Cover

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WILDE HERZEN

 

Ein Roadtrip der besonderen Art

 

LESEPROBE

 

 

Neela Faye & Eve Flavian

 

© 2016 Eve Flavian, Neela Faye

1. Auflage

 

Covergestaltung: Sabine Schulz

Hollywood © oscity – fotolia.com

Hände © frankie's – fotolia.com

Jeep © spiritofamerica – fotolia.com

Trenner Clker-Free-Vector-Images– pixabay.com

 

Korrektorat: Bernd Frielingsdorf

 

https://www.facebook.com/Eves-und-Neelas-Projekte-1732600003642281/

http://eveflavian.wix.com/eveflavian

 

S. Adam, Wiesenstr. 10, 87751 Heimertingen

 

Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind frei erfunden, Ähnlichkeiten rein zufällig.

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorinnen.

 

Ebooks sind nicht übertragbar und dürfen nicht weiterveräußert werden. Bitte respektieren Sie die Arbeit der Autorinnen und erwerben eine legale Kopie. Danke!

 

 

Teil 1

Ein Roadtrip durch Südafrika

1.

 

Missmutig starrte Hudson auf die staubbedeckte Landebahn unter ihnen und er hoffte nur, dass der Pilot diese Klapperkiste irgendwie heil runterbrachte. Wobei es besser gewesen wäre, wenn sie umgedreht hätten und zurück in die Zivilisation geflogen wären. Aber so viel Glück hatte er nicht. Er seufzte tief, als ein Ruck durch das schäbige Flugzeug ging. Vermutlich müsste er dankbar sein, dass sie nicht abgestürzt waren. Aber er wollte nicht hier sein. Nicht hier in dieser staubigen, heißen Wildnis. Viel lieber wäre er gerade in Hollywood an einer gepflegten Bar mit einem kühlen Drink in der Hand. Dort gehörte er hin und nicht ins tiefste Südafrika, auch wenn er natürlich einsah, dass ein bisschen Recherche für seine Rolle absolut nicht schaden konnte. Da sein Vater – immerhin der Regisseur des Films – die Reise dann gleich freundlicherweise für ihn gebucht hatte, blieb Hudson leider auch nichts anderes übrig, als sich seinem Willen zu beugen.

Als der Pilot ihm zurief, dass er sich abschnallen und aussteigen dürfte, folgte er der Aufforderung schnell. Er war froh, aus der Klapperkiste zu entkommen.

Dayo blickte auf die gerade landende Maschine. Er war ja schon gespannt auf seinen Gast, den er ab heute für die nächsten Tage begleiten würde. Hudson S. DeForrest. Klang nach einem alternden Millionär oder so. Vielleicht nicht gerade das, was man sich wünschte, aber einen lukrativen Auftrag wie diesen hatte er nicht ablehnen können.

Er lehnte an seinem Jeep, während das Flugzeug zum Stillstand kam.

Ein alter Millionär schien sein Gast wohl nicht zu sein. Eher noch ziemlich jung, aber mit der Sonnenbrille im Gesicht konnte er das nicht so recht ausmachen. Vielleicht würde der Trip durch den Nationalpark ja doch ganz nett. Lächelnd löste er sich von seinem Jeep und ging auf das Flugzeug zu, um seinen Gast zu begrüßen.

Als Hudson das Flugzeug verließ, schlug ihm die Hitze ins Gesicht und die Sonne blendete ihn trotz der großen Sonnenbrille und seine ohnehin schon vorhandenen Kopfschmerzen nahmen noch zu. Hoffentlich gab es in dieser Lodge einen anständigen Pool und ’ne Bar. Aber allem voran hoffte er auf eine anständige Klimaanlage.

„Hallo! Sie müssen Mr. DeForrest sein? Ich bin Dayo Matebaa, Ihr Guide für die nächsten Tage.“ Dayo hielt dem dunkelhaarigen Mann die Hand hin.

„Hi.“ Hudson erwiderte den Händedruck und sah sich widerwillig um. Alles in ihm schrie danach, wieder ins Flugzeug zu steigen.

„Hatten Sie einen guten Flug?“, fragte Dayo freundlich und blickte währenddessen auf den Piloten, der mit dem Ausladen des Gepäcks gar nicht fertig zu werden schien. Was glaubte der Kerl, wohin sie fuhren? Auf ihre Safari konnte er all die Koffer jedenfalls nicht mitnehmen.

„Ich sollte vermutlich froh sein, überhaupt angekommen zu sein. Das Teil sieht aus, als ob es jede Minute auseinanderfällt.“ Er schnaubte abfällig.

„Glauben Sie mir, diese Teile sind robuster als so manches moderne Flugzeug. Die sind unkaputtbar.“ Dayo lachte leise.

„Ihr Wort in Gottes Ohr. Können wir denn jetzt los? Mir ist heiß.“

„Sobald wir eingeladen haben.“ Er deutete auf seinen Jeep, den er im Schatten geparkt hatte, und griff nach einem der Koffer.

Hudson sah seinen dunkelhäutigen Fahrer überrascht an. Wo waren die Kofferträger? Aber gut, dann musste dieser Guide die Koffer halt einladen. Er lehnte sich währenddessen an den Jeep, der nur geringfügig besser als das Flugzeug aussah.

„Es würde schneller gehen, wenn Sie mit anpacken würden, Mr. DeForrest …“ Nur mühsam beherrscht öffnete Dayo den Kofferraum und schleuderte den Koffer hinein. Er hatte diese sauertöpfische Miene jetzt schon über.

Hudson schnaubte. Er würde den Teufel tun und seine Koffer selbst einladen. „Sei gefälligst vorsichtig, da sind empfindliche Sachen drin“, fauchte er stattdessen.

„Was soll das überhaupt? Den ganzen Kram werden Sie gar nicht brauchen. Außerdem hab ich keinen Platz dafür in diesem Jeep.“

„Dann bestell noch ein Auto. Da sind nur meine Klamotten drin. Ich hab ja schon kaum was eingepackt.“

„Kaum was?“ Dayo lachte. „Sieben Koffer sind kaum was? Und es gibt keine anderen Autos.“ Genüsslich lächelte Dayo dem blassen Mann ins Gesicht. „Sie werden wohl etwas hier zurücklassen müssen …“

Hudson richtete sich abrupt auf und baute sich vor diesem Dayo auf. „Du hast einen Knall. Dann muss der Pilot halt warten und du später ’ne zweite Tour machen. Ich brauch die Sachen.“

„Können Sie vergessen … hier ist alles genau geplant.“ Von dieser Witzfigur mit der Designersonnenbrille ließ er sich ganz bestimmt nicht einschüchtern. Außerdem war der Typ kleiner als Dayo. Trotzdem bemühte er sich, noch halbwegs freundlich zu sein, obwohl der Kerl ihn behandelte wie einen Dienstboten.

„Ich glaube, Ihnen ist nicht klar, wenn Sie vor sich haben.“

„So? Wen denn?“, fragte Dayo kühl.

„Du verarschst mich, oder? Ich bin Hudson S. DeForrest, der Hudson S. DeForrest …“

„Sollte mir der Name was sagen?“

„Hallo? Ich bin Schauspieler und war letztes Jahr sogar für den Oskar nominiert …“

„Das ist vielleicht wichtig, wo Sie herkommen … hier interessiert das niemanden …“ Anstatt einer Antwort schnaubte sein Gegenüber nur und sah ihn überheblich an. „Hollywood ist weit weg von hier …“, sagte er daher eisig, drehte sich abrupt ab und holte den nächsten Koffer.

„Gibt es hier keine Fernseher? Ich hatte nicht gedacht, dass es hier so rückschrittlich ist … Ich bleibe übrigens dabei, mein Gepäck muss mit.“

„In der Lodge gibt es einen Fernseher und ähnlichen Schnickschnack … die Fahrt bis dahin dauert zwei bis drei Stunden.“

„Tja dann … beeil dich lieber.“ Hudson merkte selbst, dass er sich wie ein Arsch benahm, aber die Situation war auch einfach nur beschissen.

„Tja dann … helfen Sie mir lieber beim Einladen, Mr. DeForrest.“ Dayo imitierte ganz absichtlich den verächtlichen Tonfall seines Gastes.

Betont langsam griff Hudson die Tasche mit seinen Pflegemitteln und trug sie zum Auto. „Zufrieden?“

Dayo enthielt sich jeglichen Kommentars. Stattdessen fragte er: „Und? Haben Sie ihn gewonnen? Den Oscar?“

Hudson biss die Zähne zusammen. „Leider nicht“, gab er leise zu. „Aber das kommt schon noch …“ Er griff nach einer weiteren kleinen Tasche und trug sie zum Auto.

Irgendwann hatten sie tatsächlich die sieben Koffer, vier Taschen und einen Rucksack irgendwie im Jeep verstaut. Dayo war sich zwar sicher, dass sie jetzt überladen waren, aber er wollte jetzt los, sonst würden sie die Lodge am Rande des Nationalparks nicht vor der Dunkelheit erreichen und eigentlich hoffte er, dass er noch Zeit für einen kleinen Quickie mit Simon, einem der Keller, haben würde.

„Können wir jetzt endlich?“ Hudsons Kopfschmerzen erreichten astronomische Höhen und er brauchte dringend was zu trinken und eine kalte Dusche.

„Aber natürlich, Euer Hoheit …“, spottete Dayo. „Majestät haben wohl ein wenig tief ins Glas geschaut?“ Schwungvoll öffnete er die Tür des Jeeps.

Hudson erwiderte nichts und setzte sich ins Auto. Wenn er diesen Typen noch länger ertragen müsste, würde er durchdrehen. Nicht das geringste bisschen Respekt. Sobald sie in der Lodge angekommen waren, würde er um einen anderen Guide bitten. Das einzig Positive an dem Typen war sein Aussehen.

 

 

„So, wir sind da, Mr. DeForrest.“ Dayo hielt vor einem der Bungalows an. Die ganze Fahrt über hatten sie sich angeschwiegen. „Wenn Sie Ihr Gepäck ausgeladen und ins Haus gebracht haben, müssen Sie noch zur Anmeldung dort im Haupthaus.“

„Wie? Ich muss mein Gepäck selbst ausladen? Gibt es hier keine Leute dafür?“

„Sehen Sie hier etwa jemanden?“ Natürlich gab es hier Personal, aber das hätte er rufen müssen. Innerlich grinste Dayo bei dem entgeisterten Gesichtsausdruck des Schnösels.

„Ähm … ich geb Ihnen fünfzig Dollar zusätzlich, wenn Sie mir den Kram reintragen.“

„Fünfzig?“, fragte Dayo kühl. Das war ja wohl eine bodenlose Frechheit. Er war doch kein billiger Kofferträger!

„Hundert?“ Hudson sah den anderen hoffnungsvoll an.

„Nicht mal für Tausend spiele ich Ihren Kammerdiener, Mr. DeForrest.“

„Jeder ist käuflich, also wie viel? Oder gibt es in diesem Saftladen noch jemand anderen, der das übernehmen kann?“ Hudson musterte ihn kalt über den Rand seiner Sonnenbrille.

„Sie glauben wohl, für Geld können Sie alles bekommen?“, schnaubte Dayo verächtlich. „Ich schmeiße Ihren Kram aus dem Jeep und vielleicht finden Sie bei der Anmeldung einen anderen Dummen.“ Er riss die Tür auf und stapfte wütend zum Kofferraum.

Hudson verkniff sich jedes weitere Wort und stieg missmutig aus. Es wurde ja immer schlimmer. Er wollte nach Hause, nach L.A. in seine schöne Villa, mit anständigem Personal.

Innerlich fluchend lud Dayo das Gepäck aus und stellte es wenig sanft auf der ersten Stufe der Treppe ab.

„Einen wunderschönen Abend, Mr. DeForrest. Bis morgen. Abfahrt ist um halb fünf früh.“

„Vergiss es. Morgen muss ich mich erst mal erholen und außerdem halb fünf? Da schlaf ich noch.“

„Da schläfst du vielleicht in Hollywood. Aber nicht hier. Hier stehen Sie um spätestens vier Uhr auf und bewegen Ihren Luxushintern in den Jeep.“

„Aber dann kannst du die meisten der Koffer gleich im Jeep lassen. Es bringt ja nichts, sie heute auszupacken und morgen wieder einzuladen.“ Hudson fügte sich zähneknirschend in sein Schicksal.

„Wozu? Den Platz brauche ich für die Ausrüstung.“ Dayo zuckte mit den Schultern.

„Dann besorg besser ein größeres Auto. Die Sachen nehm ich morgen mit. Sie nutzen mir ja nichts, wenn sie hier in der Lodge liegen und ich mich in der Wildnis rumtreiben muss.“

„Vergessen Sie’s.“ Dayo lächelte höflich, auch wenn er diesem arroganten Arsch gerade am liebsten den Hals umgedreht hätte.

„Was soll ich vergessen?“ Hudson baute sich vor ihm auf.

„Es gibt weder ein größeres Auto, noch nehme ich Ihren ganzen Krempel mit.“

„Und wie soll das dann funktionieren? Ich glaube, du verstehst nicht richtig. Ich brauche die Sachen.“

„Haben Sie Tomaten auf den Ohren? Alles, was Sie für diese Reise brauchen, sind feste Schuhe, ein paar feste Jeans und ein paar Shirts, für die Nacht eine Jacke. Fertig.“

„Was ist mit Handtüchern, Waschartikel, Badehose, Schuhe zum Wechseln, ein Kissen und und und? Außerdem werd ich auch nicht wie der letzte Hinterwäldler rumlaufen.“ Hudson musterte den anderen kühl, obwohl es in ihm kochte.

„Handtücher und Waschsachen sind genehmigt. Meinetwegen auch die Badehose, falls Sie mit den Krokodilen planschen wollen.“ Dayo blickte ihn grimmig an.

„Eigentlich dachte ich eher an einen Pool … Krokodile sind mir ein bisschen zu bissig.“

„Pool?“ Hatte der Kerl eigentlich eine Ahnung, was ihn erwartete?

„Ähm, ja? Mein Vater hat gemeint, wir würden in Luxus Lodges und Camps übernachten, da erwarte ich bei der Hitze eigentlich schon einen Pool.“

Beinahe hätte Dayo laut losgelacht. Genüsslich meinte er: „Da muss ich Sie wohl enttäuschen. Ihr Vater hat die 7-Tage-Survial-Tour gebucht. Wir werden ein paar Tage im Jeep übernachten und erst danach kommen wir wieder zu einer Lodge. Für eine Nacht. Danach geht es weiter im Jeep.“

„Nein, das muss ein Fehler sein. Er hat mir gesagt, es wäre die VIP-Tour.“ Hudson war kurz irritiert, doch dann fing er sich. „Ich werde mich sofort darum kümmern, dass der Fehler korrigiert wird.“

„Tun Sie das.“ Dayo zuckte mit den Schultern. Ihm war es gleich.

Unschlüssig sah Hudson zwischen dem niedrigen Gebäude, auf das Dayo vorhin gezeigt hatte, und seinem Gepäck hin und her. Es hier vor dem Haus liegen zu lassen, war unmöglich, dafür waren die Sachen zu wertvoll. Also würde er tatsächlich die Sachen selbst in die Hütte tragen müssen. Hoffentlich erfüllte die wenigstens seine Standards.

Dayo parkte den Wagen auf dem dazugehörigen Parkplatz. Seufzend stellte er den Motor aus. Er sehnte sich gerade nach einem alternden Millionär … Als er ausstieg, entdeckte er Simon, der ihm zuwinkte. Oh ja … etwas Entspannung würde ihm guttun.

 

 

Schwer atmend schleppte Hudson die ganzen Koffer in die Hütte und ließ sich dann aufs Bett fallen, das den kleinen Raum dominierte. Die Hütte war für seinen Geschmack zu rustikal, aber die Matratze war gut. Er streckte sich kurz aus. Nur schwerfällig erhob er sich einige Zeit später und ging zu dem Hauptgebäude.

„Guten Tag! Sie müssen Mr. DeForrest sein?“ Der dunkelhäutige Portier eilte ihm entgegen und deutete eine Verbeugung an. „Es ist mir eine Ehre …“

„Hallo. Ja, der bin ich.“ Hudson räusperte sich. „Leider gibt es ein paar Probleme, wie mir scheint. Laut meinen Unterlagen wurde für mich eine VIP-Tour gebucht. Jetzt sagte dieser komische Guide was von einer Survivaltour? Und ich möchte bitte einen anderen Guide.“

„Warten Sie, ich prüfe das schnell nach.“ Der Portier ging an seinen PC und tippte etwas ein. „Mr. DeForrest, erst heute Morgen hat Ihr Vater angerufen und von VIP auf Survival umgebucht, tut mir leid.“

„Dann buche ich es zurück auf VIP.“ Hudson lehnte sich vor und starrte den Mann direkt an. Russell meinte immer, so sehe er besonders böse aus.

„Ihr Vater hat ausdrücklich darauf bestanden, dass es dabei bleibt“, meinte der Portier kleinlaut.

„Da liegt bestimmt ein Fehler vor. Ändern Sie es. Die Mehrkosten trage ich und kann sie auch sofort bezahlen.“ Er zückte seine schwarze Kreditkarte.

„Bedaure … ich kann den Wunsch Ihres Vaters nicht übergehen. Er hat einen sehr großen Betrag für den Erhalt des Nationalparks gespendet …“

„Warten Sie kurz, gibt es hier ein Telefon?“

„Hier drüben. Bitte der Herr …“

„Danke.“ Hudson nahm den Hörer. Dass er seinen Vater jetzt vermutlich beim Frühstück störte, war ihm total egal.

„Guten Morgen, Sohn!“, ging sein Vater gut gelaunt ran. „Ich hab deinen Anruf schon erwartet.“

„Gut kannst du mir dann bitte erklären, was das soll? Survivaltour, was für ’n Scheiß!“ Er gab sich erst gar keine Mühe, seine Wut zu verbergen.

„Das hast du dir ganz allein selbst zuzuschreiben. Ich habe genug von deinen Eskapaden. Oder hast du schon vergessen, dass du es gewagt hast, besoffen an MEINEM Set aufzutauchen? Dass du in der Nacht davor mit zwei Typen gleichzeitig am Knutschen warst und von Paparazzi fotografiert wurdest, mal nicht zu erwähnen …“

„Ja und? Wen interessiert es schon, mit wem ich knutsche, und dass ich am Set war, gehört ja wohl zu meinem Job. Schließlich hast du mich gebucht“, schoss Hudson zurück. Er würde sich das nicht bieten lassen, so viel stand fest.

„Aber ich habe den heißen Anwärter auf einen Oscar gebucht und nicht einen betrunkenen Möchtegerngigolo.“

„Noch mal, ich war nicht betrunken. Nur ein bisschen angeheitert und noch durchaus in der Lage zu arbeiten. Ein bisschen Party zwischendurch steht mir auch mal zu.“

„Nicht, wenn du am nächsten Morgen drehst, verdammt! Und es war nicht zwischendurch … sondern zum dritten Mal in 10 Tagen!“

Hudson seufzte. In diesem Punkt verstand sein Vater einfach kein Spaß. „Und was hat das jetzt mit diesem Quatsch hier zu tun? Kannst du mir das bitte schön auch noch erklären? Eigentlich könnte ich ja auch mit der nächsten Klapperkiste zurückfahren.“

„Du wirst mir und vor allem dir selbst beweisen, dass du etwas durchhalten kannst. Wenn du jetzt zurückfliegst, kannst du die nächste Rolle vergessen. Ich sorge dafür, dass du im nächsten Jahr nicht mal einen Independentfilm drehen wirst …“

„Das kannst du nicht machen!“, entgegnete Hudson entsetzt. „Du hast keine Ahnung, wie es hier ist.“

„So? Wie ist es denn?“

„Heiß, stickig und verdammt staubig. Und dieser komische Guide hat mich meine Koffer selbst schleppen lassen und die Karren und Flugzeuge sehen aus, als ob sie beim nächsten Windhauch auseinanderfallen. Da kann ich unmöglich drin schlafen.“

„Du kannst und du wirst. Und du wirst die Leute mit dem gebührenden Respekt behandeln“, erklärte sein Vater hart.

Hudson biss sich auf die Lippen. Am liebsten würde er ausflippen und ihn anschreien, aber dieser würde seine Warnung ohne zu zögern in die Tat umsetzen. Das wusste er leider zu gut und genauso gut wusste er, dass sein Vater die Macht dazu hatte. Nicht umsonst galt er als einer der einflussreichsten Regisseure Hollywoods. „Ja“, murmelte er leise, obwohl alles in ihm nach dem nächsten Flieger in Richtung Hollywood schrie.

„Gut. Dann wünsch ich dir jetzt einen schönen Aufenthalt und genieße die neuen Erfahrungen.“

„Sehr witzig!“, fauchte Hudson dann doch noch.

„Irgendwann wirst du es verstehen …“, sagte sein Vater ruhig. „Bis bald, Sohnemann.“

Hudson legte ohne ein weiteres Wort auf. „Es bleibt bei der Survivaltour“, wandte er sich missmutig an den Portier.

„In Ordnung, Sir. Wenn Sie hier bitte noch unterschreiben? Ihr Guide holt Sie dann morgen früh um halb fünf ab. Soll ich Ihnen zuvor noch ein Frühstück in den Bungalow bringen lassen?“

„Können Sie den Start bitte verschieben? Neun oder halb zehn wäre mir lieber. Immerhin war es eine lange Reise. Und der Guide bräuchte ein größeres Auto. Es war schon auf der Hinfahrt verdammt eng mit dem Gepäck.“

„Ob der Start verschoben werden kann, müssen Sie mit dem Guide besprechen. Mit dem Auto kann ich Ihnen leider nicht helfen, es stehen keine größeren mehr zur Verfügung. Wir sind in der Hochsaison und die größeren Wagen sind für die Gruppen reserviert. Tut mir leid, Sir.“

Hudson knirschte mit den Zähnen. Plötzlich hatte sich alles gegen ihn verschworen. „Gibt es hier eine Bar?“

„Ja, selbstverständlich. Direkt hier neben dem Restaurant. Soll ich Mr. Matebaa rufen lassen wegen des Termins?“

„Lassen Sie es. Das habe ich vorhin schon versucht. Aber vielleicht ist ja sein Vorgesetzter zu sprechen?“

„Sind Sie nicht zufrieden? Mr. Matebaa ist unser bester Guide und diese Tour ist sein Spezialgebiet …“

„Vergessen Sie es. Ich geh in die Bar. Und bestellen Sie Frühstück für morgen früh. Essen ist nicht so wichtig, aber Kaffee. Viel Kaffee.“

„Natürlich. Es wird auch Kaffee in der Verpflegung für die Tour sein“, versprach der Portier.

„Wenigstens etwas.“

„Ich hoffe, dass Sie es trotz allem genießen können … der Park ist wundervoll und so allein in der Wildnis … so etwas erlebt man vielleicht nur einmal im Leben.“

Hudson nickte schwach und wandte sich ab, um in die Bar zu gehen.

 

 

Wütend starrte Hudson auf sein Bett, wo sich die Klamotten stapelten. Am liebsten wäre er postwendend nach Hause zurückgekehrt, doch die Warnung dröhnte noch in seinen Ohren und diesmal meinte sein Vater es wirklich ernst. Verdammt ernst. Das hatte auch die Nachricht gezeigt, die sein Vater für ihn in der Bar hinterlegt hatte. Statt eines dritten Drinks hatte der Barkeeper ihm wortlos den Ausdruck hingehalten.

Er ballte die Faust, als er nur daran dachte.

„Hudson, es reicht. Ab in deinen Bungalow und pack dein Zeug für morgen. Wenn du bei der Abfahrt besoffen bist, gilt das als Abbruch und was dann passiert, weißt du. Das Gleiche gilt, wenn du die Tour vorsätzlich sabotierst. Wir lieben dich, aber langsam musst du erwachsen werden. Immerhin wirst du demnächst 27 Jahre. Gruß Mum und Dad.“

 

Zornig versetzte er dem Koffer einen Tritt, aber außer dass sein Fuß danach wehtat, brachte das gar nichts. Er war in einer verflucht miesen Situation und würde sich wohl fügen müssen. Also musste er packen. Aber was? Wie sollte er seine Sachen so reduzieren, dass sie in die für die Tour vorgegebenen Gepäckstücke passen. Ein Rucksack und ’ne kleine Reisetasche. Das konnte doch nicht gut gehen. Vielleicht sollte er erst mal die Sachen aufs Bett legen, die unabdingbar waren.

Einige Zeit später war das Bett voll und die Taschen leer. Geholfen hatte es nicht wirklich. Immerhin hatte er den maßgeschneiderten weißen Anzug schon mal in den Schrank gehangen. Bei dem ganzen Staub und Sand würde der Stoff nur leiden.

Na gut, gestand er sich ein, er bräuchte auch die enge schwarze Lederhose nicht. Dafür war es einfach zu warm. Wenn die Hose dabliebe, könnte er das taillierte weiße Hemd auch dazuhängen. Nach und nach kamen noch ein paar Dinge dazu, bis der Berg auf dem Bett doch merklich geschrumpft war.

Hudson war ganz zufrieden und langsam kam die Müdigkeit durch. Er begann die Sachen in die Koffer zu packen und stellte zufrieden fest, dass es dazu nur drei von ihnen brauchte. Ein vierter kam hinzu für Schuhe und Sonnenbrillen und das Kosmetikzeug passte in den Rucksack.

Als er alles verstaut hatte, ließ er sich aufs Bett fallen und schlief fast sofort ein.

 

***

 

Wie es weitergeht, könnt ihr bald auf Amazon erfahren …

 

Impressum

Texte: Neela Faye, Eve Flavian
Bildmaterialien: Hollywood © oscity – fotolia.com Hände © frankie's – fotolia.com Jeep © spiritofamerica – fotolia.com Trenner Clker-Free-Vector-Images– pixabay.com
Lektorat: Bernd Frielingsdorf
Tag der Veröffentlichung: 05.08.2016

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