem Büro. Marina warf ihm ein ‘Schrei wenn sie zu aufdringlich wird und ich verbrüh' sie dann mit Kaffee‘- Blick zu und verschwand in ihrem Arbeitszimmer.
Mrs. Vice war aber wirklich eine ziemlich anstrengende Kundin und eine perverse noch dazu. Bei jedem Auftrag kam sie persönlich vorbei und wollte immer nur zu ihm. Und nicht immer blieb sie bei dem eigentlichen Thema, öfters hatte sie ihn schon versucht anzubaggern oder zu verführen. Aber Etienne hatte sich immer geschickt und freundlich aus der Affäre gezogen. So nötig hatte er es nicht mit der alten Pflaume in die Kiste zu hüpfen. Er holte tief Luft und betrat dann sein Büro, das wegen Mrs. Vice in eine Art Höhle des Ekelgrauens gewandelt wurde.
Tiara ging gerade zu ihrem Büro. Ihr Stellvertretender Chef und Cousin Ilja hatte ihr berichtet das neue Bewerbungsunterlagen eingetroffen waren. Es sollten ein paar interessante Schauspieler dabei sein, die gut auf die Rolle des Hauptdarstellers der Vampirserie passten. Sie hoffte dass Ilja recht hatte, denn sie glaubte nicht wirklich daran dass Etienne seine Entscheidung noch einmal überdenken würde. Sie war zwar hartnäckig, aber er war sehr eisern in seinen Entschlüssen wenn er sie einmal getroffen hatte.
Seufzend betrat Tiara ihr Büro, das groß und sehr geschmackvoll eingerichtet war. Die Wände hatten eine halbwandige Vertäfelung dessen dunkles Holz ein Rosenmuster zierte. Die obige Hälfte war weiß gestrichen worden. Ihr Schreibtisch befand sich vor den bodenlangen Fenstern, die viel Tageslicht hinein strömen ließen, gegen abends konnte sie immer den Sonnenuntergang beobachten. Gegenüber ihrem Schreibtisch standen ein langes weißes Sofa und davor ein Couchtisch mit diversen Zeitschriften.
Da sie Blumen, besonders Lavendel sehr mochte, roch es immer dezent nach dieser hübschen Pflanze.
Tiara setzte sich auf ihren bequemen Drehstuhl und nahm sich nun die Bewerbungsmappen vor. Sie wollte immer zu erst etwas über die Schauspieler lesen, bevor sie diese dann vorspielen ließ.
Nachdem Mrs. Vice gegangen war, atmete Etienne erleichternd auf. Er streckte sich und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Puh, endlich war diese stressige Frau weg. Ganze vier Stunden war sie da gewesen. In den ersten zwei Stunden ging es ja noch, da waren sie ja auch bei ihrem eigentlichen Thema, ihrem Auftrag, geblieben. Aber die anderen zwei Stunden musste er ihre Flirttortur über sich ergehen lassen. Noch eine Minute länger und er wäre aus dem Fenster gesprungen. Zwar hätte er sie auch rausschmeißen können, denn seine Agentur lief so gut, das er sich das hätte erlauben können, doch da er ihr durch ihre etlichen Aufträge für ihr berühmtes Sportmodengeschäft am Anfang viel zu verdanken hatte, ließ er es bleiben. Etienne hatte sich beim Gespräch gewünscht das irgendwelchen wichtigen Auslandsaufträge herein gekommen wären, doch jetzt als Mrs. Vice weg war und er etwas Zeit zum durchatmen hatte, war er froh gewesen, dass er keine Auslandsaufträge bekommen hatte. Durch das stets freundlich bleibende Entziehen ihrer Flirt- und Verführungskünste war er ziemlich ausgelaugt. Das Ausweichmanöver der Flirtattacken von ihr war ja nicht schwer, aber das stets freundlich bleiben dagegen schon eher.
Es klopfte und Marina kam herein.
“Na Chefchen, wie ich sehe hast du es ja doch recht gut überstanden, hm?”, fragte Marina und grinste. Wenn keine Kunden da waren, hatte Etienne beschlossen dass sich alle Mitarbeiter Duzen konnten, wenn sie es wollten. So herrschte ein viel angenehmeres Arbeitsklima, als wenn sich alle mit einem steifen Sie ansprachen.
“Naja, wie man’s nimmt”, seufzte er.
“Ach Chefchen, alle Kunden die eigentlich heute herkommen und mit dir eine Besprechung wollten, haben auf Morgen verlegt, als sie gehört hatten das du Mrs. Vice bei dir im Büro hast.”, teilte Marina ihm milde mit.
Etienne schmunzelte. “Die müssen wohl alle unsere liebe Mrs. Vice kennen, wie?”
Seine Assistentin kicherte. “Mag wohl so sein. Also kannst du schon viel früher zu deiner hinreißenden Tiara fahren.”, grinste sie dann schelmisch. Dieses Grinsen verriet schon alles was sie dachte.
“Marina! Hatten wir nicht gesagt, dass wir solche Themen unterlassen?”, bedachte Etienne Marina mit einem warnenden Blick, weil er wusste welches Thema sie wieder anscheinenden würde. Er verfluchte den Tag als er sich verquatscht hatte.
Marina ließ sich von diesem Blick nicht beirren. “Mensch, ihr seid wie für einander geschaffen und auch ziemlich scharf aufeinander. Aber es wird nie was wenn sie es sich nicht langsam mal eingestehet oder du den Arsch bewegst!”
“Marina, wir sind nicht scharf aufeinander! Und ich habe dir schon einmal erzählt dass ich das nicht tun werde. Wir sind Freunde und das werden wir auch bleiben!”, brummte er sie an.
“Ja sicher, wer es glaubt wird selig.”. kicherte sie.
Etienne schaute seine Assistentin erbost an. “Ich werde jetzt gehen. Wir sehen uns morgen, Marina.” Er stand auf, nahm seine Jacke vom Kleiderständer und eilte zur Tür. Noch mehr Neckerei von ihr und er würde sie feuern müssen. Warum musste man auch manchmal in den unmöglichsten Situationen ein loses Mundwerk bekommen? Das war nicht fair!
“Auf Wiedersehen, Mr. Bellamy.”, kicherte sie immer noch.
“Kichererbse!”, grummelte er, dann verließ er sein Büro.
Den ganzen Weg runter zu seinem Auto und auch während der Autofahrt regte er sich innerlich wegen Marina auf. Manchmal konnte er dieser kleinen Zicke wirklich den Hals umdrehen. Warum musste sie sich auch indirekt einmischen? Aber eigentlich war das doch typisch Frau, Männer waren da nicht so. Zum Glück, sonst würde ihn sein bester Freund Ilja auch noch auf den Sack gehen und darauf konnte er getrost verzichten!
Etienne erschrak urplötzlich als er bemerkte in welcher Straße er sich gerade befand. Es war die, in der Tiaras Agentur stand.
“Auch das noch…”, murmelte er. Ohne es zu wollen, hatte sein Auto ihn doch dreist hierher geführt. Oder war es sein Herz, das verräterische Mistding? Egal, wenn er schon mal hier war, konnte er auch rein schauen und fragen wie es lief. Also parkte er sein Wagen auf dem großen Parkplatz der gegenüber der Agentur war und ging über die Straße um sie zu betreten. Bevor er diese betrat, schaute er sich kurz das Gebäude an. Es war eine alte Villa dessen Baustil am englischen Tudor angelehnt war. Sofort wurde man in dessen charakteristischen Bann gezogen. Um das Haus herum standen einige Weiden, die wie eine Art Zaun fungierten und dem markanten Aussehen ein schaurig- schönes Flair verlieh. In den zwei Stockwerken hatten Ilja und Tiara Büros, Räume fürs Vorspielen, Auf- und Ausbau der künstlerischen Laufbahnen, Verwaltungsbüro, Aufenthaltsraum und etlichen weiteren Zimmern die sich für Schauspielerei kümmerten, eingerichtet.
Durch den alten Dielenboden, der sich durchs ganze Haus erstreckte, kündigte mit einem freundlichen Knarren das ein Kunde hereinkam. Nicht wie gewohnt begrüßte John ihn, der für den Empfang zuständig war. Irritiert ließ er einen Blick herumschweifen, fand ihn aber nirgends. Gerade als er kurzerhand einfach nach oben gehen wollte, kam Vivianne Marson, Tiara und Iljas Assistentin die Treppen herunter. Ihre süßen kleinen schwarzen Locken hüpften bei jedem Schritt auf und ab.
“Oh, hallo Etienne.”, begrüßte sie ihn freundlich. Sie kannten sich noch aus der Schulzeit. Sie war es damals auch, die versehentlich Tiaras Mantel angezogen hatte.
“Hi Vivianne. Ist John heute gar nicht da?”, fragte er sie lächelnd.
Sie schüttelte den Kopf. “Nein, er ist krank geworden.”
“Ich hoffe doch nichts Ernstes?”
“Kehlkopfentzündung”
Etienne verzog Gesicht. “Das stell ich mir sehr schmerzhaft vor.” Er hatte solch eine Krankheit noch nicht gehabt, deshalb konnte er nicht wissen wie sie war.
“Am Telefon konnte er auch mit heiserer Stimme flirten, also denke ich dass er es überleben wird”, schmunzelte sie.
“Na dann”, grinste er zurück, “haben Tiara oder Ilja Zeit?”
“Leider nein. Sie sind gerade beide in einem wichtigen Bewerbungsgespräch. Ich glaube sie scheinen den Richtigen für die Serie gefunden zu haben”, erklärte sie. “Aber du kannst gerne in dem Warteraum warten. Lange dürfte das Gespräch nicht mehr dauern”, fügte sie hinzu.
“Oh, okay. Dann warte ich so lange”, meinte er und wandte sich links zum Warteraum um.
“Kann ich dir etwas zu trinken bringen?”, fragte Vivianne bevor er los gehen wollte.
“Nein, danke”, lächelte er.
“Okay, ruf mich wenn du es sich anders überlegt hast.”
Etienne nickte, betrat den Aufenthaltsraum, setzte sich auf eines der Sofa und nahm sich dann eine der Zeitschriften. In jedem Raum war eine Holzvertäfelung mit einer anderen Verzierung. In diesem waren es Verschnörkelungen. Wenn Tiara jetzt endlich ihren passenden Hauptdarsteller gefunden hatte, dann würde sie bei ihm nicht mehr ihre Überredungskünste anwenden, darüber war er froh. Doch irgendetwas tief in seinem Inneren war darüber nicht erleichtert, dies hoffte dass sie ihn weiterhin nerven würde bis er nachgab.
Die Bürotür von Tiara ging auf und sie kam mit Ilja und einem großen dunkelhaarigen Mann mit heller makelloser Haut heraus.
“Wir möchten uns noch mal bei Ihnen bedanken das Sie so kurzfristig Zeit gefunden haben um zu uns zu kommen, Mr. Jordan”, lächelte Tiara ihn freundlich an und schüttelte seine Hand.
“Ich habe zu danken, schließlich haben Sie mich für diese Rolle ausgewählt”, lächelte Mr. Jordan zurück.
“Gut, dann verbleiben wir erst einmal so und wir rufen Sie an, sobald wir wissen wann genau die Aufnahmen für die Serie beginnen”, wandte sich Ilja an Mr. Jordan.
“Ja, ist gut”, nickte er. Sie verabschiedeten sich und der große Dunkelhaarige ging.
“Puh, endlich haben wir jemanden der ganz gut zu der Serie passt”, seufzte Tiara erleichtert.
“Ja, mir fällt richtig ein Stein vom Herzen”, stimmte Ilja zu, “du hattest aber auch immer an jeden etwas auszusetzen!”, fügte er Kopf schüttelnd hinzu.
“Na wenn die anderen Herren nun mal nicht gepasst haben!”, verteidigte sie sich.
Vivianne wollte gerade darauf hinweisen das Etienne im Warteraum wartete, als dieser heraus trat und ein Räuspern erklingen ließ.
“Etienne!”, rief Tiara und umarmte ihn freudestrahlend. Er ließ es nur zu gerne geschehen und genoss jede Sekunde die dabei verstrich. Verdammt roch sie mal wieder gut. So süßlich, aber nicht aufdringlich, einfach herrlich.
“Na Eddie, du hier nicht in Mexico?”, wurde er nun von seinem besten Freund mit einer kumpelhaften Umarmung begrüßt.
“Da wäre ich heute lieber den ganzen Tag gewesen. Ich sage nur Mrs. Vice”, verzog Etienne das Gesicht.
“Ah, war die Alte mal wieder spitz wie Nachbars Lumpi und wollte dich bespringen, was?”, lachte er. “Wie lange hat sie dich denn diesmal beehrt?”
“Vier Stunden”, murmelte er.
“Ei, doch so lange?”, musste Ilja nur noch mehr lachen.
“Hör auf so dämlich zu lachen, das ist nicht komisch! Ich kann sie ja das nächste Mal zu dir schicken!”
“Nein danke, kein Bedarf.”
Tiara schaute Etienne mit einem verständisvollen Blick an. “Och mein armes Etienneschnuckichen”, sie lächelte und strich ihm mit der Hand sanft über die Wange. Welch extremes Prickeln diese kleine Berührung schon in ihm auslöste. Das war doch nicht normal!
“Lass dich doch nicht von den fiesen Ilja ärgern”, meinte sie und boxte ihren Cousin.
“Na kleiner Eddie, lass dich nicht ärgern”, äffte Ilja sie nach und tätschelte ihm den Kopf, als wäre er ein kleiner Junge.
“Klappe!”, sagten Tiara und Etienne gleichzeitig und er schlug die Hand seines besten Freundes weg.
Daraufhin zog er einen Schmollmund und verschränkte wie ein trotziges Kind die Arme vor seiner Brust. “Zwei gegen einen ist gemein.”
“Ach heul nicht”, grinste Etienne.
“Mach ich doch gar nicht.”
“Doch.”
“Nein.”
“Doch.”
“Nein.”
“Doch.”
“So, kommt jetzt. Oder wollt ihr zwei hier übernachten? Ich persönliche ziehe mein Bett vor und ich glaube Vivianne auch”, meinte Tiara und lächelte der Sekretärin zu. Sie lächelte ebenfalls und gesellte sich dann aufbruchbereit zu den drein.
“Morgen feiern wir dann, weil ihr endlich euren Hauptdarsteller gefunden habt.”, hielt Etienne die Eingangstür auf.
“Ja, das endlich kannste schon bald schreien. Tia hat sich aber auch pissig gehabt”, stimmte Ilja ihm zu und neckte so auch bewusst seine Cousine.
“Ich habe mich gar nicht pissig gehabt. Ich fand nur das die meisten nicht die Kriterien dafür erfüllt hatten”, zuckte sie mit den Achseln und übersah absichtlich seine Provokation. “Aber gegen eine Party morgen habe ich auch nichts einzuwenden. Obwohl ich ja immer noch finde das du am besten zur Hauptrolle passt”, fügte sie mit einem schelmischen Grinsen hinzu.
Etienne verdrehte die Augen. “Fängst du schon wieder an?”
Sie streckte ihm als Antwort nur die Zunge raus. Dann kamen sie bei den Parkplatz an, verabschiedeten sich von einander und stiegen in ihre Autos.
Wie eine Göttin lag sie im Evakostüm vor ihm und schaute ihn erwartungsvoll an. Das lange braune lockige Haar breitete sich über ihren Kopf aus wie ein Fluss. Die Arme lagen locker auf dem Bett und die Beine waren ausgestreckt. Jeden Millimeter ihres schönen Körpers saugte er in sich auf, angefangen bei ihren Haaren, über ihre wohlgeformten festen Brüste, bis hinunter zu ihren Beinen. Seine Hände fingen an diese zu streicheln, sie glitten an der Innenseite hoch, wanderten über den flachen Bauch hinauf zu den aufregendem Busen, dessen Knospen sich schon steil aufgerichtet hatten und sich ihm fordernd entgegen streckten. Erst zärtlich, dann immer fester umkreiste er sie mit seinen Fingerspitzen, entfesselte in ihr das brennende Verlangen, welches sie leise aufkeuchen ließ. Er beendete diese Liebkosung, brachte seinen Kopf über ihren und begann sie zu küssen. Zunächst zärtlich, dann immer leidenschaftlicher und fordernd. Seine Zunge schickte er dabei auf Erkundungstour in ihrem Mund. Dann beendete er auch den Kuss und wanderte mit seinen Lippen tiefer um sich wieder ihren Brüsten zu widmen. Sanft nahm er eine Brustwarze in den Mund und saugte etwas an ihr. Danach neckte er sie mit der Zungenspitze um sie dann mit kleinen leichten Bissen erst recht zu provozieren. Ihr gefiel es spürbar, denn sie vergrub ihre Hände in sein dichtes dunkles Haar.
“Etienne…”
Plötzlich riss er erschrocken die Augen auf und starrte in die Dunkelheit des Schlafzimmers. Die dunklen, schweren Vorhänge ließen nur kaum Tageslicht hinein. Sein Herz raste und seine Atmung ging fast stoßend. Er brauchte einen Moment um zu realisieren wo er sich befand und das er alleine war. Es war alles nur ein Traum. Ein schöner, extrem real erscheinender Traum. Er konnte sich an jede noch so kleine Einzelheit erinnern. Ihren Duft, die weiche warme Haut, der Geschmack ihrer Lippen. Alles fühlte sich so an als ob es wirklich passiert war, doch zu seiner Enttäuschung wusste er dass dem nicht so war. Diesen Traum würde er nicht vergessen, so sehr er es auch wollte.
Seufzend richtete er sich auf, rutschte zur Bettkante und fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht und Haar. Das konnte ja was werden, wenn er ihr später gegenüberstehen würde.
Sein Blick wanderte zur Digitaluhr die ihn in leuchtend roter Schrift sechs Uhr anzeigte. Normalerweise würde er sich jetzt noch einmal im Bett drehen, denn er brauchte erst in einer Stunde aufzustehen, doch an Schlaf war nun nicht mehr zu denken.
Langsam stand er auf, ging erst zu seinem Kleiderschrank um sich Sachen für heute heraus zu suchen und dann ins angrenzende Bad. Dort würde er ausgiebig duschen damit sein Kopf wieder klar wurde.
Etienne ließ seine Unterhose zu Boden fallen und stieg unter die Dusche. Dort schaltete er sofort das Wasser an. Er beobachtete kurz wie ein Tropfen über seine glatte muskulöse Brust lief und sich ihren Weg über seinen flachen Bauch bahnte, bis sie mit einem kaum hörbaren Platsch auf den Boden knallte. Seine Gedanken kreisten immer noch um den Traum. Auf einer Seite war er froh dass dieser so abrupt geendet hatte, doch auf der anderen hätte er diesen gern zu Ende geträumt. Ob er noch einmal kommen würde? Er schüttelte den Kopf. Nein, auf so was sollte er nicht hoffen. Dies bedeutete dass er sich dann nur noch mehr in sie verlieben würde und das wollte er nicht. Ach Tia, was machst du nur mit mir
, fragte er sich und versuchte den Traum und die Gefühle für sie zu verdrängen.
Tiara war in ihrem Büro und legte gerade wieder den Telefonhörer auf die Telefonstation. Sie musste wegen des Anrufs breit grinsen. Naja, eigentlich war dieser Anruf nicht wirklich erfreulich. Der Schauspieler der für die Rolle ihres besten Freundes vorgesehen war, war leider krank geworden und würde bis zum Drehbeginn auch nicht mehr genesen sein. Er tat ihr ja auch sehr leid und sie würde ihn im Krankenhaus öfters besuchen, aber nun hatte sie einen Grund Etienne noch einmal zu nerven. Vielleicht würde er ja bei dieser Rolle seine Zustimmung geben. Immerhin war er ja auch im wahren Leben ihr bester Freund, also passte es doch perfekt. Obwohl sie noch immer fand das er zur Hauptrolle am besten gepasst hätte. Aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund wollte er partout nicht. Sie überlegte, doch ihr fiel einfach kein Grund ein. Schauspielerisches Talent hatte er auf jeden fall. Das hatte sie gesehen als er im Theater mal für jemanden eingesprungen war, der sich bei einem unglücklichen Sturz das Bein gebrochen hatte. Konnte es sein dass… ihr fiel doch ein Grund ein. Die unglaubliche Nacht vor drei Jahren, als sie miteinander geschlafen hatten. Sie hatten sich ja geeinigt dass es bei dem einen Mal blieb und das taten sie ja auch. Aber ihr wurde immer noch heiß und kalt wenn sie daran dachte. Es war so wunderschön gewesen, so voller Leidenschaft. Etienne war ein verdammt guter Küsser und er wusste verflucht noch mal was man mit einer Frau im Bett anstellen sollte. Seit der Nacht bekam sie immer Herzklopfen wenn sie ihn sah, doch sie zwang sich, sich nicht in ihn zu verlieben. Sie waren beste Freunde und das ging einfach nicht. Die Liebe würde, wenn sie vorbei war, zu viel zerstören.
Tiara seufzte, stand auf und verließ ihr Büro um in das von ihrem Cousin zu gelangen. Dort sagte sie ihm bescheid, das sie schon ein bisschen früher ging, weil sie noch zu Etienne wollte. Dabei erzählte sie ihm noch gleich dass der eine Schauspieler erkrankt war und dass sie deshalb Etienne wieder mit ihren Überredungskünsten beehren wollte. Ilja wünschte ihr dafür viel Glück. Sie verließ das Gebäude und fuhr zu ihrem besten Freund.
Dort angekommen begrüßte Tiara Marina, mit der sie gut befreundet war und fragte ob ihr Chef denn Zeit hätte. Und tatsächlich er hatte Zeit, Termine oder Besprechungen waren keine vorgesehen. Marina ging vor, klopfte an seine Tür und zwitscherte: “Chefchen, hübscher Besuch für dich.” Dann trat sie zur Seite um Tiara vorbei zu lassen. Diese schlüpfte dann ins Büro. Sie war aufgeregt, was er wohl gleich sagen würde, wenn sie ihn wieder zu nerven begann.
“Oh, äh Tia”, begrüßte er sie leicht lächelnd und stand auf um sie zu Umarmen. Die aufkommenden Bilder seines Traumes versuchte er so gut es ging zu verdrängen. “was führt dich hierher zu mir?”, fragte er dann als sie sich auf das bequeme schwarze Sofa setzten.
“Na ja”, begann sie mit einem verschmitzten Lächeln. “ein Schauspieler für die Serie ist leider krank geworden und wird auch nicht zum Dreh wieder kommen. Deshalb wollte ich dich fragen ob du nicht vielleicht die Rolle übernehmen könntest.”, beendete sie und schaute ihn dabei fragend an.
“Tia”, seufzte Etienne, “fängt das schon wieder an?”
“Bitte” lächelte sie.
Er seufzte wieder. “Und was ist das für eine Rolle?”
“Die Rolle meines besten Freundes. Die passt doch super, weil du ja mein bester Freund bist”, antwortete sie grinsend. Er schaute nachdenklich aus dem Fenster. Bewusst ließ er sich viel Zeit mit seiner Antwort. Sie hatte es verdient ein wenig auf die Folter gespannt zu werden.
Tiara selbst glaubte schon er wäre sauer, weil sie ihn schon wieder mit so etwas nervte. Sie wollte sich gerade dafür entschuldigen und versichern das sie es nicht schlimm finden würde wenn er nicht wollte als er plötzlich sagte: “Ich mache es.”
Sie erschrak so sehr aus ihren Gedanken und war dann so perplex über die Antwort dass sie nachfragte: “Äh, wie bitte?”
“Ich mache es”, wiederholte Etienne und war sichtlich amüsiert über ihren verdutzten Gesichtsausdruck.
“O, Etienne du bist der Beste!”, strahlte sie über das ganze Gesicht und fiel ihm stürmisch um den Hals. Er war darauf nicht gefasst, sodass sie beide vom Sofa plumpsten. Unwillkürlich fingen sie an zu lachen.
“Mannomann, Tia! Du hättest mich wenigstens vorwarnen können!”, lachte er immer noch.
“’Tschuldige, aber ich bin nur so überglücklich das du ja gesagt hast, da ist es einfach über mich gekommen”, kicherte sie.
Nachdem das Lachen abgeklungen war, waren sie beide in den Augen des anderen gefangen. Etienne reckte sein Kopf etwas in die Höhe und Tiaras Lippen kamen den seinen immer näher. Nur noch wenige Millimeter trennten sie von einander. Um sie zu locken strich er sanft mit der Unterlippe über ihren Mund. Endlich war es so weit, ihre Lippen lagen auf einander, als plötzlich von ganz weit weg ein Telefon klingelte. Dieses Klingeln hörte nicht auf und zu allem Überfluss wurde es auch noch immer lauter. Etienne bemerkte dass es sein Telefon war, das da so nervig vor sich hin klingelte. Widerwillig standen sie auf und er ging brummend zu seinem Schreibtisch. Wenn das Mrs. Vice war, würde er sie jetzt durch den Hörer ziehen und fressen!
Tiara hatte sich derweil mit hochrotem Kopf zurück auf das Sofa gesetzt. Ihr Herz schlug so laut, das man es hören konnte. Sie war froh und enttäuscht zu gleich dass das Telefon geläutet hatte. Ich blöde Kuh! Warum musste ich es mit der Umarmung auch so übertreiben
, schimpfte sie innerlich. Sie versuchte sich zu beruhigen, was sich schwieriger als gedacht heraus stellte, denn ihr Blick wanderte immer wieder zu Etienne. So unglaublich süß er war, so unglaublich sexy war er auch. Tiara begann ihn von oben nach unten und von unten nach oben eingehend zu mustern, dabei verschwanden langsam sein blutrotes Hemd und seine Jeans, die seinen knackigen Po betonte und zum Vorschein kam sein göttlich aussehender nackter Körper. Jede Faser ihres Leibes schrie förmlich vor Verlangen nach ihm. Ein wohliges Kribbeln durchflutete ihren Körper. Sie wollte dass er sie berührte, sie wollte ihn hier und jetzt. Tiara stand auf und ging auf ihn zu. Gleich würde sie ihre Arme um seine Taille schlingen, die Knöpfe seines Hemdes und seiner Hose öffnen um ihm die Kleider vom Leib reißen und dann würden sie es … Nein
, rief sie in Gedanken und ermahnte sich das sie sich zusammen reißen sollte. Das durfte sie nicht tun, unter keinen Umständen! Schnell setzte sie sich wieder hin und atmete ein paar Mal tief durch um endlich einen kühlen Kopf zu bewahren, dabei zwang sie sich die Augen von ihm abzuwenden und aus dem Fenster zu schauen.
Etienne war währenddessen mit dem Telefongespräch fertig geworden und drehte sich breit grinsend zu Tiara um. Das was sich hinter ihm abgespielt hatte, hatte er nicht bemerkt. War vielleicht auch besser so, denn dadurch wäre ihn dieser äußerst wichtige Auftrag durch die Lappen gegangen, der seine Agentur noch berühmter machen würde.
Sie wagte es ihren besten Freund wieder anzuschauen und runzelte die Stirn. “Was denn nun los? Warum grinst du denn jetzt im Kreis? Hat deine Freundin Mrs. Vice angerufen?” Dann fing sie an zu lachen weil Etienne sein hübsches Gesicht zu einer Grimasse verzog.
“Ha, ha, ha. Sehr witzig. Selten so gelacht. Nein, das war Mrs. River. Sie will am Montag vorbei kommen um mit mir über einen Auftrag zu reden”, verkündete er.
“DIE Mrs. River?”, quietschte sie. Mrs. River war eine der bekanntesten Modedesignerinnen der Welt und auch ihre Läden waren überall auf dem Erdball verteilt. Dort einzukaufen war ein wahres Paradies für Leute mit Geschmack. Sie machte nicht nur Mode für dünne Personen, sonder auch für welche die etwas mehr auf den Rippen hatten. Und nur weil der Name ihres Modelabels Young Fashion lautete, hieß es noch lange nicht das nur junge Leute dort einkaufen konnten. Sie entwarf Kleidungsstücke für alle Altersgruppen. Ein Auftrag von ihr zu bekommen war wirklich eine Ehre und vom großem Vorteil wenn man seinen Bekanntheitsgrad erweitern wollte, diesen Vorteil sollte man wirklich nutzen.
“Ja, die”, bestätigte er lächelnd.
“Wow, das ist echt super! Ich freue mich so für dich”, hüpfte sie begeistert durch den Raum, “dann haben wir heute noch einen Grund zu feiern.”
“Jepp, das stimmt.”
“Dann werde ich jetzt nach Hause fahren und mich schon mal hübsch machen und die anderen zusammen trommeln.”
“Wenn ich meinen Angestellten die frohe Botschaft verkündet habe, werde ich auch nach Hause fahren”, meinte er und öffnete die Tür. Ganz der Gentleman der er war, ließ er Tiara zu erst aus dem Raum.
“Gut, wir treffen uns dann um 20 Uhr vor Strawberries.”, verabschiedete sie sich.
Die Stimmung am Vortag im Club war einfach nur toll gewesen. Besonders als dann noch Etiennes älterer Bruder Benoit und Zacharias ein enger Freund Tiaras hinzu kamen. Benoit war zum einen gekommen, um seinen Bruder mal wieder zu besuchen und zum anderen weil er bei der Vampirserie mitarbeitete, er war für den Schnitt und die Vertonung zuständig. Zac hatte sein Modedesignstudium erfolgreich abgeschlossen und wirkte ebenfalls bei der Serie mit. Er war bei der Garderobe tätig. Tiara hatte sich unheimlich gefreut ihn endlich mal wieder zusehen. Drei Jahre waren eine lange Zeit.
Mick(Mr. Jordan) hatte fast den ganzen Abend mit ihr geflirtet und getanzt. Sehr zum Ärger von Etienne, dieser hätte ihn am liebsten gefressen, doch er hatte sich zusammen gerissen und sich mit Gesprächen zwischen ihm, Ilja und seinem Bruder abgelenkt.
Bis morgens um halb acht, hatten sie im Strawberries gefeiert. Sofort als sie nach Hause kam, fiel Tiara ins Bett. Sie schlief wie eine Tote und wachte auch erst am späten Nachmittag, gegen Sechzehnuhr auf. Noch völlig benommen rieb sie sich mit den Händen über das Gesicht. Langsam, ganz langsam setzte sie sich auf. Ihr Kopf schmerzte höllisch und in ihrem Magen war es ganz flau. Sie hatte ein paar Cocktails zu viel getrunken und das sie sich nun wie ausgekotzt fühlte war die gerechte Strafe dafür. Mit leidendem Gesichtsausdruck rieb sie sich am Kopf und danach über den Bauch. “Oh Gott! Ich glaub ich muss sterben!”, jammerte sie leise. Sie wollte gerade anfangen überall anzurufen, das sie im sterben lag, als es an ihrer Wohnungstür klingelte. Erschrocken sprang sie aus dem Bett. Was sich als großer Fehler entpuppte. Taumelnd stieß sie gegen den Kleiderschrank und in ihrem Kopf und Magen drehte es sich noch mehr. Sie atmete einmal tief durch und schleppte sich anschließend zu ihrer Tür. Tiara schaute zuerst durch den Türspion um zusehen wer da draußen war. Man wusste ja nie. Aber es drohte keine Gefahr, denn vor der Tür stand Etienne. Verwirrt runzelte sie die Stirn. Etienne? Tiara öffnete die Tür und schaute ihn aus trägen Augen an.
“Hey Tia”, begrüßte er sie und unterdrückte ein Grinsen, “hab ich dich geweckt?”
Behutsam schüttelte sie den Kopf. “Nein, ich war schon wach.” Sie war heiser und hörte sich wie eine Krähe an.
Etienne musterte sie plötzlich und irgendetwas lag in seinen Augen, das er im Inneren zu unterdrücken versuchte, stattdessen grinste er auf einmal breit. “So leicht bekleidet willst du mit zum Dreh kommen?”
Tiara schaute ihn irritiert an. “Häh? Wie…”, sie hielt abrupt im Satz inne, als sie an sich herunter schielte. Ach du Scheiße
, dachte sie erschrocken. Sie hatte vollkommen vergessen dass sie nur in Unterwäsche geschlafen hatte. Sie stand nun halbnackt vor ihrem besten Freund. Was eigentlich nicht schlimm gewesen wäre, er hatte sie breits nackt gesehen, doch es war ihr trotzdem peinlich, außerdem war die Tür geöffnet und ihre Nachbarn mussten sie so nun wirklich nicht sehen. Zumal ihr einer Nachbar ihr sowieso nicht ganz geheuer war. Die Schamesröte schoss ihr ins Gesicht, sie zog Etienne so schnell sie konnte in ihre Wohnung und ließ die Tür zufallen.
Durch diese fixe Aktion drehte sich kurzzeitig alles um sie herum, sodass sie fast der länge nach vorn gekippt wäre, wenn der Dunkelhaarige sie nicht mit den Händen an ihren Hüften festgehalten und zu sich gezogen hätte. Sanft prallte sie mit dem Rücken gegen seinen Oberkörper. Etienne fing daraufhin an zu lachen. “Das war wohl eben noch zu viel Bewegung, was?”
Tiara spürte die wohlige Wärme seiner Hände auf ihrer Haut. Ein prickelndes Gefühl durchfuhr sie, dass es ihr fast die Sprache verschlug. “Äh…ja…”, brachte sie im Flüsterton heraus.
Sein Lachen war mittlerweile schon längst verklungen und als sie seinen immer näher kommenden Atem spürte und die darauffolgenden Küssen an ihrem Nacken und Schulter, lehnte sie sich mit geschlossenen Augen an ihm. Sie genoss es sichtlich und neigte ihren Kopf nach oben. Etienne streifte sanfte seine Lippen über ihre. Er schien sie richtig küssen zu wollen, als er dann doch inne hielt.
“Tia… das sollten wir lieber lassen”, flüsterte er an ihren Lippen.
Enttäuscht schaute sie zu Boden. “Ja.. Du hast wohl recht…” Natürlich hatte er Recht, doch sie hätte so gern seine weichen Lippen auf ihre gespürt, deren Geschmack genossen und mit seiner Zunge in ihrem Mund gespielt.
Er gab ihr einen leichten Stups und räusperte sich dann. “Dann geh dich mal fertig machen. Ich warte solange in deinem Wohnzimmer auf dich. In ungefähr drei Stunden müssen wir da sein und eine halbe Stunde Autofahrt bis zum Studio brauchen wir schon. Und da ich weiß das ihr Frauen immer ewig im Bad braucht, solltest du dich beeilen”, grinste er.
Einige Schritte war sie bei dem Schubser nach vorn getapst und gegen die Enttäuschung und den Drang sich umzudrehen und ihn einfach zu küssen hatte sie auch angekämpft, als sie sich erschrocken und irritiert zu ihn umdrehte. “Studio? Bei welchem Studio müssen wir in drei Stunden sein?”
Etienne schmunzelte. “Na bei dem Filmstudio, wegen der Vampirserie. Wir hatten doch gestern einen Anruf bekommen, dass sie wir heute dorthin kommen sollen, wegen einer Besprechung.”
Tiara riss erschrocken ihre Augen weit auf. “Echt? O mein Gott! Das hab ich ja völlig vergessen.”
Daraufhin fing Etienne wieder anzulachen. “Das hatte ich mir schon fast gedacht, bei so viel Cocktails die du gestern geschlürft hast, konntest du heute nur ein Blackout haben. Deshalb bin ich ja auch hier um dich abzuholen.”
Zuerst schaute sie ihn verärgert an, weil er sie sichtlich auslachte, doch dann hüpfte sie ihm freudestrahlend in die Arme. “Du bist ein Schatz, weißt du das? Ohne dich würde ich alles vergessen”, lächelte sie, gab ihm ein Küsschen auf die Wange und eilte dann ins Bad.
Das Geschehene von eben und die darauffolgende Enttäuschung war vergessen, oder mit Absicht verdrängt.
Etienne setzte sich auf dem Sofa im Wohnzimmer. Dort stützte er seine Arme auf den Beinen ab und legte den Kopf in die geöffneten Handflächen. Tief atmete er erst einmal durch. Hätte er doch fast den Fehler begangen und wäre mit Tiara um ein Haar wieder im Bett gelandet. Oder auf dem Sofa oder sonst wo in ihrer Wohnung. Und sie hätte es allem Anschein nach zu gelassen. Dadurch hatte sich das Wehren nur noch mehr erschwert. Es war so schon schwer gewesen dem Drang zu widerstehen, gestern in seinem Büro war der beste Beweis. Er schaffte es auch nicht sich von ihr zu distanzieren, dazu vermisste er sie dann zu sehr, ausprobiert hatte er es schon außerdem hatten sie so gut wie die gleichen Freunde und nach der Arbeit und am Wochenende allein im Penthouse zu versauern hatte er auch keine Lust. Also musste er in den sauren Apfel beißen und sie jeden Tag sehen. Etienne spürte dass die Gefühle zu ihr stetig wuchsen und er sie irgendwann nicht mehr unterdrücken konnte.
Auf einer Seite war er stolz auf sich das er sich eben selbst gestoppt hatte, doch auf der anderen Seite würde er doch gern noch einmal mit ihr schlafen. Sie noch mal zu küssen, zu berühren und zu spüren. Der Drang in ihm wuchs an, zu ihr unter die Dusche zu gehen, doch er riss sich zusammen und schaltete zur Abwechslung Tiaras Fernseher ein. Desinteressiert zappte er sich durch die Programme, in der Hoffnung auf etwas zu stoßen das seine Aufmerksamkeit beanspruchte.
Tiara war mit duschen fertig geworden und begann sich anzuziehen. Sie zog ein schickes trägerloses Chiffonkleid in weiß an, dazu passende Sandaletten in der gleichen Farbe und als Accessoires setzte sie sich ein Haarreif in Perlenform auf, ebenfalls im unschuldigen weiß. Ihr langes, welliges Haar trug sie offen. Sie begutachtete sich ein letztes Mal im Spiegel, nickte dann zufrieden und verließ ihr Bad wieder.
Tiara ging zu Etienne der sich gelangweilt durch die Kanäle schaltete und musste deshalb schmunzeln. Sie ging um das Sofa herum und posierte dann wie ein Fotomodel vor ihm. “Und? Kann ich so gehen, Baby?”, fragte sie mit verführerischer Stimme.
Er musterte sie eingehend von oben nach unten. Sie sah toll aus, wie immer, wie er fand. Am liebsten wäre er aufgestanden, hätte sie in seine Arme gezogen und nie mehr losgelassen. Musste sie ihn so ärgern? Das tat sie doch mit Absicht! Da er selbst gern ärgerte, konnte er es auch diesmal nicht lassen. Er setzte ein ‘Willst du wirklich so auf die Straße?’- Blick auf.
Tiara schaute ihn daraufhin mit irritiertem Gesicht an. “Was ist los? Ist das zu freizügig? Hab ich irgendwo einen Fleck?”, fragte sie dann und schaute prüfend an sich herunter.
“Ja, viel zu freizügig”, bestätigte er und versuchte so ernst wie möglich dabei zu klingen, “das geht wirklich nicht!” Auf einer Seite fand er es wirklich viel zu freizügig, doch das war die Seite die viel gegen die geifernden Blicke der anderen Männer und mit der Eifersucht zutun hatte.
Tiara die sich noch immer prüfend anschaute, riss den Kopf nach oben und schaute Etienne schon fast panisch an. “Echt? Aber ich dachte dass das Outfit eigentlich ganz gut passt.” Sie runzelte verärgert die Stirn. “Was gibt es denn da jetzt auf einmal zu lachen, Etienne Bellamy?”, fauchte sie ihn an.
Dieser krümmte sich vor lachen auf dem Sofa. “Du warst eben ein Bild für die Götter! Erst hattest du deine Augen so weit aufgerissen, das ich dachte sie würden jeden Moment herausfallen, dann schautest du so prüfend an dir herunter und drehtest dich dabei so hin und her das ich Sorge hatte du verengst dich jeden Moment und zum Schluss sahst du aus wie ein verschrecktes Kaninchen das den Jäger entdeckt hatte. Ihr Frauen seid unglaublich! Man braucht bei der Frage ob euer Outfit okay ist, nur ein ernstes Gesicht aufsetzen und schon glaubt ihr die Welt geht unter.”
Tiara verschränkte die Arme vor der Brust und schaute ihn böse an. “Das ist nicht lustig, Mr. Bellamy!”
“Doch”, lachte er immer noch, “mit nur einem Blick von mir konnte ich sehen wie du fast fünfzig Heldentode gestorben bist.”
“Ha, ha, ha, sehr witzig! Schön das ich die so amüsiere!”, zischte sie ihn an.
Etienne versuchte sich zusammen zu reißen, dabei schaute er kurz zur Decke. “Und jetzt schaust du wie eine Amazone die ihr nächstes männliches Opfer gefunden hat. Ihr Frauen seid genial!”, prustete er wieder los und wäre fast vom Sofa gefallen.
“Hab ich auch”, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen. Sie war geladen und zwar ziemlich gefährlich, noch länger und die tickende Zeitbombe würde explodieren. Eigentlich regierte sie nicht so schnell gereizt wenn jemand über sie lachte, sie tat es ja selbst, da sie fand das man sich selbst nicht immer so ernst nehmen sollte, doch es ging hier darum ob sie vernünftig genug gekleidet war um einen guten ersten Eindruck im Filmstudio zu hinter lassen, denn alle kannte sie ja dort noch nicht, außerdem fühlte sie sich wegen ihrer zu vielen Cocktails immer noch wie von einem Tracktor überfahren.
Etienne beruhigte sich endlich wieder und konnte Tiara auch wieder anschauen ohne gleich wieder in Gelächter zu verfallen. Obwohl er manchmal doch noch so ein Lachkrampfgefühl bekam, doch dies schluckte er erfolgreich runter. Er wollte noch nicht sterben, denn er hing an sein bisschen Leben was er hatte.
Er stand auf. “Och Tiamausi, jetzt sei doch nicht beleidigt wie eine Leberwurst. Lächele wieder, heut ist so ein schöner Tag”, grinste er sie an und strich sanft mit dem Zeigefinger über ihre rechte Wange.
Sie drehte sich schweigend weg.
“Ah, jetzt ist das sture Schweigen angesagt, was?”, grinste er immer noch.
Sie sagte immer noch nichts.
“Komm Süße, wir müssen sowieso los.”, meinte er dann und ging zur Wohnungstür. Tiara nahm ihre Handtasche, verstaute ihren Wohnungsschlüssel, Handy, Handcreme, Taschentücher, das Portmonee und einen Lipgloss darin. Etienne schüttelte schmunzelnd den Kopf. Mit was sich Frauen so alles rumschleppen
, dachte er und hütete sich diesen Gedanken laut auszusprechen.
Auch während der Autofahrt schwieg Tiara und starrte stur aus dem Fenster. Etienne fand das alles ziemlich amüsant und konnte es nicht lassen sie ein wenig zu ärgern. Doch schon nach kurzer Zeit ließ er es dann bleiben, er wollte keinen richtigen Streit verursachen. Er hielt in der Grapestreet an, sehr zur Verwunderung von Tiara. Hier befand sich neben einem Schuhladen, einem Laden für Keramik, einer Drogerie, einem Uhren- und Brillengeschäft, ihr Lieblingsbuchladen Melons. Etienne stieg aus und betrat den Laden. Diesen Bücherlanden nannte Tiara immer ‘Bücherhandlung meines Vertrauens’.
Mit einem Lächeln begrüßte er die Verkäuferin und schaute sich dann um. An einem Regal wurde er auch schnell fündig, wonach er suchte. Vorhin als er auf Tiara gewartet und die ganze Zeit durch die Fernsehkanäle geschaltet hatte, bekam er eine Werbung mit, die einen neuen Vampirroman vorgestellt wurde. Eigentlich unterstützte Etienne Tiaras Vampirsucht nicht, aber es handelte sich ja nur um einen Roman. Er hoffte dennoch dass sie irgendwann zu der Einsicht kam, dass es keine Vampire gab und nur noch die Bücher las und keine Nachforschungen mehr anstellte. Er nahm das Buch aus dem Regal und ging zur Kasse.
“Das soll’s also sein, junger Mann?”, lächelte die Verkäuferin. Sie war eine ältere Dame in den Fünfzigern, dessen dunkelblondes Haar immer noch so voll und kräftig war, wie mit zwanzig. Ihre Haare waren kurz und sie trug eine Brille. Ihre blauen Augen strahlten viel Wärme und Freundlichkeit aus.
Etienne lächelte zurück. “Ja, aber könnten Sie mir es wie ein kleines Geschenk einpacken?”
“Sicher kann ich das”, sagte sie sanft und machte sich daran das Buch in ein rosafarbenes Geschenkpapier einzupacken. “möchten Sie ein Gruß- oder Glückwunschkärtchen daran befestigt haben?”
“Nein…”, er unterbrach sich selbst und überlegte kurz. “oder doch. Kleben Sie mir bitte doch eines daran.”
Die Verkäuferin nickte, nahm ein Grußkärtchen das die Form eines Rosenkopfes hatte und klebte es mit einem Klebestreifen fest.
Gerade als er fragen wollte ob sie auch noch ein Kugelschreiber für ihn hätte, reichte sie ihm schon einen.
Er grinste. “Können Sie etwa Gedankenlesen?”, dann nahm er den Stift entgegen, klappte das Kärtchen auf und schrieb ein paar Zeilen hinein.
“Vielleicht.”, grinste sie zurück.
Etienne schmunzelte wieder und gab den Kuli zurück. “Danke.”
“Nichts zu Danken. Für nette, hübsche junge Herrn mach ich das gern.”, setzte sie jetzt ein schelmisches Grinsen auf.
Er zwinkerte ihr zu und bezahlte dann. “Aufwiedersehen und einen schönen Tag wünsche ich Ihnen noch.”
“Ebenfalls, machen Sie es gut.” Er nickte, ging zur Tür und verließ den Laden wieder und stieg sein Auto ein. Tiara beobachtete ihn die ganze Zeit mit irritiertem Gesicht. Er legte ihr das Buch auf den Schoß, schnallte sich an, startete den Motor und fuhr los.
Sie zog eine Augenbraue hoch. “Wenn du mich, was auch immer das ist, bestechen willst, kannst du es gleich wieder zurücknehmen.”
Diesmal war er es, der nicht antwortete.
Tiara schaute sich das kleine Päckchen neugierig an. Sie konnte sich denken dass es ein Buch war, da es die Form hatte und er ja in einem Büchergeschäft war. Trotzdem beschloss sie es nicht zu öffnen und schaute stattdessen aus dem Fenster. Doch wie lange konnte sie der Neugierde noch widerstehen? Etienne wusste das es nicht mehr lange sein konnte.
Nach quälenden fünf Minuten Kampf gegen das Interesse, verlor Tiara und widmete sich wieder dem kleinen Paket. Sie öffnete das Grußkärtchen du las den kurzen Text den Etienne ihr geschrieben hatte.
Tia,
Ich doof. Sonnenschein doof. Blauer Himmel doof. Ohne dich ist alles doof. Sind wir bitte wieder gut?
Hab dich doch liiiiieeeb Süße.
Daneben hatte er das Schäfchen von Sheepworld gezeichnet.
Daraufhin musste sie unwillkürlich grinsen. “Spinner.”, murmelte sie und riss die Karte vorsichtig ab, behielt sie aber in der linken Hand, mit der anderen kümmerte sie sich um das Geschenkpapier. Als sie den Titel des Buches und den Namen der Schriftstellerin las, wurde ihr Grinsen breiter und sie schaute wieder auf.
“Oller Schleimer du”, meinte sie und gab ihm ein Küsschen auf die Wange “danke schön, auch wenn ich mich ja eigentlich nicht bestechen lasse.”
“Wer hat dich bestochen?”, fragte er unschuldig.
Tiara schüttelte den Kopf, steckte das Kärtchen in das Buch und dieses verstaute sie dann in ihrer Tasche.
Nach einer Weile kamen sie auf dem Filmstudiogelände an. Etienne fuhr auf den großen Parkplatz und Tiara stand mit großen, staunenden Augen aus.
“Hui, ist das groß hier”, sie legte den Kopf schief und betrachtete das große sechsstöckige Gebäude vor sich. “nicht nur auf dem Gelände werde ich mich verlaufen sondern im Gebäude auch.”, sie ließ ein missmutiges Seufzen erklingen und richtete sich wieder auf. Darin würde sie sich nie im Leben zurecht finden, ihr Orientierungssinn war gleich null. Zwar hatte sie schon ein paar Filmgelände gesehen, die groß waren, doch dieses traf die anderen um Längen. Kein Wunder warum es sechs Jahre gedauert hatte, bis es fertig gebaut worden war. Wenn sie das hier sah, wollte sie nicht nach Hollywood.
“Ach Quatsch, wirst du schon nicht. Und wenn, ich bin auch noch da, ich nehme dich dann an die Hand.”, neckte Etienne sie. Tiara streckte ihm die Zunge raus und zusammen gingen sie rein.
Die junge zierliche Frau kam aus dem staunen nicht mehr raus. Sie befanden sich in dem großen, modischen Eingangsbereich, der in Rot- und Weißtönen gehalten war. Am Empfangstresen standen ein freundlicher Mann der in einem Telefonat verwickelt war und eine gestresst aussehende Frau die ebenfalls einen Telefonhörer am Ohr hatte. Rechts von ihm war der Wartebereich. Zwei große beigefarbene Sofas standen sich gegenüber und in der Mitte war ein dunkelbrauner Couchtisch aus Holz. Auf diesem lagen diverse Zeitschriften. Links und gerade aus von dem Empfangsbereich zweigten sich Gänge mit etliche Türen ab. Eine breite Treppe und zwei Fahrstühle ebneten den Weg nach oben und nach unten.
Etienne ging zu dem Empfangstresen hin und begrüßte den Mann höflich, die Frau telefonierte immer noch. Tiara gesellte sich dazu, nachdem sie genug umgesehen hatten.
“Sie sind Miss Taylor und Mr. Bellamy, richtig? Mr. Delavallé und Mr. Ansell sind mit ein paar Schauspielern und ein paar Mitarbeiter in Mr. Ansells Büro.”, berichtete er ihnen.
“Wir sind doch nicht zu spät, oder?”, fragte sie besorgt.”
Er schüttelte den Kopf. “Nein, nein. Sie sind pünktlich die Mitarbeiter und Ihre Schauspielkollegen waren nur etwas früher als vereinbart da. Mr. Delavallé kam auch erst vor fünf Minuten. Also keine Panik.”, lächelte er sie dann beruhigend an.
Tiara lächelte zurück. “Da bin ich aber beruhigt. Zu welcher Tür oder welchem Stockwerk müssen wir?”
“Zu der Dritten, links.”, antwortete er. “Danke schön Mr….?”, lächelte sie wieder und verstummte dann als sie merkte dass sie seinen Namen nicht wusste. Mensch Tiara! Jetzt vergisst du sogar schon Namen, wo soll das nur enden
, seufzte sie innerlich und es war ihr sichtlich peinlich.
Etienne murmelte nur ein “Danke” und ging langsam los. Die Flirterei der beiden musste er sich nun nicht antun. Er konnte nichts dafür, aber die liebe Eifersucht meldete sich zu Wort.
“O, entschuldigen Sie. Ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt, ich bin Ethan Gates. Bei einer so schönen Frau kann das schnell vorkommen”, zwinkerte er ihr grinsend zu.
“Danke schön, Mr. Gates”, erwiderte sie sein Grinsen.
“Ethan.”
“Ethan, dann nennen Sie mich Tiara.” Erst jetzt bekam sie mit das Etienne nicht mehr neben ihr stand. Sie drehte sich um und entdeckte ihn an der Türschwelle die zum linken Flur führte.
“Etienne, könntest du vielleicht mal warten?”, rief sie ihm zu. Er grinste als Antwort nur.
Tiara wandte sich wieder Ethan zu. “Ich muss jetzt schnell hinterher, sonst verpass ich den Anschluss noch und verlaufe mich. Vielleicht sehen wir uns ja später noch mal wieder.”, verabschiedete sie sich von ihm.
“Bestimmt.”, versicherte er ihr. Tiara nickte und eilte dann los.
“Na? Habt ihr schön geflirtet?”, grinste Etienne sie schelmisch an, als sie bei ihm ankam.
“Ach, wir haben doch gar nicht geflirtet. Ich jedenfalls nicht.”, zuckte sie mit den Schultern.
“Vielleicht du nicht, aber er. Mir ist jedenfalls nicht sein Blick auf deine Brüste entgangen.”, meinte er immer noch grinsend.
“Hat er doch gar nicht. Ich hab’s jedenfalls nicht mitbekommen.”
“Wie denn auch, du hast ja seine Augen förmlich mit deinen aufgesogen.”, musste er jetzt lachen.
“Hab ich gar nicht!”, verteidigte sie sich.
“Klar hast du. Du hattest wieder dein Boah- hat der tolle Augen- Blick aufgesetzt und wärst fast weggeschmolzen.”
Tiara blieb stehen und stemmte ihre Hände in die Hüften. “Also… das hab ich gar nicht! Du… du.”, sie verstummte und bekam ein schelmisches Grinsen auf den Lippen. “Bist du etwa eifersüchtig? Ist mein Etiennilein eifersüchtig?”
Etienne musste wieder lachen. Er ging auf sie zu und stupste sie mit dem Zeigefinger mittig gegendie Stirn. “Ja, ganz doll.”
“Giftzwerg”, murmelte sie und zog die Nase kraus. “aber hübsche Augen hatte er schon.” Ethan hatte schöne haselnussbraune Augen.
“Wer hier von uns beiden wohl der Zwerg ist.”, grinste er neckisch. “Und jetzt komm, oder willst du hier Wurzeln schlagen?”
Tiara murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin und er klopfte an die Bürotür von Mr. Ansell.
“Herein!”, hörten sie eine tiefe, angenehme Stimme rufen. Sie öffneten die Tür und traten ein.
“Guten Tag, schön das Sie zu uns gestoßen sind”, begrüßte ein Mann, mit braunem kurzem Haar Tiara und Etienne. Er war mittelgroß, hatte eine normale Figur und trug einen dunkelblauen Zweiteiler, unter dem Sakko blitze ein weißes T-Shirt hervor, er machte ein paar Schritte auf sie zu. “ich bin Richard Ansell, der Regisseur und Produzent der Serie und der Leiter dieses Filmstudios.”, reichte er beiden die Hand und lächelte dabei bildeten sich an den Mundwinkeln kleine Grübchen.
Tiara und Etienne ergriffen nacheinander seine Hand und stellten sich ebenfalls vor.
“Und ich bin Alain Delavallé, der Leiter des Kamerateams.”, schritt ein anmutig wirkender großer Mann auf Tiara und Etienne zu. Er war hochgewachsen und hatte dunkles langes, glattes Haar, das er offen trug. Einige Strähnen fielen ihm spielerisch vorn auf seine Brust und umrandeten so sein fein geschnittenes, schönes Gesicht. Seine Augen waren von einem atemberaubenden Türkies. Er hatte nicht wie Etienne und Benoit feine goldene Kreise auf den Pupillen, bei ihm waren es kleine Tupfer, die ein ganz klein wenig an Wolken erinnerten. Sie hatte eine gewisse Vertrautheit zwischen ihm und Etienne gespürt, als sie sich begrüßt hatten.
Ob er mit den beiden verwandt ist
, fragte sie sich. Tiara beschloss, der Sache später noch auf den Grund zugehen und nicht locker zu lassen, wenn Etienne oder Benoit wieder versuchten sie abzuwimmeln.
Wenn sie genau darüber nachdachte, wusste sie eigentlich recht wenig über die Familie der beiden bescheid. Persönlich hatte sie deren Eltern nicht kennengelernt, nur flüchtig, wenn sie Etienne vom Kindergarten oder Schule abgeholt hatten. Tiara fand es schade. Sie wussten doch auch vieles über sie, zum Beispiel das ihre Eltern tot waren. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund wechselten sie jedes Mal das Thema, wenn sie es anschnitt. Das war unfair.
“Dürfte ich Ihnen nun den Rest der Filmcrew vorstellen?”, strahlte Mr. Ansell Etienne und Tiara an und riss diese somit aus ihren Gedanken.
“Natürlich.”, nickte beide lächelnd.
“Einige kennen Sie ja bereits, Miss Taylor, da Sie diese mir ja empfohlen hatten, aber ein oder zwei kennen Sie glaube ich noch nicht.”, sagte er und ging zu einer jungen Frau mit rötlich- blonden, gelockten Haar. Ihr Jeansfaltenrock war ziemlich knapp und das Oberteil gewährte tiefe Einblicke. Der Jeansblazer betonte das ganze noch. Ihr Gesicht war hübsch, doch ihre grau- blauen Augen strahlten etwas aus, was Tiara sehr unsympathisch fand. Sie merkte dass sie die Frau jetzt schon nicht leiden konnte und dabei wusste sie nicht mal warum.
“Die blonde Schönheit hier ist Nathalie Célina Force, die Tochter des berühmten Schauspielers Daniel Force. Sie hat all ihr schauspielerisches Talent von ihrem Vater geerbt”, schwärmte er. “sie wird Ihre Gegenspielerin sein.”
Papi hat bestimmt alle Hebel in Bewegung gesetzt damit sein Töchterchen hier mit machen kann
, dachte sie genervt als sie das herablassende Lächeln von ihr sah. Besonders ihr schien es zu gelten, denn Etienne himmelte sie regelrecht an.
“Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit.”, zwitscherte Nathalie fröhlich. Jedem im Raum schenkte sie ein freundliches Lächeln, nur Tiara nicht. Was hat die blöde Tussi denn? Die denkt wohl jetzt schon sie ist die Beste. Nur weil ihr ach so tolles Papilein, ein berühmter und guter Schauspieler war? Talent der Eltern muss nicht immer auf das Kind übergehen! Langsam aber sicher stieg Zorn in ihr auf. Eigentlich war sie nicht leicht reizbar, es bedarf schon sehr viel das sie einen Wutanfall oder ähnliches bekam. Aber bei dieser Frau war das anders, ihre bloße Anwesenheit brachte sie schon auf die Palme. Das mochte ja was werden, wenn der Dreh losging.
“Der nette Herr neben ihr ist Mick Jordan, sein schauspielerisches Talent wurde ja von euch mit scharfem Blick unter die Lupe genommen.”, fuhr Mr. Ansell fort und bedachte Tiara und Ilja mit einem Lächeln. Auch Mick schenkte Tiara ein warmes Lächeln das sie nur zu gern erwiderte.
Plötzlich fiel ihr ein warum Nathalie sie ganze Zeit so komisch ansah, vielleicht war sie ja mit Mick leiert und sie hatte erfahren das er und Tiara gestern viel miteinander geredet hatten. Was konnte sie denn dafür dass er mit anderen Frauen flirtete? Sie wusste doch gar nicht dass er eine Freundin hatte, also sollte sich die Zicke mal nicht so aufspielen!
Etienne bemerkte dass seine beste Freundin ziemlich genervt war, auch wenn sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen, doch er kannte sie gut genug um zu wissen, das sie sich wegen irgendetwas ärgerte. Während Mr. Ansell Benoit vorstellte, der sich um die Musik, Vertonung und Spezialeffekte kümmern würde, stellte er sich dicht hinter hier, beugte sich zu ihr runter und flüsterte ihr ins Ohr: “Kleines, was denn los? Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen? Sag nicht du bist böse wegen vorhin?” Er wusste eigentlich das Tiara deswegen ganz sicher nicht verärgert war, sie konnte eine Menge Spaß vertragen, selbst vorhin bei ihr zu Hause war sie nicht wirklich sauer gewesen, dennoch, hier war es anders.
Tiara neigte ihren Kopf schräg nach oben damit sie ihn ansehen konnte, dabei versuchte sie zu lächeln. “Es ist nichts. Alles okay. Ach Quatsch, bin ich nicht. Du kennst mich doch.” Er erkannte in ihrer, leicht tieferen Tonlage, die sie immer bekam wenn sie genervt war, dass sie log.
“Tiara”, zog er eine Augenbraue argwöhnisch hoch.
“Es ist wirklich nichts, zerbrech’ dir wegen Belangloses nicht deinen hübschen Kopf.”, lächelte sie wieder und lehnte sich an ihm. Er beließ es dabei, legte sein Kinn sanft auf ihren Kopf und genoss ihre Nähe. Dadurch wurde er so abgelenkt das er von Mr. Ansells Vorstellungsrunde kaum noch etwas mitbekam. Aber das war nicht so schlimm, fragte er nachher einfach Tiara. Ilja und Benoit kamen nicht in frage, die nervten ihn dann wieder, er spürte doch ihre Blicke jetzt schon wieder in seinem Nacken.
Richard Ansell stellte noch weitere Mitarbeiter vor darunter waren, Zacharias Garcia Lorcá der sich mit Filippo Zanolla, einem niedlichen Italiener und ein paar anderen um die Garderobe der Schauspieler kümmern würde. Nebenbei erzählte er dass das letzte Stylistenteam lange Finger hatten, ständig waren Kleidungsstücke verschwunden. Am Anfang konnte es niemand erklären, doch mit einem kleinen Trick war Mr. Delavallé diesem dann auf die Schliche gekommen. Unverzüglich wurden sie dann gefeuert.
“Das ist ja wirklich unter aller Sau!”, murmelte Tiara und war über solche Dreistigkeit fassungslos.
“Mh?” Etienne öffnete erschrocken die Augen. Er war soweit abgedriftet, das er keine Ahnung hatte von was sie sprach.
Schmunzelnd neigte sie ihren Kopf nach oben. “Schläft es sich gut auf meinem Kopf?”
“Äh.. Ja.”, lächelte er verschmitzt. Hoffentlich bemerkte sie nicht dass er rot geworden war.
“Schlafmütze.”, sie schaute wieder zu Mr. Ansell und lauschte dessen Worten.
Katarina Sergejewna Maximowa war die Maskenbildnerin, doch sie war leider nicht mit ihrem Team anwesend, da sie mit Mr. Ansells Assistentin Susannah Dearing bei einem Meeting mit einer Kosmetikfirma war. Diese würde eine neue Sponsorenfirma für das Filmstudio und der Serie werden. Mr. Delavallés Kameraassistent Luca Romolo war ebenfalls nicht anwesend, da er leider noch krank war, aber im Laufe der nächsten Woche würde er wieder da sein. Genauso wie Ai Yamamoto und Florentin Ledoux, die zum Team von Katharina Sergejewna Maximowa gehörten. Des Weiteren wurden noch einige Schauspieler und Schauspielerinnen vorgestellt. Nathalie versah diesmal all die anderen Frauen mit einem herablassenden Blick. Tiara wäre am liebsten zu ihr hingegangen, hätte sie an ihrem blöden Lockenschopf gepackt und den Boden gefegt! Dieses Weib würde sie noch wahnsinnig machen.
Mr. Ansell und Mr. Delavallé machten dann mit allen eine Führung durch das gesamte Haus. Im Keller war das Lager, im Erdgeschoss Büroräume, Toiletten, ein großer Aufenthaltsraum inklusive Küche, der Empfang mit angrenzendem Wartbereich, die Garderobe und der Stylistenraum. Das erste Stockwerk enthielt Wohnräume für Soaps oder Filme, das zweite Stockwerk Lofts für die extra für die Serie angefertigt wurden, ein Hotel und dazu passende Zimmer wurden ebenfalls erbaut und auf dem dritten Stock waren ein paar Restaurants, Bars, Clubs und sogar ein Teil eines Gefängnisses. Die ganze vierte Etage war für den Horrorbereich angefertigt worden, es befanden sich dort diverse entstellte Puppen, amputierte Körperteile, ein düster aussehendes Verlies mit Quälinstrumenten als Dekoration und einer blutverschmierten Wand.
Tiara bekam deshalb einen eiskalten Schauer am ganzen Körper und harkte sich bei Etienne und Ilja ein, die das Ganze ziemlich lustig fanden. Hinter sich hörte sie wie sich Zacharias mit Filippo Zanolla an zickte. Es schien um Ilja zu gehen, denn Zacharias stand schon eine ganze Weile auf ihn und es schien in den drei Jahren auch nicht aufgehört zu haben. Doch leider würde diese Schwärmerei nur Einseitig bleiben, denn Tiaras Cousin war nicht schwul.
Filippo schien ebenfalls auf Männer zu stehen, denn er hatte eine nette Bemerkung über Iljas Hintern gemacht. Der Spanier hatte daraufhin den Italiener angegiftet und seit dem Vorfall stritten sie sich unentwegt. Benoit und Mick die sich unterhielten, mussten wegen ihnen lachen. Gestört hatte das den beiden Streithähne allerdings nicht, sie machten kräftig weiter. Nur einmal ganz kurz hielten sie inne, aber nur weil das Verlies kam, das beide nicht wirklich prickelnd fanden. Zacharias war sowieso kein so großer Fand von Horrorfilmen, jedenfalls nicht von denen wo so viel Blut spritzte, erschrecken war ja okay, aber Blut? Er konnte keines sehen, ohne dabei gleich in Ohnmacht zu fallen, auch bei Filmen. Filippo schien davor einfach nur Angst zu haben und es abstoßend zu finden. Aber als sie bei dem Verlies vorbei waren, begannen sie wieder von Neuem.
“Zac, wenn du weiterhin dein Gift versprühst, steck ich dich in dem Verlies und schließ dich dort ein!”, schaute Benoit ihn mit einem finster wirkenden Blick an. Spielte er es nur oder meinte er es ernst? Zacharias blieb stehen, drehte sich um und sein Gesicht zierte blankes Entsetzen.
“Ha, ha. Du scheißt dir jetzt wohl in die Hosen, éh
?”, grinste Filippo schadenfroh. “Zacharias é un vigliacco! Vigliacco! Vigliacco!
”, fügte er ein Singsang hinzu. Da Tiara ein wenig italienisch Sprach, wusste sie worum es darin ging. Der junge Italiener bezeichnete ihn einfach nur als Feigling.
“Filippo, du brauchst gar nicht so schadenfroh zu sein, du kommst da nämlich auch mit rein!”, mischte sich Mick mit ein.
“No, no, no!
Da kriegen mich keine zehn Pferde rein!”, schüttelte er heftig mit dem Kopf und beschleunigte seine Schritte.
“Jetzt scheißt du dir wohl in die Hosen, èh
?”, grinste Zacharias spöttisch. Benoit machte ein paar bedrohliche Schritte auf ihn zu, wodurch dieser mit einem Hüpfer zurück wich. Daraufhin musste Benoit lachen. Tiara wäre aber auch zurück gewichen, denn Etiennes Bruder war recht hochgewachsen und seine Statur ziemlich muskulös.
“Ach Zac, ich liebe es dich zu ärgern”
Zacharias runzelte verärgert die Stirn, murmelte irgendetwas Unverständliches auf Spanisch und ging weiter.
“Mick, bleib mir vom Leib! Sonst sperr ich dich da ein, capito
?”, drohte Filippo und wich ihm, der wie ein angriffslustiger Wrestler aussah, aus und eilte Zac hinterher. Darüber mussten die beiden Ärgerfritzen nur noch mehr lachen.
“Musstet ihr sie ärgern? Benoit du weißt genau warum Zac keine Horrorfilme mag, darüber macht man sich nicht lustig! Genau wie du Mick, du musstest natürlich mitmachen und den armen Filippo ärgern. Schämt euch!”, schimpfte Tiara die beiden an.
“Ach Tia, mi Amor
”, lächelte Zac sie an und legte einen Arm um ihre Schultern.
“Ah, lá bellezza dolce
, danke das du für mich ein stehst, aber ich kenne Mick von der Schule und da war er auch schon so, der wird sich nie ändern”, lächelte Filippo sie ebenfalls an und gesellte sich zu ihr und Zac.
“Ja, ja Tia. Kaum größer als ein Toastbrot, aber aufmucken wollen, was?”, grinste Benoit sie schelmisch an. Sie lächelte nur zuckersüß zurück und streckte ihm dabei den Mittelfinger entgegen.
Der fünfte Stock enthielt einen großen Technikraum, für die Vertonung, den Schnitt und Computerspezialeffekte. Das letzte Stockwerk war ein Notfallstockwerk, wie ihn Mr. Ansell bezeichnete. Dieser würde nur dann benutzt werden, wenn Mutternatur ihnen bei den Aussendrehs einen Strich durch die Rechnung machen würde. In diesem Stockwerk wurde alles in einem synthetischen Wald verwandelt und mitten drin war eine schöne Lichtung gebaut worden, die einen kleinen künstlichen Wasserfall, der aus einem ebenfalls imitierten Fels ragte und davor war ein See von geringer Größe. Mr. Ansell drückte auf einem Knopf, der an einer Wand befestigt worden war, um alles den Wasserfall zu zeigen. Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge.
“Auch wenn es nur künstlich ist, sieht es total romantisch aus”, flüsterte Tiara Etienne zu und ihre Augen leuchteten dabei.
Etienne lächelte sie an. “Ja, da hast du Recht, Kleines.” Er wusste das sie eine hoffnungslose Romantikerin war und er fand es total süß. Er selbst legte in einer Beziehung auch viel Wert auf Romantik, aber immer so dass es nicht erdrückend wirkte.
“Hier werden unter anderem auch Sexszenen gedreht, die zwischen dem Hauptdarstellerpärchen ablaufen wird”, teilte Mr. Ansell ihnen mit. Tiara wusste es, sie hatte ja das Drehbuch gelesen, doch trotzdem bekam sie ein leichtes Gefühl des Unbehagens im Inneren ihres Körpers. Mick lächelte sie schüchtern an und sie erwiderte das Lächeln. Benoit bekam ein breites Grinsen auf den Lippen, als er seinen kleinen Bruder beobachtete. In Etiennes Augen sah man, dass es ihm ganz und gar nicht gefiel. Er kämpfte gegen die Eifersucht an und lenkte sich mit einem Spaziergang durch den Raum ab. Ilja, der deshalb heute anwesend war, weil er als Agent und Manager Tiara, Etienne und Mick vertrat, folgte ihm.
“Mr. Ansell, ich wollte mich noch einmal dafür bedanken, das Sie mich und mein Team für die Serie angeheuert haben”, kam Benoit auf ihn zu.
“Nichts zu danken, Mr. Bellamy. Ich weiß dass Sie und ihr Team hervorragende Arbeiten leisten. Viel besser als mein letztes. Und ihre Erfolge, Zuverlässigkeit und Professionalität sprechen auch sehr für Sie”, lächelte er.
Als sie mit dem Fahrstuhl wieder nach unten, ins Erdgeschoss fuhren, erklärte Mr. Delavallé noch das es auf jeder Etage einen Raum für die Requisiten und Werkstätten gab, damit falls es mal Probleme oder Änderungen geben sollte, dort schnell hingehen und alle erforderlichen Maßnahmen dafür einleiten konnte.
Tiara wollte mit dem Dreh am liebsten sofort beginnen, doch da keine der Maskenbildnerinnen anwesend waren und der Drehtermin auch erst in ein paar Wochen war, musste sie sich leider noch gedulden. Bevor sie alle noch in den Aufenthaltsraum des Studios gingen, bekam Richard einen Anruf auf seinem Handy und verzog sich mit dem Telefonat in seinem Büro.
Tiara die vorher auf die Toilette musste, kam nun auch zu den anderen. Sie setzte sich zwischen Zacharias und Filippo.
“Na ihr zwei Hübschen”, grinste Tiara beide an und legte beiden jeweils einen Arm um die Schulter.
“Hey sexy Senorita”, grinste beide zurück. Es war ein richtiges Wunder das die beiden sich gerade mal nicht anfauchten. Sie glaubte aber das deshalb Waffenstillstand zwischen den beiden herrschte, weil sie sich darüber einig waren das Nathalie eine Oberzicke von der schlimmsten Sorte war.
“Jetzt kann ich mich wohl richtig glücklich schätzen das ich zwischen zwei sexy Männern sitze, was?”
“Joa, aber für uns ist es auch eine Ehre, dass so eine unglaubliche Schönheit zwischen uns sitzt.”
“Du alter Charmeur”, buffte sie ihn mit ihrer Schulter gegen seiner.
“Ich doch nicht.”
“Ich finde es total schön dass du wieder bei uns bist. Ich dachte schon das du nach du nach deinem Studium uns und unserem Städtchen Currantpears den Rücken zukehren würdest.”
“Na ja, wenn ich ehrlich bin wollte ich das auch erst. Aber meine Sehnsucht nach euch und meiner Familie wurde einfach zu groß”, lächelte er.
“Wie süß. Ich hab dich auch sehr vermisst, ohne dich war es einfach nicht mehr das selbe”, lächeltesie zurück. “Und? Hast du wenigstens ein paar hübsche Franzosen kennengelernt?” Ein schelmisches Grinsen zierte nun ihr Gesicht.
“Joa, hier und da waren ein paar Leckerbissen dabei. War aber nie etwas Ernstes”, antwortete er. “leider war keiner so wie er.”, seufzte er und schaute wehmütig zu Ilja.
“Ilja ist ja auch einzigartig”, schmunzelte sie leicht. “aber du wirst schon noch die Amor por la via finden.”, meinte sie dann zuversichtlich.
“Quièrete, mi hermosa
”, lächelte er sie sanft an und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
“Quièrete tambien, mi hermoso
”, lächelte sie zurück und legte ihren Kopf an seine Schulter. Tiara hoffte inständig dass Zacharias Ilja endlich vergessen würde, da er nie eine Chance bei ihm haben würde. Ilja stand hundertprozentig auf Frauen und das würde sich in diesem Leben auch nicht ändern. Zacharias war ein gutaussehender Mann, der perfekt in das Beuteschema von Tiara passte. Er war groß, gut gebaut, seine Augen und seine Haare trugen die Farbe von Schokolade, wobei er sich seinen Pony immer etwas ins Gesicht frisierte. Sie fand es wirklich schade, dass er nicht auf Frauen stand.
“Mio Dio!
Wie aufdringlich ist dieses Weib denn? Die erdrückt den Ärmsten ja fast mit ihren aufgepumpten Möpse! Das ist ja widerlich!”, murmelte Filippo aufgebracht.
Zac und Tiara schauten ihn irritiert an. “Wer denn?”
“Wen könnte ich wohl meinen, wenn es hier nur eine gibt die so drauf ist”, meinte er ohne den Blick von Etienne und Nathalie abzuwenden. Die beiden folgten seinen Blick und runzelten fast zeitgleich mit der Stirn. Nathalie saß schon bald auf Etiennes Schoß, dabei beugte sie sich so weit vor, das ihre Brüst fast raushüpften. Aber diesen schien das herzlich wenig zu interessieren, er rückte nur etwas von ihr weg und beachtete ihr Dekolleté gar nicht. Ilja und Benoit fiel es ebenfalls auf, als sie zu Filippo, Zacharias und Tiara gingen.
“Oh man, die muss es ja nötig haben, das sie meinem kleinen Bruder so auf die Pelle rückt”, meinte Benoit leise.
“Zacharias, du wirst dich über die ganzen Dreharbeiten hinweg um sie kümmern! Ich werde das nicht tun, ich bekomm ja schon Ekelpickel wenn ich die sehe. Da mache ich lieber das komplette Filmstudio sauber!”, sagte Filippo entschlossen. Ihm war es egal ob er sich unprofessionell anhörte, er tolerierte Nathalies Verhalten nun mal nicht.
“Och nö”, stöhnte er daraufhin.
“Etienne steht doch eigentlich gar nicht auf solche Frauen, oder hat sich das inzwischen geändert?”, wollte Benoit wissen.
“Njet
”, antwortete Ilja und verschränkte die Arme vor seiner Brust. “Die könnte glatt mit Mrs. Vice verwandt sein”, musste er dann grinsen.
“Ach die Olle nervt ihn auch immer noch?”, lachte er leise. “Mein armes Brüderchen hat’s nicht leicht, was?”
“Habe ich eben richtig gehört? Hier gibt es jemanden der freiwillig das Studio immer reinigen möchte?”, kam Mr. Delavallé mit hochgezogener Augenbraue und einem neckischen Grinsen auf Filippo zu.
Erschrocken schaute dieser ihn an. “Äh… ähem…” Er hatte nicht damit gerechnet dass dieser seine Äußerung gehört hatte.
“Filippo, du müsstest dich mal sehen! Du siehst aus wie ein aufgeschlecktes Hühnchen!”, lachte Mick und gesellte sich zu Benoit und Ilja.
Filippo warf ihm einen bösen Blick zu und wandte sich dann an Alain Delavallé. “Reicht es wenn ich das abends einmal wöchentlich mache?”
Er schmunzelte. “Keine Sorge, wir haben eine Reinigungsfirma die das übernimmt.”
Der junge Italiener atmete erleichtert auf. Man konnte richtig hören wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.
“Über wen habt ihr eigentlich eben so abgelästert?”, fragte Mick neugierig.
“Wir haben nicht gelästert. Sondern Tatsachen und Wahrheiten festgestellt”, antwortete Tiara.
Er grinste breit. “Und was für Wahrheiten und Tatsachen wären das?”
“Sei doch nicht so neugierig!”, schüttelte Filippo verständnislos den Kopf. “Aber wenn du es unbedingt wissen willst. Es war über Nathalie, die Billig und Willig- Tussi.”
“Filippo! Du kennst sie dich gar nicht”, sagte Mick und war entsetzt über dessen Wortwahl.
“Das will ich auch gar nicht. Der erste Eindruck von ihr hat mir gereicht”
“Ich kenne sie von der Schauspielschule und sie ist eigentlich sehr nett. Bisschen aufdringlich, aber vollkommen okay. Man kann sich gut mit ihr unterhalten”, erklärte er. Ach ja? Und über was? Übers Brüste aufpumpen etwa? Tolles Gespräch! Die und nett. Wer es glaubt wird selig
, dachte Tiara und schaute kurz zu Nathalie. Diese warf ihr immer noch Todesblicke zu, obwohl sie gar nicht in Etiennes Nähe war. Schon bei dem Rundgang durch das Studio musste sie diese Blicke über sich ergehen lassen. Am Anfang fand Tiara es noch lustig und sie war extra in seiner Nähe gewesen, aber dann empfand sie es einfach nur noch als nervig. Nun regte sie es extrem auf und sie warf ihr ebenfalls solch einen Blick zu.
“Hast du das gerade gesehen, Etienne? Die wollte mich gerade mit ihrem Blick erdolchen!”, schaute Nathalie ihn pikiert an.
“Wie bitte? Ich wollte dich erdolchen? Was tust du denn die ganze Zeit?”, zischte Tiara sie an.
“Mich mit diesem wundervollen Mann unterhalten.”
“Ja und nebenbei jede Frau, besonders mich, mit Hassblicken bombardieren.”
“Tue ich gar nicht! Du bist nicht der Nabel der Welt das du dich so wichtig nimmst!”, versprühte sie weiterhin ihr Gift.
“Das weiß ich selbst, aber dann solltest du es erst Recht nicht tun. Du tust nämlich so, wunder wer dich ausgeschissen hat!”, wurde die Braunhaarige immer zorniger.
“Immerhin bin ich jemand, im Gegensatz zu dir”, lächelte Nathalie Tiara herablassend an.
“Pah, das glaubst ja auch nur du! Nur weil dein Papilein ein angesehner Schauspieler ist, bist du das noch lange nicht!”, fauchte sie und hatte nun vollends ihre Krallen ausgefahren. Doch als sie die verblüfften Gesichter der anderen sah, drehte sie sich ohne ein Wort um und verschwand in der Küche.
“Sie ist also nett, hm? Erzähl das einer Parkuhr, aber nicht mir. Ich mag sie jetzt noch weniger und will sie erst gar nicht näher kennenlernen!”, meinte Filippo entschlossen zu Mick. Dieser war so perplex über den plötzlichen Streit der beiden Frauen, dass er nichts darauf erwidern konnte.
Etienne kümmerte sich nicht um Nathalie oder die anderen, schnurstracks ging er Tiara hinterher. Sanft legte er seine Hände auf ihre Schultern und wollte gerade etwas sagen, als sie erschrocken zusammen zuckte, da sie damit nicht gerechnet hatte.
“Etienne!”, quiekte sie und drehte sich zu ihm um. “Willst du mir einen Herzinfarkt verpassen?”, drückte sie dann eine Hand auf ihr schnell pochendes Herz.
Etienne konnte nicht anders, er hielt sich den Bauch vor lachen. Auch einige andere die sich in der Nähe der Küche befanden, mussten deswegen lachen. Sie fand das nicht wirklich witzig. Ihre herzallerliebste Nathalie auch nicht, denn diese ging grantig auf die Toilette.
“Ha, ha, ha. Wie unglaublich witzig”, murmelte sie verärgert.
“Tia, was ist eigentlich los mit dir? Du bist doch sonst nicht so schnell auf Hundertachtzig”, meinte Etienne und schaute sie fragend an.
“Nichts”, brummte sie und schaute zur Seite.
“Jetzt reicht es Süße”, nahm er sie an der Hand zog sie aus der Küche.
“Lass das!”, entzog sie ihm die Hand und blieb stehen.
Etienne sagte nichts und hob sie einfach auf seine Arme.
“Etienne! Lass mich runter!”, forderte sie ihn auf und zappelte. Doch es half nichts, er war viel stärker und größer als sie. Mit ihrer geringen Körpergröße- und Kraft kam sie sich gerade wie ein kleines Kind vor.
“Nein, meine hübsche Braut. Ich werde jetzt mit dir über die Türschwelle gehen und dann werde ich dir eine unvergessliche Hochzeitsnacht bescheren”, sprach er mit verführerischer Stimme zu ihr.
Tiara bekam ein angenehmes Kribbeln im Unterleib, als nette Bildchen von ihm und ihr vor ihren geistigen Auge auftauchten, dennoch musste sie auch lachen. “Oh ja, mein großer starker Bräutigam, darauf freue ich mich doch schon den ganzen Tag.”
Er grinste und ging mit ihr zum Fahrstuhl. Dort drückte er auf den Knopf und wartete bis die Tür sich öffnete. Nach wenigen Sekunden tat sich das auch mit einem Ding und er betrat mit ihr den Lift.
Dort drückte er auf die Zahl sechs und mit einem kleinen Ruck setzte sich dieser dann in Bewegung.
Ob Tiaras es wollte oder nicht, sie fühlte sich auf Etiennes Armen pudelwohl und wollte am liebsten gar nicht mehr runter.
Als sie im sechsten Stockwerk angekommen waren, stiegen sie wieder
aus und er ging mit ihr zu der künstlichen Lichtung. Erst dort setzte er sie wieder ab und lehnte sich mit verschränkten Armen an einem Baum. Durch die Fenster schien die Abendsonne auf ihn. Tiara fand das er dadurch fast noch schöner aussah als sonst.
“So, und wann beginnt die unvergessliche Hochzeitsnacht?”, grinste sie ihn an.
“Später. Erst wird geredet”
“Und über was? Über das Wetter?”
“Du weißt genau worüber”
Tiara seufzte. “Es ist nichts. Jedenfalls nichts Weltbewegendes. Mich regt einfach nur Nathalie, diese blöde Kuh, auf”
“Warum? Sie ist doch ganz nett”
“Ganz nett? Wenn sie schläft vielleicht. Na ja, du bist ja auch ein Mann. DICH himmelt sie ja auch die ganze Zeit an. Und DIR klebt sie ja ständig am Po. MICH schaut sie ständig mit einem Todesblick an. Da ist mir halt eben der Kragen geplatzt.”
Ein schelmisches Grinsen umspielte seine Lippen und er ging auf sie zu.
Sie runzelte verwirrt die Stirn. “Was grinst du denn jetzt so blöd?”
Sein Grinsen wurde nur noch breiter und er stupste sie mit dem Zeigefinger gegen ihre süße Nase. “Eifersüchtig. Du bist Eifersüchtig.”
“Bin ich gar nicht! Mich regt diese Kuh einfach nur auf. Außerdem bin ich da nicht die einzige.”
“Aja, und warum glaube ich dir das nur zur Hälfte?”
Tiara zuckte mit ihren Schultern. “Das weiß ich doch nicht. Warum oder auf wen sollte ich deiner Meinung nach denn eifersüchtig sein?”
“Auf Nathalie. Weil sie die ganze Zeit bei mir war und wir uns viel unterhalten haben”, grinste er.
“Das glaubst ja auch nur du. Ganz schön eingebildet Mr. Bellamy”, grinste sie zurück. Etiennes Grinsen starb plötzlich. Dieser Satz schien ihn irgendwie verletzt zu haben. Mit gesenktem Blick schaute er zu Boden.
“O… äh… ähem…”, stammelte er vor sich hin. Tiara verstand die ganze Situation gerade nicht wirklich. Was war denn auf einmal mit ihm los? Sie mochte es nicht wenn er traurig war und jenes war er sichtlich.
“Etienne? Was ist los?”
“Nichts. Alles bestens”, antwortete er, ließ den Kopf aber gesenkt. Sanft hob sie sein Kinn mit der linken Hand an, sodass er sie anschauen musste. Schnell versuchte er ein Lächeln auf zu setzen, was aber kläglich fehl schlug.
“Süßer, falls ich dich eben irgendwie verletzt haben sollte, tut es mir leid. Das wollte ich nicht, wirklich nicht. Ich gebe es ja zu. Ich bin schon ein wenig eifersüchtig wegen Nathalie. Sie klebte dir aber auch wirklich ständig an deinem knackigen Hintern”, sagte sie und lächelte ihn verschmitzt an.
Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen. “Schon okay, du brauchst dich nicht zu entschuldigen.” Verdammt! Reiß dich zusammen. Benimm dich nicht wie ein kleines Kind
, ermahnte er sich.
“Doch. Ich mag es nicht wenn du traurig bist und noch weniger mag ich es nicht wenn ich die Schuldige bin.”
“Es ist alles okay”, sein Lächeln wirkte nun etwas echter.
„Wirklich?“, harkte sie nach.
„Ja.“
Sie seufzte erleichtert. „Da bin ich froh. Ich hab dich doch lieb, Hübscher“, lächelte sie ihn an und strich ihm dabei sanft über die Wange. Etienne schloss dabei die Augen. Er wusste, dass der Kampf gegen den Drang sie zu küssen, verloren war.
Ehe er sich versah, lagen seine Lippen auf die ihren. Zu erst war die Kuss noch schüchtern und zaghaft, doch schnell wurde er verlangender. Zu seiner Überraschung erwiderte sie den Kuss ebenso verlangend. Seine Zunge stieß in ihren Mund und strich über ihre. Tiara konnte an nichts anderes mehr denken, außer dass der Kuss niemals enden sollte. Wie hatte sie sich nur so lange dagegen wehren können? Sie war so dumm gewesen!
Als sich Etienne von ihr löste, spürte sie die Enttäuschung in sich hoch steigen. Viel zu kurz war der Kuss für sie. Doch als sie dann seine Lippen an ihrem Hals spürte und die darauf folgenden Küsse die immer weiter abwärts zu ihrem Dekolleté glitten, stöhnte sie leise auf. Es war so ein unbeschreiblich schönes Gefühl.
Etienne zog das Oberteil ihres Kleides runter und sofort sprangen ihm ihre wohlgeformten Brüste entgegen. Er legte seine Hände, auf jeweils eine Brust und knetete sie, dabei kitzelte ihren hart gewordenen Brustwarzen leicht, in seiner Innenfläche. Ihre Blicke trafen sich und er hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Lippen, bevor er sich vollends auf ihre Brüste konzentrierte. Etienne nahm die Hände wieder weg, beugte sich vor und um schloss mit seinen Lippen, eine ihrer Knospen. Tiara keuchte daraufhin und warf ihren Kopf in den Nacken. Sie genoss das prickelnde Gefühl, als er abwechselnd die Zunge kreisen ließ und saugte. Als er der anderen Brust, genauso viel Aufmerksam geschenkt hatte, kniete er sich hin und wanderte mit seiner Zunge tiefer, bis zu ihrem Bauchnabel. Ihr Kleid war inzwischen bis zu ihren Knöcheln gerutscht. Sie zog an seinem Hemd, bevor er an dem Saum ihres weißen Slip ankam. Irritiert schaute er auf und hatte Sorge, dass sie vielleicht doch nicht mit ihm schlafen wollte. Doch als er ihren erregten Blick sah, musste er unwillkürlich grinsen. Bereitwillig ließ er sich von ihr hochziehen. Tiara drückte ihre Lippen auf seine und küsste ihn begierig, gleichzeitig öffnete sie die Knöpfe seines dunkelblauen, fast schwarzen Hemdes. Danach fuhr sie mit ihren Händen über seine glatte muskulöse Brust, runter zu seinem flachen Bauch. Sie entlockte ihm ein leises Stöhnen, als sie an seiner erigierten Mitte ankam und leicht zudrückte. Tiara öffnete seinen Gürtel und gleich darauf die Hose. Beides fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. Er hob sie auf seinen Hüften, stieg aus der Hose und legte sich dann mit ihr auf den Boden. Etienne schob sein Knie zwischen ihre Beine. Tiara spürte seinen Oberschenkel, der gegen ihre Mitte drückte und bewegte sich eifrig gegen diese unabsichtliche Zärtlichkeit.
"Ich will dich", flüsterte sie an seinem Ohr. Mit einem ungestümen Kuss, antwortete er ihr, dass es ihm genauso erging. Seine weichen Lippen huschten wieder über ihren Körper und kamen schnell an dem Saum ihres Slips an. Gerade als er diesen ausziehen wollte, hörten sie, wie eine weibliche Stimme seinen Namen rief.
Er richtete sich auf und runzelte die Stirn. Nathalie?
Enttäuschung und Frustration standen in Tiaras Gesicht geschrieben. "Ignorier die Kuh doch einfach", murmelte sie. Ihr war sofort klar, dass nur eine nach ihm rufen konnte. Was wollte die denn schon wieder von ihm? Eifersucht mischte sich dazu. Sie schlang ihre Beine um seine Taille und drückte sanft, aber bestimmt zu sich runter. Überrascht über diese Tat, schaute er sie verblüfft an. Sie grinste nur und knabberte an seiner Unterlippe.
"Etienne, wo bist du denn? Antworte mir doch mal!", rief Nathalie wieder und ihre Stimme war bedrohlich nahe. Beide erstarrten regelrecht zu Salzsäulen. Die Anspannung war ihnen anzusehen.
"Nathalie! Jetzt warte doch mal. Lass die beiden doch erst einmal reden!", rief Benoit, der ihr gefolgt war und hielt Nathalie am Arm fest.
"Die beiden haben genug geredet. Sie sind doch schon seit einer halben Stunde weg. Das reicht ja wohl!", fauchte sie ihn an. "Etienne! Wo bist du?", begann sie dann wieder zurfen.
Etienne seufzte tief. "Ich bin hier! Aber wir sind mit unserem Gespräch noch nicht fertig. Also geht wieder!", antwortete er. Auch wenn seine Stimme etwas heiser war, die Greiztheit konnte man dennoch sehr gut heraus hören.
"Aber...", setzte sie an.
"Du hast ihn doch gehört!", unterbrach Benoit sie und zog das Blondegift zurück in den Fahrstuhl. Er hatte durch den Tonfall seines Bruders genau erkannt, in welcher bestimmten Lage sie sich gerade befanden.
Als sich beide sicher waren, dass Benoit und Nathalie wieder auf dem Weg nach unten waren, entspannten sie sich.
"Dämmliches Miststück!", sagte Tiara grantig.
Über Etiennes Gesicht huschte ein kleines Grinsen.
"Ist doch wahr! Taucht die hier oben einfach auf! Was fällt der eigentlich ein?", schimpfte sie drauf los.
Sein Grinsen wurde breiter. Er war zwar selbst ziemlich frustriert über die ganze Situation, aber er fand es total süß, wie sie sich aufregte.
"Was grinst du denn jetzt so? Findest du wohl alles amüsant, was?", funkelte sie ihn mit grimmigen Blick an.
"Nein, aber ich find es süß, wie du dich gerade aufplusterst", grinste er wieder.
Sie schaute ihn immer noch böse an. Gerade als sie etwas sagen wollte, küsste er sie zärtlich. Schnell klang die Wut ab.
"Du bist gemein", flüsterte sie an seinen Lippen.
"Ich weiß", flüsterte er zurück und küsste sie noch einmal.
Er löste sich von ihr und sagte widerwillig: "Wir sollten uns lieber anziehen, bevor sie wieder hier hoch kommt." Er nahm sich seine Hose, zog sie an und gab Tiara ihr Kleid.
"Oder sie schickt ein spezial Polizeieinsatzkommando nach dir, da ich dich ja in meiner Gewalt habe und schlimme Dinge mit dir anstellen könnte", meinte sie, stand auf und stieg in ihr Kleid.
"Welche schlimmen Dinge denn?", raunte er ihr ins Ohr. Dabei löste er wieder ein starkes Prickeln in ihrem Unterleib aus.
"Etienne", seufzte sie, drehte sich zu ihm um und schaute ihn dann strafend an. "Lass das!" Sie wollte keinen zweiten Versuch starten, weil sie wusste das Nathalie früher oder später wieder hier oben auftauchen würde, darauf hatte sie keine Lust.
"Hast ja recht. Wir hauen hier aber bald ab, sonst platzt mir noch die Hose!", meinte er und könpfte die letzten Knöpfe seines Hemdes zu.
Tiaras Gesicht zierte ein breites Grinsen und ihre Augen wanderten unwillkürlich zu seiner golden Mitte.
"Grins nicht so und starr da nicht so hin!", murrte er und verschränkte die arme vor seiner Brust. Auch wenn es fies war, fand Tiara, dass Schadenfreude doch die beste Freude war. Frauen konnten besser verstecken, dass sie spitz wie Nachbars Lumpi waren.
Sie ging auf ihn zu. "Ohhh, mein armes Etiennischnucki", strich sie ihm sanft mit den Fingerspitzen über die Wange und unterdrückte ein Grinsen.
"Spar dir dein geheucheltes Mitgefühl!"
"Das wird bestimmt nicht mehr lange dauern", versicherte sie ihm.
"Hoffentlich", knurrte er.
Sie grinste wieder. "Bestimmt nicht und dann tun wir unanständige Dinge."
Seine Mundwinkel zuckten etwas.
"Gut, okay. Du wirst mein Sexsklave und kommst nie wieder aus meinem Bett. Zufrieden?"
Er grinste leicht. "Andersherum."
"Puh, das werden wir ja noch sehen", sagte sie betont verschnupft.
Etienne legte seine Lippen auf ihre und begann sie zu bewegen. Sie seufzte leise und ließ bereitwillig seine Zunge in ihren Mund. Tiara hatte das Gefühl in seinem Kuss zu versinken und sie hatte das Gefühl, dass sie nie mehr aufhören könnte ihn zu küssen, nicht mal unter Folter.
Er löste sich wieder von ihr. "Lass uns wieder runter fahren."
Sie blinzelte und musste erst einmal wieder in die Realität zurück kommen. "Weißt du eigentlich, dass deine Küsse süchtig machen?", fragte sie noch etwas benommen.
"Das freut mich, dann brauche ich ja keine Angst zu haben", sagte er leise.
"Angst wovor?"
"Das du je wieder einen Anderen küssen willst", antwortete er ehrlich.
Tiaras Herz schlug bei dieser Aussage bis zum Hals. Er liebte sie, liebte sie mit jeder Faser seines Körpers und das schon sehr lange. Wie konnte sie nur so blind gewesen sein? Auch sie liebte ihn schon eine ganze Weile, doch sie war so dumm gewesen, es nicht zu zulassen.
Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Nein, ich will keinen Anderen mehr küssen", dann vereinte sie die Lippen noch einmal, zu einem längeren Kuss, voller Leidenschaft.
Tiara löste sich von ihm und lächelte. "Bevor wie wieder nach unten fahren, muss ich noch mal kurz auf's Klo."
"Das kann sich ja nur um Stunden handeln", seufzte er.
Tiara streckte ihm die Zunge raus und ging zu den Toiletten.
Etienne setzte sich an einem Baum gelehnt hin. Er fuhr sich durch sein dunkles Haar und schloss dann die Augen, dabei ließ er das Geschehene Revue passieren. Unwillkürlich musste er grinsen. Endlich war sein geheimster und tiefster Wunsch wahr geworden. Tiara hatte die gleichen Gefühle wie er. Kein ständiges Verdrängen in ihrer Nähe mehr. Nun konnte er ihr jede Minute zeigen, was er für sie empfand und er musste sich nicht mehr zurück halten, wenn er den Drang verspürte sie zu küssen oder zu berühren. Er war gerade der glücklichste Mann auf Erden.
Tiara war inzwischen mit ihrem Toilettengang fertig. Sie wusch sich gerade die Hände und schaute dabei in den Spiegel. Sie dachte ebenfalls daran was eben passiert war und was leider nicht passiert war. Ihre Mine verdunkelte sich, als sie an Nathalie dachte. Dämliche Kuh Tiara verdrängte Nathalie aus ihren Gedanken und dachte stattdessen an Etienne. Da bekam sie ein Lächeln auf den Lippen. Sie war mit dem Hände abtrocknen fertig und ging wider nach draußen. Tiara sah das Etienne die Augen geschlossen hatte, es sah aus als ob er ein Nickerchen halten würde. Doch sie wusste das es nicht so war. Langsam schlich sie sich zu ihn heran und hockte sich neben ihn. Ein paar Strähnen seines Ponys fielen ihm ins Gesicht. Daraufhin kräuselte er die Nase und pustete sie weg. Wie süüüß, dachte Tiara entzückt. Vorsichtig näherte sie sich mit ihrem Kopf seinen und hielt dabei den Atem an, damit dieser sie nicht verriet. Sanft küsste sie ihn.
"Mhhhh", erklang es aus seinem Mund.
"So, Prinz Dornrösius, Sie müssen jetzt leider aus Ihrem Schlaf erwachen", meinte sie und musste lachen.
"Prinz Dornrösius?", schaute er sie verdutzt an.
Tiara winkte nur lachend ab und stand wieder auf. Etienne stand ebenfalls auf. Zusammen gingen sie zu dem Fahrstuhl zurück.
Als sie wider unten bei den anderen ankamen, war Mr. Ansell auch wider da. Er berichtete das Miss Maximowa und Miss Dearing es heute nicht mehr schaffen würden, hierher zu kommen. Da das Meeting mit der Kosmetikfirma etwas länger dauern würde als geplant. Deshalb konnte sie heute mit dem Dreh nicht mehr anfangen. Tiara war enttäuscht darüber, konnte es aber verstehen. Sie beschlossen dann alle zusammen essen zu gehen um sich schon einmal ein bisschen besser kennenzulernen.
Es zerriss Etienne das Herz als er erfahren hatte das Tiara im Krankenhaus lag. Sie wurde von einem verrückten Fan attackiert. Er stach ihr brutal in den Bauch, nur weil sie nicht mit ihm essen gehen wollte. Dabei lief es mit der Serie so gut und in ihrer Beziehung ebenfalls. Seit dem Tag als sie das erste Mal in dem Filmstudio waren und alle kennengelernt hatten, waren Etienne und Tiara ein Paar. Die erste Staffel der Serie, die den Namen "Bloody Sting of the Vampires" trug, war abgedreht, bearbeitet und lief bereits im Fernsehen. Sie kam sehr gut an. Die Einschaltquoten der Serie stiegen immer mehr an. Deshalb hatten Richard und der Chef des Fernsehsenders auch beschlossen, eine zweite Staffel zu drehen. So bald das Skript fertig wäre, wollte er sich mit ihnen zusammen setzen um sich die Wünsche und Ideen der Schauspieler anzuhören. Danach würde das komplette Drehbuch geschrieben werden und dann würden sie die zweite Staffel beginnen. So lange hatten Tiara und die anderen Schauspieler Drehpause.
Nachdem Tiara niedergestochen worden war, ließ der Typ sie einfach blutend auf dem Boden liegen. Wie lange genau sie dort gelegen hatte, bevor sie von Alain durch einen dummen Zufall gefunden wurde, konnte man nicht sagen. Mit Gewissheit konnte man aber sagen, dass es zu lange war. Denn sie hatte viel Blut verloren. Zum Glück hatte sie einen starken Lebenswillen und Kampfgeist, so lag sie nur drei Tage im Koma. Es hätte auch viel schlimmer kommen können.
Etienne verließ sein Loft und war auf dem Weg zu Tiara ins Krankenhaus. Auf dem Weg kaufte er noch ein Strauß Sonnenblumen, die sie so liebte. Er betrat das Krankenhaus und begrüßte freundlich die Schwester an der Rezeption. Viele von dem Krankenhaus kannten ihn mittlerweile schon, denn er war Tag und Nacht bei Tiara. Er wich ihr nicht mehr von der Seite. Etienne klopfte an Tiaras Tür. Als er rein trat, sah er das Mick schon bei ihr am Bett saß. Mick schien ihr irgendein Witz oder etwas Ähnliches zu erzählen, denn Tiara fing an zu lachen. Sie hatte noch gar nicht bemerkt dass er rein gekommen war, denn sie schaute nicht auf. Etienne war sich aber sicher das Mick ihn gesehen hatte, doch er machte keine Anstalten es Tiara zu erzählen. Etienne wusste das Mick in Tiara verliebt war. Er spürte, das, in ihm langsam die Eifersucht hoch kam, als Mick Tiaras Hand in seine Hände nahm und sie es geschehen ließ. Etienne räusperte sich lauter als es geplant war und endlich schaute Tiara zu ihm.
„Süßer“, strahlte sie ihn an. Er ging auf sie zu und gab ihr einen sanften Kuss. Mick beobachtete das alles aus griesgrämigen Augen.
„Wie geht’s dir mein Schatz?“, fragte Etienne fürsorglich.
„Ganz gut. Solange ich mich nicht zu viel bewege, spüre ich überhaupt keinen Schmerz“ antwortete sie. „Wusstet du das Mick die ganzen Tage und Nächte bei mir im Krankenhaus war, als ich im Koma lag?“, fügte sie mit strahlenden Augen hinzu.
„Er war was
?“, fragte er Stirn runzelnd und schaute dabei Mick an. Dieser grinste nur unschuldig. Mick hatte Tiara scheinbar erzählt das er angeblich die ganze Zeit fast ununterbrochen bei ihr gewacht hatte und sie glaubte ihm dies. Wie konnte sie auch anders, da er ja der erste war der anscheint im Krankenhaus nach ihrem aufwachen, dort war. Etienne stand eine Weile einfach nur so da und beobachtete die beiden. Sie unterhielten sich über die Serie. Immer wenn Etienne was gesagt hatte, wurde von ihm kaum Notiz genommen. Oder wenn er versuchte etwas dazu zu sagen, schnitt Mick ihm das Wort ab. Leichte Wut stieg in Etienne hoch, als er seine Fäuste ballen wollte um die Wut so etwas zu bändigen, fiel ihm ein das er ja noch den Blumenstrauß für Tiara in der einen Hand hatte.
„Schau mal, ich hab dir deine Lieblingsblumen“, lächelte Etienne sie an.
„Oh ja, schön“, lächelte sie halbherzig und ohne den Blick von Mick ab zu wenden. „Irgendwo im Schrank müsste glaub ich noch eine Vase sein. Wenn nicht hat bestimmt die Stationsschwester eine“ sagte sie dann noch zu ihm und er hatte das Gefühl als ob sie ihn loswerden wollte, als ob er eine lästige Fliege für sie wäre.
„Am besten ich schenke sie gleich ihr!“, murmelte Etienne erbost und verließ das Zimmer. Draußen begegnete er einer Krankenschwester und schenkte ihr den Straußblumen. Sie war darüber erfreut und verwirrt zu gleich.
„Was war denn jetzt?“, wunderte sich Tiara und sie spürte wie sie sauer wurde.
„Weiß ich nicht. Vielleicht ist er heute mit dem falschen Fuß aufgestanden.“, sagte Mick scheinheilig und lächelte. In seinen Augen lag Triumph.
„Dann hätte er doch wenigstens etwas sagen können, bevor ging“, verschränkte sie verärgert die Arme vor der Brust.
„Ach reg dich doch nicht so auf. Das ist in deinem jetzigen Zustand noch nicht gut“, sagte er sanft.
Am Abend kam Ilja noch zu Besuch. Tiara war immer noch verärgert über Etiennes Verhalten. Zwischendurch kamen auch alle anderen zu Besuch, da versuchte sie sich zusammen zu reißen und sich nichts an merken zu lassen. Bei Ilja versuchte sie das auch, doch er kannte sie zu gut, als das sie irgendetwas vor ihm verheimlichen konnte.
„Cousinchen, was ist denn los?“ fragte er sie noch einmal.
Sie ließ ein kleinen Seufzer erklingen und erzählte ihm dann alles was am Nachmittag als Etienne da war, passiert war.
„Tia, da hat dich Herr von und zu Mick ganz schön angeflunkert“, meinte Ilja daraufhin.
Tiara runzelte irritiert die Stirn. „Hä? Wie meinst du das?“
„Mick war es nicht der Tag und Nacht an deinem Bett saß, sondern Etienne.“
Tiara riss geschockt die Augen auf und schlug eine Hand vor dem Mund. „Oh Gott! Ich bin so dumm. Wie konnte ihm nur glauben? Ich bin wirklich naiv. Kein Wunder warum Etienne jetzt sauer ist“, sprudelte es aufgebracht aus ihr heraus.
„Das lag vielleicht daran das du heute erst aufgewacht bist, vielleicht ist man da noch ziemlich leichtgläubig“, versuchte er sie zu beruhigen. „Etienne hätte aber auch nicht gleich so überreagieren müssen.“
„Trotzdem. Jetzt ist er sauer und ich kann nicht zu ihm um mich bei ihm zu entschuldigen“, schaute sie Ilja traurig an.
„Ach Quatsch! Du weißt doch das er nie lange auf dich sauer sein kann. Hast du ihn denn heute schon mal versucht anzurufen?“
Tiara schüttelte den Kopf. „Ich blöde Kuh war zu stur.“
Ilja schmunzelte. „Ruf ihn an und bitte ihn her zu kommen.“
Tiara überlegte kurz ob sie ihn Etienne wirklich an rufen sollte. Sie entschied sich dafür. Ein kurzes Lächeln warf sie Ilja zu bevor sie dann den Telefonhörer des Krankenhauses in die eine Hand nahm und mit der andere Etiennes Handynummer wählte. Sie ließ es solange klingeln bis sich die Mailbox einschaltete.
„Er geht nicht ran“, sagte sie betrübt und ließ die Schultern hängen.
„Versuch es weiter! Wo ist dein Kämpferherz geblieben?“, lächelte Ilja sie an. Tiara versuchte es noch viermal bei Etienne an zurufen, doch er ging kein einziges Mal ran. Sie gab auf.
„Ich glaub jetzt hab ich erst mal bis in die Steinzeit bei ihm verschissen“, seufzte sie und ließ sich vorsichtig zurück ins Bett sinken.
„Ach, mach dir keine Gedanken. Er kommt dich bestimmt morgen wider besuchen“, versicherte Ilja ihr.
„Ich hoffe es“, lächelte sie matt.
„Klar. Ruh dich jetzt erst mal aus. Wir sehen uns morgen.“ Ilja gab ihr ein Kuss auf die Stirn und ging.
Fast zwei Wochen musste Tiara noch im Krankenhaus bleiben. Etienne kam sie nicht mehr besuchen, darüber war sie sehr traurig gewesen. Auf ihre Anrufe reagierte er ebenfalls nicht. Hatte sie ihn etwa so verletzt, dass er nichts mehr von ihr wissen wollte? Eigentlich nicht. Klar, es war nicht gerade toll gewesen, dass sie ihn nach ihrem Aufwachen wie Luft behandelt hatte, als Mick da war. Aber dies hatte sie doch nicht mit Absicht getan und es tat ihr auch leid. Nur wie sollte sie sich bei ihm entschuldigen, wenn er sie ignorierte? Ziemlich unfair. Seit wann war er denn so nachtragend geworden?
Tiara schlief. Es war die Nacht vor ihrer Entlassung. Wie auch schon die ganzen Tage zuvor, seit dem sie den Streit mit Etienne hatte, schlief sie sehr unruhig. Geräusche los ging ihre Zimmertür auf und Etienne schlich sich herein. Mit einem liebevollen Blick schaute er die schlafende Tiara an. Vorsichtig gab er ihr ein Kuss auf die Stirn und setzte sich dann auf dem Stuhl neben ihrem Bett. Tiara drehte sich im Schlaf auf die linke Seite, nahm unbewusst Etiennes Hand in ihre und drückte sie an ihre Brust, dabei flüsterte sie seinen Namen. Etienne wollte seine Hand wegziehen, doch er ließ es bleiben. Sein Schmerzerfüllter Blick ruhte auf ihr. Warum muss das Leben manchmal nur so grausam sein, fragte er sich. Er hatte eine ziemlich schwere Entscheidung gefasst, die er leider nicht umgehen konnte. Langsam zog er seine Hand aus Tiaras Umklammerung und achtete dabei genau darauf das er sie nicht aufweckte. Dann stand er auf, strich Tiara sanft die Ponyfransen aus der Stirn und flüsterte: „Es tut mir unendlich leid, mein Engel.“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, betrachtete sie noch ein mal kurz und verließ das Zimmer wieder.
Wenige Stunden später wachte Tiara auf. Ilja war gekommen um sie abzuholen.
„Na Cousinchen, wie geht’s dir?“, fragte er sie fröhlich und holte ihre Reisetasche von dem Schrank herunter.
„Na ja, eigentlich ganz gut. Aber...“, sie verstummte und Ilja wusste sofort an wen sie dachte.
„Hey, das renkt sich schon wider ein. Mach dir keine Sorgen. Geh doch einfach nachher mal zu ihm und rede mit ihm“, versuchte Ilja ihr Mut zu machen.
Sie nickte. „Vielleicht hast du ja recht.“
Zusammen packten sie dann Tiaras Sachen zusammen und verließen das Krankenhaus. Auf dem Weg nach draußen verabschiedete sich Tiara von den Schwestern und dem Arzt der sie behandelt hatte. In einer Woche sollte sie noch einmal vorbei kommen, damit er die Fäden ihrer Wunde ziehen konnte.
Ilja setzte Tiara bei Etiennes Wohnung ab, aber bevor sie ausstieg gab sie ihm ihren Wohnungsschlüssel damit er ihre Tasche in ihre Wohnung bringen konnte. Tiara hatte ein merkwürdiges flaues Gefühl im Magen, als sie immer näher zur Eingangstür des Apartmentblocks schritt. Es fühlte sich so an, als ob sie gleich etwas erfahren würde, was ihr den Boden unter den Füßen wegreißen würde. Sie atmete einmal tief durch, dann klingelte sie. Als der Summer erklang, drückte sie Tür auf und folgte den Treppenstufen nach oben in den zweiten Stock. Ihr flaues Gefühl im Magen wurde bei jedem Schritt immer schlimmer. Es breitete sich schon bis zu ihrem Hals hinauf aus. Fast schnürte es ihr die Kehle zu.
Tiara schaute auf und sah Etienne bereits in der Tür stehen. Ihr Herz fing an wie wild zu pochen. Doch sein Blick verriet ihr, dass nichts gutes bei dem Gespräch heraus kommen würde, so wie es ihr, ihr Gefühl schon voraus gesagt hatte. Etiennes Mine war undurchschaubar und zugleich auch bedrückt. Am liebsten wäre Tiara wider gegangen. Was ist nur los? Warum schaut er denn so? Ist er wirklich immer noch verärgert wegen des Vorfalls im Krankenhaus
, fragte sich Tiara. Diese Miene setzte er normalerweise nur auf, wenn er eine Entscheidung getroffen hatte, die ihn eigentlich nicht gefiel er sie aber aus bestimmten Gründen trotzdem machen musste.
„Hi Etienne“, sagte sie zaghaft.
Seine Mine blieb unverändert. „Hallo Tiara.“
Tiara?! Er ist mehr als nur sauer...
, stellte Tiara angespannt fest. Sie seufzte innerlich.
„Etienne, es tut mir leid dass...“
„Tiara, ich muss dir etwas sagen“, unterbrach er sie mitten in dem Satz. Tiaras ungutes Gefühl wurde schlimmer. Normalerweise tat er so etwas nicht, einfach jemanden zu unterbrechen.
„Als du im Krankenhaus lagst, ist es etwas passiert, das nicht hätte passieren dürfen. Ich habe mit einer anderen Frau geschlafen. Ich weiß, es ist nicht schön, aber es ist nun mal passiert. Wir haben uns auch öfters getroffen und ich habe mich in sie verliebt. Ich glaube ich habe sie schon die ganze Zeit geliebt. Das mit dir war mehr Schein als sein. Ich habe es mir wohl nur eingeredet das ich dich liebe. Ich weiß es ist jetzt ganz schön hart es so zu erfahren, aber es ging nicht anders. Ich hoffe du wirst mir irgendwann verzeihen können“, teilte er ihr dann mit.
Tiara starrte Etienne fassungslos an. Unfähig zu denken oder zu sprechen. Er hatte ihr gerade auf das Schlimmste ihr Herz heraus gerissen und es zertrampelt. In ihrem Herzen begann sich langsam ein großes tiefes Loch hinein zu fressen. Sie konnte es richtig spüren, reflexartig griff sie mit einer Hand dorthin. Und wäre das alles nicht genug, vernahm sie aus Etiennes Wohnung eine weibliche Stimme, die nach ihm rief. Tiara erkannte diese Stimme sofort. Es war Nathalies. Ein weiterer Stich ging durch ihr Herz. Jede andere Frau hätte sie erwartet und vielleicht auch akzeptiert, aber nicht sie
.
„Ich muss wider rein“, meinte Etienne, musterte Tiara kurz und ging ohne ein weiteres Wort wieder in seine Wohnung. Tiara stand einige Minuten völlig regungslos da. Der Schmerz schien sie regelrecht paralysiert zu haben.
Doch dann setzte sie sich langsam und völlig betäubt von dem Schmerz in Bewegung. Wie und wann sie bei sich zu Hause angekommen war, wusste sie nicht. Ihr Zeit- und Wahrnehmungsgefühl war verschwunden. Das Einzige, was sie kurz mitbekam war, dass Ilja sie in ihre Wohnung hoch gelassen hatte.
"Bist du sicher, dass Todsünde sich hier aufhalten soll?", fragte Valentina.
"Das werden wir dann schon sehen", brummte Marco ohne den Blick von der Straße zu nehmen.
"Ja, aber Currantpears? Was sollte der denn hier wollen?"
"Beim sterben ums Leben kommen."
Valentina blinzelte ihren Partner ungläubig an.
Marco zuckte mit den Schultern. "Wer blöd fragt, bekommt eine blöde Antwort."
Die hübsche Italienerin zog eine Grimasse und schaute dann aus dem Autofenster. Das Wetter glich fast einem Weltuntergang. Es goss wie aus Eimern und der Wind peitschte über die Straße. Die Scheibenwischer kämpften sich über die Windschutzscheibe.
Lange hielt sie aber ihr Schweigen nicht aus. Die junge Italienerin redete nun mal gern und viel. Außerdem erschien ihr das Ganze, zu suspekt. Todsünde, ein tükischer Serienmörder, hielt sich plötzlich in dem beschaulichen Currantpears auf. Wo er doch vorher, für eine ganze Weile untergetaucht war. Auch passte Currantpears geographisch nicht in seinem Profil. Schließlich hatte er mit Frankreich, Spanien und Deutschland, zu erst in Europa gemordet und nun machte er einen riesigen Sprung nach Amerika? Ziemlich fragwürdig! Sie nannten den Mörder deshalb Todsünde, weil seine ersten drei Morde, die sieben Todsünden, als Vorlage hatten.
"Ist der Informant verlässlich?"
"Sehe ich so aus, als ob ich mir jeden Blödsinn auf die Nase binden lasse?", brummte er wieder.
"Nein, natürlich nicht. Aber hätten dann nicht Benoit oder Alain etwas gesagt, wenn ihnen etwas merkwürdig erschien wäre?"
"Vielleicht haben sie das auch." Er seufzte tief. Diese Frau machte ihn wahnsinnig, mit ihrer ständigen Fragerei.
Valentina schaute ihn mit leicht geöffneten Mund und großen Augen an. "Wie jetzt?" Sie merkte, mit was für einen dämlichen Gesichtsausdruck sie ihn anschaute und schüttelte kaum merklich den Kopf. "Ach dann war einer der beiden der Informant? Warum hast du nichts gesagt?"
"Du hast nicht gefragt!"
Sie bließ geräuschevoll die Luft aus ihren gefüllten Wangen, doch sie zwang sich, sich nicht aufzuregen. Sie wusste ja wie ihr Partner war. "Wer von beiden hatte denn angerufen?"
"Beide. Sie haben zusammen angerufen."
"Och Schade, ich hätte so gerne mal wieder mit ihnen gesprochen", sie zog einen Schmollmund. "Besonders mit Flirtikuss Benoit", musste sie dann kichern.
Marco enthielt sich seiner Meinung. Sein Cousin Benoit war ein unverbesserlicher Casanova, der noch ziemlich grün hinter den Ohren war.
"Also fahren wir jetzt zu ihnen? Oder suchen wir sofort nach Todsünde?" Er brauchte sie nicht einmal anzusehen, um zu wissen wie sehr sie auf ersteres erpicht war. Bei letzteres würde für sie eine Welt zusammen brechen.
"Dio mio!
Heirate ihn doch!", schüttelte er seinen Kopf.
"Och armer schwarzer Kater, bist du jetzt eifersüchtig?", kraulte sie ihm das Kinn.
Marco schnaubte belustigt. "Ja, ganz doll."
Er überquerte eine Kreuzung und folgte der Straße. Neben ihnen erstreckte sich zu beiden Seiten ein weites Feld. Wobei sich links, langsam ein Wald aufbaute. Vor ihnen tauchten ein paar Lichtpunkte auf, die signalisierten das Currantpears nicht mehr fern war.
Viele Gebäude umzingelten halb, die Stadt. In der Mitte befand sich, wie in jeder Stadt auch, das größte Treiben. Es gab einige Hochhäuser, Türme mit diversen Büros, Clubs, Bars, Restaurant, Einkaufshallen und kleinere Läden für unterschiedlichen Bedarf. Zum Westen hin, befand sich das Viertel mit den Menschen die aus etwas ärmeren Verhältnissen kamen, Süden waren die meisten Familien aus der Mittelschicht, im Osten lag der Strand mit dem schönen See und einige schicke, teure Villen der Reichen. Der Norden war das Gewerbegebiet. Currantpears befand sich im St. Louis County, was wiederrum im Bundesstaat Minnesota lag. Da es sehr weit nördlich war, war es beinahe nur ein Katzensprung nach Kanada.
Das einzige, was Currantpears leider noch nicht besaß, war ein Flughafen. Deshalb mussten sie von Ely bis zu ihrem Ziel, mit einem Leihwagen fahren.
Marco hielt an einer rotgewordenen Ampel und wartete geduldig bis diese wieder grün würde. Danach fuhr er die Straße entlang zu einer Kreuzung, die zu einem Hotel führte. Dort hatten sich Benoit und Alain einquartiert.
Sie stiegen aus und Marco gab dem Hotelpagen den Autoschlüssel, damit dieser das Auto in die Parkgarage fuhr. Die beiden Italiener betraten das Hotel und checkten ein. Valentina ließ ein Blick über das Foyer gleiten. Der Stil gefiel ihr, er war modern und hipp. Sie wusste aber das Marco der Stil nicht wirklich gefallen würde und das er deshalb der ganzen Einrichtung kaum Beachtung schenken würde. Er mochte es eher klassisch. Doch da seine Cousin hier zurzeit aufhielten und er wenig Lust hatte, ständig hin und her zu fahren, wenn er mit ihnen reden wollte, musste er leider mit diesem Hotel vorlieb nehmen. Marco war auch einer der wenigen oder sogar einzigen Männer, den sie kannte, der Handys verabscheute und seines wirklich nur in dringende Notfälle benutzt. Die Frage nach dem Warum, hatte er ihr nie beantwortet. Es gab eben bestimmte Sachen an ihm, die man einfach so hinnehmen musste, egal ob es Äußerungen, Charaktereigenschaften oder Handlungen waren.
Sie folgten dem Gepäckträger zu ihrem Zimmer, das sich in der zweiten Etage befand. Es war eine große Suite mit zwei Zimmern, an denen jeweils ein Bad grenzte und einem Wohnbereich.
Nachdem der Hotelboy mit einem freundlichen Lächeln gegangen war, ließ sich Valentina auf eines der hellen Ledersofa fallen. "Endlich kein harter Autositz mehr", seufzte sie zufrieden.
Marco achtete nicht auf sie und inspizierte den Minikühlschrank, ob dort auch die bestellten Getränke gelagert wurden. Es war der Fall und er schloss die Tür wieder. Danach richtete er sich auf und ging zum Fenster. Es regnete noch immer. Wie es aussah, würde es auch die ganze Nacht so weiter gehen. Also würde es heute nichts mehr werden, das Versteck von Todsünde zu suchen und es zu beobachten. Wirklich Lust hatte er in dem Regen auch nicht. Seufzend drehte sich Marco um und schaute zu Valentina. Wie herrlich es doch war, wenn sie mal nicht ununterbrochen redete. Richtig himmlisch!
Valentina bemerkte seinen Blick und schaute ihn verführerisch an. "Na Süßer, willst du nicht ein bisschen zu mir kommen?"
Er zeigte ihr einen Vogel, in dem er sich mit dem Zeigefinger mittig gegen die Stirn tippte. "Du spinnst wohl! Komm jetzt, wir gehen zu Alain und Benoit. Ich will wissen, ob sie inzwischen noch mehr herraus gefunden haben." Er ging zur Tür.
"Yay!" Valentina sprang von dem Sofa auf und tänzelte ihm hinterher.
"Könntest du das mal lassen?", brummte er und ließ die Tür ins Schloss fallen, als sie auf dem Flur standen.
"Was denn?", fragte sie unschuldig, wohl wissend was er meinte.
"Frag nicht so blöd", murmelte er.
"Ach nun sei doch nicht so, Brummbärchen", lächelte sie, ging nun aber normal neben ihm.
Sie mussten bis an das Ende des Flures gehen, um zu dem Zimmer der beiden zu gelangen. Marco klopfte an die Tür und Benoit rief in einem fröhlichen Ton "Herein".
Kaum hatten Marco und Valentina den Raum betreten, sprang sie Benoit auch schon erfreut in die Arme.
"Tina, meine Schöne, na wie gehts?", grinste er.
"Bestens und dir?"
"Dito", antwortete er. "Und wie war es mit Brummbärchen so lange allein zu sein?", fügte er flüsternd hinzu.
"Ach, war ganz in Ordnung. Er war ganz lieb. Du weißt doch, wenn ich will bekomm ich ihn schon handzahm", flüsterte sie zurück.
"Stimmt, bei Gelegenheit musst du mir mal zeigen wie."
"Mach ich, ob es klappt weiß ich aber nicht."
Das Getuschel der beiden ging Marco gehörig auf den Geist. "Wo ist der Intelligentere von euch beiden?", knurrte er Benoit an.
"Er hat mich doof genannt, hast du das gehört? Mein eigener Cousin", murrte er leise und spitzte die Lippen. Er sah aus wie ein pikierter Fisch.
"Das hat er nicht so gemeint", schüttelte Valentina eifrig mit dem Kopf und tätschelte ihm den Rücken. Sie musste sich das Lachen verkneifen. "Stimmst Marco? Das hast du nicht so gemeint?", lächelte sie ihn an.
Gerade als Marco etwas sagen wollte, öffnete sich einer der Zimmertüren und Alain kam heraus. Er schien geduscht zu haben, denn er trocknete sich sein langes, dunkles Haar mit einem grünen Handtuch ab.
"Alain!", sprang Valentina auch ihn erfreut in die Arme.
"Bonjour petit
", lächelte er.
"Seid ihr jetzt fertig, mit euren idiotischen Begrüßungsfloskeln?" Genervt ging er an ihnen vorbei und setzte sich auf das kleinere der beiden Sofa.
"Da hat aber jemand gute Laune", bemerkte Alain ironisch und brachte das Handtuch auf seinem Zimmer. Danach setzte er sich zu seinem Cousin.
Valentina und Benoit schauten sich an, zogen zeitgleich eine Grimasse und setzten sich ebenfalls auf den Sofas.
"Habt ihr noch irgendetwas Neues herausgefunden?", kam Marco gleich zur Sprache.
"Könnte sein, dass es nichts mit Todsünde zu tun hat, aber seit vorgestern finden merkwürdige Entführungen statt", erklärte Alain.
"Es wird jeden Tag, irgendjemand entführt", meinte er unberührt.
"Ja, aber nicht mit einer auffälligen Zahl von zwanzig in einer Nacht, in einer mittelgroßen Stadt", erläuterte Benoit.
"Zwanzig in einer Nacht?", wiederholte Valentina entsetzt.
"Ja", bestätigte er und seufzte. Für diese Information brauchten sie nicht einmal ihre Beziehungen spielen lassen, weil die Tat ziemlich schnell in den Medien war. Grund war ein berühmter Nachrichtensprecher der Stadt, der nicht zur Arbeit gekommen war.
"Passt aber nicht auf Todsünde, es sei denn er hat sein Tatmuster geändert", murmelte Marco und Zweifel lag in seiner Stimme.
"Du glaubst aber nicht daran?", schaute Benoit ihn fragend an.
"Nein, die meisten Täter dieser Art bezeichnen ihre Tat als Werk. Todsünde ist da nicht anders, besonders weil die sieben Todsünden seine Vorlage sind", antwortete er.
"Der Typ hat doch eindeutig zu viel Sieben geschaut", schüttelte er den Kopf.
"Wissen die Medien schon davon?", wollte Marco wissen.
"Leider schon, weil unter den Entführten, ein recht bekannter Nachrichtensprecher des Bundesstaates ist", antwortete Alain.
Marco seufzte tief. Nicht immer war es vom Vorteil, wenn die Medien, besonders Fernsehen, von Straftaten wussten. Oft erschwerten sie die Suche oder trieben die Täter nur noch mehr an, weil sie sich in ihrer Tat bestätigt fühlten, da sie sehr auf Aufmerksamkeit erpicht waren. "Ich denke aber, nach wie vor, dass Todsünde damit nichts zu tun hat, also gehen uns die Entführungen nichts an",meinte er dann Schulter zuckend.
"Marco!", schaute Valentina ihn entrüstet an. Sie war geschockt, wie wenig Interesse er an den entführten Menschen zeigte.
"Was denn?", wunderte er sich.
"Das kannst du aber nicht sagen, dass uns die verschleppten Personen nichts angehen."
"Natürlich kann ich das, weil es so ist", beharrte er.
"Wir müssen doch etwas tun, nicht dass noch mehr entführt werden."
"Wozu? Die örtliche Polizei wird sich darum kümmern. Wir haben genug mit unserem Fall zu tun."
"Ja, aber was ist, wenn der Entführer schon zum Mörder geworden ist?", gab sie zu bedenken.
"Dann ist mindestens die Hälfte davon Tod", antwortete er.
Die Gleichgültigkeit, mit der er diese Aussage traf, entsetzte sie noch mehr. Manchmal war ihr Partner ein richtiger Eisblock.
"Wir müssen aber etwas tun, vielleicht ist es noch nicht so schlimm", startete sie einen neuen Versuch ihn zu überzeugen, die Entführten zu suchen. Sie konnte einfach nicht zu lassen, dass noch mehrere verschleppt oder die Zwanzig ermordet wurden. Es war zwar unwahrscheinlich, aber vielleicht hatte ja Todsünde doch etwas damit zu tun.
Marco fuhr sich seufzend durch sein Haar. Sie hatten schon genug mit Todsünde zu tun, nein seine Partnerin musste sich unbedingt auch noch um den Entführungsfall kümmern. Dies ging ihm tierisch auf den Sack!
"Marco." Sie schaute ihn bittend an.
"Dann mach doch was du willst!", stand er genervt auf und ging zu einem der breiten Fenster. Grimmig schaute er auf die Straße, die von dem Dauerregen noch immer durch gespült wurde.
Sie stand ebenfalls auf und folgte ihm. "Danke Brummbärchen, wir schaffen das schon", legte sie ihm lächelnd eine Hand auf die Schulter.
Er drehte sich um. "Wir? Vergiss es, du wirst dich, wenn denn, allein darum kümmern! Von mir aus kannst du auch Benoit und Alain als Partner nehmen, aber ich werde mich um Todsünde kümmern", knurrte er sie an.
"Wir brauchen dich aber."
"Warum? Ihr seid zu dritt."
"Weil du der Beste bist", lächelte sie ihn an.
Marco schwieg und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
"Brummbärchen."
Seine Verärgerung stieg noch mehr an. Jetzt schaute sie ihn schon wieder mit diesem verfluchten Hundeblick an! Wenn das so weiter ginge, würde er sie heute noch fressen! "Du nervst!"
Sie gab ihm ein Küsschen auf die Wange. "Ich wusste doch das du uns helfen wirst." Vergnügt setzte sie sich wieder hin.
"Ich denke, wir werden es nie schaffen, Marco so um den Finger zu wickeln", seufzte Benoit leise.
Alain schmunzelte. "Tja, wir sind halt keine Frauen, die große Kulleraugen machen können."
"Haltet beide die Klappe!", herrschte er sie an.
Benoit murmelte irgendetwas unverständliches vor sich hin und Alain unterdrückte ein weiteres Grinsen. Marco noch mehr zu reizen wäre nicht gut, er hing an sein bisschen Leben was er hatte.
"Gibt eine bestimmte Opferart die sie entführt haben? Nur Männer über dreißig, oder so?", begann Valentina nun Fragen über die Entführten zu stellen.
"Nein, es war alles vollkommen wahllos", antwortete Benoit.
"Ist schon bekannt ob es sich um einen oder mehrere Täter handelt?"
"Nein, leider nicht."
Sie seufzte. Wirklich viel gab es bei diesem Fall ja noch nicht zu berichten. Wo fingen sie jetzt am besten an? Eine Weile schwiegen sie, wo jeder seinen eigenen Gedanken nachhing.
"Wir sollten uns erst einmal alle Daten der Opfer geben lassen, vielleicht haben sie ja doch irgendeine Gemeinsamkeit", schlug Valentina vor und durchbrach so die Stille.
"Dann wirst du nachher mit Benoit zum Polizeirevier fahren", meinte Marco. Er würde sich erst dann aktiv an den Fall beteiligen, wenn sie Akten der Opfer hatten. Sein Blick wanderte zu der Wanduhr. Es war schon fast fünf Uhr. Bevor er mit der Suche nach Todsünde beginnen würde, wollte er sich noch ein bisschen hinlegen.
Tage waren vergangen, in denen Tiara nur in ihrem Bett lag. Sie wollte nichts sehen, nichts hören, essen oder trinken. Sie wollte einfach nur schlafen, um dann wieder aufzuwachen und zu erkennen, dass alles nur ein böser Traum war. Doch dem war nicht so. Jedes Mal, wenn sie wieder erwachte, spürte sie das große Loch, welches sich tief in ihrem Herzen gefressen hatte. Der Schmerz war so stark, dass er sie immer wieder zurück in das Bett warf, wenn sie versuchte aufzustehen. Ihre Augen waren vom vielen weinen ganz rot, angeschwollen und taten weh. Die meiste Zeit über, hielt sie sie deshalb geschlossen. Aber auch, weil sie Etienne über all in ihrem Zimmer sah, egal wo sie hinschaute.
Die Vorhänge in ihrem Schlafzimmer waren zugezogen und hatten schon seit einigen Tagen kein Licht mehr reingelassen. Wenn Ilja nicht jeden Tag vorbei schauen würde und sich um ihre Lebensmittel kümmerte, wäre alles schon längst verdorben. Eigentlich brauchte er ihr, keine Nahrungsmittel kaufen, sie aß nichts und trank nur etwas, wenn sie wirklich musste, aber er hatte große Hoffnung das sie aus ihrer Schmerzstarre erwachen würde. Ihre Freunde kamen sie so oft sie konnten besuchen. Zac schneiderte ihr ständig Kleider, weil er wussten wie sehr sie diese liebte und er war frohen Mutes, dass sie sie irgendwann tragen würde. Marina und Filippo schimpften viel über Etienne und lästerten über Nathalie, wodurch Tiaras Mundwinkel manchmal leicht zuckten. Was ein riesengroßer Fortschritt war, denn am Anfang, fing sie immer gleich zu weinen an, wenn sie seinen Namen hörte. Vivianne und Benoit brachten einige DVDs mit und schauten Filme ihrer Wahl. Die meisten waren Action- oder Horrorfilme. Manchmal schauten sie aber auch Liebesfilme, wo sie sich dann lustig über die Pärchen machten. Alain schaffte es stets mit seiner ruhigen Art sie zum trinken zu bewegen. Letztens konnte er sie sogar dazu bringen, einen halben Schokodonut zu essen, wohl wissend, dass sie ein Schokoholic war. Katharina, mit der sich beim Studio richtig eng angefreundet hatte, versuchte sie immer zum Aufstehen zu animieren, bis jetzt hatte es nicht geklappt. Tiara stand nur in äußersten Notfällen auf - der Toilettengang war leider unvermeidlich.
Durch ihre Freunde hatte sie auch erfahren, dass am Set eine richtige Grippenepedemie herrschte. Etliche Schauspieler, Kameramänner, Stylisten und auch Mr. Ansell waren von der Grippe befallen, deshalb konnten sie mit der zweiten Staffel der Serie nicht so beginnen, wie sie es geplant hatten. Gott oder irgendwer anderes, schien Mitleid mit ihr zu haben, sodass sie wenigstens nicht gefeuert wurde, wegen ihrer langen Abwesenheit
Tiara lag ein gekuschelt in ihrer Decke und neben ihr ein weißes Hemd von Etienne, was er mal bei ihr vergessen hatte. Es roch immer noch sehr nach ihm, weshalb sie oft daran schnupperte. Besonders wenn sie wieder einen Heulkrampf bekam. Durch den Geruch stellte sie sich vor, dass er sie in den Arm nahm. So fühlte sie sich geborgen und beruhigte sich wieder. Immerhin war es aber auch schon ein Fortschritt, dass sie maximal nur noch zweimal am Tag weinte und das, wenn sie allein war. Ihre Freunde hatten es selten geschafft sie zu beruhigen, außer Alain mit seiner ruhigen Art und den richtigen Worten. Wenn sie nicht gerade verlassen worden wäre und von Kummer und Schmerz zerfressen und mit der Liebe beziehungsweise den Männern eigentlich gar nichts mehr zu tun haben wollte, hätte sie sich glatt in ihn verlieben können. Auch Mick kümmerte sich liebevoll um sie. Jedes Mal wenn er sie besuchte, brachte er ihr ihre Lieblingsblumen die Sonnenblumen mit und er stellte sich bereitwillig als Kuschelersatz zur Verfügung.
Aber der, den sie sich am sehnlichsten herbei wünschte, kam nicht ein einziges Mal zu Besuch. Das versetzte ihr jeden Tag aufs Neue ein Stich in ihr Herz, wodurch das tiefe Loch nicht heilen konnte. Natürlich war es keine so gute Idee, wenn sie ihn sehen würde, der Schmerz würde davon nicht aufhören, aber sie wollte einfach nur mit ihm reden, seine Stimme hören und sein wunderschönes Lächeln sehen.
Warum musste sie sich ausgerechnet in ihren besten Freund verlieben? Das fragte sie sich jeden Tag, ohne eine vernünftige Antwort zu bekommen. Sie hatte gewusst, wie zerstörerisch die Liebe sein kann, wenn es eine Trennung geben würde. Aber nein, sie wollte ja nicht auf die Stimme der Vernunft hören! Nun musste sie mit den Konsequenzen leben. Allerdings hätte sie nicht gedacht, dass dieser Liebeskummer so schmerzhaft werden würde. Die Liebe war ein Arschloch, die nur am Anfang schön war und sonst alles zerstörte! Ihr Groll richtete sich nicht gegen Etienne, sondern einzig allein der Liebe. Sie hatte ihr Herz erst mit seinem verbunden und sie war es, die ihn dann weggenommen und einer anderen geschenkt hatte. Aus ihr hatte sie ein von Liebeskummer zerfressenes Frack gemacht. Wahrlich, die Liebe war ein Arschloch!
Wie jeden Tag, lag Tiara in ihrem Bett und versuchte ihre Sehnsucht und ihren Kummer weg zuschlafen. Was ihr leider, mehr schlecht als recht gelang.
Von ihren morgendlichen Heulkrampf hatte sie sich erholt und glücklicherweise hatten die darauffolgenden Kopfschmerzen nachgelassen.
Heute schossen ihr wieder einmal die Fragen durch den Kopf, warum Etienne sie verlassen hatte und wieso er sich ausgerechnet für ihre Erzfeindin Nathalie entscheiden musste. Jede andere hätte sie akzeptieren können, aber nicht dieses olle Miststück! Falls sie es jemals wieder schaffen sollte, aus ihrer Wohnung, geschweige denn aus ihrem Bett zu kommen, sah sie das triumphierende und herablassende Lächeln von ihr schon vor sich, mit dem sie sicherlich begrüßt werden würde. Dazu würde sie sich ganz eng an Etienne kuscheln, um ihr erst recht eins rein zu würgen.
Tiara hörte, wie in der Wohnungstür ein Schlüssel herein gesteckt und umgedreht wurde. Es war bestimmt einer von ihren Freunden, der sie wieder versuchen würde aufzuheitern. Wenn es nicht so sein sollte und ein Mörder ihren Schlüssel geklaut haben sollte, dann war es ihr auch recht. Er würde es schaffen, ihren Schmerz für immer zu nehmen.
Doch zu ihrer, geheimen, Enttäuschung war es Katharina die sie besuchte. Sie kam in das Zimmer geschlichen und setzte sich behutsam auf das Bett.
"Süße, bist du wach?", fragte sie sanft, weil sich Tiara nicht ein einziges Mal bewegt hatte. Normalerweise war sie nachmittags immer wach und sie bewegte mindestens ein Körperteil, wenn jemand in das Zimmer kam.
"Nein, ich bin tot, hier spricht nur noch mein Geist", entgegnete sie und drückte eines ihrer Kissen an sich.
"Das auch noch", seufzte sie theatralisch, "auf eine Beerdigung habe ich aber gerade wenig Lust. Übrigens wusste ich gar nicht, dass Leichen Kissen an sich drücken können."
"Das waren die letzten Zuckungen." Kam ihre Stimme nur nuschelnd und gedämpft zum Vorschein, da sie ihren Mund in das Kissen vergraben hatte.
"Aja, so so. Was machen Leichen denn, wenn man ihnen den Bettdecke wegzieht?", grinste die Blonde frech und zog ihr einfach die weg. Diesmal klappte es auch, sonst hielt Tiara die Decke eisern fest, wodurch nicht mal ein Kran diese wegbekam.
"Ey, was soll das?", brummte sie vom Kissen hervor, zog die Beine höher an, sodass sie nun in Fötusstellung dalag.
"Sieh mal einer an, noch ein paar letzte Zuckungen der Leiche", stellte Katharina ironisch fest.
"Nein, wegen dir bin ich zum Zombie geworden", murrte sie.
"Vom Deckewegziehen?", fragte sie verblüfft.
"Ja."
"So einfach kann man Zombies erschaffen, in denen man Leichen nur die Decke klaut?"
"Ja."
"Ich dachte immer, das geschiet anders", tat sie erstaunt.
"Tja, kannst du mal sehen."
"Was passiert denn wenn ich das Kissen hier klaue? In was verwandelst du dich dann?", zog sie an das Kissen, welches Tiara an sich gedrückt hielt.
"Wag es dir ja nicht und fass dieses Kissen noch einmal an!", fauchte sie und schlug Katharinas Hand weg.
"Oh, jetzt sind wir also eine Furie", sagte sie unbeeindruckt. "Welch Wandlungen du alles durch machen musst, mein Kind. Erstaunlich", tätschelte sie Tiaras Kopf wie eine Mutter, dessen Kind behauptete Super-, Bat- und Spiderman gleichzeitig zu sein.
"Mensch Kat, was willst du denn von mir?", brummte Tiara.
"Na endlich kommen wir mal zum spannenderen Teil", meinte sie, "ich will das du endlich aufstehst und mit mir nach draußen kommst!"
"Du weißt, dass ich das nicht kann."
"Ach nein? Und was hindert dich daran?"
Tiara ließ ein verdächtiges Schweigen entstehen. Katharina konnte sich denken, an wen sie wieder dachte.
"Na und?! Dann begegnest du ihm, ihr oder beiden zusammen auf der Straße, was macht das schon? Scheiß drauf! Zeig ihm was für einen riesen Fehler er begangen hat, als er dich verlassen hatte", meinte sie.
"Das kann ich aber nicht", maulte sie.
"Das kann ich aber nicht", äffte Katharina sie nach. "Wie oft willst du diese Leier noch bringen? Es reicht! Hör auf zu heulen und fang endlich wieder an zu leben!", fuhr sie Tiara an. Es war ein wenig schroffer als beabsichtigt, doch mit immer nur gut zureden, würde sie nie mehr aus dem Bett kommen.
Angesichts dieses unwirschen Tons ihrer Freundin, drehte sich Tiara auf den Rücken und und schaute sie verblüfft an, brachte aber kein Wort heraus.
"Guck nicht so. Steh jetzt auf!", forderte Katharina sie auf.
"Ich hab aber keine Lust", nuschelte sie.
"Glaub mir, du wirst gleich Lust haben", meinte die Blonde, stand von dem Bett auf, ging zu dem Fenster und zog die Vorhänge auf. Endlich strömte wieder Tageslicht in den Raum.
"Oh nee", stöhnte Tiara und drehte sich wieder auf die Seite. Mit ihrem Kuschelkissen verdeckte sie ihr Gesicht vor der Sonne. Nach vielen Tagen der Dunkelheit, war sie diese nicht mehr gewöhnt.
"Ist das nicht ein herrlicher Tag?", strahlte Katharina der Sonne entgegen. Als sie nur ein unverständliches Gemurmel hörte, drehte sie sich um.
Sie runzelte verärgert die Stirn und stemmte die Hände in die Hüften. "Jetzt reicht es mir aber! Du willst es also auf die harte Tour, was?" Sie stapfte durch das Zimmer auf Tiaras Bett zu und riss an dem Kuschelkissen. Diesmal schaffte sie es auch, es wegzuziehen, da ihre Freundin nicht darauf vorbereitet war.
"Wag es dir und versteck dich unter dem nächsten Kissen", drohte sie ihr, als die Braunhaarige eine Hand unter ihre anderen zwei Kissen schob.
Tiara hielt in ihrer Bewegung inne und stöhnte genervt auf. "Du bist eine Nervensäge, weißt du das?"
"Ja, Nervensäge ist mein zweiter Vorname", lächelte sie, "und jetzt steh auf!", befahl sie dann.
"Was ist, wenn ich mich weigere?"
"Das wirst du dann schon mitbekommen. Ich an deiner Stelle würde es aber nicht provozieren!"
Die Braunhaarige stöhnte wieder genervt und drehte sich auf den Rücken.
Katharina würde jetzt aber nicht warten, bis Tiara sich endlich aufsetzte, dies würde wieder eine halbe Ewigkeit dauern, deshalb packte sie diese an einem Arm von ihr und zog kräftig daran.
"Aua!", keifte die Jüngere, "willst du mir den Arm raus reißen?"
"Wenn ich es so schaffe, dass du endlich stehst? Klar, warum nicht", zuckte sie unberührt mit den Schultern.
Tiara entriss Katharina ihren Arm und stand murrend auf. Nur in Unterwäsche bekleidet stand sie da und schaute sich kurz gleichgültig in ihrem Zimmer um. Das Chaos was sie angerichtet hatte, als sie nach dem er Schluss gemacht hatte nach Hause gekommen war, angerichtet hatte, hatte Ilja wieder beseitigt. Die Taubheit hatte aufgehört und sie hatte eine Wutattacke bekommen, in der sie einfach abhauen wollte. Doch ihr Cousin konnte sie noch einmal umstimmen. Danach wurde sie von dem Schmerz übermannt, bekam einen Heulkrampf und verfiel bis heute in eine Art Starre.
Katharina musterte ihre Freundin mit besorgtem Blick, musste aber auch den Kopf schütteln. Die Kleine hatte sich vollkommen gehen lassen. Ihre Haare waren fettig und hingen strähnig von ihrem Kopf herunter, so als ob sie in Öl getränkt wurden. Hässliche Augenringe zeichneten sich unter ihren rotgeweinten Augen ab. In den letzten drei Wochen hatte sie sichtlich abgenommen, ihre Beckenknochen stachen ziemlich hervor. Die Blässe rundete das kränkliche Bild ab.
Genau deshalb musste man sie mit Gewalt aus ihrem Bett zerren, sonst würde sie noch dünner werden und irgendwann an Magersucht erkranken.
"Wozu stehe ich jetzt hier? Damit du mich angaffen kannst, wie einen Affen im Zoo?", fragte Tiara genervt, als bei ihrem Rundblick bemerkt hatte, wie Katharina sie betrachtete.
"Nein", lächelte sie sanft, "du gehst jetzt duschen und danach verdeck ich ein paar unschöne Schandflecke in deinem Gesicht, damit du wieder strahlend schön bist. Sie öffnete erst die Badezimmertür, dann einfach Tiaras BH und schob sie danach in das Bad. Die Proteste ignorierte sie gekonnt.
"Wo willst du mit mir hin?", rief die Braunhaarige.
"Lass dich überraschen", zwitscherte sie.
Als Katharina das Rauschen des Wassers vernahm, lächelte sie triumphierend, der erste Sieg war schon einmal ihrer. Nachdem sie Tiaras Bett gemacht hatte, holte sie alle Kleider, die Zac für Tiara geschneidert hatte, aus dem Schrank und legte sie wie eine Präsentation auf das Bett. Danach verließ sie das Zimmer kurz, um ihren Schminkkoffer hinein zutragen. Sie öffnete diesen und holte alles für das Make Up heraus, was sie für Tiara benötigte. Dann verließ sie noch einmal das Schlafzimmer und ging in die Küche, um etwas zu essen zu zubereiten. Mit nichts im Magen, kam ihr Tiara nicht aus dem Haus. Für Katharina war sie wie eine kleine Schwester die sie nie hatte, sich aber immer wünschte.
Sie steuerte den Kühlschrank an und musste lächeln, als sie diesen gut gefüllt vorfand. Ilja war wirklich richtig süß, wie er sich um seine Cousine sorgte. Doch jetzt sollte damit Schluss sein, der junge Mann hatte auch noch sein eigenes Leben, was er ziemlich schleifen ließ. Das Einzige was er zurzeit nur tat war, arbeiten, sich um Tiara kümmern, danach noch einmal arbeiten und ein wenig schlafen. Nicht gerade berauschend für jemanden der in der Blühte seiner Jugend stand. Genauso wie Tiara, die sich wegen Liebeskummer so gehen ließ. Klar, Herzschmerz tat weh und man litt, aber irgendwann musste auch mal wieder gut sein. Der Blick musste wieder nach vorn gerichtet sein und nicht zurück. Katharina würde dafür sorgen, dass Ilja wieder mehr Zeit für sich bekam und dass Tiara endlich aus ihrem Schneckenhaus kam.
Es war ein göttliches Gefühl, als das warme Wasser auf ihrer Haut rieselte. Tiara genoss die Dusche in vollen Zügen. Sie konnte dabei völlig abschalten und alles um sich herum vergessen, auch ihren Kummer. So befreit, hatte sie sich lange nicht mehr gefühlt und dies war wunderbar. Ihr Gesicht zierte sogar ein kleines Lächeln. Sie wollte nie mehr mit duschen aufhören, aus Angst, dieses unbeschwerte Gefühl könnte sie wieder verlassen, doch sie hatte keine Lust wegen der Wasserrechenung in die Schulden zu geraten.
Langsam und bedächtig stellte sie das Wasser ab und rechnete jeden Moment, von dem Schmerz wieder übermannt zu werden, tatsächlich geschah nichts. Zwar war sie nicht so fröhlich, dass sie vor sich hinsummte, dennoch die Traurigkeit schnürte ihr auch nicht die Kehle zu.
Tiara schob den Duschvorhang zur Seite und zuckte leicht erschrocken zusammen, als sie Katharina mit einem Handtuch in der Hand erblickte. Mit Nacktheit vor Freunden hatte sie normalerweise keine Probleme, allerdings war sie darauf nicht vorbereitet.
"Er reißt du mir halb einen Arm ab und nun willst du mir einen Herzinfarkt verpassen", schüttelte sie verständnislos den Kopf, grinste dabei aber leicht.
"Spinne", schmunzelte Katharina und reichte ihr das Handtuch. "Wenn du fertig bist, wird das Essen auch fertig sein", meinte sie, als sie die Tür hinter sich schloss.
"Essen? Ich hab aber gar keinen Hunger", rief sie ihr nach. Als ihr der Duft von Käse- Omelett in die Nase stieg, lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Das hast du doch mit Absicht gemacht, olle Zicke, schimpfte sie in Gedanken, musste dabei aber grinsen. Sie trocknete sich ab und wickelte dann das Handtuch um ihren Körper. Danach ging sie wieder in ihrem Schlafzimmer zurück.
Katharina hatte ihr Bett gemacht und die Kleider die sie von Zac bekommen hatte, feinsäuberlich darauf gelegt. Neben dem Bett, auf dem Boden, waren die DVDs gestapelt, die sie mit Viviane und Benoit geschaut hatte. Sie runzelte kurz die Stirn. Eigentlich hatte sie in irgendeiner Nacht, die DVDs ausversehen umgeschmissen und danach keine Lust mehr gehabt sie aufzuheben. Irgendjemand muss sie aufgeräumt haben. Vielleicht Katharina.
Sie ging zu ihrer Kommode um sich Unterwäsche herauszuholen und entdeckte den Sonnenblumenstrauß. Sofort dachte sie an Etienne. Doch ihr wurde schnell bewusst, dass diese nicht von ihm waren, sondern von Mick. Sie bekämpfte die aufkommende Traurigkeit und versuchte sich lieber über die süße Geste von Mick zu freuen. Ihre Gedanken kreisten nun um Alain, Marina und Filippo die sie auch immer versuchten aufzumuntern und es manchmal geschafft haben, dass sie ein wenig gegrinst hatte. Nun tauchte Ilja in ihrem Kopf auf. Er war wirklichen jeden Tag da und hatte sich aufopfernd um sie gekümmert. In der Agentur übernahm er ihre Arbeit, dann kam er zu ihr, leistete ihr stundenlang Gesellschaft, kaufte für sie ein, wenn das Essen im Kühlschrank verdorben war, lüftete überall einmal durch, brachte ihr Post mit nach oben und falls Rechnungen dabei waren, bezahlte er diese. Wenn er nach Hause ging, arbeitete er dort auch noch weiter und machte seinen Haushalt. Er kam erst viel zu spät in seinem Bett, schlief zu wenige Stunden und ernährte sich unregelmäßig. Auch wenn Tiara sehr anteilnahmslos war und in ihrem Liebeskummer versunken war, bekam sie dennoch alles mit was um sie herum geschah. Tiara lächelte und bekam Tränchen in den Augen. Sie hatte wirklich den besten Cousin und die besten Freunde der Welt. Für sie stand fest, dass sie sich dafür unbedingt revanchieren musste.
Tiara öffnete das obere Schubfach ihrer Kommode und holte sich Unterwäsche heraus. Diese zog sie gleich an und schmiss das Handtuch in den Wäschekorb. Danach ging sie zu ihrem Bett und begutachtete die Kleider. Nun hatte sie die Qual der Wahl, welches sollte sie nehmen? Sie waren alle so hübsch. Minutenlang starrte sie die Kleider an und kam zu keinem Entschluss. Tiara seufzte, schaute zur Decke und schloss die Augen. Danach hob sie eine Hand und griff einfach nach irgendeinem Kleid. Sie öffnete die Augen wieder und sah dass sie das elegante Asymmetrische Kleid in schwarz und türkis genommen hatte.
Nachdem sie es angezogen hatte, kämmte sie sich schnell die feuchten Haare und machte sich dann auf den Weg in die Küche.
Als sie die Küche betrat, sah sie wie Katharina gerade ein Käse- Omelett auf ein Teller legte, es mit Schnittlauch bestreute und Tomaten und knusprig gebratene Röstis als Beilage hinzufügte.
"Soll ich dir bei irgendetwas helfen?", fragte Tiara und wollte schon zu einer Schublade gehen und Besteck heraus holen.
"Nö, ist alles schon fertig,", drehte sich Katharina lächelnd mit zwei Teller in den Händen zu ihr um. "Dein süßen Küchentisch hab ich schon gedeckt."
Tiara schaute zu ihrem kleinen, weißen runden Küchentisch, der am Fenster stand. Auf diesem befanden sich bereits Gläser, in denen, nach der Farbe zu urteilen, Apfelsaft gefüllt war und Besteck. Sie musste lächeln.
"Genau dass will ich ab sofort wieder öfter sehen, klar?", zwinkerte die Blonde ihr zu und ging mit den Tellern zu den Tisch.
Die Braunhaarige folgte ihr. "Ich werde es versuchen." Dann setzte sie sich und verfiel in ein grübelndes Schweigen.
Katharina hatte schon Sorge, dass sie jeden Moment wieder einen Heulkrampf bekommen könnte.
"Wie kann ich euch jemals danken?", fragte Tiara plötzlich.
Die Ältere schaute sie verblüfft an, mit solcher Frage hatte sie nicht gerechnet, dennoch durchflutete sie Erleichterung, als keine Heulattacke startete. "Gar nicht, weil wir deine Freunde sind und gerne für dich da sind", sie lächelte sanft, "und nun iss."
"Aber..."
"Iss jetzt", unterbrach sie Tiara. Diese seufzte zwar, gehorchte aber.
"Wie weit ist es denn noch?", fragte Tiara und seufzte.
"Es ist nicht mehr weit", antwortete Katharina ihr. Gleich nachdem sie mit dem Essen fertig geworden waren, hatten sie abgewaschen und Katharina hatte sich um Tiaras kleine Problemzonen im Gesicht gekümmert. Danach sind sie zu Fuß aufgebrochen. Katharina wollte mir ihr irgendwohin. Egal wie oft sie die Blonde gefragt hatte, wo sie denn hingingen, hatte sie immer nur gemeint: "Lass dich überraschen!".
"Das sagst du bereits seit fast zwei Stunden. Meine Füße sind schon ganz Wund vom vielen Laufen", murrte sie.
"Das Alter birgt eine schwere Last, stimmst Omi?", neckte Katharina sie.
Tiara streckte ihr die Zunge raus.
Sie gingen über einer Straße, folgten einer Kreuzung nach links und kamen dann an dem Hotel "Hazelnut" an. Es war ein dreistöckiges Gebäude in einem modernen Stil mit Parkhaus. Nur Leute mit dem nötigen Geld in der Tasche konnten sich dort ein Zimmer leisten. Tiara war gespannt wie es drinnen aussehen würde, von außen sah es aus wie ein gestrandetes Ufo. Ihr Geschmack war es nicht wirklich, sie stand nicht so auf Außerirdische und deren Fortbewegungsmittel.
"Willkommen bei R2D2's Zuhause", meinte sie tonlos, "besuchen wir jetzt E.T.?"
"Ich wusste gar nicht das E.T. bei Star Wars mit macht", grinste Katharina und ging zur Eingangstür.
"Neu Verfilmung, kommt morgen raus", sie folgte ihr in das innere des Hotels. Zu ihrer Verblüffung war das Innere richtig schick gestaltet. Es war modern und hipp. Es hatte starke Farben, die einen aber nicht erdrückten. Sie hatte gedacht auf eine Einrichtung zu stoßen, die Star Wars, Star Trek oder wie auch sonst die ganzen Sciencefictionfilme hießen, aussehen würde. Der erste Eindruck täuscht eben doch.
"Doch gar nicht so schlecht, was?", grinste die Blonde.
"Freust dich jetzt, Obi-Wan Kenobi?"
"Jepp", ihr Grinsen wurde breiter, "und nun komm Yoda, wir besuchen jetzt Luke und Anakin."
"Ich ahne Böses", seufzte Tiara und betrat mit Katharina den Aufzug. Sie fuhren in den zweiten Stock und folgten den Flur bis zum Ende. Dort klopfte sie dann an der Tür und wartete auf das "Herein". Sofort in dem Moment, wo dieses Wort erklang, öffnete sich auch prompt die Tür und Etienne kam heraus. Tiara die sich die ganze Zeit mit der Einrichtung beschäftigt hatte und wissen wollte ob die Pflanzen dort echt waren (sie hatte extra eine dafür angefasst), drehte sich bei dem Geräusch der geöffneten Tür um und rannte direkt Etienne in die Arme.
"Umpf", machte sie, als sie mit dem Kopf gegen seine Brust stieß. Sie wollte schon los schimpfen, als sie den sehr vertrauten Geruch erkannte. Es war zwar nur Seife und Waschmittel von seiner Kleidung, aber mit seinem eigenen Geruch kombiniert, war das ein extrem anziehender Duft. Dieser ließ sie unweigerlich immer an kalte Wintertage denken, wenn man sich in eine Decke gekuschelt hatte. Klang merkwürdig, war aber so. Tiara schaute auf und ihre Blicke trafen sich. Einen Augenblick lang sahen sie sich nur an. Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck, doch Tiara konnte ihn nicht deuten.
"'Tschuldigung", flüsterte sie dann.
"Mh", sagte er nur und ging dann eilig an ihr vorbei. Tiara schaute ihm sehnsüchtig nach.
"Komm Yoda, lass R2D2 gehen, er muss nach Jabba, der Huttin", fasste Katharina ihre Freundin am Arm und dirigierte sie in das Zimmer.
"Tia", lächelte Benoit sie freudestrahlend an, kam auf sie zu und drückte sie sofort an sich. "Geht es dir endlich besser?"
"Joa", antwortete sie und erwiderte die Umarmung. Sie stellte fest, dass Etiennes großer Bruder ebenfalls ziemlich gut roch. Der Geruch erinnerte sie an einen Sommertag am Strand.
"Das freut mich. Ich hatte mir schon überlegt, dich nachts einfach mal zu entführen, um dich aus dem Bett zu bekommen."
"Was hat dich daran gehindert?", schmunzelte sie.
"Das Wetter. In den letzten Wochen hatte es ziemlich viel geregnet. Heute ist es das erste Mal wieder schön", antwortete er.
"Das Wetter war wohl in der gleichen Stimmung wie ich, was?"
"Tja, das mochte halt nicht, dass du traurig bist", lächelte er wieder und löste sich von ihr. Danach begrüßte er Katharina mit einer Umarmung. "Gute Arbeit, Kleine."
"Danke, Großer. Wo hast du denn Anakin gelassen?", grinste sie.
Benoit runzelte kurz verdutzt die Stirn, doch dann fiel ihm die Form des Hotels ein. Er ging zu einer Zimmertür, klopfte und sprach mit piepsiger Stimme: "Anakin, hier spricht dein Sohn! Komm raus, wir haben Besuch."
Nach einem kurzen Augenblick öffnete sich die Tür und Alain kam heraus. "Anakin hat gerne Besuch", sprach er mit tiefer Stimme. Als er Tiara grinsen sah, bildete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht. "Schön, dass es dir wieder besser geht", schloss er sie in seine Arme. Auch bei dieser Umarmung bemerkte sie dessen wohlriechenden Duft. Bei diesem musste sie an einem Waldspaziergang im Frühling denken. Was war denn plötzlich mit ihrer Nase los? Hatte die sich auf Männerduft spezialisiert, um sie so zu einer Expertin zu machen? Oder verglich sie nun unbewusst die Gerüche der Männer, die sie umarmte? Komisch. Mal sehen wie der nächste roch...
"Ja, find ich auch. Wurde, denke ich, auch mal Zeit", schlang sie ihre Arme um ihn.
"Ich bin gut, was?", grinste Katharina stolz.
"Ja, Obi-Wan Kenobi, du bist die Beste", kicherte Tiara.
Alain umarmte nun Katharina. "Hast du fein gemacht, Obi-Wan", er tätschelte ihr, wie bei einem kleinen Kind, den Kopf.
"He, meine Haare", strich sie sich ihre blonden Korkenzieherlocken wieder glatt. Sie schaute zu Tiara die nun noch mehr lachen musste. Sie freute sich sehr darüber.
"Kommt, Obi-Wan, Anakin und Yoda, ich hab 'nen genialen Film, den wir jetzt gucken werden", meinte Benoit und winkte mit einer DVD, die er zuvor aus seinem Zimmer geholt hatte.
"Woher willst du wissen das ich Yoda bin?", fragte Tiara ihn.
"Weil Yoda klein ist und du auch nicht besonders groß bist", grinste er schelmisch.
"Ey!" Sie kniff die Augen zusammen und fixierte ihn mit einen bösen Blick.
"Das kann der bestimmt auch", lachte er. Dann öffnete er die DVD, legte die CD in den DVD- Player und schaltete den Fernseher ein.
"Luke Skywalker, du bist ein böser, böser Mann", schüttelte sie grinsend den Kopf und gesellte sich zu ihm. Sie nahm die DVD- Hülle in die Hand um den Titel zu erfahren. Es war Reservoir Dogs von Quentin Tarantino. Als sich Katharina und Alain ebenfalls gesetzt hatten, drückte Benoit die Play- Taste.
Nachdem Film hatten die Vier beschlossen, dass sie zusammen jetzt ein Lied hatten. Es war Coconut von Harry Nilsson, welches im Abspann des Filmes lief.
Mindesten eine halben Stunde lang, nach dem Film, sangen sie noch immer dieses Lied.
"Ob wir Richard dazu überredet bekommen, ein paar Elemente des Films in die Serie packen können?", fragte Tiara in die Runde.
"Willst du dann mein Bruder öfter mal erschießen?", grinste Benoit.
"Nein", antwortete sie und war ein wenig entsetzt.
"Aber Nathalie", meinte Katharina.
Tiaras Gesicht zierte ein fieses Grinsen.
"Wusste ich es doch", grinste sie ebenfalls.
"Obwohl mein Bruder auch ein wenig Quälung verdient hat", fand Benoit.
"Ja", stimmte Tiara nachdenklich zu.
"Dann entführ ihn, verfrachte ihn in einem Lagerhaus und schneid ihm das Ohr ab", mischte sich Alain mit ein. In dem Film gab es eine Szene, in dem ein Gangster namens Mr. Blonde einen gefangenen Polizisten folterte und ihm dabei ein Ohr mit einer Rasierklinge abschnitt.
"Das beste Stücke wäre aber viel besser", meinte Katharina wieder.
"Aaaau!" Alain und Benoit verzogen beide das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Grimasse. Schon allein die Vorstellung tat ihnen weh. "Böses, böses Mädchen", sagten sie dann.
Katharina grinste hämisch und gerade als sie etwas darauf Erwidern wollte, klopfte es plötzlich an der Tür.
"Nanu, wer will denn jetzt was?", wunderte sich Benoit und stand auf um zur Tür zu gehen.
"Mr. Blonde, er will Tiara die Rasiermesserklinge vorbei bringen", antwortete Katharina.
Als Benoit die Tür öffnete, sah er seinen Cousin Marco und Valentina davor stehen. "''Nabend Mr. und Mrs. Blonde", begrüßte er sie mit einem breiten Grinsen.
"Mr. Blonde?", runzelte Marco verdutzt die Stirn, ging dann mit einem Kopfschütteln an ihm vorbei ins Zimmer.
Nachdem Valentina Benoit kichernd mit einer Umarmung begrüßt hatte, folgte sie Marco.
"Dieser Mr. Blonde gefällt mir aber viel besser, als der im Film", grinste Katharina schelmisch und musterte Marco von oben bis unten.
Auch Tiara schaute zu die beiden Neuankömmlinge. Sie strahlte Wärme, Offenheit und Freundlichkeit aus. Er dagegen wirkte kühl, ernst und ein wenig mürrisch, trotzdem hatte er eine extreme Anziehungskraft, jedenfalls auf sie. Seine Augen hatte die gleiche Abgeklärtheit, die auch in Alains war. So als ob sie schon vieles gesehen hatten, dabei sahen sie nicht älter als zwanzig bis dreißig aus. Bei Benoit war es nicht ganz so und bei Etienne erst recht nicht. Tiara fand es irgendwie merkwürdig, dachte aber nicht weiter darüber nach. Sie spürte zwischen sich und Marco eine gewisse Vertrautheit, als ob sie sich kennen würden, doch sie hatte ihn zuvor noch nie in ihrem Leben gesehen. Heute war wirklich ein seltsamer Tag, erst wurde sie zur Männergeruchsdefiniererin und nun glaubte sie jemanden zu kennen, was gar nicht sein konnte.
"Hi", begrüßte sie beide dann mit einem zurückhaltenden Lächeln.
"Buona sera.
Ich bin Valentina", stellte sie sich Katharina und Tiara vor.
"Marco", nickte dieser beiden zu.
"Meiner einer heißt Katharina", grinste sie.
"Tiara", sagte diese schüchtern. Dieser Marco machte sie nervös. Sie bekam schwitzige Hände und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sein Blick ruhte auf ihr, das spürte sie, ohne das sie zu ihm schauen musste. Was hatte er denn? Hatte sie irgendetwas an sich, weswegen er sie anstarrte? Viellicht ein Fleck oder so? Zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass ihr das irgendwie gefiel. Sie unterdrückte es aber, weil sie es nicht wollte. Sie war erst seit drei Wochen Single und mit Sicherheit noch nicht bereit für irgendein neues Abenteuer mit einem Mann.
"Verguck dich nicht", meinte Benoit leise zu Marco, als er merkte, dass dieser Tiara die ganze Zeit anschaute.
Marco blinzelte irritiert und schien jetzt erst in den Raum zurück zukommen. Er schüttelte kaum merklich mit den Kopf. "Halt die Klappe", presste er dann zwischen den Zähnen hervor.
"Vetterchen, lächel mal ein bisschen, du machst sonst noch den Frauen angst", grinste Benoit ihn frech an, entfernte sich aber sichtlich von ihm und setzte sich wieder.
"Mir nicht", murmelte Tiara. Verwundert schaute sie dann auf, als sie spürte das sie von allen angeschaut wurde. Hatte sie das eben laut gesagt? Auch das noch! Ihr Blick fiel auf Marco und sie wurde sofort in seinem Bann gezogen. Seine smaragdgrünen Augen wurden durch sein dunkles Haar erst richtig betont.Sekunden vergingen, in denen sie sich nur ansahen. Um Tiara herum, schien alles zu verschwimmen. Die Konturen des Zimmers und ihrer Freunde verschwanden. Es existierten plötzlich nur noch sie und er. Als sie merkte, was sie da eigentlich tat, lief sie rot an und schaute verlegen zu Boden. Auch Marco senkte den Kopf. Ihm schien die ganze Situation ebenfalls nicht wirklich zu behagen. Woher kamen eigentlich die äußerst attraktiven Männer, mit den auffallend hübschen Augen her, fragte sich Tiara. Erst Etienne und Benoit, dann Alain und jetzt Marco. Gab es irgendwo ein Nest?
Katharina sich zwar die ganze Zeit mit Alain unterhalten, doch aus den Augenwinkeln hatte sie die beiden beobachtet. Sie musste unwillkürlich grinsen. Da brachten die beiden sich gegenseitig aus dem Konzept.
"Baggern ihn an, Süße", flüsterte sie ihr dann zu.
"Wen?", fragte sie verblüfft.
"Marco."
"Warum?"
"Eure Blicke haben eben Bände gesprochen. Erotische Bände, wenn du verstehst was ich meine."
"Na und? Deshalb muss ich mich doch nicht gleich an ihn ran schmeißen. Außerdem, schon vergessen, ich bin frisch getrennt."
"Trotzdem kannst du doch ein bisschen Spaß mit ihm haben. So wie es aussah, wäre er eindeutig nicht abgeneigt", sie grinste breit.
"Nein", meinte sie entschieden.
"Warum denn nicht? Sex hilft über Liebeskummer ziemlich gut hinweg."
"Nein, ich will aber nicht!"
"Es wäre doch nur Sex. Du hörst dich an, als ob du ihn heiraten sollst, obwohl das eigentlich gar nicht schlimm wäre. Er ist scharf!", sie grinste wieder.
"Das weiß ich selbst, trotzdem möchte ich nicht", blieb Tiara konsequent.
"Er kann dir bestimmt ein paar nette Stunden im Bett bescheren." Katharina wippte mit ihren Augenbrauen auf und ab.
Vor Tiaras geistigem Auge, tauchten plötzlich nicht ganz jugendfreie Bilder auf, wie sie es mit Marco überall in ihrer Wohnung trieb. Dabei wurde ihr heiß und kalt und ein angenehmes prickeln entstand in ihrem Unterleib. Schnell schüttelte sie mit den Kopf. "Nein, ich bleibe dabei."
"Dein Körper und dein Geist sagen aber was anderes", meinte Katharina mit einem dreckigen Grinsen auf den Lippen. "So lange wie du, könnte ich nicht ohne Sex leben. Da wäre ich schon gestorben."
"Du bist ja auch Sexsüchtig."
"Das warst du aber auch mal."
Tiaras Miene wurde betrübt, als sie an das Zusammensein mit Etienne dachte. Sie vermisste ihn immer noch schrecklich.
"Tut mir leid, meine Mund war schneller als mein Gehirn", lächelte sie ihre Freundin entschuldigend an.
"Schon gut", antwortete sie.
"Wirklich?"
"Ja", sie lächelte.
"Gut", seufzte die Blonde erleichtert.
"Katharina?"
"Ja?", fragte diese.
"Können wir gehen?"
"Warum? Hast wohl Angst doch noch Marco zu bespringen, was?"
"Katharina!", entrüstete sich Tiara.
"Ja, ja, ist ja schon gut", grinste sie.
"Ich möchte halt noch zu Ilja. Wir hatten ihn zwar angerufen, dass er sich von mir erholen kann, aber ich möchte ihn dennoch ein wenig besuchen", erklärte sie.
"Okay, dann lass uns aufbrechen", lächelte sie.
"Was tuschelt ihr zwei da eigentlich die ganze Zeit?", fragte Benoit neugierig, der sich die Zeit über mit Alain und Valentina unterhalten hatte. Marco stand mit verschränkten Armen noch immer in einer Ecke und schien sich da auch erst einmal nicht wegbewegen zu wollen.
"Nichts, was kleine Jungs, wie dir, angehen sollte", neckte Katharina ihn.
Er zog einen Schmollmund. "Ihr seid gemein."
"Wissen wir Süßer. Aber weißt du was? Mach dir nichts draus, lieb sein ist sowieso zu teuer", sie kraulte ihm das Kinn, woraufhin dieser zu schnurren begann. Nachdem Katharina Benoit noch ein bisschen geärgert hatte, verabschiedeten Tiara und sie sich von den Vieren und machten sich auf den Weg zu Ilja.
Nervös ging Tiara in ihrem Wohnzimmer auf und ab. Mick würde jeden Moment klingeln, sie abzuholen um mit ihr zum Filmstudio zu fahren. Vier Tage nachdem Tiara von Katharina aus den Fängen ihres Liebeskummer befreit worden war, hatte sie einen Anruf von Susannah, Richards Assistentin bekommen. Sie hatte ihr mitgeteilt, dass die Grippenepedemie vor rüber war und alle wieder genesen seien. Da die Dreharbeiten zur zweiten Staffel im September statt finden sollten, es aber bereits schon Ende Mai war und noch keiner der Schauspieler das Drehbuch kannte, musste so schnell wie möglich ein Meeting berufen werden. In diesen würde Richard das Skript vorstellen und sich die Wünsche und Ideen der Schauspieler anhören. Danach würden dann so schnell wie möglich die Drebücher fertiggestellt werden. Danach würde es ans Text lernen gehen. Zum Glück legte Richard viel Wert auf Improvisation, so dass das Drehbuch nicht ganz so dick werden würde. In der erste Staffel hatte Tiara an einige Stellen Patzer gehabt, die er aber so gut fand, dass sie drinnen geblieben waren. Nathalie, die Tiara deswegen immer demütigen wollte, hatte nicht schlecht geschaut, als Richard jenes gesagt hatte. So waren Tiaras Patzer keiner mehr. Sie hatte sich gefreut und Nathalie hatte sich fast schwarz geärgert.
Wegen der Besprechung war sie aber nicht so nervös, sondern auf die Begegnung mit Etienne. h bekam sie auch ein ungutes Gefühl, wenn sie daran dachte wen sie alles wieder sehen würde. Tiara wusste nicht, wie sie Etienne gegenüber treten sollte. Zwar hatte sie ihn gesehen, als sie einen DVD- Abend bei Alain und Benoit im Hotel gemacht hatten, aber das war nur zufällig und auch sehr kurz. Diesmal würde sie ihn über mehrere Stunden hinweg sehen. Und dann auch noch das Miststück Nathalie dazu. Bei ihr wusste sie, dass diese ihr bei jeder Gelegenheit eins rein würgen würde, egal bei was. Dennoch Sie hoffte, dass sie dem schon gewappnet war, wenn nicht würde die Meeting die Hölle auf Erden werden. Sie wollte gar nicht wissen, wie es bei den Dreharbeiten ablaufen würde. Tiara fand solche Stichelein niveaulos, was eigentlich genau auf Nathalie zu traf. Doch sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Taylors gaben nicht auf, wie er Vater immer zu sagen pflegte, sei es noch so schwer und steinig.
Wenn sie so weiter machte, würde sie bald einen Trampelpfad in ihrer Stube haben. Trotzdem konnte sie mit dem hin und her gehen nicht aufhören. Wenn sie saß, biss sie sich ständig auf die Unterlippe und das wäre nicht gut. Irgendwann würde diese zu bluten anfangen. Den Geschmack von Blut mochte sie nicht besonders, weshalb sie sich als Vampirin eigentlich nicht wirklich eignen würde. Ilja zog sie deshalb immer auf. Aber irgendwie würde sie sich schon daran gewöhnen. Man gewöhnte sich schließlich an alles. Ihr fiel ein, dass sie sich schon lange nicht mehr mit ihrem Lieblingshobby, den Vampiren, beschäftigt hatte. Das letzte mal war vor sechs Monaten, bevor sie mit Etienne zusammen kam. In der Beziehung hatte sie keine Zeit, da sie nach den Drehs, genoss sie viel lieber die Zweisamkeit mit Etienne. Und als er Schluss gemacht hatte, musste sie sich erst einmal davon erholen. Tiara beschloss, sich wieder mehr ihrem Hobby zu widmen. Denn wenn sie bei sich Zuhause allein war, kam die Einsamkeit schneller, als es ihr lieb war.
Es klingelte an ihrer Tür und sie zuckte vor Schreck zusammen, weil sie so in ihren Gedanken vertieft war. Tiara atmete einmal tief durch, schnappte sich ihre Handtasche und verließ die Wohnung.
Als sie ihren Häuserblock verließ, traf sie so gleich auf Mick, der lässig an seinem Auto gelehnt, auf sie wartete.
"Hey, da bin ich", strahlte sie ihn an und umarmte ihn zur Begrüßung.
"Hey Schönheit", lächelte er zurück und erwiderte die Umarmung. "Wie geht es dir?"
"Ach ganz okay, bisschen nervös, aber sonst geht's", antwortete sie.
Er wusste weswegen sie angst hatte. "Brauchst du nicht. Falls die beiden rummachen sollten oder Nathalie irgendetwas fieses zu dir sagen sollte, kleb ich ihr den Mund zu. Ich weiß wo Richard sein Paketklebebandvorrat hat", meinte er. Dann ging er zur Beifahrertür und öffnete diese, damit Tiara einsteigen konnte.
"Danke", lächelte sie und setzte sich in das Auto. Er schlenderte zur Fahrerseite, stieg ebenfalls ein und fuhr los.
Eine Weile lang schwiegen sie, wobei sich Mick auf die Straße konzentrierte und Tiara aus dem Fenster schaute. Doch wirklich sehen tat sie nichts, dazu war sie viel zu sehr in Gedanken verloren. Um so näher sie dem Filmstudio kamen um so mehr stieg ihre Nervosität an. Sie fragte was er wohl sagen würde, wenn sie aufeinander trafen. Würde er sie begrüßen? Vielleicht sogar mit einem kleinen Lächeln? Das wäre wirklich wunderbar! Oder würde er ihr distanziert begegnen, abweisend oder gar ignorant sein? Sie wusste es nicht, malte sich aber das Schlimmste aus und versuchte sich darauf einzustellen.
Tiara bemerkte das Mick plötzlich angehalten hatte. Verwundert darüber drehte sie sich zu ihm um, doch er war nicht mehr im Auto. Sie war so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie gar nichts mehr von ihrer Umgebung mitbekam. Nun meldete sich das schlechte Gewissen zu Wort. Mick war so lieb und nahm sie mit, weil ihr Auto kaputt war und sie war so egoistisch und beschäftigte sich nur mit sich selbst. Bestimmt hatte er auch zu ihr etwas gesagt, wo er hin wollte, doch sie hatte nicht zu gehört. Idiotin, beschimpfte sie sich selbst.
Gerade als sie sich umschauen wollte, wo sie sich eigentlich gerade befanden, öffnete sich auch schon die Fahrertür und Mick stieg wieder ein. In der Hand hielt er ein kleines rundes Päckchen in Braun. Die Schleife, die um das Präsent gebunden war, hatte die Farbe rot. Einen Moment lang schaute sie es irritiert an, dann wanderte ihr Blick höher, zu Micks Gesicht. Dieser schaute sie ebenfalls an und schmunzelte, als er ihr verdutztes Gesicht sah.
"Wo warst du denn?", fragte sie dann.
"Ein kleines Geschenk für dich besorgen", antwortete er lächelnd.
"Was? Für mich? Warum?" Sie war sichtlich überrascht.
"Na ja, du hast so traurig ausgesehen, da dachte ich mir, dass ich dir eine kleine Aufmunterung besorge", erklärte er.
"Wirklich? Oh, wie lieb", lächelte sie, "jetzt habe ich aber ein noch schlechteres Gewissen", fügte sie betrübt hinzu.
"Ein schlechtes Gewissen? Warum?", wunderte er sich.
"Na ja, weil ich so egoistisch bin. Du bist so nett und nimmst mich in deinem Auto mit und ich beschäftige mich zum Dank nur mit mir selbst", antwortete sie und schaute ihn beschämt an.
"Ach deswegen musst du doch kein schlechtes Gewissen haben. Das ist doch vollkommen okay. Du bist deshalb nicht egoistisch", lächelte er sie sanft an. "Und wenn du egoistisch gewesen wärst, hast du sowieso gerade alles wieder beiseite gefegt, weil du gerade total süß bist."
"Okay", sagte sie verlegen und wurde sogar ein wenig rot. "Ich aber gar nichts, womit ich mich revanchieren kann."
"So, nun erfreue dich an das kleine Päckchen und schenk mir eines deiner schönstes Lächeln, denn das ist das Einzige was ich haben möchte", reichte er ihr lächelnd das Präsent.
Neugierig schaute Tiara sich dieses an. "Was ist es denn?"
"Mach es auf, dann wirst du es schon sehen"
Sie zog an einem der Bänder, wodurch die Schleife in sich zusammen fiel. Danach legte sie die Hand auf den Deckel des Päckchens und zog vorsichtig daran. Sofort spähte sie hinein und sah, dass sich daran ein Minischockotörtchen befand.
Tiara schaute zu Mick und strahlte ihn an. Sie schenkte ihm gerade wirklich eines ihrer schönsten Lächeln. "Du bist süß, weißt du das? Ich danke dir", umarmte sie ihn und gab ihm dabei ein Küsschen auf die Wange.
"Mensch Tia, du machst mich ganz verlegen", murmelte er ihrer Wange und wurde etwas rot. Als er den Kopf zu ihr drehte, trafen sich ihre Blicke. Ehe sich Tiara versah, lagen seine Lippen auf ihre. Darüber war sie so perplex, dass sie ihn zu nächst gewähren ließ, doch dann drückte sie ihn sanft, aber bestimmend weg.
"Es tut mir leid, aber..." Tiara brach ab und schaute betrübt auf ihre Hände. Das war alles viel zu früh. Sie war noch lange nicht über Etienne hinweg. Durch den Kuss fühlte sie sich irgendwie schlecht, so als ob sie Etienne betrogen hätte, was eigentlich schwachsinnig war, denn sie waren ja kein Paar mehr, dennoch hüllte sie dieses Gefühl komplett ein. Fast hätte sie geweint, doch sie riss sich noch einmal zusammen und starrte wieder aus dem Autofenster.
Mick schüttelte eifrig mit dem Kopf. "N-n-nein, mir tut es leid. Ich... ich bin ein Idiot." Er atmete einmal tief durch, startete den Motor und fuhr los.
Den Rest der Strecke schwiegen sie wieder. Auch als sie auf dem Gelände des Filmstudios ankamen und ausstiegen, sagte keiner der beiden ein Wort. Mick schloss seinen Wagen ab und Tiara ging mit gesenktem Kopf zum Eingang vor raus. Sie fühlte sich in seiner Nähe, gerade etwas unbehaglich.
Als sie den Türgriff umfassen wollte, um die Tür zu öffnen, drängte sich Mick davor. Überrascht schaute sie ihn an. Wo kam er denn auf einmal her? War er nicht eben noch bei seinem Auto um es abzuschließen? Wie schnell konnte der Mann denn gehen? und vor allem wie leise, sie hatte ihn gar nicht bemerkt, als er an ihr vorbei gegangen war.
"Tiara... Der Kuss eben, tut mir leid. Ich... weiß auch nicht warum ich das getan habe. Du warst so süß, als du mir ein Küsschen auf die Wange gegeben hattest, da ist es... einfach über mich gekommen", sagte er aufrichtig. "Kannst du mir noch mal verzeihen?", fügte er bittend hinzu.
Tiara schaute ihn einen kurzen Moment an und dachte nach. Sie war ja eigentlich gar nicht böse auf ihn. Zwar fand sie den Kuss unpassend, aber im Grunde genommen war sie ja mit daran Schuld. Durch ihre Geste eben, hatte sie ihn dazu regelrecht aufgefordert. Sie sollte anfangen, besser nach zu denken was sie tat, bevor sie etwas tat!
"Schon gut", meinte sie und lächelte leicht.
"Wirklich? Alles vergeben und vergessen?"
"Ja",
nickte sie und ihr Lächeln wurde etwas breiter.
"Da bin ich aber froh", seufzte er erleichtert. Mick öffnete dann die Eingangstür, ließ zu erst Tiara passieren und ging danach selbst herein.
Als sie vor dem Versammlungsraum des Filmstudios standen, klopfte Tiara das Herz bis zum Hals. Dieser war zu dem auch noch zu geschnürt. Sie hatte gerade wirklich große Panik davor, in den Raum zu gehen. Am liebsten wäre sie weggerannt.
"Alles okay bei dir? Bist du bereit?", erkundigte sich Mick und musterte sie besorgt, weil sie mit einem Mal so blass wurde.
Nein, nichts ist okay! Ich will hier weg, hätte sie ihm als Antwort fast entgegen geschrien, doch sie riss sich zusammen, rang sich zu einem Lächeln durch und sagte: "Ja, alles okay. Ich bin bereit."
Ihm schien das nicht sonderlich zu überzeugen, denn er harkte nach: "Wirklich? Du musst da nicht reingehen. Ich kann dir alles Wichtige aufschreiben und du kannst mir deine Ideen und Wünsche für die Serie erzählen, die ich dann an Richard weiter geben werde. Ich sag ihm einfach, dass es dir nicht so gut geht, Magenverstimmung oder so."
Das wäre wunderbar, dachte sie. Doch den Gedanken vertrieb sie schnell wieder. Sie musste jetzt stark sein! Schließlich konnte sie sich nicht ewig verstecken. Das Leben war nun mal nicht immer einfach und man konnte nicht ständig wegrennen, nur weil einem etwas nicht passte. Besonders nicht, wenn es darum ging, seinem Exfreund und deren Freundin gegenüberzutreten. Dies wäre nun wirklich ein idiotischer Grund wegzulaufen. Außerdem war sie eine Taylor, die rannten verdammt noch einmal nicht weg!
"Das wäre wirklich sehr lieb, aber nein. Ich werde das schon schaffen. Irgendwann wäre ich den beiden sowieso begegnet, spätestens bei den Dreharbeiten und da kann ich auch nicht immer weglaufen. Also ist es schon okay, dass ich jetzt auf sie stoße, auch wenn ich Nathalies nervige Äußerungen jetzt schon hören kann", antwortete sie dann und lächelte.
Diesmal schien er ihr zu glauben, denn er lächelte ebenfalls. "Tapferes Mädchen", dann klopfte er an und öffnete die Tür, als das "Herein erklang. Nach der Stimme zu urteilen, war es nicht Richard...
Tiara bemerkte das sie und Mick die letzten Schauspieler waren, die eintrafen, der Rest war schon da. Waren sie etwa zu spät? War das Meeting schon vorbei? Sie hatte durch die Trennung jegliches Zeitgefühl verloren und ihr war es zu unangenehm jetzt ihr Handy heraus zu holen, um nach zu schauen. Eine Armbanduhr trug sie nicht, nicht mehr. Es war ein Geschenk von Etienne gewesen. Durch diese wurde sie nur noch mehr an ihn erinnert, deshalb hatte sie die Uhr abgelegt.
"Ach sieh mal einer an, die beiden Herrschaften mit der Hauptrolle erscheinen ja auch noch", bemerkte Nathalie spitz und ihr herablassender Blick galt besonders Tiara. Sie war noch immer sauer, dass sie nicht Tiaras Rolle bekommen hatte. Nun konnte sie doch froh sein, ihre Rolle war mit Etienne zusammen. Weshalb Tiara bei den Dreharbeiten zur ersten Staffel, gegen Ende, als die beiden zusammen kamen, ziemlich eifersüchtig war. Doch sie hatte es in den Griff bekommen.
Bei dieser Bemerkung biss sie sich unsanft auf die Unterlippe, sodass diese leicht zu bluten anfing. Sie hatte gewusst, dass solche Kommentare von ihr kommen würden, sie war auch darauf vorbereitet gewesen. Dennoch schaffte sie nicht zu kontern. Filippo hätte schon längst etwas gesagt und Katharina auch. Warum waren die beiden gerade nicht hier? Am liebsten hätte sie irgendetwas gesagt und sie als Jabba, die Huttin bezeichnet. Sie hatte auch schon den perfekten Satz, aber diese Wörter schafften es nicht über ihre Lippen zu kommen. Also blieb sie stumm und schaute zu Boden. Dafür hasste sie sich.
"Halt mal den Ball flach, Nathalie. Wir sind garantiert nicht zu spät, außerdem ist Richard auch noch gar nicht hier, also was willst du?", entgegnete ihr Mick.
Tiara hätte ihn dafür knutschen können! Mit ihm hatte sie doch noch einen Beschützer, auch wenn sie wusste, dass sie sich selber wehren musste. Sie würde es auch versuchen. Ganz sicher. Sie wusste nur noch nicht wann die alte schlagkräftige Tiara wieder erwachen würde. Nebenbei spürte sie den Blick von Etienne auf sich ruhen. Er schien sie zu mustern. Ihr Herz überschlug sich deshalb fast. Sie schaute auf und schenkte ihm ein schüchternes Lächeln, doch er erwiderte dieses nicht und sah weg. Daraufhin seufzte sie leise und senkte wieder den Kopf.
"Wie bitte? Du bist wohl heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, was?", fauchte Nathalie ihn an. War ja klar, dass sie nun wieder das Opfer spielen musste.
"Wer hier wohl mit dem falschen Fuß aufgestanden ist, bist ja wohl du! Wenn du das Echo nicht ertragen kannst, hättest du uns nicht so blöde anpflaumen müssen!", brummte Mick und schüttelte verständnislos den Kopf. Dann fasste er Tiara am Arm und dirigierte sie zu zwei freie Plätze und sie setzten sich hin.
"Ach lasst euch doch von der nicht stressen. Vielleicht hat 'se ihre Tage, oder so", meinte einer der Schauspieler. Er hieß Johnny.
"Yo, oder Eddie hat es ihr schon länger nicht mehr so richtig besorgt", gab sein Bruder Jimmy auch noch sein Senf dazu. Tiara musste daraufhin leicht grinsen, doch bei der Vorstellung wie Etienne mit Nathalie schlief, starb es schnell wieder. Das die beiden nun ein Paar waren, hatte sich ja wie ein Lauffeuer herum gesprochen. Bestimmt war sie dafür verantwortlich gewesen. Blödes Miststück!
"Könntet ihr eure dummen Kommentare mal lassen? Ihr seid wirklich bescheuert", mischte sich jetzt auch noch Angelika mit ein. Es war offensichtlich auf welcher Seite sie stand. Sie und Nathalie schwebten ungefähr auf gleicher Wellenlänge, weshalb sie sich schnell anfreundeten. Nathalie hatte sich recht schnell eine Clique der Superreichen und arroganten Snobs aufgebaut. Ein bisschen wie in der Schule, fand Tiara. Ihr Freundeskreis hier, war aber auch nicht gerade klein. Mick stand als Einziger zwischen den Fronten, da er mit allen gleichermaßen befreundet war und er ein paar aus beiden Gruppen schon vorher kannte. Etienne ihr Exfreund und ehemals bester Freund hatte allem Anschein nach die Seiten gewechselt, als er sich für Nathalie entschieden hatte. Diese Snobs passten eigentlich gar nicht zu ihm und er mochte sie auch nicht besonders, war aber damals mit Mick der Einzige gewesen der sich mit allen gleichermaßen verstand. Nun hatte er sich für eine Seite entschieden, die überhaupt nicht seinem Wesen entsprach. Tja, aber jede änderte sich nun mal, ob positiv oder negativ. Darüber war Tiara sehr traurig, doch sie versuchte es sich nicht anmerken zu lassen.
"Was willst du denn jetzt? Du musst dich auch überall mit einmischen!", fuhr Jimmy Angelika dann an.
"Wenn ihr so ein Blödsinn quatscht", zischte diese.
"Wir haben aber nicht mir dir oder Nathalie geredet, sondern mit Mick, falls dir das entgangen sein sollte", zischte er zurück.
"Ach Angie, lass die beiden doch reden was sie wollen, sie sind es nicht wert, dass man sich über sie aufregt", meinte Nathalie zu ihr, als diese wieder etwas erwidern wollte. Danach schaute sie zu Tiara und setzte ein boshaftes Lächeln auf. "Och wie süß, hast du dir ein kleines Päckchen zuschicken lassen, um es hier als 'Geschenk eines Verehrers' zu präsentieren? Willst du damit Etienne eifersüchtig machen?"
Völlig überrascht schaute Tiara sie an. Damit hatte sie nicht gerechnet, dass sie von ihr nun direkt angegriffen wurde. Sie hatte gedacht, dass diese die Klappe hielt, weil sie von Mick, Jimmy und Johnny eins rein gewürgt bekommen hatte. Leider hatte sie sich da, getäuscht. Eigentlich hätte sie es ja wissen müssen, dass Nathalie sich von nichts und niemanden einschüchtern ließ. Aber man durfte doch wohl mal naiv sein und hoffen, oder? Natürlich schaffte sie auch diesmal nicht zu kontern, weshalb sie nur stumm auf das Päckchen starrte, weswegen sie zur Angriffsfläche von Nathalie wurde und welches sie an sich gedrückt hielt. Ihr entging aber nicht, dass Etienne zu ihr schaute, doch diesmal ließ sie den Kopf gesenkt. Noch mal musste sie nicht sein kühles Gesicht sehen.
"Nein, dass hat sie von mir", ergriff Mick für Tiara Partei.
Verblüfft sah Nathalie ihn an und wusste erst nicht was sie sagen sollte. Es gefiel ihr wohl nicht, dass Mick Tiara etwas geschenkt hatte. Was wollte Jabba denn? Sie hatte doch ihren Willen bekommen und war mit Etienne zusammen.
"Oh, ach so. Und warum? Was hast du ihr geschenkt?", wollte sie dann wissen. Großer Gott, war Jabba neugierig!
"Ich wüsste nicht, dass dich das etwas angehen würde", meinte Mick und verschränkte die Arme vor seiner Brust.
Nathalie schnappte bei dieser knappen und auch ziemlich arroganten Antwort nach Luft. Sie wollte etwas sagen, doch sie bekam nichts heraus.
"Was denn, Natta? Hast wohl Schnappatmung, was?", fragte Johnny und musste lachen. "Stimmt aber, es geht dir einen feuchten Dreck an, was Mick der Süßen schenkt und wenn es ein Dildo oder Vibrator ist!", fügte er dann kühl hinzu. Bei dieser Äußerung schaute Tiara auf und musste unwillkürlich grinsen, dabei entging ihr nicht, dass Etienne erst ihn mit gerunzelter Stirn ansah und dann zu dem Päckchen blickte. Er durchbohrte es regelrecht und schien wissen zu wollen, ob sich darin wirklich eines dieser Geräte befand. Warum schaute er denn so? Konnte ihm doch egal sein, was da drinnen war! Provokant umfasste sie mit ihren Händen noch mehr das Präsent, sodass sie es nun vollständig verdeckte, dabei schaute sie ihn an. Langsam erwachte die alte Tiara wieder. Seine Augen wanderten immer höher, bis sie bei ihrem Gesicht stehen blieben. Zunächst hatte er wieder diesen unerklärlichen Gesichtsausdruck, den er auch hatte, als sie gegen ihn gelaufen war, doch dann veränderte sich dieser und er wurde hart und kalt. Dadurch erschreckte sie sich so sehr, dass sie unweigerlich zusammen zuckte. Solch einen Blick hatte sie selten bei ihr gesehen und wenn dann hatte er nicht ihr gegolten. Betrübt senkte sie wieder den Blick und kämpfte mit den Tränen. Was hatte sie denn getan, dass er sie mit so einem schrecklichen Blick bedachte? Hätte es nicht eigentlich andersherum sein müssen?
"Aber wirklich, so etwas
unhöfliches", stimmte Jimmy dann verschnupft zu. Die beiden Brüder waren Tiara von Anfang an sympathisch gewesen und dass nicht nur, weil sie ihre Serienbrüder waren oder sie Nathalie nicht besonders leiden konnten. Sie hatten immer einen kessen Spruch auf Lager und in Benoit hatten sie ihren Meister gefunden. Oft hatten man sich gefragt, ob sie nicht miteinander verwandt waren.
"Boah, könnt ihr beiden nicht einmal eure Klappe halten?", schimpfte Angelika.
"Dann halt du sie doch zu erst und stopf der Natterschlange am besten auch gleich ihr Maul!", knurrte Johnny sie an.
"Etienne, hast du das gehört, wie der mich genannt hat?", fragte Nathalie ihn entrüstet.
Dieser blinzelte sie verdutzt an. Er schien überhaupt nicht zu wissen, was sie von ihm wollte. Dies regte sie nur noch mehr auf. Tiara musste grinsen. Ja, sie labte sich gern an die Schadenfreude und das Leid von Nathalie. Ihre Mutter würde ihr deswegen zwar, die Leviten lesen wollen, doch jenes würde sie gern in den Kauf nehmen. Sie konnte einfach nichts dafür, dass sie sich freute, wenn es für Nathalie nicht gut lief. Außerdem war diese auch nicht anders, sogar noch schlimmer!
"Was sind das denn für Zustände hier? Sind wir hier auf einem Pausenhof? Also wirklich! Wir sind hier alles erwachsene Menschen, also benehmt euch auch so! Kann ja wohl nicht wahr sein!" Alle schauten erschrocken in Richtung Tür, als ein sehr wütender Richard dort stand. Niemand hatte bemerkt, dass er diese geöffnet hatte, geschweige denn herein gekommen war.
Nach der Besprechung war Tiara eine der ersten, die den Versammlungsraum fast fluchtartig verließ. Sie musste dort so schnell wie möglich weg, sonst wäre sie erstickt. Ihr Hals hatte sich wieder so fest zu geschnürt, dass sie starke Probleme hatte zu atmen. Am Anfang war alles noch okay, bis Richard verkündet hatte, dass Tiaras Rolle mit Etiennes zusammen kommen sollte. Sie fand die Idee ja selber nicht sonderlich gut, doch sie hatte nichts gesagt. Aber Etiennes abfällige Bemerkung darüber, versetzte ihr so ein tiefen Stich in ihr Herz, dass das Taubheitsgefühl wieder eingesetzt hatte und sie drohte wieder in schwarzes Loch zufallen. Warum war er nur so gemein zu ihr? Was hatte sie ihm getan, dass er ihr so weh tun musste?
"Muss das sein?", hatte er gemurmelt. So an sich waren die drei Wörter nicht schlimm, aber wie er sie ausgesprochen hatte. So als ob sie die Pest hätte oder irgendeine andere schlimme, ansteckende Krankheit. Warum war er nur so grässlich zu ihr? Sie hatte ihm doch gar nichts getan. Sie müsste eigentlich diejenige sein, die so zu ihm sein müsste! Zu ihrer Traurigkeit, mischte sich Wut, unbändige große Wut. Am liebsten wäre sie zu ihm gegangen und hätte ihm eine schallende Ohrfeige dafür gegeben oder zumindest ein paar Takte erzählt, doch stattdessen lief sie weg. Energisch versuchte sie sich die Tränen wegzuwischen, als sie auf dem Weg zur Toilette war. Dort wollte sie sich verkriechen und nie mehr raus kommen, jedenfalls so lange nicht, bis alle gegangen war.
Tiara öffnete die Tür zur Toilette und wollte gerade hineingehen, als sie inne hielt. In ihrem Gesicht spiegelte sich Verblüffung, Belustigung und auch ein wenig Entsetzen. Angelika, die den Besprechungsraum schon etwas früher, als das Meeting noch gar nicht zu Ende war, verlassen hatte, stand vor einem der Waschebecken und befeuchtete in aller Eile ihre Achseln. Danach nahm sie Seife hinzu und schmierte sich diese ebenfalls darunter. Hatte das Mädel kein Deo? Wenn sie ein Problem mit ihren Schweißdrüsen hatte, sollte sie damit mal zu einem Arzt gehen. Stattdessen wusch sie sich ihre Achselhöhlen auf der Toilette eines Filmstudios! Seltsame Frau. Immerhin wusste Tiara jetzt, von wem der penetrante Schweißgeruch herkam, der sich in dem Versammlungsraum ausgebreitet hatte. Kopf schüttelnd schloss sie wieder die Tür und ging zurück. Sich auf dem Klo zu verkriechen und sich in Selbstmitleid zu baden, war ihr redlich vergangen. Dafür war sie Angelika ein wenig dankbar. Zwar wollte sie Etienne nicht wirklich sehen, doch um aus dem Studio zu gelangen, musste sie dies leider in Kauf nehmen. Da ihr Orientierungssinn gleich Null war, wusste sie nicht wo der Notausgang war. Sie holte aus ihrer Handtasche einen kleinen Spiegel heraus und überprüfte ob sie nicht zu verheult aussah. Zu ihrem Glück war dies nicht der Fall. Das wasserfeste Make- Up hielt auch, was es versprach.
Tiara atmete einmal tief durch und betrat dann den Versammlungsraum, wo sich alle aufhielten. Sie wollte sich eigentlich nur schnell verabschieden, da fiel ihr ein, dass sie mit Mick hergekommen war, weil ihr Auto in der Werkstatt war. So musste sie wohl oder übel, warten bis er los fahren wollte. Obwohl sie kurz mit den Gedanken gespielt hatte, sich ein Taxi zurufen, doch Mick hatte darauf bestanden sie auch zurück zu fahren, als sie ihn gefragt hatte ob er sie mitnehmen könnte. Da sie ihn nicht kränken wollte oder dass er sich unnötig Sorgen machte, wartete sie geduldig auf ihn. Sie wollte sich gerade auf eines der unbesetzten Zweisitzer setzen, dass weit weg von Nathalie und Etienne war, als Mick zu ihr kam. Er musste das Gespräch mit Selma, einer Schauspielkollegin schnell beendet haben, als er sie gesehen hatte.
"Alles okay bei dir?", fragte er und musterte sie besorgt.
"Ja, alles super", lächelte sie. Das war nicht mal gelogen, denn das Taubheitsgefühl und ihr zu geschnürter Hals, waren verschwunden. Dies überraschte sie selbst ein bisschen, weil sie eigentlich befürchtet hatte, dass es schlimmer werden würde, sobald sie Etienne sah. Dem war aber nicht so und darüber war sie sehr froh.
"Das freut mich. Wegen dem Idioten", er deutete mit einem abfälligen Kopfnicken zu Etienne, "brauchst du nicht traurig sein."
"Ach, das hab ich schon wieder vergessen."
"Wirklich?" Es war offensichtlich, dass er davon nicht überzeugt war.
"Na ja, fast. Aber mir geht es gut", versicherte sie ihm.
"Gut, denn sonst hätte er Bekanntschaft mit meiner Faust gemacht! Er kann froh sein, dass ich eine gute Selbstbeherrschung besitze", meinte er und sein Gesicht verfinsterte sich, als er kurz zu Etienne schaute, doch als er wieder zu Tiara sah, erhellte es sich wieder und er lächelte.
"Eddie, was für Drogen nimmst du eigentlich?", hörten sie plötzlich Johnny fragen.
"Wieso?", wunderte Etienne sich.
"Na, wie konntest du diesen fleischgewordenen Männertraum", Tiara spürte seinen musternen Blick, der von oben nach unten und von unten nach oben ging, "gegen eine unschöne Version von Barbie eintauschen? Die Drogen müssen echt, die härtesten auf'm Markt sein", beendete er seinen Satz mit einem verständnislosen Seufzer.
"Aber wirklich! Und dann die ihre Stimme! Stopfst du der beim vögeln irgendetwas in ihrem Mund? Die ist doch kaum auszuhalten", kam Jimmy hinzu.
"Äh..." Etienne schien um Worte zu ringen, aber keine zu finden. Egal wie sehr Tiara ihn noch liebte, dies hatte er verdient, deshalb blieb ihr Mitgefühl für ihn aus.
"Ihr zwei seid doch wirklich nicht ganz dich! Euch geht einen Scheißdreck an, was wir beim Sex machen. Er hat mich gewählt, weil er mich liebt und mich einfach besser findet!", mischte sich Nathalie mit ein. Ihrer Stimme nach zu urteilen, explodierte sie fast vor Wut.
"Ach ja? Und unter welchen Drogen stellst du ihn? Dich zu lieben, kann nur ein Fehler sein", sagte Johnny unbeeindruckt.
Tiara und Mick drehten sich nun zu den Vieren um. Sie war neugierig was noch passieren würde.
"Jetzt reicht es mir aber!" Nathalie wollte aufspringen und Johnny an die Gurgel gehen, doch Etienne hielt sie auf.
"Beruhig dich, Schatz", versuchte er sie zu beruhigen und zog sie auf seinen Schoß. Nathalie kuschelte sich sofort an seine Brust, wohl wissend das Tiara das sah. Doch diese ignorierte es so gut sie konnte.
"Und ihr reißt euch jetzt zusammen. Kann euch doch egal sein, mit wem ich zusammen bin. Ich habe mich für Nathalie entschieden, weil ich mich in sie verliebt habe", fuhr Etienne dann Johnny und Jimmy an.
"Das ist ja alles gut und schön, aber dann lass gefälligst auch Tiara in Ruhe und äußere keine abfälligen Bemerkungen über sie, als ob sie die Pest oder sonst was hätte", knurrte Mick und fixierte Etienne mit einem bösen Blick.
"Was willst du denn jetzt von mir? Was regst du dich überhaupt so auf, jetzt hast du doch freie Bahn", erwiderte Etienne und fixierte Mick ebenfalls.
Dieser ballte die Fäuste und machte einen Schritt auf die Sofaecke. Es fehlte nicht mehr viel und er würde auf Etienne los gehen. Nun musste Tiara schnell handeln. Sie wollte nicht das eine Prügelei enstand, besonders nicht, wenn sie der Hauptgrund war.
"Äh... Komm Micky, wir wollten doch gerade den Schokokuchen essen", sagte sie hastig und schleifte ihn hinter sich her in die Küche.
"Micky?", murmelte er ungläubig, ließ sich aber bereitwillig von ihr mit ziehen.
In der Küche angekommen, setzte sie Mick auf einem Stuhl und widmete sich dann den Schränken. Sie hollte zwei Teller heraus und aus einem Schubfach zwei gabeln und ein Messer. Dann fischte sie aus ihrer Handtasche das Päckchen heraus, machte den Deckel ab und stellte es auf den Tisch.
"Erstaunlich was alles so in eure Handtaschen passt", meinte Mick bewundernd. Er schien sich wieder zu beruhigen.
"Ja, find ich auch", schmunzelte Tiara und schnitt den kleinen Kuchen in zwei Stücke. Sie legte erst ihm eines auf den Teller und dann sich.
"Da habe ich wohl fast die Beherrschung eben verloren", seufzte er.
"Ja, das habe ich gemerkt", stimmte sie zu.
"Tut mir leid, dass wollte ich eigentlich nicht", sagte er und schaute beschämt zu Boden.
"Ach, ist doch nicht schlimm", lächelte sie sanft und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber.
"Im Ernst? Ich meine...", er verstummte und Tiara konnte sich denken worauf er hinaus wollte.
"Nur weil ich ihn noch liebe, heißt es nicht, dass er eben nicht eine saftige Abreibung verdient hätte. Die Veränderung an ihm kann ich nicht leiden, dennoch mag ich auch keine Prügelein. Besonders nicht wenn sie wegen mir sind. Außerdem zeugt schlagen von geistiger Schwäche", erklärte sie ihm.
"Das hast du Recht", lächelte er.
"Weiß ich und nun lass uns diesen köstlichen Schokokuchen essen. Ich hab schon ewig keinen mehr gegessen", grinste Tiara, nahm eine Gabel in die Hand und begann zu essen. Er grinste ebenfalls und aß sein Stück.
Nachdem sie mit dem Essen fertig geworden waren, wuschen sie Teller und Besteck ab und gingen zurück in den Aufenthaltsraum. Gerade rechtzeitig um zu sehen, wie sich Nathalie an einem Schluck Wasser verschluckte, ihr dabei die Wasserflasche aus der Hand glitt und diese im hohen Bogen auf Richard flog, der dadurch völlig nass wurde.
Dieser drehte sich Wutschnaubend um und eilte in seinem Büro. Nathalie flogte ihm, mit ihren Enschuldigungstriaden.
Tiara wusste nicht ob sie lachen oder mit dem armen Richard fühlen sollte, der, auch wenn es indirekt war, von Nathalie vor versammelter Mannschaft gedemütigt wurde.
"Der arme Richard", sagte Tiara und kämpfte gegen einen Lachanfall.
"Nicht mal trinken kann die. Kann die eigentlich überhaupt irgendetwas?", schüttelte Jimmy den Kopf.
Tiara grunzte, um das Lachen weiterhin zu unterdrücken. "Jimmy", tat sie dann entsetzt. Das die beiden Brüder an Nathalie kein gutes Haar ließen, hatte sie sich selbst zu zuschreiben. Es gab eine Szene in der sie die beiden anflirten sollte, doch sie hatte sich geweigert und sie als Gossenjungs bezeichnet, nur weil sie aus Brooklyn, New York City, stammten.
Es war klar, dass die beiden sich das nicht gefallen ließen und einen Kleinkrieg gegen sie gestartet hatten. Dieser herrschte aber immer nur, wenn Richard nicht in der Nähe war. Nachdem sich Nathalie halbherzig bei ihnen entschuldigt hatten, weigerten sie sich, mit ihr die Szene zu spielen, schließlich hatten sie auch ihren Stolz.
"Ja, ja ich weiß. Ich sag schon nichts mehr, bevor Eddie Pierelli mir noch ein blaues Augen verpassen will", grinste Jimmy sie an.
"Eddie Pierelli?", schmunzelte Tiara.
Er zuckte nur lässig mit den Schultern. Er schien es Etienne ziemlich übel zu nehmen, dass dieser die Seiten gewechselt hatte.
"Wollen wir los? Hab Knast", meinte Johnny.
"Yo, ich auch. Wir sind hier ja eh fertig. Außerdem können meine Ohren die ihre nervige, schrille Stimme nicht mehr ertragen", antwortete Jimmy.
"Wollen wir auch los?", flüsterte Mick Tiara ins Ohr, sie nickte und er sagte daraufhin: "Wir kommen mit."
Zusammen machten sich die Vier auf dem Weg nach draußen. Tiara bemerkte dabei, dass Etienne ihr nachsah. Was glotzte er denn nun schon wieder so doof? Sie schaute über die Schulter und wollte ihm diesmal einen ärgerlichen Blick zu werfen, doch sie stuzte, als sie seinen Gesichtsaudruck sah. Er war wieder so merkwürdig und unerklärlich, dennoch konnte sie auch etwas entschuldigendes herauslesen. Dies verwirrte sie vollends. Wie sollte sie das denn jetzt verstehen. Einen Moment lang schaute sie direkt in seine wundervollen dunkelblauen Augen, doch als sie darin zu versinken drohte, schüttelte sie kaum merklich den Kopf und richtete diesen wieder nach vorn. Ihr schnell pochendes Herz verfluchte sie insgeheim.
Die Wochen vergingen wie im Flug. Inzwischen waren die Drehbücher fertig und Tiara hatte mit dem Textlernen begonnen. Sie konnte ihn recht gut, dennoch nahm sie, wie die anderen Schauspieler auch, ihren Text mit um zwischen den Szenen zu lernen.
Der Dreh zur zweiten Staffel hatte mittlerweile auch schon angefangen. Gegen ihre Befürchtungen verlief dieser ziemlich gut. Zwar musste die Stichelein von Nathalie über sich ergehen lassen, doch sie versuchte ihr und Etienne so gut es ging, aus dem Weg zu gehen. Beim drehen war das zwar unausweichlich, aber in den Pausen oder bei dem Szenewechsel klappte es ganz gut. Leider war die alte schlagkräftige Tiara noch nicht zurück gekehrt und über Etienne war sie auch noch lange nicht hinweg. Aber ihre Freunde lenkten sie so gut sie konnten ab. Ihre Vampirliebe half ebenfalls dabei. Sie hatte Katharina, Zac und Filippo mit ihrer Leidenschaft angesteckt, so dass diese auch die Romane lasen und im Internet jeden noch so kleinen Artikel hinterher jagten. Allerdings streikte Zac bei den Filmen und Serien. Sehen wollte er sie schon gerne, doch die Blutszenen machten ihm jedesmal zu schaffen. Filippo hatte ihm vorgeschlagen mal zu einem Therapeuten zu gehen, der Hypnose anwandte, um so seine Blutphobie los zu werden. Bis jetzt hatte er noch keine Zeit gehabt.
Tiara befand sich gerade bei Katharina in der Maske, da sie gleich wieder eine Szene zu drehen hatte. Es war auch nicht irgendeine, sondern die Kussszene mit Etienne. Sie versuchte nicht daran zu denken, doch leider kreisten ihre Gedanken immer wieder darum. Wie sollte sie sich verhalten? Gab es überhaupt irgendeine Verhaltensregel wie man sich verhalten sollte, wenn der Exfreund, den man immer noch extrem liebte, vor der Kamera küssen sollte? Bestimmt, aber sie hatte es vergessen.
Nervös tippelte sie mit den Fingerspitzen auf der Stuhllehne herum.
"Du machst mich damit wahnsinnig, Süße", seufzte Katharina und legte ihre Hand auf Tiaras, damit sie aufhörte und sie ihr Gesicht noch einmal ein wenig pudern konnte.
"Ja, ich weiß. Tut mir leid. Aber ich...", sie verstummte und schaute auf ihre Oberschenkel.
"Du wirst das schon packen. Ich hab dir doch gesagt, du sollst dir Etienne am besten als Jabba vorstellen", lächelte sie.
"Ja, aber wenn ich das mache, muss ich entweder lachen und wir bekommen die Szene nie hin oder ich ekele mich vor ihm", meinte Tiara und seufzte diesmal.
"Das wäre doch auch nicht schlecht, dann merkt er was für ein Arsch er ist", kicherte die Blonde.
"Katharina, dass ist nicht witzig", jammerte sie, musste aber auch lachen. "Was ist, wenn ich ihn danach noch mehr liebe und ihn somit noch mehr vermisse?"
"Das kann natürlich passieren und ich befürchte, dass es auch so sein wird", sagte sie ehrlich, "aber ich und die anderen werden für dich da sein. Wir werden mit Sicherheit nicht zu lassen das du wieder in ein schwarzes Loch fällst. Wir werden dir so auf die Nerven gehen, dass du keine Sekunde hast um an Trottelkopf zu denken", fügte sie hinzu und schaffte es bei Tiara ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern.
"Okay."
"Gut, und jetzt geh los und gib ihm einen Kuss, sodass er einen Ständer in der Hose bekommt und sich in den Arsch beißt, weil er dich verlassen hat", feuerte sie die Braunhaarige an.
"Du nun wieder", schüttelte Tiara den Kopf und ging zum Set zurück.
Wie es aussah, war alles schon bereit. Hoffentlich war sie nicht zu spät, sodass alle auf sie warten mussten. Aber sie glaubte nicht, denn sonst hätte Richard schon jemanden nach ihr geschickt.
"Tiara da bist du ja schon, dann kann es ja los gehen", lächelte er sie freundlich an.
Sie nickte ihm lächelnd zu.
"Sind die Kameras bereit?", fragte er dann Alain. Dieser nickte ebenfalls.
"Gut, du setzt dich auf das Bett und tust so als ob du eine SMS schreiben würdest", wies er sie an. Tiara tat, was ihr aufgetragen wurde, setzte sich auf das Bett und nahm die Requisite in die Hand.
"Etienne du wirst durch das offene Fenster in das Zimmer steigen, kurz Tiara beobachten, warten bis sie aufschaut, dann auf sie zu gehen und sie einfach küssen", sagte er zu ihm.
Etienne ging in Position und Richard wies dann Alain und sein Team an, dass sie filmen konnten.
Die Kameras liefen und Etienne kletterte durch das Fenster. Er blieb dort stehen und beobachtete sie einen Moment. Als Tiara den Kopf anhob und ihn etwas erschrocken an sah, ging er mit einem entschlossenen Blick auf sie zu. Tiaras Herz schlug heftig gegen ihre Brust, gleich würde er sie küssen. Natürlich freute sie sich, seine Lippen auf ihren zu spüren und ihn wieder schmecken zu können. Aber sie hatte Angst auf die Gefühle danach, die auf sie nieder prasseln würden. Warum hatte sie nur zu gestimmt, bei der Serie mit zu machen? Sie musste doch besoffen gewesen sein. Tja, damals hatte sie auch noch nicht gewusst, dass sie mit ihrem besten Freund zusammen kommen würde, er sie dann aber verlassen würde, um mit ihren Erzfeindin zugehen und sie nun von ihm geküsst wird, obwohl sie noch lange nicht dazu bereit war. Schauspielerei war wirklich ein sehr harter Job.
"Jona...", flüsterte sie seinen Seriennamen, als er vor ihr stand. Etienne beugte sich zu ihr runter und nahm ihr Gesicht in seine Hände, schaute ihr kurz in die Augen und vereinte die Lippen. Der Kuss war zu erst schüchtern und forschend, doch dann wurde er immer fordernder. Die Leidenschaft brodelte in Tiara und sie zwang sich, diese nicht explodieren zu lassen, aber als sie die geballte Hingabe von Etienne spürte, konnte sie ihre nicht mehr unterdrücken. Sie legte eine Hand in seinen Nacken und ließ sich nach hinten sinken. Sie hatte das Gefühl das er nur zu gerne mit ging. Tiara öffnete ein kleines bisschen ihren Mund und seine Zunge wanderte mit kurzem Zögern hinein, strich erst über ihre und forderte sie dann zu einem Kampf heraus, auf diesen sie nur zu gerne einging.
Es fühlte sich so gut an und sie wünschte sich der Kuss würde niemals enden. Er schmeckte so gut. Vor kurzem musste er etwas mit Erdbeeren gegessen haben, denn der Geschmack der von ihm ausging, war sehr intensiv. Wie immer, wurde sie süchtig nach ihm. Sie wollte einfach nicht, dass der Kuss aufhörte. Zu ihrer Verblüffung, schien es Etienne ebenso wenig zu wollen, denn er hörte nicht auf, eher im Gegenteil, er packte noch eine Portion Leidenschaft drauf. Diese war vermischt mit unbändiger Begierde und Sehnsucht. Hoffnung flammte in Tiara auf, dass er sie vielleicht doch noch lieben würde, wenigstens ein kleines bisschen.
Als Etienne den Kuss beendete, wurde sie von einer Enttäuschungswelle regelrecht durchflutet. Am liebsten hätte sie ihn fest gehalten und weiter geküsst, leider ging das nicht. Sie hatte aber das Gefühl, dass Etienne sich nur widerstrebend von ihr gelöst hatte, sicher war sie sich aber nicht. Bevor er von ihr runter ging, trafen sich ihre Blicke. Für einen kurzen Moment, gaben sie sich gegenseitig, die Luft zum atmen. "Einfach klasse! Dieser Kuss war so unglaublich authentisch! Man könnte meinen, dass ihr nur für einander geschaffen seid, dass ihr wie Puzzleteile einfach zusammen gehört, euch zu trennen wäre fatal, versteht ihr was ich meine? Ihr liebt euch so stark, dass es schon fast weh tun könnte!", sagte Richard voller Begeisterung und applaudierte sogar. "So was hab ich in meiner ganzen Karriere noch nicht gesehen! Große Klasse! Ich frage mich ja eigentlich sowieso.... Ach lassen wir das, es geht mich nichts an. Die Kussszene ist perfekt und brauch nicht wiederholt werden, zwar ist sie viel länger als geplant, aber das ist völlig egal", fügte er mit strahlendem Lächeln.
Beide schauten ihn etwas verdutzt an und erröteten dann. Danach richtete sich Etienne von Tiara auf und ging zu Nathalie, die ihn rasend von Eifersucht erwartete.
Tiara verdrehte die Augen und stand ebenfalls auf. Am liebsten hätte sie zu Richard gesagt, dass sie die Szene tausendmal wiederholen möchte, doch sie zwang sich, es nicht zu tun. Noch ein wenig benommen ging sie zu Katharina, die an der Tür alles mit verfolgt hatte.
"Alles okay bei dir?", fragte sie vorsichtig.
"Ja, ich denke schon", antwortete Tiara.
"Hatte der Kuss irgendetwas zu bedeuten, Etienne?", fragte Nathalie ihn forschend, als sie mit ihm, an ihnen vorbei ging.
"Nein, natürlich nicht", antwortete er, fast monoton.
"Verpiss dich du hässlichste Barbeipuppe der Welt, sonst rasier ich dir den Schädel und deinem blöden Ken gleich dazu", murmelte Katharina, als sie sah, wie traurig Tiara bei dieser Äußerung schaute.
Nathalie drehte sich mit Etienne zu ihr um. "Wie bitte? Ich hab mich wohl eben verhört?"
Verblüfft darüber, dass Nathalie ihr Gemurmel, was nicht mal sonderlich laut war, gehört hatte, schaute sie diese einen Augenblick nur an, doch dann schien sie sich wieder zu fangen und setzte ein unschuldiges Lächeln auf. "Weiß nicht? Kann sein?"
"Sag das noch mal und du wirst längere Zeit als Maskenbildnerin gearbeitet haben", meinte sie kühl.
"Ach halt deine blöde Fresse und geh einfach weiter!", zischte zur Überraschung aller Anwesenden Tiara.
Nathalie schüttelte dann den Kopf. "Ja, ja wenn sich zwei Gossenkinder gefunden haben, können nur solche Sätze dabei herauskommen. Eure Eltern waren wohl unfähig, euch eine vernünftige Sprache zu lehren."
"Lass unsere Eltern aus dem Spiel! Da du ja so viel über die Gosse weißt, kommst du wohl daher", fauchte Tiara und funkelte sie wütend an. Sie hatte gerade so viel Zorn im Bauch, dass dieser einfach heraus musste. Langsam erwachte die alte Tiara wieder.
Katharina grinste die Braunhaarige breit an. Sie freute sich sichtlich über Tiaras Wutausbruch und das endlich wieder zu ihrer alten Schlagkraft zurück kam. "Genau, wer so viel darüber redet, muss sich da gut auskennen", stimmte sie zu.
Nathalie kniff die Augen zusammen. "Ihr kleinen, miesen..."
"Ach weißt du was? Das wird mir hier zu blöd, quatsch dein Spiegelbild voll, aber lass uns in Ruhe", unterbrach Tiara sie, harkte sich bei Katharina
unter und verließ mit ihr das Set.
Gegen 23. 30Uhr hatte Richard den Dreh für heute beendet. Müde machte sich Tiara mit Katharina auf den Weg zu den Parkplätzen. Ihr Auto war inzwischen von der Reparatur zurück, so war sie nicht mehr auf ihre Freunde oder öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Darüber war sie sehr froh, sie war gern unabhängig.
Als sie bei ihren Autos ankamen, durchwühlte Tiara ihre Handtasche, auf der Suche nach ihrem Autoschlüssel. Konnte ihn aber nicht finden, weshalb sich ihre Mine etwas verfinsterte.
"Was denn los?", fragte Katharina, die sich verwundert umdrehte, als sie ihre Freundin leise vor sich hin fluchen hörte.
"Ich finde meinen Autoschlüssel nicht", antwortete sie, ohne aufzuschauen und kramte krampfhaft weiter in ihrer Tasche herum.
"Hast du ihn vielleicht in deine Jackentasche gesteckt?"
"Könnte sein", meinte sie und tastete mit den Händen zu ihrer Jacke, doch diese befand sich nicht an ihrem Körper, wo sie hätte sein sollen.
"Schusselchen, sag nicht du hast deine Jacke im Studio vergessen", schmunzelte Katharina.
"Ich glaub schon", seufzte sie, "ich geh' sie schnell holen."
"Soll ich so lange auf dich warten?"
Sie schüttelte den Kopf. "Brauchst du nicht."
"Sicher?"
"Ja, fahr ruhig los, wir sehen uns morgen", lächelte Tiara.
"Okay, bis morgen Süße", gab sich Katharina geschlagen, umarmte ihre beste Freundin zum Abschied und stieg in ihren Wagen.
Tiara drehte sich um, ging zu dem Gebäude zurück und betrat dieses auch so gleich. Es war ein wenig gruselig, so spät noch dort zu sein, wenn kaum einer mehr da und es spärlich beleuchtet war. Richard, Susannah, Alain und Benoit waren mit ein paar ihrer Mitarbeiter meist die letzten, die dort noch arbeiteten. Doch Richard war meist mit Susannah in seinem Büro und Alain und Benoit mit ihren Mitarbeitern im Keller, wo sich der Ton- und Schnittraum befand. Somit war der Rest des Studios wie leer gefegt.
Tiara, der etwas unbehaglich zumute war, schlich fast durch den Eingangsbereich zur Gaderobe um dort mit ihrer Suche nach ihrer Jacke zu beginnen. Leider fand sie diese dort nicht und auch nicht in dem Aufenthaltsraum und der Küche. Panik durch schlich ihren Körper und sie überlegte fieberhaft, wo sie noch suchen könnte. Dann fiel ihr ein, dass sie heute den ganzen Tag im zweiten Stockwerk verbracht hatte, da sie zum gröbsten Teil nur Szenen in ihrer Serienwohnung verbracht hatte. Als sie an das Schlafzimmer dachte, kam unwillkürlich die Erinnerung an den Kuss mit Etienne zum Vorschein. Diese versuchte sie aber schnell wieder zu verdrängen. Nach ihrem Wutausbruch, war er noch kühler zu ihr, als sonst. Eisberge waren ein Witz dagegen.
Sie seufzte und begab sich in den Fahrstuhl und fuhr in den zweiten Stock. Tiara setzte ihre Suche in dem Wohnzimmer, ihrer Serienwohnung fort. Jeden kleinen Winkel sah sich genau an, doch ihre Jacke war auch nicht hier.
"Verdammt wo ist die bloß?", murmelte sie leise. Ihre Panik wandelte sich in Ärger um. Sie war auf sich selbst ärgerlich, weil sie mal wieder bewies, dass sie ein Kopf wie ein Sieb hatte. Vor sich hin grummelnd betrat sie das Schlafzimmer und ließ einen Rundblick durch den Raum gleiten. Sie entspannte sich sofort, als sie ihre Jacke über einen Stuhl hängend, entdeckte. Mit großen Schritten eilte sie auf den Stuhl zu und nahm sie das Kleidungsstück an sich und griff gleich in die Taschen, um sicher zu gehen, dass die Schlüssel auch wirklich darin waren. Als sie etwas, hartes, kaltes und metallenes fühlte, wusste sie, dass es so war.
Tiara drehte sich um und wollte gerade zur Tür gehen, als sie erschrocken zusammen zuckte, einen Schrei von sich gab und ihre Jacke fallen ließ, denn Etienne stand plötzlich in der Tür.
"Oh Gott Etienne, musst du mich so erschrecken?", schaute sie ihn vorwurfsvoll an und legte die Hand auf ihre Brust, wo ihr schnell pochendes Herz ruhte. "Was machst du überhaupt noch hier?", wollte sie dann wissen.
"'Tschuldigung, wollte ich nicht", murmelte er. "Das gleiche könnte ich dich auch fragen."
Fast hätte sie gesagt, dass sie sich auf dem Bett rekeln und onanieren wollte, doch sie ließ es bleiben. Sie wusste nicht ob Etienne noch den gleichen Humor wie früher besaß, deshalb zuckte sie mit den Schultern und antwortete wahrheitsgemäß: "Hab meine Jacke vergessen."
"Mh", nickte er und bedeutete das es bei ihm ähnlich war. Er ging durch den Raum und inspizierte die Stühle. Als er sich bückte, konnte Tiara nicht anders, sie musste auf seinen knackigen Hintern starren. Der nackt noch viel besser aussah, als in der schwarzen Jeans. Wie gern wäre sie zu ihm gegangen und hätte seinen Po berührt oder reingekniffen. Er schien gefunden zu haben, wonach er gesucht hatte, denn er richtete sich wieder auf. Tiara hob dann ebenfalls schnell wieder ihre Jacke auf und wollte noch vor ihm den Raum verlassen. Mit ihm in einem Aufzug zu sein, konnte sie nicht ertragen, außerdem würden dabei ein paar ganz bestimmte Erinnerungen hoch kommen. Lust die Treppe runter zu laufen hatte sie erst recht nicht, sollte er diese doch nehmen.
Tiara ging zur Tür, drückte die Klinke her runter, doch sie ließ sich nicht öffnen. Klemmte sie etwa? Bitte nicht! Sie versuchte es noch mal und wieder ließ sie sich nicht öffnen. Tiara zog und zerrte daran, aber sie Tür blieb stur. Irgendwer musste sie verschlossen haben. Aber wann? Jenes hätte sie doch mitbekommen.
"Was ist los?", fragte Etienne, als er zu ihr kam.
"Die Tür lässt sich nicht öffnen", antwortete sie.
"Warum?"
"Woher soll ich das wissen?", zuckte sie mit ihren Schultern.
Etienne runzelte die Stirn und probierte selbst die Tür zu öffnen, bei ihm geschah ebenfalls nichts.
"Sag ich doch, sie geht nicht auf", meinte Tiara und seufzte. Nun war sie mit Eisberg in ihrem Serienschlafzimmer gefangen. Ob dies gut ging? Sie bezweifelte es stark. Morgen würde sie bestimmt ein Eisblock sein.
"Seit wann werden die Türen der Seträume abgeschlossen?", murmelte er.
"Weiß ich doch nicht, ich bin selten so lange hier", antwortete sie.
"Na toll,", sagte er gereizt. Allem Anschein nach gefiel es ihm ebenfalls nicht, hier eingesperrt zu sein, jedenfalls nicht mit ihr. Zornig ging er von der Tür weg und zu einen der Fenster. Dort verschränkte er die Arme vor seine Brust und starrte hinaus.
Tiara behagte es auch nicht wirklich eingesperrt zu sein, zumindest nicht unter diesen Umständen, aber dass er gleich wieder so negativ reagieren musste, machte sie wütend.
"Tut mir ja leid, dass ich nicht deine 'ach so tolle' Nathalie bin, mit der du hier lieber eingesperrt wärst. Ich bin auch nicht wirklich scharf darauf, mit dir Eisberg, hier die Nacht zu verbringen, trotzdem rege ich mich nicht gleich so auf!", zischte sie ihm zu.
"Was willst du denn jetzt von mir? Ich habe doch gar nichts gesagt", konterte er.
"Nein, das brauchst du auch gar nicht, dein Verhalten reicht vollkommen aus!"
Er schnaubte. "Ich wusste gar nicht, dass du neuerdings Verhaltensforscherin bist!"
"Tja, kannst du mal sehen, was du alles verpasst hast, seit du auf die Seite zu deinen Snobs gewechselt bist", fauchte sie und ging zu dem Bett. Sie wollte so schnell wie möglich schlafen, damit die Nacht rasch vor rüber war.
"Aja", schüttelte er mit dem Kopf.
Seine arrogante Art machte Tiara noch rasender und sie drehte sich mit zusammengekniffenen Augen zu ihm um. "Ich weiß nicht, was ich dir getan habe, dass du mich hasst, vielleicht ist es, wegen dem Vorfall im Krankenhaus. Es tut mir leid, dass ich dir damals die Gefühle verletzt habe, aber du hast verdammt noch mal nicht das Recht, mich wie Dreck zu behandeln! Ich hätte viel eher dazu einen Grund!", schrie sie ihn an.
Erschrocken drehte sich Etienne zu ihr um. "Ich ha..."
"Ach lass mich doch in Ruhe", fauchte sie wieder, zog ihre Schuhe aus, ließ ihre Jacke und Tasche fallen und krabbelte dann ins Bett. Mit der Bettdecke deckte sie sich bis hoch zu ihren Gesicht zu. Es kotzte sie an, dass er sie so beschissen behandelte und dass er ein kaltherziges und arrogantes Arschloch geworden war. Sie wollte den alten Etienne zurück! Tränen liefen ihr über die Wangen und einen Schluchzer konnte sie leider nicht vermeiden.
Tiara spürte plötzlich seinen warmen Atem auf ihrer Haut. Wann war er auf das Bett gekommen? Sie hatte es gar nicht mitbekommen.
"Geh' weg!", schluchzte sie. "Du kannst morgen mit Nathalie über mich lachen."
"Bitte weine nicht", flüsterte er. Seine Stimme war auf einmal so sanft und herzlich wie früher.
Doch sie versuchte es zu ignorieren. "Geh' weg!"
Er schob die Decke ein wenig beiseite, hob behutsam ihren Kopf an, drehte diesen zu sich und küsste ganz sachte ihre Tränen weg.
Nicht noch etwas von Früher! Warum tat er dies?
"Was soll das? Warum machst du das?", flüsterte sie, genoss aber seine Lippen auf ihren Wangen.
"Weil ich nicht sehen kann, wenn du weinst", antwortete er.
"Du bist doch aber schuld."
"Ich weiß und das tut mir leid."
Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte, deshalb fragte sie: "Machst du das, um dein Gewissen zu besänftigen?"
Etienne schaute sie an. "Nein." Sein Gesicht war schon lange nicht mehr so nah, wie jetzt. Obwohl, heute Nachmittag bei der Kussszene, waren sie sich auch so nah, doch dies zählte nicht, weil es gespielt war. Hier war nichts gespielt.
Seinen Atem sog sie fast gierig in sich hinein, die Sauerstoffaufnahme war die schönste der Welt. Natürlich nur, wenn der Atem nicht übel war, was bei Etienne mit Sicherheit nicht der Fall war. Seine war frisch und roch nach Eisbonbons. Vor kurzem muss er noch einen gegessen haben. Er war also noch immer süchtig, nach diesen Dingern.
"Ich wünschte, es wäre alles wieder wie früher, als wir noch beste Freunde waren", sagte sie leise.
Etienne senkte die Lider. "Wirklich?"
"Nein, aber ich will dich zurück. Du bist meiner."
Er seufzte gequält und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, wobei sie die Augen schloss, um diesen in vollen Zügen zu genießen.
Etienne wollte wieder von dem Bett runter gehen, doch Tiara drehte sich schnell um und
hielt ihn fest.
"Ich sollte lieber vom Bett runter gehen", versuchte er Widerstand zu leisten.
"Warum?"
"Weil wir uns sonst nur selber quälen."
"Dann mach mit Nathalie schluss", schlug sie vor und lächelte.
"Das geht leider nicht", sagte er mit betrübter Mine. Es zerbrach ihr fast das Herz, ihn so traurig zu sehen.
"Warum? Du bist todunglücklich. Ich sehe doch, dass du es bist. Wieso machst du nicht mit ihr schluss?"
"Weil es nicht geht", antwortete er.
"Warum?", fragte sie ungehalten. Es regte sie langsam auf, dass er nicht mit der Sprache raus rückte.
Etienne schwieg.
Tiara wartete eine Zeitlang ab, ob er antworteten würde, doch er tat es nicht. Sie atmete einmal tief durch und schaute kurz zur Decke. Dann richtete sie wieder den Blick auf ihn. "Bleib heute Nacht bitte bei mir."
"Tia, ich hab doch gesagt, dass das nicht gut ...", er seufzte als er ihren unglaublich süßen Hundeblick sah und legte sich dann zu ihr. Mit einem kleinen triumphierenden Lächeln auf den Lippen kuschelte sie sich, so eng sie konnte, an ihm. Ihren Kopf legte sie dabei auf seiner Brust um seinem Herzschlag zu lauschen. Sofort wurde sie von seinem unwiderstehlichen Duft eingehüllt, den sie sogleich eifrig inhalierte. Sie genoss es unheimlich, ihm wieder so nah zu sein. Ihr Herz schlug wie wild. Seinem Herzklopfen zu urteilen, gefiel es ihm auch. Also liebte er sie doch noch? Zumindest mögen tat er sie noch, denn das Herz log nicht.
Natürlich wusste sie, dass es eigentlich ein Fehler war, dass sie kuschelnd im Bett lagen, doch sie konnte einfach nicht anders. Katharina würde sie dafür lynchen.
Nach kurzem zögern, legte Etienne sanft seine Hand auf ihrem Kopf und strich ihr durch das Haar. Bei der Berührung kribbelte es angenehm in ihrem Bauch. Nun hob auch sie ihre Hand und streichelte mit dieser über seinen Bauch. Ihr fiel ein, das er mal zu ihr gesagt hatte, dass sobald sie ihn beziehungsweise seine Haut berührte, egal wo, alles an seinem Körper zu einer erogenen Zone, werden könnte. Das hatte sie gefreut, natürlich nicht ohne Hintergedanken. Oft hatte sie ihn in den unmöglichsten Situationen geärgert. Sie kam sich damals schon wie eine Sexsüchtige vor, so oft wie sie an einem Tag mit einander geschlafen hatten. Aber bei ihr war es auch nicht anders gewesen, wenn er sie berührt hatte. Sollte sie versuchen ihre Hand unter seinem T- Shirt zu schieben? Sie entschied sich dafür, weil sie nicht wusste, wann sie das nächste mal wieder die Gelegenheit dazu hatte. Und wenn er es nicht wollte, konnte er immer noch ihre Hand wieder wegnehmen. Langsam rutschte sie mit ihrer Hand weiter runter, zu dem Saum des Shirts und schob sie vorsichtig darunter.
"Was machst du da?", fragte er, als sie schon zur Hälfte drunter war, daraufhin hielt sie aprupt inne.
"Ich.. äh...", stammelte sie und wusste keine Antwort. Etienne legte seine Hand auf ihre und sie befürchtete schon, er würde sie weg nehmen, doch zu ihrer Überraschung, schob er sie nur höher. Dabei hörte sie, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Also stimmte es immer noch, dass sein Körper sich in eine einzige erogene Zone verwandelte, wenn sie ihn anfasste. Dies bestätigte, dass er sie durchaus noch mochte. Da das T - Shirt recht enganliegend war und sie bei ihrem Streicheln behinderte, rückte sie es ein wenig höher. Dann fuhr sie erst einige Male mit der flachen Hand über seinen Bauch. Danach zeichnete sie seine Bauchmuskeln nach und als nächstes um kreiste sie mit der Zeigefingerspitze seinen Nabel. Anschließend richtete sie sich auf und begann Schmetterlingsküsse auf seinem Bauch zu verteilen, durch federleichte Berührungen der Lippen auf seiner Haut. Etienne ließ daraufhin ein leises Seufzen erklingen. Hinsichtlich dieser Reaktion, war sie bestärkt weiter zu gehen. Sie wollte sich gerade auf ihn setzen, als er sie zurück hielt. Enttäuschung übermannte sie und sie senkte den Kopf. Er will wohl doch nicht, dachte sie betrübt. Er setzte sich nun auf, schob seine Hand unter ihrem Kinn, um es sanft anzuheben, damit sie ihn an sah. Traurig schaute sie ihn an, doch als sie sein Lächeln entdeckte, runzelte sie irritiert die Stirn. Bevor sie sich oder ihn fragen konnte, was das zu bedeuten hatte, beugte er sich auch schon vor und vereinte die Lippen, dabei bewegte er seine sanft über ihre. Dieser leidenschaftliche Kuss, raubte ihr die Sinne. Alles um sie herum schien zu verschwinden. Es existierten nur noch sie.
Etienne legte eine Hand in ihren Nacken und mit der anderen drückte er sie an sich. Tiara schlang ihre Arme um seinen Hals und ihre Beine um seine Taille, sodass sie nun auf ihm saß. Sie öffnete ihren Mund, damit seine Zunge auf Entdeckungstour gehen konnte. Zu erst ertastete sie nur ihre Mundhöhle und fuhr über ihre Zähne, doch dann neckte sie ihre Zunge. Tiara seufzte leise, bei seiner geschickten Zungenakrobatik. Etienne legte sich mit ihr hin, aber so, dass er jetzt über ihr war. Ihren Kussmarathon beendeten sie dabei kein einziges Mal. Seine Hände ertasteten sich den Weg zu ihren Brüsten, um sie sanft zu massieren. Dann öffnete er die Knöpfe ihrer Bluse, damit er besser an ihren Busen heran kam, doch leider war noch der störende BH im Weg. Er beendete die Kussserie und achtete nicht auf ihren enttäuschten Seufzer. Küssend arbeitete er sich nun von ihrem Kinn hinüber zu ihrem Ohrläppchen, in das er ein paar mal zärtlich hinein biss. Danach wanderten seine Lippen ihren Hals entlang runter zu ihrem Dekolleté und auf dem gleichen Weg wieder hoch. Bevor er wieder nach unten gehen konnte, hielt sie ihn auf, in dem sie ihre Hände um sein Gesicht schloss und ihn begierig küsste.
Etienne löste sich von ihr, lächelte und widmete sich nun ihren Brüsten. Die Ärmsten waren noch immer in dem Büstenhalter eingequetscht. Er wollte sie so schnell wie möglich befreien. Zu erst massierte er beide gleichzeitig, dabei spürte er, dass ihre Brustwarzen aufrecht standen. Sanft umschloss er eine davon mit seinen Lippen und drückte mit diesen leicht zu.
"Oh...", stieß sie einen geräuschvollen Seufzer aus, der auch ein wenig überrascht klang. Egal wie oft Etienne das schon bei ihr getan hatte, es würde sie immer wieder verblüffen welch erregendes Gefühl das bei ihr auslöste.
Bevor seine geschickte Hände unter ihr waren, um den Verschluss des BHs zu öffnen, um schloss er auch die andere Knospe mit den Lippen und drückte ein paar mal zu. Als er den Verschluss geöffnet hatte, setzte er sich mit ihr hin und zog die Bluse samt BH aus. Doch anstatt sich um ihre Brüste zu kümmern, gab er ihr einen kleinen Stupser, damit sie sich wieder hinlegte. Irritiert schaute Tiara ihn an. Etienne beachtete sie nicht und öffnete ihre Hose. Diese und den String zog er ihr ebenfalls aus. Erwartungsvoll schaute sie ihn an und er ließ seine Hände von der Innenseite ihre Schenkel hinauf gleiten, über ihren Bauch, bis zu ihren Brüsten. Ein angenehmes Prickeln durchfuhr ihren Körper und als er mit den Fingerspitzen ihre Brustwarzen umkreiste, keuchte sie auf. Etienne beendete diese Liebkosung, brachte seinen Kopf über ihren und begann sie zu küssen. Erst zärtlich, dann immer leidenschaftlicher und fordernd. Seine Zunge begab sich auf Erkundungstour in ihrem Mund. Er beendete den Kuss wieder und wanderte mit seinen Lippen, den Hals hinab um sich nun endlich ihren Brüsten zu widmen, die nur darauf zu warten schien. Tiara stöhnte genussvoll, als er mit seiner Zunge ihre Nippel umkreiste und sie zwischendurch an pustete. Nun wanderte er mit leichten Küssen runter zu ihrem Bauch und neckte ihren Nabel. Dann kam er mit seinen Küssen bei ihrer intimsten Stelle an. Er winkelte ihre Beine an und vergrub sein Gesicht zwischen ihre Schenkel.
"Etienne...", keuchte Tiara und fuhr mit einer Hand in sein Haar. Bei jeder Liebkosung zuckte sie ein wenig und zog an seinem Haar. Wenn er so weiter machte, würde sie ihm bei ihrem Höhepunkt ein Büschel Haare heraus reißen. Um dies zu verhindern, griff sie nach einem Kissen und drückte es. Langsam hielt sie es nicht mehr aus, dieser Mann würde sie noch um den Verstand bringen.
"Etienne?", flüsterte Tiara und versuchte mit der anderen Hand nach ihm zu greifen um ihn zum aufhören zu bewegen. Doch er reagierte nicht. "Etienne bitte...", flehte sie nun und zog an seine Haare, damit er den Kopf hob. Dies tat er dann glücklicherweise auch, doch sein verlangender Blick ließ ihr den Atem stocken. Die goldenen Kreise in seinen Augen, schienen sich in Flammen gewandelt zu haben, die sie sanft umhüllten. Bevor sie sich darin verlor und er weiter mit seinem Verwöhn- und Quälprogramm machen konnte, setzte sie sich schnell auf und rutschte zu ihm. Sie presste ihren Lippen auf seine, sodass sie den Widerstand seiner Zähne spürte und gab ihm einen ungestümen Kuss. Diesmal seufzte er leise und drückte sie an sich. Ehe er wieder die Oberhand übernehmen konnte, beendete sie den Kuss und flüsterte an seinen Lippen: "Jetzt bin ich dran... dich zu verwöhnen."
Er lächelte leicht und bevor er etwas erwidern konnte, zog sie ihm auch schon das T- Shirt aus, was sie sowieso schon die ganze Zeit störte. Endlich konnte sie wieder seinen Oberkörper an ihrem spüren. Auch Etienne genoss es sichtlich, denn er drückte sie wieder an sich. Sie freute sich sehr darüber, vergaß aber ihre Mission nicht, ihn jetzt zu verwöhnen. Mit ihren Fingernägeln kratzte sie zärtlich seinen Rücken runter, so weit sie kam. Er liebte es, wenn sie das tat.
"Mhh...", erklang es aus seinem Mund und er legte seinen Kopf in ihre Halsbeuge,dabei spürte sie seinen warmen Atem auf ihrer Haut, wodurch sie Gänsehaut bekam. Bevor er aber auf die Idee kam, sie wieder zu ärgern, beendete sie ihre Liebkosung und rutschte etwas von ihm weg. Tiara klopfte mit der flachen Hand, neben sich auf das Bett und bedeutete ihm so, dass er sich hinlegen sollte. Etienne spitzte die Lippen und wollte vorher einen Kuss, doch sie schüttelte den Kopf. Mit einem Schmollmund legte er sich dann hin. Tiara musste sich zusammen reißen, um ihn nicht doch einen Kuss zu geben. Sie fuhr erst mit der Hand über seine glatte muskulöse Brust, runter zu seinem Bauch bis zu dem Bund seiner Jeans und dann wieder hoch. Kurz betrachtete sie seinen athletischen Oberkörper, wo man denken könnte, er wäre hart wie stahl, doch das war er nicht, er war kuschelig weich. Auf diesen schlief sie besser, als auf jedes Kissen. Ihre Augen wanderten tiefer, zur Ausbeulung der Hose. Dort war das Einzige, was vielleicht hart wie Stahl war, verborgen. Sie würde gleich die Befreierin des armen kleinen Etienne spielen, der sich durch die Jeans zu kämpfen versuchte.
Vorsichtig setzte sich Tiara auf ihn und sah zu seinem Gesicht. Er schaute sie erwartungsvoll an. Sie fuhr nun mit ihren Fingernägeln sanft über seinen Oberkörper und zog einige Bahnen. Schade, dass sie kein Massageöl hier hatten, mit dem hätte sie ihn auch noch ein bisschen ärgern können. Etienne genoss ihre Berührungen sehr und ein prickelnder Schauer durchfuhr ihn. Am liebsten hätte er sie auch wieder berührt, doch sie ließ es nicht zu und blockte jeden seiner Versuche ab, also verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf. Nun bedeckte sie seinen Körper mit federleichten Küssen, was ihm ein leises Seufzen entlockte. Als sie sich seinem Bauch näherte, rückte sie sachte weiter runter, so dass sie nun auf seinen Schenkeln saß. Ihre Küsse wanderten weiter und ihre Zunge umkreiste seinen Bauchnabel. Die Kreise wurden immer enger, bis die Zunge schließlich den Nabel erreichte und neckte. Dann setzte sie ihre Wanderung fort und kam am Hosenbund an. Die Hose saß schon recht tief, so dass seine Beckenknochen hervorlugten. Auch hier verteilte sie kleine Küsschen von einem Beckenknochen zum anderen. Dann öffnete sie seine Hose, stand dabei auf um diese und die Unterhose gleich auszuziehen. Sie hielt kurz inne und sah zu ihm runter. Er sah so verdammt sexy aus, aber er hatte irgendwie auch etwas unschuldiges an sich, wie er so entblößt vor ihr lag.
Tiara lächelte leicht und setzte sich wieder auf seine Oberschenkel. Nun begann sie ihn mit den Mund, der Zunge und kleinen Massagen zu verwöhnen.
"Oh verdammt... Tia...", stöhnte er lustvoll und krallte sich in dem Bettlaken fest. Eine Welle der Lust durchflutete ihn so stark, dass er schon fast gekommen wäre. Diese wahnsinns Frau, brachte ihn mit ihrer Technik jedes Mal schnell zum Rand der Ekstase. Seine Atmung und sein Herzschlag beschleunigten sich nahezu Zeitgleich. Als er es nicht mehr aushielt, griff er nach ihren Armen und hielt sie fest. Sie schaute auf und grinste ihn schelmisch an, als er sie mit einem gequälten Blick ansah. Ihre Mission war erfolgreich geglückt. Er zog sie zu sich runter und küsste sie begierig, was sie nur zu gerne erwiderte. Dabei spürte sie seine harte Mitte gegen ihren Bauch drücken. Dann löste er sich von ihr und drehte sich mit ihr, sodass er über sie war. Danach richtete er sich auf, schubste eine der Decken weg, die ihn störten und setzte sich im Schneidersitz auf das Bett. Tiara kletterte mit weit gespreizten Beinen auf seinem Schoß und ließ sich sachte auf den Penis gleiten, dabei stöhnten beide geräuschvoll auf. Sie gab mit kreisenden Bewegungen das Tempo vor, sodass er eigentlich nichts zu tun hatte, außer es in vollen Zügen zu genießen. Etienne wollte aber nicht untätig sein und sich für ihre schönen Freuden, die sie ihm bereitete, revanchieren. Zu erst fuhr er ihr durch die Haare und küsste sie innig. Danach streichelte er mit beiden Händen über ihren Rücken hoch zu ihren Nacken und begann sie dann von dort aus zu massieren, bis er wieder bei seiner Ausgangsposition ankam. Seine Hände ließ er anschließend auf ihre Hüften ruhen und begann ihre Brüste mit den Mund zu verwöhnen.
Tiaras lustvolles Stöhnen wurde lauter und häufiger. Sie genoss es sehr, ihn endlich wieder so nah bei sich zu haben. Etienne schaute zu ihr hoch und betrachtete kurz ihr wunderschönes Gesicht, welches sie stets auf ihn gerichtet hatte. Er küsste sie leidenschaftlich und Tiara umschlang dabei seine Hüften mit ihren Beinen und ließ sich vorsichtig nach hinten fallen. So drang er noch tiefer in sie ein, was beide wieder zum zeitgleichen Stöhnen brachte. Mit seinen darauffolgenden Stößen stimulierte er ihrer beider Lust noch intensiver, bis sie schreiend zum Höhepunkt kamen.
Sanft strich Etienne ihr mit dem Daumen über die Wange. Sie lächelte und gab ihm einen Kuss. Einen kurzen Moment verharrten sie noch so, dann lösten sie sich von einander um sich schlafen zu legen. Er fischte die Decken von Boden hoch und sie legte die Kissen wieder an den Kopfanfang. Als sich Etienne hingelegt hatte, kuschelte sich Tiara augenblicklich an ihm. Einen Arm legte er um sie, mit den anderen deckte er sie und sich zu.
"Du hast was?" Katharina schaute ihre beste Freunde aus einer Mischung von Entsetzen und Verärgerung an.
"Mit Etienne geschlafen", wiederholte Tiara kleinlaut. Und das nicht nur einmal. In der Nacht hatten sie so etwas wie einen Etappenschlaf. Jedes Mal wenn sie wieder wach wurden, schliefen sie miteinander. Als sie nach dem letzten Mal wieder einschliefen, wurden sie am späten Vormittag von Etiennes Handy geweckt. Nathalie, die Nervensäge hatte angerufen und gefragt wo er steckte. Tiara war darüber überhaupt nicht begeistert gewesen und Etienne ebenso wenig. Widerwillig hatten sie sich angezogen und gemerkt, dass auf wundersamerweise die Tür wieder offen war. Wer hatte sie geöffnet? Und wer hatte sie überhaupt geschlossen? Ziemlich merkwürdig das Ganze, doch Tiara war der Person unendlich dankbar, weil sie so Etienne wieder richtig nah sein konnte und die Bestätigung hatte, dass er sie immer noch mochte. Zum Glück war es Sonntag gewesen und im Studio hielt sich kaum jemand aus, sodass sie sich schnell raus schleichen konnten. Die Einzigen die da waren, waren Benoit, Alain und Richard. Tiara hoffte, dass sie nicht die ganze Nacht da gewesen waren, denn dann hätten sie bestimmt etwas mitbekommen. Den ganzen restlichen Sonntag hatte sie dann mit schlafen verbracht. Nun war Montag und sie befand sich mit Katharina in der Küche, weil sie sich etwas zum Mittag machen wollten. Tiara wollte es eigentlich vor ihrer Freundin verheimlichen, doch ihr Strahlen hatte sie leider verraten.
"Das habe ich schon beim ersten Mal verstanden", murmelte sie, "bist du nicht ganz dicht?, fauchte sie Tiara dann an. "Was hast du dir dabei gedacht?", fügte sie noch hinzu und schaute ihre Freundin wie ein unartiges Kind an. Auf eine gewisse Art und Weise war sie es ja auch.
"Es tut mir leid, aber ich konnte nicht anders", antwortete sie.
"Na toll! Und was ist, wenn du wieder in ein schwarzes Loch fällst? Dir ist doch wohl klar, dass die Nacht nicht bedeutet, dass er jetzt mit Nathalie schluss macht, oder?"
"Natürlich ist mir das klar", antwortete sie, hoffte aber das es vielleicht doch so sein könnte. "Ich werde in kein schwarzes Loch mehr fallen", versicherte sie ihr dann. Sie wusste, dass sich Katharina nur Sorgen machte.
"Ach ja? Und was macht dich da so sicher?", fragte sie und bedachte Tiara mit einem skeptischen Blick.
Die Braunhaarige zuckte mit den Schultern. "Weiß ich nicht so genau, ich weiß es eben."
Die Blonde seufzte tief. "Eigentlich sollte ich jetzt sauer auf dich sein und kein Wort mit dir reden!", murmelte sie und holte ihr Essen aus der Mikrowelle, da diese soeben mit einem Bing angekündigt hatte, dass es fertig war.
"Was hält dich davon ab?", fragte Tiara vorsichtig. Sie war froh, dass ihre Freundin nicht so sauer war, dass sie nicht mehr mit ihr sprach.
"Weil du eine Art an dir hast, dass man dir nicht lange böse sein kann, blöde Kuh", antwortete sie, nahm sich Besteck aus einer Schublade und setzte sich zu Tiara an den Tisch. Diese hatte mit dem Essen auf sie gewartet.
"Muh", machte die Braunhaarige und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
"Grins nicht so doof", fauchte Katharina und spießte eine Kartoffel regelrecht mit ihrer Gabel auf.
"Kat", schaute sie die Blonde mit Kulleraugen an.
"Lass das!"
"Kannst du mir meine Sünde noch einmal verzeihen?"
"Muss ich mir noch überlegen und jetzt iss!"
"Okay." Sie lächelte leicht und begann zu essen. Einen Moment schwiegen sie, doch Tiara wusste das Katharina das nicht lange aushielt, redete gern und ihr Lieblingsthema war Sex.
Die Blonde schaute von ihrem Teller auf und schien hin und her zu überlegen, ob sie etwas fragen sollte oder nicht. "War es wenigstens gut?", fragte sie dann schließlich.
Tiara grinste. "Ich wusste das du das fragen wirst."
Katharina verdrehte die Augen.
"Ja, es war der Wahnsinn", beantwortete sie dann die Frage und strahlte, sie machte der Sonne gerade Konkurrenz. Ihr wurde heiß und kalt, als die Bilder von Sonntagnacht vor ihrem geistigen Auge auftauchten.
"Na ja, ich konnte mir schon denken, dass er einen geilen Schwanz hat", schmunzelte Katharina.
"Ja, aber nicht nur der ist geil, alles an ihm ist geil", schwärmte sie.
Die Blonde schüttelte den Kopf, musste dabei aber grinsen.
"Und weißt du was ich denke?"
"Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich mitteilen."
"Ich glaube, so wie er mit mir schläft, schläft er nicht mit Nathalie", meinte sie.
Katharina runzelte die Stirn. "Bist du dir da sicher?"
Tiara nickte eifrig.
"Und was macht dich da so sicher?", wollte sie wissen und konnte ihre Skepsis nicht verbergen.
Tja, was machte sie da so sicher? Sie wusste es selbst nicht so genau, doch sie war sich sicher, dass Etienne sich bei Nathalie nicht so fallen ließ und auch nicht so leidenschaftlich war.
"Nun?", hakte sie nach, weil Tiara ins Schweigen verfallen war.
Diese schüttelte kaum merklich den Kopf. "Intuition", antwortete sie dann.
Gerade als Katharina darauf etwas erwidern konnte, kam Etienne in die Küche. Sein und Tiaras Blick kreuzten sich und sie starrten sich einen Moment lang an. Dann wurden beide rot und schauten verlegen weg. Katharina amüsierte dieses Schauspiel, doch sie sagte nichts.
Er atmete einmal tief durch und fragte: "Kann ich mal mit dir reden?" Um seine Nervosität zu verschleiern, hatte er seine Hände in die Hosentaschen gesteckt.
Wie süß, dachte Tiara und wusste genau was jetzt kommen würde. Sie versuchte sich so gut es ging, darauf vorzubereiten. "Ja, natürlich."
"Soll ich so lang raus gehen?", fragte Katharina.
"Brauchst du nicht", sagte Tiara schnell. Ihr war es lieber, jetzt nicht mit ihm allein zu sein. Allem Anschein nach war Etienne ebenfalls dafür, dass Katharina blieb.
"Gut, dann bleibe ich", lächelte sie leicht und drückte ihre besten Freundin sanft die Hand.
"Also... ähem... Sonntagnacht war ein Fehler gewesen...", begann er dann. Wirklich überzeugend klang es für Tiara nicht, doch sie sagte nichts, um ihn nicht zu unterbrechen. Jemanden im Satz zu unterbrechen, war unhöflich, hatte ihre Mutter immer gesagt und damit hatte sie recht.
"... das darf nicht noch einmal passieren. Nathalie hat mir noch mal verziehen und deshalb werde ich mich so gut es geht, von dir distanzieren", beendete er seine kleine Ansprache, wirkte aber nicht im mindesten Erleichtert, doch Tiara bemerkte das gerade nicht, da seine letzten Worte; von dir distanzieren, in ihrem Kopf widerhallten. Sie wollte nicht, dass er sich von ihr distanzierte, dann würde sie ihn ja noch mehr vermissen. Außerdem wie sollte das denn am Set gehen? Wollte er etwa bei der Serie aussteigen? Was sollte sie tun oder sagen, damit er dies nicht tat? Gab es da überhaupt irgendetwas? Ja, Nathalie, dieses blöde Miststück los werden. Am liebsten hätte sie diese entführt und irgendwo in einer fremden Umgebung mit nichts am Leib, außer Kleidung, ausgesetzt!
Tiara wollte etwas darauf erwidern, da kam auf einmal Nathalie in die Küche geschneit. Was wollte die denn jetzt hier? Nervensäge! Sofort schmiegte sie sich an Etienne und grinste Tiara triumphierend an. Verdammtes Miststück!
"Wie es aussieht, hat mein Etienne wohl mit dir geredet, nicht wahr?"
Tiara antwortete nichts.
Ihr Lächeln wurde breiter. "Es ist zwar nicht schön, was er getan hat, aber im Endeffekt ist er ja auch nur ein Mann, außerdem weiß er ja zu wem er gehört."
Die Braunhaarige sagte immer noch nichts, aber sie hatte übel Lust, diesem verfluchten Biest, ihre Gabel in die Stirn zu rammen!
"Hat er dir denn auch schon von der neusten Neuigkeit erzählt?", fragte sie.
Tiara runzelte die Stirn. Was denn jetzt noch, fragte sie sich gereizt.
"Wir bekommen ein Baby", verkündete sie fröhlich.
Geschockt starrte sie Nathalie an und konnte nicht fassen, was sie da gerade gehört hatte, ihre Gabel ließ sie dabei los, worauf hin diese geräuschvoll auf den Teller fiel. Sie bekam nicht mit, dass Etienne selbst darüber überrascht war und dass Katharina sich verschluckt hatte und nun nach Luft rang.
Plötzlich schepperte es und alle Augen waren zur Tür gerichtet. Dort befand sich Benoit, der Nathalie und seinen Bruder völlig entgeistert anschaute. Ihm schien seine Kakaotasse aus den Händen geglitten zu sein, zudem war er richtig blass geworden. Den letzten Satz von Nathalie, hatte er wohl mitbekommen.
"Etienne mitkommen!", knurrte er dann und zog seinen Bruder unsanft am Arm aus der Küche. Nathalie wäre dadurch fast hingefallen, doch sie konnte sich gerade noch so an einem Stuhl festhalten.
"Benoit, bist du nicht ganz dicht?", fragte sie aufgebracht und folgte den beiden aus der Küche.
"Verpiss dich das wird ein Familiengespräch!", herrschte er sie lautstark an.
Tiara saß wie angewurzelt auf ihrem Stuhl und und starrte verblüfft zur Tür. Das Nathalie schwanger von Etienne sein soll, gefiel ihr ganz und gar nicht, sie wollte wenn denn an ihrer Stelle sein, doch das Benoit so wütend darauf reagierte, hätte sie nicht gedacht. Na ja, er konnte Nathalie nicht besonders gut leiden, weil er mit ihrer hochnäsigen und zickigen Art einfach nicht klar kam und weil sie ihm idiotische Spitznamen wie Beni, Iti oder Benno gab, aber dass er so krass reagieren würde, hätte sie wirklich nicht erwartet.
"Puh, endlich ist das bekloppte Kartoffelstück aus meiner Speiseröhre", seufzte Katharina erleichtert und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.
Irritiert schaute Tiara ihre beste Freundin an. Diese sah ziemlich fertig aus, als ob sie einen kleinen Kampf ausgefochten hatte und ihre Wasserflasche, die vor ein paar Minuten noch voll war, war nun leer.
Katharina kniff bei Tiaras Blick die Augen zusammen. "Ich verrecke hier fast und du kriegst das nicht mal mit!", fauchte sie und verschränkte die Arme vor ihrer Brust.
"Es tut mir leid!", sprang diese sofort von ihrem Stuhl auf und umarmte sie.
"Ja, ja und jetzt wieder ein schleimen, wie?"
"Ja, ich bin eine Schnecke", kicherte Tiara.
"Du bist doof", musste Katharina ebenfalls lachen.
Ein Räuspern erklang und
beide schauten erschrocken zur Tür und sahen Marco dort stehen.
"Buongiorno", begrüßte er die beiden.
"Hi Marco", grinste Katharina und zwinkerte ihm zu.
"Hallo", lächelte Tiara und als sich ihre Blicke trafen, begann ihr Herz wieder Purzelbäume zu schlagen. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ebenfalls etwas Goldenes in seinen Augen hatte. Es war eine kleine Kugel, so wie die Erdkugel oder ein Ball. Sie hatte ihn schon öfter mal gesehen, doch da ist es ihr nie aufgefallen. Wie denn auch, wenn sie sich nicht wirklich getraut hatte, ihn in die Augen zu schauen. Es irritierte sie sehr, dass er jedes mal, wenn sie ihn sah, so eine Wirkung auf sie hatte. Was war das denn? Sie liebte doch Etienne, trotzdem reagierte ihr Körper fast genauso auf Marco wie auf Etienne, mit dem einzigen Unterschied, dass sie in Etiennes Nähe große Sehnsucht packte und in Marcos Nervosität. So, als ob sie vor ihrem Schwarm stand und eine Liebeserklärung machen wollte. Das war doch nicht normal, oder?
"Ich wollte zu Alain und Benoit, wisst ihr zufällig wo sie sind?", fragte Marco, mit einem leichten Anflug eines Lächelns auf den Lippen.
"Alain wollte in den Keller, um sich das heutige Filmmaterial anzuschauen. Benoit führt mit Etienne ein Familiengespräch", antwortete Katharina.
Der Italiener runzelte verdutzt die Stirn. "Ein Familiengespräch?"
"Ja, Nathalie hat uns verkündet das sie schwanger von Etienne ist, Benoit hat es mitbekommen, wurde wütend und wollte sofort mit seinem Bruder reden", berichtete sie ihm.
"Sie ist was? Das darf doch wohl nicht wahr sein!", meinte er aufgebracht. Wie Benoit zuvor, reagierte er genauso erbost. Warum? Klar, Nathalie und ein Kind, das konnte man sich nur schwer vorstellen und dass das Kind von Etienne sein sollte, wollte sie nicht wahrhaben. Aber eigentlich müsste sie doch so reagieren, oder? Sie war nur geschockt und betete, dass sie vielleicht doch nicht schwanger war. Doch wieso reagierten der Bruder und der Cousin so? Im Grunde genommen war es doch Etiennes Leben und mit vierundzwanzig war er alt genug Vater zu werden. Ob Alain auch so reagieren würde? Tiara konnte sich das bei ihm nicht wirklich vorstellen, er blieb immer so ruhig und gelassen bei allem.
"Danke", murmelte Marco und verschwand wieder.
Verblüfft schauten sich Tiara und Katharina einen Augenblick lang an, dann zuckten sie mit den Schultern und begannen aufzuräumen.
Tiara und Katharina waren mit dem Auto auf dem Weg zum Bahnhof, um Filippo und Zac von dort abzuholen. Vor einigen Wochen hatte Filippo einen erschreckenden Anruf bekommen, dass seine Mutter einen Herzinfarkt bekommen habe und es nicht gut um sie stand. Völlig aufgelöst war er zu Tiara, Katharina und Zac gekommen und hatte es ihnen berichtet. Danach hatte er mit Richard geredet, der ihm natürlich prompt frei gegeben hatte. Zac wollte Filippo aber in seinem aufgewühlten Zustand nicht alleine nach New York City reisen lassen, deshalb hatte er Richard gebeten ihm ebenfalls freizustellen. Dieser hatte es mit seinem großen Herzen nur zu gerne getan.
Filippo tat Tiara sehr leid, nicht nur weil seine Mutter einen Herzinfarkt erlitten hatte, was schon schrecklich genug war, sondern auch weil sie seine letzte Angehörige hier in Amerika war. Sein Vater war schon früh an Krebs gestorben, da war er gerade einmal fünf Jahre alt gewesen. Geschwister hatte er keine, jedenfalls nicht mehr. Seine ältere Schwester war vor drei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Der Rest seiner Familie lebte in Italien, zu denen hatte er nur wenig Kontakt. Tiara selbst konnte sich an ihren Eltern nicht mehr so gut erinnern. Als diese bei einem Einbruch getötet wurden, war sie gerade mal zwei Jahre alt gewesen. Wenn ihr ältere Bruder Jeremihas nicht so schnell reagiert hätte, als er einen gedämpften Schrei hörte und fremde Stimmen die Treppen in den zweiten Stock des Familienhauses gefolgt kamen, wären sie wohlmöglich ebenfalls getötet wurden. Doch der achtjährige Jeremihas hatte sich die kleine Tiara geschnappt, sie mit einem Tuch auf den Rücken gebunden und war dann aus dem Fenster geklettert. Danach ist er mit ihr vorsichtig eine Leiter runter gestiegen, die an der hauswand gelehnt stand, ist mit ihr durch ein kleines Loch in einem Busch gekrochen und zum Nachbarhaus gerannt. Nebenan wohnten ihre Onkel und Tante, die Eltern von Ilja. Dort hatte er wie verrückt geklingelt, bis sein Onkel ihm die Tür geöffnet hatte. Dieser war zunächst verwundert gewesen, aber als der Kleine ihm alles mit einer ungewöhnlichen Ruhe erklärte und dabei die nackte Angst in dessen Augen sah, läuteten bei ihm sofort die Alarmglocken. Er rief bei der Polizei an, während seine Frau Evelina sich um Jeremihas und Tiara kümmerte, die in der Zwischenzeit aufgewacht war.
Als die Polizei eingetroffen war, war Francis Taylor heraus geeilt, hatte ihnen alles berichtet und das Haus seines Bruders gezeigt. Mit hinein durfte er natürlich nicht, doch es war zu spät. Die Einbrecher waren weg und sein Bruder Dean und dessen Frau Jelena, die zudem noch die Schwester seiner Frau war, tot. Verblutet an tiefe Messerstiche.
Jeremihas und Tiara wuchsen deshalb bei ihrem Onkel und ihrer Tante auf. Beide hatten sich gut um sie gekümmert und versucht, dass es ihnen an nichts fehlte. Dennoch hatten sie ihre Eltern vermisst, besonders Jeremihas, der mit acht Jahren schon alles bewusst wahr genommen hatte. An diesen hing Tiara sehr, und seit er sich auf seine "Bäckerreise" begeben hatte, um bei den Bäckermeistern der Welt zu lernen, vermisste sie ihn sehr. Besonders, da ihre täglichen Telefonate ziemlich nachgelassen hatten. In letzter Zeit telefonierten sie gar nicht mehr, was ihr große Sorgen bereitete.
"Hörst du mir überhaupt zu?" Katharinas Frage riss Tiara aus den Gedanken. Kaum merklich schüttelte sie den Kopf, wandte sich von dem Autofenster ab, schaute zu ihrer besten Freundin, verdrängte dabei ihre aufkommende Traurigkeit und zwang sich zu einem Lächeln.
"Äh... ich muss wohl mit meinen Gedanken abgedriftet sein", antwortete sie.
"Das habe ich gemerkt", sie grinste, "du warst wohl im Etiennetraumland, was? Oder doch Marco?", wippte sie mit ihren Augenbrauen ein paar Mal auf und ab.
"Du nun wieder", schüttelte Tiara grinsend den Kopf.
"Ja, ich wieder", grinste sie erneut und schaute wieder auf die Straße, "übrigens, wir sind gleich da", fügte sie hinzu. Dann nahm sie eine Hand von dem Lenkrad und drückte sanft Tiaras Hand. "Wir werden Jeremihas schon noch erreichen."
Verblüfft schaute die Brünette ihre Freundin an. Sie dachte, dass sie ihre Traurigkeit gut verborgen hatte. Tiara machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch sie brachte kein Wort heraus, deshalb schloss sie ihn gleich wieder.
"Ich bin deine beste Freundin, meinst du nicht, ich merke nicht, wenn du traurig bist, auch wenn du die Fröhliche spielst?", schaute Katharina sie wieder an.
"Doch, natürlich", antwortete sie und es huschte ein kleines Lächeln über ihre Lippen. Sie hatte ein paar gute Freundinnen, doch in Katharina hatte sie ihre Seelenverwandte gefunden.
"Außerdem haben dich deine Augen verraten", erläuterte die Blonde und lächelte ebenfalls.
"Verräterische Mistdinger", schmunzelte Tiara.
Katharina fuhr auf den Parkplatz des Bahnhofes und brachte ihr Auto auf einen der freien Plätze zum stehen. Danach gingen sie durch das Gebäude in die Halle zum Bahnsteg In zwei Minuten würden Filippo und Zac ankommen.
Die Freude stieg in Tiara immer mehr an. Die beiden hatte sie auch schon ziemlich vermisst.
"Mensch, wegen den beide werde ich ganz hibbelig", meinte Katharina und schien sich auch schon sehr auf die zwei zu freuen.
Tiara nickte und ließ ihren Satz unkommentiert, da der Zug angefahren und mit einem lauten Quietschen vor ihnen zum Stehen kam. Sie schaute sich jedes Abteil genau an, konnte ihre Freunde aber nirgends entdecken. Bestimmt waren sie unter den Menschenmassen versteckt, die ebenfalls raus wollten.
"Ciao Bellas!
", hörten sie plötzlichen eine sehr bekannte Stimme durch die Halle rufen. Die beiden Frauen drehten sich zu der Seite, von der sie die Stimme vernahmen und sahen Filippo wie wild ihnen zu winken. Dann kämpfte er sich durch die Masse und hätte beinahe fast einen älteren Herrn umgerannt.
"Mi scusi
", entschuldigte er sich hastig und rannte weiter. Als er bei ihnen ankam, drückte er sie gleichzeitig an sich.
"Du erdrückst uns ja bald", ächzte Katharina, schlang aber ihre Arme um den kleinen Italiener. Tiara kicherte und legte ihre Arme ebenfalls um ihn.
"Oh, das will ich natürlich nicht, aber ich freu mich nur so riesig, euch endlich wieder zu sehen", lächelte er verschmitzt, als sie sich von einander gelöst hatten.
"Hier, deine Koffer kannst du jetzt gefälligst selber schleppen", brummte Zac und ließ Filippos Koffer auf den Boden fallen. Er hatte sich mit dessen und seinen durch die Menschenmenge kämpfen müssen. Mit fünf Koffern war es nicht gerade eine Leichtigkeit gewesen, zum Glück waren drei davon mit Rollen.
"Zac!!!!", kreischte Tiara und sprang ihm in die Arme. Dieser ließ seine Koffer fallen, um sie auffangen zu können.
"Ich hab dich auch vermisst, Süße", lachte er und drückte sie an sich.
"Zac, bist du verrückt, meine armen Babys einfach so fallen zu lassen? Die sind von Gucci!", rief Filippo entsetzt, dann hockte er sich neben sie, stellte sie auf, untersuchte sie nach Katzer und streichelte sie danach behutsam und sprach: "Geht es euch gut, meine Schatzis? Zacharias ist ein ganz böser, böser Mann, nicht wahr?"
"Du hast'n Knall, das sind doch nur Koffer", schüttelte Zac verständnislos den Kopf, setzte Tiara wieder auf den Boden ab und begrüßte nun Katharina mit einer Umarmung.
"Den hast du! Das sind nicht nur Koffer, das sind Guccis. Das ist Gina Gucci, die hier ist Isabella Gucci und die da ist Magdalena Gucci", verteidigte er seine Koffer und stellte die drei prompt vor, dabei zeigte er auf jeweils einen, wo der Name zu gehörte.
Tiara und Katharina mussten sich über die beiden kaputt lachen. Filippo war eindeutig der weiblichere Homosexuelle. Bei Zac merkte man dies gar nicht. Viele Frauen hatten ihn unwissenderweise angeflirtet, doch es war vergebens.
Schade, dass er kein Interesse an Frauen hatte
, bedauerte sie, als sie einen kurzen Blick über den großen, muskulösen Braunhaarigen gleiten ließ.
"Lasst uns jetzt los, ich hab keine Lust hier zu übernachten", meinte Katharina und schnappte sich einen von Filippos Koffern. "Gott, hast du da drinnen Steine, oder eine Leiche?", fragte sie stöhnend, als sie von der Schwere des Koffers fast zu Boden gerissen wurde.
"No, no, no
ganz normale Kleidung ist da drinnen", schüttelte er eifrig mit den Kopf und grinste dabei.
"Irgendwie bezweifle ich das gerade stark", seufzte sie, "Zac, wie hast du es geschafft fünf Koffer zu schleppen?", wandte sie sich dann an ihn.
"Ich bezweifle das aber auch", ächzte Tiara, die einen anderen Koffer trug.
"Tja, ich bin halt Herkules", grinste Zac breit und sammelte sich sein Gepäck zusammen.
Dann machten sie sich auf den Weg zu Katharinas Auto. Dort angekommen, verstauten sie die Gepäckstücke in dem Kofferraum und fuhren los.
"Filippo? Zac? Ich muss euch etwas beichten", sagte Tiara auf einmal, als sie schon eine Weile unterwegs waren. Tiara saß mit dem Italiener hinten und Zac logischerweise vorn bei Katharina.
"Was denn los?", schauten beide sie aus einer Mischung aus Verwunderung und Neugierde an.
"Ähem..." Die Brünette wusste nicht, wie sie beginnen sollte, um ihnen zu erklären, dass sie vor einer Woche mit Etienne geschlafen hatte. Die beiden würden es nicht wirklich gut finden und sich natürlich Sorgen machen, aber sie wollte es ihnen auch nicht verheimlichen.
"Ja, ja beichte nur deine Sünden, Kindchen." Katharina hörte sich wie ein Pfarrer in einem Beichtstuhl an.
Tiara musste unwillkürlich grinsen, doch schnell erlangte die Nervosität wieder die Oberhand, besonders weil sie von den beiden Männern abwartend angeschaut wurde.
Sie atmete einmal tief durch. "Ich... Ich hab mit Etienne geschlafen", gestand sie dann.
"Du hast was
?", fragte Filippo aufgebracht. "Das ist doch ein Scherz!"
"Nein", antwortete sie kleinlaut.
"Bist du stupido
?", schaute er sie vorwurfsvoll an.
"Tiara", seufzte Zac und schüttelte verständnislos den Kopf.
"Ja, bin ich", antwortete sie und schaute betreten auf ihre Hände. Sie wusste
ja, dass sie so reagieren würden, dennoch wollte sie nicht, dass die beiden sich unnötig Sorgen machten. Ihr ging es gut, das schwarze Loch war kleiner geworden, sie würde da niemals wieder hineinfallen, außerdem wäre es irgendwann verschwunden.
"Ach cara
, nun schau nicht so bedröppelt. Wer Reue zeigt, den soll man nicht an seine früheren Sünden erinnern", zitierte er ein jüdisches Sprichwort und buffte mit seiner Schulter gegen ihrer, "hat er wenigstens mit Miss 'Billig und Willig' schluss gemacht, weil er endlich kapiert hat, dass er einen Fehler begangen hatte?", fügte er noch fragend hinzu.
Tiaras Miene verfinsterte sich. "Nee, hat er nicht, weil Miss 'Billig und Willig' schwanger von ihm ist", antwortete sie Zähne knirschend.
"WAS?" Zac riss geschockt die Augen auf.
"No, no, no!
Das ist nicht dein Ernst", schüttelte Filippo ungläubig mit seinem Kopf.
"Doch", grummelte die Brünette. Sie hatte den Schock über diese Nachricht inzwischen überwunden und regte sich nun tierisch darüber auf.
"Das kann doch nicht wahr sein", fuhr sich der Spanier fassungslos durchs braune kurze Haar.
"Porca miseria!
", seufzte Filippo. "Jabba, die Huttin und Worf, der Klingone bekommen ein Kind, welch eine Horrorvorstellung", darüber schien er nicht fertig zu werden. So lange Etienne noch mit Nathalie zusammen war, nannte er ihn immer Worf.
Katharina brach bei seiner Äußerung in schallendes Gelächter aus. Die Vorstellung, dass die beiden merkwürdig aussehenden Gestalten aus Star Wars und Star Trek ein Kind zeugen würden, war einfach zu absurd. Auch Tiara und Zac stimmten in den Lachen mit ein, nur Filippo nicht. Dieser saß mit hängenden Schultern da, schüttelte den Kopf und murmelte unvollständige Sätze: "Er kann doch nicht... Das kann doch nicht... Sie kann doch nicht...", vor sich hin.
Plötzlich schlug er in voller Bestürzung beide Hände vor dem Mund. "Oh merda!
Was soll denn da raus kommen?"
"Ein ekliges, fettes Mutantenbaby mit hässlichen Falten im Gesicht", meinte Katharina lachend.
"Puah!
Das ist nicht lustig, capito? Mamma mia
, das ist eine sehr schreckliche Sache!", stellte er klar. "Oh mio Dio, oh mio Dio, oh mio Dio
", seufzte er wieder und raufte sich das Haar, dabei zerzauste er seine Frisur völlig, was ihm aber gerade wenig zu stören schien. Normalerweise achtete er immer peinlich genau darauf, dass seine Frisur perfekt saß. Diese Nachricht haute ihn doch glatt von den Socken. Die drei mussten deshalb nur noch mehr lachen.
Eine Weile war Filippo in eine Art Trance gefallen und murmelte irgendein unverständliches Zeug vor sich hin, doch dann verwandelte sich sein Schock in Verärgerung und er ließ einige Beschimpfungsalven über Nathalie und Etienne los. Das meiste davon, presste er auf seiner Muttersprache hervor. Tiara verstand nur ein paar Teile, wie zum Beispiel: Idioten, zu blöd um zu verhüten, in Etiennes Schwanz sollte man einen Knoten binden oder Nathalie einen metallischen Keuschheitsgürtel verpassen und die Kuh ist viel zu blöd ein Kind zu erziehen. Für mehr reichte ihr Italienisch leider nicht aus, was vielleicht auch besser so war. Alles wollte sie nicht wirklich wissen. So wie er sich in Rage redete, würde er morgen immer noch so viel schimpfen, wie ein Rohrspatz. Irgendwie mussten sie ihn wieder beruhigen, sonst würde er noch bei den beiden anrufen und sie zu Schnecken machen. Zwar würde das Tiara lustig finden, aber sie wollte nicht, dass er von dem Miststück noch eine Anzeige wegen Beleidigung bekam. Bei der konnte man sich nie sicher sein...
Langsam beruhigte sich Filippo wieder. Tiara hatte einen kleinen Trick angewandt, wodurch er schnell zu besänftigen war. Er war wie sie, ein Chocoholic und da sie immer Schokoriegel in ihrer Handtasche hatte, hatte sie ihn damit vollgestopft.
Katharina brachte ihren Wagen auf dem Parkplatz vor Filippos Apartmentblock zum stehen. Sie und Tiara wollten erst ihn nach Hause bringen und dann Zac. Danach wollten sie zu Tiaras Wohnung fahren, weil Katharina heute bei ihr übernachtete.
Gegen Filippos Einwand halfen die drei ihm, seine Koffer in das Gebäude zu tragen.
"Ihr braucht mir nicht beim Koffer tragen helfen, das schaffe ich auch alleine", startete er einen neuen Protest und schloss die Eingangstür auf.
"Ich kann mir schon gut vorstellen wie", murmelte Zac.
"Jepp, er wird jeden Koffer einzeln hoch tragen", lachte Katharina.
Zac nickte zustimmend.
"Na und?! Meine Babys müssen nun mal behutsam behandelt werden", verteidigte er sich. "Außerdem gibt es im Haus einen Fahrstuhl."
Sie gingen rein und wollten sogleich in den Lift steigen, als sich eine Wohnungstür öffnete, es war Mr. Hering, der Hausmeister des Hauses.
"Mr. Zanolla, gut dass ich Sie hier treffe", begrüßte er ihn.
"Oh, ciao
Mr. Hering", lächelte er und war sichtlich verwirrt. "Was gibt es denn?"
"Tja..." Mr. Hering lächelte verschmitzt und machte dann ein betroffenes Gesicht, "heute Vormittag gab es in dem Stockwerk über Ihrer Wohnung ein Wasserrohrbruch. Ihre Wohnung hat leider ganz schön was abbekommen", berichtete er.
"Was? Mio dio!
Das darf doch nicht wahr sein!", rief er aufgebracht und seine Stimme hallte durch den Flur.
"Leider ist's so", seufzte der Hausmeister.
Fassungslos ließ er sich auf einen Treppenabsatz sinken. "Und jetzt?"
"In Ihrer Wohnung ist es zu nass, als dass sie dort bleiben können. Falls Sie nicht wissen, wo Sie erst einmal Unterschlupf suchen sollen, wird Ihnen selbstverständlich ein Hotelzimmer reserviert und die dazugehörigen Kosten bezahlt. So bald Ihre Wohnung aber wieder trocken ist, wird sie renoviert. Natürlich nach Ihren Wünschen", erklärte Mr. Hering.
"Porca miseria
", seufzte Filippo diesmal. Er saß nun da, wie ein Häufchen Elend und war den Tränen nahe.
"Och Schnuckichen." Tiara setzte sich zu ihm und legte ihm tröstend einen Arm um die Schultern. "Wenn du möchtest, kannst du mit zu mir kommen. Kat und Zac lassen dich bestimmt auch gern bei sich wohnen. Wir sind für dich da."
"Wirklich?", fragte er nach und ein paar Tränchen kullerten über seine Wangen.
"Na klar", versicherte Katharina und lächelte. Zac nickte zustimmend.
"Mille grazias
", strahlte er sie an und wischte sich die Tränen weg, dann wandte er sich wieder an Mr. Hering. "Darf ich wenigstens kurz in meine Wohnung?"
"Ja, natürlich dürfen Sie das", antwortete er lächelnd.
"Und wie lange dauert es, bis ich wieder in meiner Wohnung wohnen kann?"
"Bis alles trocken ist, ungefähr drei bis vier Tage. Danach können Sie erst einmal für ein paar Tage hinein, wenn Sie wollen, bis die Renovierungsarbeiten beginnen."
"Okay, und was ist mit meinen Möbeln? Viele davon sind original aus den Fünfzigern. Meine komplette Küche und mein Wohnzimmer zum Beispiel", erklärte Filippo aufgebracht.
Wie schnell sich seine Stimmung ändern kann, dachte Tiara und schmunzelte.
"Diese werden natürlich repariert oder bei Totalschaden wird für einen gleichwertigen Ersatz gesorgt", versicherte Mr. Hering.
"Gut, okay", lächelte er erleichtert. "Dann werde ich mal kurz meine Wohnung begutachten", fügte er mit einem Seufzer hinzu.
Zusammen mit seinen Freunden ging er in den Fahrstuhl.
"Ist gut", lächelte der Hausmeister.
Filippo drückte auf den Knopf mit der Nummer zwei, da sich auf diesem Stockwerk sein Apartment befand. Sie folgten den Flur entlang, bis zur vor letzten Tür. Der Italiener schloss seine Wohnungstür auf und ging hinein.
"Dio mio
!", rief er entsetzt. "Meine schöne Wohnung!", jammerte er dann und schlug die Hände über den Kopf zusammen. Tiara, Katharina und Zac betraten ebenfalls das Apartment.
Sie konnte seine Aufregung verstehen. Die farbenfrohen Wände waren von der Feuchtigkeit dunkel geworden. Es tropfte von der Decke und der Boden und die Schränke waren auch nass. Seinen Sitzmöbeln erging es nicht anders. Der Wasserrohrbruch musste ganz schön heftig gewesen sein. Tiara wollte nicht wissen, wie die Wohnung aussah, in der dieser passiert war.
Sie gesellte sich zu Filippo, der inzwischen in seinem Schlafzimmer war und fassungslos sein Bett anstarrte. Dieses war auch völlig durchnässt. Die Brünette schmunzelte leicht, als sie das Motiv seiner Bettwäsche sah. Es war ein muskulöser halbnackter Mann, der in einem See stand und auf dem Kissenbezug stand: "Wanted".
Bei seiner Fußmatte, die vor seiner Eingangstür lag, hätte sie fast gelacht. Sie war knall pink und darauf stand geschrieben: "Bin mal kurz SHOPPEN - Versuch's nächste Woche noch mal!". Diese Sprüchematte erinnerte sie unweigerlich an Benoits Sprücheshirts, die er so gut wie jeden Tag trug. Gestern hatte er eines angehabt auf dem stand: "Ich trinke kein Wasser, denn im Wasser bumsen die Fische", darüber hatte sie so lachen müssen, dass sie Bauchschmerzen bekam.
"Warum passiert eigentlich immer mir so etwas?", fragte er niedergeschlagen und ließ die Schultern hängen, dabei liefen ihm erneut die Tränen über den Wangen.
Er tat ihr so leid, dass sie fast mit geweint hätte. "Schnucki, komm mal her", nahm sie ihn in die Arme.
"Immer hab ich so ein Pech, das ist nicht fair!", schluchzte er.
Katharina und Zac kamen hinzu und die Blonde umarmte die beiden ebenfalls. Zac strich dem Italiener tröstend über den Rücken.
Nach einer Weile beruhigte sich Filippo wieder und der Spanier überreichte ihm ein Taschentuch, was er auch Tiaras Handtasche gefischt hatte. Er trocknete sich damit das Gesicht und putzte sich die Nase, dann begannen sie seine ganze Kleidung aus dem Schrank in Strand- und Reisetaschen zuräumen.
Als sie damit fertig waren, verließen sie das Apartment wieder, um zu Zacs kleinem Haus zufahren. Diesen hatte sie überredet, dass er auch bei Tiara übernachten sollte. Er hatte natürlich eingewilligt, deshalb brachte er nur seine Koffer weg und holte sich frische Sachen, sein Zahnputzzeug und Waschzeug. Nach nicht mal fünf Minuten kam er wieder.
Sie fuhren zu ihrem letzten Ziel, des heutigen Tages - Tiaras Wohnung.
"Wollen wir eine von Bens exquesieten DVDs gucken?", schlug Katharina vor, als die Frage aufkam, was sie noch mit den restlichen Abend anfangen sollten. Die nasse Kleidung von Filippo wollte Tiara erst einmal durchwaschen, bevor diese noch einen muffigen Geruch bekam.
"Si bella
, aber vorher gehe ich duschen", antwortete Filippo, "ich darf doch duschen gehen?". wandte er sich fragend an Tiara, die gerade aus ihrem Schlafzimmer zurück kam, denn das Badzimmer, wo sich ihre Waschmaschine befand, grenzte an diesem.
Sie lächelte. "Na klar."
"So lange wie der Winzling duscht, such ich schon mal eine DVD raus", meinte Katharina und ging in Tiaras Schlafzimmer, weil sich die Filme noch dort befanden.
"Bin kein Winzling", protestierte Filippo und folgte ihr mit seinem Schlafanzug auf dem Arm und einer Waschtasche in der Hand.
"Dann kümmere ich mich um das Popcorn", sagte Tiara.
Zac stand unschlüssig in ihrem Wohnzimmer und schien nicht zu wissen, was er machen sollte.
Tiara schmunzelte. "Bist du zum ersten Mal bei mir?"
"Nee, aber ich weiß nicht wirklich, was ich machen soll", kratzte er sich verlegen am Hinterkopf.
"Dich bedienen lassen, schließlich bist du Gast", antwortete sie.
"Du weißt, dass ich das nicht kann."
"Dann wedel dir so lange, einen von der Palme", rief Katharina aus dem Schlafzimmer.
"Was quatschst du denn jetzt dazwischen? Kümmere dich um die DVDs!", rief Zac zurück.
"Komm her Baby und helf mir, dabei kann ich dir gern einen blasen."
"Das hättest du wohl gerne."
"Klar, du hast bestimmt einen Dicken in der Hose."
Tiara brach daraufhin in schallendes Gelächter aus und Zac schüttelte nur den Kopf, dann sagte er: "Das wirst du aber nie erfahren."
"Weißt du das so genau?", fragte sie und ein schelmisches Grinsen lag in ihrer Stimme, "und jetzt komm her, du wilder Hengst, ich will deine Stute sein", fügte sie noch hinzu.
"Du siehst schon so aus wie eine Stute", lachte er und ging in das Schlafzimmer.
Tiara ging derweil in die Küche, holte eine Tüte Mais aus einem Küchenschrank und füllte davon etwas in die Popcornmaschine. Danach schaltete sie diese ein und wartete bis daraus Popcorn wurde.
Als es so weit war, holte sie eine mittelgroße Schüssel aus einem Hängeschrank, füllte das Popcorn hinein und würzte es mit Salz. Danach ging sie ins Wohnzimmer zurück. Dort war noch niemand, also setzte sie sich auf das Sofa und schaltete den Fernseher an.
Im nächsten Augenblick kam Zac wieder aus dem Schlafzimmer und setzte sich zu Tiara. "Die wollte mir an die Eier", petzte er sofort.
"Ach, hör auf zu heulen, du olle Petze", kam Katharina kurz darauf aus dem Raum geschneit.
Tiara schüttelte kichern den Kopf. "Ihr seid schon zwei Marken."
"Ich bin aber die Goldene und er ist Bronze", meinte sie und legte die DVD in den Player.
"Ey, olle Hexe", murrte Zac und legte seinen Kopf in Tiaras Schoß, seine Beine ließ er über die Lehne baumeln.
"Mann, da wollte ich meinen Kopf hinlegen, du Arsch", meckerte die Blonde ihn an.
Als Antwort bekam sie von ihm nur den Mittelfinger entgegen gestreckt.
Filippo war inzwischen mit dem Duschen fertig geworden und kam in seinem Babyblauen Schlafanzug auf dem Enten gedruckt waren, ins Wohnzimmer zurück.
"Wie süß", lächelte Tiara ihn an.
"Ja, find ich auch", lächelte er zurück.
"Qietscheentchen setz dich hin, ich will deinen Schoß in meinem Kopf ...äh... meinen Kopf in deinem Schoß legen", berichtigte sie sich.
"Andersherum würde es auch ziemlich merkwürdig aussehen", neckte Zac sie.
"Schnauze", murrte die Blonde.
"Kat du ganz Wilde", meinte Filippo kichernd und pflanzte sich auf das Sofa. Katharina legte ihren Kopf dann in seinem Schoß, so dass ihrer an Zacs grenzte.
"Falls du mich ärgerst, verpass ich dir 'ne Kopfnuss", warnte sie ihn.
"Ich hab ein Dickschädel, dir wird es mehr weh tun, als mir", antwortete er unbeeindruckt.
"Pah, ich hab einen Eisenschädel", konterte sie.
"Hört jetzt auf, bis einer weint", mischte sich Filippo lachend mit ein. "Außerdem will ich wissen, was für einen Film ihr ausgesucht habt."
Tiara, die das ebenfalls wissen wollte, was Katharina und Zac für einen Film ausgesucht hatten, schaltete neugierig den Player ein. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei der DVD um "Hangover", wo ein paar Kumpels einen Jungesellenabschied feierten.
Mit der Zeit merkte Tiara wie sie immer schläfriger wurde und sogar einmal fast eingenickt wäre. "So, meine Süßen, ich werde jetzt ins Bettchen hüpfen, sonst schlaf ich im sitzen ein", meinte sie und unterdrückte ein Gähnen. "Ich hoffe, ihr seid mir nicht böse, wenn ich euch nicht helfe das Sofa auszuklappen?", fügte sie noch hinzu und lächelte entschuldigend.
"Doch, jetzt sind wir böse und reden kein Wort mehr mit dir", setzte Filippo ein ernstes Gesicht auf, doch da er von Natur aus ein fröhlicher Mensch war, konnte er dies nicht lange halten und musste kurz darauf wieder grinsen.
"Hau ab, ins Bett, Süße", sagte Katharina, setzte sich auf und gab Tiara ein Küsschen auf den Mund.
"Ich will auch, ich will auch", hüpfte der Italiener auf dem Sofa auf und ab, dann knutschte er sie ebenfalls.
"Ich komm mit", meldete sich Zac plötzlich nuschelnd zu Wort. Er schien kurz eingenickt zu sein und war durch Filippos auf und ab hüpfen wieder wach geworden.
Da auf Tiaras Sofa nur Platz für zwei Personen war, schlief Zac bei ihr mit im Bett, dies hatte er schon öfter getan.
"Och, ist mein Hasilein auch müde?", schaute sie lächelnd auf ihn runter.
"Ja, Häschen", blickte er sie aus müden Augen an.
"He, du wilder Hengst, deinen Blick könnte man auch als Schlafzimmerblick deuten. Erst rammelst du mich durch und dann Tia, was?", grinste Katharina dreckig.
Zac tippte ihr mittig gegen die Stirn. "Klopf, klopf, los dickes Vögelchen komm raus", dann stand er auf.
Tiara tat es ihm nach. Sie ging in ihrem Schlafzimmer und holte zwei Decken und Kissen heraus. Diese schmiss sie den beiden zu und zog sich mit Zac in den Raum zurück. Ganz der Gentleman der er war, ließ er Tiara zu erst ins Bad, obwohl sie protestierte, da er der Gast war, aber der hübsche Spanier hatte seinen Dickkopf durchgesetzt.
Nachdem auch er mit duschen fertig geworden war, legten sie sich hin. Da Tiara eine Kuschelsüchtige war, kuschelte sie sich eng an ihm und legte ihren Kopf auf seine Brust. Zac legte einen Arm um sie und streichelte mit der anderen Hand über ihren Kopf.
"Sind die Blumen da auf der Kommode wieder von Micky Mouse?", wollte er wissen.
"Nee, die hab ich mir zur Abwechslung selbst gekauft, weil es dort so kahl aussah", antwortete sie.
"Gut, sonst hätte ich ihm den Strauss morgen in sein Allerwertesten gerammt", brummte er.
"Die armen Blumen", kicherte sie leise. Sie wusste aber, dass Zac Mick nicht mehr leiden konnte. Erstens hatte er sich immer an Tiara herangemacht, obwohl sie mit Etienne zusammen war und er hatte keine Möglichkeit ausgelassen um diesen eins reinzuwürgen, zweitens war er davon überzeugt das Mick an der Trennung der beiden Mitschuld hatte und drittens, war er mit Etienne genauso eng befreundet, wie mit Tiara. Damals in der Schule, als er sich noch nicht geoutet hatte, war es Etienne der es zu erst gemerkt hatte, dass er Homosexuell war, aber auch nur weil Zac ziemlich in ihn verschossen war. Der arme Spanier verliebte sich leider immer in die Männer, die unerreichbar für ihn waren. Etienne hatte ihn dann vor den Schwulenhassern und Mobbern beschützt. Deshalb war er zwischen seinen Freunden nun hin und her gerissen, da er für beide da sein wollte, so wie sie es auch für ihn waren. Mit Ilja hatte er einen Leidensgenossen, da dieser auch immer hin und her gerissen war.
"Ist doch aber wahr! Der Idiot soll die Finger von dir lassen, sonst bekommt er es mit mir zutun! Der Affe ist doch schuld, an eurer Trennung, jedenfalls zum Teil! Wehe du lässt dich auf den ein", knurrte er warnend.
"Ich weiß", sagte sie leise. Sie hatte ihm den Kuss mit Mick bewusst verschwiegen, sonst würde Zac noch zum Stierkämpfer werden. "Keine Sorge, werde ich schon nicht", versicherte sie ihm.
"Gutes Mädchen", ein Lächeln lag in seiner Stimme und er gab ihr ein Kuss auf das Haar.
Dann schwiegen sie und und kurze Zeit später sanken sie in den Schlaf.
"Weißt du wo Alain ist?"
Tiara erschrak, als sie plötzlich Marcos Stimme hinter sich hörte, dabei ließ sie die Tasse fallen, die sie gerade aus dem Schrank geholt hatte. Diese knallte auf die Arbeitsplatte des Küchentresens und der Henkel brach ab.
Bevor sie auf den Boden kullern konnte, war Marco schon neben Tiara geeilt, fing den Kaffeebecher auf und stellte ihn auf den Tresen.
Dies geschah alles so schnell, dass Tiara es kaum wahrnahm. Perplex schaute sie auf die Stelle, wo sie eben noch die Tasse in der Hand gehalten hatte, doch nun war da nur noch Luft.
"Perdono", murmelte er entschuldigend und schaute sie mit schuldbewusster Miene an.
Kaum merklich schüttelte sie den Kopf und sah zu ihm. Sofort beschleunigte sich ihr Herzschlag, als sich ihre Blicke trafen.
"Scho-schon okay", stotterte sie, dabei spielte sie nervös mit einer Haarsträhne. Gott, war das peinlich! Jetzt machte sie sich vor ihm zum Volldeppen, das durfte doch nicht wahr sein! Warum machte dieser Mann sie nur so nervös? Und warum hatte er eine so große Anziehungskraft auf sie? Das war doch nicht normal! Sie kannte ihn doch kaum, außerdem liebte sie Etienne.
Marco fuhr sich durch sein schwarzes Haar, dabei zerzauste er seine elegante Frisur etwas. Tiara verspürte den Drang, ihm das Haar wieder glatt zu streichen. Nach kurzem zögern hob sie die Hand, doch als sie seinen Kopf erreichte, hielt er sie mit seiner Hand fest. Dann drückte er sie sanft gegen den Tresen.
Ein kleines "Oh...", verließ daraufhin ihre Lippen. Zu mehr kam sie nicht, denn sie verlor sich in seine smaragdgrünen Augen. Die kleine goldene Kugel, die seine Pupille umhüllte, schien sich in eine Flamme zu verwandeln. So wie bei Etienne damals, als sie miteinander geschlafen hatten. Warum hatten eigentlich alle aus Etiennes Familie, die sie bis jetzt kennengelernt hatte, so außergewöhnliche Augen? Das war doch nicht normal, oder?
"Verdammt... was ist mit mir los? Ich... warum siehst du ihr nur so ähnlich?", flüsterte er zusammenhangslos. Er hörte sich etwas gequält an, so als ob es ihn sehr schmerzte, sie anzusehen.
Tiara wusste nicht was sie sagen sollte. Wem sah sie ähnlich? Warum klang er so wehmütig?
Marcos Lippen näherten immer mehr, bis sie nur noch ein paar Millimeter von ihren entfernt waren. Ihr Herz schlug so laut, dass sie es hören konnte.
Plötzlich ertönte ein Räuspern und Tiara und Marco schauten erschrocken zur Tür, wo Benoit stand.
Sein Gesicht zierte ein breites Grinsen. "Erwischt!"
Der Italiener entfernte sich einige Zentimeter von Tiara und strich sich sein Haar selbst wieder glatt. "Grins nicht so dämlich", brummte er seinen Cousin an.
Sie atmete einmal tief durch, um sich zu sammeln. So neben der Spur war sie schon lange nicht mehr und der Einzige der dies normalerweise schaffte, war Etienne. Auf einer Seite war sie enttäuscht, dass es nicht zum Kuss kam. Sie hätte gern gewusst, wie sich seine Lippen auf ihre anfühlten. Doch auf der anderen Seite, fand sie es gut, dass Benoit hereingeplatzt war. Das schlechte Gewissen hätte sie sonst wieder geplagt. Sie liebte Etienne, er war derjenige dessen Lippen sie küssen wollte und ihn wollte sie auch zurück! Obwohl sie noch nicht wusste, wie sie ihn zurückbekam.
"Bist du nur hier, um blöde zu grinsen, oder was?", fragte Marco mürrisch, als Benoit immer noch so breit grinste.
"Nö. Du hast doch vorhin die ganze Zeit nach Alain gesucht. Tja, ich bin jetzt hier, um dir mitzuteilen, dass er wieder da ist", antwortete er.
"Mh", war das Einzige was Marco als Kommentar nur von sich gab. Er warf Tiara einen entschuldigenden Blick zu und verließ die Küche.
Sie stand fast regungslos da und starrte gedankenverloren vor sich hin.
"Alles okay bei dir?", fragte Benoit. Er war näher gekommen und musterte sie besorgt.
Verdutzt schaute sie ihn an. Sie wusste gerade nicht, was er von ihr wollte. Eigentlich wusste sie überhaupt gar nichts. In ihrem Kopf war gähnende Leere oder war er zu voll?
"Oh man, die Männer aus meiner Familie machen dir ganz schön zu schaffen, was Kleines?", lächelte er.
"Ja", murrte sie und fand somit endlich ihre Worte wieder.
"Wir sind ja auch alle ein paar ganz Wilde", zwinkerte er ihr zu.
"Du bist doof", schmunzelte Tiara.
"Nö, ich wollte nur, dass sich deine Mundwinkel wieder nach oben bewegen und das habe ich erfolgreich geschafft", meinte er, "ich bin so gut", klopfte er sich dann stolz auf seine Schulter.
"Eigenlob stinkt, noch nicht gewusst, Iti?", neckte sie ihn und um noch eins drauf zu setzen, nannte sie ihn bei einem, der verhassten Spitznamen, die Nathalie ihm gegeben hatte.
Benoit verzog daraufhin das Gesicht. "Du sollst mich nicht immer so nennen tun."
Tiara kicherte. "Da hat Jabba dir einen tollen Kosenamen verpasst, nicht wahr?"
"Dafür könnt ich die immer noch fressen!", brummte er.
"Dio mio!
Habt ihr schon den Adonis gesehen?", kam auf einmal Filippo aufgeregt in die Küche geschneit.
Irritiert schauten Tiara und Benoit ihn an. "Wer?"
"Er ist ein Traum von einem Mann", schwärmte er.
"Wer denn?", fragten sie wieder.
"Er ist ein fleischgewordener Männertraum. Er ist der Inbegriff von Sex", schwärmte er wieder
"Von wem faselst du?", schmunzelte Benoit.
"Er ist göttlich! Er ist der Gott der Liebe, er ist Eros!!!"
"Mensch Filippo! Von wem quatscht du denn die ganze Zeit?", seufzte Tiara und wurde langsam ungeduldig.
"Na von dem heißesten Italiener auf dem Planeten", beantwortete er endlich ihre Frage.
"Ach du meinst Marco", stöhnte Benoit auf. "Sag das doch gleich."
"Ja, Marco", sagte Filippo mit verträumten Blick.
Tiara grinste. "Filippo ist fallala völlig verliebt." Seine Schwärmerein ließen sie ihre verwirrenden Gefühle für Marco verdrängen.
"Ja, er hat mir beim Vorbeigehen, dreist einen Liepespfeil in die Brust geschossen", säuselte er.
"Meine Fresse, hat mein Cousin dir den Kopf verdreht. Das ist ja nicht mehr schön!", schüttelte Benoit den Kopf.
"Adonis ist dein Cousin?", fragte Filippo ihn mit großen Augen.
Beonit nickte halbherzig und stellte sich dann dicht hinter dem kleinen Italiener. Er beugte sich runter, bis seine Lippen an dessen Ohr waren. "Bin ich denn kein Adonis?", raunte er ihm mit verführerischer Stimme ins Ohr. Diese versprach heißen Sex am Strand. Tiara versuchte die Bilder von ihm und ihr aus dem Kopf zu bekommen.
Man konnte regelrecht sehen, wie sich Gänsehaut auf Filippos Haut bildete, auch bei ihr sträubten sich die Armhaare.
"Maaaaaan Benoit! Lass das!!", rief der Italiener aufgeregt und hüpfte einige Zentimeter von ihm weg. Daraufhin musste Benoit lachen.
"Mensch Ben, du Ärgerfritze! Musste das sein?", schimpfte Tiara, doch dies kam nur halb so ernst rüber, wie sie es beabsichtigt hatte, weil sie grinsen musste.
"Aber wirklich! Schäm dich!", stemmte Filippo die Hände in den Hüften.
"Später vielleicht", lachte er immer noch.
"Du... Du...", hob der Kleinere drohend einen Zeigefinger in die Luft.
"Ich... Ich..."
"Werd nicht frech."
"Warum? Schickst du mich dann auf die Stilletreppe?", musste Benoit wieder lachen.
"Das wirst du dann schon sehen!"
Tiara schüttelte kichernd den Kopf. "Quatschköpfe." Dann nahm sie die Tasse und den abgerbochenen Henkel und schmiss beides in den Abfalleimer.
"Lasst uns zu den anderen gehen", meinte sie und ging zur Tür. Die beiden folgten ihr, wobei es Benoit nicht lassen konnte, Filippo weiterhin zu ärgern.
Als Tiara den Aufenthaltsraum betrat, erstarrte sie. Sie sah wie Nathalie am Fenster stand und Etienne vor ihr kniete. Sein Kopf lehnte an ihrem Bauch und er schien mit dem Embryo zu reden. Die Blond strich ihm über das Haar, doch als sie Tiara bemerkte, hob sie Etiennes Kopf an und küsste ihn.
Dieses Bild versetzte der Braunhaarigen einen Stich ins Herz und sie flüchtete aus dem Zimmer. Sie wollte an Nathalies Stelle sein. Er sollte seinen Kopf an ihrem Bauch gelehnt haben und mit ihren Kind erzählen. Leider war sie nicht schwanger von ihm und sie waren kein Paar mehr. Warum sie? Warum diese bescheuerte Kuh? Tiara wollte von Etienne ein Kind bekommen! Sie spürte wie ihr Tränen der Wut und der Trauer in die Augen stiegen und sie versuchte erst gar nicht dagegen anzukämpfen. Den Kampf hätte sie so und so verloren.
Tiara rannte den Flur entlang und hörte nicht auf Katharina, Zac oder Mick die ihren Namen riefen. Sie wollte einfach nur weg, dabei achtete sie nicht, wo sie hin lief. So kam es, wie es kommen musste, sie stieß mit jemanden zusammen. Es war niemand geringeres als Marco.
Erschrocken schaute sie auf und direkt in sein Gesicht. Die Tränen liefen ihr ihr ungehalten über die Wangen.
Sanft wischte er sie mit dem Daumen weg. "So hübsche Frauen sollten nicht weinen müssen", sagte er leise.
Dann sag das deinem Cousin und seiner Freundin
, hätte sie fast gesagt, doch stattdessen schaute sie ihn nur mit großen Augen an. Sie genoss seine Berührung auf ihrer Haut, die sich wie ein zarter, warmer Sommerwind anfühlte.
"Bambino und seine Freundin, hm?", fragte er.
Tiara nickte leicht, sagte aber noch nichts. Sie wusste, dass er mit Bambino Etienne meinte.
"Ich weiß, wie sehr Liebe weh tun kann. Es ist, als ob sich eine Hand um dein Herz schließt und ständig zu drückt, mal stärker, mal schwächer, aber der Schmerz hört nie auf", meinte er.
Sie seufzte innerlich, dieser Mann sprach ihr aus der Seele.
"Versprichst du mir etwas?"
Sie nickte und war gespannt was er nun sagen würde.
"Versprich mir, dass du den Schmerz immer zu lassen wirst. Unterdrücke ihn nicht, kein einziges Mal, egal wie unerträglich er erscheint. Sonst wirst du abstumpfen, mürrisch werden, eine große Mauer um dich herum aufbauen, weil du keine Gefühle mehr zu lassen willst und Angst hast, aber genau das ist falsch. Also lasse immer alle Gefühle zu, seien sie positiv oder negativ." Er sagte es nicht nur, er bat sie regelrecht.
Tiara glaubte ihm jedes Wort, was er sprach, sie wusste nicht warum, aber sie tat es. Er schien mal jemanden sehr geliebt zu haben, diese Person schien ihn jedoch ebenso
so sehr verletzt zu haben.
"Ich verspreche es", sagte sie und lächelte leicht. Sie wollte wirklich versuchen, das Versprechen einzuhalten, denn sie wollte nicht abstumpfen und niemanden mehr an sich heran lassen. Außerdem gehörte der Schmerz dazu. Nicht um sonst, lagen Liebe und Leid nah beieinander.
"Gut", erwiderte Marco das Lächeln. "Ist jetzt alles wieder gut?"
"Ja, danke", antwortete sie.
Er schüttelte den Kopf. "Nicht dafür."
Plötzlich öffnete sich Richards Bürotür und er kam heraus spaziert. Er bekam ein breites Grinsen auf den Lippen, als er Tiara und Marco so eng beieinander stehen sah, doch seine gute Erziehung schien ihm zu verbieten. dass er dazu etwas äußerte. Dennoch ging er zu den beiden hin.
"Entschuldigen Sie, dass ich Sie so überfalle, aber ich hätte ein paar Fragen an Sie", sprach er den Italiener direkt an.
Dieser runzelte irritiert die Stirn. "Aha?"
"Sie sind doch der Cousin von Benoit, Etienne und Alain, richtig?"
"Ja."
"Haben Sie schon einmal über eine Schauspielerkarriere nachgedacht?"
"Nein."
Tiara musste über Marcos knappen Antworten schmunzeln, doch als sie Richards entmutigtes Gesicht sah, bekam sie Mitleid. Es war offensichtlich das der Regisseur Marco für eine neue Rolle haben wollte. Das aufgeregte Flackern in sein Augen kannte sie nur zu gut, denn genau das gleiche hatte er auch gehabt, als er sie wegen der Hauptdarstellerrolle angesprochen hatte.
Auch Marco erging der missmutige Blick nicht, deshalb fragte er: "Warum?", dabei klang er ein wenig genervt.
Dies schreckte Richard natürlich nicht ab. "Würden Sie eine Rolle bei meiner Serie übernehmen?", fragte er lächelnd.
Marco runzelte erneut die Stirn. "Ich bin aber kein Schauspieler."
"Das ist nicht schlimm. Ihr Cousin war auch keiner, als er angefangen hatte und er spielt grandios. Ich lege viel Wert auf Improvisation. Die Rolle passt perfekt auf Sie."
"Ach ja? Und warum?", er klang wenig begeistert.
"Ein wenig mehr Begeisterung könntest du aber schon zeigen, Marco", kam Valentina überraschend um die Ecke.
"Was willst du denn jetzt? Hast du nichts zu tun?", brummte er sie an.
"Nö", lächelte sie und gesellte sich zu den dreien.
Richard ließ sich nur kurz von ihr ablenken, dann konzentrierte er sich wieder komplett auf Marco. "Ja, Sie passen einfach perfekt. Der Charakter dieser Rolle, ist mystisch und dunkel, aber auch gefährlich. Er ist der Wandler von Tiaras und Nathalies Charakter und er jagt abtrünnige Vampire", erklärte er ihm.
Marco schnaubte belustigt. "Ich bin also mystisch, dunkel und gefährlich?"
"Ja, so kommen Sie rüber", nickte der Regisseur eifrig mit den Kopf.
"Das ist ja alles schön und gut, aber ich bin kein Schauspieler und Zeit habe ich dafür auch nicht", antwortete Marco.
"Schade", sagte Richard und schaute traurig zu Boden.
"Ach komm Brummbärchen, so viel haben wir zur Zeit nicht zu tun und dein Schauspielerisches Talent konnte ich schon einmal bewundern. Im Stadttheater in Rom damals..."
"Halt die Klappe", unterbrach er sie und bedachte sie mit einem vernichtenden Blick.
"Ach Brummbärchen", kicherte sie. "Nun hab dich nicht so."
"Nein, ich bleibe dabei."
"Komm, geb dir ein Ruck", lächelte sie und setzte ihren bekannten Hundeblick auf.
Marco verdrehte die Augen und schaute dann zu Tiara. Diese lächelte ebenfalls, hielt sich bei dem Gespräch aber raus. Sie würde sich freuen, wenn er bei der Serie mitmachte. Doch ihre Überredungskünste wandte sie bei ihm nicht an, da sie nicht wusste wie er darauf reagieren würde, wenn er bei Valentina schon so genervt war, außerdem traute sie sich schlichtweg einfach nicht.
"Wenn es denn sein muss", gab er sich seufzend geschlagen.
"Wirklich?", fragte Richard ungläubig nach.
"Mh."
"Super, Sie werden es nicht bereuen", strahlte er bis über beide Ohren. Dann drehte er sich um und eilte in seinen Büro. Kurze Zeit später kam er mit einem gräulichen, halb dicken Heft zurück. Tiara erkannte, dass es ein Drehbuch war.
"Hier ist das Drehbuch", drückte Richard ihm lächelnd das Büchlein in die Hand.
"Und wann soll mein Charakter in der Serie auftauchen?", fragte Marco.
"Ich hatte es in sechs Wochen geplant", antwortete er.
"Aja, und warum haben Sie nicht schon früher gefragt?"
"Weil ich Sie leider immer verpasst habe", lächelte er verschmitzt und kratzte sich dabei verlegen am Hinterkopf.
Marco seufzte, sagte aber nichts mehr.
Richard schlug dann noch vor, Marco seine ganzen Schauspielkollegen vorzustellen und auch den Rest des Studios zu zeigen, da dieser bis jetzt nur den Keller und den ersten Stock gesehen hatte. Tiara und Valentina begleiteten ihn, danach erstatte sie Bericht bei ihren Freunden. Filippo war natürlich am fröhlichsten, dass er seinen Adonis nun öfter sah. Mick schien sich darüber wenig zu freuen. Tiara glaubte das er sogar eifersüchtig war, doch sicher war sie sich nicht. Auch die Reaktion von Etienne verwirrte sie ein wenig, er schien ebenfalls nicht ganz glücklich darüber zu sein, dass sein Cousin bei der Serie mitmachte, besonders als Richard verkündete, dass sie und Marco vielleicht ein paar heiße Szenen zusammen haben werden. Warum eigentlich? Was gefiel ihm nicht daran? Das sein Cousin generell bei der Serie mitspielte oder das er und sie ein paar heiße Szenen zusammen haben? Konnte aber auch sein, dass sie sich das alles nur eingebildet hatte, weil es Wunschdenken war, dass Etienne etwas dagegen haben könnte...
Texte: Alle Rechte dieses Buches sind mir vorbehalten!!
Bildmaterialien: Cover Bild zeigt ein Model das ein rotes Bandeau Cocktailkleid von 'www.vipdress.de' präsentiert. Tranparentiert habe ich das Gesicht des Models Daniel Vlad von 'The Modelwall'. Bearbeitet hab ich es mit Picasa3 und GIMP.
Lektorat: Ich selbst.
Tag der Veröffentlichung: 11.01.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch ist für meine Mum, meiner besten Freundin und für alle die auch gern einen eigenen Vampir hätten. ;)