Seufzend stand Lilly vor ihrer neuen Schule. Zum ersten mal in ihrer Schulzeit musste sie eine neue Schule besuchen und das gefiel ihr ganz und gar nicht. Wieder neue Menschen denen sie unter allen umständen aus dem Weg gehen musste. Wieder alles von Anfang. Doch was hätte sie dagegen tun können als sie vor zwei Tagen von ihren neuen Pflegeeltern aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen wurde. Das Heim in dem sie gelebt hatte seid sie denken konnte war ihr zu Hause gewesen, auch wenn die Zeiten dort nicht einfach wahren. Aber sie hatte sich der Entscheidung der Heimleiterin beugen müssen und nun stand sie vor diesem kleinen, nichts sagenden Gebäude welches sich über zwei Stockwerke erstreckte die mit vielen kleinen Fenstern bestückt waren. Die Fassade war in einem freundlichen hellen gelb gestrichen und das Dach war flach nur unterbrochen durch einen hohen Turm, der an der rechten Seite des Gebäudes aufragte. Ihr war schleierhaft wozu eine Schule einen Turm benötigte aber vielleicht war er ihr irgendwann noch mal nützlich. An einem sonnigen Tag hätte das Gebäude vielleicht einen netten Eindruck gemacht, doch der dichte Nebel der um das Dach des Gebäudes wogte, zerstörte jede Illusion von Heiterkeit.
Schweren Herzens lenkte Lilly ihre Schritte in Richtung Eingangstür, die eher einer Pforte glich, als einem Hauseingang und sie beschlich das Gefühl das sie eine anstrengende Zeit vor sich hatte. Ihr Blick streifte kurz ihre verzerrtes Spiegelbild in der Glasscheibe der Tür bevor sie sie mit einiger Kraftanstrengung aufgezogen hatte. Was sie sah war nicht übel. Lange, glatte rote Haare, Alabaster Haut, waldgrüne Augen die einen dunklen Kranz am Rand der Iris aufwiesen. Schlank, aber nicht zu dünn mit den richtigen Rundungen an den richtigen Stellen. Alles in allem sah sie nett und offen aus, vielleicht sogar attraktiv. Doch das täuschte. Nichts hasste sie mehr wie fremde Menschen die sie nicht kannten und sie fürchtete sich davor das andere Menschen sie berührten,denn das hatte einen Unerwünschten Nebeneffekt. Wurde sie angefasst, und war der Moment auch noch so kurz, konnte sie die Gedanken desjenigen hören und sehen was sie sahen und das solange diese lebte. Warum das so war wusste sie jedoch nicht und genau genommen wollte sie es auch niemals erfahren. Derjenige der ihr diese Bürde gegeben hatte, diesen Fluch der ihr Leben so einsam gemacht hatte, konnte sie mit dem besten dank auch wieder zurück haben. Nichts hasste sie mehr als diese Mutation, diesen Makel an sich selbst den sie nicht beheben oder beeinflussen konnte. Doch damit Leben, das konnte sie und musste es ja auch notgedrungen. Vier Grundregeln halfen ihr dabei. 1. Niemals anfassen lassen. 2. Sollte es dennoch einmal geschehen, vollständiges und totales ignorieren und verdrängen dessen was sie zu fühlen oder zu sehen bekam. 3. Niemals mit anderen darüber reden und schließlich 4. Unter gar keinen Umständen in das Leben des anderen einmischen. Und dann war da noch eine Unausgesprochene Sache, die sie tief in ihre Gedanken begraben hatte. Denn sollte trotz all ihrer Vorsichtsmaßnahmen jemand dahinter kommen hatte sie keine Schwierigkeiten sich diesem Problem anzunehmen auf jede, wirklich jede nur erdenkliche Art und Weise.
Einmal hatte ein Junge aus dem Heim erkannt gefunden was mit ihr los war. Er hatte versprochen mit niemandem darüber zu reden und Lilly fühlte auch das er es ernst meinte, doch das Risiko konnte sie und wollte sie nicht eingehen und so wurde sie mit ihren damals zarten 13 Jahren zur Mörderin. Sie hatte Bereut, oh und wie sie gelitten hatte. Doch mit der Zeit flaute dieses Gefühl ab und wich einer Kälte in ihrer Seele die es ihr immer leichter machte sich zu beschützen. Diese Kälte war auch in ihren Augen zu lesen weswegen die meisten Menschen davor zurück schreckten mit ihr zu reden oder freiwillig mit ihr im selben Raum zu sein. Das war ihr nur recht, denn auch wenn sie sich nach außen so gab als wäre sie herzlos und kalt sehnte sie sich dennoch nach Freundschaft und wärme, was sie noch mehr ängstigte als davor entdeckt zu werden, weshalb sie diese Empfindung ebenso vergrub wie die Angst. Da sie keine nähe von anderen Menschen zu ließ wurde es mit jedem Tag, jeder Woche besser und sie hatte schon lange nicht mehr getötet worum sie sehr dankbar war, für sich selber aber auch für die Anderen. Doch nun würde wieder alles von vorne beginnen. Sie hoffte inständig das sie es schaffen würde, es war ja nur noch ein Jahr das sie überstehen musste. Doch Unverhofft kommt oft und sie hatte sich auf viele Eventualitäten vorbereitet. Dazu gehörte auch ihre Kleidung. Handschuhe, von den Fingerspitzen bis zu den Ellenbogen, Rolli, lange Hose, Bikerboots und ein langer Mantel der bis zu ihren Knöcheln reichte. Alles in schwarz. Hier und da ein Pentagramm, denn sie hatte gelernt,das andere sich mehr von ihr zurückzogen wenn sie sich "böse" anzog, als wenn sie sich als ein Mauerblümchen ausgab. Jahrelanges Training und Übung machten eben doch den Meister. Alles um sich und die anderen zu schützen. So war es immer und so sollte es auch immer sein. Doch schief gehen konnte immer etwas und deshalb musste sie auf der Hut sein und das beste aus ihrer momentanen Situation machen. Erst jetzt merkte sie das sie in der Tür stehen geblieben war und über all diese vergangenen Zeiten nachgedacht hatte und beschloss das die Vergangenheit zwar ein bedeutender Teil ihrer Persönlichkeit war, aber eben genau dieses: Vergangen. Sie musste sich auf das vor ihr liegende Jahr konzentrieren und konnte es sich nicht erlauben in der Gegend herum zu stehen um zu träumen. In Gedanken schalt sie sich eine Närrin, denn genau solche Tagträume verursachte unangenehme Komplikationen. Mit einem tiefen seufzen endlich drinnen angelangt, begab sie sich auf die suche nach dem Sekretariat um sich anzumelden und ihren neuen Stundenplan abzuholen. Schwer zu finden war es nicht, da an den Wänden mehrere Wegweiser hingen die zum einen zu den unterschiedlichen Unterrichtsräumen wiesen und zum anderen zu den Büros der Schulleitung. Mit langsamen Schritten ging sie in die angegebene Richtung und bemerkte das jeder Flur durch den sie ging dem vorherigen glich als wären es die gleichen. Alle waren mit scheusslich grünem Linoleum belegt und die Wände waren in neutralem Weiß gestrichen, welches nur durch die schweren alten Holztüren unterbrochen wurde, die in die unterschiedlichen Klassenräume führten. 'Erinnert mehr an ein Krankenhaus als an eine Schule!', dachte sie bei sich und fügte in Gedanken noch hinzu das sie dieses Gebäude immer weniger leiden konnte. Kleine Schilder neben den Türen zeigten ihr das sie wenigstens schon mal wusste wo der Bio- und der Chemieraum waren, bevor sie endlich zu dem Büro des Sekretariats kam. Ein leises "Her rein,", von einer weiblichen Stimme antwortete ihr auf das etwas zu stürmische klopfen. Mit einem Schwung öffnete sie die Tür und sah sich der etwas korpulenteren, aber dennoch recht ansehnlichen Sekretären gegenüber. "Morgn, ich bin Lilly McGregor. Wollte mich nur anmelden und meinen Stundenplan abholen.", sagte sie bevor die Sekretärin, die laut Namensschild auf ihrem überladenen Schreibtisch Justine Bladder hieß auch nur Luft holen konnte um sie etwas zu fragen. "Ah, ja ich habe dich noch nicht so früh erwartet Lillianna. Aber da du schon einmal da bist kann ich dir ja auch gleich alles geben. Setz dich doch!" forderte sie sie lächelnd auf und zeigte auf einen Stuhl der schräg zum Tisch stand. Achselzuckend und leicht verstimmt, weil sie sie Lillianna genannt hatte, setzte Lilly sich hin, ignorierte die ausgestreckte Hand der Frau und wartete auf was da auch immer kommen mochte. Nach einem Achselzucken auf das ignorieren ihrer dargebotenen Hand durchwühlte Justine ihre Papiere auf der Tischplatte bevor sie nach hinten in einen Aktenschrank griff und eine kleine gelbe Mappe her raus zog, sie auf den Tisch legte und aufschlug. " Also da hätten wir deinen Stundenplan. Nach jeder Stunde musst du dir von deinem Lehrer eine Unterschrift in dieser Liste hier geben und am Ende dieses Schultages mir wieder zurück geben. Das hat nichts mit dir zu tun sondern dient einzig und allein dazu damit die Lehrer wissen das du in ihre jeweiligen Kurse gehörst. Ich weiß das das etwas lästig ist aber das ist nun mal unsere Bürokratie. So dann haben wir noch einen Lageplan für die Schule. Ich habe dir alle Wege angezeigt damit du alles leichter finden kannst. Die Schulordnung die du dir bitte genau anschauen musst und hier ist schließlich noch ein Informationszettel mit diversen Freizeitaktivitäten, die wir unseren Schülern anbieten. Wenn du noch irgendwelche Fragen haben solltest kannst du jeder zeit zu mir kommen, doch jetzt musst du mich bitte entschuldigen, denn der Rektor möchte etwas wichtiges mit mir besprechen bevor er zum Unterricht aufbrechen muss. Deine erste Stunde beginnt in ca einer Dreiviertel Stunde. Solange wartest du einfach draußen auf dem Hof oder vor der Klasse. Und jetzt husch husch raus hier.", schloss sie endlich ihren nie enden wollenden Redefluss. Etwas perplex stand Lilly auf und war schon halb aus dem Raum, als Justine ihr Nachrief:"Ach ja, solltest du mit irgendetwas Schwierigkeiten haben wende dich an Sara Evans. Sie ist zwar etwas schüchtern aber sie kann dir bei vielem eine große Hilfe sein.!" Ja klar, als hätte sie das nötig. Hilfe! Pff! Noch jemandem dem sie unter allen Umständen aus dem Weg gehen musste. Lilly ging wieder aus dem Gebäude um sich auf einer Bank auf dem Schulhof hinsetzen zu können. Mit unterschlagenen Beine machte sie es sich so bequem wie möglich. Ihren iPod einschaltete und auf volle Lautstärke stellte. Der harten Klänge der Musik überschatteten das Geflüster in ihrem Kopf, das sie immer an ihren Fehler erinnerte. Sie nahm ihr Buch aus der Tasche und begann zu lesen.
Völlig vertieft in den Seiten merkte sie nicht das der Schulhof sich langsam füllte und sie die neue Attraktion war. Alle starrten sie an und steckten tuschelnd die Köpfe zusammen. Die Schüler fragten sich wer sie wohl war, wo sie herkam und so weiter. Doch in einem waren sie sich einig: sie war unheimlich. Irgendwie umgab sie eine Aura die gefährlich wirkte. Sara hörte aufmerksam zu was die anderen zu sagen hatten bis ihr der Kragen platzte. "Hört auf so über sie zu reden. Es ist schon schwer genug an eine Schule zu gehen ohne das ihr ihr schon am ersten Tag den Stempel "böse" auf die Stirn knallt.", sagte sie voller Vorwurf zu ihrer Clique. Die anderen hatten wenigstens den Anstand verlegen zu wirken, also lies sie es dabei und machte sich auf den Weg die neue Schülerin zu begrüßen. Auch sie fragte sich wer sie wohl war und warum sie die Schule gewechselt hatte. Aber anders als der Rest der Schule fand sie sie nicht unheimlich. Im Gegenteil. Das Mädchen war sehr schön und hatte etwas anziehendes an sich. Sie war Interessant.
Lilly merkte plötzlich das jemand vor ihr stand. Nur sehr wiederwillig hob sie den Blick und musterte das Mädchen ihr gegenüber schnell aber gründlich. ` Scheiße, ist die Süß´, dachte sie sich. Und gegensätzlicher hätten die beiden nicht sein können. Sarah hatte blonde, kurze Locken die ein Gesicht umrahmten das an eine Puppe erinnerte. Rosa Farbene Lippen, Augen die an das blau des Himmels erinnerten und eine kleine Stupsnase. Die helle Kleidung passte perfekt zu einer die mit offenen Armen durch die Welt lief und überall Freunde fand. "Hallo ich bin Sara. Ich wollte dich nur fragen ob du dich auch gut zurecht findest!“, fragte sie mit einem offenen Lächeln.
Wie es weiter geht erfahrt ihr demnächst!^^
Tag der Veröffentlichung: 20.07.2010
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