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27. Kapitel: „Und wieso siehst du ihn dann so an, als wäre er dein Napf voll Futter…“



Die Mannschaft gewann mit 3:2 gegen die Mannschaft vom Knoxville College. Es war gar nicht so einfach für die Mannschaft gewesen, die Tore zu erzielen, denn die Gegner hatten sehr defensiv gespielt, jedoch, trotz allem, schnelle Konterangriffe gestartet wenn sich die Chance geboten hatte. Nur knapp hatten die Jungs es geschafft das entscheidende Tor zu schießen. So war in der 89. Minute das Spiel zwar entschieden gewesen, der Trainer war jedoch nicht zu 100% zufrieden gewesen mit der Leistung seiner Spieler.
Wie so oft, stand Sam in der Kabine, während der Coach eine seiner berüchtigten Ansprachen hielt. Dabei ging es um Zusammenhalt, um Fairness, welche ein wenig gelitten hatte in dieser Zitterpartie, aber auch um Kampfgeist und Motivation. Nach diesen paar Wochen, in welchen die Jungs bisher alle Spiele bis auf das Erste gewonnen hatten, hatte Sam gemerkt, dass auch ihr Stresspegel langsam anstieg. Bald würden die Vorrunden vorbei sein und die Playoffs beginnen und diese würden die letzten für einige der Spieler sein. Darunter auch Kyle, denn er hatte selber nur noch ein Semester vor sich, was bedeutete, dass er kein Teil der Mannschaft mehr sein würde im nächsten Sommer. Doch auch für einige der anderen Spieler wäre dies die letzte Möglichkeit, die Playoffs zu gewinnen und den begehrten Pokal endlich mit nach Hause zu nehmen. Sie waren die letzten Jahre zwar durchaus sehr gut gewesen und hatten es auch immer unter die letzten drei geschafft, doch lastete der Druck, endlich einmal erfolgreich ins Ziel einzulaufen, schwer auf ihnen.
„So jetzt wascht euch, denn ihr stinkt! Heute Abend geht die erste Runde auf mich. Trotz allem habt ihr da draußen gekämpft und das soll nicht unbemerkt bleiben. Für die nächsten Spiele müssen wir uns zwar etwas überlegen, aber das soll heute nicht mehr unsere Sorge sein!“ beendete der Coach seine Rede und verließ einige Sekunden später die Umkleidekabine. Kaum war es aus der Tür draußen, löste sich die Stimmung, wie bei jedem anderen Mal auch, und die Jungs begannen miteinander zu scherzen, High Fives zu verteilen und dumme Sprüche zu reißen.
„Sam alles in Ordnung mit dir?“ fragte Goalie sie, als Sam nicht in die Feierlaune mit einstieg. Stattdessen hatte sie Kyle beobachtet, der es so perfekt beherrschte so zu tun, als wäre niemals etwas gewesen. Er sprach normal mit ihr, machte immer noch seine Scherze, dennoch bemerkte sie, dass er ein klein wenig Abstand nahm, was jedoch auch damit zusammenhängen konnte, dass sie selber etwas steif war, wenn er in der Nähe war. Es war nicht sonderlich auffällig, da er immer noch sehr oft in ihrer Nähe war und auch sehr locker mit ihr umging, doch Sam merkte einfach, dass er zumindest ab und zu versuchte, sie in Ruhe zu lassen. Sie hatte keine Erfahrungen mit solchen Situationen und während ihr die Schamesröte regelmäßig ins Gesicht stieg, wenn einer der Jungs erzählte, er hätte mit irgendeinem Mädchen eine schnelle Nummer geschoben, lachte Kyle mit und würdigte Sam dabei keines Blickes. Ihr hingegen stiegen sofort wieder die Bilder zu Kopf, von dem Abend, als Kyle sie geküsst hatte. Es ließ sie nicht mehr los und obwohl Janine und Henry ihr sehr wohl erklärt hatten, wie man so tat als wäre nichts geschehen, schaffte es Sam nicht, so unbekümmert mit Kyle umzugehen wie vor diesem Erlebnis.
Sie ärgerte sich im Stillen über sich selbst, weil sie sich wie ein kleines Mädchen benahm, welches keinerlei Erfahrungen hatte. Das sie keine Erfahrungen hatte, stimmte zwar, doch war sie bei weitem kein kleines Mädchen mehr. Was hatte sie denn erwartet? Er hatte ihr ja gesagt, dass es nichts zu bedeuten gehabt hatte und auch, dass er es nicht geplant hatte. Es war ihr auch wesentlich lieber so, denn jetzt musste sie sich eigentlich nicht weiter damit auseinander setzen, doch irgendwie störte sie an der momentanen Situation etwas. Und zwar ganz gewaltig. Die Tatsache, dass Kyle so tat, als wäre sie wie all die andren Mädchen auch. Klar, sie hatte zugestimmt, dass beide so tun sollten, als wäre nichts geschehen, doch kein Mensch konnte so tun, als wäre solch ein Kuss nicht passiert! Nicht wenn er irgendwie doch so perfekt gewesen war.
„Sam??“ fragte Goalie erneut und Sam ertappte sich dabei, wie sie Kyle anstarrte, der gerade sein T-Shirt ausgezogen und damit nach Simmons geschlagen hatte. Dieser war schnell zur Seite gesprungen, hatte dabei jedoch Danny erwischt, der jetzt auf seinem Arsch landete.
„Ja?“ sagte sie kopfschüttelnd und konzentrierte sich voll und ganz auf den Riesen, der vor ihr stand. Wohl gemerkt, war er äußerst attraktiv doch obwohl er seine Hand an Sams Arm hatte, weil er dadurch die Aufmerksamkeit auf sich hatte ziehen wollen, spürte Sam nicht mal annäherungsweise das Kribbeln, welches sie verspürte wenn die elende Bastard fünf Meter entfernt dies tat. Natürlich war Kyle kein Bastard, doch hatte Sam das Gefühl, dass sie ihn als solchen bezeichnen musste, schließlich war einzig und alleine er schuld daran, dass ihre Freundschaft nicht mehr die war, die so noch vor einigen Tagen gewesen war.
„Du scheinst irgendwie abwesend…“ stellte Goalie mit einem Lächeln fest und sah dann in die Richtung, in die sie kurz vorher noch die ganze Zeit gestarrt hatte.
„Irgendwas besonderes, was deine Aufmerksamkeit auf sich zieht?“ fragte er dann und lachte dabei, während Sam sich ertappt fühlte und spürte, wie sie erneut rot im Gesicht wurde.
„Nein, gar nichts!“ sagte Sam etwas zu schnell und sorgte so dafür, dass Goalie misstrauisch wurde.
„Sam, Sam , Sam…du bist nicht die Erste, die unserem Stürmer verfallen ist und wirst auch nicht die letzte sein, aber denke immer daran, Kyle wird immer Kyle bleiben!“ erklärte ihr Goalie und obwohl seine Worte eigentlich von warnender Natur waren, so wurde Sam das Gefühl nicht los, dass er sie auf die Schippe nahm. Sie antwortete, nachdem sie erst einmal bis drei gezählt hatte, um nicht wieder zu voreilig zu wirken.
„Dir ist schon klar, dass das was du da gerade sagst, Bullshit ist, oder?? Ich bin eurem Stürmer nicht verfallen!“ das letzte Wort zog sie ein wenig in die Länge und legte somit die Betonung darauf. Sie war vielleicht vieles: Überrascht von Kyles Verhalten. Ein wenig enttäuscht von Kyles Verhalten. Sie fühlte sich vielleicht sogar ein wenig hingezogen zu ihm, was wohl aber wirklich nur daher rührte, dass sie von ihm ihren ersten Kuss erhalten hatte, aber verfallen? Nein, verfallen war sie ihm mit Sicherheit nicht.
„Und wieso siehst du ihn dann so an, als wäre er dein Napf voll Futter, du kommst jedoch nicht hin, weil du angekettet bist?“ fragte Goalie weiter.
Statt zu antworten, sagte Sam „An dir ist echt ein Künstler verloren gegangen. Wie du mit Worten umgehen kannst!!!“ sie sah ihn bewundernd an dabei und verursachte so ein Lachen.
„Sam, du bist heute mal wieder Miss Strahlend! Ich habe noch niemals eine Frau kennengelernt die so griesgrämig und dabei gleichzeitig so cool sein kann.“
Goalie schlug ihr spielerisch gegen die Schulter und wandte sich dann ab von ihr, um unter die Dusche zu gehen.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das als Kompliment ansehen soll!“ rief sie ihm hinterher. Sie war sich sicher, dass er sie noch gehört hatte, denn sie hörte sein schallendes Gelächter obwohl er bereits im anderen Raum war.

Über was unterhielten sich die zwei so angeregt? Kyle fragte sich ernsthaft, was zwischen den beiden abging. Vielleicht war ja Goalie der Mann gewesen, von dem die Frauen gesprochen hatten? Goalie jedenfalls lächelte Sam die ganze Zeit verführerisch an, während Sam eine Miene zog, als wären zehn Tage Regenwetter angesagt. Trotzdem, er kannte Sam. Diese Miene musste nicht viel bedeuten! Als Goalie plötzlich in schallendes Gelächter ausbrach und Sam gegen die Schulter schlug, sich dann abwandte, während Sam ihm hinterher rief, dass sie sich nicht sicher war, ob sie dies als Kompliment ansehen solle, fragte sich Kyle was er nur verpasst hatte.
Er hatte versucht Sam zu zeigen, dass er durchaus fähig war, so zu tun als wäre nichts geschehen, doch war er sich sicher, dass er es nicht sonderlich gut hinbekam. Ständig ertappte er sich dabei, wie er suchend seine Augen über die Tribünen hatte fahren lassen, nur um nachzusehen, ob Sam noch da war. Oder dass er in einem Raum saß, stand, oder was auch immer, und plötzlich ihre Nähe suchte. Er wusste zwar nicht was mit ihm los war, doch hatten diese Dinge seinen Drang nur noch verstärkt und er war sich sicher gewesen, dass eine kleine aber kurze Affäre genau das Richtige wäre, für diese Situation.
Er konnte sich zwar, bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen, dass er eine finden würde, die sein Interesse wecken könnte, doch würde er sich einfach bemühen. Vielleicht wäre eine der Cheerleader gut, die sie auf diesem Trip begleiteten. Einige von ihnen hatten ihm bereits mitgeteilt, wie schade sie es fanden, dass Kyle momentan so Abstinent lebte und bekundeten gleichzeitig ihr Interesse daran, ihm zur Verfügung zu stehen sobald er diese Phase überwunden hätte. Kyle hatte nur gelächelt und den Mädchen gesagt, dass er sich dann schon selbst eine suchen könne, wenn es soweit sein würde, doch hatte er ihr Angebot im Hinterkopf behalten.
Er sah, wie Sam mittlerweile ein wenig verloren im Raum stand, weil die meisten mittlerweile unter der Dusche standen und er entschied sich dafür, ihr ein wenig Feuer unterm Hintern zu machen und sie daran zu erinnern, dass hier kein Mann fürs Leben zu angeln war. Zumindest hatte er dies in ihren Blick interpretiert, als sie Goalie hinterher gesehen hatte. Er hatte nur noch seine Boxershorts an und schnappte sich ein Handtuch und Duschgel, damit er danach gleich duschen gehen könnte und schlich sich dann von hinten an Sam heran. Die bekam gar nichts mit, sie schien vollkommen in Gedanken und Kyle wurde das Gefühl nicht los, das Janine und Sam tatsächlich über Goalie gesprochen hatten. Er spürte den ihm bekannten Groll gegen den Keeper erneut ein wenig auflodern. Mittlerweile waren auch die letzten Jungs verschwunden und so standen Sam und Kyle alleine im Raum, was Kyle auch prompt nutzte. Er ging einige Schritte von hinten auf Sam zu und zog sie anschließend mit einem Ruck an seine Brust. Er spürte genau wie sie in dem Moment erschrak, sagte jedoch sofort, damit sie sich beruhigte „Keine Angst, ich bins nur!“ doch flüsterte er die Worte mehr, als das er sie laut aussprach und dabei hatte er seinen Kopf gesenkt und sich ihrem Ohr genähert.
Er spürte wie sie sich ein wenig entspannte, jetzt da sie wusste, dass sie nicht schon wieder überfallen wurde, doch Kyle wusste schon jetzt, was in ihrem Kopf vor sich ging und sogleich sprach sie die Worte aus, die er vermutet hatte.
„Was willst du von mir? Rück mir nicht so auf die Pelle!“ Anstatt sie loszulassen, drückte Kyle sie noch ein wenig enger an sich und spürte sofort, wie sich in seinem Inneren ein Verlangen anbahnte, welchem er jedoch widerstehen musste. Das hier tat er lediglich, um Sam zu ärgern, nicht um seine Lust zu befriedigen. Dennoch ärgerte ihn seine Reaktion ein wenig.
„Wie geht es dir?“ fragte er Sam, während ihr Rücken an seinen Bauch und Oberkörper gepresst wurde. Perfekt schmiegte sich ihr Körper an den seinen und er musste aufpassen, um ihr nicht zu zeigen, wie offensichtlich sie ihn anmachte.
„Kyle jetzt hör schon mit dem Unsinn auf….“ Sagte Sam, rührte sich jedoch nicht vom Fleck, obwohl sie ihn mit einem Bodycheck mit Sicherheit umschmeißen hätte können.
„Ok, dann gleich zum Thema. Du weißt ja, die Jungs hier sind nichts für dich…“ sagte er jetzt und entschied dann, sie loszulassen, da sie ansonsten doch sehr schnell mitbekommen würde, in welche Situation sie ihn brachte. Er ließ sein Handtuch in seine Hand fallen und verdeckte damit seinen Ständer. Ok, man musste ganz klar sagen, dass war seine eigene Schuld gewesen. Eigentlich hatte er ihr einen Streich spielen wollen, doch wusste er jetzt im Moment nicht einmal mehr, wie genau dieser Streich hätte ablaufen sollen.
„Das höre ich seltsamerweise heute nicht zum ersten Mal!“ sagte Sam und Kyle musste erstmal scharf nachdenken was sie meinte. Oh Klar. Er hatte zu ihr gesagt, dass die Spieler nichts für sie wären.
„Ich frage mich nur, weshalb ihr das Bedürfnis verspürt mir dies immerzu zu sagen, schließlich bin ich nicht bescheuert. Also Kyle bevor das hier wieder in die falsche Richtung läuft, geh ich mal lieber. Wir sehen uns dann heute Abend.“ Und schnell ging sie davon, ohne noch einmal zurück zu blicken, worüber Kyle mehr als nur glücklich war, denn er war gerade dabei sich mental in den Hintern zu treten. Wie bescheuert musste er eigentlich sein? Er wusste genau wie er auf Sam im Moment reagierte und hatte sich absichtlich in diese Lage gebracht. Tief in ihm drinnen wusste er jedoch ganz genau was ihn dazu getrieben hatte, nämlich genau dieses Wissen. Die Wirkung die Sam auf ihn hatte, wurde für ihn langsam zu einer Art Sucht obwohl er wusste, dass das gefährlich war. Nicht umsonst, hatte er Sam den ganzen Tag schon immer wieder einen Arm um die Schultern geschmissen, oder ihre Hand kurz in die seine genommen. Es war der Kick, den er verspürte, wenn sie in seiner Nähe war.

Sams Hände zitterten, als sie die Tür von außen schloss und schnell den Gang entlang nach draußen eilte, wo sie in ein Taxi stieg und zu ihrer Unterkunft fuhr. Wieso tat Kyle das? Ihr war durchaus bewusst gewesen, dass er sie ein wenig neckte in den letzten beiden Tagen, seitdem der Kuss geschehen war, doch sah er offenbar nicht, was er ihr damit antat. Jetzt da sie einmal von der Lust gekostet hatte, die nur durch einen simplen Kuss verursacht werden konnte, hatte sie das Gefühl nicht genug davon zu bekommen. Sie glaubte in diesem Moment selber nicht, was ihr durch den Kopf ging, aber vielleicht war es an der Zeit sich einen Typen zu angeln. Sich einen zu suchen, der vielleicht sogar der Richtige sein konnte?! Was machte Kyle nur mit ihr? Verursachte dieses unglaubliche Kribbeln in ihrem gesamten Körper, er schaffte es ihre Beine weich zu bekommen und ihr Gedanken von Männern in den Kopf zu pflanzen, die sie kennenlernen wollte nur um endlich ihre Unschuld zu verlieren!
Sie stöhnte genervt auf und bemerkte dann erst, dass der Taxifahrer sie durch den Rückspiegel beobachtete. Ihr Gesicht war sicherlich noch gerötet und sie hob ihre Hand an, um sich an die Wange zu fassen. Dann blickte sie aus dem Fenster, weil sie den Blicken des Fahrers ausweichen wollte und überlegte, was sie als nächstes tun sollte. Sie wollte schließlich Kyle nicht verlieren doch früher oder später würde er merken, wie es Sam erging, wenn er ihr zu Nahe kam und dies wäre ihm dann mit ziemlicher Sicherheit unangenehm. War sie wirklich bereit dafür, sich auf eine Beziehung mit einem Fremden einzulassen? Sie wusste sehr wohl, dass es schnell gehen musste, denn schließlich sahen sie und Kyle sich beinahe täglich und die letzten beiden Tage waren definitiv die Hölle gewesen für sie. Vielleicht sollte sie einfach heute Abend einmal zusehen, ob sie vielleicht jemanden fand, mit dem sie zumindest mal ein wenig Spaß haben konnte. Der sie ablenken konnte von den Wirrungen in ihrem Leben. Der ihr Kyle aus dem Kopf prügeln konnte.
„13$ bitte.“ Sagte der Taxifahrer plötzlich und Sam stellte fest, dass sie sich bereits vor dem Hostel befanden, in welchem die Mannschaft und die Cheerleader diesesmal untergekommen waren. Sie reichte ihm 15 und stieg dann aus, betrat das Hostel und ging gleich auf ihr Zimmer zu. Sie hatte das Glück gehabt, ein Einzelzimmer zu erhalten, das aber auch nur, weil keine der Cheerleader ein Zimmer mit ihr hatte teilen wollen. Wahrscheinlich stachelten Jeniffer und die anderen Mädchen den Rest an, sich von Sam fernzuhalten. Diese musste jedoch zugeben, dass ihr das nur allzu Recht war denn am liebsten, wollte sie gar nichts mit den Mädchen zu tun haben.
Sie betrat ihr Zimmer und setzte sich sogleich an den Artikel, den sie so schnell wie möglich fertig bekommen wollte, damit sie später noch genug Zeit hatte sich fertig zu machen. Sie war heute Abend zwar nicht scharf darauf, Party zu machen, vor allem da sämtliche Cheerleader mit am Start sein würden, aber wenn sie ihren Plan in die Tat umsetzen wollte und sich zumindest mal im Flirten üben wollte, dann musste sie endlich tätig werden.
Kyle hatte sich den restlichen Tag von Sam ferngehalten, auch wenn er irgendwie ein schlechtes Gewissen hatte, dass er nicht einmal angeboten hatte ihr bei dem Artikel zu helfen. Doch das, was in der Umkleidekabine geschehen war, hatte ihn zu sehr aufgewühlt, als dass er gleich wieder auf das Pferd hätte steigen können. Er hatte gewusst, welche Reaktion er auf Sam hatte, er wusste auch, weshalb er es dennoch nicht lassen konnte sich in ihrer Nähe aufzuhalten, doch so krass wie heute Nachmittag, war es bisher noch nicht gewesen. Da er jedoch auf Nummer Sicher gehen wollte, hatte er sich heute mal zu einer netten Dame namens „Candy“ gesetzt, die es sich an der Bar gemütlich gemacht hatte. Sie hatte ihm erzählt, dass sie zwanzig sei, vor kurzem erst eine längere Beziehung beendet hätte und jetzt einfach etwas Lockeres wollte. Keine Aussage die man machte, wenn man nur nett plaudern wollte, das war Kyle klar. Diese Frau, die ihm gegenüber saß war eindeutig auf der Suche nach einem Abenteuer, doch desto länger er sich mit Candy (er bezweifelte, dass das ihr richtiger Name war!) unterhielt, desto weniger Interesse hatte er an ihr. Er hatte Sam gesehen, als sie die Bar betreten hatte und hatte sie seitdem immer wieder im Auge gehabt, doch hatte er sich vorgenommen, sie heute Abend einfach nur zu ignorieren. Nicht weil er ihr damit weh tun wollte, oder er sie ärgern wollte, nein. Eher aus dem Grund, weil er keinen Mist bauen wollte und das würde zwangsläufig geschehen, wenn er sich nicht zurückhielt. Er musste seine Selbstbeherrschung endlich wiedererlangen, schließlich war er kein kleiner pubertierender Junge mehr. Das konnte ja wohl nicht so schwer sein. Also konzentrierte er sich auf Candy, obwohl diese ihm, eine halbe Stunde später, nur noch auf die Nerven ging. Ihre üppige Oberweite schien ihm ständig zu Nah zu kommen, ihre Stimme hörte sich an als würde jemand Holz sägen und ihre Manikürten Fingernägel streiften einige Male zu oft über seinen Oberarm. Er ließ den Blick durch die Bar gleiten und entdeckte Sam bei den Jungs. Sie waren gerade dabei eine Runde Tequila Shots zu bestellen und als Kyle das sah, sprang er auf und rettete sich vor Candy, die ihn fragte wo er denn hinwolle.
„Ich bin gleich zurück, Süße!“ antwortete er, lief dann jedoch, als würde sein Leben davon abhängen davon. Er setzte sich zu Simmons, der gegenüber von Sam saß und sagte „Für mich auch noch einen!“ zu der Bedienung, dann blickte er in die Runde. Die Jungs unterhielten sich gerade angeregt über ihre verrücktesten Eroberungen und abgefahrensten Nächte und lachten sich halb schlapp, als Kevin erzählte, dass er einmal nackt nach Hause hatte gehen müssen, weil die zwei Mädchen, die ihm einen Dreier vorgeschlagen hatten, ihn kurzerhand aus dem Auto geschmissen hatten und samt Geldbeutel, Handy und Klamotten davon gebraust waren.
„Versucht ihr mal einer Polizeistreife zu erklären, dass ihr kein Perverser seit, sondern dass ihr bestohlen wurdet! Dass ihr das Opfer hier seid!“ erläuterte Kevin in diesem Moment und der gesamte Tisch brach in schallendes Gelächter aus. Kyle sah kurz zu Sam hinüber, die ebenfalls lachte als gäbe es kein morgen mehr. Sie bemerkte nicht, dass er sie beobachtete, doch er schaffte es nicht, seinen Blick abzuwenden. Sie erschien ihm so unschuldig und gelöst in dieser Runde, so ganz anders wie sie sonst war. Gelöst war sie zwar auch bei ihm einige Male gewesen, doch hatte sich dies geändert, seitdem er den Fehler begangen und sie geküsst hatte.
„Erde an Kyle!“ hörte er jemanden rufen und sah auf.
„Ja?“ fragte er irritiert, denn er hatte gar nicht mitbekommen, dass sich alle schon wieder beruhigt hatten.
„Du hast doch zum Thema Dreier auch etwas zu erzählen, oder?“ sagte Kevin in seine Richtung und ignorierte geflissentlich, dass Kyle eine Sekunde vorher noch ganz woanders gewesen war. Als Kyles Blick auf Martin fiel, der neben Sam und Goalie saß, fühlte er sich dennoch ertappt, denn Martin lächelte, als wüsste er etwas.
„Das erzähl ich nicht, das ist mehr peinlich, als alles andere!“ sagte Kyle und fühlte sich sichtlich unwohl.
„Ach und ist es nicht peinlich, dass ich drei Kilometer nackt auf einer einsamen Straße umhergewandert bin, bis jemand die Polizei eingeschaltet hat, die mich dann festgenommen hat?“ fragte Kevin.
„Ist ja ok…“ sagte Kyle nachgiebig und lehnte sich ein wenig zurück. Genau in dem Moment in dem er mit seiner Story beginnen wollte, die Geschichte in der er auch Sam zum ersten Mal gesehen hatte, unterbrach ihn die Kellnerin die mit einem Tablett voller Shots an den Tisch getreten war. Auf jedem dieser Shots befand sich eine Zitrone und die Kellnerin stellte das Tablett einfach in die Mitte des Tisches, so dass sich jeder selbst bedienen konnte. Jeder nahm sich einen und erst in diesem Moment fiel Kyle auf, dass der Coach noch gar nicht da war.
„Hey Leute, wo ist eigentlich Coach K?“ fragte er in die Runde.
„Der meinte, er würde etwas später kommen da er noch etwas privates zu erledigen hätte…“ antwortete Sam und wirkte dabei so schüchtern, wie er sie noch nie gesehen hatte. Er blickte in ihre Richtung und sah, dass sie ihm nur kurz in die Augen sah, bevor sie den Blick wieder abwandte. Was ging denn hier ab? Vielleicht war die Aktion am Nachmittag doch zu heftig für sie gewesen und sie hatte mitbekommen, welche Reaktionen er auf ihre Nähe zeigte.
„Ok, und wann genau wollte er da sein?“ fragte er sie erneut über den Tisch hinweg.
„Keine Ahnung, er meinte nur er würde nachkommen…“ antwortete sie schnell und ergriff dann ihr Glas. Vollkommen gewandelt sprach sie die nächsten Worte.
„So Jungs, auf euch! Die Hälfte des Weges zur Playoffs Qualifikation liegt hinter euch, auf die nächste Hälfte und dann den Sieg!!“ sagte sie und hob ihr Glas an, ließ den Inhalt in ihren Mund wandern und biss anschließend von ihrer Zitrone ab, die sie zum Schluss in das leere Glas gleiten ließ.
Der Rest tat es ihr nach und kurze Zeit später, waren alle Shots vernichtet und die Jungs noch gesprächiger.
„So Kyle, wie wärs. Du hast deine Story immer noch nicht erzählt…“ sagte Kevin, dieser Mistkerl und lächelte seinen Kumpel frech an. Also begann Kyle ihm von dem Abend zu erzählen, als er Sams Zimmernachbarin aufgerissen hatte, wie auf einmal dieser Hulio oder wie der Typ geheißen hatte aufgetaucht war und wie er im Waschraum des Mädchenwohnheims gelandet war, nackt. Seltsamerweise hatte er nicht das Bedürfnis den Jungs zu erklären, dass er in der gleichen Nacht noch Sam kennengelernt hatte, die jetzt so was wie seine beste Freundin war. Die beste Freundin auf die er zwar scharf war, aber wer nahm es denn damit schon so genau? Sam war jedoch irgendwann aufgestanden und einfach gegangen, während die Mannschaft sich über Kyles Story schlapp gelacht hatte. Als Kyle mit seiner Erfahrung endete wanderte sein Blick durch die Bar und er entdeckte Sam, die doch tatsächlich bei einem Typen stand, der ihr gerade ein Bier ausgab. Sie lächelte über irgendwas, was der Kerl ihr erzählte und Kyle legte die Stirn in Falten.
„Was ist los?“ fragte Simmons ihn von der Seite, während die restlichen Jungs sich über die Cheerleader unterhielten und wer welche bekommen sollte. Die Mädchen selber waren noch nicht eingetroffen, doch das war für die Mannschaft nichts neues, denn schließlich war es schon immer so gewesen.
„Nichts….kennst du den Typen?“ fragte Kyle Simmons und dieser sah über Kyles Schulter zu Sam, wo der Kerl stand.
„Ich bin mir nicht sicher, aber ist das nicht der Kerl, der den Artikel für unsere gegnerische Mannschaft schreibt?“ fragte Simmons mehr, als dass er antwortete doch jetzt da er es sagte, kam der Typ ihm auch bekannt vor. ‚Na super, Reporterin trifft Reporter’ dachte sich Kyle und sah das Grauen schon kommen. Nur weil Sam sich in den letzten Wochen zurückgehalten hatte bei den Männern, bedeutete ja nicht, dass sie es immer tun würde und so befürchtete Kyle, dass sie gerade einen Typen auserkoren hatte. Er beobachtete die beiden ein wenig und stellte fest, dass der Kerl ziemlich reserviert wirkte. Klar er lächelte und auch Sam schien die Unterhaltung zu genießen, doch passte der Typ einfach nicht zu Sam. Sie brauchte jemanden der sie forderte, sie aus ihrem Schneckenhaus herauslockte und sie an ihre Grenzen trieb. Kyle bezweifelte stark, dass dieser Mann dort drüben diese Dinge schaffen würde. Er zwang sich dazu, seinen Blick abzuwenden und entdeckte Candy, die immer noch auf ihn wartete, an der Bar. Sie sah zu ihm hinüber und lächelte ihn an. Auch wenn Candy sicherlich ein wenig dumm war und etwas zu offensiv an die Sache mit Kyle ranging, so war sie doch im Grunde genommen eine nette Frau, die einfach nur ein wenig Ablenkung suchte. Genau dasselbe, was auch Kyle suchte. Warum also zum Teufel noch mal, saß er hier bei seinen männlichen Fußballkollegen, anstatt bei der heißen Frau an der Bar zu sitzen?
Sein Blick wanderte ungewollt wieder zu Sam hinüber, die gerade eine Hand auf den Arm des Typen gelegt hatte und herzlich lachte. Deswegen.

28. Kapitel: „Das ist ein absolut bescheuerter Plan…“


Eine Woche später hatte sich alles wieder einigermaßen beruhigt und so stand Sam am Spielfeldrand und beobachtete die Rückrunde gegen die Mannschaft von Knoxville. So spannend es beim ersten Spiel gewesen war, so klar war der Sieg ihrer eigenen Mannschaft heute. Kyle und die anderen Jungs waren in Topform und gaben den Knoxville Jungs in keinster Weise eine Chance. Der Sieg war schon so gut wie in der Tasche.
Was jedoch noch nicht so gut wie in der Tasche war, waren Sams Gedanken und deren Ordnung. Seit einer Woche, sah sie Kyle täglich. Mal besuchte er sie in der Wohnung, oder er lud sie, natürlich mit den anderen Jungs, ins Kino ein, mal überredete er sie dazu, einen Spaziergang mit ihm zu machen. Jawohl, einen Spaziergang! Mit solch einem Humbug hatte sie noch nie etwas anfangen können und sie war sich ziemlich sicher, dass auch Kyle nichts damit anfangen konnte, doch wusste sie nicht, was in seinem Kopf vor sich ging. Sie konnte es sich noch nicht einmal vorstellen! Sie hatte zwar irgendwie das Gefühl, dass er sie nicht aus dem Auge lassen wollte, sicher war sie sich jedoch nicht. Gestern hatte sie ihn beispielsweise gerade noch davon abhalten können, sich für die Nacht in ihrem Wohnzimmer breit zu machen!
„Warum kann ich nicht hierbleiben? Wäre ja nicht das Erste Mal!“ hatte er gesagt, als sie ihn aufgescheucht und mit dem Kissen in Richtung Tür gejagt hatte.
„Weil du, mein lieber, heute in der Früh um acht Uhr auf der Matte gestanden bist und mich zum Frühstücken eingeladen hast, mich Mittags dazu überredet hast dir beim Training zuzusehen weil du gesagt hast, du bräuchtest jemanden der deine Zeit stoppt, dann hast du mich am Nachmittag dazu gebracht mit dir shoppen zu fahren, wobei ich selber viel zu viel Geld für mich ausgegeben habe und du dich nun, seit sieben Uhr in meiner Wohnung breit machst und jetzt sogar den vierten Film ansehen möchtest! Ich will nur noch duschen und ins Bett und du mein lieber, störst mich dabei!“ hatte Sam ihm erklärt und ihn dabei immer weiter zur Tür getrieben.
„Was ist denn dabei? Ich wollte einfach nur Zeit mit dir verbringen, schließlich sind wir ja Freunde!“ hatte er unschuldig geantwortet und war dabei stehen geblieben.
„Freunde ja! Aber wir müssen doch nicht tagtäglich jede freie Minute aneinander hängen! Gestern hast du mich sogar dazu überredet nach Northbrook zu fahren, weil es nur dort deine Lieblingsmarmelade gab!!!“ hatte Sam weiter erklärt, doch Kyle schien den Knackpunkt ihrer Argumentation noch nicht so ganz verstanden zu haben.
„Magst du es etwa nicht, Zeit mit mir zu verbringen?“ hatte er gespielt empört gefragt und sich an die Tür gelehnt.
„Nein Kyle, ich mag es schon Zeit mit dir zu verbringen, nur gibt es Dinge, die ich ohne dich erledigen muss. Schließlich sind wir kein verheiratetes Pärchen! Ich möchte gerne endlich mal in Ruhe baden, ohne dass du an meine Tür klopfst und fragst wie lange ich noch brauche, oder Janine! Die hat auch schon gefragt, wann sie mal wieder vorbei kommen kann, aber du würgst das alles ja ab! Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde ich sagen, dass du entweder was angestellt hast und meinst es damit wieder gut zu machen ODER du bist doch ein psychopathischer Stalker, was mich mehr als nur enttäuschen würde ODER du willst nicht, dass ich alleine in meiner Wohnung bin. Wenn du mir also dein Verhalten lieber nicht erklären möchtest, gehst du jetzt, damit ich meine wohlverdiente Dusche genießen kann und wir sehen uns morgen zum Spiel!!“
Da Kyle offenbar tatsächlich nicht scharf darauf gewesen war, Sam sein Verhalten zu erklären war er abgedampft und hatte sie heute dafür in Ruhe gelassen. Bereits zu Beginn des Spiels, als sie sich mit Derek unterhalten hatte, hatte er sie einfach ignoriert und sie fragte sich, ob sie gestern vielleicht doch zu hart gewesen war. Nein war sie nicht! Seit einer Woche, spielte er verrückt. Seit der Sache in der Umkleidekabine war es beinahe undenkbar irgendetwas ohne ihn zu erledigen. Am Montag war es sogar soweit gekommen, dass Kyle raufgekommen war um Sam zu fragen, ob er ihr etwas aus dem Supermarkt mitbringen solle. Als sie sagte sie bräuchte Zucker und Milch war er plötzlich auf die Glorreiche Idee gekommen, sie könnten doch einfach gemeinsam gehen! Eine Chance nein zu sagen, hatte sie nicht gehabt, denn er hatte sie so aus ihrer Wohnung gezerrt, wie sie die Tür geöffnet hatte. Zum Glück hatte sie ihre Schuhe immer noch getragen, ansonsten hätte sie vermutlich barfuss gehen müssen. Doch was war dann mit ihm los? Die letzten Male, hatte er sich vorher noch mit Sam unterhalten, hatte seine Scherze gemacht und sich so abgelenkt, doch dieses mal war er einfach Kommentarlos an ihr vorbei gegangen. Sie hatte Goalie gefragt, ob irgendwas vorgefallen sei, doch der hatte nur den Kopf geschüttelt und seinem Kumpel verwirrt hinterher geblickt.
„Sam? Alles in Ordnung mit dir?“ fragte sie Derek, der neben ihr stand und etwas erzählt hatte. Erst nach einigen Minuten hatte er festgestellt, dass er genauso gut mit einer Wand hätte sprechen können, die hätte vermutlich mehr reagiert als Sam selber.
„Ja klar, alles super!“ antwortete sie ihm und ärgerte sich, mal wieder, über sich selber. Ständig war sie in Gedanken und diese Gedanken drehten sich ständig um Kyle. Die logische Schlussfolgerung daraus war, dass wenn Kyle nicht gerade in ihrer Gegenwart war, er dennoch immer da war und somit verbrachte Sam im Grunde doch jede Minute ihres Tages mit Kyle.
„Also steht die Sache mit heute Abend?“ fragte sie Derek, der sich mehr als nur zu freuen schien. Die ganze Woche über, hatten die beiden sich schon SMS geschrieben, da Derek, obwohl eigentlich Semesterferien waren, einen Kurs besuchte, der nur in diesen angeboten wurde. Dieser war äußerst wichtig für sein Journalistik Studium und so hatten sie eher selten telefonieren können. Kyle wäre ja sowieso jeden Tag dagewesen und so hatte es Sam wesentlich besser in den Kram gepasst, dass Derek ihr geschrieben hatte.
Sie hatte Derek letzte Woche in der Bar kennengelernt und sich von Anfang an blendend mit ihm verstanden. Er war ein netter, höflich und vor allem unkomplizierter Mann, der einfach gerade heraus sagte was er dachte. Sie hatten sich sehr gut unterhalten und auch wenn Dereks Berührungen an diesem Abend eher wie Streicheleinheiten ihres Bruders gewirkt hatten, so hatte er sie zumindest auf andere Gedanken gebracht. Sie war zu ihm hingegen, nachdem Kyle angefangen hatte die Geschichte über Rachel zu erzählen. Das war an dem Abend gewesen als sie ihn kennengelernt hatte. Als sie ihn noch für einen verwöhnten, reichen, komplizierten, launischen, sehr selbstbewussten und viel zu gut aussehenden Schnösel gehalten hatte, der dringend einmal einen Arschtritt brauchte. Heute konnte sie zumindest zwei Sachen wegstreichen. Er war weder verwöhnt, auch wenn gewisse Verhaltensweisen durchaus davon zeugten, dass er ab und an mal etwas zu sehr bemuttert worden war, und er war nicht reich! Nachdem sie also der Geschichte ein wenig gelauscht hatte, war sie aufgestanden und zu Derek gegangen, der desöfteren zu ihr hingeblickt hatte und sie schließlich wortlos aufgefordert hatte, sich doch zu ihm zu setzen. Es hatte sich herausgestellt, dass er sie als die Journalistin erkannt hatte, die die momentane Favoritenmannschaft bei ihren Spielen begleitete. Sie hatten sich jedoch wider erwartend so gut miteinander verstanden, dass sie ihre Nummer ausgetauscht und sich geschrieben hatten.
Dieser blöde Vollidiot von Reporter war doch tatsächlich mitgekommen und trotz Kyles Bemühungen, Sam davon abzuhalten mit ihm in Kontakt zu bleiben, hatten sich die beiden prompt gesehen und gefunden. Kyle war stocksauer gewesen, als er diesen Typen am Spielfeldrand gesehen hatte und war aus diesem Grund einfach nur an beiden vorbei gegangen, ohne wie üblich noch ein paar Worte mit Sam zu wechseln. Die gesamte Woche hatte er jede freie Minute mit Sam verbracht und sie so sehr genossen, wie selten etwas anderes. Es war so einfach seine Zeit mit Sam zu verbringen und es machte beiden noch nicht einmal mehr etwas aus, wenn sie mal nichts zu besprechen hatten. So waren sie bei der Fahrt nach Northbrook über eine Stunde stillschweigend im Auto gesessen und Kyle hatte sich dennoch so wohl gefühlt wie sonst nur mit seiner Schwester Carly oder seiner Mutter! Die Anziehung die Sam auf Kyle ausstrahlte war jedoch nicht geringer geworden. Im Gegenteil. Mittlerweile musste er sich zusammenreißen, sie nicht jeden Moment an ihrem Shirt zu packen, es ihr über den Kopf zu ziehen und sie an die nächstbeste Wand zu drücken. Seinen ursprünglichen Plan, sich mit einem der Mädchen abzulenken, hatte er an dem Abend verworfen, als er Sam mit Derek gesehen hatte. Er war sich sicher, dass dieser Typ kein Mann für Sam war und so hatte er seine Energie lieber darauf verschwendet, sich zu überlegen, wie er Sam und ihm die Suppe versalzen konnte. Schließlich wollte er für Sam nur das Beste und auch für Derek wäre Sam einfach zu schwer zu händeln. Das wusste Kyle mit absoluter Sicherheit.
Anscheinend war jedoch seine sämtliche Mühe umsonst gewesen, denn Derek und Sam verstanden sich prächtig.
Kyle hörte den Schlusspfiff und begann damit, sich langsam auszulaufen, bevor er zu seinem Team zurück kehrte wo sich alle schon gegenseitig gratulierten. Er entdeckte Sam, dieses Mal alleine, am Spielfeldrand und ging auf sie zu. Kurz bevor er bei ihr ankam, gab ihm einer der Ersatzspieler eine Trinkflasche die er dankend entgegennahm. Verschwitzt und schmutzig trat er Sam gegenüber, die ihn anlächelte und sich dann streckte um die Arme um seinen Hals zu legen.
„Herzlichen Glückwunsch Kyle, du warst fantastisch!“
Kyle war ein wenig überrascht, da Sam es die letzten Tage vermieden hatte ihn zu berühren und immer zusammengezuckt war, wenn er aus Versehen, oder auch nicht aus Versehen, irgendwo seine Hände platziert hatte. Er genoss die Umarmung und legte seine Arme um ihren Rücken und hob sie dann ein wenig an, setzte sie dann wieder ab und sagte „Danke, das ist nett vor allem da ich drei Fehlpässe, vier verpasste Torchancen und eine gelbe Karte aufzuweisen habe!“ sagte er lächelnd und löste sich dann von ihr, bevor er es zu sehr genoss in ihrer Nähe zu sein.
Sie standen sich gegenüber, peinlich berührt und schienen nicht zu wissen, was sie sonst sagen sollten. Glücklicherweise kamen Simmons und Goalie auf die beiden zu und retteten die Situation.
„Bekomm ich auch solch eine Umarmung, oder sind die nur für Thompson reserviert?“ fragte Simmons frech und Sam lächelte ihn an, bevor sie auch ihm eine Umarmung schenkte, abschließend war Goalie dran. Jetzt da dieser Derek auf der Bildfläche erschienen war, sah Kyle Goalie plötzlich wieder als guten Kumpel an, während er ihm noch vor knapp einer Woche am liebsten, zumindest für einen kurzen Augenblick, den Kopf abgerissen hätte.
„Wir sehen uns doch später, oder?“ fragte er Sam und diese nickte.
„Ja ich und Derek haben ausgemacht, dass wir uns heute Abend dort treffen!“ sagte Sam und versetzte damit Kyle einen unsichtbaren Schlag, der sich dennoch schlimmer anfühlte als die, die er bisher tatsächlich von ihr kassiert hatte.
„Derek?“ fragte Simmons, der natürlich keine Ahnung hatte, wer das war.
„Ja Derek, der Journalist, der mit der gegnerischen Mannschaft gekommen ist.“ Erklärte Sam und sah sich suchend um. Simmons brachte sie wieder ins Hier und Jetzt.
„Du lässt dich also mit dem Feind ein? Sam, Sam, Sam…das hätte ich nun wirklich nicht von dir gedacht!“ sagte er und legte Sam einen Arm um die Schultern, dann ging er ein paar Schritte mit ihr bevor er wieder stehen blieb und auf die Gegner zeigte, die auf der anderen Seite des Spielfeldes standen.
„Das da drüben, sind unsere Gegner…“ dann drehte er sich mit Sam gemeinsam um und blickte zu der eigenen Mannschaft „Das hier, ist DEINE Mannschaft. Verstehst du? Mit dem Feind zu schlafen hat nur dann etwas Gutes, wenn du es mit dem RICHTIGEN tust. Der poplige Journalist bringt uns gar nichts. Wenn dann musst du ran an die richtig harten Fälle. Der Stürmer zum Beispiel. Am Besten hingegen ist es jedoch, wenn du dir einen von uns aussuchst, zur Motivationssteigerung, wenn du verstehst!“ endete Simmons mit seiner Rede, zwinkerte Sam zu und zeigte auf die zwei Jungs und am Ende auf sich selbst. Sam verschränkte ihre Arme vor der Brust, während Kyle sich einfach zurück hielt, auch wenn er von Simmons Idee rein gar nichts hielt.
„Aber was würde es bringen, mich mit einem von euch Chaoten einzulassen? Die meisten von euch bringen nur Ärger, können ihren Schwanz nicht in der Hose behalten weil sie alles, was bei drei nicht auf einem Baum ist, nageln müssen und…“ sie erhob ihren rechten Zeigefinger und beendete ihren Satz „ihr könnt es sowieso nicht mit mir aufnehmen!“ dann wandte sie sich von ihm ab und ging wieder zu den anderen beiden, die gerade dabei waren, sich ins Fäustchen zu lachen, während Simmons das, was Sam gerade gesagt hatte, verarbeitete. Doch Sam fiel anscheinend noch etwas ein, denn sie drehte sich noch einmal zu ihm und sagte „Ach und nur so nebenbei. Ich habe nicht vor, mit irgendjemandem zu schlafen. Weder mit dem Feind, noch mit einem von euch!“
„Tja Kumpel, ich würd sagen eins zu null für Sam!“ sagte Goalie lachend und wandte sich anschließend wieder an Sam.
„So und jetzt noch mal zum mitschreiben. Du triffst dich also heute Abend mit Derek in unserer Bar?“ fragte er und schien davon ebenfalls nicht begeistert zu sein. Kyle sagte wohlweißlich gar nichts, da er sich zum einen, nicht wie ein Idiot anhören wollte und zum anderen befürchtete er, dass Sam ihm dies übel nehmen könnte.
„Ja ich treffe mich heute Abend mit ihm in der Bar. Problem damit?“ fragte Sam ein wenig pampig doch Goalie hob abwehrend die Arme und sagte nur „Hey, nein ICH hab kein Problem damit!“ Die Betonung war ein wenig zu sehr auf dem ich gelegen und so sah Kyle zu seinem Kumpel hinüber und fragte sich, was er damit meinte.
„Ok, dann hast du ja noch mal Glück gehabt!“ sagte Sam jetzt wieder lachend und verabschiedete sich dann von den Jungs, da sie dringend nach Hause musste.
„Alles klar bei dir?“ fragte Goalie Kyle als Sam außer Sichtweite war, dieser blickte jedoch nur irritiert zu ihm hinüber.
„Klar wieso auch nicht?“ entgegnete er. Goalie bekam jedoch nicht mehr die Möglichkeit darauf zu antworten da Simmons neben die beiden trat, diesesmal ihnen jeweils einen Arm um deren Schultern schmiss und seine eigene Meinung darlegte „Also wisst ihr Jungs, irgendwas gefällt mir an dieser Sache überhaupt nicht!“
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Seitdem Derek sie heute gefragt hatte, ob sie Lust hätte heute Abend etwas trinken zu gehen, saß Sam wie auf Kohlen. Nicht unbedingt, weil sie sich so sehr darauf freute, sondern mehr, weil sie nicht wusste ob sie sich überhaupt darüber freuen sollte! Das Gespräch mit den Jungs heute, war sowieso schon mehr als nur seltsam gewesen und Sam hatte keine Lust, ständig von 20 Augenpaaren darin beobachtet zu werden, was sie tat! Im Moment wäre der wohl schlechteste Augenblick, sich einer festen Freund zu suchen, denn schließlich war sie stets umzingelt von einer Horde von Männern, die durchaus in jedem Kalender als Motiv Platz finden könnten. Kein Mann würde dies so mir nichts, dir nichts zurück stecken.
Wenn Sam jedoch ehrlich zu sich war, dann störte sie eine andere Sache wesentlich mehr: Sie wollte vor allem, dass ein bestimmtes Augenpaar nicht den ganzen Abend auf ihr lastete und sie in dem beobachtete was sie tat. Simmons und seine blöden Sprüche, den konnte sie verkraften. Goalie und sein Misstrauen dem Neuen gegenüber, ebenfalls. Doch Kyle hatte absolut gar nichts dazu gesagt, schien aber ebenfalls nicht sonderlich begeistert zu sein. Sam kannte ihn mittlerweile so gut, dass sie wusste, wenn Kyle mit einem Typen nicht einverstanden war, dann würde das der Kerl auch zu spüren bekommen. Sie hatte das Gefühl, dass Kyle nur deshalb so anhänglich war, weil er in ihr so etwas wie eine kleine Schwester sah, die er beschützen müsste. Das bewies der Vorfall damals mit Goalie und auch den Vorfall in der Umkleidekabine letzte Woche, wo sie erneut, diesesmal vor sämtlichen Spielern, von Kyle gewarnt worden war. Ihre Reaktionen auf ihn waren zwar ganz und gar nicht geschwisterlicher Natur, doch davon wusste Kyle ja glücklicherweise nichts.
Sam musste sich also überlegen, wie sie den Jungs verständlich machen konnte, dass sie sich nicht in ihr Liebesleben einzumischen hatten. Es ging sie schlicht und ergreifend nichts an, weder Kyle noch den Rest der Jungs. Schließlich hatte Kyle sich letzte Woche selbst erst mit einer äußerst attraktiven Frau unterhalten. Nicht das Sam dem allzu viel Beachtung geschenkt hätte. Sie sagte ja nicht, dass sie mit Derek auch nur irgendwas in der Art anfangen wollte, denn ganz klar bestand zwischen ihnen beiden keine Anziehungskraft, doch wenn es anders gewesen wäre, hätte sie sich nicht vor der Mannschaft rechtfertigen müssen und auch nicht wollen.
Sie beendete ihren Artikel, speicherte ihn ab und schickte ihn anschließend an die Redaktion wo Kelly mit Sicherheit schon voller Eifer auf sie wartete, damit sie die letzten Layoutlücken schließen konnte und der Entwurf der Ausgabe somit an die Druckerei gehen konnte. Als Sam auf die Uhr sah, bemerkte sie, dass es bereits 19.00 Uhr war und sie eilte schnell ins Bad, wo sie sich duschte, ihre Haare trocknete, die Fingernägel lackiert und sich schließlich ihre Unterwäsche überzog. Dann verließ sie das Badezimmer und ging in ihr Schlafzimmer, wo sich auch ihr Kleiderschrank befand. Sie zog als aller erstes einen Rock hervor, der ihr bis übers Knie gehen würde. Sie überlegte kurz und entschied sich dann dazu, heute mal etwas Neues auszuprobieren, also streifte sie ihn über. Zum Schluss holte sie sich ihr weißes Lieblingsshirt aus dem Schrank, zog es an und stellte sich dann vor den Spiegel. Es war nicht zu viel und auch nicht zu wenig, in Sams Augen perfekt für diesen Abend. In dem Moment in dem sie sich zu ihrer Kommode drehte, damit sie zumindest ein wenig Make Up auflegen konnte, klopfte es an der Wohnungstür. Sie hatte schon einen leisen Verdacht, wer das sein könnte und ging mit leichten Schritten auf sie zu, um sie zu öffnen.
„Hallo Jungs…“ sagte sie lächelnd und schwang so die Tür auf, damit Simmons und Kyle eintreten konnten. „Ich weiß nicht warum, aber ich hab mir schon gedacht, dass wir uns früher wieder sehen als erwartet!“
Kyle zog eine Augenbraue nach oben, während Simmons seine Augenbrauen sinken lies und miesmutig drein schaute. „Wieso bist du so gut drauf?“ fragte er direkt wie er nun mal war und ging ins Wohnzimmer. Auch er fühlte sich offensichtlich mittlerweile wie zuhause bei Sam.
„Darf ich nicht gut drauf sein oder was?“ fragte Sam, ließ sich dadurch jedoch nicht ihre Laune verderben. Zu Kyle sagte sie „Komm schon rein, ich beiße auch nicht, versprochen!“ und da lächelte sie schon wieder.
Kyle ging wortlos in die Wohnung, aufs Wohnzimmer zu, versetzte Simmons einen Tritt weil er in seinem Sessel saß und setzte sich schließlich auf die Couch, wo sich auch Sam, einige Sekunden später niederließ. Ihr Rock wehte mit ihr und so landete ein Teil von ihm auf Kyles Bein, was Sam jedoch nicht bemerkte. Stattdessen starrte sie auf Simmons, der immer noch ein wenig missgelaunt schien.
„Was ist los mit dir? Üben wir jetzt einen Rollentausch wir zwei?“ fragte Sam ihn und Kyle sah zu ihr hinüber. Das war nicht die Sam die er kannte! Sie lächelte, sie trug einen Rock, hatte sie etwa lackierte Fingernägel??? Er senkte seinen Blick etwas mehr und entdeckte tatsächlich auf ihren Nägeln irgendwas das rosa schimmerte.
„Kyle, was ist los?“ fragte Sam ihn und senkte ihren Blick ebenfalls.
„Trägst du etwa Nagellack?“ fragte Kyle sie und nahm ihre Hand in die seine. Wie klein sie im Vergleich zu der seinen doch wirkte.
„Ja ich trage Nagellack und auch einen Rock. Meine Güte ich bin halt einfach irgendwie gut drauf! Ganz im Gegensatz zu euch beiden…“ beantwortete sie Kyles Frage und zog schließlich ihre Hand aus der seinen heraus. Kyles Blick wanderte einmal kurz über Sams gesamten Körper und blieb schließlich an ihrem Gesicht hängen.
„Wer bist du und was hast du mit Sam gemacht?“ fragte Simmons, anstatt Kyle, wobei er zugeben musste, dass er sich das selbst gerade auch gefragt hatte. Hoffentlich tat Sam das alles nicht für diesen Derek.
„Da mache ich mich mal für euch alle hübsch und dann kommt so ein Theater bei raus. Dann geh ich mich halt wieder umziehen…“ pampte Sam die anderen beiden an und stand auf.
„Nein! Das musst du nicht. Sorry, wir haben es nicht so gemeint, ok?“ sagte Simmons, der wieder schneller war als Kyle. Langsam wurde ihm bewusst, warum er es hasste, mit Simmons in Sams Wohnung zu sein. Er kam nie dazu auch nur ein Wort zu sagen, wenn der Typ dabei war!
„Ich gehe jetzt dennoch schnell und mache mich fertig, wenn die Herren nichts dagegen haben!“ sagte Sam und verschwand in der Tür.
„Alter, den Typen müssen wir heute dringend im Auge behalten. Ich hab bei dem kein gutes Gefühl!“ sagte Simmons und Kyle fragte sich, weshalb er seine Befürchtungen einfach so, mir nichts dir nichts, äußern konnte, während Kyle vor den Jungs immer jedes Wort abwog, dass er über Sam verlor.
„Du benimmst dich, als wärst du eifersüchtig!“ sagte Kyle und schnappte sich die Fernbedienung, die auf dem Sofatisch stand.
„Ich bin doch nicht eifersüchtig, spinnst du jetzt oder was? Sag mir nicht, dir ist es scheißegal, was Sam so treibt. Du und ich wissen genau, dass sie saucool drauf ist. Was glaubst du passiert, wenn sie einen Alten abschleppt und der stellt ebenfalls fest, dass sie gar nichts so übel ist? Dann wird sie einen scheißdreck noch Zeit mit uns verbringen!“
„Ich sagte doch, du bist eifersüchtig!“ sagte Kyle schulterzuckend, auch wenn ihm das was Simmons da sagte durchaus einleuchtete. Er würde es nicht zugeben, aber nein, es war ihm natürlich nicht scheißegal was Sam tat, dies bewiesen seine momentan ständig stattfindenden Inneren Monologe. Auch der zweite Punkt, den Simmons anbrachte, war gar nicht so weit hergeholt. Selbst wenn Sam doch einen Kerl finden sollte, dieser Typ würde sie ihnen eindeutig wegschnappen! Wo kamen auf einmal diese ganzen Männer her, die vorhatten Sam für sich zu erobern? Zuerst dieser mysteriöse Kerl, über den die Frauen gesprochen hatten, dann dieser Derek. Ehe sie sich versahen, wäre Sam noch umzingelt von ihnen.
„Ok, was schlägst du vor?“ sagte Kyle schließlich und wandte sich in Simmons Richtung. Dessen Gesichtsausdruck erhellte sich und er legte los.
„Heute Abend, geht jeder von uns einmal zu Sam, ich meine wir sind ja schließlich ziemlich viele, und machen uns an sie ran!“ sagte Simmons begeistert, während Kyle beinahe die Augen rausfielen vor Überraschung.
„Sag mal spinnst du jetzt komplett oder wie? Sie soll kein anderer Typ anmachen, aber dafür wir, die gesamte Fußballmannschaft?? Was soll uns das denn bringen?“
„Na ganz einfach. Wenn der Typ erstmal sieht, mit was der konkurrieren muss, was glaubst du was er dann tut?“ fragte Simmons ihn und streckte dann seinen Daumen nach oben.
„Das ist ein absolut bescheuerter Plan…“ sagte Kyle trocken und wandte sich wieder ab. Dennoch musste er wohl oder übel noch etwas hinzufügen. „Aber er könnte tatsächlich funktionieren…“
„Jaa, ich wusste es doch!“ sagte Simmons und holte sein Handy raus. „Ich sag gleich allen Mal Bescheid. Am besten wir machen es zur Begrüßung, du, Goalie und ich vielleicht so mittendrin, dann fällts nicht weiter auf!“
„Ich finde den Plan immer noch bescheuert…“ sagte Kyle, doch selber fiel ihm nichts Besseres ein. Wenn dieser Derek sehen würde, wie gut sich Sam mit den Spielern verstand, dann würde er zwangsläufig die Flucht ergreifen. Keiner der Männer dachte daran, dass Sam und Derek vielleicht gar nicht so etwas im Sinn hatten. Niemand glaubte daran, dass die beiden sich vielleicht einfach nur nett unterhalten wollten. Die Jungs kannten für sich nur eine einzige Sache, was Männer und Frauen taten, wenn sie gemeinsam etwas trinken gingen: Sex miteinander zu haben. Und ebendies befürchteten sie. Da beide der Meinung waren, dass Sex bei Frauen nicht möglich war, ohne dabei Gefühle zu entwickeln, war ihre logische Schlussfolgerung nun mal die, dass Sam in Derek höchstwahrscheinlich ihren potenziellen zukünftigen Ehemann sah. Kyle hatte seine ganz eigenen Gründe, warum er verhindern wollte, dass dies geschah, Simmons ebenfalls.

Kapitel 29: „Du weißt hoffentlich, dass er nicht der Richtige für dich ist…“


„Verdammter Mist, was soll das!“ flüsterte Sam vor sich hin, als erneut, diesesmal Maver auf sie zutrat, sie an seine Brust zog, ihr einmal mit der Hand durch das Haar glitt und dann „Hey, wollte nur hallo sagen!“ murmelte. Er war bereits der sechste Spieler, der sie auf diese oder ähnliche Art und Weise begrüßte und langsam aber sicher wurde sie das Gefühl nicht los, dass da irgendwas im Busch war.
„Du bist ja ganz schön begehrt unter den Jungs.“ Sagte Derek als Maver wieder verschwunden war und blickte abschätzend zu dem Tisch hinüber, wo die gesamte Mannschaft saß.
„Nein, eigentlich nicht! Irgendwas führen diese riesen Hornochsen im Schilde!“ erläuterte Sam. Derek lächelte und wandte seinen Blick wieder von den Spielern ab.
„Was sollten sie denn im Schilde führen?“ fragte Derek sie und wartete ab, bis Sam ihre Gedanken geordnet hatte.
„Ich weiß es nicht, aber Simmons war nicht sonderlich begeistert, als ich ihnen gesagt habe, dass ich mich heute Abend mit dir hier treffe.“ Sagte Sam und sah zu den Jungs hinüber, die schnell ihren Blick abwandten, als sie bemerkten, dass sie ertappt worden waren.
„Sie wissen, dass wir lediglich über das Studium sprechen wollten, oder?“ fragte Derek sie und konnte ein Lachen nicht mehr unterdrücken.
„Nein das hab ich ihnen nicht gesagt, ganz einfach aus dem Grund, da es sie nichts angeht!“ antwortete Sam. Was zum Teufel war nur ihr Problem? Sam gehörte den Jungs ja wohl kaum, oder? Sie vögelten die meiste Zeit in der Gegend herum und sie durfte sich nicht einmal mit einem Mann in einer Bar treffen? Sie und Derek hatten sich gut verstanden, hatten Anekdoten über ihr Studium austauschen können und waren auf einer Wellenlänge. Aber eher auf der Wellenlänge der Freundschaft. Und selbst wenn es anders wäre, wieso störten sich die Jungs so offensichtlich daran? Und hatten sie tatsächlich geglaubt, dass Sam ihnen nicht auf die Schliche kommen würde?
„Sie hängen anscheinend ziemlich an dir, kann das sein?“ fragte Derek sie jetzt erneut, bemüht die Ursache dieses unsäglichen Verhaltens, zumindest in Sams Augen, herauszufinden.
„Wenn sie das tun würden, dann müssten sie eigentlich wissen, dass sie mich mit solch einer Aktion lediglich zur Weißglut treiben!“ sagte Sam und verschränkte die Arme. Als die Bedienung zu den beiden an den Tisch trat bestellte Sam zwei Tequilashots und lächelte dann Derek an. „So mein lieber, sie wollen mich ärgern? Dann ärgern wir sie eben ein wenig!“ Keine zehn Sekunden nach diesem Satz betrat Kevin die Bar, schaute zu den Jungs, dann zu Sam und stürmte auf sie zu. Er packte sie, drückte sie an seine Brust, sagte „Hey ich hab dich vermisst!“ warf ihr ein verführerisches Lächeln zu, hob seine Hand und fügte schließlich hinzu „Hoffentlich bis später!“ zwinkerte ihr zu und dampfte wieder ab. Sam stand vollkommen perplex da und wusste nicht, was sie dazu noch sagen sollte.
„Also wie war das noch mal mit dem ärgern?“ fragte Derek sie eine Minute später und nahm dann den Tequila entgegen, den die Bedienung an ihren Tisch gebracht hatte.
„Ich habe die perfekte Möglichkeit, deine Jungs ein wenig aus der Reserve zu locken…“ er zog Sam am Arm zu sich, gab ihr einen Shot, den sie dankend annahm und sah kurz zu den Jungs hinüber, die zwar beschäftigt wirkten, jedoch mit ziemlicher Sicherheit voll bei der Sache waren.
„Was genau hast du vor?“ fragte Sam ihn und merkte, dass Derek etwas im Schilde führte.
„Schon mal etwas von Freundschaftstrinken gehört?“ fragte er sie und lächelte. Langsam dämmerte es ihr und sie lächelte ebenfalls. Das wäre kein richtiger Kuss, das wusste sie und wenn sie die Jungs damit in den Wahnsinn treiben konnte, dann wäre es ihr nur Recht. „Ok, aber wehe deine Zunge kommt zu Einsatz!“ sagte sie und brachte Derek damit erneut zum lachen. „Versprochen, ich glaube mein Freund wäre selbst nicht sehr begeistert davon!“ Sam hatte heute im Laufe des Abends erfahren, dass Derek schwul und seit sechs Jahren in einer festen Beziehung war. Er liebte seinen Freund wirklich sehr und man sah ihm an, wie glücklich er war, alleine nur wenn er von ihm sprach.
„Alles klar?“ fragte Derek sie und sie nickte, dann trat sie einen Schritt auf ihn zu, hob ihr Glas hoch und schon verschränkten sie ihren jeweils rechten Arm mit dem anderen, tranken den Shot aus und gaben sich danach einen Kuss auf den Mund, der nicht länger als fünf Sekunden dauerte, seine Wirkung jedoch nicht verfehlte.

„Ich weiß nicht warum, aber ich hab das Gefühl, dass der Plan Mist ist!“ sagte Kyle zum gefühlten tausendsten Mal an diesem Abend. Die Spieler saßen in ihrer gewöhnlichen Nische, während Sam einige Meter entfernt an einem kleinen Tisch stand, gemeinsam mit Derek. Den ganzen Abend schon, konnte Kyle seinen Blick nicht von den beiden lassen und er ärgerte sich zutiefst über diese Reaktion, die doch eigentlich mehr der, eines 14 jährigen Mädchens glich. Zum Glück konnte er sich vor den Jungs noch zügeln, während Simmons stets weiter gegen Derek stichelte. Langsam aber sicher fragte sich Kyle, weshalb Simmons so ein großes Problem mit ihm hatte. Klar er verstand sich gut mit Sam, doch war sich Kyle ziemlich sicher, dass Sam in keinster Weise Simmons Typ entsprach. Wenn er sie also für sich selbst hätte haben wollen, wäre das verständlich. Doch dem war ja nicht so. Was also steckte dann dahinter? Und wieso zum Teufel zog der Rest der Mannschaft so kommentarlos mit in diesem Plan?
„Ich glaube es tut sich was!“ sagte Simmons und lehnte sich über Kyle hinweg, um eine bessere Sicht auf die Turteltäubchen zu haben. Kyle sah, wie Derek Sam am Arm packte und zu sich zog, dann sprachen sie einige Zeit lang lediglich miteinander, während Sam die ganze Zeit ein Glas in der Hand hielt. Tequila. Als die beiden ihre Arme ineinander verschränkten, ihre Gläser leerten und sich dann plötzlich näher kamen, bis sich ihre Lippen trafen, hätte man am Tisch der Fußballmannschaft eine Stecknadel fallen hören können. Alle Spieler schienen überrascht, denn so hatte keiner von ihnen Sam bisher gesehen. Sam war der gute Kumpel, zumindest für die meisten, eher wie ein Kerl mit Titten. Keine Frau, die anziehend wirken könnte, oder die sogar was mit irgendwelchen Typen haben würde. Zumindest bis jetzt, denn viele änderten in dieser Sekunde ihre Meinung.
In diesem Moment betrat Danny die Bar und hielt direkt Ausschau nach Sam, als er sie jedoch knutschend entdeckte, blieb er zunächst wie angewurzelt stehen. Er blickte zu dem Tisch mit seinen Teamkollegen, sah dass diese nicht minder überrascht waren und steuerte auf den Tisch zu.
„Hey Jungs, alles klar bei euch?“ fragte Mallory, die Kellnerin, und stellte ein volles Tablett auf den Tisch auf dem die unterschiedlichsten Getränke standen. Die Jungs wurden aus ihrer Überraschung gerissen, sahen in unterschiedliche Richtungen und wirkten mehr als nur aufgeregt.
„Ihr wisst, dass ihr euch äußerst seltsam benehmt, oder?“ fragte Mallory sie jetzt und hob eine Augenbraue an, da jedoch keiner der Jungs es für nötig hielt, ihr auf diese Frage zu antworten, fragte sie Danny was er trinken wolle und zischte ab.
„Und was jetzt du Schlaumeier?“ fragte Goalie Simmons, der mehr als nur verwirrt darüber zu sein schien, dass sein Plan nicht funktioniert hatte.
„Keine Ahnung, der Plan war Idiotensicher!“ sagte dieser und zuckte mit den Schultern und streckte dabei seien Arme fragend von sich. Kurz danach lehnte er sich erneut über Kyle und sah zu den beiden hinüber.
„Es war wohl eher ein Plan FÜR Idioten!“ sagte Kyle trocken und trank einen kräftigen Schluck von seinem Bier. Er war wütend, ganz eindeutig, und es war ihm scheißegal ob er das vor seinen Teamkollegen geheim halten konnte oder nicht.
„Ich verstehe das nicht, wieso zum Teufel ist der Typ nicht einfach abgehauen? Ich würde es tun, wenn ich sehen würde, dass so eine Braut zwanzig Typen in ihrem Rücken hat, die allesamt besser aussehen als ich!“ sagte Simmons in die Runde. Der ein oder andere nickte zustimmend, während manch anderer ein wenig skeptisch drein schaute. Da Kyle keinen Bock hatte, weiterhin an dieser Diskussion teilzunehmen, stand er auf, ging an die Bar, bestellte sich zwei Shots für sich selber und trank diese aus, sobald sie vor ihm hingestellt wurden. Er verstand das einfach nicht. Wieso zum Teufel störte es ihn so sehr, Sam in den Armen dieses Milchbubies zu sehen?
„Noch zwei bitte!“ sagte er zu Mallory, die hinter der Theke stand und ihn etwas fragend ansah, doch sie hütete sich davor, etwas zu ihm zu sagen. Kyle Thompson erlebte man eher selten in solch einer Laune. Wenn sie es Recht überlegte, hatte sie ihn noch nie so gesehen und so fragte sie sich, was nur los war mit ihm? Sie hatte schon von mehreren Freundinnen aus Hiltons gehört, dass Kyle wohl momentan ein wenig neben der Spur zu sein schien doch keine hatte sich erklären können, was genau schief mit ihm lief. Eine hatte behauptet er hätte einen Nervenzusammenbruch oder ähnliches, da er sich auf keine einzige mehr einzulassen schien. Seit einigen Wochen schon hielt er sich zurück, was ein Bedauern für die Frauenwelt war. Klar, die restlichen Spieler, zumindest die meisten, waren auch ganz schöne Hotties, aber die verbotene Frucht ist wohl immer die verführerischste. Und Kyle Thompson schien im Moment verboten, weil er alles und jeden abschmetterte, die ihm zu eindeutige Angebote machte.
Mallory stellte ihm die zwei Shots hin und blieb dann vor ihm stehen, bis er zu ihr aufsah.
„Was ist?“ fragte er und schien tatsächlich nicht sonderlich gut drauf zu sein.
„Gar nichts…“ sagte Mallory unschuldig und folgte dann seinem Blick. Dort stand die Reporterin mit irgendeinem Typen, der zu ihr passte und hatte ihren Spaß. Vorhin hatte Mallory sie noch beobachtet, wie sie sich geküsst hatten, doch irgendwas sagte ihr, dass zwischen den beiden nichts lief. Sie hatte für solche Dinge ein Gespür. Doch weshalb sollte Thompson wegen der kleinen an dem Tisch sauer sein?


„Ok das ist mehr als nur in die Hose gegangen, ich gebe es zu…“ sagte Simmons und trank einen Schluck von seinem Bier, während die anderen Jungs fragend durch die Bar sahen. Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt und alle starrten immer wieder zu Sam hinüber, die sie gar nicht wiedererkannten.
„Ich dachte du weißt was du tust?“ fragte Goalie seinen Kumpel und sah dann zu Kyle, der an der Bar saß und sich mit der Kellnerin unterhielt.
„Ja das dachte ich auch!“ antwortete Simmons deprimiert und dann senkte sich die Stille über die 18 Jungs. Simmons war sich so sicher gewesen, dass es funktionieren würde. Wenn er, Goalie und Kyle dran gewesen wären, hätte Sam schon noch gemerkt, wer tatsächlich gut für sie war. Er fragte sich immer wieder, wie bescheuert sich verliebte Menschen doch anstellen konnten und er hatte geglaubt, dass er nachhelfen konnte, doch das war gehörig nach hinten los gegangen.
„Ich glaube sie hat den Plan einfach durchschaut!“ sagte Kevin, der bisher eigentlich eher unbeteiligt gewirkt hatte.
„Dein Zwinkern war bestimmt zu viel des Guten!“ sagte Simmons und Kevin ging sofort in Verteidigungsposition.
„Schwachsinn! Das mach ich immer so…“ erwiderte er, woraufhin Martin sagte „Ihr wisst, dass Frauen nicht darauf stehen, wenn man ihnen zuzwinkert oder ihnen auf den Arsch schlägt, als wären sie wildgewordenes Vieh, oder?“ fragte er in die Runde. 17 verwirrte Augenpaare starrten ihn an.
„Ach halts Maul Martin, du hast doch keine Ahnung. Du bist schon viel zu lange in ein und derselben Beziehung um zu wissen, was den Weibern heutzutage gefällt! Es hat sich einiges verändert!“ sagte Simmons jetzt und blickte dann wieder zu Sam hinüber, die sich gerade lachend mit diesem Derek unterhielt.
Und wenn es das letzte wäre, was er tun würde. Simmons würde Sam zeigen, was das Beste für sie wäre.


„Hast du gesehen wie blöd die geschaut haben?“ fragte Sam Derek lachend. Seit zwanzig Minuten amüsierten sie sich darüber, dass die Jungs ziemlich verloren wirkten in ihrer gewöhnlichen Nische. So hübsch diese Kerle auch waren, so naiv waren sie gleichzeitig.
„Nicht, dass die mir jetzt auflauern und mich in irgendeiner Gasse verprügeln!“ sagte Derek und lächelte ebenfalls. Dann blieb sein Blick an dem Typen an der Bar hängen, der seit einer Viertel Stunde dort saß und immer wieder zu den beiden hinüber sah. Sam bekam das nicht mit, da sie mit dem Rücken zu ihm stand, doch Derek hatte seine Blicke wohl bemerkt. Da er bezweifelte, dass sie ihm golten, ging er davon aus, dass Sam damit gemeint war.
„Was ist eigentlich mit dem hübschen Kerl da an der Bar?“ fragte er Sam die sich mit ihrem Bier in der Hand umdrehte und Kyle entdeckte. Vier leere Shots vor ihm.
„Das ist Kyle, wohl so was wie mein bester Freund, wenn man das so sagen kann!“ sagte sie lächelnd, doch ihr Blick blieb ein wenig zu lange an ihm hängen. Derek konnte sich schon denken, was für eine Freundschaft zwischen den beiden bestand.
„Und warum schaut er dann so missmutig?“ fragte Derek sie weiter, obwohl er es sich schon denken konnte, weshalb.
„Ach, der hat einen leichten Beschützerinstinkt wenns um mich geht, ich werds ihm später erklären!“ sagte Sam schulterzuckend.
„Beschützerinstinkt? Sicher?“ fragte Derek sie, doch Sam ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Zumindest nicht nach außen hin.
„Jap, er hat schon desöfteren Mal einen Aufstand gemacht, wenn ich mit, zumindest seiner Meinung nach, den falschen zu viel Zeit verbracht habe!“
Derek fragte sich, ob Sam das tatsächlich glaubte, oder ob sie ihm dies nur erzählte, weil sie nicht darüber sprechen wollte, was tatsächlich zwischen ihnen lief. Sein Gefühl sagte ihm, dass das mit Sicherheit mehr war, als nur Freundschaft.
„Na also ich muss zumindest sagen, dass mit dem Anhängsel welches du aufzuweisen hast, selbst Superman höchstpersönlich eingeschüchtert wäre!“ sagte er jetzt und wechselte somit galant das Thema.
„Dabei konnten sie mich am Anfang nicht einmal leiden. Keine Ahnung, was mit den Typen nicht stimmt. Liegt wahrscheinlich an dieser Portraitserie. Die werden dadurch direkt größenwahnsinnig. Diese Woche war Simmons dran! Als ich fertig war mit dem Interview hat er stolz wie ein Gockel die Redaktion verlassen!“
„Naja, Männer sind da ja bekanntlich ziemlich eigen! Ich bin mir sicher, dass sie auf irgendeine verschrobene Art und Weise nur das Beste für dich wollen!“ erklärte Derek und sah zu den Spielern hinüber. Dies war schon eine Truppe für sich, das musste er zugeben. Die Mannschaft über die er stets berichtete, war direkt langweilig im Vergleich zu diesen Jungs, doch andererseits musste man auch ganz klar sagen, wer wünschte sich nicht solche Freunde im Rücken? Es war Sam nicht klar, doch sie konnte sich glücklich schätzen diese Jungs zu haben.
„Dann haben sie wirklich eine seltsame Art das zu zeigen!“ antwortete Sam und fügte hinzu „Ich hol mir noch ein Bier, willst du auch noch was?“
„Ja klar, auch ein Bier!“ antwortete er und ging dann weiterhin seinen Gedanken nach. Der Typ an der Bar, hatte ganz eindeutig ein ganz anderes Verhältnis zu Sam, was alleine schon dadurch unterstrichen wurde, wie die beiden miteinander umgingen. Derek hatte sie beide nach dem Spiel genau beobachtet, eigentlich hatte er rüber gehen und Sam gratulieren wollen, doch als er diesen Kyle auf sie zugehen gesehen hatte, hatte er es sich anders überlegt. Seine Umarmung war Besitzergreifend gewesen, dass hatte er selbst über diese Entfernung sehen können und seine Blicke, die er ihr den ganzen Abend schon zuwarf, zogen Sam beinahe in Gedanken aus. Wahrscheinlich wussten alle um die beiden herum bereits, dass diese zwei Personen eine besondere Beziehung hatten, nur die zwei selber nicht.

Zwei Stunden später, war die gedrückte Stimmung endlich vorüber und die Jungs hatten sich soweit beruhigt, dass sie sich sogar dazu überredet hatten Derek und Sam an ihren Tisch einzuladen. Mittlerweile feierten alle gemeinsam, obwohl Sam natürlich die oftmals noch zwiespältigen Blicke nicht entgingen, die vor allem aus der Simmons, Goalie, Danny Richtung kamen. Doch Sam störte sich nicht daran. Kyle war zwischenzeitlich auch wieder zum Tisch zurückgekehrt, benahm sich jedoch mehr als nur seltsam. Seine Blicke spürte Sam am meisten und sie wusste nicht, wie sie diese deuten sollte. Was hätte Kyle für ein Problem damit, wenn sie Derek küsste? Vor ein paar Wochen hatten sie noch Scherze darüber gemacht, dass sie ihm und er ihr einen Partner suchen sollte und jetzt? Sie hatte zu wenig Erfahrung mit Männern, als dass sie auch nur im Geringsten nachvollziehen könnte, was in seinem Kopf vor sich ging. Doch jedes Mal, wenn sie zu ihm blickte und sah, dass er sie erneut mit seinem Blick fixiert hatte, spürte sie ein leichtes kribbeln auf der Haut. Ihr Herz begann schneller zu schlagen und sie hatte das Gefühl, nach einer weiteren Stunde, dass sie bald zerbersten müsste. Derek unterhielt sich mittlerweile prächtig mit den Jungs, während Kyle mit seinem Bier in der Hand, auf der Bank zurück gelehnt da saß und seine Augen zwischen Derek und ihr schweifen ließ. Sam spürte die Hitze die in ihr aufstieg und trank schnell einen großzügigen Schluck. Da dieser nichts half, stand sie auf und begab sich zu den Toiletten wo sie sich eine Erfrischung gönnen wollte. Sie spürte einen leichten Schwindel, doch war sie sich nicht sicher, ob dieser vom Alkohol oder von Kyles Blicken kam. Dieser Abend war mehr als nur seltsam. Sie war zwischenzeitlich auf Wasser umgestiegen und hatte sich erst vor kurzem wieder ein Bier bestellt, schließlich wollte sie nicht, dass Kyle sie am Ende noch nach Hause schleppen musste, weil sie zu besoffen war. Mittlerweile wünschte sie sich jedoch, dass sie mehr getrunken hätte, damit sie nicht so viel in seine Blicke hinein interpretierte. Die Anziehung zu ihm war mit jeder Minute des heutigen Tages gewachsen und langsam aber sicher war sie sich nicht mehr sicher, ob sie es tatsächlich schaffen würde, mit diesem Typen weiterhin befreundet zu bleiben. Vielleicht sollte sie ihm auch einfach sagen, wie es ihr ging, wenn er bei ihr in der Nähe war? Das würde die Sache vielleicht ein wenig leichter machen! Zum Glück ging es Kyle so anders. Wenn es im Moment nach ihr gehen würde, so wäre sie mittlerweile nicht mehr abgeneigt von zumindest ein wenig Spaß, wie Janine es so schön ausgedrückt hatte und das schockierte sie noch mehr, als ihre Reaktion auf Kyle. Sie war nicht so ein Typ, zumindest hatte sie das immer geglaubt! Was war aber, wenn sie sich immer getäuscht hatte? Wenn sie genau solch ein Erlebnis brauchte um endlich die Dinge zu überwinden, die sie erlebt hatte? Was war, wenn sie genau wie die anderen Frauen in der Umgebung der Jungs war und lediglich auf ein Abenteuer aus war? Nein! Wenn sie das täte, dann würde sie die Freundschaft zu Kyle ruinieren, da war sie sich sicher! Ein kleiner, jedoch nicht unbedeutender Teil flüsterte ihr hingegen zu, dass ihre Freundschaft vielleicht aber auch genau deswegen existierte.
Sie lies das kalte Wasser zwischen ihren Fingern hindurch laufen und legte dann die feuchten Hände an ihren Hals und ihre Wangen. Das alles war zu viel heute Abend, ganz eindeutig! Sie müsste nach Hause, ansonsten würde sie noch verrückt werden! Ein wenig Abstand zu den Jungs halten, vor allem jedoch zu Kyle. Sie öffnete die Tür und die Musik dröhnte zu ihr nach hinten, gerade als sie um die Ecke gehen wollte, hielt sie eine Stimme zurück, die sie jetzt ganz und gar nicht hören wollte.
„Du weißt hoffentlich, dass er nicht der Richtige für dich ist, oder?“ fragte Kyle sie und sie drehte sich um, entdeckte ihn an der Wand gelehnt, die Hände in den Hosentaschen. Sie wusste nicht so recht, was sie darauf antworten sollte, doch irgendwie war es ihr wichtig klar zu stellen, dass sie gar nicht den Richtigen suchte!
„Und du weißt hoffentlich, dass mir das egal ist! Ich will einfach nur mal ein wenig Spaß haben!“ den letzten Satz hätte sie am liebsten in dem Moment zurück genommen, in welchem sie ihn ausgesprochen hatte, denn bei diesem Satz hatte sich Kyles Blick erhoben und war auf ihr liegen geblieben, was ihren gesamten Körper zum zittern brachte. Kyle hatte etwas an sich, was sie irgendwann noch in den Wahnsinn treiben würde.
„Spaß? Seit wann willst du denn nur Spaß haben?“ fragte Kyle sie und lies seinen Blick langsam von oben nach unten gleiten. Sie schluckte schwer und überlegte einfach zu gehen, doch es schien beinahe so, als wären ihre Füße am Boden festgeklebt, als könne sie sich nicht rühren.
„Keine Ahnung, hab ich vor kurzem beschlossen!“ sagte sie und schalt sich im Inneren dazu, endlich ihre blöde Klappe zu halten!
„Das hast du ja gar nicht erzählt!“ entgegnete Kyle und ließ seinen Blick wieder auf den Boden wandern. Gut, so konnte Sam wesentlich besser denken.
„Warum auch, damit hast du ja auch nichts zu tun, oder?“ fragte sie ihn. Sie spürte die Spannung, die zwischen ihnen herrschte und konnte nicht sagen, ob diese positiv, negativ oder ganz anderer Natur war, doch ganz eindeutig war sie vorhanden. Sie hörte die Musik vom Vorderen Raum, nahm die fröhlichen Rufe der Barbesucher wahr, wünschte sich einerseits dort bei ihnen zu sein andererseits jedoch war sie zu neugierig, was Kyle sonst noch zu sagen hatte.
„Könnte es aber, oder?“ antwortete er schließlich und raubte ihr so für einen Moment die Luft zum atmen. Könnte es aber? Was hatte das zu bedeuten? Sie war unsicher, wusste nicht was sie darauf erwidern sollte, OB sie darauf etwas erwidern sollte. Ihr Kopf verstand das, doch ein anderer Teil ihres Körpers nicht.
„Inwiefern könntest du etwas damit zu tun haben?“ fragte dieser andere Teil ihres Körpers und in dem Moment drückte Kyle sich von der Wand weg und kam einen kleinen Schritt auf sie zu.
„Ich glaube, du bist gar nicht so unschuldig wie du immer tust, Sam. Ich glaube du weißt ganz genau, was ich damit meine UND ich glaube, dass du in diesem Moment an genau dasselbe denkst, wie ich auch!“ Kyle schien in dieser Sache so viel sicherer zu sein. Er schien zu wissen was er wollte, er schien zu wissen was er tat. Sam hingegen, stand einfach nur da, spürte ihr Herz bis zum Hals schlagen und wusste eben nicht, was sie tun sollte, oder was sie wollte.
„Ich glaube du liegst falsch!“ sagte der Vernünftige Teil ihres Körpers und sie wich einen Schritt zurück. Doch Kyle sah die Sache anders und obwohl er sie mit ihrem Blick fixierte, obwohl er dadurch Stromstöße durch ihren gesamten Körper schickte, konnte Sam sich nicht bewegen, nicht fliehen, obwohl sie irgendwie das Gefühl hatte sie sollte.
„Kyle, ich weiß nicht was du von mir willst!“ sagte sie schließlich, weil sie diese Spannung kaum aushielt und wich einen Schritt zurück. Kyle wirkte bedrohlich, wie er mit langsamen und sicheren Schritten auf sie zukam, bedrohlich aber auch einfach nur unwiderstehlich. Sam wusste, um ihre Vernunft war es geschehen, denn sie bewegte sich nicht weiter, während Kyle ihr dennoch immer näher kam.
„Das weiß ich selber nicht so genau, doch im Moment, ist mir das auch scheißegal…“ sagte er und fügte dann hinzu, als hätte er einen kurzen lichten Moment „befürchte ich.“
„Kyle bist du betrunken?“ fragte Sam ihn in einem letzten Versuch, das was ihnen bevorstand, zu verhindern. Kyle, der mittlerweile nur noch Zentimeter von ihr entfernt war, legte seine Hand langsam auf ihren Rücken und ließ sie dann nach oben, und wieder nach unten fahren.
„Nein, leider nicht genug um es darauf zu schieben!“ flüsterte er beinahe und Sam hielt für einen kurzen Moment die Luft an, bevor Kyle seinen Kopf senkte und schließlich die Erlösung in ihren eigenen Lippen fand. Von einer Sekunde auf die nächste, brannte ein loderndes Feuer in ihrem Inneren und sie ließ ihre Arme um seinen Nacken fahren, um sich so an ihm hochziehen zu können und ihren Körper enger an den seinen zu schmiegen. Sie spürte, wie er seine Hand in ihr T-Shirt vergrub und sie fester an sich zog, während seine andere Hand sich an ihre Wange legte und diese liebkoste. Sie schien innerlich beinahe zu explodieren und gleichzeitig spürte sie die Lösung des Knotens in ihrem Magen, den sie die letzten Tage immerzu in sich gehabt hatte. Sie bekam nichts mehr mit, nur Kyles Lippen und dann seine Zunge, die die ihren nachfuhr. Sie konnte nicht lange widerstehen und öffnete ihren Mund um ihm Einlass zu gewähren und spürte, wie sie genau dies gebraucht hatte. Sie spürte, wie er sie langsam zur Tür des Waschraums zog, diese öffnete und sie mit sich zog, ohne auch nur eine Sekunde von ihr abzulassen. Ihre eigenen Hände waren jetzt zu seinen Haaren gewandert und sie ließ sie hindurchfahren. Sie hörte wie sich die Tür hinter den beiden schloss, doch Kyle bewegte sich immer weiter rückwärts mit ihr, bis sie bei den Waschbecken ankamen. Sie nahm wahr wie seine Hände sich von ihrem Rücken und ihrem Gesicht wegbewegten und wie sie langsam ihren Körper entlang nach unten fuhren, bevor sie bei ihren Oberschenkeln ankamen und diese packten. Er hob sie an und setzte sie schließlich auf einem der Waschbecken ab. Immer noch, löste er keine Sekunde lang seine Lippen von den ihren. Ihre eigenen Hände wanderten jetzt von seinen Haaren über seinen Nacken hinab zu seinem Rücken, den sie auf und ab fuhr. Obwohl sie so etwas noch niemals in ihrem Leben getan hatte, schienen diese doch genau zu wissen, was sie tun mussten, denn sie spürte wie Kyles Muskeln sich unter ihren Händen ein wenig versteiften und ihm entglitt ein leises Stöhnen, welches jedoch von ihrem Kuss verschlungen wurde. Seine Hände wanderten ihre Oberschenkel entlang nach oben und wieder nach unten und plötzlich spürte sie nackte Haut auf nackter Haut. Seine Hände waren unter ihren Rock geglitten und sie spürte genau, wie sich die Gänsehaut ausbreitete, egal wo er sie berührte. Sam war schockiert von sich selber, von den Gefühlen die in ihrem Inneren herrschten, von dem Verlangen welches in ihr aufloderte, aufhören konnte sie jedoch dennoch nicht!
Es war unglaublich, besser als Kyle es sich in seinen Träumen jemals hätte vorstellen können. Bereits als Sam in die Richtung der Toiletten verschwunden war, hatte ihn ein unsichtbarer Teufel gepackt und ihn ihr hinterher getrieben. Er hatte gewusst, dass es keine gute Idee war, doch zurückhalten konnte er sich selber nicht mehr. Er hatte auf sie gewartet und in dem Moment, in welchem sie aus der Tür getreten war, hatte er gewusst, was er tun musste. Er musste Sam noch einmal für sich haben, noch einmal küssen, er brauchte nicht mehr. Dann würde er vielleicht endlich diese Inneren Dämonen vertreiben, die ihn ständig immer wieder in ihre Richtung trieben. Er musste sein Verlangen nach ihr stillen, das wäre die Einzige Möglichkeit. Er war ihr immer näher gekommen, hatte gemerkt, wie sich ihre Augen immer mehr geweitet hatten, wie ihr Körper leicht zu zittern begonnen hatte, doch dies hatte ihn nur noch mehr in ihre Richtung getrieben und als er endlich seine Lippen auf die Ihren gesenkt hatte, hatte er das Gefühl, dass sämtliches Leiden welches er die letzten Tage, seit diesem elenden ersten Kuss, sich nur dafür gelohnt hatten. So etwas wie in diesem Moment hatte er noch niemals gespürt, als Sam ihren Mund geöffnet und ihm somit Einlass gewährt hatte. Es war wie ein Fausthieb in den Magen, der jedoch nicht schmerzte sondern eines der süßesten Gefühle in ihm verursachte, welches er jemals empfunden hatte. Sie waren in der Mädchentoilette und Sams Hände wanderte seinen Rücken entlang, zuerst nach oben, dann unten doch das war weder ihm, noch ihr genug, denn kurze Zeit später spürte er, wie sie sein T-Shirt anhob und ihre Hände auf seinem nackten Rücken platzierte. Er kannte Sam, wusste wie sie war, doch so etwas hatte er in ihr nicht erwartet. Der Kuss wurde immer intensiver, doch irgendwann brauchte er Luft zum atmen und löste so seinen Mund von dem ihren, verteilte dann jedoch Küsse auf ihrem Nacken während sie ein leises Stöhnen nicht unterdrücken konnte. Schnell jedoch suchte sein Mund wieder den ihren, während ihre Hände zu seinem Bauch, dann zu seiner Brust wanderten. Durch seinen gesamten Körper lief ein Schauer und er konnte sich nicht mehr zurück halten. Seine Hände die eine Sekunde vorher noch an ihren Oberschenkeln gelegen waren, wanderten jetzt ihren Bauch entlang. Er spürte den weichen Stoff ihres Shirts und musste schwer gegen den Drang ankämpfen, ihr dieses über den Kopf zu ziehen, so wie er es einige Male in Gedanken vor sich gesehen hatte. In dem Moment, in welchem er seine Hand unter ihr Shirt gleiten ließ, weil er unbedingt die weiche, zarte Haut dort spüren wollte, spürte er, wie Sam sich plötzlich zurück zog. Fuck, er hatte seinen Verstand vollkommen ausgeschaltet, hatte vollkommen vergessen, dass das hier ein Fehler war! Diese Erkenntnis sah er jetzt jedoch in Sams Augen, während ihr Mund, ein wenig gerötet, schockiert geöffnet war.
„Was tun wir hier?“ fragte sie schließlich und Kyle zog seine Hand unter ihrem Shirt hervor, trat einen großen Schritt zurück und fuhr sich nervös durch die Haare.
„Keine Ahnung, aber sag nicht, dass du es nicht auch gewollt hast!“ antwortete er. Er wollte es nicht anklagend klingen lassen, noch wollte er ihr die Schuld in die Schuhe schieben, denn es war ganz klar, dass dies eine Sache war, die beide dringend gebraucht hatten. Und wenn man Kyles Zustand betrachtete, die er immer noch benötigte.
„Oh Gott, was machen wir nur?“ fragte Sam erneut und schien vollkommen schockiert von dem, was gerade eben geschehen war. „Ich sag dir was wir machen, wir machen alles kaputt!“ sagte sie und sprang von dem Waschbecken herab, auf welches er sie gesetzt hatte.
„Wir machen nicht alles kaputt!“ fühlte er sich verpflichtet zu sagen, wusste jedoch nicht was er sonst noch sagen sollte. Außer einer Sache.
„Denk ja nicht, dass ich mich dafür entschuldigen werde. Nicht schon wieder!“
Sam drehte sich zu ihm um, mit geweiteten Augen und schien überrascht zu sein.
„Kyle, was ist nur los mit uns?“

30. Kapitel: „Aber wie kann man mit jemandem schlafen, ohne ihn zu küssen…“


In Kyles Kopf drehte sich alles. Zum einen immer noch von dem Kuss, den er gerade eben erlebt hatte und der mit keinem anderen zu vergleichen war, den er jemals gehabt hatte, zum anderen, weil Sam ihn mit einer Frage konfrontierte, auf die er nicht antworten konnte. Wie auch? Er war nicht alleine gewesen und ganz offensichtlich, war auch Sam nicht abgeneigt gewesen! Er war sich sicher gewesen, dass Sam ihn verprügeln würde, wenn sie wieder zu Verstand kommen würde, oder zumindest würde sie ihm den Kopf waschen, doch diesen Gesichtsausdruck, gekoppelt mit der Frage, damit hatte er nicht gerechnet.
Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und merkte erst jetzt, dass sie zitterte, also nahm er sie schnell wieder runter und steckte sie in die Hosentasche. Sam stand vor ihm, hatte gerötete Lippen, die leicht geöffnet waren, weil ihr Atem immer noch etwas zu schnell ging und Kyle hätte sich Ohrfeigen können, weil er in dieser Sekunde am liebsten erneut über sie hätte herfallen wollen.
„Kyle verdammt. Warum hast du das gemacht?“ fragte sie jetzt erneut, doch Kyle sah nicht ein, weshalb die Schuld diesesmal wieder an ihm hängen bleiben sollte.
„Ich habs gewusst. Du versuchst den Spieß wieder umzudrehen, aber nicht diesesmal Sam. Du hattest alle Chancen der Welt, du hättest dich umdrehen und gehen können, doch du hast es nicht getan. Was sagt uns das? Du hast diesen Kuss genauso gewollt wie ich auch!“ sagte er anklagend und zeigte mit dem Finger auf sie. Ihr Shirt schien ein wenig derrangiert, ihre Haare standen ein wenig wirr ab.
Sie sah ihn an, als würde sie sich jetzt in dieser Sekunde überlegen auf ihn los zu gehen, doch nach einigen Momenten veränderte sich ihr Gesichtsausdruck und sie drehte sie um. Wahrscheinlich, um Kyle nicht zu zeigen, was wirklich in ihr vorging.
„Du hast Recht…“ sagte sie leise und schien selber schockierter von diesem Eingeständnis zu sein, als er selber. Kyle hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht damit.
„Wie ich hab Recht?“ fragte er, weil er noch einmal sicher gehen wollte. Sam drehte sich um und sah ihn an, vermied es jedoch darauf zu antworten.
„Kyle, wir müssen mit diesem Scheiß aufhören. Wir sind Freunde, wir zerstören dadurch doch alles!“ sagte Sam und schien ernsthaft besorgt. Dies verstand Kyle nicht. Klar sie waren Freunde und klar, er selber hatte so etwas auch noch niemals gemacht, doch er hatte das Gefühl, dass wenn es mit einer Freundin funktionieren konnte, dann mit Sam. Wieso sollten sie also nicht einfach ein wenig ihren Spaß haben?
„Naja, ich bin der Meinung, dass wir beide erwachsen sind und durchaus machen können, was wir wollen, ohne unsere Freundschaft zu zerstören. Solange für uns beide klar ist, wo die Grenze ist, sehe ich da eigentlich gar kein Problem!“ antwortete er so lässig wie nur möglich, doch dies war mehr Schein. Könnte Sam Gedankenlesen, so würde sie wissen, dass Kyle in seinem Inneren gerade Tausend Tode ausstand, während er auf ihre Antwort wartete. Doch Sam war viel zu durcheinander um das überhaupt zu bemerken. Stattdessen legte sie sich die flache Hand an die Stirn und sagte schließlich „Oh Gott, was haben wir nur getan? Ich mache sowas eigentlich nicht, verdammt. Du bist an allem schuld!!“ sagte sie anklagend, fügte jedoch noch einmal hinzu „Ich mache sowas doch eigentlich gar nicht!“
„Sam bitte beruhige dich endlich. Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr. Das war nur ein Kuss, verdammt. Bitte, hau jetzt nicht wieder ab und lass mich wie einen Idioten dastehen!“ sagte er und ging einen Schritt auf sie zu, weil er das Bedürfnis hatte, sie an sich zu ziehen und ihr zu zeigen, dass alles möglich war, wenn sie es nur beide wollten.
„Nein du verstehst nicht, ICH mache so etwas nicht. Für mich war das nicht nur einfach ein Kuss, Kyle!“ sagte sie und begann dann im Raum auf und ab zu laufen. Kyle hielt in der Bewegung inne.
„Was meinst du?“ fragte er, da er das Gefühl hatte, irgendwas noch nicht so ganz zu verstehen.
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Sam wusste, sie müsste ihre Klappe halten, genauso wie sie es vorhin bevor Kyle sie geküsst hatte, gewusst hatte und dennoch schaffte sie es nicht, einfach ihren Mund zu halten. Er fragte sie, was sei meinte? Merkte er denn nicht, dass sie in dieser ganzen Sache noch ein Neuling war? Kyle musste das doch gespürt haben, schließlich hatte er einige Erfahrungen vorzuweisen.
„Verdammt, was mach ich denn jetzt nur?“ Sam spürte, wie ihr langsam schwarz vor Augen wurde und sie wusste selber ganz genau, dass sie gerade vollkommen überreagierte, aber zurückhalten konnte sie sich deswegen dennoch nicht. Sie wollte Kyle nicht verlieren, wollte ihm erklären, warum das mit ihnen nicht ging, wollte ihn gleichzeitig an sich ziehen und dort weiter machen, wo sie aufgehört hatten. Sie wollte definitiv zu viele entgegengesetzte Dinge gleichzeitig! Sie drehte sich weg von Kyle, der ein wenig hilflos dastand und anscheinend nicht wusste, was er tun oder sagen sollte. Er hatte doch eigentlich Recht. Sie waren beide erwachsen. Erwachsene Menschen taten solche Dinge, ohne danach ein Drama daraus zu machen, warum schaffte sie es also nicht, genauso zu reagieren?
„Was meinst du mit, das tust du normalerweise nicht?“ fragte Kyle jetzt, weil er offensichtlich den Knackpunkt ihres Geschwafels doch irgendwie verstand. Sie drehte sich um und blickte zu ihm hinauf. Blaue, warme Augen blickten sie besorgt an und am liebsten hätte sie ihm eine Hand an die Wange gelegt und ihm gesagt, dass gar nichts war. Das sie nur eine kurze Panikattacke gehabt hatte, doch dem war nicht so.
„Ich knutsche nicht einfach mit irgendwelchen Typen auf irgendwelchen Toiletten!“ sagte sie schließlich und spürte, wie ihr die Hitze zu Gesicht stieg. Diese Offenbarung war ihr zutiefst peinlich, doch das hätte es nicht sein müssen, denn Kyle verstand nicht, worum es ging.
„Naja ich auch nicht. Gut manchmal ist es schon passiert, das gebe ich zu, aber ich bevorzuge in der Regel eher ein Schlafzimmer…“ sagte er nachdenklich.
„Du verstehst nicht, ich küsse nicht einfach so irgendwelche Typen!“ jetzt legte Sam die Betonung auf das küssen.
„Also bitte, ich bin doch nicht irgendjemand. Wovor hast du Angst Sam?“ fragte Kyle jetzt, weil er bemerkte, dass das was Sam zu sagen hatte, ihr am Herzen lag.
Als Sam ihn nur beschämt ansah, schien es in seinem Kopf langsam zu einer Erkenntnis zu kommen und Sam merkte, wann der Moment gekommen war, bei dem es Klick gemacht hatte.
„Sam, willst du mir etwa sagen, dass du vorher noch nie jemanden geküsst hast?“ fragte Kyle und kam jetzt doch ein paar Schritte auf sie zu blieb jedoch einen Meter vor ihr stehen.
Sam nickte langsam und Kyle hob die Augenbrauen, dann schien sein Kopf erneut zu arbeiten.
„Aber wie kann man mit jemandem schlafen, ohne ihn zu küssen?“ fragte er schließlich, weil er offenbar das Rätsel nicht lösen konnte. Sam hingegen, wurde durch diese Aussage wesentlich ruhiger und sagte schließlich, nachdem sie bemerkte, dass Kyle das was er gerade geäußert hatte tatsächlich ernst meinte
„Also ganz ehrlich Kyle, manchmal frage ich mich, ob du wirklich so bescheuert bist, oder ob du nur so tust…“, sagte sie trocken und spürte, wie ihre Panikattacke langsam schwächer wurde.
„Das war jetzt nicht sonderlich nett…“, entgegnete Kyle und sah auf Sam herab.
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Kyle hatte schon das dunkle Gefühl, zu wissen, um was es hier in dieser Unterhaltung gerade ging. Wenn seine Vermutung tatsächlich stimmte, dann würde das bedeuten, dass Sam noch viel unerfahrener war, als er bisher geglaubt hatte. Klar er hatte sie von Anfang an als eine Frau eingeschätzt, die genau wusste, was sie wollte. Aber, dass sie noch niemals mit einem Jungen und später mit einem Mann geschlafen hatte, dass leuchtete ihm noch nicht so ganz ein. Wie sie so vor ihm stand, immer noch erschüttert von dem, was gerade geschehen war und zu ihm hinauf blickte, wurde ihm klar, wie sehr er diese Frau begehrte. Sie hatte ihm gerade indirekt eröffnet, dass sie noch Jungfrau war, wenn man das so sagen konnte, bei jemandem der bereits 23 war, und dennoch wollte er nichts lieber, als sie an sich zu ziehen und ihr zu zeigen, was sie bisher verpasst hatte.
„Jetzt hats wohl doch noch Klick gemacht, oder?“, fragte sie ihn und er sah, wie sich ihr Gesicht leicht rötlich färbte, was ihm zeigte, dass sie sich für dieses Geständnis schämte. Doch weshalb sollte sie? Kyle fiel kein Grund ein.
„Sam, das ist doch alles gar nicht so dramatisch. Dann hast du eben noch nicht mit jemandem geschlafen, oder ähnliches. Weshalb spielt das überhaupt eine so große Rolle? Es hat sich doch dadurch nichts geändert zwischen uns.“, sagte er und versuchte so einfühlsam wie nur möglich zu sein. Ob es ihm gelang, konnte er nicht mit Sicherheit sagen, da er eher selten einfühlsam gegenüber Frauen war.
„Doch das ändert alles. Kyle ich habe mir geschworen, mich nie mehr in die Nähe eines Players zu begeben. Dieses Versprechen habe ich schon gebrochen, als ich dich in mein Leben gelassen habe, als Freund! Und jetzt? Was glaubst du eigentlich was wir hier tun? Ein wenig rumknutschen und die Sache ist gegessen? Sieh uns doch an, es war schon nach dem ersten Mal reichlich schwierig und jetzt? Oh Mann diese Situation ist so verfahren….“
Sam hatte sich nie mehr in die Nähe eines Players begeben wollen? Was sollte das denn jetzt bedeuten? Kyle entschied sich, dieses Thema im Hinterkopf zu halten und zu einem späteren Zeitpunkt die Chance zu nutzen und sie darauf anzusprechen. Jetzt im Moment hatten sie ganz andere Sorgen.
„Ok und was sollen wir deiner Meinung nach jetzt tun?“, fragte er sie stattdessen und wartete gespannt ab.
„Na was wohl? Gar nichts natürlich. Das hier war eine einmalige Sache, oder willst du mir erzählen, dass du jetzt mit mir zusammen sein willst, nur weil wir einmal übereinander hergefallen sind?“, fragte Sam. Kyle jedoch hörte genau den sarkastischen Unterton. Natürlich hatte er nicht gleich mit ihr zusammen sein wollen, er hatte da eigentlich mehr an etwas anderes gedacht, doch jetzt da er wusste, dass Sam noch so unerfahren war, bezweifelte er stark, dass sie auf dieses Angebot einsteigen würde. Jetzt hieß es abzuwägen. Konnte er, damit er mit Sam befreundet bleiben konnte, seine Finger von ihr lassen? Oder müsste er sich deswegen von ihr fernhalten?
„Kyle?“ Sam schien ein wenig nervös und da fiel Kyle ein, dass er noch gar nicht auf ihre Frage geantwortet hatte.
„Ähm, wenn ich jetzt nein sage, kassiere ich dann gleich wieder ein blaues Auge?“ fragte er sie und brachte sie so ein wenig zum lächeln.
„Nein kassierst du nicht. Also sind wir uns einig, oder?“, Sam wollte also noch einmal sicher gehen und so nickte Kyle, obwohl es ihm eigentlich widerstrebte. Klar, er wollte nicht gleich eine Beziehung mit Sam haben, vor allem da er bezweifelte, dass er dazu fähig wäre, aber ein Teil von ihm wünschte sich schon, dass sie es zumindest einmal versucht hätten. Sam hingegen schien so sehr abgeneigt davon zu sein, dass Kyle in diesem Fall lieber den Kürzeren zog, wenn er sich dadurch ihre weitere Gesellschaft sicherte. Er entwickelte sich langsam zu einer richtigen Pussy, das war ihm selbst klar, doch seltsamerweise, machte ihm diese Erkenntnis herzlich wenig aus.
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Eine gefühlte Ewigkeit später, kam Sam an den Tisch zurück. Die Jungs merkten durchaus, dass irgendwas nicht stimmte, doch waren sie eher der Überzeugung, dass Kyle und Sam sich wieder gestritten hatten. Goalie hingegen saß an seinem Platz und als Kyle sich eine Minute nach Sam neben ihn setzte, fragte er ihn so unauffällig wie möglich „Alter, wo hast du gesteckt?“ dabei sah er in Sams Richtung um Kyle zu signalisieren, dass er sich schon denken konnte, was geschehen war.
„Ich hab mit Sam gesprochen, wegen diesem Derek. Sieht so aus, als müssten wir uns gar keine Sorgen machen…“, antwortete Kyle auf seine Frage hin und begab sich dann in die nächstbeste Diskussion, um keinen weiteren Fragen von Goalie Rede und Antwort stehen zu müssen. Dieser hatte jedoch das Gefühl, etwas nicht ganz mitbekommen zu haben und als er zu Sam hinüber sah, die lächelnd zu Kyle hinüber blickte, sich jedoch schnell wieder abwandte, befürchtete er, es gerade eben verstanden zu haben.
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Sam war erleichtert und bedrückt zugleich. Wieso nur, hatte sie Kyle erzählt, dass sie noch niemals Sex gehabt hatte? Wieso hatte sie dieses Bedürfnis verspürt ihm das klar zu machen? Vielleicht aus dem Grund, dass sie ihm zeigen wollte, dass sie keine seiner kleinen Betthäschen werden würde. Sie hatte es in seinen Augen gesehen, einen kurzen Moment zwar nur, aber sie hatte es gesehen. Die Frage war in ihnen gestanden: Warum sollten wir nicht einfach so weiter machen und sehen wohin es uns führt?
Ja warum nicht? Ganz einfach aus dem Grund, dass Sam keine Freundschaft zerstören wollte, von der sie glaubte sie könnte funktionieren! Kyle hatte ihr in den Wochen in denen sie ihn nun schon kannte, etwas gegeben was ihr sonst keiner bisher gegeben hatte. Nicht einmal Janine hatte es geschafft. Seit dem Vorfall mit Logan und dem Tod ihrer Eltern war Sam wie ausgetrocknet gewesen, immer auf der Hut nicht erneut verletzt zu werden. Kyle hingegen hatte ihr das Vertrauen und die Freude wieder gegeben. Erst seitdem sie ihn und die Jungs der Mannschaft kannte wusste Sam, was es bedeutete irgendwo hin zu gehören. Janine und Henry hatten ihre eigene Beziehung und waren auch damit beschäftigt. Beide waren stets für sie dagewesen, doch konnte Sam schlecht von ihnen erwarten, ihr Leben für sie umzukrempeln. Kyle jedoch hatte sein Leben nicht umkrempeln müssen, um in das ihrige zu passen. Sie hatten sich irgendwie ergänzt und Sam hatte Angst, all die gewonnen Eigenschaften wieder zu verlieren, wenn das mit Kyle irgendwie nicht funktionieren sollte. Und sie sah keinen Grund weshalb es überhaupt funktionieren sollte. Kyle war ein Frauenschwarm und liebte seine Rolle als solcher. Sam war sich ziemlich sicher, dass Kyle niemals eine Beziehung gehabt hatte, und sie dachte in diesem Fall nicht an eine feste Beziehung, bei denen er die Frau öfter als dreimal gesehen hatte. Klar einige von den Cheerleadern, das wusste Sam natürlich, waren so etwas wie ständige Affären von ihm gewesen, doch Sam wollte sich nicht mit diesen Mädchen vergleichen.
Zum anderen hatte Sam das Gefühl, dass sie selber nicht unbedingt ein Beziehungsmensch war. Sie kannte keinen einzigen Menschen, der längere Zeit durchgängig mit ihr verbringen konnte, ohne sie danach am liebsten an die Wand zu klatschen. Wenn sogar ihre Brüder Probleme damit hatten, längere Zeit am Stück mit ihr zu verbringen, was sollte dann bitteschön ein Kerl machen, der all ihre negativen Eigenschaften erstmal kennenlernen musste? Und davon gab es viele!
Nein. So wie sie sich geeinigt hatten, war es schon gut gewesen, auch wenn Kyle diesen Gesichtsausdruck gehabt hatte, er würde sich an die Abmachung halten. Diese lautete, dass sie in Zukunft einfach die Finger voneinander ließen und versuchten, wieder die Freundschaft zu haben, wie sie es gewesen war, bevor Kyle damals die Kontrolle verloren hatte.
Doch auch jetzt, da sie bereits wieder auf ihrem Platz saß, verfolgte sie das was in der Toilette geschehen war in ihren Gedanken. Ihre Haut kribbelte, wenn sie zu Kyle hinüber sah und so beschloss sie, lieber einen Scheiß auf ihr Vorhaben nicht vollkommen betrunken nach Hause zu wanken, zu geben und entschied sich dafür, die Geschehnisse des heutigen Abends in Tequila zu ertränken. Der letzte Gedanke, an den sie sich noch erinnern konnte war, dass sie und Kyle es sicherlich schaffen würden, schließlich waren sie ja, so wie Kyle bereits gesagt hatte, erwachsen und würden somit auch erwachsen handeln. Freundschaftliche Umarmungen? Erlaubt! Berührungen, die freundschaftlich gemeint waren? Erlaubt! Kleine freundschaftliche Küsse? Erlaubt??

31. Kapitel: „Weißt du was, wer nicht hören will muss eben fühlen…“


Die letzten Tage waren die Hölle gewesen. Neben dem Stress, den Sam mit den Artikeln hatte, ging ihr der Kuss einfach nicht mehr aus dem Kopf und sie hasste sich dafür. Schließlich war sie diejenige gewesen, die gesagt hatte, dass es nie wieder vorkommen durfte.
Mit den Artikeln und den Portraits kam sie gut voran und langsam aber sicher, führte sie sämtliche Interviews mit den Jungs durch, die nötig waren für ihre Arbeit. 12 von den insgesamt 20 Spielern hatte sie bereits interviewt und die Hälfte der Texte waren auch schon fertig. Diese mussten jedoch noch überarbeitet werden, was noch ein ganz schönes Stück Arbeit werden würde. Sie hatte sich in der Zwischenzeit mit ihrem Dozenten getroffen, der die Abschlussarbeit leitete und dieser war begeistert von der Arbeit, die Sam bisher geleistet hatte.
Um sich von dem Stress drum rum ein wenig abzulenken, hatte sie auch schon damit begonnen einige Dinge niederzuschreiben, so dass sie auch mit dem Hauptteil ihrer Abschlussarbeit schon begonnen hatte. Sie hatte noch nicht einmal einen Abgabetermin, doch war das Schreiben eine gute Möglichkeit, den Kopf ein wenig frei zu bekommen. Dennoch ertappte sie sich immer wieder dabei, wie ihre Gedanken zu Kyle hinüber schweiften und an diesen Abend, der jetzt 8 Tage zurück lag. Nein sie zählte nicht mit, aber sie hatte so oft darüber nachgedacht, dass sie zwangsläufig wusste, wann genau es geschehen war. Kyle hielt sein Versprechen und versuchte ihr nicht mehr zu Nahe zu kommen. So war es durchaus schon passiert, dass Kyle auf seinem Sessel in ihrer Wohnung gesessen war und sie einfach nur schweigend einen Film gesehen hatten, nur damit sich die peinliche Stille nicht wieder über sie senkte. Über diesen Punkt waren sie einst schon mal hinaus gewesen, doch sie waren einige Schritte zurück gegangen, nur weil beide sich nicht am Riemen hatten reißen können.
Sam musste zugeben, dass sie so manches Mal bereute, was sie zu Kyle gesagt hatte und dennoch hielt sie an der Überzeugung fest, dass wenn sie beide etwas miteinander anfangen würden, dies schlimme Folgen haben würde und Kyle war ihr mittlerweile einfach zu wichtig, um ihn nur wegen einem Verlangen, das höchstwahrscheinlich auch noch nur zeitweise war, zu verlieren. Das musste sich Sam eingestehen.
Dennoch wollte sie niemals, dass Kyle erfuhr, wie sehr er ihr bereits ans Herz gewachsen war, denn immer dann, wenn sie sich dies eingestanden hatte, hatte sie diejenige Person verlassen und Sam wollte das Schicksal nicht heraufbeschwören. Lieber sollte Kyle denken, dass Sam eiskalt war, als dass sie ihn einfach so wieder gehen ließ.
Wie sehr die beiden mittlerweile auf einer Wellenlänge waren merkte man vor allem daran, dass Kyle sofort wusste, wenn Sam etwas wurmte. So hatte Sam vor einigen Tagen einen blöden Zwischenfall mit den Cheerleadern gehabt, bei welchem sie ihr vorgeworfen hatten, sie würde die Mädchen vor den Jungs schlecht machen nur um sie dann ganz allein für sich zu haben. Dabei hatte Sam eigentlich gar kein Problem damit, wenn die Jungs ihren Spaß mit den Mädchen hatten, schließlich waren sie nicht ihr Eigentum. Wenn dann war es eher andersherum, sah man sich den Vorfall in der Bar vor acht Tagen einmal genauer an. Die Jungs hatten geleugnet, als Sam sie darauf angesprochen hatte, dass sie irgendwas im Schilde geführt hatten, doch sie merkte genau, seitdem Derek und die Spieler wieder abgereist waren, hatten sich die Jungs plötzlich auch wieder ganz normal verhalten.
Auf jeden Fall hatte Kyle, als er Sam gesehen hatte, sofort bemerkt, dass sie sauer war doch hatte sie ihm bis heute nicht gesagt, was das Problem gewesen war, schließlich wollte sie nicht, dass er für sie in die Bresche sprang. Es war ihre Angelegenheit und sie würde es alleine lösen.
In diesem Moment saß Sam an ihrem Artikel für das Spiel, welches heute Mittag in Hiltons stattgefunden hatte. Die Jungs hatten die Gegnerische Mannschaft in den Boden gestampft und das Spiel 5:1 beendet. Sam wurde klar, dass es nur noch zwei weitere Spiele in der Vorrunde gab und dann würden die Mannschaften für die Playoffs feststehen. Acht Mannschaften würden es insgesamt werden und die Jungs waren ziemlich sicher ein Teil davon. Das bedeutete aber auch, dass die zwei Monate bald vorbei wären und was danach wäre, wusste Sam selber noch nicht. Denn schon bald würde das neue Semester starten und mit Sicherheit wäre da ein junger, angehender Journalist dabei, der die Fußballsparte für sich beanspruchen würde. Sicherlich würde Andrew dem auch schnell zustimmen, denn schließlich waren, seiner Ansicht nach, Männer sowieso besser geeignet dafür, als Frauen. Sam hatte ihren Job bisher sehr gut erledigt, doch sie musste zugeben, dass sie ohne die Hilfe der Jungs verloren gewesen wäre.
Mittlerweile konnte sie zwar durchaus einen Freistoß von einem Anstoß unterscheiden und wusste auch, weshalb wann ein Abseits gepfiffen wurde, dennoch fehlte ihr die Übung um mit diesen Begriffen einen anständigen Text zu verfassen. Als ihr Handy klingelte, nahm Sam die Ablenkung dankbar an.
„Ja?“ fragte sie mit dem Handy an ihrem Ohr, während sie den letzten Satz noch einmal überflog den sie getippt hatte.
„Hey Sam. Bist du heute mit am Start?“ hörte sie Dannys Stimme aus dem Hörer ertönen.
„Danny, sag mir mal bitte eine gute Formulierung für das letzte Tor, welches Kyle geschossen hat!“, sagte Sam stattdessen, ohne auf seine Frage zu antworten.
„Hmmm….“, überlegte Danny und Sam tippte währenddessen leicht mit dem Zeigefinger auf die Tastatur.
„Kyle Thompson, mal wieder in Höchstform, erzielte nicht nur das dritte Tor in dieser Partie, sondern auch noch das letzte, welches die Mannschaft einen Schritt weiter in Richtung Playoffs bringt?“, sagte Danny nach einer gefühlten Ewigkeit und da Sam im Moment sowieso nichts besseres einfiel, weil ihre Gedanken nicht beim Thema waren, tippte sie den letzten Satz ein und stand dann auf um auf die Terasse zu gehen.
„Also was wolltest du?“ fragte sie Danny, nachdem sie dort ankam. Es war komischerweise überhaupt nicht seltsam für beide, am Telefon zu sein und doch nicht zu sprechen.
Auch Danny hatte sie wesentlich besser kennengelernt in den letzten Wochen und während er ihr früher, wie ein abgehobener Idiot in der Redaktion vorgekommen war, war er jetzt mehr ein Freund als ein Kollege. Auch über diese Entwicklung freute sich Sam sehr und sie musste sich eingestehen, dass sie Danny einfach falsch eingeschätzt hatte und das nur, aufgrund diverser Erfahrungen die sie mit solchen Typen auf der High School gemacht hatte. Es war nicht seine Schuld gewesen, sondern ihre eigene.
„Wir wollen heute Abend eine kleine Party bei den Tribünen feiern! Eine Woche noch, dann beginnen die Playoffs, darauf muss angestoßen werden!“, sagte Danny und Sam kniff ihre Augen zusammen und massierte sich die Schläfen.
„Was bedeutet, eine kleine Party?“, fragte Sam ihn müde. So spannend die letzten Wochen auch gewesen waren, so viel Action auf einmal hatte Sam noch niemals in ihrem Leben gehabt und aus diesem Grund forderten die letzten Wochen auch ihren Tribut. Sam brauchte dringend Urlaub und diesen würde sie sich gönnen, wenn die Playoffs vorbei wären. Sie hatte schon überlegt, in ihre Heimatstadt zu fahren und ihre Tante zu besuchen, die so schon sehr lange nicht mehr gesehen hatte. Sie war zwar nicht so cool drauf, wie Tante Cora, aber zumindest hätte Sam dann vielleicht ein bisschen das Gefühl von Heimat.
„Naja, das Team halt, wir haben sogar Dennis überreden können, die Cheerleader und dann noch ein paar Leute, die du glaub ich nicht kennst. Naja, das übliche eigentlich!“ hörte sie Danny sagen und überlegte kurz, was sie darauf antworten sollte.
„Ich weiß nicht…“ setzte sie an, doch Danny unterbrach sie direkt.
„Ach komm schon Sam, wer weiß wie oft wir noch die Gelegenheit haben, in dieser Konstellation miteinander zu feiern?“
„Wahrscheinlich noch hundert weitere Male, schließlich sind wir alle nicht aus der Welt, nur weil die Playoffs vorbei sind!“ konterte Sam und setzte sich dann in einen Stuhl, der auf ihrem Balkon stand.
„Ok, du hast Recht, aber diese Party schmeißen wir jedes Jahr und alle Teammitgliedern nehmen daran immer teil. Also musst du quasi kommen!“, sagte Danny diesesmal.
„Ich bin kein Teil vom Team, oder hast du mich schon mal ein Tor schießen sehen?“ fragte Sam ihn stattdessen.
„Naja, ich sitze die meiste Zeit auf der Bank, genauso wie du, also von dem her…doch ich würde dich ja schon als Teil des Teams bezeichnen!“ sagte Danny und nagelte Sam damit fest. Sie stöhnte genervt auf und sagte zu, obwohl sie wirklich keine Lust hatte darauf, irgendwo eine Party zu feiern, bei welcher sie den Mädchen des Teams nicht aus dem Weg gehen konnte.
„Verdammt sollst du sein, Danny.“, sagte sie in den Hörer obwohl sie schon aufgelegt hatte, legte dann ihr Handy auf die Stuhllehne und schloss die Augen. Es war ein herrlicher Sommertag und sie spürte die Hitze der Sonne auf ihrer Haut, obwohl schon Mitte September war. Die Zeit war so schnell verflogen, Sam konnte es kaum fassen. Die Playoffs würden zwei Wochen in Anspruch nehmen und das erste Mal seit 5 Wochen hätten die Jungs länger als nur drei Tage frei zwischen den Spielen.
Drei Wochen insgesamt noch und der Traum wäre vorbei. Das was ihr Anfangs wie ein Alptraum vorgekommen war, hatte sich doch tatsächlich zu etwas entwickelt, was sie sich jetzt gar nicht mehr wegdenken konnte und wenn sie daran dachte, dann senkte sich stets ein seltsames Gefühl über sie. Sie fragte sich, was geschehen würde, wenn sie einmal nicht mehr täglich beim Training oder den Spielen der Jungs dabei war. Würden sie sie dann vergessen?
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„Ok sie hat zugesagt!“ sagte Danny zu Kyle, der neben ihm in seiner eigenen Wohnung saß und währenddessen den Film ansah, den Danny mitgebracht hatte. Kyle war sich aus irgendeinem Grund sicher gewesen, dass Sam heute Abend nicht kommen würde, doch jetzt da er wusste, dass es anders war, freute er sich plötzlich etwas mehr auf die Party.
„Cool…“ antwortete er und nahm anschließend einen Schluck aus seiner Flasche, versuchte so zu tun, als würde es ihm im Endeffekt am Arsch vorbei gehen, ob Sam nun dabei war oder nicht.
„Komm schon Kyle, was geht denn mit dir ab?“ fragte Danny seinen Kumpel und wandte sich in seine Richtung.
„Nichts Mann, ich verstehe nur nicht, warum ihr so einen Hype um Sam macht!“ sagte er betont lässig, sah dann jedoch aus den Augenwinkeln wie Danny die Augenbrauen hochzog.
„Sagt derjenige, der beinahe jede freie Minute mit ihr verbringt!“, erwiderte Danny und stand dann auf, um sich eine neue Bierflasche aus dem Kühlschrank zu holen.
„So ein Schwachsinn, wer sagt das denn?“, fragte Kyle und spürte dabei, wie ihm das Herz beinahe in die Hose rutschte.
Erst nachdem er und Sam beschlossen hatten, so zu tun als wäre gar nichts geschehen, war Kyle das Ultimatum des Coaches eingefallen. Er hatte es vollkommen vergessen und fragte sich immer mehr, wie das hatte passieren können? Klar, er war nicht mit Sam in der Kiste gelandet, aber er war sich nicht so sicher, dass das für den Coach einen Unterschied machen würde. Dieser wäre eiskalt und um seine Autorität zu wahren, wäre Kyle schneller als er sehen konnte, von den restlichen Spielen ausgeschlossen. War es ihm das Wert? Noch vor sechs Wochen hätte er glasklar, NEIN gesagt, doch jetzt? Er war sich einfach nicht mehr sicher. Doch solange keine Aussicht darauf bestand, dass Sam ihn auch nur einen Zentimeter näher an sich heran ließ, entschied er, dass es besser war, wenn niemand etwas davon erfuhr. Vor allem nicht seine Mitspieler, denn dann wäre der Coach so schnell im Bilde, dass Kyle keine Chance hätte, dagegen noch etwas zu tun.
„Niemand sagt das, aber ich hab doch Augen im Kopf!“ sagte Danny, als er zurückkehrte und sich wieder auf die Couch niederließ. Er hob ein Bein an und legte es auf den verdreckten Couchtisch.
„Wir verstehen uns ganz gut, ok, aber ansonsten ist da nichts. Zumindest zeige ich nicht so eine Obsession wie ein gewisser Teil des Teams in den letzten zwei Wochen!“, entgegnete Kyle und vermied es Danny dabei anzusehen. Seine Obsession war wahrscheinlich zehn mal stärker, nur trug er diese nicht nach außen.
Hatte er vor dem letzten Kuss gedacht, dass seine Gedanken Sam gehörten, so hatte er damals keine Ahnung gehabt. Es gefiel Kyle gar nicht, dass sein Inneres jedes Mal einen Sprung zu machen schien, wenn er Sam zwischen den Leuten entdeckte und es gefiel ihm auch nicht, dass er, seitdem er wusste, dass Sam noch Jungfrau war, durchaus bereit wäre, auch ohne Sex auszukommen, wenn das bedeuten würde, dass er und sie sich noch einmal näher kommen könnten. Sein ganzes Leben schien sich mittlerweile um sie zu drehen und wenn sie gemeinsam in ihrem Wohnzimmer saßen, hatte er das Gefühl jeden Moment zu explodieren, während Sam nichts dergleichen durchzumachen schien. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte und so versuchte er diese Dinge einfach so gut wie es ihm nur möglich war zu ignorieren. Es war beinahe so, als wäre er verhext worden, denn so einen Scheiß hatte er noch niemals durchgemacht. Keine Frau vorher hatte ihn so viele Nerven gekostet wie Sam. Zum einen vielleicht auch deswegen, weil er von den Frauen vorher immer das bekommen hatte, was er haben wollte zum anderen aber, und das musste er sich eingestehen, weil ihm Sam einfach viel wichtiger war, als die Frauen vorher.
„Das ist keine Obsession, wir sorgen uns einfach nur um sie. Wir wollen nicht, dass sie irgendeinen Fehler begeht. Im Endeffekt passen wir nur auf sie auf, so als wäre sie unsere Schwester!“, erläuterte Danny lächelnd und zog so Kyles Blick nun doch auf sich. Genau dasselbe hatte Kyle noch vor einigen Wochen zu sich selber gesagt, bei diesem Gedanken war er jedoch schon lange nicht mehr gewesen.
„Bist du dir da sicher, dass das für euch alle gilt? Goalie und Simmons scheinen neuerdings ein ausgeprägtes Interesse an Sam zu zeigen. Wenn die zwei Mist bauen und von den Spielen ausgeschlossen werden, dann haben wir ernsthaft ein Problem!“ sagte Kyle trocken und sprach damit das Thema an, welches ihn beinahe am meisten wurmte. Seit diesem Abend in der Bar, an welchem er und Sam übereinander hergefallen waren, umkreisten Simmons und Goalie Sam permanent und Kyle fragte sich, was die beiden damit nur bezweckten. Kyle war sich eine zeitlang sicher gewesen, dass Sam nicht Simmons Typ war, doch mittlerweile befürchtete er, dass er sich in dieser Hinsicht irrte.
„Die zwei bauen schon keinen Scheiß…“, erklärte Danny ihm, beendete damit das Thema jedoch auch, weil er aufstand.
„Mir ist grad eingefallen, dass ich weg muss. Sorry, wir sehen uns dann bei den Tribünen, ja!?“. Damit wollte Danny offenbar sicher gehen, dass auch Kyle kam, denn er hatte seine Unlust bereits mitgeteilt.
„Ja klar, bis später dann!“ antwortete Kyle, machte sich jedoch nicht die Mühe Danny zu fragen, warum er so plötzlich weg musste, oder ihn zur Tür zu begleiten. Er würde schon alleine herausfinden!
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„Zwischen den beiden läuft nichts, ich sags dir doch!“ sagte Dennis und bedachte seinen Bruder mit einem strengen Blick. „Ich weiß nicht mal, warum dich die Fotze überhaupt noch interessiert!“ fügte er wütend hinzu.
„Lass das mal meine Sorge sein!“, antwortete sein Bruder und ging zu dem Fenster der kleinen verdreckten Wohnung, in welcher er hauste. Seitdem sein Bruder aus dem Knast zurück gekehrt war, hatte Dennis das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmte. Anfangs, war er noch der festen Überzeugung gewesen, dass es einfach nur die Nachwirkungen dessen waren, dass er unschuldig im Gefängnis gesessen war und das für ganz fünf Jahre. Er war sich sicher gewesen, dass er sich schnell wieder einkriegen würde, doch mittlerweile beunruhigte Dennis das Verhalten seines Bruders immer mehr.
„Und selbst wenn da was laufen würde, ich kenne doch meinen Kumpel. Der Typ hat bisher alles genagelt, was nicht bei drei auf dem Baum war! Die Alte wird ihm mit Sicherheit nicht den Kopf verdrehen!“, erklärte Dennis seinem Bruder.
„Ist mir scheißegal! Du wirst heute mit deinem Freund ein ernstes Wörtchen reden, ok? Der Typ sollte sich lieber von der Schlampe fernhalten, ansonsten passiert ihm noch das gleiche wie mir!“ schrie sein Bruder plötzlich und Dennis ging automatisch einen Schritt zurück. So jähzornig hatte er seinen Bruder vorher niemals erlebt und verfluchte das Miststück, denn sie war schuld daran. Sie hatte das aus ihrem Bruder gemacht!
„Ok, aber bau keinen Scheiß in der Zwischenzeit, ok? Ich regle das!“, antwortete Dennis vorsichtig und besänftigte somit seinen Bruder wieder ein wenig, der sich mit müden Augen umdrehte und „Danke Dennis. Du bist der einzige Mensch der mir noch geblieben ist!“ sagte. Erst nachdem Dennis die Wohnung verlassen hatte, erschien auf dem Gesicht des Bruders ein Lächeln. Er hatte sich lange zurück gehalten, hatte Sam im Auge behalten, doch langsam aber sicher wurde es Zeit ihr zu zeigen, wer der Chef im Ring war. Bestimmt nicht sie!
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„Naja und seitdem habe ich irgendwie das Gefühl, das die eine Brust größer ist als die andere. Meinst du, dass Implantate irgendwie platzen können ohne dass man es spürt, ich meine. Die waren Schweine teuer und mein Daddy hat dafür ne Menge Kohle hingeblättert und….“ Lizzy redete und redete ohne Punkt und Komma weiter und Sam drehte sich um, um nachzusehen ob jemand in der Nähe war, der sie retten konnte. Lizzy war irgendeine Freundin von irgendjemandem der auf diese Party eingeladen gewesen war und ausnahmsweise ziemlich nett zu Sam gewesen. Sam hatte es genossen, mit einer Frau zu sprechen, die ihr nicht am liebsten die Haare ausreißen wollte. Doch schon bald hatte sie bemerkt, dass Lizzy und sie niemals auf einer Wellenlänge sein würden.
In der Menge entdeckte sie Kyle, der ein hellblaues Hemd mit einem weißen Unterhemd darunter trug und sie so an die Beachboys aus den Filmen erinnerte, während er lässig an die Tribüne gelehnt da stand und sich gerade mit Lynn unterhielt. Lynn gehörte zu den Mädchen, von den Cheerleadern, die nicht ihr ganzes Hirn versoffen und vervögelt hatten. Sam hatte sich einige Male mit ihr unterhalten und würde jetzt definitiv lieber dort bei den beiden stehen, als hier neben Lizzy, die gerade davon sprach, dass sie sich eine neue was auch immer suchen musste, weil die Alte, was auch immer war. Sam verdrehte die Augen und wandte sich lächelnd wieder in deren Richtung. Sah denn niemand ihr Elend?
Knapp unter Lizzys Brüsten, schlossen sich plötzlich zwei Arme um sie und sie kicherte wild darauf los, während sie aufhörte zu sprechen und sich dann umdrehte. Kirk stand hinter ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr, während sein Blick kurz darauf auf ihre Brüste gerichtet wurde. Sam nutzte die Chance und verschwand schleunigst um nicht am Ende auch noch Zeugin eines Quickies zu werden. Sowohl Kirk, als auch Lizzy würde sie dies ohne Probleme zutrauen.
Sie ging einige Schritte und wurde dann von Goalie aufgehalten, der ihr eine Hand auf den nackten Arm legte und „Hey, alles klar bei dir?“ fragte. Sam zog die Augenbrauen zusammen und sagte „Ähm, ja wieso auch nicht?“
Goalie schien äußerst besorgt und ließ seinen Blick ihren Körper entlang nach unten wandern, sah sich dann in der Gegend um und zog Sam anschließend hinter sich her um hinter den Tribünen zu verschwinden. Als sie dort ankamen, ließ er sie los, drehte sich mit dem Oberkörper zu ihr und sagte mit geweiteten Augen „Naja, Jeniffer hat erzählt, sie hätte dich in einer Apotheke mit einem Schwangerschaftstest gesehen und ich dachte, dass du vielleicht…“
„SIE HAT WAS??“ Sam war schockiert von der Aussage, die Goalie gerade gemacht hatte und wandte sich sofort ab.
„Sam, warte. Vielleicht hab ich es auch einfach nur missverstanden…“, beeilte sich Goalie zu sagen, doch Sam wusste ganz genau, dass Goalie sehr wahrscheinlich sehr gut gehört hatte. Jeniffer dieses Miststück, startete ihre nächste Hetzkampagne gegen sie und die hatte es in sich.
„Das hast du nicht, verdammt! Was mache ich denn jetzt am besten? So ein scheiß Kindergarten!“ Sam sprach sich gerade in Rage, als plötzlich jemand von hinten kam und ihr die Arme um den Bauch legte.
„Sam, Süße, was ist denn los???“ hörte sie Simmons betrunken fragen. Sie mochte Simmons wirklich gerne, aber nicht wenn er betrunken war. Dann wurde er meistens anhänglich und einfach nur nervig.
„Es wird rumerzählt, ich wäre schwanger! Das ist los!!“ sagte Sam und versuchte Simmons Griff zu lösen. Dieser hatte zwischenzeitlich jedoch seinen Kopf auf dem ihren platziert und schien Schwierigkeiten dabei zu haben, sein Gleichgewicht zu halten.
„Ach ja, stimmt, dassch habe ich auch schon gehört…wer ischt denn der Vaaater ??“, fragte Simmons.
„Alter, ganz offensichtlich ist Sam nicht schwanger, sonst würde sie sich nicht so aufregen darüber. Das ist nur ein mieser Scherz von Jeniffer gewesen!“ sagte Goalie und trat auf Sam zu, um ihr dabei zu helfen, sich von Simmons zu befreien.
„Ach und selbst wenn, Sams Baby hätte gleich zwanzig Vätter!!“, entgegnete Simmons und schien seinen Griff nur noch mehr zu verstärken. Sam fühlte sich nicht unwohl, doch Simmons Mundgeruch nach Bier und offensichtlich auch Zigaretten verursachte ihr Übelkeit. Wenn sie jetzt irgendwo hinkotzen würde, dann würde dies das Gerücht nur noch perfekt machen.
„Alter sie ist nicht schwanger!“, entgegnete Goalie erneut und bevor Simmons erneut etwas darauf erwidern konnte, hörte Sam hinter sich eine vertraute Stimme.
„Wer ist nicht schwanger??“
So schnell konnte Sam gar nicht schauen, schon war sie von Simmons befreit, da dieser sie losgelassen hatte, als hätte er sich verbrannt, dann jedoch schwankend auf Kyle zuging und ihm einen Arm um die Schulter legte.
„Unsere liebe Sam erwartet ein Baby!!“ sagte er freudestrahlend.
„Nein, sie erwartet KEIN Baby, Alter ich bring dich jetzt nach Hause, du bist ja kaum auszuhalten!“, sagte Goalie und ging auf ihn zu. Beim vorbei gehen entschuldigte er sich schnell bei Sam, die der ganzen Szene nur noch lächelnd zusehen konnte. Obwohl sie kurz vorher noch wütend gewesen war, so hatte es Simmons, wenn auch nicht absichtlich, geschafft sie abzulenken.
„Hab ich irgendwas verpasst?“ fragte Kyle sie und kam ein paar Schritte auf sie zu, während sie sich auf Holzkisten, die hinter der Tribüne standen setzte und den Kopf in die Hände legte.
„Nein hast du nicht. Jeniffer hat bloß mal wieder einfach nur Scheiße gelabert!“ sagte Sam und spürte, wie der Schmerz in ihren Schläfen zurückkehrte.
„Was hat sie denn gesagt?“ fragte Kyle sie besorgt und setzte sich zu ihr.
„Ach, sie hat rumerzählt, sie hätte mich mit einem Schwangerschaftstest gesehen!“, antwortete Sam während sie ihren Arm anklagend in die Richtung bewegte, in welcher die restlichen Partygäste standen.
„Bist jetzt habe ich noch nie gehört, dass man aufgrund eines Kusses einen Schwangerschaftstest besorgen muss, aber nun ja…“, sagte Kyle lächelnd, doch mit Simmons, war auch Sams Lust zu spaßen verschwunden.
„Kyle das ist nicht witzig. Die Leute denken am Ende noch, ich sei die größte Schlampe überhaupt. Wahrscheinlich bekommt ihr sogar noch Ärger wegen mir, weil alle denken, ich würde mit irgendjemandem aus dem Team schlafen!“
Kyle sah überrascht drein und Sam richtete ihren Blick auf ihn.
„Ja ich weiß bescheid über das Verbot des Coaches, also schau nicht so betröppelt. Wieso hast du mir nichts davon erzählt?“, fragte sie ihn vorwurfsvoll, doch darüber wollte Kyle in diesem Moment gar nicht sprechen.
„Niemand wird denken, dass du eine Schlampe bist, nur weil Jeniffer so einen Scheiß rumerzählt, also mach dir darüber keine Sorgen! Die Sache mit dem Coach, lass mal meine Sorge sein, das geht dich im Grunde genommen nichts an!“, erläuterte Kyle seinen Standpunkt. Er sah, wie Sam ihre Hände zu ihren Schläfen bewegte und damit begann, sie zu massieren.
„Was ist los?“ fragte er sie, indem er seinen Kopf ein wenig senkte um ihr so in die Augen sehen zu können.
„Ich hab den ganzen Tag schon Kopfschmerzen und die werden in diesem Moment schlimmer. Ich hab gewusst, ich hätte einfach nicht hierher kommen sollen!“, antwortete sie und schloss ihre Augen.
„Da kenn ich ein gutes Rezept…“ sagte Kyle und wandte seinen Oberkörper zu Sam, nahm ihre Hände von den Schläfen und sagte „Dreh dich mit dem Rücken zu mir!“
Sam sah ihn überrascht an und zog dann fragend eine Augenbraue nach oben.
Kyle wusste genau, worauf sie hinaus wollte und so hob er abwehrend seine Arme. „Ich verspreche dir dich nicht unflätig zu berühren! Das ist rein professioneller Natur!“
Sam schien noch einen Moment zu überlegen, doch entschied sie sich schließlich dafür, dem Player neben ihr Vertrauen zu schenken. Sie wandte ihm den Rücken zu und fragte „Was soll ich machen?“
„Nimm einfach deine Haare ein wenig zur Seite, den Rest erledige ich…“, antwortete Kyle und rieb seine Hände aneinander, dann legte er sie auf Sams Nacken und begann damit diesen zu massieren.
„Als meine Mutter vor einigen Jahren chronische Kopfschmerzen bekam, hat mir der Arzt damals einige Handgriffe gezeigt, wie man solche Kopfschmerzen schnell wieder in den Griff bekommt ohne gleich zu Schmerzmitteln greifen zu müssen. Gezielter Druck an bestimmten Stellen hilft dabei, die Muskeln zu lockern und den Kopfschmerz dadurch schwächer werden zu lassen…“
Er hörte Sam lachen. „Du kannst mir hier sonst was erzählen, ich kenne mich damit ja nicht aus!“
„Wirklich, so war es. Meine Schwester war damals noch zu jung, also musste ich einspringen und so habe ich meiner Mutter regelmäßig die Kopfschmerzen wegmassiert. Es hat sich herausgestellt, dass die Kopfschmerzen ganz andere Ursachen hatten, doch geholfen hatte es ihr dennoch sehr viel.“
Sam wurde hellhörig und antwortete „Vielleicht hat ihr auch einfach deine Nähe gut getan? Ich spüre jedenfalls bis jetzt noch keine Besserung!“
„Du bist auch viel zu ungeduldig. Bei meiner Mutter hat es manchmal bis zu 15 Minuten gedauert, bis sie überhaupt nur eine leichte Wirkung verzeichnet hat!“, entgegnete Kyle, während er konzentriert die jeweiligen Punkte massierte. Er hörte ein leichtes aufstöhnen von Sam, ließ sich dadurch jedoch nicht beirren.
„Das tut verdammt gut, egal ob es bei Kopfschmerzen hilft, massieren kannst du wirklich fantastisch!“, sagte Sam.
„Naja, ich hatte sehr viel Zeit zum üben…“, erwiderte Kyle leise, hatte jedoch nicht das Bedürfnis dies näher zu erläutern und auch Sam wollte offenbar nicht weiter darüber sprechen. Er wusste genau woran sie dachte und leider musste er zugeben, dass sie vermutlich in die richtige Richtung dachte. Mit einem Mal überkam Kyle ein schlechtes Gefühl. Wieso nur hatte er so lange, so viel Mist gebaut? Wieso war ihm nicht vorher bereits klar geworden, dass das Spielchen, welches er mit den Frauen spielte, nicht unbedingt das Richtige war?
Stillschweigend saßen beide hinter der Tribüne, während die kühle Nachtluft die erhitzten Gemüter abkühlte und die Musik zu ihnen herüberwehte. Es war ein seltsamer Moment, in dem beide verstanden, dass es ihnen gut tat, beieinander zu sein. Kyle verstand in diesem Moment, dass er Sams Nähe suchte, weil er sich bei ihr wohl fühlte weil er so sein konnte wie er war. Er musste nicht den überdrehten Player mimen, den Superstürmer auf dem Feld, oder das Arschloch vor den Jungs. Er konnte einfach nur so sein wie er wollte. Sam hingegen wurde klar, dass sie sich einfach geborgen in seiner Nähe fühlte, sie keine Angst haben musste, dass Kyle jemals etwas tat, was sie nicht wollen würde.
Ihre Ruhe wurde jedoch jäh durch ein Räuspern gestört und während Sam die Augen öffnete, die sie vorher geschlossen hatte, und den Kopf anhob, hielt Kyle in der Bewegung inne und sah nach rechts, von wo aus er das Geräusch vernommen hatte.
„Sorry wenn ich euch störe…“ sagte Dennis und sah ein wenig irritiert zu den beiden hinüber.
„Du hast du uns nicht gestört.“, erwiderte Sam und erhob sich schnell um von Kyle weg zu kommen. Dennis sah sie eindringlich an, sprach jedoch vorerst nicht weiter.
„Was willst du?“, fragte Kyle seinen Freund misstrauisch und erhob sich ebenfalls. In den letzten Wochen hatte sich Dennis vollkommen zurück gezogen. Seit dem Streit auf der Toilette, bei welchem Dennis Kyle vorgeworfen hatte, er hätte sich nur wegen Sam verändert, hatten sie so gut wie kein Wort mehr miteinander gesprochen. Als Dennis sich dann auch noch öffentlich dazu bekannt hatte, dass er Sam nicht ausstehen konnte, hatten die beiden sich auch einfach nichts mehr zu sagen gehabt.
„Ich geh dann mal!“, sagte Sam an Kyle gewandt und machte sich auf den Weg. Kyle hielt sie nicht zurück, weil er wissen wollte, was Dennis dazu bewegte genau heute Abend mit ihm sprechen zu wollen. Als Sam auf Dennis’ Höhe ankam, blickte sie kurz zu ihm hinauf und entdeckte die Abneigung, die er ihr gegenüber empfand, genau. Im Allgemeinen erschien es ihr in diesem Moment so, als würde sie Dennis von irgendwoher kennen.
Sie hielt sich jedoch zurück und trat anschließend durch die Tribünen hindurch nach draußen, wo die Party immer noch voll im Gange war. Einen letzten Blick riskierte sie noch, doch keiner der Männer schenkte ihr irgendeine Aufmerksamkeit.
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„Jaja, du hast nichts mit Sam am laufen, oder?“, fragte Dennis seinen Freund abfällig, sobald Sam aus der Hörweite war. Kyle zuckte mit den Schultern und antwortete „Selbst wenn es anders wäre, wüsste ich nicht was es dich angehen könnte!“
Kyle war wütend auf Dennis. Seit dem Abend in der Bar war er wütend! Dennis hatte ihn damals mit etwas konfrontiert, was zum einen gar nicht gestimmt hatte, zum anderen hätte es ihm scheißegal sein können. Bis zum jetzigen Zeitpunkt verstand Kyle nicht, was sein Problem war.
„Wie dem auch sei, ich bin hierher gekommen weil ich etwas mit dir besprechen wollte. Drei Wochen, dann ist das Finale, danach ist Sam sowieso verschwunden, also werden wir diese drei Wochen auch noch hinter uns bringen…“
Kyle hörte seinem ehemaligen besten Freund zu, doch erkannte er ihn nicht wieder. Seine Stimme klang kalt, das was er sagte, hörte sich nicht nach ihm an. Nein, Dennis hatte sich stark verändert in den letzten Wochen und Kyle konnte sich nicht einmal im Ansatz erklären, warum.
„Sam ist danach doch nicht einfach verschwunden, Mann. Sie ist eine Freundin, wir können sie alle sehr gut leiden!“, antwortete Kyle und zog so Dennis’ Blick auf sich.
„Die einen mehr, die anderen weniger, nicht?“, konterte Dennis. Wieso nur, hatte er solch ein Problem mit der Vorstellung, Kyle könnte was mit Sam am laufen haben?
„Irgendwas muss die ja im Bett offensichtlich drauf haben, denn an ihrem Aussehen kanns nicht liegen, dass du ihr wie ein kleines Hündchen stetig hinterherdackelst. Fehlende Titten und ein Arsch, aber wer weiß, vielleicht legt sie ja einen perfekten Blowjob hin, das würde zumindest erklären…“
„Halt deine Fresse!“ Unterbrach ihn Kyle und ging auf ihn zu. „Was ist dein Problem Alter? Ich kenne dich so gar nicht! Sam hat dir doch nichts getan, also warum zum Teufel gehst du so ab, wenn es um sie geht?“ fragte Kyle Dennis und kam dabei immer Näher auf ihn zu.
Dieser lachte plötzlich los.
„Sie hat mehr getan, als nötig gewesen wäre und das reicht. Hör zu Mann, die ist krank im Kopf. Mit der stimmt ganz eindeutig etwas nicht, also lass die Finger von ihr sonst endest du noch so wie…“
„Wie wer? Bist du jetzt total bescheuert? Wenn du dir die Zeit genommen hättest und Sam auch nur eine kleine Chance gegeben hättest, dann wüsstest du, dass sie nicht das ist was du glaubst, dass sie ist!“ unterbrach Kyle seinen Freund erneut. Er spürte in sich die Wut aufkochen, weil er einfach nicht wusste, was er zu Dennis sagen konnte, damit dieser endlich begriff, dass er sich da in etwas verrannte. Außerdem hasste er es zu hören, wie Dennis über Sam sprach!
„Du glaubst mir nicht? Deinem besten Freund? Stattdessen ziehst du diese Fotze mir vor?“ Dennis zeigte mit seinem Arm in die Richtung, in welche Sam verschwunden war. Kyle trat einige schnelle Schritte auf Dennis zu und packte ihn dann am Kragen um ihn so näher an sich heran zu ziehen.
„Nenn sie nie wieder so, hast du mich verstanden?“ schrie er seinem Freund ins Gesicht. Dieser schien sich selber zurückhalten zu müssen, an seiner Schläfe wurden langsam kleine Äderchen sichtbar, die zeigten, wie wütend er selber war.
„Weißt du was? Wer nicht hören will, muss eben fühlen!“, sagte Dennis jedoch nur und riss sich dann von Kyle los.
„Sag aber am Ende ja nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“
„Dennis, du laberst nur Scheiße. Also hau endlich ab und lass mich in Ruhe, ich kann deine Fresse echt nicht mehr sehen…“
Da hörte Kyle seinen Freund erneut auflachen.
„Warte ab, was du in drei Wochen sagst!“ und Dennis wandte sich ab und verschwand während Kyle wütend zurück blieb und seinem Freund hinterhersah. Was hatte er nur vor? Was stimmte nicht mit ihm?

32. Kapitel: „Ich würde Sam dir tausende Male vorziehen…“


Kyle stand immer noch wie angewurzelt da und wusste nicht, was er über seinen Kumpel überhaupt noch sagen sollte. So kannte er Dennis nicht und Kyle hatte so etwas in der Art noch niemals bei seinem Freund erlebt. Er war immer der anständigere von beiden gewesen, respektvoll anderen gegenüber und jetzt? Das konnte doch unmöglich alles nur wegen Sam entstanden sein? Wie konnte man einen solchen Hass gegenüber jemandem entwickeln, den man eigentlich gar nicht kannte?
Kyle setzte sich in Bewegung und schritt kurze Zeit später zwischen den Tribünen hervor. Das Licht im Stadion war mittlerweile eingeschaltet worden, da es draußen mittlerweile schon finster geworden war und so erstrahlte das gesamte Spielfeld, samt Tribünen in hellem Licht. Die Leute tanzten und tranken, flirteten oder waren schon voll bei der Sache, hatten ihren Spaß und genossen den Abend. Kyle hingegen war einfach nur wütend. Er ging auf einen Tisch zu, auf welchem die Getränke des Abends verteilt standen und schnappte sich einen Plastikbecher, in welchen er puren Wodka hineingoss. Er schüttete sich den Inhalt auf einmal in den Mund und verzog kurz die Miene, bevor er sich erneut einschüttete und den Becher dann mit Cola auffüllte. Er hob den Becher zum Mund an und drehte sich währenddessen um. Automatisch sah er sich nach Sam um und entdeckte sie kurze Zeit später bei einigen der Spieler. Martin und Danny waren bei ihr und in diesem Moment lachte sie über etwas, was einer der Jungs gesagt hatte. Während er Sam beobachtete, schlich sich die Frage, was Dennis für ein Problem mit ihr hatte, erneut in sein Bewusstsein. Sie war witzig, für jeden Mist zu haben, man konnte sich sogar mit ihr unterhalten oder einfach nur einen Film ansehen.
Vor einigen Tagen, hatten sich beide gemeinsam mit Martin und Simmons den ersten Teil von Saw angesehen. Sam hatte sich einverstanden erklärt, weil Kyle ja schließlich mit ihr gemeinsam Notebook angesehen hatte. Während des Films hatte sie sich automatisch mehrere Male an seine Schulter gelehnt, um den grausamen Bildern zu entkommen, die über den Bildschirm geflackert waren. Sie hatte es wahrscheinlich nicht einmal bemerkt, doch Kyle hatte den gesamten Film über gehofft, dass die nächste Szene, die sie schockierte, schnell kam. Nachdem der Film zu Ende gewesen war, hatte Sam jedem der dreien ersteinmal gegen den Arm geboxt und klargestellt, dass sie sich so etwas, nie wieder ansehen würde. Die Jungs hingegen hatten sich schlapp gelacht darüber und, als Sam in die Küche gegangen war, bereits den nächsten Videoabend geplant. Für das nächste Mal hatte Simmons sich die Filmauswahl gesichert.
All diese Dinge, hätte Dennis mit ihnen teilen können, wenn er nicht so ein sturer Vollidiot wäre und sich endlich dazu durchringen würde, Sam eine Chance zu geben.
Er setzte sich in Bewegung und drängte sich durch die Menschenmenge, die den Platz in der Nähe der Bar zur Tanzfläche umfunktioniert hatte. Als er schließlich bei den anderen ankam, legte er Sam seine Hand kurz auf die Hüfte bevor er sie schnell wieder wegzog, weil er sich daran erinnerte, dass Freunde so etwas nicht einfach so taten. Sam hingegen sah überrascht zu ihm auf und schien im ersten Moment erschrocken, bevor sich ihr Gesichtsausdruck entspannte, als sie Kyle neben sich stehen sah.
„Alles klar bei dir?“ fragte sie ihn nach ein paar Sekunden und zog ihre Stirn kraus. Kyle überlegte kurz, was er ihr sagen sollte, was Dennis von ihm gewollt hatte. Sam wusste, dass Dennis einst Kyles bester Freund gewesen war und ganz offensichtlich hatte sie erwartet, dass die beiden sich vertrugen, anstatt sich zu streiten. Ihr Blick verriet sie in so vielerlei Hinsicht.
„Alles klar!“, antwortete Kyle und lächelte sie an, was bei ihr ebenfalls ein Lächeln auslöste.
„Da bin ich aber erleichtert. Wo ist Dennis denn?“, fragte sie und sah sich kurz um, bevor sie es aufgab.
„Der ist schon abgehauen.“, entgegnete Kyle kurz, da er nicht weiterhin über diesen Idioten sprechen wollte. Wenn Dennis nicht selber erkannte, dass das was er da brachte absoluter Bullshit war, dann konnte Kyle ihm auch nicht helfen. Er würde aber Sam mit Sicherheit nicht auf die Nase binden, was Dennis über sie gesagt hatte.
„Naja, schade, glaube ich…“, sagte Sam nachdenklich und fügte dann hinzu „Ich freue mich aber, dass ihr beiden euch vertragen habt.“
Kyle entschied sich dazu, Sam ersteinmal in dem Glauben zu lassen, da sie sich mit Sicherheit Vorwürfe machen würde, wenn sie erfahren würde, dass Kyle seinen ehemals besten Kumpel beinahe die Fresse poliert hätte für das, was er über Sam gesagt hatte.
„Ja ich auch.“, murmelte er kaum hörbar und sah dann zu Martin und Danny, die sich gerade köstlich über irgendwas bestimmtes amüsierten.
„Also Sam, schwanger ha?“ fragte Danny sie und bekam als Antwort einfach nur einen Schlag mit der Faust gegen den Arm.
„Mann Mädchen, du brauchst echt so etwas wie Aggressionstraining.“, sagte Danny und rieb sich die Stelle, wo Sam ihn getroffen hatte.
„Hatte ich schon und es hat auch nichts gebracht!“, erwiderte Sam und fügte dann hinzu „Lass diese dummen Scherze von wegen schwanger…am liebsten würde ich Jeniffer dafür eine mitgeben. Was hat die nur für ein Problem?“
„Es ist doch eindeutig, dass Jeniffer einfach nur eifersüchtig ist!“, erklärte ihr Martin und blickte auf. Sam folgte seinem Blick und entdeckte Chad, einen der jüngeren Spieler gerade wild knutschend mit Jeniffer.
„Wenn man nicht vom Teufel spricht.“, murmelte Sam und wandte sich wieder ab.
„Die fällt aber auch wirklich über jeden her…“, fügte sie hinzu und verdrehte die Augen.
„Ja unser lieber Kyle ist auch schon Opfer von ihr geworden.“, erklärte Danny lachend und sah zu Kyle hinüber, der gerade ganz offensichtlich versuchte, seinen Teamkollegen mit Blicken zu erdolchen.
„Wieso wundert mich das jetzt überhaupt nicht?“, sagte Sam, drehte sich ein wenig in Kyles Richtung und blickte zu ihm hinauf.
„Hey, du weißt genau, dass ich so einen scheiß nicht mehr mache!“, sagte er abwehrend. Es war ihm wichtig irgendwie klar zu stellen, dass er seitdem er Sam kennengelernt hatte nicht nur keinen Sex mehr gehabt hatte, sondern auch, dass ihn die anderen Weiber noch nicht einmal mehr interessierten. Doch das konnte er nicht tun, solange die anderen beiden daneben standen und beide ganz genau beobachteten.
„Naja, meine Meinung dazu kennst du ja.“, entgegnete Sam und sah dann wieder zu den anderen beiden Jungs, die sich interessiert in der Gegend umsahen, so als wollten sie die beiden nicht stören.
„Meine kennst du ebenfalls!“, sagte Kyle und trank einen kräftigen Schluck seiner Wodka Cola Mischung. Die Gespräche verlagerten sich in eine andere Richtung und irgendwann kamen sie dann auch auf das Playoffsfinale zu sprechen.
„Drei Wochen noch und ich hoffe wir stehen dann auf dem Feld!“, sagte Martin und drehte sich in Richtung Spielfeld.
„Klar werden wir das!“, entgegnete Kyle und als er zu Sam hinüber sah, merkte er, dass sie ein wenig abwesend zu sein schien. Danny und Martin schienen nichts zu bemerken und so fragte Danny „Was habt ihr eigentlich vor, wenn die Saison vorbei ist? Schließlich haben wir dann noch ein paar Wochen frei!“
„Ich werde mit meiner Süßen endlich mal wieder wegfahren! Wir haben uns dazu entschieden eine Art Road Trip zu machen, bevor es zur Sache geht!“, beantwortete Martin die Frage und zog so die Blicke der anderen auf sich.
„Zur Sache?“, fragte Kyle ihn, weil Danny es nicht tat. Sam hingegen wusste schon, was Martin meinte.
Dieser trat jetzt jedoch nervös von einem Bein auf das andere und entschied sich dann offenbar, dass es jetzt noch nicht die Zeit dafür war allen zu sagen, dass er vorhatte zu heiraten.
„Naja, das neue Semester. Ich will mich da wieder richtig reinknien, schließlich ist es das Letzte.“, antwortete Martin und fragte dann Sam, was sie vorhatte, um von sich abzulenken.
„Ich habe überlegt, zu meiner Tante in meine Heimatstadt zu fahren. Einfach mal abschalten…“, antwortete Sam und blickte dann auf das Feld hinaus. Drei Wochen und keiner konnte ihr sagen, was danach sein würde.
„Wie lange willst du denn wegfahren?“, fragte Kyle sie neugierig doch Sam zuckte lediglich mit den Schultern und entgegnete „Keine Ahnung, zwei Wochen vielleicht?“ Als Sam zu ihm aufblickte sah sie etwas in seinem Blick, was sie nicht wirklich deuten konnte. Hätte sie Kyle in diesem Moment gefragt, so hätte er ihr sowieso nicht gesagt, was ihn beschäftigte.
Doch in seinem Inneren fand gerade eine heftige Debatte darüber statt, warum Sam ihm nicht schon vorher davon erzählt hatte. Zwei Wochen würde sie weg sein und Kyle konnte sich nicht einmal mehr vorstellen, was er so lange ohne sie machen sollte. Die Jungs wären auch zum größten Teil unterwegs, nur wenige blieben hier. Vielleicht sollte er am besten selber zu seiner Mom und Carly fahren um etwas auszuspannen? Er wusste jedoch jetzt schon, dass diese Wochen nichts mit ausspannen zu tun hätten, schließlich kannte er die beiden nur allzu gut.
Er trank den restlichen Inhalt seines Bechers und sagte dann „Ich hol mir noch was zum trinken…braucht sonst noch wer was?“, dabei sah er jedoch lediglich Sam an, die den Kopf schüttelte und „Lieber nicht, ich hab mich vorhin, während des Gesprächs mit Lizzy, mit dem vorbereiteten Punsch zugeschüttet, das hat mir definitiv gereicht. Außer du bist scharf darauf, mich den ganzen Weg nach Hause zu schleppen?“
Kyle zuckte mit den Achseln und sagte „Hätte ich kein Problem damit!“, zog dann jedoch davon, bevor eines ihrer Wortgefechte entstand.
Als er erneut an der improvisierten Bar stand, legten sich plötzlich zwei Arme um ihn und fuhren seine Brust entlang nach oben, wo die Hände kurz innehielten, bevor sie wieder nach unten wanderten. Er drehte sich schnell um und entdeckte Jeniffer, die kurze Zeit vorher noch mit Chad rumgemacht hatte, hinter sich. Ihre Hände waren jetzt an seinem Rücken platziert und wanderten dort weiterhin von oben nach unten, bis sie an seinem Arsch stehen blieb und dann zupackte. Kyle hingegen, nahm ihre Hände weg und trat einen Schritt zurück.
„Endlich erwische ich dich mal alleine!“, schnurrte Jeniffer und blickte sich dann kurz um, bevor sie sich wieder in seine Richtung wandte und dann mit ihrem Zeigefinger über seine Brust fuhr.
„Sam tut ja wirklich alles, um dich von mir fernzuhalten, aber da hat sie keine Chance, nicht mein Süßer??“, fügte sie betrunken hinzu.
Erneut erhob Kyle seine Hand und nahm Jeniffers Hand, von seiner Brust weg, bevor er das Wort an sie richtete.
„Jeniffer, ich dachte ich hätte meinen Standpunkt klar gemacht!“, entgegnete Kyle und drehte sich zu der Bar um, wo er sich das Nächstbeste, nämlich ein Bier, schnappte. Doch diese Zeit nutzte Jeniffer erneut, um ihren gesamten Körper an Kyle seinen zu schmiegen, was ihm einfach nur unangenehm war.
„Jeniffer, hör mit dem Scheiß auf verdammt! Checkst du nicht, dass ich keinen Bock auf dich habe??“, entgegnete Kyle wütend und wirbelte herum.
„Was ist eigentlich dein Problem?“, kreischte Jeniffer auf einmal los und ein paar Leute in der Nähe drehten sich zu den beiden um.
„Kannst du mal bitte deine Klappe halten? Das muss hier nicht jeder mitbekommen!“, ging Kyle sie an und zog sie am Arm zur Seite, so dass die die hinter ihnen standen zur Bar hin kamen und damit sie nicht mehr ganz so im Mittelpunkt standen. Doch Jeniffer sah nicht ein, weshalb sie dies kommentarlos mit sich machen lassen sollte. Sie war wütend, frustriert und noch dazu betrunken und Kyle freute sich schon auf die bevorstehende Szene. Nicht nur Dennis, jetzt auch noch Jeniffer! Das würde den Abend perfekt machen…
„Was glaubst du eigentlich, mit wem du redest? Ich war sehr geduldig in den letzten Wochen Thompson, aber irgendwann hab auch ich keine Lust mehr zu warten. Du hattest mir etwas versprochen und dieses Versprechen will ich von dir eingelöst bekommen und zwar jetzt!“ Kyle blinzelte einige Male und fragte sich, wie er überhaupt jemals etwas an dieser blöden Kuh, die vor ihm stand, hatte finden können. Immer mehr Leute drehten sich zu den beiden um und auch Sam, hatte bereits einen kurzen Blick riskiert, wie Kyle mit großem Bedauern festgestellt hatte.
„Sag mal, verstehst du wirklich nicht, was ich dir sage, oder willst du es einfach nicht verstehen? Ich habe jetzt nicht vor mit dir zu schlafen und auch in Zukunft wird es nicht mehr dazu kommen!“, zischte er ihr zu. Bei diesen Worten verengten sich Jeniffers Augen und sie entgegnete, nicht so laut wie vorher, aber dennoch laut genug, damit sie die Leute um sie herum verstehen konnten „Das liegt an dieser Mistkröte, hab ich Recht?“ Einige drehten sich jetzt ganz offensichtlich in die Richtung der beiden, da sie es als spannend genug erachteten, lieber den beiden, als ihren vorherigen Gesprächen, Achtung zu schenken.
„Von was redest du da?“, fragte Kyle sie, denn er hatte keine Ahnung, was sie meinte. Zumindest keine konkrete.
„Von Sam!!“, zischte Jeniffer und spuckte Sams Namen so aus, als wäre er Gift in ihrem Mund.
„Ich weiß nicht, was du an dieser Schnepfe findest, aber werde doch glücklich mit ihr wenn du meinst, dich mit einer prüden, missgebildeten Kröte einlassen zu müssen! Aber komm nicht angekrochen, wenn du entdeckst, dass an der nichts dran ist! Jetzt oder nie!!“ Jetzt schrie Jeniffer beinahe und Kyle spürte, wie ihm das Blut zu Kopf stieg. Morgen würde es Jeniffer zutiefst peinlich sein, wie sie sich heute verhalten hatte, doch auch ihm war es unangenehm wegen ihr in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt zu sein. Er bemerkte die Blicke, die auf ihnen lasteten, wusste, dass mittlerweile jeder im Umkreis von fünf Metern ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkte. Dennoch konnte er sich nicht zurück nehmen, denn für die Wut die ihn ihm hochgekocht war, während Jeniffer diese Worte ausgesprochen hatte, brauchte er ein Ventil um sie abzulassen und dafür nutzte er seine nächsten Worte.
„Ich würde Sam dir tausende Male vorziehen!! Wenn du meine Antwort haben willst, die endgültige?? NIE!“, und mit diesen Worten wandte er sich von Jeniffer ab und ging davon, während er das Gemurmel um sich herum durchaus wahrnahm. Zum zweiten Mal an diesem Abend zitterte er vor Wut und deshalb entschied er sich, nach Hause zu gehen, bevor er noch irgendeinen unbehebbaren Schaden anrichten würde.
Ihm war durchaus bewusst, wie seine Worte bei den anderen angekommen sein mussten, doch hatte er es einfach nicht ertragen, dass Jeniffer so über Sam sprechen konnte und am Ende noch davon kam. Sam hätte sie mit einem Schlag niedermachen können, doch er kannte Sam, sie würde niemals jemand unschuldigen verprügeln, außer er würde demjenigen eine Maske von sich selber aufbinden. Doch in diesem Fall wünschte er sich, sie würde eine Ausnahme machen! Jeniffer verdiente es nicht anders, dass ihr mal der Kopf gewaschen wurde!
„Kyle!!??!“, hörte er hinter sich eine Stimme rufen, die jedoch von den anderen Stimmen beinahe verschluckt wurde und so konnte er nicht erkennen, wer das hinter sich war. Er zog mit schnellen Schritten an all den Leuten vorbei, die umher standen. Die einen hatten etwas von dem Streit zwischen ihm und Jeniffer mitbekommen, die anderen würden spätestens morgen davon erfahren und spätestens morgen würde Jeniffer auch jedem der es hören wollte, und auch denen die damit nichts am Hut haben wollte, erzählen, dass Kyle Sam hinterherlief, vielleicht sogar, dass er sich in sie verliebt hatte. Zumindest aber, dass sie was miteinander am Laufen hatten und das wäre schon genug. Gar nicht unbedingt wegen ihm, denn Kyle musste selber mit den Konsequenzen seines früheren Lebens umgehen, doch für Sam würde das die Hölle bedeuten. Kyle kannte sie und so sehr sie auch immer wieder betonte, dass es ihr egal was, was die Leute von ihr dachten, so war es das eben nicht. Es war ihr wichtig, dass die Menschen sie für unnahbar hielten. Es war ihr wichtig, dass sie ihren Respekt vor ihr hatten und diesen Respekt würde sie unweigerlich verlieren, wenn Jeniffer erst einmal loslegte.
„Kyle verdammt, jetzt warte. Ich bin keine Sportlerin und meine Kondition ist zum kotzen!!“, hörte er erneut die Stimme, doch diesesmal erkannte er Sam gleich und blieb stehen um sich umzudrehen. Er war weiter gelaufen, als er in seiner blinden Wut vermutet hatte und so sah er in etwa 50m entfernt die letzten Partygäste, dahinter das beleuchtete Spielfeld.
„Sam lieber nicht, ich habs versaut. Geh hab deinen Spaß, ich geh erstmal nach Hause und schlage meinen Kopf an die Wand!“, sagte Kyle genervt, doch Sam kam schwer atmend neben ihm zu stehen, stützte sich mit ihren Armen auf den Knien ab und sah zu ihm hinauf.
„Kyle, komm schon, das war wirklich nett von dir!“, entgegnete sie lächelnd.
„Dir ist klar, was spätestens morgen über uns geredet wird, oder?“, fragte Kyle sie mit hochgezogener Braue und Sam nickte.
„Ich kanns mir denken, aber im Endeffekt ist das doch scheißegal. Wir beiden wissen ja, was zwischen uns läuft, oder?“, fragte Sam und mit einem Mal packte Kyle ein Gefühl, welches er lieber wieder loswerden wollte.
„Ach ja? Wissen wir das??“, fragte er etwas zu energisch und Sam richtete sich misstrauisch zu ihrer vollen Größe auf.
„Ich dachte, ja!“, antwortete sie und sah ihn eine Zeit lang stumm an, bevor sie erneut zu sprechen anfing.
„Kyle, wir sind Freunde. Wir wissen das, das Team weiß das und der Coach wird es wohl ebenfalls mitbekommen haben in der Zwischenzeit! Also lass uns jetzt da kein Drama draus machen, ok?“, sie schien unsicher zu sein, dennoch lächelte sie während sie sprach. Kyle überlegte einen Moment und entschied sich dazu, ersteinmal nachzugeben. Er hatte heute bereits zwei Kämpfe gekämpft für Sam, da würde er nicht noch einen gegen sie riskieren.
„Ok!“, entgegnete er und strich sich dann mit der rechten Hand durch die Haare, während er lächelnd auf Sam hinab sah.
„Und jetzt…“ sagte Sam und kam auf Kyle zu, während dieser automatisch einen Schritt zurück wich, weil er nicht wusste, was Sam vorhatte.
„Will ich dich gerne für das was du da eben getan hast, umarmen!“ sagte sie lächelnd und als Kyle den Sinn ihrer Worte verstand, nahm er sie in die Arme, während sie die ihren um seinen Nacken legte. Beinahe so, wie bei dem Kuss, doch Kyle verdrängte die Gedanken schnell. Er atmete einmal tief ihren Geruch ein und fühlte sich mit einem Mal ruhig. Ruhig und wie zuhause.
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Er hatte gewusst, dass Dennis keine Ahnung hatte. Der Kleine laberte die meiste Zeit nur scheiße! Während er im Schutz des Dunkels stand und Sam beobachtete, wie sie sich mit diesem Proleten unterhielt, spürte er, wie tief in ihm drinnen der Drang aufkam, Sam das anzutun, was sie ihm angetan hatte. Er hatte sich jeden Tag, den er in diesem elendigen Knast hatte verbringen müssen, geschworen, dass er es ihr eines Tages heimzahlen würde. Jeden Tag, hatte er sich die Wege vorgestellt, wie er das tun wollte und jedes Mal war das gleiche dabei rausgekommen: Sam hatte blutend und weinend auf dem Boden gelegen, während er selber mit einem Lächeln über ihr kniete.
Als er sie jetzt jedoch so mit Thompson da stehen sah, spürte er eine Regung in seiner Lendengegend. Oh wie heiß ihn dieses Weib doch schon immer gemacht hatte. Er verfluchte sich dafür, doch er wusste tief in sich, dass er Sam sofort zurück nehmen würde. Auch wenn ihre Beziehung ein etwas abruptes Ende genommen hatte, so wusste er, dass er sie sofort nageln würde. Man hatte ihm vorgeworfen, dass er eine Störung hätte, doch er wusste, dass das was er für Sam empfand nicht mit einer Störung vergleichbar war, sonder tiefe und ehrliche Gefühle waren, die einfach nur niemand verstand.
Diese Gefühle hinderten ihn jedoch nicht daran, ihr zeigen zu wollen, dass sie einen Fehler begangen hatte, als sie sich mit ihm angelegt hatte. Er musste damit beginnen sie zu erziehen, wenn es sonst niemand vor ihm getan hatte.
Den einen Kampf, den hatte sie wohl gewonnen, doch den nächsten, den würde er für sich entscheiden. Und dieser wäre auch ihr letzter!
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„Ach komm schon, so schlimm kanns auch nicht gewesen sein!“, sagte Sam, als Kyle und sie gerade ihr Wohnhaus betraten.
„Doch ich schwörs dir, ich hatte eine Zahnspange, brauchte eine Brille, hatte dicke fette Pickel und ein paar Kilos zu viel!“, entgegnete er und legte dabei seine rechte Hand auf die linke Brust um damit seinen Ernst auszudrücken.
„Na, ich weiß nicht…ich denke ich werde das erst glauben, wenn ich Beweisfotos gesehen habe!“, sagte sie lachend und schlug ihm dann gespielt gegen die Schulter. Sie stiegen die Treppen langsam hinauf und als sie in Kyles Gang ankamen, entdeckte Sam eine blonde Frau, die mit einem Kleinkind in den Armen an Kyles Tür gelehnt dastand. Sie schenkte ihr jedoch nicht viel Beachtung. Anscheinend hatte Kyle die Frau noch nicht entdeckt, denn er fuhr unbeirrt fort, zu erzählen.
Die Frau hingegen blickte auf und sah in ihre Richtung, dann drückte sie ihren Sohn etwas weg von der Brust, flüsterte ihm etwas ins Ohr. Dieser nickte wie wild.
Sam fragte sich, welche Rabenmutter mit ihrem Kind, der Junge war vielleicht um die zwei oder drei Jahre alt, um diese Uhrzeit überhaupt noch draußen unterwegs war?? Die Frau setzte den Jungen auf dem Boden ab. Kyle bemerkte offenbar in der Zwischenzeit, dass Sams Aufmerksamkeit nicht mehr bei ihm lag und drehte sich um, wo er die Frau ebenfalls entdeckte. Sam blickte zu ihm hinauf, nach einem Zeichen, ob er sie kannte oder nicht. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, dann ging er einige Schritte auf sie zu und vergaß Sam dabei vollkommen. Alles spielte sich wie in einem Film ab und Sam hatte ein ungutes Gefühl.
Der kleine Junge, der ein wenig rundlich für sein Alter wirkte, lief mit kleinen, jedoch schnellen Schritten auf Kyle zu und erhob, bereits auf dem Weg seine kurzen Ärmchen. Als er auch noch „DADDY!!“ rief, hatte Sam das Gefühl, sie hätte einen Fausthieb in den Magen versetzt bekommen.

33. Kapitel: „Sage mir Sam, was genau empfindest du für Kyle…“

„Hey mein Großer. Du bist ja ganz schön in die Höhe geschossen, mein Lieber!“ sagte Kyle und drückte Jamie an seine Brust. Währenddessen atmete er den vertrauten Geruch von ihm ein und spürte, wie seine Brust in seinem Inneren zu schwellen begann. Er hatte diesen kleinen Racker so sehr vermisst, dies wurde ihm jedoch erst in diesem Moment wirklich bewusst.

„Wir sind dich besuchen gekommen!“ sprach der kleine Kerl in seinen Armen und Kyle drückte ihn ein wenig von sich weg, ließ ihn jedoch noch nicht herunter.

„Das sehe ich. Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen?“ fragte Kyle, jedoch mehr in die Richtung der blonden Schönheit, die immer noch an seiner Tür gelehnt dastand und zu ihnen hinübersah. Wie immer, trotz aller Erlebnisse, ein Lächeln auf den Lippen.

„Das wirst du noch früh genug erfahren. Wir haben einiges zu besprechen Kyle…“ sagte Carly und klang dabei wesentlich ernster, als es ihre Miene erlauben würde. Nach diesen Worten kam sie auf Kyle zu und nahm ihm anschließend Jamie ab. „Wir waren ziemlich lang unterwegs und es ist schon recht spät. Jamie muss dringend ins Bett!“ erklärte sie ihm und erst in diesem Moment entdeckte Kyle zwei große Reisetaschen vor seiner Haustüre. Er zog die Augenbrauen zusammen und fragte sich, was nur passiert war? Wieso hatte Carly ihr gemeinsames Zuhause verlassen und war hierher gekommen? Sie wusste doch eigentlich, dass Kyle während der Saison wenig Zeit hatte. Früher oder später, wäre er schon wieder nach hause gefahren, so wie er es jedes Jahr getan hatte. Irgendetwas stimmte also offenbar nicht.

Er hörte ein leises Räuspern und drehte sich um, wo er Sam vorfand, die er doch tatsächlich für einen Moment vergessen hatte. Ihr Blick war starr, ihr Gesicht und ihre Körperhaltung angespannt.

„Hallo ich bin Carly, das ist mein Sohn Jamie.“, sagte Carly an Sam gewandt, die einen Schritt nach vorne trat und sich ebenfalls vorstellte. Währenddessen war ihr Blick jedoch stetig auf den kleinen Jungen in Carlys Armen gerichtet. Kyle hatte irgendwas verpasst, das wusste er genau. Doch seit dem Augenblick, in welchem er Jamie und Carly erblickt hatte, waren seine Gedanken nur noch Achterbahn gefahren und er konnte nicht mit Sicherheit sagen, was währenddessen geschehen war.

„Schön dich kennenzulernen, Sam!“ entgegnete Carly höflich und wandte sich dann zu Kyle um.

„Würde es dir was ausmachen, mir deinen Schlüssel zu geben? Ich muss Jamie wirklich dringend ins Bett bringen!“ sagte Carly standhaft und Kyle fischte in seinen Jeans nach seinem Wohnungsschlüssel.

„Das Gepäck nimmst du dann mit rein, oder?“ vergewisserte sich Carly und nachdem Kyle nickte, wandte sie sich von den beiden ab und ging auf die Haustür zu. Kurz bevor sie eintrat, sah sie noch einmal zu Sam hinüber und sagte „Eine Gute Nacht wünsche ich!“

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Sam beobachtete die Schönheit, wie sie auf Kyles Wohnungstür zuging, wie selbstverständlich. Ihr Sohn hing in ihren Armen, hatte seine Augen jedoch noch geöffnet und beobachtete Sam und Kyle, die im Gang zurück blieben. Der kleine Mann war Kyle wie aus dem Gesicht geschnitten und das verängstigte Sam sehr. Warum hatte er ihr nicht gesagt, dass er einen Sohn hatte? War er etwa auch schon verheiratet? Sam hatte niemals einen Ring an seinem Finger entdeckt und auch hatte er niemals Anzeichen in diese Richtung gemacht. Sam hatte viel von Kyle gehalten, doch als einen Betrüger hätte sie ihn nicht eingestuft. Aber weshalb, sollte dieser Junge Kyle Daddy nennen, wenn nicht aus dem naheliegenden Grund, dass Kyle tatsächlich sein Daddy war? Hatte Kyle diese Carly etwa tatsächlich die ganze Zeit über immer wieder betrogen? Oder vielleicht waren sie gar nicht mehr zusammen? Aber wieso war es dann so selbstverständlich, dass sie sich bei ihm einquartierte?

„Eine Gute Nacht wünsche ich!“, hörte sie Carly sagen und im gleichen Moment, begann auch Jamie zu sprechen.

„Mommy? Wieso heißt die Frau Sam? Sam ist doch ein Jungenname!“ Die Antwort auf diese Frage, hatte Sam nicht mehr hören können, da Carly die Wohnung betreten und hinter sich die Tür geschlossen hatte.

„Sag mal, was geht denn jetzt hier ab?“, fragte Sam und sah zu Kyle hinüber, der immer noch die mittlerweile verschlossene Tür betrachtete. Sein Gesichtsausdruck war ruhig und entspannt und das schmerzte irgendwie, denn Sam sah genau, dass diese Frau ihm äußerst wichtig zu sein schien.

„Was soll abgehen? Ich weiß es selber noch nicht so genau! Keine Ahnung was Carly hier will…“, sagte er schulterzuckend und ging dann automatisch einen Schritt auf seine Wohnung zu. Sam spürte genau, dass Kyle schnell hinterherwollte um sich noch weiter mit dieser Schönheit zu unterhalten. Da es sie im Grunde genommen auch gar nichts anging, weil sie keinerlei Anspruch auf Kyle hatte und auch kein Recht dazu hatte, sich eine Meinung zu erlauben, so lange er ihr nicht erklärt hatte, wer genau diese Frau war, entschied sich Sam ihn für heute, ohne weitere Konfrontation gehen zu lassen. Doch irgendwann, müsste er ihr Rede und Antwort stehen, weil sie ansonsten nicht wüsste, wie sie damit umgehen sollte. Ihr schlechtes Gewissen zerfraß sie beinahe. Natürlich wusste sie, dass Kyle auch vorher schon einige Affären gehabt hatte, doch keine davon war Sam gewesen. Wenn Kyle und diese Frau tatsächlich zusammen waren, vielleicht sogar verheiratet, dann wäre Sam nichts anderes als eine der vielen dreckigen Nutten, die mit einem Mann rumgemacht hatten, der vergeben war. Doch eigentlich war das ja dann Kyles Schuld, oder etwa nicht? Er hätte schließlich etwas sagen sollen! Vielleicht hätte Sam jedoch auch einfach etwas ahnen können.

„Naja, wie dem auch sei. Ich geh dann mal! Wir sehen uns dann…“, murmelte Sam, da sie ihren inneren Monolog nicht vor Kyle halten wollte und so drehte sie sich ohne ein weiteres Wort um und ging auf die Treppenstufen zu, die nach oben in ihr Stockwerk führten. Bevor sie diese erreichte, spürte sie jedoch eine Hand an ihrem Arm, die sie davon abhielt weiter zu gehen.

„Sam, ist alles in Ordnung?“ fragte Kyle und sie drehte sich doch zu ihm um.

„Klar, was soll denn auch nicht in Ordnung sein?“, entgegnete sie und legte dann ihre Hand auf die seine, jedoch nur um ihren Arm dadurch frei zu bekommen. Sie ging zügig die Treppe hinauf, damit Kyle keine weitere Chance hatte sie aufzuhalten.

Sie fühlte sich wie betäubt in ihrem Inneren und konnte es immer noch nicht glauben. Selbst wenn dieses Kind Kyle nicht Daddy genannt hätte, so würde sie keinen Moment daran zweifeln, dass es seines war, denn sie sahen sich so verdammt ähnlich, dass es schon beinahe gruselig war.

Sie spürte Zorn in sich aufwallen. Wieso nur, musste ihr immer so ein Mist passieren? Es war nicht so, dass sie Kyle für sich haben wollte, doch irgendwie schmerzte es sie schon zu wissen, dass er in der Hinterhand immer eine ganz besondere Frau gehabt hatte. Für einen kurzen Moment, hatte Sam bisher gedacht, dass sie vielleicht in seinen Augen etwas besonderes sein könnte, doch da hatte sie sich vermutlich geirrt.

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„Und, was hat sie gesagt deine Schnalle?“ fragte Carly, nachdem Kyle seine Wohnung betreten hatte. Sie saß mit übereinandergelegten Beinen und verschränkten Armen lässig auf seiner Couch.

„Wo ist Jamie?“, fragte Kyle anstatt zu antworten. Er wusste genau, was Carly bisher von seinen weiblichen Bekanntschaften gehalten hatte und er hatte in diesem Augenblick keine Lust ihr zu erklären, dass es mit Sam etwas anderes war. Dass sie seine Freundin war! Also eine gute Freundin, natürlich.

„Der liegt bereits in deinem Bett und schläft. Es war ein anstrengender Weg, wir sind von einem Stau in den nächsten geraten, waren viel länger unterwegs als geplant. Er braucht seinen Schlaf.“, erklärte Carly und lächelte ihn an.

Er liebte dieses Mädchen, doch konnte sie ihn auch zur Weißglut bringen.

„Dann hättest du vielleicht früher losfahren sollen, dann hätte Jamie nicht mitten in der Nacht auf mich warten müssen. Warum zum Teufel hast du nicht angerufen Carly?“ fragte Kyle und spürte seine stetige, unterschwellige Wut wenn Carly in der Nähe war.

„Weil ich es einfach nicht mehr ausgehalten habe zuhause. Deine Mutter treibt mich noch in den Wahnsinn!“, sagte sie und erhob energisch ihre Arme. „Ständig ist sie viel zu gut, oder viel zu schlecht gelaunt. Sie fällt Entscheidungen, die nicht mehr angemessen sind! Vor ein paar Tagen hat die Polizei sie nach Hause gebracht, weil sie mit einem vollen Einkaufswagen, ohne zu bezahlen, aus dem Supermarkt gegangen ist und das Essen dann an Obdachlose verteilt hat. Am nächsten Tag kam Mrs. Lort rüber und meinte, ich solle mal nach ihr sehen, da sie gerade auf der Straße Geld verteile. Ich kann nicht mehr Kyle, das wächst mir alles über den Kopf. Jamie ist momentan auch in einer äußerst schwierigen Phase, er vermisst seinen Daddy, er braucht ein männliches Vorbild!“, bei diesen letzten Worten, zog sich Kyles Herz zusammen. Ja er war nicht mehr sonderlich oft dort gewesen, doch war es nicht seine Schuld, dass Jamie seinen Daddy nicht sehen konnte. Er entschied, diesen Teil ersteinmal zu übergehen.

„Carly, sie ist auch deine Mutter!“, sagte Kyle und fühlte sich mit einem Mal müde und kraftlos.

„Du warst ihr aber schon immer wichtiger als ich. Weißt du wie es ist, ständig mit dir verglichen zu werden? Carly, du hättest etwas aus deinem Leben machen sollen! Carly, sieh deinen Bruder an, er hats doch auch geschafft. Carly, wieso ist aus Kyle nur was geworden und aus dir nicht? Oder Carly, dieses Balg hättest du damals lieber abtreiben sollen. Sie beachtet Jamie noch nicht einmal, außer sie ist gerade in einer Hochphase! Wir haben damals vereinbart, dass ich mich um Mom kümmere und dafür das Haus bekomme, doch ich kann mich nicht wegen ihr zugrunde richten. Ich habe Jamie für den ich sorgen muss!“, erklärte Carly und Kyle sah seiner Schwester genau an, wie fertig sie die ganze Situation machte.

Früher war er wesentlich regelmäßiger vorbei gefahren, daraus hatte seine Mom dann immer zehren können, auch während der Saison, hatte er es häufiger geschafft als jetzt. Seit über zwei Monaten war er nicht mehr zuhause gewesen und das nagte an seinem Schuldbewusstsein.

„Und was soll ich jetzt tun?“, fragte er Carly und fuhr sich aufgeregt durch die Haare.

„Keine Ahnung Kyle, aber anstatt dich hier mit irgendwelchen Weibern zu amüsieren, solltest du vielleicht lieber mal nach hause kommen und selber nach Mom sehen. Sie hat stark abgebaut Kyle!“

„Halt mal, ich amüsiere mich doch nicht mit irgendwelchen Weibern! Das hier ist meine letzte Saison im Collegefußball. Glaubst du nicht, ich habe besseres zu tun?“ fragte er Carly empört.

„Ach bitte Kyle, bisher hat dich das alles nicht davon abgehalten ständig mit irgendwelchen Frauen ins Bett zu springen. Und erzähl mir keinen Scheiß…wer war denn die Schnalle da draußen? Hast sie schnell ins Taxi bugsiert oder? Oder hat sie dir erstmal eine geknallt, weil sie dachte du wärst Jamies Vater?“. Carlys Stimme klang giftig und Kyle konnte sich nicht erklären, was mit seiner Schwester geschehen war.

„Vater?“, das war das Einzige, was wirklich hängen geblieben war.

„Du bekommst echt gar nichts mit. Jamie hat dich Daddy genannt und die Frau da draußen hat es ihm definitiv abgekauft.“

„Oh man Carly, dieser Scherz wird wirklich langsam alt.“, sagte Kyle, bevor ihm bewusst wurde, was sie da gerade gesagt hatte. Fuck, Sam dachte er wäre Jamies Vater. Womöglich dachte sie sogar, dass Carly seine Freundin, Frau oder was auch immer war. Sam hatte einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, wenn sie das wirklich glaubte, was da gerade passiert war, dann hätte er ein dickes, fettes Problem.

„Ach komm, ich hab dich doch nur vor einer weiteren, sinnlosen Nacht beschützt!“ sagte Carly und sah ihn dabei so an, als würde sie das glauben, was sie da gerade sagte.

„Ach verdammt Carly, du musst endlich aufhören dich in Dinge einzumischen die dich nichts angehen. So einen scheiß hast du früher schon abgezogen und langsam aber sicher, vergeht mir die Lust daran. Das Mädchen da draußen, war mit Sicherheit keine dahergelaufene Schnalle. Sie war eine gute Freundin!“

Carly blinzelte ein paar Mal, bevor sie darauf antwortete.

„Eine Freundin? Ich hab mir doch gleich gedacht, dass sie nicht deinem Typ entspricht!“, sagte sie abfällig. Carly wusste genau, welche Frauen früher Kyles Beuteschema entsprochen hatten, doch es wurmte ihn, dass Carly so von Sam sprach.

„Ich hab gar keinen bestimmten Typ, ok? Das was du da draußen gebracht hast, kannst du Sam selbst erklären. Gleich morgen in der Früh! Hast du mich verstanden?“ Kyle spürte, wie er langsam wütend wurde. Das erklärte jetzt natürlich auch Sams enttäuschten Gesichtsausdruck von vorhin.

„Wieso sollte ich? Geh hin zu ihr, erkläre es ihr, sie wird das schon verstehen! Ich konnte das doch nicht ahnen…“, sagte sie und zog sich jetzt in Verteidigungsstellung.

„Du verstehst das nicht. Die Frau wird mir in den Hintern treten wenn sie denkt, dass ich dich mit einem Baby sitzen gelassen habe. Und Zweifelsohne, wird sie gerade in ihrer Wohnung sitzen und sich sehr viele Gedanken machen. Da sie mich kennt und weiß, wie ich früher war, wird sie zu dem Entschluss kommen, dass ich ein ekelhafter, feiger Bastard bin, der eine junge Frau mit seinem eigenen Kind sitzen gelassen hat!“, Kyle spürte wie die Aufregung in seinem Inneren stieg. Verdammt, er war geliefert. Er selber könne Sam erzählen was er wollte, wenn sie ersteinmal einen Entschluss gefasst hatte, dann wäre dieser sehr schwer wieder rückgängig zu machen. Er setzte sich auf einen Sessel, der am Fenster in seiner Wohnung stand und versuchte alles noch mal Revue passieren zu lassen. Er hatte sich so sehr gefreut, seinen Neffen und Carly zu sehen, dass er gar nicht mitbekommen hatte, dass dieser ihn Daddy genannt hatte. Dann hätte er dieses Missverständnis nämlich auch gleich aus dem Weg räumen können.

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Carly fragte sich, was denn jetzt schief lief. So hatte sie ihren Bruder noch niemals erlebt. Naja, doch einmal als er um die 16 gewesen war, doch kurz darauf war er so geworden, wie er heute nun einmal war. Ein Player und ein Arschloch, zumindest anderen Frauen gegenüber. Warum also lag ihm so viel daran, dass sie dieser Sam erklärte, dass das alles nur ein Missverständnis sei. Naja, ein Missverständnis wäre wohl der falsche Begriff, schließlich hatte Carly das alles genauestens geplant und zwar in dem Moment, in welchem sie ihren Bruder mit dieser Sam nach oben hatte kommen sehen. Sie hatte sich zwar gleich gedacht, dass diese Frau nicht unbedingt Kyles bisherigen „Freundinnen“ glich, doch wer wusste schon, ob Kyles Geschmack sich nicht verändert hatte. Doch jetzt, da sie ihm so zuhörte, wie er ihr erklärte, dass Sam ihm in den Hintern treten würde sobald sie zu dem Entschluss kommen würde, dass Kyle sie und Jamie verlassen hatte, erkannte sie ihren Bruder nicht wieder. Wieso nur war ihm das so wichtig? Außer, nein, das konnte Carly sich nicht vorstellen. Doch jetzt, da er so von Sam sprach schien es ihr beinahe so, als würde sie diese Frau kennen. Als er geendet hatte und sich auf den Sessel am Fenster niedergelassen hatte, vermied es Carly irgendetwas zu sagen, stattdessen betrachtete sie ihren Bruder, der mit gerunzelter Stirn, tief in Gedanken versunken nach draußen blickte. Vielleicht war das ja doch nicht so abwegig.

„Sag mal Kyle, kann es sein, dass dir ziemlich viel an dieser Sam liegt?“, fragte sie ihren Bruder, der sofort Kerzengerade dasaß und zu ihr hinüber blickte.

„Ach was, sie ist ne Freundin, wir verstehen uns ganz gut und naja…“, dass Kyle so herumdruckste, anstatt das was ihm im Kopf herum ging einfach auszusprechen, war für Carly so neu, wie seine Furcht einen schlechten Eindruck bei einer Frau hinterlassen zu haben.

„Kyle, komm. Ich bin deine Schwester. Was ist hier los? Ich kenn dich so gar nicht.“, fragte sie ihren Bruder, der seinen Fensterplatz jetzt aufgab und stattdessen wieder aufstand.

„Ich weiß es nicht, ok? Ich mag sie echt gern, nicht so wie du jetzt vielleicht denkst… Aber sie ist mir wichtig und ich will nicht, dass wir schon wieder Stress miteinander haben. Weißt du eigentlich, wie viel Arbeit es war, diese Freundschaft so aufrecht zu halten??“, er stand hilflos vor ihr und Carly konnte sehen, wie wichtig es ihm war, dass dieses Missverständnis aufgeklärt wurde. Doch eine Sache, wollte sie vorher noch von ihm wissen.

„Hast du mit ihr geschlafen?“ Kyle erhob seinen Blick und sah sie überrascht an.

„Spinnst du jetzt? Natürlich nicht? Ok ich gebs zu, wir haben und zwei Mal geküsst, aber mehr im Eifer des Gefechts. Sam ist nicht so eine, die springt nicht einfach so mal mit jedem ins Bett.“

„Und trotzdem liegt dir so viel an ihr?“, fragte Carly ihn und konnte sich ein Lächeln jetzt nicht mehr verkneifen.

Kyle sah den Blick seiner Schwester genau und hob abwehrend die Arme.

„Jetzt denk ja nicht in die falsche Richtung, ok Carly. Wir sind Freunde, mehr nicht. Ich kann sie gut leiden, das Team kann sie gut leiden. Es macht Spaß seine Zeit mit ihr zu verbringen…“

„Dann ist sie wohl auch der Grund, weshalb du es nicht geschafft hast vorbei zu kommen, oder?“ unterbrach Carly ihren Bruder. Als dieser sie schuldbewusst ansah wusste Carly, was sie am nächsten Morgen zu tun hatte. Ja so hatte sie ihren Bruder noch niemals erlebt und sie hatte das Gefühl, dass da wesentlich mehr dahinter steckte, als Kyle gerade gewillt war preiszugeben. Sie hätte es gleich erkennen müssen. Sam sah nicht umsonst nicht so wie Kyles typische Mädels aus. Sie war noch nicht mal im Ansatz so wie sie. Ihre Vermutung, Kyle hätte sich wohl in Sam verliebt, die äußerte sie erstmal nicht, denn sie kannte ihren Bruder. Wenn jemand ihn jetzt mit dieser Tatsache konfrontieren würde, dann würde er auf stur schalten und nur irgendeinen Mist bauen. Sie musste sich also erstmal bei Sam entschuldigen und rausfinden, wie sie zu ihrem Bruder stand.

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„Ich werde ihn Vierteilen!“, sagte Sam in den Telefonhörer. Auf der anderen Seite der Leitung war Janine am Apparat, die sich jetzt seit einer geschlagenen halben Stunde anhören musste, was Sam alles mit Kyle anstellen wollte, wenn sie ihn in die Finger bekam. Sie war zu dem Entschluss gekommen, dass Carly keinen Grund hätte, Kyle so in die Pfanne zu hauen. Also war er tatsächlich der Vater des kleinen Jamie. Anstatt sich den Gefühlen, die sie tatsächlich plagten hinzugeben, versank sie jetzt in ihrer Wut und schimpfte Janine damit das Ohr voll.

„Du hast ihn doch noch gar nicht gefragt, was da dahinter steckt!“, warf Janine zum gefühlten tausendsten Mal ein, doch Sam überhörte ihren Einwand einfach. Janine hingegen konnte sich nicht vorstellen, dass Kyle mit solch einer Information hinterm Berg gehalten hätte, oder, sogar noch schlimmer, seine Frau betrogen hätte. Kyle war vieles, doch so ein Mensch garantiert nicht. Außerdem hatte Janine ihn und Sam mittlerweile oft genug miteinander erlebt und sie wusste, dass Kyle dann immer nur Augen für Sam hatte. Sie glaubte an die Treue in einer Ehe und deswegen glaubte sie keine Sekunde lang, dass an dieser Geschichte irgendwas dran war. Ihre Freundin hingegen, war in diesem Moment verletzt und wütend und so konnte sie nicht mehr logisch denken.

„Ich brauche ihn auch gar nicht zu fragen, denn ich habe gesehen, wie er gestrahlt hat als er diesen Jungen in die Arme genommen hat, Janine. Ich weiß einfach, dass da irgendwas dahintersteckt. Das sagt mir meine weibliche Intuition!“, konterte Sam.

„Naja, nimms mir nicht übel Süße, aber deine sogenannte weibliche Intuition hat dich schon so manches Mal hinters Licht geführt!“, entgegnete Janine, vermied es dabei ihrer Freundin zu sagen, dass es eigentlich noch niemals vorgekommen war, dass Sam sich darauf hatte verlassen können.

„Auch wenn es früher vielleicht der Fall war, so bin ich mir sicher, dass ich diesesmal richtig liege!“

Genau diesen Moment suchte sich jemand aus, um an ihrer Türe zu klingeln. Kyle hatte bisher noch niemals geklingelt…er hatte ihr lieber die Tür eingehämmert anstatt das Knöpfchen neben der Tür zu benutzen und so sagte Sam stirnrunzelnd zu ihrer Freundin.

„Janine, ich ruf dich zurück. Da ist jemand an der Tür!“

Schnell ging sie auf diese zu, öffnete sie und entdeckte Carly davor, die ein wenig unsicher zu sein schien.

„Hallo Sam, ich hoffe dir geht’s gut? Ich hätte da was mit dir zu besprechen. Hast du was dagegen, wenn ich kurz reinkomme?“ fragte sie dennoch mit zuckersüßer Stimme. Sam kam sich im Vergleich zu Carly plump vor, sie hatte niemals eine solch gewählte Ausdrucksweise an den Tag gelegt und sie war auch niemals so charmant gewesen. Kein Wunder, dass Kyle dieser Frau verfallen war.

„Klar!“, sagte Sam und öffnete die Tür, so dass Carly eintreten konnte. Carly war etwas größer als Sam und ihr rötlich blondes Haar hing ihr offen über die Schultern. Wie es glänzte! Wenn Sam ihr eigenes ansah, dann stellte sich immer nur fest, dass ein Friseurbesuch ihr mal ganz gut tun würde.

Obwohl Carly keine Schuld traf, so hegte Sam doch einen gewissen Groll gegen sie. Warum, das wusste sie selber nicht so ganz.

„Kann ich dir irgendetwas anbieten?“, fragte sie so höflich wie nur möglich und hoffte, dabei zumindest nur ansatzweise so anmutig zu klingen wie Carly selber.

„Ein Kaffe, falls du schon welchen aufgebrüht hast!“, antwortete Carly und ging weiter in die Wohnung hinein, wo sie sich schließlich, wo auch sonst, in Kyles Sessel niederließ. Kyles Sessel! Pahh…der hatte die längste Zeit einen Sessel in ihrer Wohnung gehabt.

Sam musste zugeben, dass sie enttäuscht und wütend und noch etwas war, was sie nicht so ganz benennen konnte oder auch wollte. Durch diese Gefühle, kam jedoch auch der Wunsch zustande, Kyle einen dicken fetten Arschtritt zu verpassen und ihn dann zum Teufel zu jagen!

Sie kehrte mit zwei Tassen ins Wohnzimmer zurück und stellte Carly eine Tasse hin, ihre eigene behielt sie in der Hand, damit sie etwas hatte, woran sie sich festklammern konnte.

„Also Sam, ich glaube ich muss mich erstmal entschuldigen!“, begann Carly und Sam zog überrascht ihre Augenbrauen nach oben, vermied es jedoch etwas zu sagen.

„Du musst wissen, dass Kyle und ich einfach eine sehr besondere Beziehung haben. Nicht so wie man sie eben gewohnt ist.“, sprach Carly weiter und Sam spürte einen kurzen Stich im Herzen. Auch sie und Kyle hatten eine besondere Beziehung zueinander, doch war sie offenbar nicht so besonders wie sie bisher gedacht hatte, ansonsten hätte Kyle ihr die Wahrheit gesagt.

„Seit dem Kyle so geworden ist, wie er heute nun mal ist, habe ich ein Problem mit den Weibern die um ihn herumschwirren. Die wollen doch alle nur dasselbe von ihm. Ich bin jedoch der Meinung, dass Kyle etwas ganz anderes will, etwas ganz anderes braucht! Verstehst du ungefähr was ich sagen will?“, fragte Carly Sam und betrachtete sie dabei hoffnungsvoll.

„Nein, ich habe keine Ahnung wovon du da sprichst!“, sagte Sam und schüttelte kurz den Kopf. Was sollte sie auch um den heißen Brei sprechen?

Bei diesem Satz, lachte Carly plötzlich los.

„Ich verstehe ja schon jetzt, was mein Bruder an dir findet!“, und nahm dann ihre Tasse in die Hand um davon zu nippen, während Sam selber gerade in der Bewegung erstarrte.

„Bruder???“, fragte sie verwirrt und setzte ihrerseits, ihre Tasse auf dem Tisch ab um Carly ihre volle Aufmerksamkeit schenken zu können.

„Naja, das war der Grund, warum ich hergekommen bin. Jamie ist nicht Kyles Sohn. Diesen Scherz erlaube ich mir mit Kyle seitdem Jamie sprechen kann. Vorher, nun ja, ist ja auch egal. Ich weiß was du denkst. Wahrscheinlich meinst du, dass eine etwas obsessive Ader bezüglich meines Bruders in mir trage, doch ich wollte ihn immer nur vor dem Fehler beschützen, den ich einmal begangen habe. Also Sam, sei ihm bitte nicht böse, denn Kyle ist der Letzte, der eine Frau sitzen lassen würde, samt Kind. Er hat sich auch um mich und Jamie gekümmert soweit es ihm möglich war. Ich habe Jamie bekommen, da war Kyle bereits auf dem College, aber er kam so oft es ihm nur möglich war.“

„Bruder?“, fragte Sam erneut, da sie diesen Zusammenhang noch nicht so ganz verstanden hatte. Sie stand ganz klar auf dem Schlauch.

„Ja ich bin Carly Thompson, Kyles jüngere Schwester!“, erklärte Carly ihr, schien dabei überhaupt nicht genervt von Sams Planlosigkeit.

„Aber, wieso erlaubt man sich so einen bescheuerten Scherz?“, fragte Sam jetzt direkt und brachte Carly damit wieder zum lachen.

„Nun ja, es ist einfach so, dass ich gedacht habe du wärst eine dieser Schnallen, die mein Bruder regelmäßig abschleppt. Wenn er eine Nacht verpatzt bekommt ist Kyle zwar wütend, aber naja, es macht nicht wirklich was. Leider bist du eben keine dieser Schnallen und so hab ich mir letzte Nacht noch so einiges anhören dürfen. Ich hoffe du kannst mir verzeihen?“, fragte Carly und sah Sam dabei fordernd an.

„Klar, glaube ich.“, sagte Sam immer noch verwirrt.

„Dann hat Kyle also einen Neffen!“, schlussfolgerte Sam und versuchte so das Thema dennoch zu wechseln, da sie das andere ersteinmal verdauen musste.

„Ja hat er. Ich habe Jamie mit 17 bekommen, schwanger wurde ich mit 16. Es ist nicht Kyles Kind versprochen.“, sagte Carly lächelnd.

Sam konnte nicht in Worte fassen, wie erleichtert sie sich in diesem Moment fühlte. Es schien beinahe so als könne sie fliegen. Es hätte alles so viel komplizierter gemacht, wenn Kyle tatsächlich Vater gewesen wäre. Wenn Carly tatsächlich die Mutter SEINES Kindes gewesen wäre. Hätten Sam mit diesem Wissen weiterhin mit Kyle befreundet bleiben können? Sie bezweifelte es.

Ihre Gedanken wurden von Carly unterbrochen, die sich jetzt ihre Beine übereinander legte und sich im Sessel zurücklehnte. Anschließend legte sie ihre Hände ebenfalls aufeinander und betrachtete Sam.

„Jetzt, da wir das geklärt hätten, hätte ich eine wichtige Frage…“, sagte Carly und Sam bemerkte sofort den Wechsel in ihrer Tonart.

„Was für eine denn?“, fragte Sam etwas stutzig.

„Sage mir Sam, was genau empfindest du für Kyle?“

34. Kapitel: „Er ist weg, das ist los…“

„Was meinst du damit?“, fragte Sam ihr Gegenüber. Carly hingegen blickte sie todernst an und zuckte noch nicht einmal mit der Wimper. Die war knallhart die Frau. Anscheinend entschied Carly jedoch, die Frage noch einmal zu wiederholen um sie Sam näher zu bringen.

„Ich möchte gerne wissen, was du für meinen Bruder empfindest!?“

Sam lachte in diesem Moment los, weil sie sich so vorkam, als stünde sie vor Gericht und der Richter saß ihr direkt gegenüber.

„Naja, wir sind Freunde. Er ist mir also ziemlich wichtig!“, sagte Sam nach ein paar Sekunden, weil Carly so aussah, als würde sie sie ansonsten gleich anfallen.

„Was bedeutet wichtig?“, fragte Carly weiter und setzte sich ein wenig auf.

„Naja, ich glaube man könnte Kyle als meinen besten Freund bezeichnen?!“, Sam war selber klar, dass sie sich mehr als nur unsicher anhörte, doch sie wusste einfach nicht, was diese Verrückte vor ihr, genau wollte.

„Seit wann küsst man denn seinen besten Freund?“

Knallhart, wie Sam sich bereits gedacht hatte. Sie öffnete den Mund um zu antworten, doch da ihr keine passende Erklärung einfiel schloss sie ihn schnell wieder. Sie nahm sich ein paar Sekunden, doch auch in diesen wollte ihr nichts einfallen. Wie sollte sie auch auf eine Frage antworten, die sie sich selbst schon so oft gestellt hatte und auf die sie, trotz wesentlich längerer Überlegungszeiten, keine Antwort gefunden hatte.

Sam stand schwungvoll auf, hoffte durch die Bewegung irgendetwas entgegnen zu können doch es kam nichts. Dann also einfach die Wahrheit.

„Ok Carly, ich weiß Kyle ist dein Bruder, aber der hats wirklich faustdick hinter den Ohren. Ich weiß, dass man seinen Kumpel, seinen besten Freund, ach ist doch egal was er ist, nicht unbedingt küsst, erst recht nicht zweimal. Irgendwie hats uns so überkommen, naja eigentlich hat es deinen Bruder einfach so überkommen. Ich weiß auch nicht was ihn geritten hat, ehrlich!“ Sam war durchaus bewusst, dass das was sie da plapperte wenig Sinn ergab, doch so war es nunmal. Dass Kyle und sie sich geküsst hatten, ergab auch keinen Sinn. Bis heute nicht!

Als Carly zu lächeln anfing, entspannte sich Sam ein wenig, wusste jedoch nicht was sie noch sagen sollte.

„Naja, Kyle hat das selbe gesagt. Also, dass ihr Freunde seid. Ich wollte nur einmal sicher gehen…“ erklärte Carly und erhob sich von dem Sessel. Bei diesen Worten fiel Sams Anspannung endgültig von ihr ab.

„Du dachtest also wirklich, dass Jamie Kyles Sohn ist, oder?“, fragte Carly sie jetzt amüsiert.

„Naja, wieso sollte ich das auch nicht glauben, wenn ein Junge auf ihn zuläuft und ihn Daddy nennt?“, konterte Sam, da sie immer noch nicht nachvollziehen konnte, warum Carly so einen Blödsinn überhaupt veranstaltete.

„Ok, es tut mir ehrlich leid. Es wird nicht wieder vorkommen, in Ordnung?“, Sam bemerkte bei diesen Worten sehr genau Carlys schlechtes Gewissen.

„Ich verstehe ja, dass dein Bruder dir wichtig ist, aber denkst du nicht, dass er alt genug ist selber für sich zu entscheiden was das Richtige für ihn ist? Ich meine, ich finde seine Lebenseinstellung auch nicht gerade prickelnd, aber irgendwann wird er schon die Richtige finden. Du musst nur Geduld mit ihm haben!“, erklärte Sam Carly, die ein wenig amüsiert zu sein schien.

„Wenn er die nicht schon gefunden hat! Naja, wie dem auch sei ich muss gehen. Kyle passt auf Jamie auf und er hat mir sehr genau gesagt, dass er noch zum Training muss und ich mich beeilen soll. Es war schön dich kennenzulernen Sam und entschuldige nochmal wegen dem Auftritt gestern!“

Mit geschmeidigen Bewegungen begab sich Carly zu der Wohnungstür und wartete gar nicht mehr darauf, dass Sam etwas erwiderte. Stattdessen öffnete sie die Tür und verschwand. Erst ein wenig später fiel Sam ein, was Carly eben gesagt hatte.

Was sollte das bedeuten, Kyle hätte die Richtige vielleicht bereits gefunden? Hatte er etwa jemanden kennengelernt?

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„Und du hast ihr wirklich ganz klar gemacht, dass ich nicht der Vater von Jamie bin?“, fragte Kyle aufgeregt, während er Jamie auf seinem Schoß hatte. Dieser sah sich jedoch gerade Bob der Baumeister an und war so vollkommen abgelenkt von dem Gespräch.

„Ich denke, dass sie es verstanden hat, als ich ihr gesagt habe, dass wir Geschwister sind!“, sagte Carly zum fünften Mal innerhalb einer halben Stunde.

„Ok, gut!“, entgegnete Kyle.

Carly fand es äußerst amüsant, wie ihr Bruder auf das Samthema reagierte. Doch war Carly bei dem Gespräch mit Sam klar geworden, dass während ihr Bruder sich durchaus auf der Zielgeraden befand, Sam davon noch ziemlich weit entfernt zu sein schien und Carly fragte sich, was mit Sam geschehen war, dass sie so von sich selbst dachte. Sie hatte ihr angesehen, dass sie das was sie über die Richtige für Kyle gesagt hatte auch wirklich so gemeint hatte und Carly fand es traurig, dass Sam sich nicht einmal ansatzweise in Betracht für diese Rolle zog.

„Sag mal, wie habt ihr euch eigentlich kennengelernt?“, fragte Carly jetzt ihren Bruder. Sie wollte mehr über die Frau erfahren, die ihrem Bruder den Kopf verdrehte, ohne dass er es selber mitbekam.

„Wer?“, Kyle hatte gerade den Blick auf den Fernseher gerichtet gehabt und war offensichtlich ebenfalls äußerst abgelenkt gewesen von der Sendung. Carly musste lächeln.

„Na Sam und du!“, beantwortete sie seine Frage und stand anschließend auf um in die Küche zu gehen und sich eine Tasse Kaffee einzuschenken.

„Naja, sie hat mich halbnackt in ihrem Mädchenwohnheim entdeckt…“, sagte Kyle und Carly hörte genau, dass ihm diese Erinnerung nicht nur Freude bereitete sondern auch unangenehm war.

„Wieso halbnackt in einem Mädchenwohnheim?“, fragte sie ihren Bruder, weil sie mehr erfahren wollte.

„Also, es war so, dass ich mit ihrer Nachbarin was am laufen gehabt hatte. Als dann plötzlich ein Kerl dazu gestoßen ist und die beiden einen Dreier…“ Dreier flüsterte er beinahe und hielt Jamie kurz die Ohren zu „wollten, bin ich abgehauen und Sam dann im Waschraum begegnet. Damals hat sie mir noch gedroht, mir einen Arschtritt zu verpassen, wenn ich sie anfassen sollte. Ich konnte ja nicht ahnen, dass sie das wirklich kann!“

Während Kyle erzählte, zeichnete sich auf seinem Gesicht ein Lächeln ab und Carly sah ihm jetzt an, dass diese Erinnerungen gar nicht mehr negativ behaftet waren.

„Ein paar Tage später ist sie plötzlich aufgetaucht und meinte, sie sei die neue Reporterin die über unsere Spiele berichten würde. Naja und dann haben wir uns eben langsam angefreundet!“, erzählte Kyle weiter.

„Dir ist schon klar, dass sie die erste Frau ist, die du vor mir als Freundin bezeichnest, oder? Sie muss also etwas besonderes sein!“, sagte Carly vorsichtig und ging wieder zu der Couch wo sie sich niederließ und einen kräftigen Schluck von ihrem Kaffee nahm.

„Das ist sie auch.“, sagte Kyle, wirkte dabei jedoch eher geistesabwesend. Carly merkte genau, dass ihm etwas im Kopf herum schwirrte.

„Kyle, was ist los?“, fragte sie ihren Bruder direkt.

Er zuckte mit den Schultern, setzte Jamie neben sich auf die Couch und stand selbst auf.

„Ach alles in Ordnung…“, meinte dieser nur und ging dann in sein Badezimmer. Bevor er die Tür schloss, rief er Carly noch zu „Ich mach mich fürs Training fertig. Willst du heute Abend essen gehen?“

„Ja klar warum nicht. Nehmen wir doch Sam gleich mit, dann kann ich das von gestern gleich wieder gut machen!“, rief Carly zurück erhielt jedoch keine Antwort von ihrem Bruder. Dieser schloss stattdessen kommentarlos die Tür.

Carly rutschte näher zu ihrem Sohn, der beide Beinchen an seine Brust gezogen hatte und an seinem T-Shirt herumlutschte, wie er das immer tat, wenn er vollkommen auf etwas konzentriert war. Dabei entblößte er jedes Mal sein Bäuchlein und Carly nutzte jedes Mal die Chance, ihm einen dicken fetten Schmatzer darauf zu geben.

„Mommie, ich muss das kucken!“, sagte Jamie geistesabwesend und drückte sie leicht von sich. Carly lächelte und blickte auf ihren ganzen Stolz hinab.

So kompliziert das auch war zwischen Kyle und Sam, so hatten sie doch zumindest jemanden in ihrem Leben, dem etwas an ihnen lag. Carly hingegen war ganz alleine und das schon seit drei Jahren. Da Carly jedoch eine Hoffnungslose Romantikerin war hoffte sie, dass auch sie mal diesen einen besonderen Menschen treffen würde. Sam und Kyle konnten sich glücklich schätzen. Noch wussten sie zwar nichts von ihren Gefühlen, doch Carly hatte bereits nach dieser kurzen Zeit die Gewissheit, dass diese beiden Chaoten perfekt zueinander passten. Jetzt musste ihnen das nur noch jemand klar machen.

Das würde definitiv schwieriger werden als gedacht!

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Wieso nur löcherte Carly ihn mit diesen ganzen Fragen? Sam war nunmal Sam! Er konnte selber nicht so ganz erklären was Sam eigentlich genau war, doch in einer Sache war er sich sicher. So jemanden wie sie hatte er noch niemals kennengelernt und ihre Anwesenheit war ihm so wichtig geworden, dass es ihm schon davor grauste, wenn sie ging. Sam wäre nach diesem Semester ebenfalls fertig mit dem Studium und würde sich danach auf Jobsuche machen. Es war eher unwahrscheinlich, dass sie hier in der Umgebung eine Anstellung finden würde und selbst wenn, wer sagte denn, dass er in der Gegend bleiben würde?

Ihm war bewusst, dass dies sein letztes Semester war und, dass er sich langsam aber sicher mit seiner Zukunft auseinandersetzten musste, doch jedes Mal wenn seine Gedanken in diese Richtung ging, spürte er eine Art Knoten in seinem Mageninneren und ein äußerst bedrückendes Gefühl in seiner Brust also dachte er lieber nicht daran. Er hätte später noch genug Zeit sich damit auseinanderzusetzen. In zwei Tagen würde jetzt ersteinmal das letzte Spiel vor den Playoffs stattfinden. Nach den Playoffs könnte er sich dann noch genug Gedanken machen, auch über Sam und wie das mit ihr weiter gehen sollte.

Obwohl Kyle wusste, dass er sowieso beim Training schwitzen würde, entschied er sich für eine Dusche, da diese vielleicht seine Gedanken ein wenig klären würde. Heute Abend würde er essen gehen, mit zwei der wichtigsten Frauen in seinem Leben. Ja Sam zählte zu den wichtigsten Menschen in seinem Leben, das taten beste Freunde doch immer, oder?

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„Seid ihr jetzt alle vollkommen übergeschnappt oder was ist los mit euch Warmduschern??? Wir brauchen mehr Tempo, ihr müsst mehr in die Offensive gehen!! Was hab ich euch eigentlich die letzten Wochen über die ganze Zeit erzählt? Links rein und rechts wieder raus oder wie? Jungs wir sind noch lange nicht in den Playoffs und wenn ihr übermorgen so spielt, dann werden wir das auch nicht sein! Jetzt geht duschen, ich will morgen alle topfit um acht Uhr wieder auf dem Rasen sehen und wehe ihr liefert mir wieder so einen Trauermarsch!“, der Coach war mal wieder dabei die Jungs anzubrüllen, während diese versuchten betroffen auszusehen, sich eigentlich jedoch, mal wieder, ziemlich darüber amüsierten.

Sam hatte sich so an das Temperament vom Coach gewöhnt, dass sie sogar dieses vermissen würde. Sie war heute vor dem Training kurz in der Redaktion gewesen und hatte mit Anthony gesprochen, der ihr erzählt hatte, dass einige vielversprechende Neuredakteure bei Semesterbeginn zu ihnen stoßen würden. Sam hatte ein bedrückendes Gefühl verspürt, obwohl ihr von vornherein klar gewesen war, dass diese Sache nicht ewig dauern würde.

Dennoch war sie seit dem Gespräch mit Anthony nur noch halb so gut gelaunt und die Einladung von Carly, heute Abend mit den beiden und Jamie zum Essen zu gehen, hatte ihre Laune auch nicht wirklich heben können.

In diesem Moment saß Carly mit Jamie neben ihr. Während der Coach gesprochen hatte, hatte Carly ihrem Sohn die Ohren zugehalten, dieser hatte sich darüber lauthals beschwert, doch Carly wollte nicht, dass er das was der Coach da sagte, mitbekam.

In diesem Moment ging der Coach an den Spielern vorbei und blieb vor Carly und Sam stehen.

„Sam, ich hoffe dir geht es gut? Behandeln dich die Jungs auch gut?“, offenbar hatte der Coach gute Lust darauf, die Jungs noch wenig mehr zusammenzufalten, doch Sam wollte nicht, dass sie noch mehr Ärger bekamen und so lächelte sie und nickte.

„Alles bestens Coach, die Jungs sind wahre Goldschätze!“

Dass die meisten von ihnen einfach nur Notgeil waren und Sam sich, ab und an,  einige blöde Anmachsprüche anhören musste verriet sie ihm erst mal nicht.

„Das freut mich sehr zu hören. Wir wissen ja beide, dass die Jungs nicht gerade unschuldig sind, aber sie haben alle, das versuche ich mir zumindest immer wieder einzureden, einen guten Kern!“

Der Coach wandte sich zu seinen Spielern, die nicht hören konnten worüber sie sich unterhielten, da der Coach sehr leise gesprochen hatte. Sie wirkten äußerst interessiert, teilweise auch skeptisch. Denn auch sie kannten Sam mittlerweile so gut, dass sie durchaus wussten, dass Sam sie zum Spaß auch mal in die Tonne hauen würde, wenn es ihr in den Kram passte.

Der Coach nickte einmal, lächelte dann Carly an und sah zu Jamie hinab, der, mit der Hand seine Augen vor der Sonne schützend, zu ihm hinaufblickte.

„Und wer ist der kleine Mann?“, fragte der Coach amüsiert und ging dann in die Hocke um mit Jamie etwas mehr auf einer Höhe zu sein.

„Das ist Jamie Thompson!“, sagte Carly. Sam blickte zu ihr hinüber und hob eine Augenbraue an doch Carly ignorierte sie absichtlich da sie das mal wieder mit Absicht tat.

„Thompson?“, fragte der Coach erstaunt und sah den kleinen Mann vor sich genauer an. Ganz eindeutig fielen ihm die strahlend blauen Augen auf, das blonde Haar, die unverwechselbare Ähnlichkeit mit Kyle und er drehte sich zu seinen Spielern, die mittlerweile miteinander sprachen. Kyle hatte die ganze Szene im Auge behalten und stürmte jetzt herbei, doch Sam kam ihm zuvor und funkte Carly somit dazwischen, da sie es unmöglich von ihr fand, Kyle schon wieder blöd dastehen zu lassen.

„Jamie Thompson, Kyles Neffe!“, sagte sie mit einem eindeutigen Tonfall in Carlys Richtung.

Der Coach blickte auf und sah Carly an, die strahlend dasaß und sich offenbar keiner Schuld bewusst war.

„Carly Thompson mein Name, ich bin Kyles Schwester!“, sagte sie lächelnd und streckte dem Coach die Hand entgegen. Wie konnte sie nur so selbstsicher sein, obwohl sie gerade bei einer Lüge erwischt worden war? Naja eine Lüge war wohl etwas übertrieben, doch immerhin hätte es ihr ein wenig unangenehm sein können, doch davon sah man nichts.

„Onkel Kyle, Onkel Kyle! Ich hab dich beim Fußballspielen gesehen!“, Jamie sprach so schnell, dass man ihn beinahe nicht verstand. Sam musste feststellen, dass Jamie für sein Alter einen beeindruckenden Wortschatz und auch Aussprache hatte, doch wenn er aufgeregt war, verstand man so gut wie gar nichts mehr.

„Alles klar hier?“, fragte Kyle, nahm seinen Neffen jedoch auf den Arm und ging kurz darauf auf ihn ein.

„Und wie war ich?“. Während Sam Kyle so mit seinem Neffen beobachtete spürte sie, wie ihr Herz ein wenig leichter zu werden schien. Er war so anders, wenn er mit Jamie zusammen war, im Vergleich dazu, wie er in der Gruppe war. Im Vergleich dazu, wie er gewesen war, als sie sich kennengelernt hatten. Sam war sich damals beinahe sicher gewesen, dass Kyle niemals sesshaft werden würde.

Durch die letzten Wochen hatte sie jedoch gelernt, dass Kyle perfekt für etwas sesshaftes wäre und die Frau die ihn einmal bekommen würde, könnte sich glücklich schätzen. Er müsste nur endlich von seinem ursprünglichen Beuteschema Abstand nehmen und sich endlich auf die Frauen konzentrieren mit denen man eine ernsthafte Beziehung beginnen könnte. Vielleicht würde Sam ja heute Abend gleich ein wenig den Anstoß geben, schließlich wäre sie bald nicht mehr da und sie wollte nicht, dass Kyle dann wieder in alte Muster verfiel. Sie wusste nämlich sehr genau, dass ein Grund warum Kyle sich so zurück hielt mit den Frauen ,der war, dass er Sam nicht enttäuschen wollte. Zumindest ging sie davon aus, denn er vermied es in der letzten Zeit auch immer mehr, mit ihr über andere Frauen zu sprechen. Das hatte er zwar noch niemals im Überfluss getan, doch es wurde immer weniger.

Sie erinnerte sich noch genau an ihren Vorschlag damals in ihrem Wohnzimmer und da sie nur das Beste für ihn wollte, würde sie sich heute ein wenig vorantasten.

„Sam alles klar? Du schaust gerade so, als würdest du irgendwas aushecken…“, sagte Kyle und beäugte Sam dabei sehr genau. Diese fühlte sich äußerst ertappt und blickte schnell auf, nur um zu entdecken, dass der Coach bereits verschwunden war und an seiner Stelle fünf der Spieler an die Tribüne getreten waren. Diese beschäftigten sich gerade mit Jamie, während Kyle sich mit zwei großen Schritten Sam näherte und sich dann verschwitzt neben sie setzte.

„Alles super, was soll sein? Und nein, ich hecke natürlich nichts aus, ich habe nur gerade über etwas nachgedacht…“, sie wusste nicht genau, ob sie Kyle von ihren Plänen erzählen sollte. Diese Zweifel wurden jedoch aus dem Weg geräumt, als Kyle mit seinen feuchten Haaren und strahlend blauen Augen kritisch zu ihr blickte.

„Über was denn?“, fragte er sie, schnappte sich kurz darauf ein Handtuch, welches neben Sam lag, dort hatte er es zwei Stunden vorher platziert, und sich damit über den Kopf strich.

Als er das Handtuch genommen hatte, hatte seine Hand Sams Arm gestreift und Sam war sofort zusammengezuckt, so wäre ein Stromstoß durch ihren Körper gegangen.

„Über nichts bestimmtest eigentlich…“, beeilte Sam sich zu sagen und blickte dann zu den Spielern, die ihren Spaß mit dem Kleinen hatten. Knallharte Männer, die beim Anblick eines Kindes doch selber zu welchen wurden. Sam musste lächeln.

„Dein Neffe ist wirklich goldig!“, erklärte sie während Kyle seine Arme auf den Knien ablegte und ebenfalls zu den anderen blickte.

„Ja da hast du vollkommen Recht. Schade nur, dass sein Dad das anscheinend nicht so sieht!“, sagte er nachdenklich. Kurz saßen beide still nebeneinander, bevor Kyle sich mit der Hand über das Gesicht fuhr und sich dann zu Sam wandte.

„Und, bist du heute Abend mit dabei?“, fragte er lässig und stand dann auf.

„Ja ich denke schon. Mein Terminkalender ist zwar voll, aber ich habe einen Termin abgesagt um mit euch den Abend verbringen zu können.“, erklärte Sam und brachte Kyle damit zum lachen.

„Ach ja, welchen Termin hast du denn für uns abgesagt?“

„Naja, meine Eiscreme und eine superschöne Liebeskomödie hätten auf mich gewartet, aber die sind ja morgen auch noch da!“, erwiderte sie lachend und fügte dann hinzu „Vielleicht hast du ja morgen Lust ihn mit anzusehen? Fremdfischen!“ sagte sie und obwohl sie wusste, dass das überhaupt nicht Kyles Geschmack war, zuckte er mit den Schultern und sagte „Klar warum nicht.“ Und ging dann davon. Sam jedoch blieb wie angewurzelt stehen und blickte ihm hinterher.

Wieso nur, was es so einfach die Zeit mit Kyle zu verbringen, obwohl so viel zwischen ihnen stand? Und wieso freute sie sich wie ein kleines Kind darüber, dass Kyle den morgigen Abend bei ihr verbringen würde? Das war doch eigentlich schon lange nichts Besonderes oder außergewöhnliches mehr.

Trotzdem konnte sie es nicht verhindern, dass sich ein Lächeln in ihr Gesicht stahl, welches ganz und gar nicht denjenigen glich, die sie normalerweise trug.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Wie wäre es damit?“, fragte Janine und hielt Sam ein Kleid hoch, welches sie vor einigen Jahren mal gekauft, jedoch niemals angezogen hatte.

„Vergiss es. Wir gehen doch in kein Edelrestaurant sondern nur zum Pizza essen!“, erklärte Sam ihrer Freundin und wirbelte dabei aufgeregt durch das Zimmer. Carly war so hinreißend, das hatte Sams Konkurrenzdenken ein wenig angestachelt und so wollte sie sich heute Abend ein wenig in Schale schmeißen, wenn sie schon einmal ganz offiziell zum Essen gingen. Auch wenn es „nur“ eine Pizzeria war.

„Erkläre mir bitte nochmal, wen du bitte beeindrucken möchtest, wenn nicht Kyle?“, sagte Janine und ließ sich resigniert auf dem Bett nieder.

„Wieso sollte ich Kyle denn überhaupt beeindrucken wollen?“, konterte Sam und Janine hob ihre Augenbrauen an.

„Na vielleicht weil ihr euch nicht nur einmal, sondern mittlerweile bereits ein zweites Mal geküsst habt. Ich hätte dich niemals so eingeschätzt Sam, dass du wirklich so lässig darüber hinweg sehen kannst.“, erwiderte Janine und verschränkte ihre langen Beine übereinander.

Sam erhob ihren Blick. Ja sie hatte Janine von dem zweiten Kuss erzählt, aber nur weil sie diesen Druck nicht mehr ausgehalten hatte. Sie erschien nach außen hin vielleicht ruhig, so als würde dieser Kuss sie nicht Tag und Nacht begleiten doch in ihrem Inneren sah es vollkommen anders aus. Er verfolgte sie sogar in ihren Träumen! An nichts anders konnte sie mehr denken, was mit ein Grund dafür war, warum sie Kyle endlich verkuppeln wollte. Vielleicht hätte sie dann endlich ihre Ruhe, wenn er ganz offiziell vergeben war!

„Ich möchte einfach nur einigermaßen ansehnlich rüber kommen Janine, also hilf mir doch bitte dabei anstatt mich mit blöden Fragen zu belagern!“, sagte Sam genervt und entdeckte eine braune Stoffhose, die sie unter dem Gewirr hervor zog.

„Das sind keine blöden Fragen Sam, ich mache mir aber Sorgen um dich. Warum denkst du noch nicht einmal im Ansatz darüber nach, vielleicht doch etwas Ernsteres mit Kyle anzufangen?“

„Sind wir jetzt schon wieder bei diesem Thema?“, fragte Sam genervt und verdrehte dabei die Augen.

„Ja sind wir und wir werden dabei bleiben, bis du mir darauf eine vernünftige Antwort geben kannst! Sam, was ist nur los mit dir? Kyle hat doch ganz offensichtlich Interesse an dir, sonst hätte er dich nicht ein zweites Mal auch noch geküsst, also wieso denkst du darüber nicht mal genauer nach?“

„OHHH, manchmal wünschte ich, ich hätte dir davon nichts erzählt Janine! Er war betrunken, sein Beschützerinstinkt mal wieder auf Hochtouren wegen Derek, es hat ihn einfach so überkommen! Es steckt nichts dahinter verdammt, also lass mich endlich damit in Ruhe, bitte…“

„Du kommst noch nicht mal ansatzweise auf die Idee, dass er vielleicht etwas für dich empfinden könnte, oder Süße? Hältst du dich etwa für so abstoßend?“ fragte Janine jetzt vorsichtig. Sie wusste doch eigentlich was mit Sam nicht stimmte. Sie hatte viele Dinge erlebt, die nicht so gelaufen waren, wie sie hätten laufen sollen. Sam hatte schon immer Probleme darin gehabt Beziehungen aufzubauen, jemandem zu vertrauen. Bei Kyle war das jedoch so anders gewesen, doch Sam merkte das gar nicht. Sie wollte einfach nicht sehen, wie gut die beiden zueinander passen würden.

Janine machte sich um Kyle keine Sorgen, denn der würde früher oder später schon sehen was direkt vor ihm lag. Doch bei Sam war sie da einfach nicht so sicher.

„Ich halte mich nicht für abstoßend, sondern ich halte mich einfach für einen ganz anderen Typen, als Kyle brauchen würde. So einfach ist das…“ und damit beendete Sam das nervige Thema und widmete sich der Suche nach einem passenden Top zu der braunen Hose.

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„Du siehst klasse aus!“, sagte Kyle als er Sam aus ihrer Wohnung abholte.

„Ach was, Blödsinn. Ich sehe so aus wie immer!“, erklärte Sam ihm und schloss hinter sich die Tür ab.

Beide wandten sich gemeinsam ab und gingen auf das Treppenhaus zu, schritten stumm nebeneinander hinunter und kamen zwei Minuten später bei Carly an. Jamie war doch nicht dabei, da Sams Tante sich bereit erklärt hatte auf den kleinen Racker aufzupassen, damit Carly einen Abend freibekam. Carly war zwar zunächst etwas skeptisch gewesen, doch als sie Cora kennengelernt hatte, hatte sie sich doch noch einverstanden erklärt.

„So, dann geht’s los!! Das ist mein erster Abend, seit ich weiß nicht wie lange, dass ich alleine ohne Jamie irgendwo hin gehe. Meint ihr Cora kommt gut zurecht mit ihm? Was ist wenn er Durchfall bekommt, oder Fieber? Oder…“

„…Was ist wenn in diesen zwei Stunden ein Komet auf die Erde herabfällt und die Welt in einen Wasserball verwandelt?“, fragte Kyle ein wenig amüsiert und beendete so Carlys kurze Panikattacke.

„Nicht sehr witzig Bruderherz!!“, giftete Carly ihn an doch auch Sam konnte sich ein Lächeln nicht mehr verkneifen. Da fiel ihr eine Sache ein.

„Ähm, ich hoffe es macht euch nichts aus, aber ich hab Goalie auch mit eingeladen. Ich dachte zu viert wäre das Ganze ein wenig amüsanter? Außerdem hat er ein Auto…“

Sie sah zu Kyle, der eher weniger begeistert zu sein schien. Immer wieder fragte sich Sam, was da eigentlich zwischen ihm und Goalie lief. Eigentlich waren sie ja sehr gute Freunde, doch immer wieder lag bei den beiden der Wurm drin.

„Ja jetzt ist es ja sowieso schon zu spät es zu ändern, oder?“, entgegnete Kyle und schob dann beide Frauen den Eingang hinaus, wo Goalie bereits in seinem Auto wartete. Alle stiegen ein und beinahe schweigend fuhren sie zu der Pizzeria. Goalie versuchte zwar hin und wieder das Gespräch in Gang zu bekommen, doch Sam dachte zu sehr über ihre Vorgehensweise in ihrem Plan nach, während Kyle seinen eigenen Gedanken hinterherhing und Carly, die kannte Goalie zu wenig um ein entspanntes Gespräch mit ihm zu führen.

Als sie endlich in der Pizzeria ankamen, löste sich die angespannte Stimmung ein wenig und sie begannen zumindest ein wenig miteinander zu sprechen. Goalie trank keinen Alkohol, dafür aber Sam und Kyle umso mehr, während auch Carly sich ein wenig zurückhielt, weil sie ihrer Aussage nach, nichts mehr vertrug. Irgendwann entdeckte Sam dann eine passende Kandidatin. Sie war ungefähr so alt wie sie selber auch, ein wenig größer, hatte rote Haare und eine äußerst sympathische Ausstrahlung. Außerdem sah sie gar nicht so übel aus und so entschied sich Sam, Kyle bald auf diese Frau aufmerksam zu machen, da diese Schnarchnase um sich herum gar nichts mitbekam. Die Rothaarige hingegen hatte Kyle schon entdeckt, kein Wunder, er war neben Goalie, wohl auch der Bestaussehendste in diesem Etablissement.

„Für mich bitte einen großen Salat mit gebratenen Shrimps und Rinderlendenstreifen!“, sagte Carly. War klar, dass sie sich einen Salat bestellen würde, sie erschien Sam genauso sportlich wie Kyle selber auch.

„Für mich eine große Salamipizza mit extra viel Käse bitte!“, erklärte Sam dem Kellner, dann richtete sie ihren Blick wieder auf das Mädchen, dass mit ihren Freundinnen an einem Tisch saß und immer wieder verstohlene Blicke zu ihrem Tisch rüberwarf.

„So Sam, wie bist du denn zu deinem Studium gekommen?“, fragte Carly, um das Gespräch am Tisch am Laufen zu halten und betrachtete Sam dabei interessiert.

„Nun ja, ich habe schon immer sehr gerne geschrieben. Ich liebe es einfach mit Worten umzugehen und mit ihnen etwas zu kreieren, was die Leute mitreißt. Da ich eher schlecht bin im Romane schreiben dachte ich mir, dass doch Journalistin genau das Richtige für mich wäre. Ich habe meinen Traumberuf gefunden!“, erzählte Sam und lächelte dabei automatisch.

„Und über Sport zu schreiben? Das stelle ich mir schon sehr schwierig vor…“, bohrte Carly nach.

Sam zuckte mit den Schultern.

„Ich muss sagen, wenn ich anfangs Kyle nicht gehabt hätte, dann wäre ich ziemlich aufgeschmissen gewesen!“, automatisch legte sie Kyle eine Hand auf die Schulter, spürte kurz darauf die Hitze die von seiner Haut durch sein Shirt auf ihre Hand überging und zog sie wieder weg.

„Er hat mir bei den ersten Artikel geholfen, genauso wie manch andere Spieler auch. Aber Kyle ist in dieser Hinsicht wirklich talentiert. Wenn er kein Fußball spielen würde, würde ich ihm ein solches Studium ans Herz legen…“ dabei lächelte  sie ihn an und sah den überraschten Gesichtsausdruck.

„Was denn?“, fragte sie Kyle, dieser schüttelte kurz den Kopf und lächelte dann ebenfalls.

„Ich hab gar nicht gewusst, dass du meine Hilfe so sehr geschätzt hast.“, erläuterte er und Sam sah ihn überrascht an.

„Willst du mich verarschen? Ohne dich wäre ich am Ende gewesen! Weißt du noch der Abend, an welchem du mir versucht hast zu erklären, was ein Abseits ist??“, bei diesem Satz musste Kyle laut loslachen, was Carly und Goalie dazu verleitete lächelnd zwischen den beiden hin und her zu sehen.

„Was war denn da?“, fragte Carly neugierig und Kyle sah Sam an, also wolle er ihr sagen, sie solle ja ihren Mund halten. Doch Sam tat einfach so, als würde sie diesen Blick gar nicht sehen und fing an zu erzählen.

„Kyle hat versucht mir mithilfe von Kuscheltieren zu erklären, was ein Abseits ist. Dabei habe ich ihn beinahe zur Verzweiflung getrieben!“

Kyle lächelte, obwohl ihm diese Story doch eigentlich peinlich sein müsste.

„Ich weiß nicht mal mehr, wie lange wir dagesessen sind, wie oft ich es dir erklärt habe. Ich bin mir nicht mal sicher, ob du es heute verstanden hast…“, sagte er direkt an Sam gewandt und beinahe schien es so, als säßen sie alleine am Tisch. Sie sahen sich kurze Zeit einfach nur schweigend und lächelnd an, hingen ihren Erinnerungen nach.

„Bei euch beiden kann man sich schnell wie das fünfte Rad am Wagen vorkommen!“, sagte Carly gespielt trocken und unterbrach so den Blickkontakt zwischen den beiden.

„Jetzt weißt du, wie ich mich so oft fühle!“, fügte Goalie zu Carlys Aussage hinzu und schaffte es so, Sam ein wenig zum erröten zu bringen.

„Red doch keinen Stuss!“, war das einzige was ihr einfiel. Dieser Satz war natürlich Goalie gewidmet gewesen.

Nach dieser Geschichte entspannte sich die Runde vollends und so konzentrierten sich Goalie und Carly gerade auf ein Gespräch, welches sich um Jamie drehte. Sam hingegen hatte etwas anderes mit Kyle zu besprechen. Jetzt war es soweit.

„Kyle, siehst du die Rothaarige an dem Tisch da vorne?“, fragte sie ihn und wies unauffällig mit dem Finger in ihre Richtung.

Kyle blickte suchend durch den Raum, bis er sie entdeckte. In diesem Moment sah sie selbst gerade zu ihnen hinüber und lächelte Kyle dann an. Dieser schien jedoch kein Interesse zu haben.

„Kannst du nicht einmal zurücklächeln?“, fragte sie ihn in flüsterndem Ton und beugte sich dabei ein wenig zu ihm hinüber.

„Wofür denn? Ich hab kein Interesse!“, antwortete er kurz und knapp und schnitt sich erneut ein Stück seiner Pizza herunter.

„Ach komm schon, die ist doch echt heiß!“, erklärte Sam und gab ihm einen kleinen Stoß mit dem Ellbogen in die Seite.

„Sag mal, geht’s dir nicht gut? Das ist doch meine Sache!“, entgegnete Kyle und Sam merkte genau, dass er langsam genervt schien.

„Naja, ich hab mich an unsere Abmachung erinnert und dachte, die würde doch passen!“, meinte Sam vorsichtig. Bei diesem Satz legte Kyle sein Besteck zu beiden Seiten des Tellers ab und wandte sich in Sams Richtung.

„Welche Abmachung meinst du?“ Seine Augen schienen zu glühen und Sam schluckte einmal schwer.

„Naja, du weißt schon. Wir haben doch ausgemacht, dass ich dir eine Freundin suche!“, zwang sich Sam zu antworten.

„Wir haben was? Wenn dann hast du diese schwachsinnige Abmachung getroffen, ich habe bei gar nichts zugestimmt!“, erwiderte Kyle und fügte dann hinzu „Lass mich mit dem Scheiß bloß in Ruhe…“, dann drehte er sich zu seinem Teller zurück und nahm sein Besteck wieder in die Hände.

„Aber jetzt schau sie dir doch mal an, die ist wirklich entzückend….“

Erneut ließ Kyle sein Besteck liegen, packte Sam am Arm, zog sie nach oben und sagte zu den anderen beiden „Sorry, wir sind gleich wieder da!“, dann ging er davon mit Sam im Schlepptau.

Sam hatte ein äußerst ungutes Gefühl. Kyle war wütend, ganz eindeutig. Dabei hatte sie doch gar nichts getan!

Er schleifte sie durch die Eingangstür und beide traten in die kühle Abendluft, wo er sie erst einmal los ließ und sich dann vor ihr aufbaute.

„Was soll der Mist?“, fragte er sie in etwas zu energischem Ton. Dabei stemmte er einen Arm in die Hüfte, während er mit dem anderen in Richtung Restaurant zeigte.

„Ich weiß nicht was du meinst!“, sagte Sam unschuldig.

„Ich möchte dir doch nur dabei helfen jemanden zu finden, der dich glücklich machen könnte.“, erklärte sie Kyle und erst jetzt wurde ihr bewusst, wie bescheuert sich das tatsächlich anhörte.

„Jemanden der mich glücklich macht? Ich bin im Moment verdammt glücklich mit meinem Leben und brauche nicht deine Hilfe, um jemanden fürs Leben zu finden verdammt. Sam, das geht dich doch gar nichts an, also warum ist dir das so wichtig?“, Jap er war eindeutig wütend.

„Naja, ich habs doch nur gut gemeint…Ich dachte die Rothaarige wäre voll dein Typ, ich meine sie ist doch wirklich hübsch und sympathisch…“

„Sei ruhig Sam, ich glaube dahinter steckt was ganz anderes. Kann es sein, dass du mich an eine andere Frau verscherbeln willst damit du mich los bist? Wegen diesem Kuss?“, also manchmal traf er ja doch den Nagel irgendwie ganz schnell auf den Kopf.

„Wegen beiden Malen…“, sagte Sam kleinlaut und wollte sich am liebsten im selben Moment die Zunge abbeißen.

„Willst du mich jetzt echt verarschen? Du willst mich mit einer anderen Frau zusammenbringen, nur weil du nicht verkraftest, dass wir uns geküsst haben?“

„Wieso bist du so wütend?“, fragte Sam anstatt auf das Thema einzugehen, welches Kyle gerade angesprochen hatte.

„Ich bin wütend Sam, weil ich nicht von dir erwartet hätte, dass du mich einfach so mit irgendeiner dahergelaufenen Schönheit verkuppeln möchtest, nur damit du mich los bist! Darum bin ich wütend….Ach verdammt, du schaffst es echt alles irgendwie kaputt zu machen!! Ich hau ab, so einen Scheiß muss ich mir definitiv nicht bieten lassen!!“

Kyle wandte sich ab und Sam überlegte fieberhaft, was sie sagen oder tun sollte.

„Kyle warte, du hast da was vollkommen in den falschen Hals bekommen!“ versuchte Sam sich zu verteidigen, doch Kyle drehte sich noch nicht einmal um. Er sagte lediglich „Erzähl das jemand anderem Sam, wir zwei sind fertig miteinander!“

Bei diesem Satz spürte Sam eindeutig den Dolch, den man ihr ins Herz gestoßen hatte. Das hatte sie doch gar nicht gewollt. Sie hatte doch nur das Beste für Kyle gewollt und jetzt?

„Kyle, bitte…“ rief sie ihm ein letztes Mal hinterher, doch dieser bog in die nächste Straße ein und war somit verschwunden. Alleine und völlig verwirrt stand Sam auf der Straße. Hinter sich hörte sie, wie eine Tür geöffnet wurde und kurze Zeit später wieder zufiel, zwei Sekunden später hörte sie Carlys Stimme.

„Was ist denn jetzt los?“

Sam spürte die Verzweiflung in sich aufkommen. Wieso nur war sie so eine gottverdammte blöde Kuh? Natürlich war Kyle wütend auf sie. Sie wäre ebenfalls wütend auf ihn, wenn er eine solche Aktion aus diesen Gründen starten würde. Sie hätte ihm dafür wahrscheinlich sogar eine mitgegeben. Er hingegen, hatte ihr einfach nur den Rücken zugewendet.

„Er ist weg, das ist los…“, sagte Sam ruhig und spürte, wie sie etwas überkam, was sie schon lange nicht mehr gespürt hatte. Echte Verzweiflung. 

35. Kapitel: „Ich kann an nichts anderes mehr denken…“

 

Kyle war stinkwütend. Wie konnte Sam ihm so etwas antun? Merkte sie denn nicht, dass es ihn irgendwie verletzte, wenn sie mit so einem Scheiß daher kam und dann auch noch aus dem beschissenen Grund, den sie angegeben hatte?

Sie wollte ihn tatsächlich loswerden, weil sie mit dem Kuss nicht zurecht kam. Oder vielleicht bereute sie es so sehr? Wie auch immer es war, sie müsste ihn nicht verkuppeln um ihn loszuwerden, das konnte sie auch so haben.

Obwohl er vor Wut beinahe schäumte, spürte er dennoch einen leichten Stich in seiner Brust als er daran dachte, dass er vielleicht nie wieder einfach so neben Sam auf seinem Sessel sitzen konnte und einfach nur Unsinn reden konnte. Oder sich mit ihr einen Film reinziehen konnte, den entweder sie, oder er selbst einfach nur scheußlich fand. Sie hatten einfach keinen gemeinsamen Filmgeschmack und trotzdem hatten sie einige Abende in den letzten Wochen damit verbracht gemeinsam Videoabende zu veranstalten.

Wieso nur, musste Sam stets alles kaputt machen? Sie bewegten sich zwei Schritte nach vorne und zehn wieder zurück. Wie sollten sie sich so jemals weiter entwickeln?

Kyle ging alleine durch die Straßen von Hilton und genoss die kühle Abendluft die ihm zumindest in einer Sache half, nämlich sich ein klein wenig abzureagieren.

Dieser Abend hätte entspannt und gemütlich werden können. Sie hätten noch weitere nette Anekdoten austauschen, gemeinsam lachen und Geschichten erzählen können, doch nein. Sam hatte es darauf ankommen lassen und es so gehörig versaut.

Wie war sie nur auf diese schwachsinnige Idee gekommen, ihn heute Abend verkuppeln zu wollen? Verstand sie denn nicht, dass Kyle kein Interesse an anderen Frauen mehr hatte? Dass er sich eine Pause gönnen wollte? Dass er endlich sehen wollte, was er tatsächlich brauchte, anstatt nur immer sinnlosen Sex mit irgendwelchen dahergelaufenen Frauen zu haben?

Aber das war nicht Sams Angelegenheit, das wollte und musste Kyle einfach selber herausfinden und es verletzte ihn, dass Sam es sich zur Aufgabe gemacht hatte, eine Frau für ihn zu finden die ihn glücklich machte. Wenn Kyle nämlich ganz ehrlich zu sich und ihr gewesen wäre, dann hätte er schon längst bemerkt, wer ihn im Moment glücklich machte: Nämlich die Frau, der er gerade die Freundschaft gekündigt hatte.

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„Was hast du angestellt?“, fragte Janine Sam am Telefon. Obwohl es schon nach zehn Uhr Abends war, hatte Sam dem Drang, Janine anzurufen, nicht wiederstehen können.

„Gar nichts, naja, ok vielleicht eine klitzekleine Kleinigkeit…“, gab Sam kleinlaut zu und dachte daran, wie sie Kyle an den Kopf geschmissen hatte, dass sie ihn tatsächlich wegen beiden Küssen loswerden wollte. Bis zu diesem Zeitpunkt, war ihr nicht bewusst gewesen, wie falsch sich dies anhörte, sie hatte nur an ihr eigenes Wohl gedacht. Sie hatte geglaubt, sie könne Kyle damit einen großen Gefallen tun. Ihr war nicht einmal im Traum eingefallen, dass er deswegen vielleicht wütend werden könnte.

„Was??“, fragte Janine und durchbrach damit ihre Gedanken.

„Naja, also, ich hab wohl vielleicht versucht, ihn mit ner anderen zu verkuppeln…“, murmelte Sam schon beinahe, doch Janine hatte sie sehr genau verstanden. Im Hintergrund hörte sie Henry, der gerade schockiert aufstöhnte.

„Sag mal, hast du etwa den Lautsprecher an??“, fragte Sam ihre Freundin etwas pikiert.

„Natürlich! Das ist für mich und Henry besser als jede Daily Soap!!“, entgegnete Janine, wurde jedoch von ihrem Verlobten unterbrochen.

„Sam, das war nicht sehr klug von dir, ehrlich!“, hörte sie ihn sagen.

„Eigentlich, sollte das ein Frauengespräch sein Henry…“, sagte sie trocken, doch der ließ sich gar nicht unterkriegen.

„Also, ich sage dir jetzt mal eine Sache. Du kannst nicht erwarten, dass ich Janine die ganze Zeit zuhöre ohne zu wissen, was tatsächlich abgeht. Wenn du uns schon beinahe mitten in der Nacht störst und anrufst, musst du damit zurechtkommen, das ich mithöre!“

„Ist ja ok, ich meinte ja nur!“, entgegnete Sam ein wenig eingeschüchtert und hoffte, dass Janine sich bald wieder zu Wort melden würde.

„Ok, also du hast versucht ihn zu verkuppeln und dann?“, fragte stattdessen Henry, der sich zu einer richtigen Tratschen entwickeln würde, wenn das so weiter ging.

„Naja, dann hat er gesagt, ich solle das bitte lassen.“, erklärte Sam und Henry vollendete ihren Satz.

„Aber du hast es nicht lassen können, oder?“

„Weißt du Henry, ich erinnere mich an eine Zeit, da warst du noch gar nicht da. Da habe ich mit meiner Freundin telefonieren können, wenn ich sie gebraucht habe…“, versuchte Sam erneut Henry klar zu machen, dass nicht ER derjenige war, mit dem sie gerne sprechen wollte.

„Und ich erinnere mich an eine Zeit, da warst du noch nicht auf den Kopf gefallen! Sam, der Kerl hat doch nur Augen für dich, weshalb zum Teufel sollte er sich dann bitte für ne andere interessieren?“, umging Henry ihre Anspielung und brachte Sam so kurz zum stocken.

„Schwachsinn, wer sagt denn bitte, dass er nur Augen für mich hat. So etwas lächerliches…“

„Im Gegensatz zu dir, habe ich Augen im Kopf!“, hörte sie Henry sagen und Janine pflichtete ihm schnell bei „Und ich auch, nur so nebenbei!“

Sam setzte sich entnervt hin, spürte wie sie langsam Kopfschmerzen bekam und verdrehte die Augen. Diese beiden Menschen waren sooo anstrengend im Doppelpack!

„Ok, ich weiß, dass ich Mist gebaut habe, also können wir die Schuldzuweisungen einfach lassen und überlegen, wie ich das wieder gut machen kann?“, umging sie die Anspielungen der beiden, denn für diese hatte sie heute definitiv nicht mehr die Kraft.

„Hmmm…gute Frage.“, hörte sie Janine murmeln. Einige Zeit lang sagte niemand etwas und beinahe dachte Sam schon, dass die beiden aufgelegt hatten, doch plötzlich ertönte Henrys Stimme.

„Naja, eine ernst gemeinte Entschuldigung wäre da doch mal ein Anfang, oder?“

Daran hatte Sam selber auch schon gedacht, nur war sie niemals gut darin gewesen, sich bei jemandem zu entschuldigen. Eigentlich, wenn sie es recht überlegte, hatte sie das auch noch niemals wirklich tun müssen.

Doch diesesmal würde sie wohl nicht drum herum kommen. Kyle war ihr wichtig und sie wollte ihn keinesfalls verlieren. Wenn er nicht wollte, dass sie für ihn eine Freundin fand, dann würde sie das eben lassen. Sie würde alles tun, nur um das was heute Abend geschehen war, ungeschehen zu machen.

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„Kyle, zum Teufel, was ist denn passiert??“, fragte Carly, als Kyle seine Wohnung betrat, in welcher Carly bereits auf heißen Kohlen saß und darauf wartete, dass ihr Bruder nach Hause kam.

„Gar nichts ist passiert…“, sagte er und ging direkt in die Küche, wo er sich aus dem Kühlschrank zwei Bier schnappte. Das eine öffnete er für sich, das andere stellte er seiner Schwester hin, als er im Wohnzimmer ankam, die ihn schon besorgt ansah.

„Kyle, komme schon. Ich kenne dich bereits seit zwanzig Jahren! Ich weiß doch, wenn etwas nicht stimmt. Ich hab dich noch nie so wütend abzischen gesehen, also erzähl!“, sagte Carly und verkreuzte ihre Beine auf dem Sofa, während sie ihren gesamten Körper zu Kyle wandte, der sich in einem der abgenutzten Sessel setzte, die in seinem Wohnzimmer standen.

„Ach, ich weiß doch auch nicht. Ich bin vollkommen ausgetickt, weil Sam mich mit irgendsoeiner Schnalle im Restaurant verkuppeln wollte.“, erklärte er und blickte nach draußen, anstatt Carly in die Augen zu sehen.

„Warum wollte sie das denn?“, fragte sie ihren Bruder und konnte sich nur im Entferntesten vorstellen, wie sich Kyle in diesem Moment fühlte.

„Naja, sie wollte mich wohl loswerden, weil ich sie geküsst habe. Zwei Mal. Was weiß ich, was in ihrem Kopf vor sich geht, ich dachte wir wären Freunde…“, sagte Kyle und Carly hörte aus seiner Stimme sehr genau heraus, dass ihn das was heute Abend geschehen war, ziemlich verletzt hatte.

„Ich weiß, dass es nicht die beste Entscheidung gewesen ist, Sam zu küssen, aber deswegen gleich eine Freundschaft beenden?“, bei diesen Worten wandte sich Kyle jetzt doch zu Carly und sah sie hoffnungsvoll an.

„Ich bin doch nicht bekloppt, oder? Das ist doch nicht in Ordnung?“

Carly überlegte sehr genau, was sie darauf erwidern wollte und auch sollte, doch sie wusste, dass sie ihm zumindest eine Sache begreiflich machen musste.

„Kyle, ich glaube nicht, dass Sam eure Freundschaft beenden wollte. Sie wollte, denke ich, auf ihre eigene Art und Weise etwas tun, bei dem sie hoffte es würde dich glücklich machen. Und obwohl ich nicht gutheiße, was und wie sie es getan hat, so glaube ich doch, dass ich sie ein wenig verstehen kann.“, Carly machte sich auf ein Donnerwetter gefasst, doch Kyle blieb überraschend ruhig und sah sie einfach nur an, bevor er weitersprach.

„Und wieso kannst du sie ein wenig verstehen?“, es schien ihn ehrlich zu interessieren.

„Naja, wenn man mal die Logik der Frauen ein wenig heranzieht, so glaubte sie vielleicht, dass sie dir dies schuldig wäre. Was ich jedoch für wesentlich naheliegender empfinde ist, dass sie vielleicht geglaubt hat, wenn sie dich mit einer anderen verkuppelt, so müsste sie vielleicht weniger an diesen Kuss denken…“

Carly kannte Sam erst sehr kurze Zeit, dennoch hatte sie das Gefühl, dass sie einen Draht zueinander hatten.

„Was ist das denn für eine beschissene Logik?“, fragte Kyle sie und stand anschließend auf.

„Ist ja auch egal, ich hab echt keinen Bock mehr auf diesen Scheiß. Ich geh jetzt pennen…“ und schon drehte er sich um und ging in sein Schlafzimmer, schloss die Tür und ließ Carly alleine im Wohnzimmer zurück.

Jamie hatte sie auf dem Nachhauseweg bei Cora abgeholt, dieser lag bereits im zweiten Schlafzimmer und schlief. Carly hingegen hatte das Gefühl, dass ihr alles langsam über den Kopf wuchs. Wie konnten zwei Menschen nur so dumm und so verbohrt sein?

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Als Sam am nächsten Morgen aufwachte, flutete das Sonnenlicht bereits in ihr Schlafzimmer hinein und als sie auf die Uhr sah bemerkte sie, dass es schon viel zu spät war. Sie hatte heute unbedingt in die Redaktion gewollt, da die nächsten Spielerportraits in der Ausgabe von übermorgen gedruckt werden sollten. Dieser Redaktionstag wäre eine willkommene Abwechslung, denn sie hatte keinen Nerv dafür, sich heute mit dem gestrigen Streit auseinander zu setzen.

Sie stand auf, ging direkt ins Badezimmer, wo sie ersteinmal eine Dusche nahm, dann gönnte sie sich noch eine Tasse Kaffee, bevor sie ihre gemütlichen Shorts gegen kurze Hosen und ihr Eminem Shirt, welches sie schon seit Jahren zum schlafen nutzte, gegen ein luftiges Top austauschte. Sie schnappte sich ihren Laptop, ihre Notizen und alles was sie noch benötigte, stopfte es in ihre Tasche und begab sich dann zu ihrer Wohnungstür.

Sie hätte auch gleich zu Kyle hinunter gehen können, um sich bei ihm zu entschuldigen, doch sie hielt es für besser, ihn ersteinmal in Ruhe zu lassen, damit er sich ein wenig beruhigen konnte. Vielleicht würde er dann selber einsehen, dass sie es doch eigentlich nicht so gemeint hatte. Er musste es einfach erkennen, denn Sam hätte es nicht ertragen, wenn er sie tatsächlich so, wie er gestern gesagt hatte, aus seinem Leben verbannt hätte. Er war zu einem zu großen Bestandteil des ihrigen geworden, als dass sie es verkraften könnte, es so zu beenden.

Sie ging langsam die Stufen hinab und blieb kurz stehen, als sie sah, wie Kyle vor seiner eigenen Wohnungstür stand und diese gerade öffnen wollte. Sie konnte sich mit einem Mal nicht mehr bewegen und beobachtete ihn stattdessen einfach nur. Seine Haut war braungebrannt vom Training, er trug ein normales weißes Shirt zu hellbraunen, kurzen Stoffhosen. Seine Haare standen zu allen Seiten weg, so als wäre er noch nicht einmal unter der Dusche gewesen, doch Sam wusste mittlerweile, dass Kyle stets sehr viel Energie in diese Frisur steckte. In diesem Moment, wünschte sie sich nichts sehnlicher als auf ihn zuzugehen, ihre Arme um seinen Nacken zu legen und ihn an sich zu ziehen. Ihm zu sagen, dass es leid täte, dass sie es nicht so gemeint hätte, doch das wäre eine Lüge gewesen. Sie hatte es genauso gemeint, sie hatte Kyle tatsächlich loswerden wollen. Nicht als Freund, aber sie hatte ihn aus ihren Gedanken verbannen wollen, indem sie ihm eine Frau suchte, die sie als würdig genug empfand, die Frau an seiner Seite zu sein.

Offenbar spürte Kyle die Blicke, denn plötzlich wandte er sich in ihre Richtung. Immernoch stand sie vollkommen ruhig da und in dem Moment, in dem sein Blick den ihren traf, setzte ihr Herz für einen kurzen Moment aus.

Ja es war immer stets sehr einfach, seine Zeit mit Kyle zu verbringen, doch mindestens genauso schwer war es, sich Worte zurecht zu legen, wenn er wütend auf sie war.

„Hey…“, war das Einzige, was ihr über die Lippen kam. Er hingegen blickte sie einfach nur ruhig an, bis seine Augen nach unten wanderten und auf ihrer riesigen Tasche hängen blieben.

„Ziehst du um oder was?“, fragte er und die Kälte in seiner Stimme ließ ihren Atem stocken.

„Was, äh nein. Ich bin heute in der Redaktion, hab noch einiges zu erledigen…“, antwortete sie schnell. Kyle nickte und wandte anschließend seinen Blick ab, schloss die Tür auf und betrat seine Wohnung.

„Viel Spaß dann…“, hörte sie ihn noch sagen, bevor die Tür zufiel und Sam wieder alleine im Gang stand, der plötzlich so viel kühler zu sein schien, als noch vor ein paar Minuten.

Sie klammerte sich an ihre Tasche und obwohl ihr niemand mehr gegenüber stand, konnte sie sich doch nicht dazu bringen, sich zu bewegen. Er war wütend, das verstand sie ja, aber wieso war er nur soo enttäuscht? Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen und zwang sich dann, sich endlich zu bewegen. Sie würde doch nicht wie eine Irre in dem Gang stehen bleiben und darauf warten, ob die Tür sich nicht vielleicht doch noch öffnete. Mit Sicherheit nicht!

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Den ganzen Tag schon wanderte Kyle unruhig in seiner Wohnung umher. Heute hatte er mit dem Arzt seiner Mutter telefoniert, der ihm bestätigt hatte, dass seine Mutter sich im Moment in einer Manischen Phase befand. Dies erklärte auch die Dinge, die ihm Carly bei ihrer Ankunft erzählt hatte. Er hatte sich bei dem Arzt vergewissert, dass es seiner Mutter jedoch soweit gut ginge und hatte dann aufgelegt. Dieses Gespräch hatte ihm klar gemacht, dass er dringend wieder einmal nach Hause fahren musste. Carly hatte ihm zwar versichert, dass im Moment ihre Tante auf ihre Mutter aufpasste, doch auch die würde, so wie Kyle sie kannte, schnell das Handtuch schmeißen.

Seine Mutter litt seit Jahren an einer Manischen Depression, die sich stets in sich abwechselnden Hoch und Tiefphasen, ausprägte. Im Moment befand sich seine Mutter in einer Hochphase was bedeutete, dass er sich weniger Sorgen um sie machen musste, auch wenn dies nicht bedeutete, dass sie sich selbst nicht gefährlich werden konnte.

Das was Carly ihm erzählt hatte, war nicht untypisch für seine Mom, wenn sie sich in einer solchen Phase befand und war noch dazu, nicht weniger anstrengend. Denn in dieser Phase würde sie sich zwar körperlich nichts antun, jedoch bestand die Gefahr, dass sie unvorhersehbare Dinge tat, die fatale Konsequenzen haben konnten.

Kyle war bewusst, dass er schon lange nicht mehr zuhause gewesen war, doch er hatte sehr viel mit sich und seinem Leben zu tun gehabt in den letzten Wochen. Er war immer für seine Mutter dagewesen, zumindest immer wenn es ihm möglich gewesen war. Sobald Carly sich entschied, wieder nachhause zu fahren, würde er sie begleiten und ein paar Tage in seinem Elternhaus verbringen. Dann hätte er auch die Chance, ein wenig Abstand von dem ganzen hier zu gewinnen. Doch hatte er Carly deutlich gesagt, dass er erst die Playoffs hinter sich bringen wollte, solange würde Carly wohl in der Stadt bleiben. Mit seiner Tante hatte er bereits vereinbart, dass sie solange bei seiner Mutter bleiben und auf sie achten würde. Für Jamie war dies nicht weiter schlimm, da er dann Zeit mit seinem Onkel verbringen konnte. Doch Carly machte sich Vorwürfe, dass sie die Flucht ergriffen hatte. Dies geschah jedes Jahr zumindest einmal und bisher hatten sie diese Zeit immer sehr gut durchgestanden.

Nach dem heutigen Gespräch, wäre Kyle gerne zu Sam nach oben gegangen, hätte sich mit ihr ein Bier und einen Film reingezogen und einfach über Gott und die Welt gesprochen, doch dies war nicht möglich.

In diesem Moment saß Kyle alleine in seinem Wohnzimmer und überlegte, was er nur tun sollte, damit alles wieder seine Richtigkeit hatte. Carly war mit Jamie unterwegs, sie hatte ihn zwar gefragt, ob er mitgehen wolle, doch er hatte verneint. Zum einen weil er mit dem Arzt hatte sprechen wollen, zum anderen, weil er endlich einen klaren Kopf brauchte. Er hatte über die Sache mit Sam gestern nachgedacht und ihm war klar geworden, was ihn neben der Tatsache, dass Sam ihn hatte loswerden wollen, am meisten störte. Er wollte nicht daran denken, dass es Sam vielleicht gleichgültig war, wenn er sich mit einer anderen einlassen würde. War er ihr denn tatsächlich so egal? Er war beinahe ausgeflippt, als sie sich nur unterhalten hatte mit diesem anderen Reporter, hatte sie beschimpft, als er geglaubt hatte, sie wäre mit Goalie im Bett gewesen, und Sam? Die wollte ihm noch dazu verhelfen?

Er war sich jedoch auch einer anderen Sache bewusst geworden: Ihr zu sagen, sie wären fertig miteinander, war ein Fehler gewesen, denn selbst wenn sie durchaus ohne ihn konnte, so war er noch nicht bereit ohne sie einfach weiter zu machen und so hatte er im Stillen einen Entschluss gefasst.

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Sam sortierte gerade die letzten Blätter und tackerte diese dann zusammen, um sie abheften zu können. Die Portraits hatte sie bereits ins Layout der Zeitung eingefügt, fehlte nur noch der Artikel für das morgige Spiel, dann wäre ihr Part für die Freitagsausgabe fertig.

Als Sam in der Redaktion angekommen war, hatte sie ersteinmal damit begonnen, ihren dortigen Schreibtisch aufzuräumen, dann hatte sie sich Kaffee gekocht. Danach hatte sie mindestens eine ganze Stunde damit vertrödelt, im Internet blöde Videos anzuklicken, anstatt sich auf die Portraits zu konzentrieren. Es fehlten nicht mehr viele Spieler, die Saison war beinahe zu Ende und Sam wurde dies immer mehr bewusst. Vielleicht musste mit der Saison auch die außergewöhnliche Freundschaft zwischen ihr und Kyle ihr Ende finden?

In diesem Moment holte sie ihren Ordner aus dem Schreibtisch und war gerade dabei, die fertigen Portraits einzuordnen, als sie hinter sich Schritte vernahm. Sie drehte sich um und als sie dort Kyle stehen sah, blieb ihr der Atem für einen kurzen Augenblick weg. Er stand lässig da, mal wieder die Hände in den Hosentaschen. Er trug immer noch dieselben Shorts, hatte über sein Shirt jedoch noch ein Hemd gezogen.

„Kyle? Was willst du hier?“, fragte sie überrascht und legte den Ordner auf ihren Tisch, ohne das was sie hatte tun wollen, fertig zu machen.

„Ich wollte mit dir reden…“, antwortete er auf ihre Frage und kam einige Schritte näher. Dann blickte er sich jedoch plötzlich in der Redaktion um und sagte „Wow, so habe ich mir eine Redaktion irgendwie nicht vorgestellt…“

„Naja, es ja auch nur eine Collegezeitung, da kann man nicht sonderlich viel erwarten oder?“, entgegnete sie auf seine Aussage und widerstand dem Drang zu fragen, über was er mit ihr sprechen wollte. Sie unterdrückte auch die Freude in ihrem Inneren darüber, dass er auf sie zugekommen war. Sie wollte sich jedoch einfach nicht zu früh freuen, denn vielleicht war er auch nur gekommen, um ihr erneut klar zu machen, dass sie von ihm nichts mehr zu erwarten hatte.

Statt etwas zu sagen, beobachtete sie Kyle einfach und einmal mehr wurde ihr bewusst, welch starke Anziehung er doch mittlerweile auf sie hatte. Sie wollte nichts lieber tun und auf ihn zugehen, ihn an sich ziehen, ihn küssen. Dies war genau der Grund gewesen, weshalb sie ihn verkuppeln hatte wollen, damit endlich diese Gedanken aus ihrem Kopf verschwanden. Denn ihr war bewusst, dass Kyle sie zwar zweimal geküsst hatte, seitdem machte er jedoch keinerlei Anstalten mehr ihr zu nahe zu kommen und so war Sam sich mittlerweile sicher, dass nur sie sich so verrückt machte. Das kam davon, wenn man sich auf solch ein Spielchen einließ, wenn man keinerlei Erfahrungen aufzuweisen hatte.

Die Anspannung in ihrem Inneren wuchs immer mehr und sie wusste nicht, ob sie was sagen sollte und wenn ja, was sie überhaupt sagen sollte. Sie hatte Mist gebaut, soviel stand fest. Vielleicht sollte sie genau das zugeben?

Sie wartete noch einige Sekunden, während Kyle in der Redaktion herumspazierte und sie sich genauer ansah. Eigentlich hatte er ja gesagt ER wolle mit IHR sprechen, aber es sah nicht danach aus, als würde er jeden Moment das von ihm gewünschte Thema anschneiden. Was war, wenn er sie einfach nur auf die Folter spannen wollte? Was war aber, wenn er ihr tatsächlich die Freundschaft kündigen wollte? Oder, vielleicht wollte er ihr was ganz anderes mitteilen? Vielleicht würde er ihr jeden Moment erzählen, dass er bereits seine Traumfrau gefunden hatte, die von der Carly gesprochen hatte. Vielleicht wollte er ihr aber auch einfach einen Arschtritt verpassen, für das was sie getan hatte, so wie sie es mit ihm gemacht hätte? Bevor sie sich jetzt noch weiter verrückt machte, entschied sie sich, doch einfach das Wort zu ergreifen, ansonsten wäre sie bereit für die Einweisung in eine Klinik, noch bevor er überhaupt nur ein Wort gesagt hatte!

„Kyle es tut mir wirklich leid, wegen gestern. Ich hab das irgendwie nicht so ganz durchdacht gehabt!“, sprudelte es aus ihr heraus. Nicht nur Männer taten sich schwer, die richtigen Worte in der jeweiligen Situation zu finden, sondern auch Frauen stellte Sam mit erschrecken fest. Das hatte man ihr bisher ganz anders vermittelt!

Kyle wandte seinen Kopf in ihre Richtung und sah sie mit einer hochgezogenen Augenbraue eindringlich an. Spielte da ein kleines Lächeln um seine Lippen? Oder war das vielleicht einfach nur eine Zuckung?

„Nicht ganz durchdacht?!“, sagte er trocken und Sam ließ sich gleichzeitig auf einem Stuhl nieder, da sie diese Unterhaltung, die doch bisher aus nicht mehr als 30 Worten bestanden hatte, noch den letzten Nerv kosten würde.

„Ja nicht ganz durchdacht, glaube ich. Ach Mann was weiß ich denn schon, du kennst mich. Ich bin manchmal nicht so ganz zurechnungsfähig!“, sagte sie verzweifelt. In dieser Gefühlsduselei war sie noch niemals gut gewesen, noch eine Sache die sie von einer typischen Frau unterschied.

„Nicht ganz zurechnungsfähig ist gar nicht so weit hergeholt…“, entgegnete Kyle und machte Sam damit langsam wütend. Wenn er nur die Dinge wiederholen wollte, die sie sagte, dann wäre das keine sonderlich vielversprechende Unterhaltung!

„Kyle, komm schon. Du bist hierhergekommen, nicht ich zu dir, also was willst du hier?“, fragte Sam jetzt gerade heraus und zauberte Kyle damit ein überraschtes Gesicht.

„Naja, das ist einer der Gründe. Weißt du, wenn ich Mist gebaut habe, dann bin ich bisher immer ziemlich schnell auf der Bildfläche erschienen um den Scheiß wieder gut zu machen, und du? Du nimmst dir einen Tag Auszeit in deiner Redaktion? Kannst du denn nicht einmal zu dem Scheiß stehen den du gebaut hast und deinen Arsch zu mir runter bewegen um dich zu entschuldigen?“, fragte er sie aufgebracht.

Nun, das was er da sagte, hatte schon irgendwie Sinn, aber Sam war einfach noch nicht bereit dazu gewesen. Ganz einfach aus dem Grund, weil sie sich noch keine Worte zurecht gelegt hatte, die das was sie angestellt hatte, irgendwie wieder hätten gut machen können.

„Ich wollte doch, ehrlich, aber ich wusste nicht was ich sagen sollte. Ich weiß  jetzt, dass du wütend wegen der Aktion gestern bist, aber ich verstehe noch nicht so ganz den Grund! Ich meine klar, ich wäre wohl auch sauer, aber…“, Sam wollte die nächsten Worte nicht sagen, weil sie Angst hatte, sie würden zuviel von dem preisgeben, was in ihr vorging.

„Aber was?“, fragte Kyle nach und ließ sich jetzt ebenfalls auf einem Stuhl nieder, der in etwa drei Meter von ihrem eigenen entfernt war.

Sam sah ihm ins Gesicht, bemerkte die Spannung die darin lag, überlegte ob sie es wirklich sagen sollte.

„Sam, aber was??“, wiederholte Kyle seine Frage und Sam spürte, dass ihr Herz schneller zu schlagen anfing.

„Naja, also, ich meine…“, sie stotterte. Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein!

„Ok, also ich dachte, du bräuchtest einfach eine Frau die deiner würdig ist. Und ja du hattest Recht, ich wollte dich damit loswerden. Aber nicht dich als Freund, sondern naja…“, schon wieder druckste sie um den Knackpunkt herum und sah, wie Kyle langsam die Geduld verlier. Er sah kurz zu beiden Seiten, bevor er sich zurücklehnte und dann den einen Fuß auf dem Knie des anderen Beines platzierte. Anschließend verschränkte er die Arme vor der Brust. Eine Abwehrhaltung.

„Als WAS wolltest du mich loswerden Sam? Wir sind doch Freunde, ich dachte du kennst mich mittlerweile so gut, dass du weißt, dass ich auf so einen Kram wütend reagiere. Also was hat dich dazu gebracht dein Hirn abzuschalten??“, in seiner Stimme lag etwas, was Sam so noch nicht kannte, naja obwohl, sie hatte es bereits einmal gehört. Als er sie als Schlampe bezeichnet hatte.

„Na DU hast mich dazu gebracht mein Hirn abzuschalten, verdammt!!“, sagte sie mit einem Mal und sprang aus ihrem Stuhl. Kyle folgte ihr mit seinen Augen, ohne sich zu bewegen.

„Ach ja, und wie soll ich das geschafft haben wenn ich fragen darf?“, fragte er stattdessen.

Sie drehte sich zu ihm um und funkelte ihn an. Er ganz alleine war schuld an dieser ganzen behämmerten Situation! Wenn er sie nicht geküsst hätte, dann würden sie nicht ständig diese Bilder in ihrem Kopf verfolgen. Wenn er sie nicht geküsst hätte, dann würde sie nicht immer der Wunsch einholen, es wieder zu tun! Wenn er sie nicht geküsst hätte, DANN wäre alles noch beim alten!

„Ich wollte dich aus meinem Kopf heraus bekommen, ok?“, schnauzte Sam ihn an, als hätte er den Scheiß gestern gebaut. Gestern hatte er sich tadellos verhalten, die Wochen davor eher weniger!

Bei dieser Aussage schien Kyle jetzt doch überrascht zu sein und stellte sein Bein auf dem Boden ab, während er sich nach vorne beugte.

„Wieso aus deinem Kopf?“, fragte er.

„Dafür, dass du eigentlich mit mir sprechen wolltest, stellst du verdammt viele Fragen Kyle!“, giftete Sam ihn an. Sie war es nicht gewohnt das, was in ihrem Kopf vor sich ging, preis zu geben und wenn sie ganz ehrlich war, dann war es ihr auch einfach peinlich!

„Naja, die Antworten auf diese Fragen könnten das beeinflussen, was ich zu sagen habe…“, sagte er Schulterzuckend und blickte sie dann neugierig an. „Also, wieso aus deinem Kopf?“

„Wahh, du gehst mir ehrlich auf die Nerven!“, sagte Sam und kehrte ihm den Rücken zu, doch das reichte ihr nicht. Stattdessen begann sie durch den Raum zu wandern.

„Du hast mich geküsst Kyle und jetzt? Seit diesem bescheuerten Kuss kann ich beinahe an nichts anders mehr denken! Du machst mich ganz verrückt! Deswegen wollte ich dir eine andere suchen, damit du aus meinem Kopf verschwindest und nicht vollkommen aus meinem Leben. Ich meine, wir sind doch Freunde…Aber du tust jetzt irgendwie so, als hätte ich dein Leben zerstören wollen. Ich wollte doch nur alles wieder ins Lot bringen!“, bei den letzten Worten drehte sie sich doch zu ihm und sah ihn direkt an, obwohl sie spürte, wie das Blut ihr zu Kopf stieg und rote Wangen in ihrem Gesicht verursachte.

Diesen Moment nutzte Kyle, um aufzustehen.

„Willst du wissen, warum ich kein Interesse an der Frau gestern hatte?“, fragte er sie plötzlich und überraschte sie so mit seiner Reaktion. Sie hatte gedacht, dass er ihr mit mitfühlenden Worten begreiflich machen würde, dass sie sich da in etwas verrannte. Vielleicht hatte sie sogar eher erwartet, dass er sie auslachen und fragen würde, wie sie nur dazu kam, ständig an diesen Kuss zu denken, da dieser ein blöder Ausrutscher gewesen war. Naja, beide Male.

Als Antwort auf seine Frage, nickte sie und stützte sich dann an der Schreibtischkante hinter sich ab.

„Ich habe noch niemals Probleme gehabt, mir selber Frauen zu suchen. Das wäre der erste Grund, denn ich hasse es, wenn ich merke, dass sich jemand in mein Leben einmischt. Doch der wohl eigentliche Grund lautet, dass ich sowieso schon die ganze Zeit nur eine einzige Person im Kopf habe. Deswegen brauche ich keine andere.“, erklärte er ihr. Sam nickte einfach nur, obwohl sie nicht verstand, was er damit meinte. Ok, also gab es doch jemanden in seinem Leben, oder so ähnlich.

„Seit diesem ersten Kuss, kann ich an niemand anderen mehr denken, als an dich Sam. Doch wir sind Freunde, wie du stets so schön betonst, also halte ich mich einfach fern von dir, was mir verdammt schwer fällt nebenbei gesagt. Ich weiß, du hast in diesen Dingen noch keine Erfahrungen doch frage ich mich immer mehr, warum das ein Hindernis sein sollte. Ich fands einfach zum kotzen, dass du mich loswerden wolltest, weil du diesen Kuss, oder beide Male, nicht verkraften kannst. Ich fand es auch zum kotzen, dass du mich so einfach an eine andere Frau verscherbeln könntest, obwohl ich doch einen riesen Terror gemacht habe, als Derek aufgetaucht ist. Wieso kannst du dir noch nicht einmal im Ansatz vorstellen, dass wir beide vielleicht doch ein wenig mehr als nur Freunde sein könnten?“

Bei diesen Worten, war Sam ihr Herz immer mehr in die Hose gerutscht. Das war doch nicht Kyle der da vor ihr stand, verdammt. Der Typ den sie kannte, der würde solche Dinge niemals sagen! Ihr war selber bewusst, dass dies alles andere als eine Liebeserklärung war, da er selber Liebe wahrscheinlich gar nicht kannte. Aber es war eindeutige Einladung zu etwas, dass ihre Freundschaft kaputt machen würde.

„Kyle, aber, hä??“ sie verstand es nicht, oder sie wollte es nicht verstehen.

„Sam sag mir ehrlich, dir hat der Kuss in der Bar gefallen, oder? Auch du kannst ihn nicht mehr vergessen?“, fragte er und lächelte. Er lächelte tatsächlich!

Sam überlegte kurz einfach zu lügen, doch das würde nichts ändern, sondern alles nur schlimmer machen.

„Ich kann an nichts anderes mehr denken….“, antwortete sie und Kyle freute sich offensichtlich über diese Antwort.

„Aber trotzdem Kyle, wenn wir hier nicht aufhören, dann werden wir unsere Freundschaft noch zerstören!“, sagte Sam und fügte dann hinzu „Und ich will sie nicht kaputt machen!“

Kyle lächelte immer noch und entgegnete „Wenn wir mal ganz ehrlich sind, zerstören wir beide unsere Freundschaft so oder so. Einer von uns beiden baut immer Mist, egal ob wir nun miteinander schlafen oder nicht Sam. Das Einzige was ich weiß ist, dass meine Gedanken sich nur noch um dich drehen und dass ich gerne versuchen würde, ob daraus etwas werden könnte, weil der andere Weg ganz offensichtlich nicht funktioniert. Wir sind beide erwachsen, also wieso sollten wir es nicht einfach ausprobieren?“

„Ich verstehe nicht, warum du das willst…“, sagte Sam und blickte zu Boden. Sie konnte es einfach nicht nachvollziehen, wie so ein Kerl wie Kyle von jemandem wie ihr etwas wollen konnte, was auch nur annähernd mit Sex zu tun hatte. Wenn man Kyle betrachtete, dann war er, naja Kyle eben und sie? Sie war so gar nicht sein Typ.

„Die Frage lautet wohl eher, warum sollte ich es nicht wollen?“, konterte er und sie merkte, wie er ihr langsam näher kam.

Oh Gott, was sollte sie tun? Das konnte doch nicht sein ernst sein! Er dachte immer nur an sie? Hatte er irgendwas Falsches geraucht? Aber was war, wenn sie es tatsächlich einmal miteinander versuchten? Es bedeutete ja nicht, dass sie gleich ein Paar werden würden, es bedeutete lediglich, dass sie genau das tun würde, was Janine ihr von Anfang geraten hatte. Ihren Spaß haben! Aber sie war doch nicht der Typ, der sich einfach nur Spaß gönnte, oder etwa doch? Sie hatte es ja niemals ausprobiert, also woher sollte sie das wissen?

Kyle kam ihr immer näher, er schien sich in Zeitlupe zu bewegen und war doch gleichzeitig zu schnell. In Sams Kopf kreisten sämtliche Gedanken umher, aus denen sie auch sonst nicht schlau wurde, nur dass sie es alle gleichzeitig taten. War das wirklich sein Ernst oder erlaubte er sich einen bitterbösen Scherz mit ihr? Die wichtigste Frage, die stellte sie sich jedoch erst zum Schluss: Wollte sie das was jeden Moment geschehen würde?

„Was sagst du Sam? Wir haben im Grunde genommen nicht wirklich etwas zu verlieren, oder?“ hörte sie Kyle sagen, ihr fehlte jedoch die Kraft oder der Wille etwas zu entgegnen. Er war ihr mittlerweile ganz nah, doch sie schaffte es nicht ihn aus eigener Kraft anzusehen. Erst als er ihr einen Finger ans Kinn legte und so langsam ihren Kopf nach oben wandte, schaffte sie es ihm direkt in die Augen zu sehen. Sie hatte Scham erwartet, sie hatte erwartetet, dass sie rot anlief und ihr dieses Gespräch peinlich war, doch dieses Gefühl hatte sich nicht einstellen wollen. Stattdessen hatte sich in derselben Sekunde der Wunsch Kyle zu küssen eingestellt, als sie seine Augen erblickt hatte. Er stand ihr stumm gegenüber, sagte kein Wort mehr und auch Sam war noch nicht so ganz bereit etwas zu tun oder zu sagen.

Kyle hob einen Arm an und fuhr dann langsam mit seinen Fingern ihren Arm entlang, was an jeder einzelnen Faser ihres Körpers ein Kribbeln verursachte. Ein Schauer durchfuhr ihren Körper und nur ganz knapp wiederstand sie dem Impuls ein zufriedenen Seufzer über ihre Lippen kommen zu lassen. Wieso nur, fühlte es sich so gut an wenn er sie berührte? Wieso nur fühlte es sich so normal an?

Sie beobachtete seine Hand, die immer noch ihren Arm entlang nach oben, dann wieder nach unten fuhr, dann wandte sie ihren Blick wieder auf sein Gesicht. Es war so perfekt. Wie von einem Dämon ergriffen, bewegte sie sich plötzlich auf ihn zu, kam ihm immer näher, bis ihre Brust nur noch Zentimeter von der seinen entfernt war. Sie sah, wie er langsam seinen Kopf senkte, wie er bereit war das zu tun, bei dem sie sich doch eigentlich noch nicht so sicher war. Doch ihr Körper selber war sich sicher, denn langsam erhob sie sich auf die Fußballen und näherte sich so Kyles wundervollen Lippen. Kein Zentimeter trennte sie noch voneinander, als sie plötzlich ein Räuspern und ein „Sorry!!“, hörte und wie von der Wespe gestochen zurückwich, wo sie dann gleichzeitig eine Schreibtischlampe umschmiss. Kyle trat seinerseits mehrere schnelle Schritte zurück, fasste sich zuerst an den Kopf, bevor ihm anscheinend der perfekte Einfall kam. Sam die versuchte, die kaputte Lampe zu richten, hörte nur mit einem Ohr hin, während ihr jetzt, da sie von irgendjemandem beinahe erwischt worden waren, die Schamesröte doch noch ins Gesicht stieg.

„Ich hab die Wimper rausbekommen!“, hörte sie Kyle hinter sich sagen, doch sogleich schwieg er wieder. Sie drehte sich, während sie in der Hocke auf dem Boden saß, zu ihm und folgte dann seinem Blick, wo sie ausgerechnet Danny erblickte, der dämlich vor sich hin grinste.

„Na Halleluja, ich dachte schon ich erblinde heute noch!“, zwang sie sich zu sagen und auf Kyles Ablenkungsmanöver einzusteigen. Sie hoffte, obwohl Dannys Blick mehr als nur eindeutig war, dass er ihnen dieses Schauspiel abnahm. Sie bezweifelte es.

„Ach du hattest eine Wimper im Auge Sam? Vielleicht helfe ja beim nächsten Mal ICH dir?!“, hörte sie Danny sagen und ignorierte ihn absichtlich. Sie war Tomatenrot im Gesicht, das wusste sie auch ohne in einen Spiegel zu sehen und sie wusste nicht was sie sagen sollte. Also packte sie sich die Lampe, deren Birne beim Aufprall zerschellt war, und stellte sie wieder auf den Schreibtisch. Dann drehte sie sich weg, eilte auf ihren eigenen Tisch zu, packte sich ihre Tasche und meinte „Ähm, hey Danny. Ja vielleicht. Also Jungs ich muss dann los, ich hab da noch was Wichtiges zu erledigen! Danke für deine Hilfe Kyle!“ und schnellstmöglich eilte sie an dem einen vorbei, der die Gefährliche Versuchung darstellte und demjenigen, den sie in diesem Moment wohl als ihren Schutzengel bezeichnen musste.

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„Alter, ich dachte ihr habt euch gestern gestritten??“, fragte Danny seinen Kumpel, der vollkommen perplex dastand und ausnahmsweise tatsächlich einmal sprachlos zu sein schien.

„Woher hast du denn den Mist?“, fragte Kyle Danny und setzte sich jetzt ebenfalls in Bewegung. Er stellte sich an die Fensterscheibe und blickte nach unten. War das gerade wirklich geschehen? Hatte er Sam tatsächlich eine Affäre vorgeschlagen?

„Ich hab da so meine Quellen…Was war hier los?“, fragte Danny  und sah seinen Freund interessiert an. Obwohl er die Antwort doch schon kannte, so wollte er Kyle noch ein wenig aus der Reserve locken.

„Na, du hast es doch gehört. Ich hab ihr geholfen, eine Wimper aus dem Auge zu bekommen!“, sagte Kyle an seinen Freund gewandt, so als wäre dieser derjenige der Stuss laberte.

„Naja, ich bin nicht bescheuert, ich seh doch was hier abgeht!“, meinte Danny vorsichtig.

„Gar nichts geht hier ab.“, entgegnete Kyle und fragte sich, was ihn nur geritten hatte. Er war mit einem Plan hierhergekommen, ja. Er hatte Sam zur Rede stellen wollen und ihr klipp und klar sagen wollen, dass er nur an eine denken konnte. Dass es sich dabei um sie selbst handelte, hatte er ihr nicht mitteilen wollen, denn er hatte Sam damit irgendwie eifersüchtig machen wollen. Doch desto mehr Sam gesagt hatte, desto länger er sie beobachtet hatte, desto mehr hatte sich in seinem Kopf die Idee zusammengesponnen, die er schlussendlich auch noch ausgesprochen hatte. Das wirklich wundersame war doch, dass Sam nicht Nein gesagt hatte. 

36. Kapitel: „Ja habe ich…“

Sam saß im Bus nach Winfield, eine Stadt die ungefähr drei Stunden entfernt lag und wo das nächste Fußballspiel am späten Nachmittag desselben Tages stattfinden würde. Das letzte Spiel vor den Playoffs. Das Spiel das immer noch alles entscheiden konnte, denn die Mannschaft spielte gegen die Winfields, die alles tun mussten, damit sie weiter kamen. Verloren sie, waren sie raus. Gewannen sie, wären sie drin und ihre eigene Mannschaft müsste bis morgen zittern. Es entschied sich nach Punkten und sie waren nicht die einzige Mannschaft, die alle Spiele bis auf eines gewonnen hatten. Bei einigen Mannschaften war somit auch schon länger klar, dass sie nicht weiter kommen würden, was jedoch nicht bedeutete, dass sie sich mit den noch verbliebenen Mannschaften kein Duell geliefert hätten, welches die Zuschauer zum erzittern gebracht hatte.

Draußen an ihrem Bus flogen die anderen Autos nur so vorbei und Sam war froh, dass sie sich ihren Mp3 Player eingeschaltet hatte und somit signalisierte, dass sie von niemandem gestört werden wollte. Noch dazu, hatte sie sich einen Platz sehr weit vorne im Bus gesucht, spürte jedoch genau die Blicke einer gewissen Person, die sie lieber nicht spüren wollte. Es war beinahe so, als würde sie Kyle berühren obwohl er noch nicht einmal in der Nähe war und Sam wandte sich noch mehr zum Fenster, zog ihre Beine an, schloss die Augen und versuchte zu schlafen. Doch anstatt, dass sich das angenehme Dunkel über sie legte, kamen ihr stets nur die Bilder des gestrigen Nachmittages in den Sinn. Der Moment, in welchem sie selber beinahe Kyle geküsst hätte, angestachelt von seinem Angebot, eine Affäre mit ihm anzufangen, damit sie beide ihren Spaß bekamen. Den Spaß, den doch beide ganz offensichtlich, zumindest seiner Aussage nach, so dringend wollten und auch brauchten. Sam war geschockt gewesen von dem Angebot, gleichzeitig jedoch fragte sie sich nach wie vor, ob sie es nicht einfach einmal ausprobieren sollte, denn Kyle hatte in einem weiteren Punkt absolut Recht gehabt. Nämlich in dem, als er gesagt hatte, dass sie beide ihre Freundschaft so oder so früher oder später zerstören würden. Sie wussten beide nicht, wie sie miteinander umgehen sollten, also tanzten sie umeinander herum als lägen auf dem Boden Eierschalen, die nicht noch mehr zerstört werden durften. Beide waren überempfindlich und beide bauten in regelmäßigen Abständen Mist. Wenn Sam aufzählen würde, was in den letzten Wochen alles passiert war, seitdem sie Kyle kennengelernt hatte, dann wäre sie eine gute Zeit lang beschäftigt.

Aber wer sagte ihr denn, dass es mit Kyle und ihr auf eine andere Art und Weise gut verlaufen würde? Wer sagte ihr, dass es nicht gut verlaufen würde?  Niemand sagte das, lediglich ihr Kopf war fest davon überzeugt.

„Hey Sam, alles in Ordnung? Du siehst aus, als wärst du diejenige, die in ein paar Stunden auf dem Feld stehen würde!“, hörte sie Goalie, trotz der Musik in ihrem Ohr, neben sich sagen und drehte sich zu ihm um. Er lächelte sie breit an und wusste anscheinend noch nichts von dem Vorfall gestern in der Redaktion. Oder er tat so als wüsste er von nichts. Vielleicht hatte Danny ja auch gar niemandem erzählt, was er gestern beobachtet hatte. Eine Möglichkeit wäre jedoch auch, dass Danny gar nicht verstanden hatte, was er da gesehen hatte. Wie auch immer es war, Goalie wusste von nichts.

„Ach, ich weiß nicht. Ich bin ein bisschen in Gedanken. Die Artikel und die Portraits wachsen mir anscheinend ein wenig über den Kopf!“, hörte sie sich sagen und fragte sich, woher sie das denn jetzt genommen hatte. Zumindest war es eine gute Ausrede!

„Verstehe ich und deswegen musst du heute Abend dringend mit gehen. Wir gehen heute in eine Diskothek, die bekannteste von Winfield! Das wird der Hammer!“, erklärte Goalie.

Doch er brauchte gar nicht viel Überredungskunst, denn Sam brauchte ganz dringend Ablenkung von dem gestrigen Vorfall und ein Discobesuch mit den Spielern wäre da vermutlich genau das Richtige.

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Sam hatte kein Wort mit Kyle geredet, jedoch hatte sie ihn auch nicht ignoriert. Er hatte ihre Blicke gespürt, wusste in welchem Zwiespalt sie gerade steckte und doch freute es ihn, dass sie nicht in alte Muster verfiel. Noch hatten sie nicht über das gestrige Thema gesprochen, doch Sam schien nicht abgeneigt zu sein, ansonsten wäre sie mit Sicherheit heute auf ihn zugekommen und hätte ihm seinen Vorschlag um die Ohren geschlagen. Vielleicht, würde sie das aber auch noch tun.

Den ganzen Tag schon, konnte er seine Augen nicht von ihr reißen, doch hatten sie keine Chance gehabt, überhaupt miteinander zu sprechen. Gleich in der Früh hatte der Coach noch ein kurzes Training angesetzt, nach diesem waren sie alle in den Bus gestiegen und hatten sich auf den Weg nach Winfield gemacht. Auch die Cheerleader waren mit am Start und vergnügten sich im hinteren Teil des Busses gerade mit ein paar Spielern. Andere Wiederum saßen einfach nur herum und sahen aus dem Fenster, wiederum andere, so wie Goalie, suchten das Gespräch mit Sam.

Kyle fiel auf, dass Goalie es anscheinend nicht lassen konnte. Ständig hielt er sich in Sams Nähe auf und ständig suchte er die Gespräche mit ihr. Der Typ ging ihm gehörig auf den Sack!

„Aaalter, heute geht’s ab!! Das 6 Stairs hat gerufen und alle kommen!“, grölte Simmons und schmiss Kyle einen Arm um die Schultern.

„Hübsche Frauen, viel Alkohol, sich sexy bewegende Körper die sich an deinen schmiegen und Spaß ohne Ende warten auf uns!“, fügte er hinzu als er Kyles Gesichtsausdruck sah. Heute Abend würde die Mannschaft ins 6 Stairs gehen, die beste Diskothek die Winfield und alles in fünfzig Meilen Radius, zu bieten hatte. Jedes Jahr waren sie bisher dort gewesen und jedes Jahr, war es vollkommen aus dem Ruder gelaufen. Mindestens zwei Spieler fanden jedes Mal den Weg nicht mehr ins Hotel zurück und jedes Jahr, hatte es Stress mit dem Trainer gegeben. Doch dafür war es auch jedes Jahr ein Spaß gewesen.

„Gehen alle mit?“, fragte Kyle seinen Kumpel, obwohl er doch im Endeffekt nur wissen wollte, ob eine bestimmte Person mitgehen würde.

„Ich denke schon, dass alle mit am Start sind. ODER LEUTE?“, rief Simmons mit einem Mal durch den Bus und alle verfielen in einen Jubel. Sie wussten sofort um was es ging und alle freuten sich bereits.

„Und, du bist doch dabei, oder?“, fragte Simmons plötzlich äußerst skeptisch und sah Kyle eingehend an.

„Ja klar bin ich dabei…“, murmelte Kyle und hoffte einerseits, dass Sam auch dabei war. Andererseits, waren ihre gemeinsamen Barbesuche bisher nicht unbedingt prickelnd verlaufen und er wollte keinen Streit riskieren. Sie bewegten sich im Moment auf gefährlichem Terrain und sie mussten vorsichtig sein, soviel stand fest.

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„Das Staten College siegt mit 3:2 gegen die Winfields und rückt somit in die Playoffs ein! Einen großen Applaus für die Gewinner des Tages!“ tönte es durch die Lautsprecher und die Menschenmenge brach in Jubel aus.

Die Spieler stürmten alle von dem Spielfeld und rissen die Cheerleader in ihre Arme ohne groß darüber nachzudenken. Erneut hatte Kyle zwei Tore erzielt und war somit im bisherigen Turnier Torschützenkönig, doch das interessierte ihn im Moment herzlich wenig. Gerade sprangen ihn zwei Mädels an und jubelten in sein Ohr, während er sich mit ihnen freute. Der Einzug in die Playoffs war ihnen nun sicher, jetzt würde es um alles gehen, doch das sollte am heutigen Tage nicht mehr seine Sorge sein, denn heute würde er feiern! Er würde die Nacht genießen.

Sein Blick wanderte suchend über die Menschenmasse und entdeckte die Person, auf die er gewartet hatte, gerade in einer festen Umarmung von Simmons, der sie schon beinahe durch die Luft schleuderte. Er sah, dass sie irgendwas sagte, doch verstand er natürlich über den Lärm hinweg nicht, über was sie sprachen.

„Mädels, kann ich kurz?“, sagte Kyle und setzte Lavine, eine dunkelhäutige Schönheit, auf ihren Füßen ab. Die machte sich jedoch nichts draus, sondern lief zum nächsten Spieler um ihm zu gratulieren.

Mit schnellen Schritten ging er auf Simmons und Sam zu.

„Herzlichen Glückwunsch!“, hörte er Sam jetzt sagen und Simmons ließ sie endlich herunter und schloss sie stattdessen in seine Arme.

„Mädel, ich sagte doch, du bist unser Glücksbringer!“, murmelte er in ihren Oberkopf hinein. Genau in diesem Moment, kam Kyle bei den beiden zum stehen.

„Hey, Alter! Du bist echt der Oberhammer, dieses zweite Tor? Ein Traum!!“, Simmons schmiss dabei seinen Arm um Kyle und zog auch ihn an sich. Um sein Gleichgewicht nicht zu verlieren, platzierte Kyle seinen rechten Arm auf Simmons Schulter, während sein linker Arm zu Sams Rücken wanderte. Sie hingegen, hatte schon längst bemerkt, wer zu ihnen getreten war. Als Simmons Kyle und Sam endlich losließ und sich sogleich abwandte, weil er noch andere in die Arme schließen wollte waren Kyle und Sam das erste Mal in diesem Tag wirklich alleine und so standen sie sich nun gegenüber. Man bemerkte bei beiden, dass sie nicht so ganz wussten, wie sie aufeinander reagieren sollten und Kyle war mehr als nur überrascht, als Sam plötzlich breit lächelte und ihre Arme um seinen Nacken schmiss.

„Herzlichen Glückwunsch Kyle, ich freue mich so sehr für euch alle. Du hast einfach fantastisch gespielt!!“, und so zog sie ihn an sich. In der ersten Sekunde war Kyle zu überrascht, in der nächsten legte er beide Arme auf Sams Rücken und genoss ihre Nähe. Er atmete einmal ihren Geruch ein, fühlte sich sofort wie zuhause und schloss die Augen. Dennoch vergaß er nicht sich zu bedanken.

„Danke Sam. Ich glaube, Simmons hatte Recht. Du bist wirklich unser Glücksbringer!“

Um sie herum schien es vollkommen still zu werden und sie genossen die paar Sekunden, die ihnen in ihrer trauten Zweisamkeit blieben, doch kurz darauf, kamen auch Danny und Goalie angelaufen und Sam und Kyle ließen voneinander ab. Während Danny den beiden einen äußerst eindeutigen Blick zuwarf, jedoch trotzdem auf Sam zuging und sie umarmte, merkte Goalie, wie immer, nichts.

„Das habe ich gesehen!“, flüsterte Danny ihr zu und drückte sie dann von sich weg. Dabei blickte er in ein gerötetes und gleichzeitig überraschtes Gesicht.

„Was hast du gesehen?“, fragte Sam unschuldig und blickte zu Kyle hinüber, der sich mit Goalie unterhielt. Damit verriet sie sich selber, doch konnte sie einfach nicht anders. Sie hatte diese Umarmung so sehr genossen, Kyles Nähe, seine Wärme die er ausstrahlte. Sie hätte noch ewig so dastehen können.

„Genau das…“, meinte Danny mit einem Augenzwinkern und wandte sich dann von Sam ab, um Kyle zu seinen beiden Toren zu gratulieren.

„Deine Flanke zum ersten Tor, war aber auch nicht von schlechten Eltern!“, lobte Kyle hingegen Danny, der seit langem Mal wieder in der Stammelf gespielt und es allen bewiesen hatte.

„War doch Ehrensache!“, erklärte dieser und so verliefen sich die Gespräche in andere Richtungen. Immer wieder kamen Cheerleader vorbei, die den Jungs um die Hälse fielen, oder andere Spieler die sich dann gegenseitig auf die Schultern klopften und sich beglückwünschten. Sam wurde klar, dass sie sich auf den Weg ins Hotel machen sollte, da sie unbedingt den Artikel schreiben musste, damit sie rechtzeitig fertig wurde. Heute Abend wollte sie es krachen lassen und alles um sie herum vergessen. Heute Abend, würde sie Kyle aus ihrem Gedächtnis trinken.

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„Was schreibst du noch mal?“, fragte Kirsty und blickte über ihre Schulter auf den Bildschirm des Laptops.

„Den Artikel für das Spiel!“, antwortete Sam ein wenig entnervt. Sie hatte vollkommen vergessen, dass sie sich diesesmal ihr Zimmer mit einer der Cheerleader teilen musste. Kirsty war eigentlich immer sehr nett zu Sam gewesen und dennoch ging sie ihr ein wenig, mit ihrer Art, auf die Nerven. Sie war so vollkommen anders als Sam und deswegen konnte sie auch wenig mit ihr anfangen.

„Bist du denn bald fertig damit? Ich meine, wir müssen uns für die Party fertig machen. Es bleiben nur noch zwei Stunden und das ist wenig Zeit!“, sagte Kirsty nachdenklich und tippte sich dabei mit dem Zeigefinger gegen die Unterlippe. Sam verdrehte die Augen, bevor sie sich dazu zwang zu antworten.

„Dann mach dich doch schon mal fertig, ich brauche nicht lange damit!“

Schockiert schnappte Kirsty nach Luft.

„SAAAM, das geht doch nicht! Ich dachte ich zeige dir heute mal, was man aus dir machen kann??!! Du hast soo ein schönes Gesicht, das müssen wir der Welt endlich mal zeigen!“

Anfangs hatte sich Sam noch gefragt, warum Kirsty bei der Zimmerverteilung übrig geblieben war, doch mittlerweile wusste sie den Grund auch ohne irgendjemanden danach zu fragen.

„Ne auf so was steh ich nicht. Damit habe ich schlechte Erfahrungen gemacht!“, erklärte Sam schulterzuckend, ohne sich umzusehen.

 „Ja aber diesesmal sind wir alle da und passen auf dich auf!“, erwiderte Kirsty. Wenn Sam sich nicht einverstanden erklärte, dann würde Kirsty niemals Ruhe geben.

„Ok gib mir bitte noch eine halbe Stunde, dann bin ich fertig. Dann kannst du mit mir machen was du willst, aber bitte, sei dafür die nächsten 30 Minuten ruhig, in Ordnung?“, zwang sich Sam als Kompromiss vorzuschlagen. Offenbar, war Kirsty einverstanden, denn sie nickte, schnappte sich eine Zeitschrift, schmiss sich auf eines der Einzelbetten und fing an zu lesen. Dabei ließ sie immer wieder ihre Kaugummiblasen platzen, doch zumindest hielt sie jetzt endlich die Klappe.

Als Sam das letzte Wort ihres Artikels verbesserte, speicherte sie das Dokument ab, öffnete ihr Mailprogramm und schickte sofort eine Version des fertigen Werkes an die Redaktion.

„Fertig!“, sagte Sam und streckte ihre müden Muskeln erst einmal, bevor sie laut losgähnte und sich wünschte, einen Schlafanzug überziehen zu können und sich ins Bett zu legen.

„Jej!!“, rief Kirsty hinter ihr, schmiss die Zeitschrift in die Ecke und sprang auf. Dann holte sie ihren schweren Koffer, hievte ihn auf das Bett und öffnete ihn. Dutzende Hygieneartikel, Schminkutensilien und Accessoires fielen bereits aus dem Koffer und verteilten sich auf dem Bett. Für nur eine Nacht hatte Kirsty soviel mitgenommen, wie Sam insgesamt in ihrem Kleiderschrank hatte! Kirsty streckte eine Hand aus und schnappte sich einen Pinsel, schmiss ihn dann doch wieder hin und schnappte sich eine Tube, dann sah sie zu Sam hinüber.

„So und jetzt setz dich!“, sie deutete mit dem Finger auf den Stuhl, von welchem Sam sich kurze Zeit vorher noch erhoben hatte. Doch um irgendwelchen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, entschied sie sich einfach folge zu leisten. Es war egal wie sie heute Abend aussehen würde, das Einzige was zählte war laute Musik, tanzen und Alkohol. Das wäre ihr heutiger Abend und gleichzeitig ihre Rettung für zumindest ein paar Stunden. Morgen könnte sie sich wieder einen Kopf um alles machen doch heute, war Spaß angesagt.

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„Wow Sam sieht klasse aus!!“, hörte er Simmons flüstern und drehte sich um. Sam kam zusammen mit Kirsty gerade aus dem Fahrstuhl gestiegen. Sie trug einen kurzen Jeansrock, der ihre festen, leicht gebräunten Beine zur Geltung brachte. Dazu trug sie ein einfaches weißes Top, welches mit einer leichten, transparenten Bluse aufgepeppt wurde. Offenbar hatte Kirsty ihr einige Dinge ihrer Schmucksammlung angedreht, doch waren diese Sachen so perfekt aufeinander abgestimmt und passten so gut zu Sam, dass es in keinster Weise aufgesetzt wirkte. Selbst Kirstys Schminkkünsten hatte Sam sich ausgesetzt. Ihr Blick verriet alles, sie kam sich bescheuert vor, dabei sah sie so gut aus.

„Hallo Jungs…“, sagte sie trocken und blickte dann kurz unbehaglich an sich herunter.

„Ich seh aus wie ein Clown!“, fügte sie hinter vorgehaltener Hand hinzu, doch keiner der Jungs bestätigte ihre Aussage. Stattdessen gafften sie alle nur blöd.

„Schwachsinn!“, sagte Kyle entschieden und ging einen Schritt auf sie zu. Dabei machte sie große Augen und automatisch trat sie einen Schritt zurück.

Dies machte Kyle nichts aus, denn er holte sie schnell ein, senkte seinen Kopf an ihr Ohr und flüsterte ihr „Du siehst heiß aus!“ zu, wandte sich dann gleich wieder ab und fragte in die Runde „Sind wir jetzt endlich komplett?“. Das alles geschah so schnell, dass es kaum jemand mitbekommen hatte und so machten sie sich auf den Weg nach draußen. Das „6 Stairs“ lag nur fünf Gehminuten von dem Hotel entfernt und ausnahmsweise waren sie vollkommen unter sich, denn der Coach hatte sich für diesen Abend entschuldigt. Das machte er jedes Jahr, da er genau wusste, was aus diesem Abend werden würde und er wollte dafür nicht die Verantwortung tragen. Ärger am nächsten Tag, gab es meistens dennoch.

„Sam, du siehst genial aus!“, sagte Simmons neben ihr und versuchte einen Blick in ihr Dekolleté zu werfen, wurde jedoch sofort erwischt.

„Sag mal, was sollte das denn werden?“, fragte Sam ihn schockiert. Kirsty hingegen, die immer noch an Sam klebte als wäre sie mit Sekundenkleber befestigt worden, lachte zufrieden und sagte dann „Ich sagte doch, damit wirst du den Kerlen den Kopf verdrehen!“

Erneut verdrehte Sam die Augen und doch, konnte sie nicht verhindern, dass sich ein Lächeln auf ihr Gesicht stahl. Kyle hatte gesagt, er fände sie heiß. Das hatte bisher noch kein Mann zu ihr gesagt und noch konnte sie der Sache nicht so ganz trauen, trotz allem freute sie sich darüber, als wäre sie ein kleines Kind, welches gerade ein Eis geschenkt bekommen hatte. Kyle ging einige Meter weiter vor ihr und unterhielt sich gerade eingehend mit Simmons, der nach vorne geeilt war. Hin und wieder, ließ er seinen Blick suchend über die Menschenmenge gleiten und immer wenn er Sam erblickte, lächelte er kurz und sah wieder nach vorne.

Immer wenn dies geschah, rutschte Sam ihr Herz in die Hose. Seitdem sie darauf achtete, fiel ihr auf, dass Kyle tatsächlich ziemlich oft nach ihr Ausschau hielt, aber das konnte auch mit seinem äußerst ausgeprägten Beschützerinstinkt zusammen hängen. Kann, muss aber nicht!, sagte sie sich selber. Sie musste aufhören sich als weniger Wert zu verkaufen, als sie war. Kyle war gestern zu IHR gekommen und nicht umgekehrt und er war es auch gewesen, der ihr eindeutig gesagt hatte, dass er nur noch an sie dachte. Er hatte sie weder ausgelacht, noch hatte er versucht ihr klar zu machen, dass er nichts von ihr wollte, nein! Er hatte ihr gesagt, dass er was mit ihr anfangen wollte, einfach so.

Sie spürte die Aufregung die bei dieser Erinnerung in ihr aufstieg und auch spürte sie, wie ihre Wangen sich automatisch rot färbten, was Kirstys Aufmerksamkeit auf sie richtete.

„Sag mal Sam, was ist denn mit dir los? Geht’s dir nicht gut?“, fragte sie Sam besorgt und hätte Sam nicht gewusst, dass Kirsty das ernst meinte, hätte sie gelacht.

„Nein, nein. Alles in Ordnung!“, versicherte sie Kirsty und spürte den leicht kühlen Wind über ihr erhitzte Haut streichen.

Keine zwei Minuten später kamen sie auch schon vor besagter Diskothek an und sie entdeckte sehr viele, sehr gut aussehende Menschen die darauf warteten reingelassen zu werden. Ein großer, schwarzgekleideter Türsteher, mit einem Knüppel am Gürtel befestigt, entschied darüber, wer rein durfte und wer nicht und mit einem mal, war Sam wegen was ganz anderem aufgeregt. Was war, wenn der Typ sie nicht reinließ?

Die Schlange wurde immer kürzer und sie kam dem Typen immer näher und mit jedem weiteren Schritt, schlug ihr Herz schneller.

„Was ist denn mit dir los?“, hörte sie plötzlich jemanden in ihr Ohr flüstern und als sie sich umwandte, entdeckte sie Kyle hinter sich stehen.

„Wie bist du denn jetzt dahin gekommen? Du warst doch gerade eben noch vorne bei Simmons…“, sagte sie überrascht und ignorierte die Gänsehaut, die durch seine Nähe ausgelöst wurde.

„Naja, sagen wir es mal so, ich fand Simmons nicht so interessant wie dich!“, erklärte ihr Kyle und erneut spürte Sam die Hitze die ihr zu Gesicht stieg. Jetzt ging Kyle aber langsam wirklich ran. Hatte er sich vorher zurückgehalten, so hatte er sich offenbar entschieden, dass das nichts bringen würde.

Sam antwortete nichts auf die Aussage von Kyle sondern blickte nach vorne. Als sie bei dem Türsteher ankam, blickte dieser sie düster an. Während sie versuchte ihn anzulächeln und ihm damit vielleicht selbst ein Lächeln zu entlocken, was nebenbei gesagt gar nichts brachte, legte Kyle ihr plötzlich eine Hand an die Hüfte und nickte dem Türsteher zu, der kurz darauf die Kordel entfernte und die beiden, Kirsty die immer noch in der Nähe war und ein paar andere Spieler hineinließ, bevor er die Kordel wieder zurückhing und die nächsten Gäste eingehend betrachtete. Doch Sam hatte es geschafft, sie war durchgekommen und mit dem Eintritt in die Diskothek war sie gleichzeitig in einer anderen Welt gelandet.

Laute, Basshaltige Musik dröhnte in ihr Ohr, während die Lichter einen dunklen schmalen Gang vom Boden aus beleuchteten. Links und Rechts war nichts anderes zu sehen, als schwarze Wand, auf der die Lichter umhertanzten. Am Ende dieses Ganges befand sich die Garderobe, wo diejenigen die eine Jacke anhatten, diese abgeben konnten. Auf der gegenüberliegenden Seite konnte man den Eintritt verrichten. Bevor Sam jedoch ihr Geld zücken konnte, lag schon ein 20 Dollar Schein auf dem Tresen und sie hörte Kyle, der „Zwei Personen!“, sagte.

Da es hier drinnen schon viel zu laut war um großartig darüber zu diskutieren und weil Sam sich auch darüber insgeheim freute, ließ sie es einfach etwas zu sagen und drehte sich stattdessen lächelnd um.

„Dankeschön!“, sagte sie so höflich wie nur möglich und erntete dafür von Kyle ein Lächeln. Es schien für einen kurzen Moment so, als wären sie alleine, als wäre niemand sonst anwesend, doch schon bald wurden beide nach vorne gedrängt und schon traten sie durch eine Glastür, die den eigentlichen Diskothekenraum preisgab.

Dieser Raum war riesengroß und Sam sah gewaltige Menschenmassen auf zwei verschiedenen Tanzflächen tanzen, während weiträumig drum herum, Tische verteilt standen an denen schon sehr gut gebechert wurde.

Lichter, von Maschinen erzeugt, tanzten in der Luft umher und trafen in regelmäßigen Abständen auf den Boden und die Menschen. Über eine Treppe, die nach rechts und links herunterführte, erreichte man die unterschiedlichen Ebenen. Die Tanzflächen befanden sich auf der untersten und auch einige Tische waren dort zu finden. Insgesamt konnte Sam drei Ebenen festmachen und als ihr Blick diese entlang fuhr, sah sie bereits die ersten Spieler die sich auf der zweiten Ebene an einen riesigen Tisch setzten.

„Komm schon, den haben wir reserviert!“, hörte sie Kyle in ihr Ohr rufen, da es zu laut war um sich normal zu verständigen, und schon spürte sie seine Hand die die ihre umschloss und sie so dazu brachte, sich weiter zu bewegen. Vorsichtig stiegen sie die Treppe zu ihrer linken nach unten und folgten den anderen, die sich den Weg zwischen den herumstehenden Menschen bahnten.

„Das ist ja der Wahnsinn!!“, murmelte Sam ohne diese Aussage an jemand speziellen zu richten und blickte sich weiter um. Auf jeder Ebene bis auf die oberste, entdeckte sie zwei bis drei Bars, an denen heiße Barkeeper und Sexy Bedienungen ihre Getränke an den Mann brachten. Dabei wirbelten sie die Flaschen in der Luft herum und vollbrachten wahre Kunststücke mit Eis, Gläsern und anderen Utensilien die sie für ihre Getränke benötigten. Um hier arbeiten zu können, brauchte man wahrscheinlich zunächst einmal eine zehnjährige Ausbildung und selbst dann, würde man nicht gleich genommen werden!

Sie spürte, wie sie auf einmal weggezogen wurde und landete an Kyles Brust. Als sie sich umblickte sah sie, dass sie beinahe in eine der Kellnerinnen gelaufen wäre, die ein volles Tablett mit bereits benutzten Gläsern mit sich herum trug und ihr einen bitterbösen Blick zuwarf.

„Sorry!“, rief Sam ihr zu, doch diese reagierte gar nicht darauf, sondern ging einfach weiter.

„Danke!“, rief Sam jetzt stattdessen Kyle zu, der lediglich nickte und dann weiter ging, Sams Hand hatte er immer noch in der seinen, beinahe so, als habe er Angst sie ansonsten zu verlieren. Dies war gar nicht so abwegig in dieser Diskothek, denn Sam war noch niemals irgendwo gewesen, wo so viele Menschen so ausgelassen miteinander feierten.

Bis sie bei ihrem Tisch ankamen, hatten es einige Spieler schon geschafft, fünf Wodkaflaschen zu besorgen, die bereits geöffnet auf dem Tisch standen. Dutzende Gläser standen ebenfalls schon verteilt und die Spieler gossen fleißig ein. Sam schätzte einmal, dass für alle die dabei waren, ein Glas vorgesehen war.

„Hey, habt ihr es auch endlich geschafft!!“, hörte sie Simmons rufen. In diesem Teil, war die Musik nicht mehr ganz so laut und man konnte sich, wenn man laut genug sprach, einigermaßen gut verstehen.

„Ist ja einiges los hier!“, rief Sam zurück und sah sich lachend um. Obwohl so viele Menschen hier drinnen waren, war es eine positive Atmosphäre die sie umgab und so merkte sie noch nicht einmal, dass Kyle ihre Hand immer noch in der seinen hielt. Es fühlte sich so normal an, dass sie noch nicht einmal annähernd das Bedürfnis verspürte, sie ihm zu entziehen und mit einem Mal, kam ihr sein Vorschlag überhaupt nicht abwegig vor, im Gegenteil. Er erschien ihr im Grunde genommen ziemlich logisch.

„Setzt euch!“, rief Simmons und klopfte mehrere Male mit der Hand auf die Couch, direkt neben ihm. Kyle zog Sam zu sich und überließ ihr den Vortritt, gleich hinter ihr schlängelte er sich den Weg entlang zu Simmons, wo sich die beiden dann auch niederließen.

Immer mehr ihrer Wegbegleiter kamen bei dem Tisch an und immer mehr, suchten sich einen Platz und begannen kurz darauf eine angeregte Unterhaltung mit dem Nachbarn. Sam hingegen war immer noch zu sehr von dem fasziniert was sich ihr Optisch bot, als dass sie an ein Gespräch hätte denken können. Als scheinbar alle am Tisch angelangt waren, begannen die paar Spieler, die die Wodkaflaschen besorgt hatten, die Gläser an alle zu verteilen und zum Schluss stand Simmons auf.

„Endlich haben wir die Vorrunde überstanden und endlich steht fest, dass wir in den Playoffs sind. Ich möchte mich an dieser Stelle bei euch allen bedanken. Ihr seit das geilste Team das man haben kann, die geilsten Cheerleader, die einen anfeuern können und natürlich die geilste Reporterin, die über einen berichten kann!!“, einen kurzen Moment hielt Simmons in seiner Ansprache inne und sah zu Sam hinunter um ihr Zuzuzwinkern, die sah jedoch peinlich berührt weg.

„Da gebe ich ihm absolut recht!“, hörte sie Kyle neben sich sagen und brachte sie damit zum lächeln. Dennoch gab sie ihm einen leichten Stoß gegen die Rippen. Er musste aufhören mit diesen Anspielungen, denn Sam wusste nicht, wie man damit umgehen musste. Sie hörte Kyle lediglich lachen und sah dann wieder zu Simmons hinauf.

„In diesem Jahr, habe ich ein gutes Gefühl. In diesem Jahr werden wir es schaffen. In DIESEM Jahr werden wir Champions! Und jetzt packt euch eure Gläser, stoßen wir an! Darauf, dass dies das geilste Jahr in unserem Leben wird!!“, lachend erhoben sich alle anderen die dasaßen und stießen mit denjenigen an, die sie erreichen konnten. Die Stimmung war ausgelassen und entspannt. Heute Abend war jeder hier um seinen Spaß zu haben. Sie sah in die Runde und entdeckte Dennis. Nicht alle, offenbar. Dennis sein Blick war auf Sam geheftet und sie war sich nicht sicher, ob er überhaupt bemerkt hatte, dass sie ihn ertappt hatte. Bei seinem Blick, gefror etwas in ihrem Inneren, er bannte sie. Er kam ihr so bekannt vor, beinahe so als hätte sie ihn vorher schon irgendwo gesehen. Doch sie war sich sicher, dass sie Dennis nicht kannte, eigentlich.

Sein Blick war eiskalt und verursachte ein ungutes Gefühl in ihrem Inneren. Was stimmte nur nicht mit diesem Typen?

„Willst du mit mir etwa nicht anstoßen?“, ertönte es von der Seite und Sam blickte zu Kyle hinüber. Sofort war Dennis vergessen und sie erhob ihr Glas.

„Natürlich will ich, du warst nur gerade eben beschäftigt!“, antwortete sie und bewegte ihr Glas auf das seine zu. Doch mit einem Mal erhob er seine freie Hand und packte ihre, hielt sie in der Luft gefangen. Ihre Augen weiteten sich, als sein Gesicht sich ihrem näherte. Das konnte doch jetzt nicht sein ernst sein, oder? Erleichtert atmete sie aus, als sein Mund sich nur ihrem Ohr näherte, doch als sie das hörte was er ihr zuflüsterte, stockte ihr dennoch der Atem.

„Und hast du schon über gestern nachgedacht?“, fragte er sie und sie spürte den leichten Atem an ihrem Ohr. Sie erschauderte und drehte ihren Kopf zu ihm, er selber war keine zehn Zentimeter von ihr entfernt.

„Ja habe ich…“, sagte sie, wurde jedoch vor den weiteren Worten bewahrt, als Simmons sie zu sich zog. Dieser hatte gar nicht bemerkt, dass Kyle und Sam sich gerade in einem Gespräch befunden hatten. Kyle lächelte nur, sagte nichts mehr, Sam hingegen wusste, dass in ihrem Gesicht die Aufregung zu sehen war.

„Sam, lass uns ein Foto machen! Das zeigen wir dann irgendwann unseren Enkelkindern!!“, hörte sie Simmons und wenn sie ihn nicht kennen würde, hätte sie gesagt, er wäre betrunken!

Martin saß mit seinem Handy in der Hand da und hielt die Kamera direkt auf die beiden. Sam lächelte und versuchte das gerade eben zu vergessen. Sie näherte sie Simmons legte ihren Kopf an seine Schulter, ein paar Sekunden später war der Blitz zu sehen und die beiden gingen wieder auseinander.

„Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen Alter, aber ich bezweifle ganz stark, dass Sam sich dich aussuchen würde!!“, hörte sie Danny lachend rufen und sah seinen mehr als nur offensichtlichen Blick.

„Glaubst du etwa ernsthaft, DU hättest eine Chance bei ihr??“, rief ihm Simmons zu und lachte dabei laut los.

„Von euch beiden, wird sie sich wohl niemanden aussuchen!“, meldete sich Goalie zu Wort. Während also die Spieler damit begannen sich zu streiten, wen Sam sich wohl am ehesten aussuchen würde, spürte sie eine Hand an ihrem Rücken. Es fühlte sich so an, als würde sie genau da hin gehören und niemand anderes bemerkte sie.

Doch für Sam war sie allzu präsent und prompt hätte sie schon wieder lächeln können. Obwohl Kyle sich mit jemand anderem unterhielt und scherzte hatte er seine Hand an ihrem Rücken platziert, fast so als wolle er signalisieren, sie gehöre nur ihm. 

37. Kapitel: „ Ich weiß nicht, was du meinst…“

Der Abend war feuchtfröhlich. Wieviele Wodkaflaschen den Weg zu ihrem Tisch fanden und leer wieder verschwanden konnte Sam nicht sagen, doch es waren einige. Sie selber war nach einiger Zeit auf Bier umgestiegen, da sie Wodka noch niemals gut vertragen hatte und zumindest noch wissen wollte, was sie an diesem Abend getrieben hatte, wenn sie am nächsten Morgen wieder aufwachte.

„Lass uns tanzen!“, hörte sie Simmons sagen und auch Danny stimmte mit ein.

„Ja komm Sam, gehen wir tanzen!“, fügte Danny hinzu und schon wurde sie von Simmons am Arm nach oben gezogen und auf die Tanzfläche geführt. Sie war vielleicht keine Profitänzerin, aber sie liebte es und hatte es auch schon viel zu lange nicht mehr getan. Die Atmosphäre in dem Club war einfach überwältigend uns so gab sie sich nur noch der Musik hin. Die Basswellen bewegten ihren Körper wie von alleine und sie genoss seit langer Zeit mal wieder einfach das Gefühl, sich rundum wohl zu fühlen.

So lange hatte sie darauf gewartet endlich glücklich zu werden und es hatte nur eine Horde von Playern benötigt, um dieses Ziel zu erreichen. Wenn sie das früher gewusst hätte, so wäre sie mit Sicherheit schon viel früher in Kontakt mit ihnen getreten. Doch wer sagte ihr denn, dass sie dann so herzlich aufgenommen worden wäre?

Simmons tanzte direkt neben ihr und schmiss ihr, während er sich so gut es ging zu der Musik bewegte, einen Arm um die Schulter und zog sie an sich heran. Er rief ihr irgendetwas zu, doch aufgrund der lauten Musik verstand sie kein Wort. Es war auch egal, denn es schien nicht wichtig gewesen zu sein, da er einfach fröhlich weiter tanzte. Auch Danny bewegte sich in der Nähe als gäbe es kein Morgen mehr und noch ein paar Spieler und Cheerleader mehr stießen zu der kleinen Gruppe. Sie lachten und tanzten miteinander, bewegten sich aufeinander zu und wieder zurück, genossen die Zeit gemeinsam, waren ausgelassen und hatten ihren Spaß. So etwas hätte sich Sam noch ein paar Wochen zuvor niemals erträumen lassen. Irgendwann bekam sie Durst und ging auf die nächstgelegene Bar zu, um sich dort erstmal ein Wasser zu gönnen um ihren Durst zu stillen. Als ihr plötzlich jemand von hinten auf die Schulter tippte, drehte sie sich überrascht um und erblickte Jeniffer, die vor ihr stand.

Abwartend zog sie die Augenbrauen nach oben, denn sie hatte die Vorfälle noch nicht vergessen. Weder die Aktion, als Jeniffer auf sie hatte losgehen wollen, noch ihre Worte, bei der Party vor ein paar Tagen. Die Musik tönte zu ihnen herüber, dennoch war sie nicht mehr so einnehmend wie gerade eben noch auf der Tanzfläche und Sam wartete was Jeniffer ihr zu sagen hatte. Sie rechnete mit allem, nur nicht mit dem was jetzt folgte.

„Hey Sam, na wie geht’s?“, fragte Jeniffer sie ruhig und, wie es schien, äußerst nüchtern. Überrascht erhob Sam die Augenbrauen und starrte die Frau vor ihr für einen Moment an, bevor sie ihre Sinne zusammen nahm und antwortete.

„Ganz gut und dir?“, fühlte sie sich verpflichtet zu fragen, obwohl es sie einen feuchten Kericht interessierte, was mit Jeniffer war. Jeniffer sah sich einmal um, bevor sie sich wieder auf Sam konzentrierte und dann endlich zu sprechen begann.

„Hör zu Sam, ich glaube ich muss mich bei dir entschuldigen!“, erklärte Jeniffer und überraschte Sam damit auf ein Neues.

„Hä, was?“, fragte Sam sie und trank anschließend einen Schluck von ihrem Wasser, um ihre Gedanken zu ordnen.

Jeniffer hob einmal abwehrend die Arme, bevor sie sie wieder fallen ließ.

„Ok, ich hab echt Mist gebaut. Ich war einfach wütend und hab es an der falschen Person ausgelassen!“, räumte sie ein und sah Sam bittend an.

„Ja mir ist aufgefallen, dass du wütend warst. Nur verstehe ich immer noch nicht warum?!“, sagte Sam, da sie nicht bereit war, nach solchen Aktionen einfach mal so auf Ist doch nichts passiert zu tun.

„Ich war wütend auf mich, ich war wütend auf mein Leben und ich war wütend auf Kyle. Wie du vielleicht weißt, hatten wir bis vor kurzem noch was am laufen und dann bist du plötzlich aufgetaucht und auf einmal lief nichts mehr so, wie es vorher war.“, erklärte Jeniffer und setzte sich auf den Hocker, der direkt neben Sam stand.

„Ich hab doch nichts damit zu tun, dass die Sache mit dir und Kyle aufgehört hat. Ich weiß wirklich nicht, wie du darauf kommst genau MICH dafür verantwortlich zu machen Jeniffer. Ich meine, ich habe dir ja nichts getan…“, entgegnete Sam hingegen.

Jeniffer schüttelte den Kopf. „Nein das hast du nicht, aber irgendwie lief die Sache mit Kyle ab dem Zeitpunkt aus dem Ruder, zu dem du aufgetaucht bist!“

„Jeniffer ich sage es dir, ich habe damit nichts zu tun!“, erwiderte Sam und legte sich dabei die freie Hand auf die Brust.

„Das denkst du Sam, aber bitte, sei doch mal ehrlich. Ich sehe doch, wie Kyle dich ansieht, wie er dich für sich einnimmt, ich bin nicht blind. Ich habe es wohl nicht ertragen, dass er so jemanden wie dich, mir….“, in diesem Moment brach sie ab, doch Sam wusste schon ganz genau was Jeniffer hatte sagen wollen. Und sie gab ihr Recht, nur dass sie diese Idee als äußerst absurd abtat.

„Ok, dann glaube mir wenn ich dir sage, dass das alles gar nicht so war. Kyle und ich sind Freunde…“, die Knutscherei und sein Angebot ließ sie geflissentlich beiseite „und da wird nie was laufen!“, beendete sie ihren Satz.

„Ja und das ist mir auch klar geworden, ich meine, warum sollte Kyle auch mit dir was anfangen?“, fragte Jeniffer, als wäre dies nicht gerade eben eine versteckte Beleidigung gewesen. Sam nahm sie einfach so hin und hoffte, dass sie und Jeniffer tatsächlich ihr Kriegsbeil einfach begraben könnten. Hauptsache sie hätte ihre Ruhe, der Rest war ihr mehr als nur egal. Jeniffer musste sie nicht mögen, musste sie nicht als Freundin ansehen und musste in ihr erst Recht keine Konkurrentin sehen, aber sie musste sie endlich in Ruhe und ihre Arbeit machen lassen!

„Ok Jeniffer. Ist in Ordnung…“, sagte Sam und trank ihr Glas Wasser aus. Bevor Jeniffer auch nur ein weiteres Wort sagen konnte, ging Sam davon und wieder auf die Tanzfläche, wo die anderen immer noch fröhlich vor sich hintanzten. Sie stellte sich wieder zu ihnen und bemerkte, wie sich schon bei den ersten Bewegungen ein Lächeln in ihr Gesicht stahl. Irgendwie, würde ja doch alles seinen Lauf nehmen, da war sie sich sicher. Und vielleicht, würde sie ja diesesmal tatsächlich auch mal als Gewinnerin heraus gehen.

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Er beobachtete Sam jetzt schon seit dem sie den Club betreten hatte. Er hatte von Dennis erfahren, was sie heute Abend machten. Natürlich hatte der Kleine keine Ahnung davon, doch hatte er sich auf den Weg nach Winfield gemacht, weil er sich sein eigenes Bild hatte machen wollen. Sie hier lachend mit irgendwelchen Idioten zu sehen, während er im verborgenen lauern musste, nervte ihn zutiefst, doch er hatte keine andere Wahl. Es war einfach noch zu früh einzugreifen und ihr endlich begreiflich zu machen, was richtig und was falsch war. Doch schon bald, würde sich ihm die Möglichkeit bieten, da war er sich sicher und dann würde Sam endlich erfahren, wer eigentlich schon immer der Richtige für sie gewesen war.

Natürlich würde er sie jetzt nicht einmal mehr mit einer Kneifzange anfassen, wenn es nach seinen Verstand ging, doch wenn es nach einem anderen, nicht unbedeutenden Teil, an seinem Körper ging so wusste er nicht mit Sicherheit ob er die Finger von ihr lassen würde, wenn sie endlich vor ihm niederknien und ihn anbetteln würde, ihn zurück zu nehmen.

Er hatte sich die Mühe gemacht, ihr hierher zu folgen, sie zu beobachten und dabei war seine Wut immer mehr angewachsen. Vor einigen Minuten noch, war sie keine zehn Meter entfernt von ihm an der Bar gestanden, hatte unschuldig ihr Wasser getrunken und sich mit der bekloppten Blondine unterhalten, doch hatte sie ihn nicht gesehen. Sie wiegte sich in Sicherheit, dachte sie wäre ihn los, doch nach dem was sie ihm angetan hatte, konnte er sie nicht einfach entwischen lassen.

Wegen ihr, war er im Knast gewesen, wegen ihr litt er seitdem Qualen. Nur Sam alleine war schuld daran, dass sein Leben nicht die Richtung eingeschlagen hatte, in die er gerne gegangen wäre. Er hatte mit vielen Psychologen gesprochen, hatte unzählige Stunden Gruppensitzungen über sich ergehen lassen und hatte immer nur zustimmend genickt. Sie hatten ihm weis machen wollen er wäre krank, sie hatten ihm weis machen wollen, dass Sam niemals Gefühle für ihn gehabt hätte. Immerzu hatte er genickt, immerzu hatte er zugestimmt aber auch nur, weil er gewusst hatte, dass er dann früher raus könnte, dass sie ihn als gesund diagnostizieren und ihn endlich in Ruhe lassen würden. Ja, er hatte alles getan was von ihm erwartet wurde, aber auch nur aus einem einzigen Grund: Der Gedanke, dass er irgendwann seine Rache bekommen würde, war für ihn die Genugtuung gewesen die er gebraucht hatte.

Doch eine Sache ging ihm gehörig auf den Sack. Dieser Kyle Thompson musste endlich seine Finger von Sam lassen, ansonsten würde er ihm zeigen, was passierte, wenn man seine Frau angrub.

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Kyle sah Sam eine Weile lang  zu. Er hatte auch bemerkt, wie Jeniffer auf sie zugegangen war und sein Körper hatte sich automatisch angespannt, doch war nichts geschehen was sein Eingreifen gerechtfertigt hätte. Stattdessen war er sitzen geblieben, hatte sich weiterhin mit Lyca unterhalten und ihren Geschichten zugehört, die er doch im Nachhinein nur zur Hälfte wiedergeben könnte.

„Sag mal Kyle, wo siehst du eigentlich die ganze Zeit hin?“, hörte er Lyca fragen und bemerkte, wie sie versuchte seinem Blick zu folgen. Als sie die anderen auf der Tanzfläche erspähte, lächelte sie.

„Ah ja, hätte ich mir ja denken können. Dich hats wohl ziemlich erwischt, ha?“, fragte sie ihn und richtete dabei ihren Blick wieder auf ihn. Er hingegen, hatte keinen Peil wovon sie eigentlich sprach.

„Ich weiß nicht, was du meinst!“, entgegnete er und versuchte, nicht wieder zu der Tanzfläche hinüber zu sehen.

„Ach komm Kyle, ich weiß doch Bescheid. Alle wissen doch bescheid!“, sagte sie zwinkernd und verwirrte Kyle damit nur noch mehr.

„Von was zum Teufel sprichst du da Lyca?“, fragte er sie ein wenig genervt.

„Na von dir und Sam?!“, antwortete Lyca und sah ihn nun ihrerseits verwirrt an.

„Ich dachte, da liefe was?“

In diesem Moment lachte Kyle auf. Er wusste nicht so Recht warum, doch schwang höchstwahrscheinlich ein wenig Verzweiflung darin mit. Sam hatte gesagt, dass sie darüber nachgedacht hatte, doch ihre Entscheidung hatte sie ihm nicht mitgeteilt. Trotzdem missfiel es ihm, dass die anderen so einen Mist dachten, auch wenn es gar nicht so abwegig war. Er merkte gerade, dass er langsam aber sicher vollkommen durchdrehte.

„Glaube mir Süße, zwischen mir und Sam läuft rein gar nichts!“, das „Leider“ sparte er sich in diesem Satz, weil selbst wenn es anders wäre, so würde er sich davor hüten dies öffentlich zu sagen. Schließlich standen in diesem Fall immer noch die Playoffs auf dem Spiel.

„Oh ok, dann sorry. Ich dachte echt, da liefe etwas zwischen euch!“, erklärte Lyca und runzelte die Stirn. ‚Wünschenswert wäre es’, sagte sich Kyle in Gedanken, doch er wechselte lieber das Thema da er  nicht Ewigkeiten auf diesem herumkauen wollte. Und so verlagerten sich ihre Gespräche auf andere Themen. Themen, die wesentlich angenehmer waren.

Einige Shots Wodka später, kam Simmons zu ihm gelaufen und schrie „AAALTER, kommst du jetzt endlich tanzen oder was??“, und zerrte ihn am Arm nach oben.

„Aber zuerst noch einen Wodka!“

Er schüttete den Wodka großzügig in die Gläser, reichte Kyle eines von ihnen und hielt sein Glas nach oben.

„Auf unseren Glücksbringer!“, und schon schüttete er sich die Flüssigkeit in den Mund. Kyle tat es ihm gleich und gemeinsam bewegten sie sich auf die Tanzfläche zu, wo er Sam entdeckte, die gerade mit einem fremden Typen eng umschlungen tanzte. Dieses Bild stimmte ihn eher missmutig, doch jetzt konnte erst Recht nicht mehr abhauen. Er musste dem Typen zeigen, wem die Schnecke in seinen Armen tatsächlich gehörte.

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Sam wusste gar nicht wie ihr geschah, als sie zwei Arme von hinten um ihren Bauch schlangen und an eine feste Brust zogen. Als sie sich umwandte, entdeckte sie einen dunkelhaarigen, äußerst gut aussehenden Typen hinter sich. Da sie schon viel zu viel getrunken hatte und damit äußerst gelöst war, entschied sie sich dafür, einfach den Abend zu genießen und wenn nötig, auch mit diesem Typen zu tanzen. Sie genoss die Aufmerksamkeit von den Männern, die sie unweigerlich bekam und war auch ein wenig stolz auf sich selbst deswegen. Der Kerl war nicht zu aufdringlich, schien im Grunde genommen ziemlich in Ordnung und Sam fragte sich, warum auch nicht?

Wie lange sie miteinander tanzten wusste Sam nicht, doch als sie zwei Hände auf ihren Hüften spürte und bemerkte, dass dies nicht die Hände ihres Tanzpartners waren, wandte sie sich erneut um. Es erschien ihr wie eine Art Déja Vu, nur dass in diesem Moment der Mann hinter ihr stand, dem doch sämtlich Gedanken in den letzten Tagen gehörten.

Ihr Herz schlug einen kleinen Purzelbaum, als sie sah, wie Kyle den Typen vor ihr ansah und um weiteres Theater zu vermeiden, drehte sie sich um und stellte sich auf die Zehenspitzen.

„Na auch da zum tanzen?“, rief sie Kyle zu und hoffte, dass er sie verstand. Endlich löste Kyle seinen Blick von dem Typen und sah sie an. Er war keine zehn Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt und da sie sich selber, und erst Recht nicht ihm, traute ließ sie sich wieder auf ihre Fersen niedersinken.

„Lass uns tanzen!“, erklärte Kyle lediglich und sie begannen sich gemeinsam zum Takt der Musik zu bewegen.

Sie wechselten immer wieder zwischen Tisch und Tanzfläche, tranken, lachten und machten gemeinsam Unsinn. Es würde ein unvergesslicher Abend werden, das war allen klar. Unvergesslich für diejenigen, die keinen Blackout haben würden.

38. Kapitel: „ Was wirst du tun…“

„JEDES VERDAMMTE JAHR DER GLEICHE MIST!!“, schrie der Coach gerade in einem der Konferenzräume des Hotels. Sämtliche Spieler und Cheerleader, leider auch Sam, saßen mit gesenkten Häuptern in den Stühlen und trauten sich nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Der gestrige Abend war vollkommen aus dem Ruder gelaufen, so dass drei Spieler von der Polizei mitgenommen worden waren, da sie sich den Reifen von eben diesen Polizisten ausgesucht hatten, um zu pinkeln. Dass diese die Aktion nicht sehr prickelnd empfanden, war leicht verständlich. Erst heute morgen, waren die Spieler wieder zu ihnen gestoßen und waren wohl, gerade noch so, mit einem blauen Auge davon gekommen. Das aber auch nur, weil einer der Polizisten ein großer Fußballfan war und die Collegesaison stets verfolgte.

Weitere zwei Spieler, waren bis jetzt noch nicht zurückgekehrt und sie hofften alle nur, dass sie noch heil hier im Hotel ankommen würden. Die Strafpredigt, würden sich beide dann wohl im Nachhinein abholen müssen.

Außerdem hatte sich das Hotelpersonal darüber beschwert, dass einige umgestürzte Mülleimer in den Gängen gefunden worden waren und auch hatten sie mitbekommen, dass einige Hotelgäste es nicht so prickelnd gefunden hatten, mitten in der Nacht aus dem Zimmer geklopft zu werden, nur um einen betrunkenen vorzufinden der meinte „Ups, hab mich im Zimmer verirrt!“

Sam saß mit dröhnenden Kopfschmerzen in dem hell erleuchteten Konferenzraum und wünschte sich nichts mehr, als die Vorhänge vor den Fenstern zu zuziehen, sich eine Tasse Kaffe zu gönnen und was das Wichtigste war, zwei Aspirin. Doch der Coach war noch lange nicht fertig, obwohl er doch nun schon seit einer halben Stunde vor sich hinschimpfte. Als Sam sich in der Runde umsah, erkannte sie einige Spieler, die äußerst blass um die Nase herum wirkten, andere sahen einfach wie gekaut und wieder ausgespuckt aus. Ihr Blick wanderte die Reihe weiter und landete auf Kyle, der sich gerade die Hände vors Gesicht hielt und hinauf und wieder hinab fuhr. Als er die Hände wegnahm, traf sein Blick den von Sam, doch sie sah schnell wieder weg.

Gestern Abend, hatte sie ihm gesagt, dass sie über das Angebot nachgedacht hatte doch waren sie nicht weiter zum sprechen gekommen, worüber sie mehr als nur glücklich gewesen war. Natürlich hatte sie darüber nachgedacht, sie hatte nichts anderes getan, doch war sie noch zu keiner Entscheidung gekommen! Sie und Kyle hatten miteinander getanzt, hatten auch geflirtet und es krachen lassen, doch waren sie sich nicht weiter näher gekommen, was sie wohl den ganzen Mitbesuchern des Clubs zu verdanken hatte. Die ganze Sicherheit, die sie gestern Abend verspürt hatte, war mit dem Alkoholpegel verschwunden und weggeschwemmt worden.

Als der Coach endlich mit seiner Ansprache endete, beeilte sich Sam den Raum zu verlassen, bevor sie von irgendjemandem abgefangen werden konnte. Sie brauchte dringend eine Dusche, dazu war sie nämlich bisher noch nicht gekommen, und außerdem brauchte sie mal ein paar ruhige Minuten für sich. Doch Kirsty machte ihr einen Strich durch die Rechung.

„Also egal was der Coach sagt, das war eine geile Nacht!“, hörte sie sie sagen und blickte zur Seite, wo Kirsty ihr auch schon auf Schritt und Tritt folgte.

„Ja war nicht schlecht!“, meinte Sam lediglich, denn sie wollte sich nicht unterhalten. Ihr Kopf brummte, ihr war schlecht, sie wollte am liebsten nur noch ein Bett und sonst nichts anderes mehr.

„Ach Sam, dass du immer so griesgrämig sein musst, das verstehe ich gar nicht.“, entgegnete Kirsty und verzog ein wenig beleidigt die Lippen.

Sam musste sich eingestehen, dass Kirsty eigentlich im Grunde genommen, gar keine üble Person war, nur ging sie Sam eben mit ihrer aufgedrehten Art einfach ein bisschen auf die Nerven. Doch dafür konnte Kirsty nichts. Sie war so, wie sie nun einmal war.

Sam erwiderte vorsichtshalber einfach mal nichts auf Kirstys Aussage und gemeinsam gingen sie auf die Aufzüge zu.

„Ach da fällt mir ein, ich muss ja noch schnell was erledigen!“, sagte Kirsty und schlug sich gespielt gegen den Kopf. „Wir sehen uns dann später!“, sagte sie an Sam gewandt, die sich zu einem Lächeln zwang und ihr zunickte, bevor sie den Aufzugknopf drückte und dann, mit dem Fuß immer wieder auf den Boden tippend, darauf wartete, dass sich die Türen öffneten.

Als die Türen endlich offen waren, ging sie hinein, in diesem Moment ertönte hinter ihr eine Stimme, die sie lieber nicht alleine antreffen wollte.

„Sam warte!“, rief Kyle ihr zu und sie hoffte sehnlichst, dass die Türen sich schnell genug schlossen, doch leider war Kyle bereits zu nah gewesen.

Er quetschte sich noch schnell zwischen den Türen hindurch, kurz darauf war es still.

„Hast du mich nicht gehört, oder was?“, fragte er Sam ein wenig außer Atem. Der Alkohol schlug sich also auch auf Kyle Thompsons Kondition nieder!

„Eh ja, ich war in Gedanken…“, log Sam schnell und blickte dann auf den Boden.

„Naja, ist ja auch egal. Endlich erwische ich dich mal alleine!“, erklärte Kyle und blickte sie hoffnungsvoll an. Sam hingegen, schaffte es nicht, ihren Blick zu erheben.

„Sam, warum siehst du mich nicht an?“, fragte er sie nach einigen Sekunden der Stille.

„Einfach so…“, antwortete Sam ein wenig zu schnell und Kyle wurde misstrauisch.

„Sam, was ist los?“, fragte er sie erneut und ging ein wenig in die Knie um ihr ins Gesicht blicken zu können, so wie er es schon einige Male zuvor getan hatte.

„Gar nichts, was soll sein?“, fragte sie ihn und hoffte, dass der Aufzug nur schnell genug oben ankommen würde. Sie befanden sich jetzt im zweiten Stock, sie musste in den fünften. Es konnte also nicht mehr lange dauern!

„Du gehst mir aus dem Weg oder?“, fragte Kyle sie jetzt direkt.

„Ich geh dir doch nicht aus dem Weg!“, sagte Sam etwas zu laut und atmete hörbar aus.

„Ich weiß doch nur nicht, was ich sagen soll!“, räumte sie schließlich ein und sah Kyle an.

„Wozu sagen?“, fragte er als stünde er mal wieder auf dem Schlauch.

„Kyle, du weißt ganz genau was ich meine!“, erklärte Sam ein wenig entnervt und blickte erneut auf die Anzeige, die die Zahl vier da stehen hatte. Gut sie wären jeden Moment da.

„Sam, was machst du dir denn so viele Gedanken deswegen? Ich meine, es ist doch offensichtlich, dass du nicht abgeneigt bist und ich? Ich denke sowieso nur an dich, also mach doch kein Drama daraus.“, versuchte Kyle ihr zu erklären. Das war Sam ja auch selber klar, aber dennoch.

„Aber das bin ich nicht Kyle. Ich kenne mich so nicht…“, entgegnete Sam und ging auf die Tür zu, die jeden Moment öffnen würde.

„Aber du kannst es werden, oder? Wenn du das möchtest, dann kannst du es werden.“, sagte Kyle.

„Ja das könnte ich…“, murmelte Sam und stöhnte erleichtert auf, als die Türen sich öffneten. Sie ging hindurch, wurde jedoch aufgehalten.

„Sam, ich kann und will nicht ewig warten, das verstehst du doch? Warum tust du nicht einmal in deinem Leben genau das, was du willst? Warum stehst du dir selber im Weg? Warum willst du nicht glücklich sein?“, fragte Kyle sie besorgt.

„Weil ich seit einigen Jahren gar keinen Grund mehr hatte glücklich zu sein. Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt noch kann. So vollkommen und einnehmend. Kyle bitte, mach es mir nicht schwerer als es sowieso schon ist.“, sagte Sam und blickte über ihre Schulter zu ihm. Sie sah seine strahlenden blauen Augen, sein perfektes Gesicht und fühlte sich unzulänglich.

„Ich hingegen weiß genau, dass du das kannst. So vollkommen und einnehmend…“, erklärte ihr Kyle und ließ sie im Anschluss los.

Sam ging mit schnellen Schritten davon und betrat kurze Zeit später erst ihr Zimmer. Sie wusste das Kyle Recht hatte. Natürlich wusste sie das. Sie konnte selber nicht genau sagen, vor was sie eigentlich soviel Angst hatte, doch die Angst war da. Vielleicht war es auch wirklich nur die Furcht davor, Kyle zu verlieren. Doch wer sagte ihr denn, dass sie ihn nicht genau wegen ihrem Verhalten jetzt verlieren würde?

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Zwei Tage nachdem die Mannschaft nach Hilton zurück gekehrt war, saß Sam in ihrem Wohnzimmer und sah in den verregneten Spätsommertag. Die Stadt war wie ausgestorben. Alle Menschen machten es sich zuhause vor ihrem Fernseher gemütlich und genossen die Ruhe. Doch in Sam herrschte eine Unruhe, die sie von sich nicht kannte. Noch niemals, war sie durch ihre Wohnung gewandert ohne genaues Ziel. Noch niemals war sie dagesessen und hatte in den Regenverhangenen Tag hinausgeblickt, mit den Gedanken bei nur einer einzigen Sache: Sollte sie mit Kyle schlafen? Das war es doch eigentlich um was es hier ging und sie musste leider zugeben, dass sie nichts mehr wollte als das.

Bereits den ganzen Tag zierten dicke, graue Wolken den Himmel und hinterließen den Eindruck, dass die Sonne so schnell nicht wieder auftauchen würde. Auch in Sams Inneren waren diese Wolken vorhanden, nur dass diese nicht die Sonne fernhielten sondern ihren Verstand. Denn desto länger sie sich mit dem Gedanken auseinandersetzte, desto weniger abwegig erschien er ihr. Was sollte denn schon großartig passieren? Wenn Kyle und sie ihre Freundschaft dadurch tatsächlich zerstören würden, dann hätte sich doch im Vergleich zu vor zwei Monaten nichts geändert! Sam hätte immer noch Janine und Henry, sie wäre ansonsten nur wieder alleine. Diese ganze Fußballmannschaft hatte sich so schnell in ihr Leben gekämpft, dass sie gar nicht wusste, was sie ohne sie machen sollte doch wusste sie gleichzeitig, dass sie schon so viele Menschen in ihrem Leben verloren hatte, dass sie auch mit diesem Verlust würde fertig werden können.

Sie lehnte ihren Kopf an die kühle Scheibe, an der außen Wassertropfen sich den Weg nach unten kämpften und blickte hinaus. Ein starker Wind brachte die Äste der Bäume dazu, sich gefährlich im Takt zu wiegen und wirbelte Blätter und Papiere, die auf der Straße herumgelegen waren umher. Sam folgte ihnen mit ihrem Blick und wünschte sich in diesem Moment, nicht ein ganz normaler Mensch zu sein sondern ein Vogel. Ein Vogel, der sich, wann immer er wollte, in die Luft erheben und einfach davon fliegen konnte.

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Seit Tagen schon lief Kyle, vollkommen neben der Spur, umher. Bei dem heutigen Training, welches sie in strömendem Regen hatten absolvieren müssen, hatte er kein einziges Tor versenkt, Pässe versaut oder war nicht im Stande gewesen, Bälle überhaupt vernünftig anzunehmen. Er hasste es! Es war noch niemals anders gewesen! Jedes Mal, wenn in seinem Kopf anderen Dinge als Fußball umherirrten versauten diese sein Spiel. Und dieses Mal spukte keine geringere als Sam darin umher, die sich einfach nicht entscheiden konnte. Die aus einer Kleinigkeit ein riesen Ding machte! Er konnte sie einfach nicht verstehen! Warum nur machte sie sich solche Sorgen? Früher hatte er niemals vorher mit einem Mädchen gesprochen, wenn er mit ihr hatte schlafen wollen. Diesesmal hatte er den Fehler begangen und Sam damit gleichzeitig gewarnt. Doch er musste zugeben, dass er einfach einen Heidenrespekt vor dieser Frau hatte und wenn er erneut einfach über sie hergefallen wäre, dann hätte sie ihn mit ziemlicher Sicherheit verprügelt. Die ersten beiden Male war er noch ungeschoren davon gekommen, doch das wäre ihm kein drittes Mal passiert.

„Kumpel, was ist los mit dir?“, hörte er Simmons hinter sich sagen und kurz darauf spürte Kyle einen schweren Arm an seinen Schultern.

„Was soll sein?“, fragte Kyle genervt und schüttelte Simmons Arm ab. „Alles klar!“, fügte er hinzu, falls Simmons den Knackpunkt seiner Aussage nicht verstanden hatte.

„Denkst du ich bin bescheuert? Ich kenn dich Alter und das seit über drei Jahren! Also laber keinen Scheiß und erzähl was los ist!“, sagte Simmons, der sich im nächsten Moment mit seinem Handtuch über sein Gesicht wischte.

„Ich sagte doch das alles klar ist, also lass mich mit deinem Scheiß in Ruhe!“, sagte Kyle etwas zu energisch und wandte sich gleich daraufhin ab um davon zu gehen. Sie gingen ihm auf den Sack! All diese Dummschwätzer, diejenigen die meinten ihm Ratschläge geben zu müssen und diejenigen die sich aus dem Staub machten. Vor allem jedoch ging ihm Sam Raven auf den Sack und in manchen Momenten wünschte er sich, er hätte sie niemals kennengelernt! Denn dann wäre er noch genau derselbe Mensch wie vor zwei Monaten. Sie hatte etwas mit ihm gemacht, was er selber nicht mal gemerkt geschweige denn erklären konnte, doch sie hatte dafür gesorgt, dass er wie ein jämmerlicher Loser einer Frau hinterherlief, bei der er sich mittlerweile gar nicht mehr so sicher war, ob sie auch wirklich das selbe wollte, wie er!

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„Man den hats erwischt!“, murmelte Simmons und blickte seinem Kumpel hinterher, der wütend davon lief. Vor was genau, wusste Simmons nicht, doch er war sich sicher, dass er nicht wirklich vor ihm weglief.

„Was gibt’s da zu sehen?“, fragte Goalie, der neben Simmons getreten war und versuchte, seinem Blick zu folgen.

„Ich sags dir Mann, irgendwas machen wir falsch. Alles was wir bisher versucht haben, geht irgendwie doch in die Hose. Und die beiden, werden es ohne Hilfe sowieso nicht checken, also, was ist der Plan?“, fragte Simmons Goalie und auch Danny, der ebenfalls dazu getreten war.

„Wir brauchen noch Martin, dann können wir die Sache in Angriff nehmen!“, meinte Goalie und blickte dann noch mal zu Kyle hinüber, der gerade die Umkleidekabinen betrat. Es wäre doch gelacht, wenn die Jungs das nicht hinbekommen würden.

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Gerade befand sich Sam in ihrer Küche, als sie hörte wie jemand an ihre Türe klopfte. Zunächst hörte sie es nur ganz leise, doch es wurde schnell lauter und sie hatte eine Ahnung wer dahinter stand. Obwohl ihr Verstand ihr sagte, sie müsse sich ruhig halten und einfach nur abwarten bis Kyle wieder ging, trieb sie ihr Körper in die Richtung ihrer Türe. Einen kurzen Moment wurde es leise, sie stand lediglich davor ohne etwas zu machen und erschrak, als die nächsten hämmernden Geräusche ertönten, begleitet von Kyles tiefen und einnehmenden Stimme die „Sam verflucht, ich weiß dass du zuhause bist. Also mach diese beschissene Tür auf!“ rief.

Sam stand noch einige Sekunden lang davor und spürte, wie ihr Herz ihr bis zum Hals schlug. Vor ein paar Tagen hatte Kyle zu ihr gesagt, dass er nicht ewig warten könne und auch nicht wolle. Das hatte ihr einen kleinen Stich versetzt obwohl er doch eigentlich natürlich vollkommen Recht hatte. Sie musste sich endlich entscheiden. Wollte sie seine Nähe, oder wollte sie sie nicht? Mit einem Entschluss, näherte sie sich der Türe, öffnete sie zur Hälfte und trat dann in den offenen Bereich.

Kyle hatte nasse Haare und auch seine Anziehsachen waren vollkommen durchnässt.

„Kyle, was ist denn mit dir passiert?“, fragte sie ihn, widerstand jedoch dem Drang auf ihn zuzutreten und ihm die Haare aus dem Gesicht zu streichen.

„Ich bin hierher gelaufen!“, erklärte er ihr und sah sie aus tiefen, blauen Augen an. Anschließend fuhr er sich selber durch die Haare und brachte sie dadurch nur noch mehr durcheinander.

„Sam hör zu, ich hab da was dummes gesagt vor ein paar Tagen. Das Problem ist, ich hätte es gerne ernst gemeint, doch leider ist es nicht so. Aber ich werde dir nicht weiter hinterherlaufen. Du musst dich entscheiden und ich verspreche dir, dass ich mit egal welcher Entscheidung leben kann. Aber ich habe keinen Bock mehr, dir wie irgendein Vollidiot hinterherzulaufen.“

„Das tut mir Leid, wenn du diesen Eindruck hast!“, meinte Sam, musste ihm jedoch im Stillen Recht geben. Sie handelte nicht korrekt. Sie konnte ihm nicht sagen, sie hätte nachgedacht, ihm den Eindruck vermitteln, sie hätte sich entschieden und ihn dann weitere Tage einfach nur schmoren lassen.

„Ja diesen Eindruck habe ich und ich habe es satt. Ich meine, ich bin echt kein übler Kerl, das müsstest du am besten wissen. Von allen Leuten, kennst du mich nach Carly wahrscheinlich am besten!“

Es brach ihr das Herz, wenn er dachte, dass sie ihn so gut kannte. Denn ihrer Meinung nach, gab es noch so viel an ihm zu entdecken! Wenn also sonst niemand noch mehr über ihn wusste, dann hatte er große Probleme damit, sich jemandem anzuvertrauen. Es tat ihr im Herzen weh und sie fragte sich, was er nur erlebt hatte, dass er so geworden war, wie er nun einmal war.

„Sagst du jetzt endlich was, oder nicht?“, fragte Kyle sie, doch sie wusste nicht, wie sie das was sie sagen wollte ausdrücken sollte. Kyle nahm ihr dies glücklicherweise ab.

„Ok Sam, dann machen wir es so. Du hast zwei Möglichkeiten. Entweder du lehnst ab, schließt diese Tür vor mir, dann gehe ich ohne auch nur ein weiteres Wort darüber zu verlieren oder du öffnest sie und lässt mich herein, doch dann wirst du mich nicht mehr aufhalten können!“, erklärte ihr Kyle und ab diesem Moment, blieb die Zeit stehen. Er machte es ihr so einfach, sie konnte sich ihm öffnen oder verschließen ohne auch nur ein Wort zu ihm zu sagen. Sie konnte eine Entscheidung treffen, mit nur einer einzigen Handbewegung.

„Was wirst du tun?“, fragte Kyle sie nach einigen weiteren Sekunden des Schweigens und sah Sam ruhig an. Sie bewegte ihre Hand, jetzt würde sie ihre Entscheidung treffen. 

39. Kapitel: „Wir machen weiter wie gehabt…“

 

Langsam ließ sie ihre Hand die Tür entlang nach unten, dann wieder nach oben fahren. Kyle beobachtete sie ganz genau, erschien locker doch sie sah die Falte auf seiner Stirn die einem immer zeigte, wenn Kyle angespannter war als sonst. Seine Augen fuhren parallel zu ihren Händen nach oben, dann wieder nach unten und weiteten sich, als sie die Tür in Bewegung setzte. Für einen kurzen Moment stand der Schock ihm ins Gesicht geschrieben, doch als die Tür gegen die Wand prallte, weil Sam ihr einen Stoß gegeben und sie somit vollkommen geöffnet hatte, sah man die Überraschung in seinem Gesicht.

„Bist du dir sicher?“, gab er ihr eine letzte Chance, doch das hätte er nicht tun müssen. Ja sie war sich sicher. Sie war sich seit seinem Angebot schon sicher, doch hatte ihr Verstand ihr immer wieder nüchterne Argumente geliefert, warum es NICHT funktionieren würde. Er hatte ihr keinerlei Argumente geliefert warum es eben DOCH funktionieren könnte. Die hatte sie sich jedoch in den letzten Stunden selber gesucht.

Sie war erwachsen, Kyle war erwachsen. Nur weil sie diese Erfahrungen in ihrem Leben gemacht hatte bedeutete das nicht, dass sie sich niemals auf einen Mann einlassen würde. Kyle Thompson war der perfekte Mann, zumindest im Moment und niemand anderem würde sie sich hingeben als ihm, das war ihr klar geworden. Sie hatte versucht in eine unklare Zukunft zu sehen und hatte für sich festgestellt, wenn sie Kyle nicht die Chance geben würde, dann würde sie sie vermutlich niemandem geben, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihr jemals wieder jemand so nahe kommen würde. Und wer sagte denn, dass Sex zwischen Freunden nicht funktionieren konnte?

Ok, das sagte Millionen von Menschen die diese Erfahrungen vorher bereits einmal gemacht hatten, aber Sam und Kyle waren anders. Sie stritten sich ja sowieso die ganze Zeit, da war es doch egal ob es um irgendwelche Blödheiten des anderen ging oder um Sex! Ihr war bewusst, dass ihre Argumentation vollkommen bescheuert war, doch nur so hatte sie sich dazu gebracht ihr und Kyle auf einer neuen Schiene eine Chance zu geben.

Sie merkte, dass Kyle sie nervös ansah und ihr fiel die Frage wieder ein, die er ihr gestellt hatte. Als Antwort nickte sie lediglich und als Kyle ihre Antwort für sich interpretierte, breitete sich ein Strahlen auf seinem Gesicht aus und er trat einige Schritte auf sie zu.

Ohne sich großartig Zeit zu lassen und ohne noch mehr Worte zu verschwenden, legte er ihr seine Hände an die Wangen und küsste sie, als gäbe es kein Morgen mehr. Sie war so überrascht, dass es doch so schnell ging, dass ihr für einen kurzen Moment die Luft wegblieb und so entzog sie sich ihm, atmete ein paar Mal tief ein und aus, schloss ihre Augen und beschloss sich ihm voll und ganz hinzugeben, zumindest für diese Nacht. Was morgen wäre, war ihr in diesem Moment gänzlich egal!

Seine warmen Lippen landeten erneut auf den ihren und sie hörte, wie er erleichtert aufstöhnte. Wenn es ihm nur halb so schlecht gegangen war wie ihr in den letzten Tagen, dann konnte sie sich vorstellen wie es ihm ging und es ärgerte sie, dass sie selber die Schuld daran trug, dass sie das was sie hier in diesem Moment erlebte, nicht die ganze Zeit schon hatte haben können. Dumme Sam!

Kurze Zeit später, entfernte er seine Hände von ihrem Gesicht und sie hörte, wie eine Sekunde später die Tür, mit einem lauten Knall, zu fiel. Im gleichen Moment drückte Kyle sie nach hinten und presste sie gegen die Wand, die in ihrem Rücken war. In ihrem Bauch schien etwas explodieren zu wollen, doch ließ es sich noch Zeit und ihr Körper kribbelte an sämtlichen Stellen. Sie erhob ihre Arme und spürte, wie ihre Hände zitterten. Diesesmal war es so anders als die letzten Male. In der Bar waren sie übereinander hergefallen ohne großartig nachzudenken, doch diesesmal konnten sie sich Zeit lassen, denn beide wussten in welche Richtung es gehen sollte und wo sie letztendlich landen würden.

Sie legte ihre Hände auf seinen Rücken, während Kyle sich von ihrem Mund entfernte und langsam zarte Küsse auf ihrem Hals verteilte, bevor er sich wieder nach oben arbeitete um doch wieder ihren Mund in Beschlag zu nehmen. Sie hingegen ließ ihre Hände unter sein T-Shirt wandern und wie automatisch, zog sie es langsam nach oben. Kyle entfernte sich  von ihrem Gesicht um ihr damit zu helfen, das lästige Ding loszuwerden und mit einem Mal, stand Kyle Thompson, Bad Boy und Frauenschwarm von ganz Hiltons, mit seinem Adoniskörper, halbnackt vor ihr und brachte Sam dazu, kurz atemlos zu werden. Sie strich mit ihren Händen über seinen Bauch, tat das was sie so lange schon hatte tun wollen, näherte sich vorsichtig seinen Tattoos, der Pistole auf seiner Brust und gab schließlich ihrem Verlangen nach, ihren Mund auf dieses Bildnis zu legen. Sie küsste ihn auf die Brust, an die Stelle die sie schon vor Wochen erspäht hatte, die ihr ansonsten die meiste Zeit verborgen geblieben war, während Kyle sich mit seinen Armen an der Wand hinter ihr abstützte. Als sie zu ihm aufblickte sah sie, wie er seine Augen geschlossen hatte und ihre Nähe genoss. Das bedeutete es also sich fallen zu lassen. Da konnte sie noch eine ganze Menge von ihm lernen! Diesen Moment suchte er sich aus, um seine Augen wieder zu öffnen und da sah er auf Sam hinab, die ihn ebenfalls anblickte. Sie sprachen kein Wort, genossen nur für kurze Zeit den Anblick des anderen, bevor Sam sich auf die Zehenspitzen erhob und das erste Mal die Initiative ergriff und ihn küsste. Sie spürte, wie mit einem Mal sämtlicher Druck von ihr abfiel, wie sich ihr Körper entspannte, als sie seine Arme an ihrem Rücken spürte, wie sie es ebenfalls genoss, einem Menschen auf diese Art und Weise so nahe zu sein.

Sie spürte, wie seine Hände ihren Körper nach unten glitten und schließlich bei ihrem Shirt stehen blieben. Er hob es langsam an, ließ es jedoch kurz darauf wieder los als er spürte, dass Sam sich ein wenig anspannte. Sie hatte Angst, dass sie seinen Ansprüchen nicht genügte. Vor ihr hatte er ganz andere Frauen gesehen, sie entsprach so gar nicht diesem Bild!

Anstatt ihr das Shirt auszuziehen, glitt er jetzt mit seinen Händen darunter und streichelte ihren Bauch, ihren Rücken, kurz darauf wieder ihren Bauch. Das alleine reichte schon beinahe aus, um sie um den Verstand zu bringen. Sie hingegen legte ihre Arme um seinen Nacken, um nicht am Ende noch auf dem Boden zu landen, weil seine Berührungen sie verrückt machten. Wie von alleine erhob sich ihr Bein und strich langsam das seine nach oben und wieder nach unten. Ihr Körper agierte automatisch und als Kyle es auf einen zweiten Versuch ankommen ließ und ihr Shirt nach oben zog, ließe sie es geschehen und kurze Zeit später, stand sie nur noch mit ihren Shorts und ihrem BH bekleidet vor ihm. Sie hatten sich voneinander entfernt und Kyle betrachtete Sam eingehend, strich mit seinen Fingern ihren Bauch nach oben, fuhr den Rand ihres BHs nach und wieder nach unten.

„Du bist so schön…“ murmelte er, ohne Sam dabei direkt anzusehen und küsste sie erneut. Sie fragte sich, was er an ihr schön fand, verwarf den Gedanken jedoch sehr schnell wieder, als seine Arme sie plötzlich an den Beinen packten und anhoben. Sie spürte seine starken Hände an ihren Oberschenkeln, schloss ihre Arme um seinen Nacken noch enger und ließ sich von ihm hintragen wohin er sie haben wollte. Seine Lippen lösten sich keine einzige Sekunde von den ihren und als sie das nächste Mal die Augen öffnete, lag sie bereits in ihrem Schlafzimmer auf ihrem eigenen Bett und Kyle stütze sich über ihr ab.

„Du bist dir wirklich sicher?“, fragte er sie mit leiser Stimme, die es beinahe nicht einmal schaffte den prasselnden Regen von draußen zu übertönen, doch Sam hatte ihn gehört.

„Wie du gesagt hast, wenn ich dich reinlasse gibt es kein zurück mehr!“, antwortete sie und lächelte ihn an. Niemals hätte sie erwartet, dass sie sich so gut dabei fühlen würde doch in Kyles Armen erschien es ihr das erste Mal so, als wäre sie irgendwo angekommen, als wäre sie irgendwo zuhause!

Kyle ließ sich langsam auf sie herabsinken und überhäufte ihren Bauch mit wilden Küssen, er wanderte weiter nach oben, dann wieder nach unten, bedeckte jeden Zentimeter ihres bisher freien Körpers und ließ Sam beinahe Wahnsinnig werden deswegen. Sie konnte ihr Glück kaum fassen, so viele Frauen hatten ihn gewollt und wer hatte ihn in diesem Moment bekommen? Sie!

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Unglaublich war noch nicht einmal annähernd das Wort, dass Kyle benutzen würde um das Gefühl zu beschreiben, welches er in diesem Moment empfand. Seine Lippen liebkosten sämtliche Stellen, an die er in den letzten Tagen und Wochen so oft gedacht hatte und es erschien ihm mehr wie ein Traum, als die Realität. Wenn es jedoch ein Traum sein sollte, so würde er jede Sekunde davon auskosten und er wusste, dass er am nächsten Morgen selig und zufrieden erwachen würde. Er hatte sich eingeredet, dass das was er vorhatte ein Himmelfahrtskommando sei. Niemals hatte er mit dieser Reaktion gerechnet und jetzt lag er in Sams Schlafzimmer, auf ihrem Bett und tat das, was er am besten konnte, nur dass es nicht so funktionieren wollte wie sonst. Seine Hände zitterten, er stellte sich ungeschickt an, doch es erschien ihm nicht so, als würde Sam etwas davon mitbekommen. Das Einzige was zählte war das auszukosten, was beide so lange hatten haben wollen.

Er spürte ihre Hand an seinem Rücken, die ihn nach oben ziehen wollten und so folgte er ihrem stummen Ruf und küsste sie erneut. Das hätte er Ewigkeiten machen können. Niemals hätte er erwartet, dass sich ein einfacher Kuss, eine solch einfache Berührung so gut anfühlen konnte, doch das lag vielleicht auch einfach daran, dass in diesem Fall die Spannung darauf ins Unermessliche gestiegen war. Sam war so wunderschön und Kyle fragte sich, warum er das nicht von Anfang an gesehen hatte.

Ihre Haut war weich wie Seide, ihr Lippen zart und gleichzeitig fordernd und sie raubte ihm damit beinahe den Verstand. Ihre Berührungen glichen so gar nicht denen einer unerfahrenen Frau, es war einfach perfekt. In diesem Moment dachte keiner von den beiden, was morgen sein würde. Kyle war in diesem Moment sogar egal, ob er von den Spielen ausgeschlossen werden würde. Das Einzige was zählte waren er und Sam, gemeinsam, verschlungen, dort wo er sie schon so lange haben wollte.

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Die Sonne, die sich gerade auf den Weg machte aufzugehen, hatte die dunklen Regenwolken des Vortages vertrieben und wärmte die Stadt und dessen Bewohner langsam von innen auf.

Als Kyle seine Augen öffnete, erkannte er zunächst nicht sofort, wo er sich befand. Erst als er Sam, an ihn gepresst, daliegen sah fiel ihm alles wieder ein und er konnte sein Glück kaum fassen. War das gestern wirklich geschehen? Er hob kurz die Decke an und merkte, dass beide nackt waren. Ja, das gestern war wirklich geschehen. Aber wie war es nur dazu gekommen? Er hatte niemals im Leben erwartet, dass Sam ihn tatsächlich in die Wohnung lassen würde, hatte jedoch innerlich natürlich darauf gehofft. Das erste Mal, als er sie gestern geküsst hatte, war die Anspannung von ihm abgefallen und er hatte gewusst, dass diese Sache mit nur einer Nacht nicht abgegolten wäre.

Dieser Morgen hingegen, brachte ihm die Gewissheit. Er hatte Sams Berührungen, ihre leisen Worte, während er in ihr seine Erfüllung gefunden hatte, ja sogar ihre Blicke, die ihm genau gesagt hatten, was in ihr vorging, zu sehr genossen um zukünftig darauf zu verzichten. Wie es mit den beiden weiter gehen sollte, hatten sie noch nicht besprochen und sie hatten auch noch nicht darüber gesprochen, ob dies eine Einmalige Sache sein sollte. Er hoffte nicht, denn er wusste nicht, ob er das aushalten würde.

Als Sam sich langsam in seinen Armen bewegte, sah er auf und blickte in ihr unschuldiges Gesicht. Womit hatte er es nur verdient, dass so jemand wie Sam in sein Leben getreten war, ohne jede Vorwarnung, ohne jede Vorbereitung, einfach so und sich noch dazu so schnell einen Stammplatz in diesem erkämpft hatte, dass er gar nicht so schnell hatte schauen können.

Sie war kompliziert, sie war launisch und sie war all das, was er an Mädchen und Frauen bisher gehasst hatte. Und doch machte es sie irgendwie zu etwas besonderem. Langsam schälte er sich aus den Decken heraus und versuchte seinen Arm zu befreien, auf welchem Sam lag. Als er dies geschafft hatte, setzte er sich auf den Rand des Bettes und blickte sich im Zimmer um. Als er seine Boxershorts erspähte stand er auf, zog sie sich über und blickte auf das Bett. Sam lag immer noch eingehüllt von den Decken, leise vor sich hin atmend da. Er hoffte nur, dass es kein großes Theater geben würde, er hoffte nur, dass sie so weiter machen konnten, wie sie letzte Nacht begonnen hatten. Bevor Sam erwachen konnte, machte er sich auf den Weg nach draußen und ging zunächst einmal ins Badezimmer, wo er sich ganz kurz unter die Dusche stellte. Im Anschluss ging er in die Küche und kochte Kaffee für sich und Sam. Er fühlte sich so wunderbar befreit und doch lastete gleichzeitig ein Gewicht auf ihm, weil er nicht wusste was als nächstes passieren würde. Sam war so unberechenbar, doch das machte sie gleichzeitig auch einfach aus.

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Langsam streckte Sam ihre müden Muskeln und fragte sich im ersten Moment, warum sie sich nur so erschlagen und gleichzeitig wohl fühlte. Als sie die Augen öffnete und feststellte, dass sie nichts anhatte, fiel ihr alles was am gestrigen Abend geschehen war wieder ein und das Blut stieg ihr zu Kopf. Sie hatte gestern mit Kyle Thompson Sex gehabt und sie verstand jetzt auch, warum sich nur so viele Frauen auf ihn eingelassen hatten. Nicht nur, dass er einfach göttlich aussah, nein! Er war rücksichtsvoll mit ihr umgegangen, hatte alles getan damit SIE sich wohlfühlte, war nicht zu aufdringlich und auch nicht zu stürmisch gewesen. Einfach perfekt.

Sie setzte sich auf und fragte sich, als sie die leere Bettseite neben sich entdeckte, wo Kyle denn nur war, doch als sie den Geruch von Kaffee in sich aufsog, wusste sie, dass er zumindest nicht einfach gegangen war. Irgendwie, hatte sie jedoch genau das von ihm erwartet, schließlich hatte sie schon genug Geschichten gehört, in denen es genau so abgelaufen war. Vielleicht fühlte er sich ihr gegenüber jetzt verpflichtet? Weil sie ja Freunde waren? Oder…nein, in diese Richtung wollte sie gar nicht weiter denken.

Sie schüttelte den Kopf, stand von dem Bett auf, ging zu ihrer Kommode und suchte sich schnell ein paar Sachen und Unterwäsche heraus, die sie sich überzog und sah anschließend in den Spiegel. Sie sah gerädert aus und dennoch lag eine Frische in ihrem Ausdruck, die sie noch niemals an sich gesehen hatte. Was Sex also so auslösen konnte! Anschließend wandte sie sich zu der Tür und überlegte dann fieberhaft, was sie nur sagen sollte, wenn sie Kyle gegenüber stand.

‚War schön mit dir’ hörte sich zu platt an.

‚ Es war fabelhaft’ hörte sich so an, als hätte sie einen Stock im Hintern und ‚ Das war die beste Nacht meines Lebens!’ vermittelte irgendwie den Eindruck, sie würde darauf pochen, eine Beziehung mit Kyle anzufangen und ihn nie wieder loszulassen. Und DAS wollte sie definitiv nicht. Sie hatte die letzte Nacht genossen, hätte sogar nichts gegen noch ein wenig mehr einzuwenden, doch für eine Beziehung, war sie mit Sicherheit noch nicht bereit. Und Kyle? Der erst recht nicht!

„Guten Morgen!“, hörte sie plötzlich Kyle sagen und blickte auf. Sie hatte sich zwischenzeitlich vollkommen unbewusst auf ihrem Bett niedergelassen und auf den Boden gestarrt.

Ihr Kopf schoss nach oben, als sie seine Stimme hörte und sie blickte ihn überrascht an.

„Alles klar bei dir?“, fragte er sie ein wenig amüsiert und sie nickte.

„Ja alles klar!“, meinte sie nur und spürte, wie ihre Wangen sich rot färbten. Was tat man nur in solch einer Situation? Das hatte ihr noch niemand erklärt.

Kyle kam ein paar Schritte auf sie zu und setzte sich anschließend neben sie.

„Sam, komm sag schon, was ist denn nun schon wieder los?“, diesesmal klangen seine Worte ein wenig besorgt anstatt einfach nur amüsiert.

„Naja…“, druckste Sam herum und zwang sich dann aufzusehen um Kyle in die Augen zu blicken.

„Ich weiß nicht, was man sagen soll, wenn…naja…du weißt schon!“, und noch mehr Blut schoss in ihren Kopf, während sie mit der Hand in die Richtung ihres Bettes eine eindeutige Bewegung machte. Kyle hingegen lachte auf einmal los.

„Ja du kannst ja lachen, dann erklär mir doch mal, wie das normalerweise so abläuft!“, meinte Sam ein wenig beleidigt.

„Naja, damit habe ich eigentlich auch keine Erfahrungen, weil ich immer so schnell wie nur möglich weg bin…“, meinte Kyle und legte dabei die Stirn in Falten.

„Sehr aufmunternd…“, entgegnete Sam und verschloss ihre Arme vor der Brust. Kyle hingegen sah ihre aufrichtige Unsicherheit und erhob sich von dem Bett um sich kurze Zeit später vor ihr hinzuknien.

„Sam, es hat sich doch nichts geändert! Lass uns doch einfach ganz natürlich miteinander umgehen, was meinst du?“, versuchte Kyle ihr so einfühlsam wie nur möglich vorzuschlagen.

„Natürlich? Es hat sich nichts geändert?“, fragte Sam hingegen ein wenig unsicher und sah Kyle im Anschluss daran skeptisch an.

Sam war so verunsichert, dass Kyle erneut lächeln musste, denn so kannte er sie gar nicht. Also setzte er bei einem erneuten Versuch an, sie zu beruhigen.

„Ich glaube, dass wir uns ja einig sind, was die Sache gestern betrifft…“, begann Kyle, doch Sam unterbrach ihn.

„Ja ist klar, ich bin ja nicht bescheuert. Es war einfach nur Spaß, wir sind deswegen noch lange kein Paar, wir haben einfach das getan, was wir beide wollten und so weiter!“, erklärte Sam. Genau das hatte Kyle bisher auch im Sinn gehabt, doch es aus Sams Mund zu hören, gefiel ihm nur noch halb so gut. Dennoch zwang er sich dabei zu nicken und im Anschluss daran zu lächeln, obwohl ihm gar nicht danach war.

„Genau und ich denke wir sind uns einig, wie die Sache weitergehen wird, oder?“, auch dazu interessierte ihn ihre Meinung brennend.

„Wir machen weiter wie gehabt…“, erklärte sie ihm und erneut nickte er. Was auch immer das heißen mochte.

„Also stress dich nicht, du siehst, es hat sich rein gar nichts zwischen uns verändert, abgesehen davon, dass wir eine Hammer Nacht hinter uns haben!“, neckte er sie ein wenig und brachte sie tatsächlich zum lächeln.

„Ja es war gar nicht übel, oder?“, erwiderte sie. ‚Gar nicht übel?? Das ist der absolute Wahnsinn gewesen!!’ rief er ihr in Gedanken zu, sprach jedoch was anderes aus.

„Ja. Also, warum sich in etwas hineinsteigern, wenn doch eigentlich gar nichts dahintersteckt?“, fragte er sie ein letztes Mal. Ihre braunen Augen blickten in die seinen, sie blinzelte ein paar Mal, wirkte immer noch ein wenig verlegen, worauf die rötlichen Wangen deuteten. Ihre Haare standen ihr wirr vom Kopf ab und trotzdem hatte Kyle das Gefühl, bei der schönsten Frau zu sein, die er jemals gesehen hatte.

Dich hats voll erwischt’ ertönten die Worte von Lyca in seinem Kopf. Nein erwischt hatte es ihn nicht, aber ihm war klar, dass Sam zu einem sehr wichtigen Teil in seinem Leben geworden war und, dass er sie so schnell nicht mehr gehen lassen würde.

Wie selbstverständlich erhob er sich ein wenig und legte seine Lippen auf die ihren. Sie sprang nicht zurück, schien nicht überrascht, es fühlte sich einfach nur ganz natürlich an, hier in diesem Schlafzimmer zu sitzen, an einem Spätsommervormittag und die Frau zu küssen, die er immer noch so sehr begehrte. Als sie ihre Arme auf seine Schultern legte und ihn nach oben zu sich zog war klar, dass das was letzte Nacht geschehen war KEINE Einmalige Sache bleiben würde. Sie schienen füreinander gemacht und keiner der beiden fragte sich in diesem Moment was noch kommen sollte, beide verloren sich in dem jeweils anderen und beide hofften, dass nicht noch eine riesengroße Katastrophe auf sie zurollen würde. 

40. Kapitel: „Ja alles bestens..."

 Das Training in den letzten Tagen war äußerst gut verlaufen und so sah die Mannschaft eine realistische Chance, den Sieg im Viertelfinale davon zu tragen. Ihr Gegner würde die Mannschaft vom Augusta College sein, die bisher als die Überraschungsmannschaft galt. Dennoch stellte niemand in Frage, dass das eigene Team gewinnen würde.

Die Cheerleader bereiteten aufwendige Choreographien vor, die Spieler waren in Topform, alles war bereit für das erste Spiel, das am nächsten Tag stattfinden sollte. Noch heute Abend würde sich die Mannschaft auf den Weg machen und so war das Training, das in diesem Moment stattfand, das Letzte vor dem offiziellen Beginn der Playoffs. Mehrere Mannschaften traten parallel zueinander in jeweils einer der teilnehmen Städte gegeneinander an so, dass die Mannschaften auch erst nach dem Spiel wussten, gegen wen sie als nächstes kämpfen mussten.

War Sam das Spiel am Anfang egal gewesen, so fieberte sie mittlerweile richtig mit und so bemerkte sie ihre schwitzenden Hände, als der Trainer eine seiner berühmt berüchtigten Ansprachen hielt.

„Diese Saison wird unsere sein! Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ihr seit topfit, ihr seid diszipliniert…“ Oh da hatte der Trainer wohl den Vorfall von vor einigen Tagen vergessen, als die ganze Mannschaft besoffen ins Hotel zurückgekehrt war „zumindest meistens!“ endete der Trainer den ersten Part. Er hatte es doch nicht vergessen. Gelächter ging durch die Spieler- und Cheerleaderreihen, doch der Trainer fuhr ohne darauf zu achten fort. Im selben Moment verstummten alle wieder.

„Ich habe schon viele Spieler kommen und gehen sehen, doch ihr seit etwas ganz besonderes. Ihr seid Arschkriecher und zudem ist der größte Teil von euch auch noch Schwanzgesteuert und trotzdem bin ich mir sicher, dass in jedem Einzelnen von euch eine gute Seele steckt. Ihr kämpft nicht nur für euch, ihr kämpft füreinander, für das Team, das College. Ihr kämpft verflucht noch mal für die ganze Stadt! Ja, ich habe schon viele Spieler kommen und gehen sehen, doch ich habe das Gefühl, dass einige aus dieser Mannschaft auch bleiben werden! Ihr habt das Talent, das wir brauchen. Die Energie die gefordert ist. Den Elan, der unabdinglich ist! Ihr seid verfluchte Idioten, doch Idioten, die zusammenhalten und durch dick und dünn gehen! Wenn wir morgen auf dieses Spielfeld in Augusta hinaustreten will ich, dass ihr nicht daran denkt was passiert, wenn wir verlieren! NEIN! Ich will, dass ihr daran denkt was wir erreichen werden, wenn wir gewinnen!!“, die letzten Worte schrie der Coach schon beinahe hinaus und Sam erschrak ein wenig bei der Intensität und Leidenschaft seiner Ansprache. Eine Sekunde lang, war es ruhig doch in der nächsten, sprangen alle Spieler auf, stellten sich in einen Kreis und streckten ihre Arme aus. Als alle positioniert waren rief Kyle „Eins, Zwei, Drei Panthers!!“, und der Rest wiederholte seinen Ruf. Panthers. Das war ihre Mannschaft und mittlerweile auch die von Sam. Während sie Kyle so beobachtete, wie er sich jetzt, da das ganze Spektakel vorbei war, freudig mit den anderen unterhielt konnte Sam nicht anders, als an die Nacht zu denken, die drei Tage her war. Jede Nacht war Kyle seitdem bei ihr gewesen und jeden Tag, hatte sie mehr über ihn erfahren. Doch richtig geöffnet hatte er sich ihr noch nicht.

Sie hatte auch mit Carly sehr viel Zeit verbracht doch auch sie hüllte sich in Schweigen. Sam war sich sicher, dass Carly mitbekommen hatte, was zwischen ihr und Kyle lief, schließlich hatte Kyle die letzten Nächte nicht in seiner eigenen Wohnung verbracht. Vielleicht erzählte er ihr auch, dass er bei einer anderen war? Was auch immer Carly glaubte, sie besaß den Anstand gar nicht erst nachzufragen.

Es war leichter als Sam erwartet hatte, in der Öffentlichkeit normal mit Kyle umzugehen. Darin hatte sich im Grunde genommen nichts verändert und so ahnte, zumindest ihrer Meinung nach, niemand, was tatsächlich zwischen ihr und Kyle vor sich ging. Und das war auch gut so, denn der Coach würde ohne Umschweife seine Drohung wahr machen, selbst wenn Sam ihm erklären würde, dass es in Ordnung sei. Er musste seine Drohung sogar wahr machen, um seine Autorität nicht zu verlieren. Sogar seinen besten Spieler würde er dafür opfern, da war sie sich sicher.

„Heute Abend geht’s los!“, hörte sie eine Stimme uns spürte kurz darauf zwei starke Arme. Sie schloss für einen kurzen Moment die Augen und fragte sich, weshalb sie sich nur immer so aufgehoben fühlte in Kyles Nähe. Sie blieben, für Freunde, eine Sekunde zu lang ineinander verschlungen stehen doch keiner der anderen merkte etwas. Stattdessen kam Simmons vollkommen aufgelöst auf die beiden zu und begann einfach drauf los zu plappern.

„Oh mein Gott. Ich hatte ja noch niemals Lampenfieber, aber irgendwie grummelt es ganz seltsam in meinem Magen. Was ist wenn ich krank werde? Ich meine Lampenfieber? Ernsthaft!? Sowas haben doch nur Schlappschwänze! Oh, irgendwie wird mir grad auch noch ein wenig schwarz vor Augen…“, Simmons hielt sich die Hand an den Kopf und wankte ein wenig.

„Alter, du steigerst dich da gerade in etwas hinein!“, sagte Kyle und ging auf seinen Kumpel zu um ihn den rechten Arm über die Schulter zu schmeißen.

„Ein wenig gesunder Respekt vor dem Spiel ist doch nicht zu verdenken! Aber du bist erwachsen Simmons, du musst lernen damit klar zu kommen!“, erklärte ihm Sam, doch dieser sah sie an als wäre sie nicht ganz dicht.

„Was hat denn das eine mit dem anderen zu tun?“, fragte er sie irritiert.

„Simmons hatte schon immer einen kleinen Hang zur Dramatik!“, erklärte Goalie, der gerade neben ihr zum stehen kam. Kurz darauf, kamen auch Martin und Danny an.

„Die werden wir in den Boden walzen!“, sagte Martin und lächelte, bis sein Blick auf Simmons fiel.

„Hat der wieder mal eine seiner Panikattacken?“, fragte er ohne jegliche Emotion. Kyle nickte so unauffällig wie möglich sagte jedoch kurz darauf „Ich denke, er braucht was zum essen! Das wird der Grund sein Simmons, warum du uns hier beinahe umkippst!“, sagte er so einfühlsam wie nur möglich und Sam fragte sich, wie lange die Jungs dieses Spiel bereits mitspielten. Bisher hatte sie Simmons eigentlich als ziemlich cool erlebt, doch jetzt, da es an die Playoffs ging, merkte man das erste Mal, was Fußball spielen und diese Meisterschaft ihm tatsächlich bedeuteten.

„Na dann müssen wir was dagegen tun! Wer hat Bock auf Pizza?“, meinte Danny und hob gleichzeitig seinen Arm. Auch der Rest stimmte zu und so machten sich die Jungs, mit Simmons im Schlepptau, auf den Weg zu den Umkleidekabinen. Alle, bis auf Kyle.

Er kam einen Schritt auf sie zu und nahm ihre Hand. Anschließend zog er sie hinter sich her bis sie unter den Tribünen ankamen, wo sie niemand sehen konnte.

„Spinnst du? Was machst du denn?! Was ist, wenn uns jemand beobachtet hat?“, fragte Sam ihn, konnte ein Lächeln jedoch nicht unterdrücken.

Kyle lächelte ebenfalls.

„Naja, dann wissen sie, dass wir hinter die Tribünen gegangen sind und nicht mehr!“, erklärte er schulterzuckend.

„Also ich denke mal nicht, dass wir beide uns ein Hotelzimmer teilen werden?“, fragte er ein wenig kokett und näherte sich ihr. Sie lächelte und schüttelte den Kopf, kam ihm jedoch nicht näher.

„Nein Kirsty hat ihren Anspruch bereits geltend gemacht!“

„Bei der musst du aufpassen, die fällt auch einfach mal ohne jegliche Vorbereitung über dich her!“, meinte Kyle und legte seine Arme auf ihren Rücken um sie daran zu hindern, abzuhauen.

„Das hättest du mir früher sagen müssen! Beim letzten Mal…na, da muss ich dir ja nichts erzählen! Du kennst das ja!“, sagte Sam lächelnd. Sie liebte es so gelöst mit jemandem sprechen zu können ohne über jedes einzelne Wort nachdenken zu müssen. Mit jemandem, der sie so akzeptierte wie sie war.

Bei den letzten Worten, waren Kyles Augen ein wenig größer geworden.

„Warum nur finde ich diese Vorstellung gar nicht so amüsant wie sie sein sollte?“, fragte er sie dennoch lächelnd.

„Ich weiß es nicht?“, erwiderte Sam doch für weitere Worte war gar keine Zeit mehr, denn sie hörten die Stimme des Coaches der offenbar in Begleitung von ein paar Cheerleadern war.

„Oh verdammt, naja. Dann halt ein andres Mal!“, sagte Kyle, als er über seine Schulter sah um Ausschau zu halten. Er sah zwar niemanden doch zweifelsfrei waren sie da. Dennoch ließ er es sich nehmen, Sam noch einen Kuss zu geben der sie dahinschmelzen ließ, bevor er sich von ihr entfernte und sagte „Lauf nicht weg, wir sind gleich fertig! Setz dich einfach auf die Tribünen!“ und schon lief er selber davon.

Lauf nicht weg. Das war bisher ihre Spezialität gewesen, das Weglaufen. Auch Logan hatte es einmal zu ihr gesagt. Das war kurz nachdem er ihr ihr Schulshirt zerrissen hatte, gewesen. Sie schüttelte den Kopf und vertrieb die Gedanken. Kyle war nicht Logan, er würde ihr so etwas niemals antun. Selbst wenn sie nicht wüsste, dass in Kyle ein eigentlich wirklich toller Kerl steckte, ihr Kampfsport hatte ihn bisher sowieso abgeschreckt.

Sie ging um die Tribüne herum bis sie wieder vorne ankam, da ertönte ihr Name.

„Ach Sam! Ich hoffe bei dir und den Jungs ist alles in Ordnung?“, fragte sie Coach K, sammelte jedoch weiterhin herumliegende Fußbälle ein und schmiss sie in den Korb, der am Spielfeldrand stand.

„Ja alles bestens. Wir verstehen uns eigentlich ziemlich gut!“, erwiderte sie und ließ sich auf der untersten Bank der Tribüne nieder. Es war kurz nach Mittag und so brannte die Sonne erbarmungslos auf sie herab.

„Das freut mich sehr zu hören. Ich hatte ja Anfangs die Befürchtung, dass sie sich ihre Scherze mit dir erlauben würden. Nun denn, so kann man sich irren!“, sagte der Coach und schmiss den letzten Ball in den Korb hinein. Sam würde ihm lieber nicht erzählen, dass sie genau dies getan hatten. Es kam ihr vor, als wäre es schon eine Ewigkeit her, in Wahrheit, waren es doch nur knapp eineinhalb Monate. Was alles geschehen war in dieser Zeit, konnte sie heute noch nicht glauben. Sie hatte sich mit den Typen angefreundet, über die sie sich früher stets aufgeregt hatte, hatte mit einem Player geschlafen und tat es immer noch und sie war aus sich herausgekommen. Sie hatte das Gefühl, dass es endlich an der Zeit war, einen neuen Lebensabschnitt zu starten und die Vergangenheit hinter sich zu lassen.

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Er stand einige Meter entfernt und beobachtete Sam, wie sie alleine auf der Tribüne saß. Der Coach war vor etwa zwei Minuten gegangen und seitdem kribbelte es ihm in den Fingern. Er wollte auf sie zugehen und sich ihr zeigen, doch wusste er, dass es noch nicht an der Zeit war! Ihr Verschwinden würde viel zu schnell auffallen und dann wäre es nur eine Frage der Zeit, bis er geschnappt werden würde.

Die Versuchung war groß, doch durch seine Körperbeherrschung die er sich in den letzten Jahren antrainiert hatte, konnte er sich dennoch davon abhalten.

Gestern war sein gestörter Bruder auf ihn zugekommen und hatte gemeint, er mache sich Sorgen um ihn. Dies hatte ihn mehr als nur wütend gemacht, denn Dennis sollte sich keine Sorgen machen, er sollte ihn nur in Ruhe lassen. Vorher aber, sollte er noch seine Pflichten erfüllen! Er hatte ihm versprochen ihn in allem zu unterstützen und er würde ihn auch in dieser Sache unterstützen.

Natürlich kannte Dennis noch nicht den gesamten Plan, der Idiot würde ihn am Ende noch ausplaudern. Er war in den letzten Wochen sowieso immer mehr zum nervlichen Wrack mutiert. Mit solchen Weicheiern konnte er nichts anfangen. Sam war eine Gegnerin für ihn gewesen und sie hatte die erste Runde gewonnen, doch nicht mehr lange uns sie würde sich wünschen, dass sie ihn niemals zurückgewiesen hätte. Er wusste, was man tun konnte um Menschen zu verletzten. Was er jedoch noch besser wusste war, wie man Menschen verrückt machte. Nicht umsonst hatte er in den letzten Jahren die ganzen Kranken Typen, die mit ihm eingesperrt gewesen waren, beobachtet. Ein Wind wehte über das Feld und mit einem Mal, sah Sam direkt in seine Richtung. Hastig verschwand er hinter dem Baum, hinter dem er sich bereits zuvor versteckt hatte und atmete schnell ein und aus.

Sie hatte ihn bestimmt nicht gesehen und wenn doch, hatte sie ihn nicht erkannt. Er hatte sich verändert in den letzten 5 Jahren. Außerdem, wiegte sie sich in Sicherheit. Sie glaubte, er wäre immer noch hunderte Meilen entfernt irgendwo eingesperrt doch dem war nicht so. Er musste Lächeln. Bald, würde er Sam Raven das nehmen, was sie ihrer Meinung nach ausmachte. Ihre Stärke.

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Ein ganz ungutes Gefühl beschlich Sam in diesem Moment. Sie hatte es schon lange Zeit nicht mehr gespürt, doch irgendwie fühlte sie sich beobachtet. In ihrer Brust zog sich ein Knoten zusammen und mit einem Mal beschleunigte sich ihr Puls. Sie hatte ganze eindeutig irgendjemanden bei den Bäumen gesehen, doch wer sollte das schon gewesen sein? Schließlich arbeiteten hunderte Menschen auf dem Campus. Aber warum beschlich sie dann das ungute Gefühl, dass sie nicht alleine war? Dieses Gefühl versetzte sie gute sechs Jahre zurück in die Vergangenheit. Damals hatte sie das selbe Gefühl verfolgt. Tag und Nacht! Sie konnte sich nicht erklären, warum sie sich plötzlich so unglaublich unwohl fühlte und wollte, dass das Gefühl schnell aufhörte. Sie klammerte sich mit ihren Händen an der Tribünenbank fest und starrte gerade aus. Sie spürte den Wind in ihrem Gesicht, doch auch dieser konnte sie nicht daran hindern, mit den Gedanken in die Vergangenheit abzuschweifen.

41. Kapitel: „Lauf doch nicht weg meine Süße…“

6 Jahre zuvor

Mit 17 Jahren hatte Sam ihre ganz eigene Vorstellung von dem gehabt, was richtig sein müsste. Sie hatte immer viel für die Schule getan, hatte ihre ausgewählten Freunde und Freundinnen gehabt und hatte alles getan, um es ihren Eltern recht zu machen. Dennoch hatte sie das Gefühl gehabt, dass irgendwas in ihrem Leben fehlte. Dadurch, dass sie ständig versucht hatte, jeden zufrieden zu stellen (dazu zählten auch ihre Freunde, ihre Lehrer, ihre Brüder) hatte sie niemals das aufregende Gefühl gespürt, wenn man ein Risiko einging. Ständig hatte sie sich an die Regeln gehalten doch in dieser einen Nacht, hatte sie sich geschworen, dass sie sich auf ein Abenteuer einlassen würde.

Es war der Abend des wichtigsten Footballspiels gewesen und ihre Freundinnen hatten sie dazu überreden können mitzukommen, obwohl sie sich doch eigentlich niemals für Sport interessiert hatte. Janine, ihre beste Freundin, hatte schon immer einen Drang zu Abenteuern gehabt und so hatte Sam sich einverstanden erklärt, mit ihr die Nacht in der Schule zu verbringen. Das war ihre Definition von Abenteuern gewesen. Sie hatte ihren Eltern erzählt, dass sie bei Janine übernachten würde und hatte sich mit Sack und Pack auf den Weg zur Schule gemacht, wo alle bereits am feiern waren. Jeder Einzelne freute sich bereits auf das Spiel, welches Sam doch eigentlich vollkommen egal war. Dennoch hatte sie sich mitreißen lassen und hatte sich in den letzten Minuten sogar dabei ertappt, wie sie den Spielern zujubelte und mit ihnen fieberte. Die Menge war vollkommen ausgerastet, als der Schlusspfiff kam und ihre Mannschaft gesiegt hatte. So war es auch niemandem aufgefallen, als Sam und Janine sich langsam davon stahlen. Auf dem Weg zur Schule, waren sie einigen Klassenkameraden über den Weg gelaufen und Janine hatte sie spontan eingeladen, bei ihrer Aktion mitzumachen. Sie hatten sie nicht lange überreden müssen und eine Stunde später, saßen sie zu siebt in einer kleinen Kammer und warteten darauf, dass die Geräusche von draußen verebbten. Sam war noch niemals einem Jungen so nahe gekommen, wie Gavin in dem Moment, doch dieser hatte sowieso nur Augen für Janine gehabt, worüber Sam alles in allem auch ziemlich glücklich gewesen war, denn mit Jungs hatte sie noch nicht so wirklich etwas anfangen können.

Als draußen nichts mehr zu hören gewesen war, hatte sich die Gruppe entschieden aus ihrem Versteck heraus zu kommen und das Schulhaus auf eigene Faust zu erkunden. Draußen, war es mittlerweile schon dunkel geworden und so hatten sich alle einen Riesenspaß daraus gemacht in die Klassenzimmer zu gehen, die Tafeln zu beschmieren oder Klopapierrollen im gesamten Schulhaus zu verteilen.

Bei dem Lärm, den sie veranstaltet hatten, hatten sie jedoch die Lichter draußen nicht bemerkt und erst, als die ersten Stimmen ertönten, war ihnen bewusst geworden, dass jemand nach ihnen suchte. Alle waren in unterschiedliche Richtungen gelaufen und Sam hatte Janine verloren. Sie hatte sich dazu entschieden in den Keller zu laufen, wo sie hoffte, sich verstecken zu können und dort war sie prompt dem Hausmeistergehilfen in die Arme gelaufen, der knappe drei bis vier Jahre älter war als sie.

„Was tust du hier drinnen?“, fragte der äußerst attraktive Kerl, während er ihren Arm in einem festen Griff hatte.

„Ähm, die haben mich in der Schule eingesperrt!“, erklärte Sam und blickte mit unschuldigen Augen zu ihm auf.

„Wieso nur glaube ich dir das nicht?“, fragte er sie und dabei stahl sich ein leichtes Lächeln in sein Gesicht und brachte seine stahlblauen Augen zum leuchten. Einem gefährlichen Leuchten, wie Sam später klar wurde, doch in diesem Moment hatte der Junge sie einfach nur fasziniert. Kurz darauf waren einige Männer im Keller aufgetaucht, doch Logan, der Hausmeistergehilfe, hatte ihr den Hintern gerettet indem er erzählt hatte, dass sie die ganze Zeit bei ihm gewesen sei, da sie eine Strafarbeit bei ihm erledigen musste.

Die Männer von der Polizei waren zufrieden damit gewesen und hatten beide gefragt, ob ihnen etwas Seltsames aufgefallen sei, da in den oberen Schulgängen einiges verwüstet worden wäre. Als beide verneinten, machten sich die Männer wieder aus dem Staub und suchten die anderen. Sam hatte nur gehofft, dass Janine heil aus dem Schulhaus heraus gekommen war.

„Was soll ich jetzt mit dir machen?“, fragte Logan sie und beide gingen sie gemeinsam nach oben und auf den Ausgang zu.

Sam zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, aber nach Hause kann ich nicht. Ich hab meinen Eltern erzählt, dass ich bei Janine bleibe und Janine hat ihren erzählt, dass sie bei  mir bleibt!“, erwiderte Sam und sah Logan eine Weile lang schweigend an. Dieser überlegte und sagte schließlich.

„Ok, ich hab eine Idee. Hast du hunger?“ Als Sam daraufhin nickte, führte er sie zu seinem Wagen und beide waren sie eingestiegen. Die ganze Nacht waren sie umhergefahren, hatten was gegessen, waren im Freiluftkino gewesen und hatten so die vorher endlos erscheinenden Nachtstunden totgeschlagen und früher als erwartet, war die Sonne über der Stadt aufgegangen und hatte den Zauber der Nacht vertrieben. Logan und Sam hatten sich sehr gut verstanden doch war in der Nacht immer mehr klar geworden, dass Logan bereits ganz andere Dinge wollte als Sam und so war Sam in dem Glauben mit ihm auseinandergegangen, dass die beiden zwar eine aufregende, jedoch einmalige Nacht miteinander verbracht hatten. Er war charmant gewesen, nett, jedoch auch ein wenig aufdringlich, was Sam jedoch schnell hatte verhindern können. Sie hatte ihm klar gemacht, dass sie kein solches Mädchen war und so hatte er sie am Morgen vor ihr Haus gefahren und ihr zum Abschied einen leichten Kuss auf die Wange gegeben.

Sam hatte noch einige Zeit an diese Nacht gedacht, doch war sie am Montag, zwei Tage später, mit der Erwartung in die Schule gegangen, dass es mit dem Abschiedskuss auch beendet worden wäre. Als sie jedoch aus dem Bus gestiegen war, hatte sie Logan bereits davor stehen sehen. Er hatte sie angelächelt und sie hatte die Freude in seinen Augen gesehen, als er sie entdeckt hatte. Dies war der Moment, in welchem Sam das erste Mal ein wirklich ungutes Gefühl gehabt hatte denn sie hatte ihm eigentlich nicht gesagt, wann genau ihr Bus ankommen würde. Er war also vermutlich den ganzen Morgen dort gestanden und hatte auf sie gewartet. Die nächsten Tage wurde er dann immer aufdringlicher. Anfangs hatte sie noch gedacht, dass die beiden vielleicht wirklich miteinander befreundet sein könnten, doch er lauerte ihr immer häufiger auf. Das erste Mal, dass sie wirklich Angst bekommen hatte war, als er sie eines Nachmittages plötzlich in einen leeren Klassenraum gezogen hatte.

„Hey Süße, ich hab den ganzen Tag Ausschau nach dir gehalten aber hab dich nicht gesehen!“, er hatte sie bei diesen Worten an die Wand gepresst und war ihr so nahe gekommen, dass es nur noch eine kleine Bewegung bedurfte und ihre Lippen würden sich treffen.

Ihr Herz hatte ihr bis zum Halse geschlagen. Natürlich hatte er sie nicht gesehen, denn sie war ihm aus dem Weg gegangen. Mittlerweile sah sie sich sogar schon auf der Straße um, ob ihr jemand folgte. Ständig tauchte er aus dem Nichts auf und ständig kam er immer näher. Wenn sie nicht aufpasste, würde er mehr in die Sache hineininterpretieren, als vorhanden war.

„Ähm, ja, ich war beschäftigt. Wichtiges Schulprojekt! Ich muss sowieso schnell nach Hause, weil ich immer noch nicht fertig bin. Janine wartet vermutlich auch schon auf mich vor der Schule!“

Ihr Herz hatte ihr weiterhin bis zum Halse geschlagen, als sich Logans Augen verengt hatten.

„Das glaub ich kaum, Janine ist bereits vor zwei Stunden mit Sally abgehauen!“, erklärte er ihr und fügte dann hinzu „Die ist sowieso keine gute Freundin für dich Süße. Sie hat einen schlechten Einfluss auf dich! Ich hab genau gehört, wie sie letztens zu dir gesagt hat, du müsstest mir aus dem Weg gehen. Was hat sie nur für ein Problem mit uns?“

In diesem Moment war Sam bewusst geworden, dass irgendwas nicht mit Logan stimmte. Sie hatten sich in dieser einen Nacht wunderbar verstanden. Er war vermutlich der bestaussehendste Kerl, mit dem sie jemals gesprochen hatte, doch bereits in dieser einen Nacht war ihr sein durchdringender und kalter Blick aufgefallen, wenn er über etwas sprach, was ihn störte.

„Ach was, da hast du bestimmt was falsch verstanden! Das hat Janine nie gesagt!“, erklärte Sam ihm und in diesem Moment, hatte sich sein Griff um ihren Arm verstärkt.

„Lüg mich nicht an, ich hab sie doch gehört!! Lüg mich nie wieder an!!“, hatte er ihr ins Gesicht geschrien und ihr dann einen Schubser gegeben, sodass sie gegen die Wand in ihrem Rück geschleudert worden war und anschließend auf dem Boden gelandet war. Als sie vor Schmerz aufgestöhnt hatte, hatte Logan sich hingekniet und sie erneut an den Armen gepackt.

„Süße, du darfst mich nicht wütend machen, damit kann ich nicht umgehen! Versprich mir, dass du dich von Janine fern hältst, ok? Ich weiß sonst nicht, wie lange ich mich beherrschen kann!“, hatte er ihr mit ruhigen Worten erklärt. Sam hatte lediglich genickt und die Tränen, die kommen wollten, zurück gehalten. Logan sollte nicht merken, wie viel Angst sie tatsächlich bekommen hatte.

Als sie an diesem Abend nach Hause gekommen war, hatte sie sich ausgezogen und in Unterwäsche vor den Spiegel gestellt. An ihren Armen waren die eindeutigen Abdrücke seiner Hände zu sehen gewesen, während ihr Rücken mit blauen Flecken übersät gewesen war. Sie war mit den Fingern die Abdrücke nachgefahren und war zusammengezuckt, als sie einen der blauen Flecken genauer inspiziert hatte. Dies war das erste Mal, dass Logan sie verletzt hatte.

Sam hatte keinerlei Erfahrungen mit Männern und hatte sich gefragt, was Logan für ein Problem hatte. Sie hatte nicht den Eindruck gehabt, dass sie und er eine Beziehung führten und sie hatte auch niemals gesagt, dass sie das wollte aber weshalb ging Logan dann so selbstverständlich davon aus?

An diesem Abend hatte sie entschieden, Janine von ihrem Problem zu erzählen, von dem Vorfall am Nachmittag. Doch auch Janine hatte keinen Ausweg gefunden außer den, zur Polizei zu gehen, was Sam und sie am nächsten Tag auch taten. Die Polizisten hatten sie jedoch nicht ernst genommen, da ja gar nichts passiert sei! Die blauen Flecken hatte Sam ihnen vorenthalten da sie sich schämte. Sie schämte sich, dass sie so etwas mit sich machen lassen hatte, obwohl sie doch eigentlich seit ein paar Jahren Kickboxen machte. Doch sie war zu klein und zu schwach, um die Techniken wirklich anzuwenden und deshalb bezweifelte sie stark, dass sie sich ernsthaft gegen Logan wehren könnte sollte noch einmal so etwas in der Art passieren. Die Polizei versprach dennoch, sich darum zu kümmern. Sam hatte zuhause vorgetäuscht, dass es ihr nicht gut ginge und war die letzten zwei Tage der Woche zuhause geblieben. Am Freitag hatten ihre Eltern jedoch bereits seit einigen Wochen eine Verabredung ausgemacht und hatten Sams Brüder beauftragt, sich um sie zu kümmern. Keiner aus ihrer Familie hatte auch nur die leiseste Ahnung davon gehabt, was los war.

Da ihre Brüder jedoch anderes im Kopf gehabt hatten, als auf ihre Schwester aufzupassen, waren sie ausgegangen und hatten Sam alleine zuhause gelassen. Vorher hatte Sam jedoch mit Janine ausgemacht, dass sie vorbei kommen würde, damit sie einen Videoabend machen konnten. Von Logan hatte sich nichts mehr gehört und so hatte sie gehofft, dass die Polizei ihm einen Schrecken eingejagt hatte.

Sie hatte sich Shorts übergezogen, ihr Schulshirt und hatte es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht, als es an der Haustür geklingelt hatte. Leichtfüßig war sie auf die Tür zugegangen und als sie sie geöffnet hatte, hatte sie keine Sekunde später einen Schlag gegen die Brust gespürt und war zurückgeschleudert worden.

Als sie hart auf dem Boden gelandet war, hatte sie vor Schmerz kurz aufgeschrien, kurze Zeit später, hatte sie gehört wie die Tür wieder zugefallen war.

„Wieso warst du bei der Polizei? Ich mache dir Angst oder was??“, schrie Logan, der über ihr stand und der sie am Arm nach oben zerrte und ins Wohnzimmer brachte, wo er sie in den Sessel schleuderte.

„Wieso warst du bei der Polizei, erklärs mir??“, schrie er noch lauter und verursachte so eine Angst in Sam, die sie vorher noch niemals verspürt hatte. Ihr Körper war wie erstarrt und sie konnte es nicht verhindern, dass ihr die ersten Tränen in die Augen stiegen. Sie hielt ihr Handgelenk fest, wo er sie gepackt hatte und als sie auf dieses hinab sah entdeckte sei dunkelrote Striemen.

„Ich, ich weiß nicht!!“, hatte sie zwischen ihren Schluchzern hervorgebracht, doch das hatte Logan nicht gereicht.

„Du gehörst mir, verstehst du das nicht? Wir sind füreinander geschaffen!“, sagte er und kam ihr näher. Sie drückte sich in den Sessel, während er sich auf den Sessellehnen abstützte und ihr sein Gesicht näherte. Sie sah das gefährliche Funkeln in seinen Augen und es schien beinahe so, als wäre er vollkommen neben der Spur. Sie fragte sich für einen kurzen Augenblick, ob er Drogen genommen habe, doch den Gedanken verwarf sie in dem Moment wieder, in welchem er sie erneut an den Armen nach oben zerrte.

„Logan, bitte hör auf, du tust mir weh!!“, hatte sie weinend gesagt, doch desto mehr sie sich wehrte, desto fester wurde sein Griff.

„Hör auf dich dagegen zu sträuben. Ich warte jetzt schon so lange darauf und heute wirst du mir geben, was ich haben will!!“, sagte er und beinahe schien seine Stimme sogar einfühlsam. Doch als sie wieder in seine Augen geblickt hatte, waren diese aufgerissen auf sie gerichtet gewesen.

Von was sprach er da?? So lange hatte er auf sie gewartet? Sie kannten sich doch erst seit einer Woche!

Er riss sie mit sich und drehte sich dann um, so dass er sie auf die Couch hinab drücken konnte. Die Panik in ihrem Inneren stieg an und in dem Moment wusste sie, was Logan mit ihr vorhatte. Sie versuchte um sich zu treten, doch erneut war ihr Körper wie versteinert.

„Gut so meine Süße! Heute Abend werden wir endlich unsere Erlösung finden!“, flüsterte er ihr ins Ohr und sie spürte seine Schweißnasse Stirn neben der ihren. Sie musste einen Würgereiz unterdrücken und überlegte fieberhaft, als er ihre Arme über ihren Kopf führte.

„Wirst du brav bleiben?“, fragte er sie und wortlos nickte sie. Dass ihr ganzer Körper zitterte bemerkte er anscheinend nicht, oder es war ihm egal.

Er ließ ihre Arme los und flüsterte ihr zu „Du behältst deine Arme genau da!“

Seine eigenen Hände waren über ihre Schultern hinab zu ihren Brüsten gewandert, doch war er dort nicht lange verweilt. Stattdessen hatten sie ein anderes Ziel gehabt und in dem Moment, war Sam bewusst geworden, dass sie sich wehren musste.

„Ah du magst es also auf die harte Tour??“, hatte er sie gefragt und hatte ihren Versuch sich zu befreien als Akt der Lust verbucht. Er hatte ihre Hände an den Handgelenken gepackt und sie erneut über ihren Kopf gedrückt und sie dort festgehalten, während die freie Hand weiter nach unten gewandert war. Als er schließlich bei ihren Shorts angekommen war, war er kurz darüber gefahren hatte es sich anscheinend jedoch doch anders überlegt, denn erneut wanderte sie nach oben und unter ihr T-Shirt.

Sam hatte keine Kraft mehr gehabt, hatte geweint, laut geschluchzt, hatte ihn gebeten sie endlich in Ruhe zu lassen, doch Logan hatte diese Bitten einfach in einem Kuss erstickt der ihr die Luft aus den Lungen gepresst hatte. Hart waren seine Lippen gewesen und als er ihr in die Unterlippe gebissen hatte, hatte Sam nur noch mehr gewimmert. Er hatte ihre Hände losgelassen, war auch mit der zweiten Hand zu ihren Brüsten gewandert und da ihn offenbar die Geduld verlassen hatte, hatte er es innerhalb von nur ein paar Sekunden zerrissen, so dass ihre Brüste zum Vorschein gekommen waren.

Genau in dieser Sekunde hatte Sam ihr Knie mit aller Wucht nach oben gerissen und hatte ihn genau zwischen den Beinen getroffen und als Logan mit einem Schmerzensschrei von ihr abließ nutzte sie dich Chance und sprang auf um davon zu laufen. Sie hielt mit aller Gewalt ihr T-Shirt vorne zu und weinte nur noch mehr. Sie wusste, dass sie ganze alleine zuhause war, dass niemand da war der ihr helfen konnte und dass auch niemand kommen würde. Sie hoffte, dass Janine etwas dazwischen gekommen war, denn wenn Logan sie hier vor der Tür erwischte würde er sie am Ende noch umbringen, das würde jedoch für Sam auch bedeuten, dass ihr niemand zu Hilfe kommen würde.

 In der Küche angekommen, schnappte sie sich das erstbeste Messer, was ihr in die Hand kam und in dem Moment hörte sie Logan schreien.

„So amüsant dieser Sadomasoscheiß auch sein mag, Süße, so würde ich doch langsam gerne zum Finale kommen!“

Sams Hand, die ihr T-Shirt über den Brüsten zusammenhielt, zitterte und Tränen rannen ihr über die Wangen. Ihre Shorts waren verrutscht, ihre Haare wirr und sie hilflos.

„Meinetwegen können wir das beim nächsten Mal machen, aber heute Abend möchte ich lieber einen guten schnellen Fick haben!!“, schrie er weiter und bei diesen Worten zuckte Sam zusammen. Bemerkte er tatsächlich nicht, dass sie das was er wollte, nicht wollte??

„Ahhh, da bist du ja!!“, erklärte er und Sam schrak zusammen. Er war in der Tür links von ihr aufgetaucht und war mit langsamen Schritten auf sie zugekommen.

Die große Küchentheke war zwischen ihnen gestanden und so hatte Sam es ein paar Sekunden lang geschafft ihm aus dem Weg zu gehen, doch als er mit einem Sprung über die Theke hechtete und sie vor Schreck das Messer fallen ließ, schrie sie erneut auf.

„Lauf doch nicht weg meine Süße, oder willst du plötzlich‘ schwer zu haben‘ spielen?“, flüsterte er ihr ins Ohr und glitt dann mit seiner Zunge über ihre Wange. Sie schloss die Augen und wimmerte. „Logan, bitte. Ich will das nicht!“

Diese Worte hatten ihn zum inne halten verleitet. Einen kurzen Augenblick dachte Sam, er würde es einsehen. Sie erhob ihren Tränenverschleierten Blick, doch als sie in seine Augen sah, entdeckte sie nichts anderes als die Härte.

Eine Sekunde später spürte sie einen heftigen Schmerz im Gesicht und sie fiel an die Theke und landete kurz darauf auf dem kalten Küchenboden.

„Mich zuerst geil machen und dann auf einmal behaupten, dass du das nicht auch willst??“, schrie Logan erneut und kniete sich über sie. Er zerrte ihre Arme erneut nach oben, drückte mit seinen eigenen Knien ihre Beine auseinander. Sam schrie und weinte, doch innerlich hatte sie bereits aufgegeben.

„Du wirst mir  immer gehören, vergiss das nie!!“, sagte er und senkte seine Lippen erneut auf die Ihren.

Die Tränen waren über ihr Gesicht gelaufen und als sie seinen Mund an ihrer Brust gespürt hatte hatte sie gewusst, dass es geschehen würde. Doch genau in diesem Moment, war Logan von ihr gerissen und nach hinten geschleudert worden. Es geschah alles so schnell, dass sie gar nicht so schnell hatte schauen können und sie wollte es auch gar nicht sehen. Sie hatte sich schnell aufgesetzt, hatte sich mit ihren Beinen nach hinten geschoben, an den Schrank gelehnt und ihr T-Shirt zugehalten. Sie hatte geweint, hatte sich kaum beruhigen können. Auch nicht, als sie Janines Stimme gehört hatte, und auch dann nicht, als Lucas, ihr Bruder auf sie zugelaufen gekommen war.

Sie war mit einem blauen Auge davon gekommen, das war ihr in diesem Moment klar geworden und als die Polizei endlich angekommen war und Logan abführte, hatte sie sich bei einem letzten Blick in seine Augen geschworen, dass sie ihm dies heimzahlen würde.

 

 

Jetzt

„Sam??“, sagte Kyle und ging auf sie zu. Sie saß stocksteif da und starrte einfach nur gerade aus. Die Jungs hinter ihm unterhielten sich untereinander und vereinbarten schon, wo sie hingehen wollten zum essen. Doch Sam reagierte auch bei seinem dritten Versuch nicht und langsam begann er sich Sorgen zu machen.

„Sam?“, sagte er erneut und legte ihr schließlich die Hand auf die Schulter. In diesem Moment zuckte sie zusammen und blickte dann ängstlich nach oben. Als sie jedoch Kyles Blick traf, entspannte sie sich schnell wieder.

„Kyle, spinnst du? Du hast mich erschreckt!“, erklärte sie ihm und legte sich ihre Hand vorsichtig auf die Brust.

„Ich hab dich dreimal gerufen Sam! Alles klar bei dir?“, fragte er sie und sah ganz klar, dass irgendwas nicht stimmte. Sie war kreidebleich, atmete etwas zu schnell und die Hand die auf ihrer Brust lag, zitterte ganz leicht.

Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, das gespielter nicht sein könnte und sie antwortete „Alles super! Können wir endlich los? Ich bin am verhungern!“

Kyle kniff die Augen zusammen und beobachtete Sam dabei wie sie aufstand und auf die Jungs zuging.

Irgendwas stimmte hier doch nicht, das war ihm klar! So hatte er Sam noch nie gesehen. Kyle steckte die Hände in die Taschen und sah zu der Gruppe hinüber. Sam wirkte gelöst, zumindest für diejenigen die nicht jeden einzelnen Gesichtsausdruck von ihr kannten. Doch Kyle kannte alles an ihr und er wusste, dass irgendwas in Sam los war, was sie ihm nicht anvertrauen wollte.

Er ging auf sie zu und versprach sich selbst eine Sache: Er würde ihr Geheimnis rausfinden und ihr helfen, es zu überwinden. Er wusste, dass er dazu im Stande war. Nun ja, er glaubte es zumindest!

42. Kapitel: „Da fühlt man sich irgendwie, wie eine von Tausenden…“

„Und dann bin ich zu ihr hin und hab sie gefragt ‚Hey Schnecke. Hast Lust mal mein unteres Stockwerk zu sehen?‘. Die Alte hat mich einfach nur angestarrt und irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit gefragt ‚Was sollte ich in deinem Haus suchen wollen?‘“

Während die Jungs sich über Simmons Story einen ablachten, saß Kyle neben Sam und betrachtete sie nachdenklich. Seit dem er sie heute von den Tribünen abgeholt hatte, war sie nicht sie selbst. Sie war ja häufiger etwas ruhiger, oder auch mal schlecht gelaunt, doch ihn ließ das Gefühl nicht los, dass es dieses Mal etwas anderes war, dass sie so verbittert sein ließ. Seine Hand wanderte unter dem Tisch zu ihrem Bein, wo er sie im Anschluss platzierte. Sam schrak kurz auf doch als sie feststellte, dass es Kyle war, entspannte sich ihr Blick erneut. Sie sah zu ihm rüber und als sein Blick den ihren traf, wurde ihrer nicht nur entspannt sondern weich und dies rührte in Kyle etwas, dass er lieber nicht näher begutachten wollte.

„Hey ihr zwei Turteltäubchen, welche Pizza sollen wir bestellen?“, sagte Simmons zu den beiden ohne auch nur im Geringsten zu wissen, wie nah er mit seiner Aussage doch an der Wahrheit dran war. Sie rissen die Blicke voneinander und obwohl Kyle nichts lieber tun würde, als Sam an der Hand zu nehmen, sie nach Hause zu bringen und sie in den Armen zu halten, antwortete er auf die Frage seines Freundes.

„Ich denke Salami wäre in Ordnung.“

Seine Hand, die immer noch auf Sams Oberschenkel lag, spannte sich ein wenig an als er Sam ihre eigene auf der seinen spürte. Sie wirkte so gefasst. Vielleicht täuschte sich Kyle ja auch? Er kannte Sam noch nicht so lange, vielleicht hatte sie tatsächlich einfach nur schlechte Laune?

Die meiste Zeit hatten sie ja stets damit zugebracht zu streiten, zu diskutieren und ähnliches. Niemals hatten sie über wirklich wichtige Themen gesprochen, doch Kyle wusste, dass er selber einige Dinge in seinem Leben erlebt hatte, die er ungerne mit jemandem teilen wollte also war er davon ausgegangen, dass es Sam genauso ging. Manchmal war es einfach leichter, nicht mit allem herauszuplatzen was einen beschäftigte. Manchmal jedoch, war es auch einfach mal leichter, sich jemandem anzuvertrauen.

„Man, irgendwie kommt die Aufregung gerade wieder zurück!!“, sagte Simmons und fasste sich an die Stirn.

„Simmons, beruhig dich endlich mal! Das Spiel ist erst morgen!“, erwiderte Sam, die normalerweise wesentlich einfühlsamer an Simmons Leiden heranging als am heutigen Tag.

„Das ist mir schon klar!! Man darf doch wohl ein wenig Bammel haben, oder?“, entgegnete er patzig und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust.

Sam atmete hörbar aus und entfernte dann ihre Hand von Kyle seiner, nur um sie auf dem Tisch mit der zweiten zu verkreuzen und den Kopf dann darauf abzustützen.

„Ok, es tut mir ehrlich leid! Ich habs nicht so gemeint!“, sagte sie mit ruhiger Stimme und blickte Simmons dabei lächelnd an. Alles wäre in Ordnung, wenn Kyle nur nicht gesehen hätte, dass ihr Lächeln die Augen nicht erreichte.

‚Was geht mit dir ab? Es ist alles in bester Ordnung! Du siehst einfach nur Gespenster!‘, sagte er sich selber und überlegte dennoch, ob er selber etwas getan haben könnte, das Sam dazu veranlasste so seltsam drauf zu sein.  Doch ausnahmsweise war er sich mal sicher, dass er nichts angestellt hatte.

„Ich nehme deine Entschuldigung an Sam, das aber auch nur weil ich an Karma und den ganzen Kram glaube und du ja schließlich unser Glücksbringer bist!“, erwiderte Simmons und blickte zufrieden drein. Als dann fünf Minuten später auch noch die Pizza ankam verstummten die Gespräche vollkommen, da sich alle auf das Essen konzentrierten.  

Als Danny den Arm ausstreckte und sich seine Cola schnappte, einen Schluck trank und das Glas wieder hinstellte, verschluckte er sich plötzlich und die gerade getrunkene Cola, kam ihm aus der Nase wieder heraus. Als er gleichzeitig versuchte, sich unter dem Tisch zu verstecken und dabei die Tischdekcke mitnahm, fühlten sich die anderen am Tisch doch irgendwie verpflichtet zu fragen, was zum Teufel denn los sei.

„Danny? Alles in Ordnung? Oder hast du jetzt einen Schlaganfall?“, fragte Simmons, der sich ebenfalls von seinem Stuhl erhob nur um Danny kurz darauf zu folgen.

„Bin ich jetzt im falschen Film oder was?“, fragte Goalie, der von Simmons, bei seinem Versuch unter den Tisch zu klettern, gestoßen wurde während er gerade einen Schluck von seinem Bier hatte nehmen wollen.

„Irgendwie mutieren deine Freunde immer mehr zu verrückten Spinnern!“, sagte Sam an Kyle gewandt und dieses Mal erreichte ihr Lächeln auch ihre Augen. Erleichtert atmete Kyle auf.

„Also bitte, mittlerweile sind es ja wohl auch deine Freunde, also tu jetzt hier nicht so!“, entgegnete er und hob dann die Tischdecke an, um unter den Tisch zu linsen.

„Jungs, was zum Teufel tut ihr da?“, fragte er etwas zu laut und so drehten sich einige der Gäste in der Pizzeria zu ihnen.

„Psscchtt!!“, sagte Danny und drückte dabei seinen Zeigefinger ganz fest auf die Lippen.

„Da vorne ist Bella!“, erklärte er und deutete mit dem anderen Zeigefinger in die Richtung des Eingangs.

„Fuck, was??“, erwiderte Kyle und drehte sich schnell in seinem Stuhl um. Noch schneller schoss sein Blick wieder auf den Tisch.

„Bella? Wer ist Bella?“, fragte Sam und musste dabei an die Figur aus dieser Romanreihe denken, die sich in einen Vampir verliebt hatte.

Als sie Kyles schockierten Ausdruck sah und an die beiden Kerle unter dem Tisch dachte, wurde ihr eines klar: Irgendwas stimmte nicht mit dieser Bella.

„Oh Fuck, ok ich mach mich aus dem Staub!!“, erklärte Goalie, warf seine Serviette schnell auf den Tisch und verschwand. Jetzt waren nur noch Sam und Kyle zu sehen und genau in diesem Moment ertönte eine furchtbare Stimme.

„Ahhhhh, Kylee!! Süßer!!“, Sam riss kurz die Augen auf bei dieser Stimme und vor allem bei dem, was diese Frau sagte und drehte sich dann um, nur um eine Barbiepuppe auf sich zulaufen zu sehen. Sie trug zehn Zentimeter High Heels, einen kurzen pinken Lackrock und hatte ihre blonden Haare, die gespränkelt waren mit pinken Strähnen, in einem kunstvollen Turm auf dem Kopf festgesteckt. Sie machte Sam wirklich Angst. Kurz überlegte Sam, ob sie ebenfalls aufstehen und abhauen sollte, doch da spürte sie Kyles Hand erneut auf ihrem Oberschenkel.

„Du bleibst hier, verstanden?? Ich brauch dich jetzt!“, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen und verfluchte die Jungs, die sich unter dem Tisch versteckt hatten.

Sam fragte sich ja, woher er gewusst hatte, was sie vorhatte doch es blieb keine Zeit sich näher damit auseinander zu setzen. Die Barbiepuppe war an ihrem Tisch angelangt und bei ihrem Anblick erschrak Sam erneut. Ihre Augenbrauen waren gar nicht vorhanden und mit einem Stift einfach nur aufgemalt, ihre Wimpern waren dick und fett mit Wimperntusche geschminkt, so dass sich eigentlich nur noch ein Brocken über ihren Augen befand und ihre Lippen waren Pink angestrichen. Die Tonnen Make-Up die in ihrem Gesicht drauf gegangen waren, versuchte Sam zu ignorieren, doch es funktionierte nicht. Als Bella anfing zu sprechen schien es beinahe so, als würde sich tatsächlich nur ihr Mund bewegen, der Rest ihres Gesichtes blieb starr. Und trotzdem hatte Sam das Gefühl, dass Bella gerade dabei war zu lachen, denn seltsame Geräusche kamen aus ihrer Kehle.

„Bella, welch Überraschung! Was machst du denn in Madison?“, fragte Kyle und stand etwas unsicher auf. Sam hingegen musste sich ein Lachen verkneifen und hob die Serviette an um ihren Mund abzuwischen. Nun ja, zumindest tat sie so als ob.

„Du wirst es nicht glauben aber Maxwell hat hier ein Haus ersteigert. Kann also sein, dass wir uns öfter über den Weg laufen werden!!“, kreischte sie, obwohl sie in eigentlich normaler Lautstärke sprach. Sams Ohren klingelten.

„Ach, das ist aber schön zu hören. Du hast du uns ja direkt schon gefehlt!“, erklärte Kyle, doch Sam, die ihn kannte, wusste, dass das eine schamlose Lüge war.

„Du Charmeur!!“, erwiderte Bella und fuhr einmal kurz mit ihrer Hand über Kyles Schulter. Es schien fast so, als hätte sie Sam jetzt gerade erst gesehen und schon ertönte ihre schrille Stimme erneut.

„KYLEE!!!“, und dabei lachte sie wild. Bei seinem Namen zuckte Kyle zusammen und Sam konnte genau seinen Blick sehen, der auf den Tisch gerichtet war. Beziehungsweise mehr auf das, was darunter verborgen lag.

„Wer ist denn diese Frau an deiner Seite??“, kreischte sie und verursachte so schon, dass die Blicke der anderen Gäste an ihren Tisch wanderten. Peinlich berührt kniff Sam die Augen zusammen und fuhr sich mit ihren Fingern kurz die Schläfen entlang, bevor sie sie wieder öffnete und aufstand.

„Hallo, Sam!“, stellte sie sich vor und streckte der Verrückten eine Hand entgegen. Wohl oder übel musste sie das selber tun, denn Kyle war im Moment etwas geistesabwesend. Vielleicht stellte er sich ja vor, wie er Bella irgendwo im Niemandsland aussetzte? Das war jedenfalls das, was ihr selber gerade im Kopf herumgeisterte.

„Ach SAAAM ist dein Name?? Das hört sich ja an wie ein Männername!“, erläuterte Bella, deren Name wie ein billiger Abklatsch irgendeines Namens klang und lächelte dabei, wobei sie ihre strahlenden, weißen Zähne offenbarte, die Sam beinahe schon blendeten.

„Naja, kommt halt von Samantha!“, erklärte Sam mit so viel Geduld wie nur möglich, doch sie spürte Wut in sich aufsteigen. Keine Ahnung woher das kam.

„Ach Samantha.“, sagte Bella und sah einmal von oben nach unten an Sam herab, doch anscheinend interessierte sie sie nicht länger, denn sie konzentrierte sich wieder auf Kyle, der aus seiner Trance herausgerissen wurde, als sie plötzlich mit ihrem Zeigefinger seine Brust entlang fuhr. Anschließend legte sie ihm ihren Arm um die Taille.

„Kyle, ich vermisse dich!“, sagte sie und schürzte dabei ihre Lippen. Waren die etwa aufgespritzt?? Sam schüttelte den Kopf und verwarf den Gedanken, obwohl ein Restzweifel blieb. Etwas anderes spürte sie jedoch noch mehr, nämlich die aufsteigende Eifersucht, die sie leider nicht verleugnen konnte.

Kyle wand sich ein wenig in Bellas Armen und löste sich schließlich von ihr, zum Schluss nahm er ihre Hand in die seine und entfernte ihren Finger.

„Ähm ja Bella, du musst wissen, so einer bin ich nicht mehr!“, sagte Kyle und trat einen Schritt auf Sam zu die automatisch einen Schritt zurückwich. Sie hatte die dunkle Befürchtung, dass Kyle etwas vorhatte, was ihr nicht gefallen würde.

Bei seinen Worten legte sich Bellas Stirn ein wenig in Falten, doch schon bald entspannte sich ihr Gesichtsausdruck wieder.

„Ach Kyle, ich kenn dich doch! Du kannst einfach nicht anders!!“, sagte sie und trat einen Schritt auf ihn zu.

„Sag mal, wo ist eigentlich Maxwell? Dein MANN!!??“ fragte Kyle und versuchte sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie verheiratet war.

„Ach…“, sagte sie mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Der ist mal wieder auf einem seiner Meetings. Wie dem auch sei, er hatte noch nie etwas dagegen, wenn ich mich, du weißt schon…“, sie war ihm erneut so nah gekommen, dass sie die Möglichkeit bekommen hatte, sich lasziv an ihm zu räkeln. Sam hob die Augenbrauen an und beobachtete das Spektakel. Diese Frau, kannte wirklich keine Grenzen. Also räusperte sie sich.

„Ähm Bella, wie gesagt, ich bin nicht mehr so einer, denn ich habe jetzt….“, kurz sah sich Kyle suchend um, er schien zu überlegen, ob ihm was anderes übrig blieb, anscheinend jedoch nicht denn Sam spürte seine Hand an der ihren und schon riss er sie in seine Arme.

„Naja, du weißt schon. Ich bin glücklich vergeben!!“, sagte er und drückte Sam etwas zu gespielt an sich. Sie wusste, dass dies auch anders aussehen konnte, doch in der Öffentlichkeit waren sie sich normalerweise nicht wirklich nahe gekommen außer sie fühlten sich unbeobachtet. Auch hier war Sam nicht sonderlich einverstanden damit, denn Kyle setzte viel aufs Spiel. Andererseits, wenn beide verneinten, dass etwas zwischen ihnen lief, was konnte der Coach da schon machen?

„Also bitte…“, sagte Bella und ihre gute Laune schien ein wenig zu verfliegen. Erneut wanderte ihr Blick an Sam hinab und sie zog die Augenbrauen nach oben.

„Kyle, sei mir nicht böse, aber du hattest durchaus schon….“, sie überlegte, welche Worte sie wählen konnte, das konnte Sam genau sehen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete geduldig ab.

„Nun ja, du weißt schon.“, sagte sie schließlich und ließ ihre Hand seinen Arm nach oben und wieder nach unten gleiten. Mit jeder Sekunde wurde sie Sam unsympathischer, soviel war ja wohl klar. In dem Moment, in welchem Sam ihren Mund öffnen wollte, kam ihr Kyle zuvor.

„Nein, ich glaube ich verstehe nicht, was du mir damit sagen möchtest!“, sagte er und Sam hörte genau, dass er langsam genervt war. Besitzergreifend zog er Sam noch einmal näher an sich heran und legte anschließend seine Hand auf ihre Taille.

Sam wusste, dass sie sich eigentlich nicht freuen dürfte und dennoch tat sie es, als sie Bellas Blick sah.

„Ach Kyle, was ist nur los mit dir?“, fragte sie ihn und drückte ihre Brüste schon beinahe in sein Gesicht. Kyle hingegen zuckte noch nicht einmal mit der Wimper.

„Bella, es war wirklich schön dich zu sehen, aber ich möchte jetzt mit meiner Verlobten einen schönen Abend verbringen. Wer weiß schon, wie viele uns davon noch bleiben, denn wenn der kleine Bengel einmal auf der Welt ist, könnten sich die Abende heftig reduzieren.“, Sam riss die Augen auf. Was lief denn jetzt schief? Bei den nächsten Worten wandte Kyle ihr sein Gesicht zu und sah auf sie hinab.

„Nicht, dass mir das was ausmachen würde. Solange ich Sam an meiner Seite habe, ist mir alles egal!“ und dann senkte er seinen Kopf und gab Sam einen Kuss auf die Wange. Dabei erschrak sie so sehr, dass sie sich von ihm entfernen wollte, doch er hielt sie mit eisernem Griff an Ort und Stelle. Kurze darauf hörte sie seine Stimme an ihrem Ohr.

„Spiel mit verdammt sonst schwöre ich dir, werden wir die niemals los!“.

Seine Stimme klang flehend und Sam nickte kaum merklich, dann begann sie zu lächeln und drückte sich ihrerseits nun an Kyles Oberkörper. Sie erhob sich und flüsterte ihm etwas ins Ohr.

„Dafür wirst du bezahlen!“, doch dabei lächelte sie so lasziv, dass Bella nur davon ausgehen konnte, dass sie ihm etwas  Schmutziges ins Ohr geflüstert hatte. Sie schien verunsichert.

„Naja Bella, es hat sich einiges verändert im letzten Jahr. Ich hab endlich die Person gefunden die mich bändigen kann und unser Baby…“, bei dem Wort Baby legte Kyle seine Hand auf Sams flachen Bauch und strich ein wenig unbeholfen darauf herum. Sie sah zu ihm hinauf und stellte fest, dass an ihm unverkennbar ein Schauspieler verloren gegangen war. Er hatte ihr einst vorgeworfen sehr gut Schauspielern zu können, dabei war er selber ein Ass darin. Vielleicht trieb ihn in diesem Moment auch einfach die Verzweiflung an. Sam legte ihre eigene Hand auf die seine und lächelte Bella an.

„Was soll man sagen? Wenn man einmal jemanden so wirklich liebt, ist wohl alles andere egal!“, erklärte sie ihr und versuchte, ein Strahlen in ihre Augen zu bringen.

Bella schluckte einmal schwer und trat einen Schritt zurück.

„Miss? Ihre Pizza ist fertig!!“, rief der Besitzer des Ladens Bella zu und sie drehte sich zu ihm um.

„Sofort!!“, kreischte sie und Sam zuckte dabei ein wenig zusammen.

„Naja Kyle, war wirklich schön dich mal wieder zu sehen!!“, sagte Bella und war sich offenbar nicht ganz klar, wie sie sich jetzt von Kyle verabschieden sollte. Als Kyle keine Anstalten machte ihr näher zu kommen streckte sie ihm die Hand entgegen.

„Vielleicht sieht man sich ja irgendwann nochmal!“, anschließend sah sie zu Sam hinüber.

„Babys machen einen ganz schön fett, pass also lieber auf, dass du nicht zu sehr in die Breite gehst. Kyle hatte noch nie etwas für fette Weiber übrig!!“, erklärte Bella ihr und sämtlicher, gespielter Charme war aus ihrer Stimme gewichen. Gerade als Sam etwas erwidern wollte, kam ihr Kyle zuvor.

„Ach was, an Sam liebe ich einfach alles!“

Bei diesen Worten zog sich in Sam etwas zusammen und plötzlich hatte sie das Bedürfnis sich aus seinem Griff zu befreien. Doch er hielt sie an Ort und Stelle bis zu dem Zeitpunkt, in welchem Bella in der Tür verschwand. Genau in dieser Sekunde zog er seinen Arm weg und ließ sich auf seinen Stuhl fallen.

„Alter Schwede. Die Tante ist echt krank!!“, murmelte er und klopfte dann auf den Tisch.

„Jungs ihr könnt raus kommen!“

Sam stand immer noch perplex neben dem Tisch und blickte auf Kyle hinab. Ob ihm überhaupt klar gewesen war, was er gerade eben gesagt hatte? Sam bezweifelte es stark und dennoch, machte sie der Gedanke an Liebe nervös.

„Sam setz dich schon, sie ist weg!“, sagte er und klopfte erneut auf den Tisch.

„Bist du dir sicher, dass sie weg ist??“, hörte sie Simmons Stimme und kurz darauf tauchte sein Kopf auf.

„Sie hat uns nicht gesehen!“, stellte er trocken fest und kurz darauf erhellte sich sein Gesicht.

„Verdammt, sie hat uns nicht gesehen!!“, rief er schon beinahe und rannte um den Tisch herum um Kyle stürmisch zu umarmen.

Auch Goalie kam gerade zu ihrem Tisch zurück und setzte sich, als ob nichts gewesen sei, dennoch sagte er „Leute, das war eine Meisterleistung. Ich hab euch echt abgekauft, dass ihr ein Pärchen seid!“. Bei diesen Worten sah er sie noch nicht einmal an. Danny hatte sich zwischenzeitlich wieder auf seinem Stuhl niedergelassen und pflichtete Goalie bei.

„Wirklich eine geniale Vorstellung!“, und dabei nickte er ruhig.

„Ihr seid echt alle solche Vollidioten! Macht euch aus dem Staub und ich darf den Scheiß wieder ausbaden! Wenn Sam nicht gewesen wäre, hätte die mich noch in die nächste Ecke gezerrt!“, sagte Kyle aufgebracht und stieß Simmons von sich weg.

„Aber Sam war ja da und du hast die Situation meisterhaft gelöst!!“, sagte Simmons lachend und ging um den Tisch herum um sich wieder auf seinem eigenen Stuhl nieder zu lassen. Anschließend packte er sich ein Stück von der Pizza, die vermutlich schon kalt war, und biss genüsslich ab.

„Ich hoffe, dass die uns so schnell nicht mehr begegnet…“, sagte Goalie nachdenklich.

„Wer zum Teufel war das eigentlich? Die Frau ist doch verrückt!!“, sagte Sam, die sich mittlerweile wieder hingesetzt und die Gedanken um das L-Wort vertrieben hatte.

„DAS…“, setzte Simmons theatralisch an „Ist Bella gewesen!“, endete er und wenn er neben Sam gesessen wäre, hätte sie ihm einen Schlag gegen den Arm verpasst.

„Du Trottel, das weiß ich selber auch. Aber WER ist Bella??“, sagte sie genervt und dachte an ihre schrille Stimme und ihre Erscheinung. Zum Gruseln.

„Bella war eine Art Groupie der Mannschaft. Naja, ich glaube sie ist ein Groupie der gesamten Männerwelt. Irgendwann jedoch hat sie Maxwell kennengelernt, einen ziemlich reichen Kauz der auch ungefähr dreißig Jahre älter ist als sie. Wenn sie auf eine Sache mehr steht als auf Männer, dann ist es Geld!“, erzählte Goalie.

„Wie dem auch sei, sie hat ihn geheiratet und ist dann weggezogen. Die war echt überall und hat uns nicht mehr in Ruhe gelassen. Vor allem den lieben Kyle hier nicht!“, sagte Danny.

„Bella ist definitiv die schlimmste Frau, die ich in meinem Leben kennengelernt habe!“, fügte Simmons hinzu.

„Und trotzdem hattet ihr alle Sex mit ihr, oder?“, fragte Sam sie trocken und daraufhin senkte sich die Stille über sie.

„Nun ja, ihr Körper ist ja wirklich nicht ohne…“, versuchte Simmons sich zu erklären.

Kyle hatte zu dieser ganzen Sache bisher nichts gesagt. Doch Sam wusste, dass es so war. Sie kannte ihn. Er war nunmal ein Player gewesen, naja, er war es immer noch. Sam gab sich nicht im Geringsten den Illusionen hin, dass auch nur ein Wort von dem, was er zu Bella über sie gesagt hatte, stimmte. Was sie noch nicht wusste war, ob sie das störte oder nicht.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Kyle ärgerte sich zutiefst darüber, dass Bella ihm genau heute über den Weg laufen musste. Klar, er hatte die Situation irgendwie retten können doch er kannte Sam und er wusste, dass sie ungerne für solche Zwecke missbraucht wurde. Er hatte einfach drauf los geplappert, ohne großartig darüber nachzudenken und jetzt im nach hinein, wusste er nicht einmal mehr genau, was er alles gesagt hatte. Was auch immer es war, es hatte gereicht um Bella zu vertreiben. Trotzdem spürte er, dass Sam, die neben ihm saß, seitdem ein wenig steifer wirkte als normal und die Diskussion darüber, wer alles mit Bella im Bett gewesen war, war auch nicht sonderlich hilfreich. Er wusste selber, dass er das größte Arschloch überhaupt gewesen war die letzten Jahre über doch noch verstand niemand, dass er diese Zeit hinter sich gelassen hatte. Er konnte es schlecht erklären, doch seitdem er mit Sam geschlafen hatte, hatte er das Gefühl, dass er so schnell niemand anderes an sich heran lassen würde. Dass er es einfach nicht könnte.

„So ich denke, dass wir uns langsam auf den Weg machen müssen. In zwei Stunden fahren wir los!“, sagte Simmons und hob seinen Arm um der Kellnerin so zu signalisieren, dass sie zahlen wollten.

„Die Runde geht auf uns. Ihr zwei habt uns den Arsch gerettet, wir zahlen das Essen!“, erklärte Goalie und zückte seinen Geldbeutel. Die anderen beiden taten es ihnm gleich und nachdem sie ihre Rechnung beglichen hatten, verließen alle das Restaurant.

„Dann sehen wir uns später, nicht?“, sagte Danny und daraufhin verabschiedeten sich Kyle und Sam von den Jungs, die in die andere Richtung mussten.

Still gingen die beiden nebeneinander her und keiner wagte so wirklich ein Wort zu sagen. Dieser Tag, war mehr als nur beschissen gewesen, stellte Kyle fest und sah zu Sam hinüber, die den Blick nach unten auf den Asphalt gerichtet hatte.

„Ich hoffe du weißt, dass ich nicht mehr der Alte bin?“, sagte Kyle und blickte wieder nach vorne. Sam entgegnete nichts. Zumindest vorerst.

„Kyle, mir ist es doch eigentlich egal wer du vorher warst. Ich kenne dich und ich weiß, dass du ein anderer geworden bist. Oder zumindest bist du es, wenn wir zwei zusammen sind. Es ist nur, es ist schon irgendwie seltsam zu wissen, dass du mit so vielen Frauen geschlafen hast. Da fühlt man sich irgendwie, naja wie eine von Tausenden…“, erklärte sie, blickte dabei jedoch nicht auf.

Kyle blieb bei diesen Worten stehen.

„Ist es das, was dich so stört?“, fragte er sie. Als Sam bemerkte, dass er nicht mehr neben ihr her ging, blieb sie ebenfalls stehen und drehte sich zu ihm um.

„Nein…“, sie schüttelte dabei den Kopf, hielt jedoch kurz darauf inne.

„Oder vielleicht auch doch. Ich weiß es nicht! Das Einzige was ich weiß ist, dass es wirklich schrecklich ist, wenn man sich wie eine von vielen vorkommt. Ich weiß das ist Unsinn, aber ich kann nicht anders als so zu denken!“, erklärte sie ihm.

Kyle kam bei den nächsten Worten auf sie zu.

„Das was du verstehen musst Sam ist folgendes: Du bist nicht eine von vielen! Ich habe vielleicht schon mit vielen Frauen geschlafen, doch es hat mir niemals wirklich etwas bedeutet!“

„Aber das mit uns schon oder was?“, fragte sie ihn etwas herablassend.

„Keine Ahnung, ich weiß nur, dass es anders ist als mit all den Frauen vor dir!“, antwortete auf ihre Frage und legte ihr, als er bei ihr ankam, eine Hand an die Wange.

„Manchmal versteh ich dich wirklich nicht! Das ist es doch was du willst, oder etwa nicht? Das hast du zu mir gesagt! Du willst einfach etwas Lockeres…Warum regst du dich dann plötzlich über all die Frauen vor dir auf? Das ist alles vorbei, Geschichte. Wir sind hier in der Gegenwart und in dieser gibt es nunmal nur dich alleine!“

Sam schluckte schwer, das konnte er genau sehen. Was seine Worte sonst noch in ihr anrichteten, konnte er nicht wirklich einschätzen. Er wusste ja noch nicht einmal, was seine eigenen Worte in ihm selber anrichteten. Als sich jedoch ein Lächeln auf ihrem Gesicht abzeichnete atmete er erleichtert auf.

„Ok, lass uns diese Diskussion mal lieber vertagen und die Sache einfach mal auf uns zukommen lassen!“, sagte sie und wollte sich ihm schon entziehen. Doch er konnte dem Drang nicht wiederstehen, ihre weichen Lippen auf den seinen zu spüren und so senkte er seinen Kopf. Nur flüchtig streiften sich ihre Lippen und schon entfernte er sich wieder, da er nicht wusste, wer sie beobachtete.

Er musste Lächeln.

„Du bist schon ne Nummer, Sam Raven!“

Sie lachte und wandte sich anschließend von ihm ab. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis sie vor ihrem Wohnhaus ankamen.

Kyle war bewusst, dass er sich auf gefährlichem Terrain bewegte und er wusste auch, dass es nicht leicht werden würde, doch irgendwie hatte er das Gefühl, dass es sich lohnen würde Geduld zu haben. Geduld mit Sam, Geduld mit sich selber. Es war erfrischend seine Zeit mit Sam zu verbringen, vor allem da sie ihn nicht festnagelte und nichts von ihm verlangte, was er nicht wollte.

Doch ihn beschlich das Gefühl, dass nicht das ihr Problem werden sollte. Er hatte sich bereits zu sehr an Sam gewöhnt, sie zu tief in sein Leben gelassen. Was war, wenn er sie nicht mehr gehen lassen wollte? Was war, wenn sie es dennoch tat?

43. Kapitel: „Ach und das gilt für alle nur nicht für Sam Raven oder wie…“

Um vier Uhr nachmittags, machte Sam sich gemeinsam mit der Mannschaft auf, um zu dem ersten Playoffs Spiel zu fahren und die Stimmung war merklich gesunken. Man spürte die Anspannung in dem Bus, spürte, wie sich jeder Einzelne auf das konzentrierte, was ihnen bevorstand. Jedem einzelnen war wohl klar, dass, sollten sie dieses Spiel verlieren, es kein weiteres mehr geben würde und dies stellte die Spieler natürlich vor eine große Herausforderung denn sehr viele Menschen warteten darauf, dass sie mit einem Sieg in der Tasche zurückkehrten.

Auch Sam war angespannt, denn sie wünschte dieser Mannschaft nichts sehnlicher als den Sieg dieses Turniers. Es bedeutete so vielen etwas, diesen Erfolg in ihrem Leben verbuchen zu können! Allen voran Kyle, dem nichts wichtiger war, als das Fußballspielen und der Sieg in diesem Spiel. Sam kannte ihn mittlerweile gut genug um dies zu wissen. Wenn irgendwann andere Dinge versagt hatten, so hatte Fußball Kyle immer wieder geholfen aufzustehen und weiter zu machen. Nicht nur Fußball als Sport. Nein auch die Spieler, die Mannschaft, der Coach. Jeder Einzelne hatte seinen Teil dazu beigetragen. Sie erkannte die Freundschaft, die zwischen den Jungs bestand. Sie waren oftmals gar nicht mehr wie Freunde, sondern vielmehr wie Brüder füreinander, was sie zum nächsten Punkt führte.

Dennis. Was war nur geschehen, dass Kyle und Dennis sich so sehr voneinander entfernt hatten? Was hatte Dennis nur für ein Problem mit ihr?

Sie wusste, nicht von Kyle, da dieser meistens einen großen Bogen um dieses Thema machte, sondern vom Team, dass Dennis und Kyle noch vor zwei Monaten unzertrennlich gewesen waren. Sam war nicht dumm und konnte rechnen. Sie kannte Kyle jetzt seit knapp zwei Monaten und genau zu dem Zeitpunkt, als sie auf der Bildfläche erschienen war, hatten Dennis und Kyle sich voneinander entfernt. Brüder, die jetzt mehr Fremde waren. Es tat Sam innerlich weh zu wissen, dass sie dafür verantwortlich war doch kannte sie Dennis einfach nicht genug, um mit ihm darüber zu sprechen! Vielleicht musste sie es dann wirklich einfach bei Kyle versuchen, auch wenn sie Angst hatte, dass er sich sofort zurück zog, sobald sie das Thema ansprach. Denn noch eine Sache hatte sie bei Kyle mittlerweile kennengelernt. Wenn er das Gefühl hatte, dass ihm jemand zu  Nahe trat, dann entfernte er sich von einem. Er verschloss sich um nicht als offenes Buch für die anderen zu gelten. Er hatte ganz einfach Angst davor, jemanden zu sehr in sein Leben zu lassen.

Doch wie hätte Sam darüber urteilen sollen, schließlich ging es ihr nicht anders! Sie hatte sich ganze fünf Jahre lang verschlossen. Wegen dem was ihr mit Logan geschehen war, wegen der Ablehnung die sie kurz darauf erfahren hatte, wegen dem Tod ihrer Eltern nicht mal ein ganzes Jahr später. Wegen der Entfernung, die sich zwischen ihr und ihren Brüdern aufgebaut hatte. Genau diesen Augenblick suchte sie sich aus, um in einem Punkt die Erleuchtung zu erlangen: Ihre Brüder machten ihr Vorwürfe. Vorwürfe wegen ihren Dummheiten und wegen dem Tod ihrer Eltern. Sie war nicht blöd. Natürlich taten sie es, schließlich waren ihre Eltern auf dem Weg gewesen um sie abzuholen, als der Unfall geschehen war. Oder vielleicht bestand das viel größere Problem darin, dass sie sich selber die Schuld gab?

„Sam, hey, du bist ja vollkommen in Gedanken versunken!“, hörte sie Kyles Stimme, die sich so vertraut anhörte.

Sie blickte auf und sah ihn an, dann lächelte sie ohne bestimmten Grund.

„Ach was, gar nicht!!“, sagte sie und hob ihr Bein an, um es unter das andere zu legen und so eine bequemere Sitzposition einzunehmen.

„Ach erzähl doch keinen Stuss! Ich kenn die Sorgenfalten auf deiner Stirn, wenn du dir wieder über irgendwas einen Kopf machst!!“, sagte Kyle und lächelte ebenfalls.

„Das war keine Sorgenfalte!“, sagte Sam und überlegte, was sie ihm sagen sollte um ihn zufrieden zu stellen.

„Komm sag schon! Du weißt doch, dass du mir vertrauen kannst.“, erwiderte er und sein Lächeln wurde dabei schwächer. Doch Sam konnte ihm nichts erzählen, sie wollte ihn nicht belasten! Sie wollte niemanden mehr mit ihren Sachen belasten, vor allem jedoch nicht mehr sich selber. Sie wollte endlich Abstand davon gewinnen. Abstand von ihrer Vergangenheit. Also versuchte sie noch mehr zu Lächeln und näherte sich Kyle, der erschrocken die Augen aufriss. So wie er es mit ihr schon gemacht hatte, so machte sie es ihrerseits. Sie näherte sich seinem Ohr und flüsterte nur sechs kleine Worte. „Ich hab an letzte Nacht gedacht!“, dann entfernte sie sich wieder von ihm und lehnte sich zurück. Sie sah, wie er seine Augen geweitet hatte und wie er sie mit einem Blick ansah, der ihr alles verriet: Genauso wie sie, würde auch er gerne das von letzter Nacht wiederholen!

Sie hatten mittlerweile bereits ein paar Mal miteinander geschlafen und es war immer normaler für beide geworden. Es war so, als würde der eine die Bedürfnisse des anderen kennen, bevor dieser es selber wusste und letzte Nacht, war es noch mal eine Steigerung gewesen. Es war perfekt, so wie er auch.

„Das ist unfair, dass jetzt hier anzusprechen!“, sagte Kyle berechnend und lehnte sich zu ihr. „Das wirst du noch bereuen!“, erklärte er, bevor er von Simmons unterbrochen wurde, der wie aus dem Nichts auf der Bank hinter ihnen zum Vorschein kam.

„Was wird sie bereuen?“, fragte er mit unschuldigem Blick. Manchmal fragte sich Sam ja wirklich, wieso Simmons so ein Player war. Sie hatte auch ihn sehr gut kennengelernt über die letzten Wochen hinweg und sie war sich sicher, dass Simmons genau eine Sache braucht um glücklich zu werden: Eine Frau die ihn liebte und die er ebenfalls lieben würde. Sprang er vielleicht deswegen von der Einen zur Nächstens? Suchte er nach jemand besonderem?

„Ja Kyle! Was werde ich bereuen??“, fragte Sam ihn und sah ihn dabei berechnend an. Kyle blickte zwischen den beiden hin und her und überlegte fieberhaft, was er darauf antworten konnte, schließlich fiel ihm offenbar etwas ein.

„Sam hat mir letztens den absolut schnulzigsten Film präsentiert, den ich in meinem Leben gesehen habe! Dafür gibt’s das nächste Mal eine gehörige Portion Horror zurück!!“, antwortete er endlich und stellte Simmons damit offenbar zufrieden, denn der nickte zustimmend und wandte sich dann an Sam.

„Sam, das kannst du nicht machen! Du nimmst ihm damit doch seine Männlichkeit! Was glaubst sagen die Leute, wenn sie erfahren, dass Kyle Thompson, Player Nummer 1 des Colleges, solche Dinge wie ‚Titanic‘ ansieht?“, bei dem Wort Titanic verzog Simmons angewidert den Mund, sprach jedoch kurz darauf weiter. „Dann ist er ganz schnell weg vom Fenster!“

Kyle fand das anscheinend äußerst amüsant, während Sam ihn am liebsten geboxt hätte dafür, dass Simmons jetzt der Ansicht war, sie würde Kyle zu irgendwelchen Schnulzen zwingen! Sie hatten in der letzten Zeit die Filme immer gemeinsam ausgesucht und Stadt der Engel, den hatte sogar Kyle letztes Mal ausgewählt! Dennoch entschied sie sich, einfach den Mund zu halten und die Standpauke über sich ergehen zu lassen.

Es war einfach so entspannend hier mit den Jungs zu sitzen und Sam spürte den Stich in ihrer Brust als ihr klar wurde, dass sie das alles nicht mehr lange würde haben können. Die Saison war bald zu Ende, sie wäre bald fertig mit dem Studium und wer wusste schon, wohin es sie verschlagen würde? Sie befürchtete weit, weit weg. Es würde ihr nicht leicht fallen, die Spieler hier einfach zurück zu lassen.

Sie sah Kyle an. Noch schwerer würde es ihr vermutlich fallen, Kyle zurück zu lassen.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Die letzte Minute zu spielen und Kyle spürte das Stechen in seiner Seite, was von den vielen Sprints kam. Er war mit seinen Kräften am Ende, doch das war im Grunde genommen auch egal, denn es stand 3:2 für seine eigene Mannschaft und außer, es würde jetzt noch eine riesengroße Katastrophe geschehen, waren sie eine Runde weiter. Er sah die Massen an Zuschauern, die auf den Tribünen saßen und fragte sich, ob es mehr als in den letzten Jahren waren. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass so viele Menschen zugesehen hatten bei den Spielen! Als der Schlusspfiff ertönte sprang er erleichtert in die Luft und kurz darauf war er umringt von seinem Teamkollegen die alle schrien und jubelten. Die Erleichterung überschwemmte ihn und er schloss für einen kurzen Moment die Augen. Es war ein gefährliches Spiel gewesen. Ein äußerst knappes Spiel zudem, doch sie hatten es geschafft! Das Zusammenspiel war einfach perfekt gewesen und so hatten sie die erste Hürde gemeistert. Er sah, wie ein Braunschopf zu ihnen hinüber geschossen kam und wusste sofort, dass es sich nur um Sam handeln konnte. Er sah sie immer. Sogar zwischen all den Zuschauern konnte er sie genau ausmachen, wenn sein Blick für ein paar Sekunden zu ihnen hinüber wanderte.

Es dauerte eine Weile, bis sie sich zu ihm durchgekämpft hatte, da auch die anderen Spieler sie in Beschlag nahmen, doch als sie endlich bei ihm ankam, schmiss sie sich freudestrahlend in seine Arme. Es tat so gut zu wissen, dass sie ihm so sehr vertraute. Es tat gut, zu wissen, dass ihr die Nähe zu ihm genauso gefiel, wie ihm die zu ihr. Er schloss sie in seine Arme und atmete kurz ihren unverkennbaren Duft ein der sie immer ein wenig an Vanille und Rosen erinnerte. Es erschien ihm beinahe so, als kenne er diesen Duft schon sein ganzes Leben lang. Oft geschah es, dass er ein T-Shirt auszog und dabei ihren Duft daran roch. Nur für ein paar Sekunden genoss er ihn dann, bevor er sich eines besseren belehrte und das T-Shirt zur Schmutzwäsche schmiss. Es sagte jedoch einiges aus, wenn sogar seine Sache schon nach ihr rochen.

In seinen Armen erschien sie ihm so zerbrechlich und doch war sie irgendwie sein Anker. Das wurde ihm klar als sie sich von ihm entfernte und er sich kurz darauf schon wieder wünschte, ihr Nahe sein zu können.

„Ich freue mich so sehr für euch Kyle!!“, rief sie ihm über die Stimmen hinweg zu. Mittlerweile waren auch Zuschauer zu ihnen auf den Rasen gekommen und auch die Cheerleader waren natürlich schon da.

„Ja wir haben es geschafft!!“, entgegnete er erleichtert. Sie hatten es geschafft. Die erste Etappe hinter sich gelassen.

Kyle fühlte sich in diesem Moment das erste Mal seit Jahren wirklich glücklich. Er hatte seine Freunde um sich herum, Sam stand ihm gegenüber, im Fußball lief alles super und wenn es so weiter ging bestand eine reelle Chance, dass er in ein Team kam, denn die Scouts waren bereits auf der Suche. Das erste Mal seit Jahren, war er zufrieden und das erste Mal seit Jahren, hatte er auch wieder etwas zu verlieren. Dies verursachte ein äußerstes Unbehagen in ihm.

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„Ach komm schon Sam!!! Das kannst du doch nicht machen!!“, quängelte Kirsty, die sich bereits schick gemacht hatte für den Abend.

„Nein, ehrlich Kirsty, es tut mir Leid. Ich kann nicht! Ich muss diesen Artikel noch fertig machen und ich will endlich mal wieder vor Mitternacht ins Bett! Aber ich wünsch dir viel Spaß!“, erklärte Sam zum zehnten Mal. Seltsamerweise, fand sie Kirsty mittlerweile richtig nett und bereute es auch ein wenig, sie heute Abend enttäuschen zu müssen. Doch sie musste endlich mal standhaft bleiben. Sie hatte auch den Spielern schon gesagt, dass sie heute Abend nicht mit ihr zu rechnen brauchten.

„Am Mann, du bist ja die totale Spielverderberin!“, sagte Kirsty, ließ sich auf dem großen Doppelbett nieder und verschränkte die Beine übereinander.

„Nein keine Spielverderberin Kirsty. Mal ehrlich, dir fällt es doch sowieso nicht auf ob ich dabei bin oder nicht, wenn ihr erstmal richtig loslegt!“, versuchte Sam sie zu überzeugen. Natürlich wusste auch Kirsty, dass Sam Recht hatte, doch ging es hierbei ums Prinzip.

„Die Jungs haben das Playoffs Spiel gewonnen Sam!!! Das muss doch wohl irgendwie gefeiert werden, oder etwa nicht?? Aber wenn es dir sooo egal ist…da kann man dann wohl nichts machen!“

Oh jetzt versuchte Kirsty es mit schlechtem Gewissen!

„Es ist mir nicht egal. Du vergisst, dass ICH diejenige bin, die den Artikel schreibt der diese Jungs bei uns zuhause groß rausbringt! Kirsty, bitte lass uns diese Diskussion beenden, ich bin sowieso schon zu spät dran!“, nahm Sam einen letzten Anlauf und tatsächlich, Kirsty zuckte mit den Schultern und erhob sich wieder von dem Bett.

„Dann muss ich den Jungs wohl sagen, dass ich dich nicht überreden konnte!“, entgegnete sie und nahm anschließend ihre Tasche in die Hand.

„Trotzdem einen schönen Abend Sam. Dann entspann dich mal ein wenig!“, sagte sie ein klein wenig eingeschnappt doch Sam wusste mittlerweile, dass Kirsty dazu sowieso nicht sehr lange im Stande war also lächelte sie sie an und wünschte ihr viel Spaß, im Anschluss setzte sie sich wieder an ihren Artikel und ging die Szenen und Eindrücke in ihrem Kopf noch einmal durch. Das würde der bisher beste Artikel werden, da war sie sich sicher!

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„Wie Sam ist nicht mitgekommen??“, fragte Simmons ungläubig und sah Kirsty an, die gerade eben erst angekommen war. Auch Kyle war überrascht, denn bisher hatte Sam sich eigentlich immer sehr leicht überreden lassen.

„Dann heißt ‘s wohl Party ohne Sam!“, sagte Goalie, auch wenn er nicht begeistert klang dabei.

Kyle fühlte sich mit einem Mal gar nicht mehr wirklich wohl und wünschte sich, Sam neben sich sitzen zu haben, so wie es die letzten Male auch gewesen war. Es hatte sich so eingebürgert und er wollte nicht darauf verzichten! Wieso nur erschien es ihm mittlerweile unmöglich, Spaß zu haben, wenn Sam nicht dabei war?

Vielleicht auch aus dem Grund, da sich jetzt die Cheerleader, die sich die letzten Wochen über ein wenig ferngehalten hatten von ihm, plötzlich wieder einbildeten sich an ihn ranschmeißen zu müssen?

Er spürte eine Hand auf seinem Oberschenkel und als er den Blick senkte, sah er perfekt manikürte Fingernägel, die ihn jedoch abstießen.

Er packte die Hand und nahm sie weg.

„Komm schon Shirley, lass das!“, sagte er so gefühlskalt wie nur möglich, doch Shirley verstand es anscheinend nicht, denn jetzt lehnte sie sich mit ihrem Brüsten an seinen Arm und fuhr seine obere Brust entlang.

„Ach Kyle, du bist ganz schön langweilig geworden! Entweder, du hast irgendwelche Probleme, oder du bist vom anderen Ufer oder du hast tatsächlich ne Freundin!“, sinnierte sie vor sich hin und blickte ihm dabei in die Augen. Nein eine Freundin hatte er nicht, aber er hatte Sam. Mehr brauchte er im Moment einfach nicht!

„Keines von den dreien, ich will einfach in Ruhe gelassen werden!“, erklärte er ihr und nahm ihre Hand von seiner Brust.

„Ach und das gilt für alle nur nicht für Sam Raven oder wie?“, fragte sie ein klein wenig schnippisch. Kyle hatte keinen Bock auf ein weiteres Theater, wie er es damals mit Jeniffer gehabt hatte und antwortete so diplomatisch wie nur möglich.

„Die begrabscht mich auch nicht die ganze Zeit!“, erklärte er Shirley und stellte fest, dass das nicht so diplomatisch herausgekommen war, wie er es geplant hatte.

„Laber doch keinen Stuss Thompson, die hängt an dir wie ne Glucke!“, sagte Shirley und entfernte sich von ihm.

„So ein Scheiß, wie kommst du darauf?“, fragte er sie genervt. Sam war keine Glucke! Sie war die Einzige, die er im Moment längere Zeit am Stück ertragen konnte, so einfach war das! Er wollte nicht, dass nur weil er so viel Zeit mit IHR verbringen wollte, SIE am Ende als Dumme dastand!

„Na, ständig ist sie in deiner Nähe! Ständig liegt ihr euch in den Armen. Ständig redet sie mit dir! Die ist doch nicht ganz normal!“, erklärte Shirley und schien das alles ernst zu meinen.

Kyle wurde sauer und stand auf.

„Also erstens, befinde ICH mich in IHRER Nähe, zweitens sind wir befreundet und Freunde umarmen sich nunmal auch, wenn sie sich gemeinsam über etwas freuen und drittens: Im Vergleich zu dir, kann Sam ein Gespräch mit mir führen, ohne dabei ständig mit dem Zaunpfahl zu winken und zu signalisieren, dass sie mit mir poppen will! Ich gebe dir jetzt einen wichtigen Rat Shirley, wenn du jemals jemand sein möchtest, vor dem man Respekt haben soll, dann überdenke bitte deine momentane Einstellung! Vielleicht würde es dir sogar gut tun, dich mal mit Sam darüber zu unterhalten, denn von Ihr könntest du noch eine ganze Menge lernen!“

Mit diesen Worten ging Kyle davon und ließ die völlig betröppelte Shirley sprachlos zurück.

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Sam hatte vor einer halben Stunde den Artikel abgeschickt und lag jetzt mit einem Buch auf ihrem Bett. Doch sie stellte fest, dass das nicht mal halb so erfüllend war, wie sie sich erhofft hatte also packte sie ihre Schwimmsachen zusammen und begab sich runter zum Swimmingpool, der sich in einer Art Innenhof des Hotels befand. Säulen säumten den Pool und dazwischen befanden sich die Liegen für die Hotelgäste. Außer Sam, hatte offenbar niemand anderer Lust zu schwimmen, denn sie war vollkommen alleine, als sie ihre Sachen auf eine der Liegen legte. Irgendwie, hatte sie ein seltsames Gefühl, doch sie entschied sich, dieses einfach zu ignorieren und stattdessen stieg sie langsam in das angenehm kühle Wasser, dass sich jetzt um ihre Beine, kurz darauf um ihren Bauch, um ihre Brüste und schließlich auch um ihren Hals legte und sie vollkommen einhüllte. Sie hörte ein Knacken und drehte sich um, da sie jedoch nichts entdecken konnte, wandte sie sich wieder ab und machte die ersten Schwimmzüge. Es tat gut sich in dem Wasser zu bewegen, darin zu schweben. Hier konnte sie tatsächlich abschalten. Sie schwamm einige Bahnen, als sie erneut ein Knacken vernahm und in der Bewegung inne hielt, um sich umzusehen. Irgendetwas oder irgendjemand war doch da irgendwo!! Sie runzelte die Stirn und fragte sich, ob sie lieber gehen sollte, doch sie verwarf den Gedanken und lachte sich innerlich aus. Sie hatte definitiv zu viele Horrorfilme in der letzten Zeit gesehen.

Plötzlich vernahm sie einen Schatten und erschrak so sehr, dass sie ein wenig Wasser schluckte. Sie schwamm an den Rand des Beckens und krallte sich dort fest.

„Dir muss doch nicht die Luft wegbleiben, nur weil du mich siehst!“, sagte eine unverkennbare Stimme und Sams Augen wurden zu Schlitzen.

„Du bist ein echter Idiot Kyle! Du hast mich beinahe zu Tode erschreckt!!“, sagte sie immer noch ein wenig hustend und richtete kurz darauf den Blick auf Kyle, der in voller Montur über ihr stand. Seine Jacke hatte er auf die Liege gelegt.

„Schätzchen ich hab das Gefühl, dass du ein klein wenig zickig bist!“, erklärte Kyle und ging in die Hocke.

„Ich bin nicht zickig, ich hab  mich einfach nur erschreckt!“, entgegnete sie und als Kyle merkte, dass es ihr ernst war, verschwand sein Lachen.

„Sorry, echt. Das wollte ich nicht!“, entschuldigte er sich und war für einen kurzen Moment unachtsam. Sam packte seinen Arm und zog ihn in den Pool hinein und so landete er ohne jegliche Vorwarnung in dem kühlen Nass.

Dies fand Sam anscheinend außerordentlich komisch, denn sie konnte sich kaum noch halten vor Lachen, als Kyle auftauchte und sie schockiert ansah.

„Das waren meine besten Schuhe!!“, schrie er aus und schwamm auf sie zu, hielt sich anschließend am Rand fest um seine Schuhe schnell in Sicherheit zu bringen und packte sie anschließend. Sam, die immer noch beschäftigt damit gewesen war, zu lachen, hatte seinen Angriff zu spät bemerkt und hatte so keine Chance mehr sich davor zu schützen.

Keuchend tauchte sie wieder auf, konnte es sich jedoch immer noch nicht verkneifen zu lachen. Sie kam auf ihn zu und legte ihm die Hände auf die Schultern.

„Ich hab dich voll verarscht!“, erklärte sie ihm und stieß sich anschließend wieder ab. Sie war schnell im Schwimmen, da sie Badeklamotten trug, während Kyle sich mit seinen vollgesogenen Klamotten durch das Wasser kämpfen musste und dennoch holte er sie irgendwann ein und zog sie an seine Brust.

„Weißt du eigentlich, dass ich, als ich dich das erste Mal im Badeanzug gesehen habe, vollkommen heiß auf dich war??“, sagte er jetzt mit rauer Stimme und blickte sie ruhig an. Sie sah Wasserperlen, die in seinen Wimpern hingen, Tropfen, die sein Gesicht entlang nach unten flossen und ihr stockte der Atem.

„Wie kann man nur so gut aussehen wie du?“, fragte sie ihn, ohne auf seine vorherige Aussage einzugehen.

Er lächelte. „Schätzchen, das frage ich mich jedes Mal, wenn ich dich ansehe!“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und spürte, wie die Hitze ihren Körper entlang nach oben wanderte bis sie in ihrem Gesicht landete.

„Das musst du nicht sagen…“, flüsterte sie schon beinahe, weil sie sich plötzlich so vollkommen unsicher fühlte.

„Und was ist, wenn ich es einfach will?“, fragte er sie, ließ sie jedoch nicht mehr antworten. Er senkte seine Lippen auf ihre und genoss das Gefühl der Vollkommenheit.

Er war sofort nach der Sache mit Shirley ins Hotel zurück gekehrt und hatte sich auf die Suche nach Sam gemacht. Der Typ an der Rezeption hatte ihm dann den Tipp mit dem Swimmingpool gegeben und ohne zu überlegen war er dorthin gegangen weil er gewusst hatte, dass Sam ihn von all dem Scheiß ablenken konnte. Er bereute seine Entscheidung nicht. Erst Recht nicht in dem Moment, in welchem er ihre Hände an seinem Rücken, an seinem Bauch, überall spürte. Nein er bereute die Entscheidung keineswegs. Er würde sie niemals bereuen. 

44. Kapitel: „Ich bin mir sicher, dass du niemals jemanden so im Stich lassen wirst wie er…“

 44. Kapitel: „Ich bin mir sicher, dass du niemals jemanden so im Stich lassen wirst wie er…“

 

„Ich hoffe, dass wir uns bald wieder sehen Sam! War wirklich schön eine Frau kennenzulernen, die es mit meinem Bruder aufnehmen kann!“, sagte Carly und blickte Sam dabei traurig an. Es war die Zeit zum Abschied nehmen gekommen. Noch am selben Abend, an dem Sam Kyle in den Pool gezogen hatte, hatte er einen Anruf von Carly erhalten, dass sie unbedingt in ihre Heimatstadt zurückkehren mussten, da es ihrer Mutter offenbar gar nicht gut ging. Kyle war nervös auf und ab gelaufen, hatte jedoch schlussendlich nichts daran ändern können, dass er ersteinmal warten musste, bis sie mit dem Bus wieder in Hiltons ankamen. Zwei Tage später, standen sie sich nun gegenüber und verabschiedeten sich voneinander, was wesentlich schwerer fiel als gedacht.

Jamie, Carlys Sohn, sprang auf seinen Zehenspitzen umher und rief, „Ich will auch Tschüss sagen, Mommy!!“, dabei streckte er seine dicken kleinen Ärmchen nach oben und deutete auf Sam. Sam lächelte und hob ihn auf, ohne Carly vorher um Erlaubnis zu fragen. Es ging ihr gar nicht gut bei dem Gedanken, Carly oder auch Jamie, nie wieder zu sehen. Sie hatte sich Gedanken darüber gemacht und ihr war bewusst geworden, dass es gar keinen Grund gab, mit Carly in Verbindung zu bleiben. Sam würde vermutlich bald in eine andere Stadt ziehen, Kyle würde hier bleiben und so viel hatte sie mit Carly gar nicht gemein gehabt und dennoch zog sich ihr Herz zusammen, als Jamie seine Ärmchen um ihren Hals legte und sagte „Tschüss Saaamm!!!“, dabei hörte sich seine Stimme so an, als würde er Tränen zurückhalten.

Der kleine Kerl konnte kaum wissen, was dieser Abschied bedeutete, doch war er so sensibel mitzubekommen, dass alle anderen auch äußerst traurig darüber waren. Sam hatte diesen kleinen Kerl wirklich ins Herz geschlossen und bevor sie sich noch tatsächlich ihrem Abschiedsschmerz überließ, setzte sie ihn wieder auf dem Boden ab und strich ihm einmal mit der Hand durch die Haare. „Du wirst mal ganz klar einer, der den Frauen den Kopf verdreht. Ganz wie dein Onkel!“, witzelte Sam. Kyle, der gerade, einen Koffer in der Hand, an ihnen vorbei schlenderte fragte nur „Was wie sein Onkel?“, während Carly nur in ihre Hand kicherte.

„Ich werde Frauen am Kopf drehen!“, sagte Jamie stolz und plusterte sich dabei ein wenig auf.

„Ah ja, das ist ja wirklich äußerst interessant! Das will ich dann mal sehen!“, erklärte Kyle und sah Sam dabei skeptisch an. Sie jedoch setzte ihr unschuldiges Lächeln auf, verschränkte die Hände hinter ihrem Rücken und sagte „Ich wünsche euch allen eine gute Reise! Carly, auch ich fand es schön dich kennenzulernen!“

Ein letztes mal, stürmte Carly auf Sam zu und schloss sie in die Arme, dann flüsterte sie „Ich bin mir sicher, wir werden uns schneller wieder sehen, als du glaubst!“, dann drückte sie Sam von sich, zwinkerte ihr einmal zu und wandte sich dann ab, um Jamies Hand in die ihre zu nehmen. „Komm mein Schatz, wir steigen schon mal in das Auto ein und lassen Onkel Kyle Tschüss sagen!“, dabei drehte sie sich nicht mehr zu ihnen um und nachdem Kyle den Kofferraum schloss, kam er ebenfalls auf Sam zu, um sich zu verabschieden.

„Ok, also ich bin nur für drei Tage weg, rechtzeitig vor dem zweiten Training dürfte ich wieder da sein!“, erklärte er Sam. „Falls irgendwas sein sollte, mein Handy ist immer eingeschaltet. Sollte doch etwas sein und du erreichst mich nicht, wende dich an Simmons oder Danny, die werden innerhalb von nur ein paar Minuten hier sein, so wie ich sie kenne…“ Bei diesen Worten musste Sam anfangen zu lachen und Kyle stoppte mitten im Satz.

„Was geht denn jetzt ab?“, fragte er sie verwirrt, während sie sich beruhigte und ihm beruhigend ihre Hand auf den Arm legte. „Kyle, du bist für drei Tage weg. Was soll schon großartig passieren? Es ist ja nicht so, als wärst du sonst rund um die Uhr bei mir und würdest mich beschützen! Also du kannst jetzt damit aufhören und einfach die drei Tage bei deiner Familie genießen. Ich verspreche dir, wenn du zurück kommst wird es so sein, als wärst du gar nicht weg gewesen! Und jetzt geh endlich, deine Schwester wartet schon!“, sagte Sam und obwohl es ihr selbst schwer fiel, dass Kyle drei Tage lang nicht mal annäherungsweise in ihrer Nähe sein würde, versuchte sie ihm zu vermitteln, dass es ihr doch eigentlich vollkommen egal war. Sie war nicht so ein Mensch, der sich wegen solchen Dingen Gedanken machte, verdammt noch mal.

Kyle drehte sich kurz zum Auto, wandte sich dann jedoch schnell wieder Sam zu, kratzte sich am Hinterkopf und kam schließlich einen Schritt auf sie zu, um sie in die Arme schließen zu können. Sofort ließ Sam sich fallen und genoss seine Nähe und seinen vertrauten Geruch. Ja ok sie würde ihn vermissen, doch was waren schon drei Tage?

„Ok, bau keinen Mist in der Zwischenzeit!“, sagte er leise und Sam zog dabei eine Augenbraue nach oben. „Das sagt gerade der Richtige. Wenn ich mich recht entsinne hab ich dir bei unserem ersten Treffen den Arsch gerettet, weil du verbotenerweise in einem Mädchenwohnheim warst! Also wer soll hier keinen Mist bauen?“, konterte sie und drückte ihn dann, obwohl es ihr schwer fiel, von sich weg. „Und jetzt geh endlich!“

„Ok, wir sehen uns!“ sagte er ein letztes Mal, doch Sam hatte sich bereits umgedreht und war die ersten Stufen zu der Haustür emporgestiegen. Erst als sie das Knallen einer Autotür vernahm, drehte sie sich kurz um und winkte den wegfahrenden Freunden. Carly. War dies nun ein Abschied für immer gewesen, oder würden sie sich jemals wieder sehen?

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„Du tust ja grad so, als würdest du sie für Wochen nicht mehr sehen!“, sagte Carly und sah dabei lächelnd zu ihrem Bruder hinüber, der die letzten fünfzehn Minuten, die sie bereits im Auto saßen, seine Lippen aufeinander gepresst und nachgedacht hatte. Bei diesen Worten jedoch, blickte er kurz skeptisch zu ihr hinüber und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst!“, sagte er einige Sekunden später wohl bedacht und wechselte dann die Spur.

„Bitte, halt mich jetzt ja nicht für bescheuert junger Mann! Ich seh doch wie du sie immer ansiehst!“, erklärte Carly nebensächlich. Sie hatte beschlossen diese Fahrt zu nutzen um mit Kyle darüber zu sprechen, was zwischen ihm und Sam vor sich ging, denn schließlich war sie nicht auf den Kopf gefallen. Sie wusste ganz genau, dass sich zwischen den beiden seit ihrer Ankunft in Hiltons etwas ganz gravierendes verändert hatte.

„Ernsthaft! Ich tu nicht so, als würde ich sie wochenlang nicht sehen können! Es ist nun mal so, dass wir in den letzten Wochen so viel Zeit miteinander verbracht haben, dass ich es gerade ein wenig seltsam finde, sie alleine zurück zu lassen!“, sagte Kyle und setzte erneut den Blinker, um auf die ursprüngliche Spur zurück zu kehren.

„Warum hast du sie dann nicht einfach gefragt, ob sie mitkommen will?“, fragte Carly ihn und sah dabei konzentriert auf ihre Fingernägel. Sie durfte sich nur nicht anmerken lassen, wie wichtig ihr dieses Thema war. Wenn er dies wüsste, so würde er kein Wort mehr sagen, so gut kannte sie ihn!

„Wieso sollte ich? Es ist ja nicht so, dass wir zusammen sind oder etwas in die Richtung!“, sagte Kyle und Carly hörte dabei den genervten Unterton klar heraus.

„Ach so, seid ihr nicht? Und weswegen schleichst du schon seit Tagen in ihre Wohnung und wieder heraus?“, fragte sie genauso nebensächlich wie alle anderen Dinge zuvor. Doch diese Frage war zu viel gewesen, denn jetzt verschloss sich Kyle ihr „Das geht dich gar nichts an, Carly. Hör auf dich in meine Angelegenheiten einzumischen! Du kennst Sam gar nicht wirklich und auch über mich weißt du bei weitem nicht alles. Ich frage dich doch auch nicht, ob du wieder mal mit Alex in die Kiste gestiegen bist, oder?“ Das hatte gesessen. Carly blickte schockiert zu ihm auf.

„Kyle, das war unter der Gürtellinie!“, sagte sie enttäuscht und merkte ein weiteres Mal, wie schwer es Kyle fiel, über sich und seine Probleme zu sprechen. Carly wusste doch ganz genau, dass Kyle mehr für Sam empfand, doch sie würde sich nicht weiterhin von ihm verletzen lassen. Alex in diese Sache mit rein zu bringen, war unfair von ihm gewesen. Als sie sich damals auf Alex eingelassen hatte, war sie noch naiv und dumm gewesen. Er hatte ihr die Welt versprochen und sie alleine zurück gelassen. Kyle wusste das und dennoch hatte er diese Tatsache benutzt um seine Schwester zum Schweigen zu bringen.

„Sorry, du hast Recht. Das war nicht in Ordnung von mir!“, hörte sie Kyle neben sich sagen, doch sie reagierte nicht darauf. Was war nur mit ihm geschehen, dass er so kalt geworden war? Sie hatten dasselbe Leben durchlebt und trotzdem glaubte sie, dass etwas an ihm nagte, wovon sie keine Ahnung hatte. Ihr armer Bruder. Wenn er nicht bald seine Einstellung änderte, würde er wahrscheinlich auf diesem Weg hängen bleiben und am Ende, ganz alleine dastehen.

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Sie kamen einige Stunden später vor ihrem Haus in Wilmington, North Carolina, an und als Kyle den Motor abstellte, atmeten beide ersteinmal tief durch, bevor sie die Türen öffneten. Kyle sah stumm auf das Haus, in welchem er groß geworden war. In welchem er soviel gutes, jedoch auch schlechtes erlebt hatte. Er wusste nicht warum, doch er hatte sich sehr entfremdet in den letzten paar Wochen. Er hatte dieses Haus immer als sein Heim gesehen, doch seine Ansicht hatte sich geändert und mittlerweile hatte er das Gefühl, nur in Hiltons wirklich daheim zu sein. Sein Herz raste. Wie würde er seine Mutter vorfinden?

Carly hatte ihn vorgestern angerufen gehabt und ihm mitgeteilt, man habe ihre Mutter erneut festgenommen. Sie habe sich in einem Unterwäscheladen furchtbar darüber empört, dass man ihr unterstelle, sie hätte etwas geklaut nur um später festzustellen, dass sie vier Lagen Unterwäsche übereinander gezogen hatte. „Für die armen Frauen, die sich so etwas nicht leisten können!“, hatte sie dem Polizeibeamten zugemurmelt und sich dann, ohne große Umschweife, ins Revier bringen lassen, wo sie eine Nacht verbracht hatte. Die Polizeibeamten von Wilmington kannten seine Mutter mittlerweile sehr gut und behielten sie in der Regel erstmal eine Nacht dort, damit sie sich beruhigen konnte, bevor sie sie wieder entließen. Vorher benachrichtigten sie jedoch immer Carly oder Kyle, je nachdem wen sie erwischten.

 Carly war von hier geflohen und Kyle konnte nur zu gut verstehen, warum sie das getan hatte. Sie mussten endlich eine Entscheidung treffen. Carly konnte nicht ewig ihr Leben auf den Kopf stellen, um sich um ihre Mutter zu kümmern. Irgendwas mussten sie tun, das war Kyle klar, doch er wollte seiner Mutter keinesfalls das Gefühl vermitteln, er wolle sie abschieben. Er wollte doch nur das Beste für sie!

„Gehen wir rein?“, fragte Carly, die den schlafenden Jamie auf den Armen trug und besorgt auf das Haus blickte. Kyle nickte lediglich, bevor er sich in Bewegung setzte. Bevor er die Haustür aufschloss, straffte er seine Schultern noch einmal und atmete tief ein und aus. Er war der Liebling seiner Mutter. Das wusste er selber ganz genau. Doch er war nur deswegen ihr Liebling, weil er sie so sehr an seinen Vater erinnerte. Seinen Vater, der sich einfach aus dem Staub gemacht hatte.

Die Tür ging ein wenig ächzend auf und Kyle sah in das leer erscheinende Haus.

„MOM??“, rief er in die Stille und trat dann in den Gang hinein. Unter seinen Füßen ächzte das Holz. „MOOOM??“, rief er erneut und bemerkte, wie hinter ihm Carly in das Haus trat. Sie ging schnurstracks die große Treppe, die sich direkt vor ihnen erstreckte nach oben, um Jamie ins Bett legen zu können. Kyle sah ihr kurz hinterher, bevor er ein fröhliches Summen aus der Küche vernahm und sich aufmachte, um sich seiner Mutter entgegen zu stellen. Er ging den Gang entlang bis zum Anschlag, wo er die vertraute Schwingtür vor sich fand, die er leicht andrückte um in den Raum spähen zu können.

Seine Mutter wirbelte in einem blauweiß gepunkteten Kleid durch die Küche und Summte dabei irgendein Lied mit, welches durch ihre Kopfhörer dröhnte. Ein, zwei Mal tänzelte sie beschwingt im Kreis, bevor sie sich wieder auf das konzentrierte, was vor ihr lag. Der Apfelkuchen, bei dem er einmal gesagt hatte, er wäre das Beste, was er jemals in seinem Leben gegessen habe. Dies war bereits über zehn Jahre her und dennoch backte seine Mutter ihn jedes Mal, wenn er kam. Er brachte es einfach nicht übers Herz ihr mitzuteilen, dass er mittlerweile gar nicht mehr so auf Apfelkuchen abfuhr.

„Ach Mom…“, murmelte er und schritt in die Küche, wo er versuchte auf sich aufmerksam zu machen. Seine Mutter jedoch, war so in die Musik und das Backen vertieft, dass sie ihn nicht wahrnahm. So hatte er aber die Möglichkeit, sich seine Mutter etwas genauer anzusehen. Als er ein Kind gewesen war, hatte er die ständig wechselnden Launen seiner Mutter als Abenteuer gesehen. Jeden Tag war es eine Überraschung, jeden Tag forderte es eine Umstellung seiner selbst. Früher hatte er nicht gewusst, weshalb seine Mutter immer wieder, für ein paar Wochen, verschwand. Sein Vater hatte ihm immer erklärt, dass Mommy Urlaub machen würde. Erst Jahre später war ihm klar geworden, dass seine Mom in regelmäßigen Abständen in Kliniken eingeliefert worden war.

Die Psychische Störung, hatte sie bereits einen Großteil ihres Lebens begleitet. Sogar als sie Dad kennengelernt hatte, war sie bereits vorhanden gewesen. Vielleicht machte er ihm auch deswegen so große Vorwürfe, dass er einfach gegangen war. Dass er sie im Stich gelassen hatte. Er hatte vorher schon gewusst, worauf er sich einließ und dennoch hatte er seine Sachen gepackt und war auf Nimmerwiedersehen verschwunden.  Danach, war es mit seiner Mutter nur noch schlimmer geworden. Die Angst davor, noch mehr Familienmitglieder zu verlieren hatte sie dazu getrieben, Kyle vollkommen zu verziehen. Sie hatte ihn beinahe erdrückt mit ihrer Liebe, während Carly unter den Tisch fiel. Carly war das schwarze Schaf der Familie gewesen. Eigentlich ja ihr gemeinsamer Vater, doch es entsprach einer unausgesprochenen Regel, dass sein Name nie wieder in diesem Haus genannt werden würde.

Da seine Mutter nicht im Stande gewesen war, sich um Carly zu sorgen, hatte er diese Aufgabe übernommen und mit ihr, viele weitere, die sein Vater ihm hinterlassen hatte. Er hatte seiner Mutter oft zugehört, wie sie darüber sinnierte, welche Schweine Männer doch seien, dabei eifrig genickt und ihr zugestimmt und gleichzeitig das Essen für Carly vorbereitet, die immer sehr spät erst nach Hause gekommen war, da sie in unterschiedlichsten Vereinen und Freizeitgruppen war. Soviel hatte seine Mutter zumindest für sie getan. Sie hatte ihr alles ermöglicht, nur nicht in Liebe aufzuwachsen. Davon hatte er hingegen genug bekommen. Die Angst, seine Mutter oder andere Frauen so sehr zu enttäuschen, wie es sein Vater einst getan hatte, wuchs stetig an in seinem Inneren und so war er, nach dem Vorfall mit 16 Jahren, zu dem Entschluss gekommen, niemanden zu sehr an sich heran zu lassen. Dadurch konnte man ihm nicht weh tun, was jedoch noch wichtiger war, dadurch konnte er niemandem einen tiefgreifenden Schmerz zufügen. Diese ganzen Dinge hatten ihn geprägt, hatten ihn zu dem gemacht was er heute war. Nur in den letzten paar Wochen hatte er ab und an mal darüber nachgedacht, ob es nicht vielleicht doch möglich wäre, sich jemandem zu öffnen.

Diesen Gedanken konnte er jedoch nicht mehr fortführen, denn seine Mutter suchte sich diesen Moment aus, um ihn endlich zu entdecken. Sie ließ einen fröhlich klingenden Laut aus und stürmte mit offenen Armen auf Kyle zu. Er überragte sie mittlerweile um etwas mehr als einen Kopf, dennoch rissen ihn ihre Arme nach unten und sperrten ihn ein.

„Hey Mom. Ich hab nach dir gerufen! Alles klar bei dir?“, fragte er sie, während er sich immer noch in ihrer Klammerhaften Umarmung befand.

„Mein Junge. So lange ist es her, dass du bei uns warst. Du solltest dich schämen!“, sagte sie gespielt empört, lächelte dabei jedoch breit und stieß ihn ruckartig von sich, nur um zu sagen „Lass dich ansehen!“. Sie musterte ihn glücklich und meinte, er müsse wohl in der letzten Zeit zu wenig gegessen haben, denn er habe abgenommen. Außerdem sehe er ein wenig müde aus, was Kyle jedoch auf die Fahrt schob. Er wusste, er müsste seine Mutter gleich darauf ansprechen, was geschehen war, doch er wollte ihr diesen glücklichen Moment einfach nicht ruinieren. Seine Schwester hingegen dachte da anders, denn keine fünf Minuten später betrat Carly die Küche, setzte sich an den Tresen und sah ihre Mutter eindringlich an.

„Mom, was war schon wieder los? Du wurdest schon wieder festgenommen!“, man hörte Carlys Stimme an, wie müde sie selber war.

„Ach Papperlapapp. Die haben ein riesen Theater um gar nichts gemacht!“, sagte ihre Mutter und tat das ganze mit einer zusätzlichen, wegwischenden Handbewegung ab.

„So ein Blödsinn. Sie haben dich beim klauen erwischt Mom. Dafür kannst du in anderen Ländern gehängt werden!“, sagte Carly, weil sie ihrer Mutter begreiflich machen wollte, dass das etwas ernsthaftes war.

„Junge Dame! Ich lasse mich nicht von dir blöd von der Seite anreden. Hab ein wenig Respekt!“, sagte ihre Mutter und stemmte die Arme in die Hüften. Carly war es gewohnt, dass sie so mit ihr sprach, Kyle hingegen war geschockt von dem Ton den seine Mutter seiner Schwester gegenüber angeschlagen hatte.

„Mom, ruhig! Carly hat doch Recht. Du kannst nicht einfach so in irgendwelche Geschäfte spazieren und Unterwäsche klauen!“, erklärte Kyle und war sich des, eigentlich lächerlich erscheinenden Inhalts, durchaus bewusst. Wäre diese Lage nicht so ernst, würde er vielleicht sogar darüber lachen. Die Augen seiner Mutter richteten sich auf ihn und just in diesem Moment spürte man, wie ihr Blick weich wurde.

„Aber mein Schatz, ich wollte doch nur den Armen helfen!“, sagte sie und ließ sich dann atemlos auf einen Stuhl niederfallen. Kyle sprang auf, weil er Angst hatte, sie würde aufgrund der Kritik, einen Schwächanfall erleiden doch nichts dergleichen geschah.

„Das ist mir bewusst, doch trotzdem kannst du nicht einfach etwas klauen. Wenn du helfen willst, musst du es bezahlen aber nicht einfach mitnehmen!“, erklärte er ihr und fühlte sich, wie die Kindergärtnerin seines Neffen Jamie, wenn sie ihren Schützlingen erklärte was gut und was schlecht war.

„Aber ich hatte kein Geld dabei und die Teile waren so wunderschön…“, sagte seine Mutter und er sah, wie sich die Tränen in ihren Augen sammelten. Er wollte ihr am liebsten sagen, dass es in Ordnung sei. Dass doch eigentlich nichts passiert sei, doch konnte er dies nicht. Wegen diesem Vergehen und noch ein paar anderer die vorher bereits geschehen waren, zog man es in Betracht, Anklage gegen seine Mutter zu erheben. Sie würde freilich nicht für schuldig gesprochen werden, wegen ihrem Psychischen Zustand, doch konnte man sie zwingen, sich dauerhaft in eine Einrichtung zu begeben, in welcher sie unter ständiger Beobachtung stehen würde. Kyle wollte sich gar nicht erst ausmalen, wie es seiner Mutter dort ergehen würde. Der Polizist mit dem er telefoniert hatte, hatte ihm jedoch gesagt, dass, sollte seine Mutter sich freiwillig in eine solche therapeutische Wohneinrichtung begeben, von der Anklage abgesehen werden würde. Hop oder Top hießen die Möglichkeiten, doch beide waren nicht gerade berauschend.

Wie konnte er seiner Mutter nur begreiflich machen, dass sie sich endlich professionelle Hilfe suchen musste? Wie sollte er das schaffen, woran so viele Menschen vor ihm bereits gescheitert waren? Doch er musste sein bestes tun, denn er konnte nicht weiterhin von Carly erwarten, dass sie sich um ihre Mutter kümmerte, während sie so wenig Wertschätzung von dieser bekam. Außerdem erschien es Kyle, als würde sie immer unberechenbarer werden. Es tat weh sich eingestehen zu müssen, dass die eigene Mutter nicht gesund war, doch dieser Tag lag bereits einige Jahre zurück. Noch mehr würde es schmerzen seiner Mom begreiflich zu machen, dass sie ihr selbstbestimmtes Leben erst einmal aufgeben musste. Das, oder man zwang sie dazu. Doch auch dieser Tag würde irgendwann einige Jahre zurück liegen.

„Ok, lass uns das Thema für heute beenden. Ich bin hundemüde und würde gerne ins Bett fallen. Wie wäre es, wenn wir den morgigen Tag einfach zusammen verbringen und dann darüber sprechen?“, sagte Kyle, weil ihm in diesem Moment die Kraft und Energie fehlte, mit seiner Mutter zu diskutieren. Seine Mutter schien offenbar einverstanden zu sein, denn ihr Gesichtsausdruck erhellte sich schlagartig.

„Oh ja, das fände ich schön!“, sagte sie mit im Schoß verschränkten Händen und blickte zu Kyle hinauf als wäre er der Fels in der Brandung. Ihr Anker, ihr Rettungsring. Er wollte keine solch gewichtige Aufgabe inne haben, doch er konnte es nicht ändern.

„Carly, begleitest du mich nach oben?“, fragte Kyle seine Schwester, welche, glücklich über die Fluchtmöglichkeit, sofort aufsprang. Bevor beide jedoch die Küche verlassen konnten, sagte seine Mutter in scharfem Ton „Carly, sorg dafür, dass Kyle frische Bettwäsche bekommt und leg ihm ein paar Handtücher heraus!“, dann drehte sich seine Mutter um und machte sich daran, den Apfelkuchen fertig zu bekommen. Den würde es dann wohl morgen zum Frühstück geben. Kyle erschrak erneut über die Forschheit seiner Mutter Carly gegenüber doch als er zu ihr hinab blickte, hatte sie ihn bereits im Blick.

„Wag es ja nicht mich jetzt mitleidig zu betrachten Kyle. Ich mache das schon seit Jahren durch, also sei jetzt einfach ruhig!“, und schon machte sie sich daran, den Gang entlang zu spazieren und kurz darauf die Treppe empor zu steigen.

Kyle wusste nicht, was er dazu noch sagen sollte und so ertappte er Carly dabei, wie sie tatsächlich sein Bett für ihn bezog, als er in sein altes Zimmer spaziert kam.

„Carly, das musst du wirklich nicht machen!“, erklärte er ihr und ging auf sie zu, um ihr die Decke aus der Hand zu nehmen doch sie zog sich von ihm zurück.

„Ich mache das wirklich gerne, ok? Außerdem ist es einfacher Moms Befehlen Folge zu leisten, als sich dagegen zu wehren. Du weißt selber, dass man mit ihr nicht diskutieren kann! Also lass mich das schnell fertig machen, dann lass ich dich auch schon in Ruhe!“, entgegnete Carly und legte die Decke auf einen Stuhl, um das Bettlaken wechseln zu können.

Kyle sah seiner Schwester zu, wie sie mit geschickten Handbewegungen innerhalb von nur ein paar Sekunden das neue Bettlaken auf dem Bett ausbreitete und auch kurz darauf gleich festmachte. Seine Schwester hatte sich eindeutig verändert. In Hiltons, war ihm das kaum aufgefallen doch jetzt, hier in ihrem Haus in dem sie aufgewachsen waren, merkte er es umso mehr. Er setzte sich auf den Stuhl an seinem Schreibtisch und betrachtete die Bilder, die ringsherum aufgehängt und verteilt waren. Eines sprang ihm ganz besonders ins Auge, neben denen von seinen Freunden, von seinen Freundinnen und Mannschaftskollegen aus der High School. Es war ein Familienfoto, welches er einst hinter den anderen versteckt hatte, weil er es nicht ertragen hatte, es ständig zu betrachten. Es wegzuschmeißen, hatte er nicht übers Herz gebracht.

Er zog es hinter den anderen hervor und betrachtete es genauer.

Ein großer blonder und starker Mann, hielt seine Hände schützend über die Schultern zweier Kinder, die ebenso blond geraten waren wie er selber. Er lächelte. Wenn Kyle es nicht besser wüsste, dann hätte er gesagt, dass sein Vater so aussah, als würde er die Stärke in seiner Familie darstellen, doch keine fünf Jahre, nachdem dieses Foto gemacht worden war, war sein Vater abgehauen und hatte seither nichts mehr von sich hören lassen.

„So, ich bin fertig. Ich geh mich jetzt hinlegen! Das solltest du übrigens auch machen, denn wir haben einen anstrengenden Tag vor uns!“, sagte Carly hinter ihm, wartete jedoch seine Antwort nicht mehr ab und ging stattdessen leichtfüßig aus dem Zimmer.

Seine Familie war ihm einst wie ein sicherer Hafen vorgekommen, doch jetzt, Jahre später erkannte er, was sie tatsächlich darstellte.

Eine Art Flickenteppich, nicht mehr vollständig. Jeder hatte seine eigenen Probleme und war damit beschäftigt diese zu lösen oder auszubaden. Er hatte einst vor Jahren einen Entschluss gefasst, niemals jemanden so zu verletzen, wie sein Vater es einst bei ihnen getan hatte. Das bedeutete jedoch, dass er all diejenigen denen er am Herzen lag auf Abstand halten musste. Diesen Entschluss hatte er damals gefasst, als seine Mutter ihm immer wieder gesagt hatte, wie sehr er sie doch an seinen Vater erinnerte. Eines Tages hatte sie als Zusatz hinzugefügt „Du bist genauso wie dein Vater mein Liebling. Aber ich bin mir sicher, dass du niemals jemanden so im Stich lassen wirst wie er!!“

Das hatte ihn stark unter Druck gesetzt und nachdem kurz darauf die Sache mit Carol geschehen war, hatte er sich diesen Panzer zugelegt. Er hatte viele Frauen verletzt, ja, aber diese Verletzungen waren alle nur sehr kurzer Natur gewesen, denn keine von ihnen war wirklich auf seine Liebe aus gewesen. Nein, er hatte ihnen immer genau gesagt, was er von ihnen wollte. Manche hatten sich zwar die Hoffnung gemacht, dass genau SIE diejenige sein sollte, die ihn von dieser Ansicht abbringen konnte, doch keine hatte es geschafft. Bis jetzt.

Mit einem Mal, schweiften seine Gedanken zu Sam. Sie schien dasselbe zu wollen wie er. Sie hatten darüber gesprochen und sich darauf geeinigt. Sie führten keine Beziehung oder etwas in der Art, sondern sie waren befreundet und schliefen zusätzlich miteinander. Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm bereits zu diesem Zeitpunkt, dass dies nicht ewig so laufen konnte, doch alleine die Vorstellung, Sam nicht mehr berühren oder ihrer Nähe sein zu können, machte ihm solche Angst, dass er jedes Mal, wenn seine Gedanken in die Richtung abschweiften, den Kopf schüttelte und sich ablenkte. Doch dieses Mal versuchte er sich für kurze Zeit damit auseinander zu setzen und kam schlussendlich zu folgendem Ergebnis: Solange zwischen ihm und Sam auf diese Art und Weise alles rund lief, brauchte er sich keine Sorgen zu machen. Die sollte er sich erst in dem Moment machen, in welchem einer von beiden nicht mehr das gleiche wollte wie der andere. Und er befürchtete, dass dieser eine nicht Sam sein würde. 

45. Kapitel: „Und? Hast du dich in ihn verliebt?…“

Nachdem Kyle und Carly gefahren waren, stand Sam jetzt orientierungslos in ihrer Wohnung und wusste nicht so Recht, was sie mit dem angebrochenen Tag anfangen sollte. Normalerweise hätte sie sich an ihre Abschlussarbeit gesetzt doch dazu fehlte ihr im Moment die Lust. Es war wirklich seltsam zu wissen, dass niemand einfach so an ihre Tür klopfen und sich ungebeten einladen würde. Auch war es seltsam zu wissen, dass sie vorerst nicht Kyles Nähe genießen konnte, und wenn es auch nur darum ging einen Film gemeinsam anzusehen. Sie stellte erschrocken fest, wie abhängig sie bereits von Kyle war und fragte sich, ob dies wirklich eine solch gute Idee war. Schließlich kannte sie ihn und noch dazu kannte sie vor allem sich selber.

Sie wusste, dass es früher oder später mit den beiden enden würde, sie war ja schließlich nicht bescheuert. Warum also, brachten sie drei läppische Tage dazu, so niedergeschlagen zu sein? Was würde sie tun, wenn sie tatsächlich einmal wegziehen würde? Wenn sie Kyle wenn überhaupt, nur noch am Telefon erwischen würde?

Um sich darüber Gedanken zu machen, war es ihrer Ansicht nach jedoch definitiv noch zu früh und so begann sie, einfach um die Zeit tot zu schlagen damit, ihre Wohnung auf Vordermann zu bringen. Sie stellte fest, dass es schon Ewigkeiten her war, dass sie einmal Staub gewischt hatte oder ähnliches.

Durch die häufigen Besuche der Jungs sah es wirklich schlimm aus, denn diese sahen nicht ein, warum man Untersetzer für die Bierflaschen benutzen sollte, oder warum man nicht einfach so Chips auf der Couch essen sollte, ohne die Schüssel als Abfangschutz zu benutzen. Sie hatte irgendwann aufgegeben, diese Dinge anzumerken und musste jetzt, da sie die Polster der Couch anhob um darunter Staub zu saugen, die Rechnung dafür bezahlen. Sie hatte noch niemals ein solch verdrecktes Sofa gesehen und dennoch, machte sich auf ihrem Gesicht ein Lächeln breit, als sie die Chipskrümel darunter entdeckte. Diese erinnerten sie daran, dass sie in den letzten Wochen Menschen kennengelernt hatte, die ihre Zeit gerne mit ihr verbrachten. Die zu ihr hielten und die sie so akzeptierten wie sie nun einmal war.

Als das Telefon klingelte, ließ sie die Polster neben der Couch liegen und stürmte auf dieses zu.

„Hallo?“, sagte sie in den Hörer und wanderte gleichzeitig in die Küche, wo sie sich ein Glas Wasser einschenkte.

„Hey Sam. Du ich hätte eine Attacke auf dich vor. Du weißt ja, da steht so eine Sache an, bei der Henry eine wichtige Rolle spielt…“

„Du meinst deine Hochzeit, Janine?“, unterbrach sie Sam und lehnte sich gegen die Küchenzeile.

Janine räusperte sich kurz.

„Ja, genau das meine ich!“, bei diesem Satz schüttelte Sam lächelnd den Kopf.

„Janine, was ist los?“, fragte sie sie ohne Umschweife und nahm den Hörer in die andere Hand.

„Ok, also du weißt ja, nach der Hochzeit folgt die Hochzeitsnacht. Ich würde mich heute gerne auf den Weg machen und was schickes dafür kaufen! Hast du Zeit, dass wir die Innenstadt heute unsicher machen?“ Sam fragte sich, warum Janine plötzlich so schüchtern klang. Normalerweise hatte ihre Freundin keinerlei Probleme lang und breit über das Sexleben der beiden zu sprechen. Oftmals hatte Sam sich die Ohren zuhalten müssen, um ihrer Freundin zu signalisieren, dass sie das genau genommen nichts anging!

„Ja klar, ich hab eh nichts anderes vor. Naja, später ist noch Training, aber das ist bestimmt nicht weiter schlimm, wenn ich da mal nicht auftauche. Kyle ist sowieso nicht da, also von dem her…“, im gleichen Moment in welchem die Worte aus ihrem Mund kamen, hätte sich Sam am liebsten auf die Zunge gebissen und sie wieder zurück genommen, doch Janine war bereits hellhörig geworden.

„Wieso wo ist Kyle denn?“, fragte sie neugierig und wartete ab, bis Sam ihr Rede und Antwort stand.

„Nun ja, irgendwas ist wohl mit seiner Mom los und so ist er mit Carly zusammen nach Wilmington, seine Heimatstadt gefahren, um nach ihr zu sehen oder so ähnlich!“, erklärte Sam und hoffte, dass Janine nicht weiter nachbohren würde.

„Ach ja ich verstehe. Und wenn Kyle nicht da ist, lohnt es sich natürlich auch überhaupt nicht, zum Training zu gehen. Laufen ja nur 19 weitere heiße Typen auf dem Platz umher. Aber klar, was sollten die dich auch interessieren…“, sagte ihre Freundin so beiläufig wie möglich. Sam wusste genau, dass Janine sie gerade in eine Falle locken wollte und so ging sie gar nicht weiter darauf ein.

„Wie auch immer, wann wollen wir uns treffen?“, fragte sie stattdessen. Auf der anderen Seite der Leitung hörte sie einen resignierten Seufzer gefolgt von einigen Sekunden Stille.

„Warum machst du es mir nur so schwer Sam? Du weißt, dass ich neugierig bin, aber du erzählst ja gar nichts mehr von dir und Kyle!“, hörte Sam Janine traurig von sich geben. Janine hatte Recht. Sam hatte es vermieden mit irgendjemandem über Kyle zu sprechen. Dies aber auch nur, weil sie selbst nicht wusste, was das zwischen ihnen beiden eigentlich war. Wie sollte sie es dann Janine erklären?

„Ok, also wie wäre es, wenn ich dich in einer halben Stunde zuhause abhole?“, erkundigte sich Janine und gab das Thema offensichtlich, zumindest vorerst, auf.

„Das geht klar. Ich mach mich schnell fertig, dann können wir auch schon los!“, erwiderte Sam und verabschiedete sich kurz darauf von ihrer Freundin. Dreißig Minuten später, stand sie auch schon vor dem Haus, an derselben Stelle, an der sie sich von Kyle verabschiedet hatte und beobachtete Janine, wie sie angebraust kam.

„Hey!“, sagte Sam, als sie einstieg und sich anschnallte. Kurz darauf, drückte Janine auf das Gaspedal und fuhr los.

„Selber hey!“, erwiderte ihre Freundin.

„Ich hab gedacht, wir schauen mal bei Dotties Hottnes rein. Die haben dort eigentlich immer eine klasse Auswahl!“, sagte Janine ohne Sam dabei anzusehen, da sie sich auf den Verkehr konzentrieren musste.

„Klar, warum nicht.“, erwiderte Sam achselzuckend und sah dann aus dem Seitenfenster hinaus.

„Vorher könnten wir aber vielleicht irgendwo noch was Frühstücken. Ich hatte keine Lust alleine am Tisch zu sitzen.“, sagte Janine und bog kurz darauf rechts ab.

„Ist Henry mal wieder unterwegs?“, fragte Sam, weil sie den etwas genervten Unterton durchaus mitbekommen hatte.

„Ja, gestern haben sie angerufen, dass er dringend für zwei Tage nach Nashville muss, weil er dort unbedingt an einer Sitzung teilnehmen muss. Also hieß es, sofort packen und zum Flughafen fahren. Eigentlich hatten wir geplant, einen schönen kuschligen Abend zuhause zu verbringen, aber nun ja, was soll man machen?“, sagte Janine und blickte sich in der Gegend um.

„Was hältst du vom Coogars? Dort gibt es das beste Frühstück der Stadt!“

„Meinetwegen…“, antwortete Sam und fügte dann hinzu „Du weißt aber, dass Henry nichts dafür kann, oder? Ich meine, er ist bestimmt auch nicht scharf darauf, ständig unterwegs zu sein.“

„Ja, natürlich weiß ich das. Aber er muss auch irgendwann Prioritäten setzen. Am Ende fliegt er noch an unserem Hochzeitstag weg, weil sein Chef das von ihm verlangt!“, sagte Janine, parkte am Seitenrand und schnallte sich anschließend ab. Sie packte sich von der Rückbank ihre Tasche und blickte sich dann kurz um, ob sie die Tür gefahrenlos öffnen konnte. Sam tat es ihr gleich und kurz darauf standen sie auf der Straße die quer durch Hiltons führte und ziemlich stark befahren war.

Sie betraten gemeinsam das Coogars, das einen typisch amerikanischen Diners Touch hatte und einen somit sofort dazu verleitete, sich wohl zu fühlen. Eine Kellnerin kam und führte sie zu einem Platz. Anschließend reichte sie den beiden jeweils eine Karte und ging wieder.

Schweigend betrachteten beide die Angebote der Karte. Sam hatte eigentlich gar keinen Hunger und langsam aber sicher, beschlich sie das Gefühl, dass Janine das Shoppen nur als Vorwand genutzt hatte, um Sam in die Finger zu bekommen. Doch was könnte sie von ihr wollen? Sam beschloss, sie einfach zu fragen.

„Janine, was ist eigentlich wirklich los? Du verhältst dich irgendwie ein wenig seltsam…“, meinte Sam und sah ihrer Freundin zu, wie sie die Karte noch näher ans Gesicht führte, um Sams Blick auszuweichen. Diese griff jedoch nach vorne und zog ihr die Karte vor dem Gesicht weg. Danach stellte sie besagte Frage erneut.

Janine ließ einen Seufzer entfahren und legte die Karte schließlich auf dem Tisch ab.

„Also gut. Die Hochzeit ist in zwei Monaten. Du bist meine Trauzeugin und oberste Brautjungfer und was weiß ich noch alles, da sind wir uns ja einig, oder?“, Sam nickte ein wenig verwirrt. Natürlich war sie das, was denn auch sonst? Worauf wollte Janine also hinaus?

„Also, du kennst ja meine Mom, nicht?“, gab Janine vorsichtig von sich. Dabei versteifte sich Sam sofort. Natürlich kannte sie Janines Mom. Mrs. Gellar war eine der gefürchtetsten Frauen ihrer Heimatstadt. Sie war eine Perfektionistin, sie war ein Tyrann und sie war verdammt nochmal Richterin und wusste somit immer und überall über jeden Bescheid.

Sam schluckte. „Ja, die kenne ich nur zu gut. Du vergisst, dass wir bereits auf der High School befreundet waren? Ich habe meine Besuche in deinem Haus auch heute noch vor Augen…“, erneut schluckte Sam schwer. Wenn Janine ihre Mutter mit ins Spiel brachte, dann musste es ernster sein, als sie bisher gedacht hatte.

„Ok, also meine Mom ist der Ansicht, dass du als Trauzeugin nicht alleine auf der Hochzeit auftauchen darfst. Sie hat es ziemlich so formuliert ‚Janine, Liebes. Deine Freundin, Sam, wird doch wohl nicht etwa als….nun ja….Alleistehende auftauchen, oder etwa doch?‘ Ich habe drauf zuerst nichts geantwortet, aber du kennst sie ja, sie kann dir sogar aus einem Schweigen einen Strick drehen. Jedenfalls meinte sie, solltest du keinen passenden Begleiter haben, würde sie einen jungen Mann kennen, der bei ihnen im Gericht arbeitet. Sie denkt, dass dieser perfekt zu dir passen würde, nun ja, weil, also…naja, sagen wir es mal so, er kommt aus gutem Hause!“, erklärte Janine. Sams Augen hatten sich immer mehr verengt. Sie kannte sämtliche Familien aus ihrem Heimatort, also was wollte ihr Janine damit sagen?

„Wer ist es, Janine?“

„Nun ja, es ist wohl Billy…“, sagte Janine und blickte verlegen auf den Tisch.

„Sie hat es sogar schon geschafft Henry dazu zu bringen, ihn zu seinen Trauzeugen zu zählen. Sie meinte, das würde einen guten Eindruck machen, da ihr beiden doch zusammen dort hin geht…“

Sam riss die Augen auf und stand auf, während sie sich mit den Händen am Tisch abstützte.

„Aber ich habe doch gar nicht gesagt, dass ich mit diesem Wiederling hingehe! Janine, Billy hat früher seinen Popel gegessen!! Ich kann doch nicht mit diesem Typen zu eurer Hochzeit gehen! Ich will überhaupt nicht gezwungen sein, in Begleitung dort aufzutauchen!“, Sam war außer sich. Sie konnte Billy noch niemals ausstehen!

„Sam, es tut mir wirklich, wirklich leid. Aber du weißt ja, wie überzeugend meine Mom sein kann! Sie meinte, es spreche ja nichts dagegen, da du dich ja sowieso nach wie vor in keiner Beziehung befinden würdest…“

„Janine!! Du hättest einfach NEIN sagen sollen! Beziehung hin oder her, aber eine Begleitperson hätte ich so oder so finden können, wenn deine Mutter so erpicht darauf ist! Aber bitte doch nicht Billy…“, resigniert ließ sie sich wieder auf ihren Stuhl sinken und legte die Hände vor die Augen.

„Wieso lässt sich Billy überhaupt zu so einem Unfug überreden??“, fragte sie verzweifelt. Doch Janine musste ihr diese Frage gar nicht beantworten. Natürlich kannte sie Mrs. Gellar und wusste, wie beherrschend sie sein konnte. Wenn diese Frau sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie ihr Ziel auch erreichen!

„Warum hast du ihr nicht einfach gesagt, dass ich mich in einer Beziehung befinde Janine? Du könntest doch zumindest ein einziges Mal für mich lügen, oder etwa nicht?“, fragte Sam sie jetzt.

„Nun, das habe ich ja auch versucht, nur hat meine Mom ganz genau heraus gehört, dass ich lüge. Ich meine, faktisch gesehen, wenn du ihr sagst, dass du mit Kyle zusammen bist, dann glaube ich, könntest du da noch mal raus kommen…“

Sam riss ihren Blick nach oben.

„Mit Kyle? Wieso mit Kyle? Ich könnte genauso gut sagen, dass ich  mit Goalie zusammen bin. Oder Simmons! Ja genau, Simmons würde bei solch einem Unfug bestimmt mitmachen!“, erklärte Sam doch Janine kniff bei diesen Worten die Augen zusammen.

„Also bitte. Du und Kyle führt im Grunde genommen doch sowieso schon eine Beziehung! Ihr hängt die ganze Zeit miteinander ab und außerdem, streite es jetzt ja nicht ab, bin ich mir ziemlich sicher, dass ihr auch miteinander ins Bett steigt!“, sagte Janine frei heraus und brachte Sam so dazu, sich an dem Schluck Wasser, den sie gerade genommen hatte, zu verschlucken.

„Ich weiß wirklich nicht, wovon du da sprichst!“, meinte Sam etwas zu schnell.

„Wage es jetzt ja nicht, junge Dame, mich zu belügen. Ich bin doch nicht bescheuert! Ich habe natürlich gehofft, dass du von dir aus zu mir kommst, doch das hast du nicht getan. Also muss ich ja wohl oder übel von mir aus, dieses Thema ansprechen! Also, wie und wann ist es geschehen? Und seid ihr jetzt zusammen oder nicht?“

Janine sah so vollkommen ernst aus, dass Sam es nicht einmal ansatzweise in Betracht zog, es zu leugnen. Wofür auch? Janine wusste selber, dass man auch nur aus Lust und Laune, mit jemandem schlafen konnte, ohne dem ganzen zu viel Bedeutung beizumessen.

„Ok, ja es stimmt. Es ist passiert, nachdem wir aus Winfield zurück gekommen sind. Er stand einfach vor meiner Tür und, nun ja, ich weiß auch nicht. Ich glaub ich bin durchgedreht…“, jetzt da sie die Sache mit Janine besprach erkannte sie, wie gefährlich das Terrain, auf dem sie sich bewegten, tatsächlich war.

„Durchgedreht? Was meinst du damit? Mir war vorher schon klar, dass es früher oder später dazu kommen würde…“, sagte Janine und hatte die Augen vor Aufregung weit aufgerissen. „Jetzt erzähl schon weiter!!“ fügte sie im Anschluss hinzu.

Sam erzählte ihr die ganze Geschichte, das was in den letzten Tagen und Wochen geschehen war. Sie bemerkte, wie gut es tat, die ganzen Dinge einfach mal loszuwerden, sobald man einmal angefangen hatte damit und als sie beim heutigen Tag angelangte und somit auch am Ende der Geschichte, sah sie, wie Janine ihre Hände zusammenlegte, sich mit den Ellbogen am Tisch abstützte und anschließend das Gesicht träumerisch darauf platzierte.

„Also wenn ich dich nicht kennen würde, dann würde ich sagen, dass sich das alles direkt romantisch anhört!“, entgegnete sie schließlich und blickte Sam erwartungsvoll an.

„Und? Hast du dich in ihn verliebt??“, fragte sie Sam so direkt, dass diese sich erneut an ihrem Getränk verschluckte. Dieses mal etwas heftiger als zuvor. Verliebt? Sie?

Als sie sich schließlich beruhigt hatte, blickte sie ihre Freundin schockiert an.

„Sag mal, glaubst du ich bin Lebensmüde oder was? Ich hab mich doch nicht in Kyle verliebt! Wie kommst du überhaupt auf sowas? Wir verstehen uns super, ja. Außerdem ergänzen wir uns ganz gut, doch wir sind Freunde…“

„Ja, Freunde mit gewissen Vorzügen! Weißt du noch, wie der Film geendet hat? Sam, man kann nicht einfach so über einen längeren Zeitraum mit ein und derselben Person schlafen, ohne sich früher oder später auch Gefühlsmäßig hinzugeben! Nimm mich und Henry, wir sind das perfekte Beispiel dafür!“

„Bitte, bei euch beiden, habe ich von Anfang an gewusst, dass ihr füreinander bestimmt seid! Du verstehst das nicht, Kyle und ich sind uns da einig! Wir schlafen miteinander, ok, doch das geht nur so lange, bis er oder ich nicht mehr wollen. Oder bis ich wegziehe, oder bis ich jemanden gefunden habe, der besser zu mir passt…egal, wir kommen beide sehr gut zu Recht mit dieser Vereinbarung, also warum mehr hinein interpretieren als vorhanden ist?“

„Gehe ich also Recht in der Annahme, dass du Kyle NICHT mit zu der Hochzeit bringen wirst?“

„Das habe ich nicht gesagt. Ich kann ihn gerne mal fragen, schließlich verstehen sich Henry und Kyle auch sehr gut. Glaub mir, ich würde alles tun, um nicht mit Billy tanzen zu müssen!“, entgegnete Sam und blickte auf das Glas Wasser, welches die Kellnerin schon vor einiger Zeit hingestellt hatte. Das Wasser perlte an der Seite des Glases ab und rann den Weg, bis auf die Tischplatte hinab.

„Weißt du Janine, das genau ist der Grund gewesen, weshalb ich mit niemandem darüber sprechen wollte. Ich weiß selber, dass es schwierig ist zu verstehen, was Kyle und ich da genau treiben, aber das Wichtige ist doch: Es ist unsere Entscheidung! Keiner von uns beiden wird da zu viel hinein interpretieren, dafür sind wir vermutlich beide zu kaputt…“

Nein, sie hatte sich mit Sicherheit nicht in Kyle verliebt. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie sich überhaupt würde verlieben können. Vielleicht später einmal? Vielleicht, wenn sie jemanden kennenlernte, der unweigerlich perfekt zu ihr passte?

Janine, am anderen Ende des Tisches, hing ihren eigenen Gedanken hinterher und hatte die Antwort auf die Frage, die sich Sam gerade gestellt hatte. Für sie war nämlich eine Sache sicher: Sam Raven, würde nie wieder einen Mann finden, der besser zu ihr passte als es Kyle Thompson tat. Jetzt lautete nur noch die Frage, wie sie das ihrer Freundin begreiflich machen konnte.

46. Kapitel: „So wie mich euer Scheiß nichts angeht, so geht dich unserer nichts an…“

Am nächsten Morgen, wachte Kyle auf und spürte die Last die auf ihm lag. Wie sollte er seiner Mutter nur erklären, dass es für sie das Beste sei, sich in eine therapeutische Einrichtung zu begeben?

Er legte sich den Arm über die Augen und vermisste die Wärme eines Körpers neben ihm. Das wäre es gewesen, was er in diesem Moment brauchte, doch Sam war zu weit weg um diesen Wunsch verwirklich zu können. Stöhnend richtete er sich auf und setzte die Füße neben dem Bett auf den weichen, mit Teppich überzogenen, Fußboden ab. Die Nacht in seinem Jugendbett war anstrengend gewesen. Das Bett in seiner Wohnung war locker um die Hälfte breiter. Dort konnte er sich aubreiten. Dieses Bett hingegen war alt, knarrte wenn man sich darin bewegte und der Platz reichte gerade noch dafür aus, sich einmal umzudrehen. Tat man dies, so gelangte man bereits am anderen Enden an.

Nach über zwei Monaten wieder in seinem alten Zimmer zu sein, fühlte sich äußerst befremdlich an. Er hatte das Gefühl, sich längst von seinem alten Ich verabschiedet zu haben. Nicht nur von seinem „Looser-Ich“, sondern auch von seinem Playerdasein. Er war nicht mehr der Selbe wie vor drei Monaten, das war ihm klar.

Er blickte sich im Raum um und entdeckte Poster von bekannten Fußballspielern und Weltstars. Auf einer Kommode standen unterschiedliche Dinge, die er, als er ausgezogen war, nicht hatte wegschmeißen wollen. Erinnerungen an eine längst vergangene Zeit.

Als es an seiner Tür klopfte, rief er etwas irritiert „Ja?“, da er sich nicht erklären konnte, wer um sieben Uhr morgens bereits scharf darauf war, ihn zu sehen. Als die Tür jedoch nicht wie erwartet aufging, rief er, als es erneut klopfte, noch einmal „Ja bitte? Komm rein!“

Doch auch diesesmal tat sich nichts und langsam dämmerte es ihm, wer vor der Tür stand. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und er ging mit zwei großen und schnellen Schritten auf die Tür zu, um sie zu öffnen. Vor ihm stand ein knapp 90 cm großer Kerl, der gerade auf den Zehenspitzen versucht hatte, die Klinke zu erreichen. Als er jedoch merkte, dass sich die Tür auch ohne sein Zutun geöffnet hatte, schaute er überrascht nach oben und ein dickes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus.

„Onkel Kyle, Onkel Kyle. Komm mit, du musst mir was zeigen!“, erklärte der kleine Jamie und blickte mit großen silberblauen Augen zu ihm auf. Jamie hatte eindeutig die Augen seines Vaters geerbt. Das Gesicht, die Nase und den Mund, hatte er zwar von Carly doch bei den Augen hatten sich Alex’ Gene durchgeschlagen. Wie er diesen Typen hasste. Wie hatte er nur seine Schwester und seinen eigenen Sohn sitzen lassen können? Da war es ihm scheißegal, ob sich Alex mittlerweile bemühte Kontakt zu ihnen zu halten. Seiner Ansicht nach, hatte er jedes Recht darauf, sich Jamies Vater schimpfen zu dürfen, verwirkt.

„Ich muss dir was zeigen?“, fragte Kyle mit hochgezogenen Brauen als Antwort auf Jamies vorherige Aussage. 

Eifrig nickte der kleine Junge und nahm mit seiner kleinen Hand Kyles Pranke in die seine und zog ihn mit sich. Da Kyle zu neugierig darauf war, was Jamie meinte, folgte er ihm kommentarlos und so kamen sie einige Sekunden später schon an ihrem Ziel an. Kyle betrat Jamies Zimmer, das sich in den letzten Jahren stark verändert hatte. Autos und Superhelden zierten jetzt die Wände des Jungenzimmers und auch stand ein Hochbett da jedoch befand sich keine Leiter daran, so dass Jamie nicht nach oben klettern konnte. Stattdessen vermutete Kyle, dass sich seine Matratze in dem unteren Bereich befand, der im Moment jedoch mit Decken zugehängt war und somit den Blick auf das Bett verdeckte.

„Schau mal! Meine Höhle!!“, sagte Jamie freudestrahlend. Jetzt verstand Kyle auch. Jamie hatte gemeint, er müsse Kyle etwas zeigen und nicht andersherum nur hatte der kleine Bursche die Wörter mal wieder durcheinandergebracht.

„Wow, ist das deine eigene Höhle?“ fragte Kyle begeistert und ging auf diese zu.

Die offensichtlich professionell befestigte Decke und die darauf festgeklebten Plastiktierchen wiesen darauf hin, dass Jamie diese Höhle nicht alleine gebaut haben konnte. Da war fachmännische Hilfe anwesend gewesen!

„Wer hat die denn gebaut??“, fragte Kyle weiter und ging dabei in die Hocke um in das Innere sehen zu können. Dort befanden sich einige Kuscheltiere und ein Bilderbuch neben einer roten Lampe.

„Daddy und ich haben die Höhle gebaut!!“, sagte Jamie und Kyle entdeckte ihn Freudestrahlend neben sich stehen.

„Ehrlich? Daddy und du? Ganz alleine?“, fragte Kyle und stellte fest, dass es ihm gar nicht behagte zu wissen, dass Alex offensichtlich auch hier bei Carly zu Hause desöfteren zu Besuch war. Er verabscheute diesen Kerl!

„Das hat bestimmt viel Spaß gemacht!“, fügte er dennoch hinzu denn er wusste sehr genau, wie sehr Jamie seinen Vater vergötterte.

„Ja! Magst du mal hinein gehen?“

Jamie wartete Kyles Antwort gar nicht erst ab sondern kletterte auf sein Bett und kurz darauf waren auch seine Beinchen verschwunden. Kyle hoffte stark, dass das Bett ihn aushielt und beschloss, hinterher zu klettern. Drinnen angekommen setzte er sich neben Jamie, der mit dem Rücken an die Wand gelehnt da saß und mit seinen Beinchen zappelte, während er besagtes Bilderbuch auf ihnen liegen hatte.

„Oh ein Buch über Handwerker!“, sagte Kyle beeindruckt und blätterte es auf.

„Ja!! Ich will Handwerker sein!“, erklärte Jamie und Kyle wunderte sich immer wieder darüber, wie gut Jamie bereits sprechen konnte. Carly hatte ihre Sache wirklich gut gemacht und das obwohl sie es nicht einfach gehabt hatte.

Kyle war auch ohne nachzufragen klar, warum Jamie dies werden wollte.

Alex war, kurz vor Jamies Geburt wieder zurück in die Stadt gekehrt und hatte etwas von „Veränderung“ gelabert, doch Kyle hatte ihm dies nicht abgenommen. Alex hatte noch nie etwas auf die Reihe bekommen und so hatte Kyle nur darauf gewartet, dass er wieder verschwand. Tatsächlich hatte sich Alex jedoch einen Job bei einer in der Stadt angesiedelten Firma besorgt und arbeitete jetzt für Lou Carston, dem größten Bauunternehmer im Umkreis. Lou war ein alter Mann und brauchte stets Unterstützung und junges Blut in seinem Betrieb und so hatte er Alex mit der allergrößten Freude bei sich aufgenommen. Kyle musste Alex diesem Bastard zumindest eine Sache zugestehen: Bis jetzt, drei Jahre später, war er immer gewissenhaft in der Arbeit aufgetaucht und machte seine Sache wohl sehr gut. Nicht, dass Kyle ihn gefragt hätte, aber er hatte ein paar mehr oder minder zufällige Gespräche mit Lou geführt, in welchen der alte Mann Alex stets in den Himmel gelobt hatte.

„Weißt du Onkel Kyle, ich bin immer hier!“, hörte er eine kleine weiche Stimme sagen und blickte zu Jamie hinunter, der mittlerweile an seinen Oberkörper gelehnt da lag und Kyles Herz damit ein wenig zum schmelzen brachte. Er liebte es, Jamie bei sich zu haben. Dieser kleine Junge gab ihm die Hoffnung, dass er doch noch die Kurve kratzen konnte.

„Ja das wäre ich vermutlich auch, wenn ich so eine tolle Höhle hätte wie du sie hier hast!“, erwiderte Kyle und sah, dass Jamie ein klein wenig traurig zu sein schien.

„Jamie, was ist denn los?“, fragte er vorsichtig. Jamies blaue Augen richteten sich auf ihn.

„Wenn Mommy und Daddy oder Mommy und Grandma sich streiten, dann verstecke ich mich oft hier!“, erklärte der Kleine und Kyle spürte, wie sich sein Herz bei diesen Worten langsam zusammenzog.

„Wenn Mommy und Daddy sich streiten?“, fragte Kyle, weil er mehr darüber erfahren wollte.

Jamie nickte schnell und blickte dann wieder zu Kyle hinauf.

„Ja, Mommy schreit oft, wenn Daddy mich wieder zurück bringt. Dann schickt sie mich ins Zimmer…“, erzählte er und Kyle fragte sich, was Alex und Carly eigentlich überhaupt noch miteinander zu schaffen hatten. Der Umgang war klar geregelt, doch weshalb sollte Carly sich dann mit Alex streiten?

„Kleiner, das wird sich schon alles irgendwann klären, das verspreche ich dir! Und außerdem hast du ja diese Höhle hier und da kann dir niemand was zu Leide tun!“, versuchte Kyle Jamie zu beruhigen. In diesem Haus geschahen offenbar einige Dinge, über die er keinen Überblick mehr hatte und auf die er vielmehr keinen Einfluss mehr zu haben schien.

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Sam und Janine waren den ganzen Tag unterwegs gewesen und waren erst spät am Abend wieder zurück gekommen. Janine hatte sich spontan über Nacht bei Sam einquartiert und so hatten sie sich noch einen Film reingezogen bevor beide todmüde ins Bett gefallen waren. Über das Thema „Kyle“ hatten sie glücklicherweise nicht mehr gesprochen. Genau aus diesem Grund hatte Sam gar nicht erst mit jemandem sprechen wollen. Sie hatte nicht gewollt, dass ein falscher Eindruck entstand.

Heute war Janine in aller Frühe nach Hause gefahren und so befand sich Sam, jetzt am späten Nachmittag, alleine in ihrer Wohnung und versuchte sich gerade an einigen Passagen ihrer Abschlussarbeit, als das Telefon klingelte.

Als sie auf das Display blickte stellte sie fest, dass dies eine Nummer von außerhalb war und so ging sie stirnrunzelnd ran.

„Hallo?“, sagte sie in den Hörer und ging gleichzeitig wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Hey Sam!!“, hörte sie Kyles Stimme und spürte sofort einen kleinen Hüpfer in ihrem Körper. Sie war froh seine Stimme zu hören.

„Kyle! Na wie läufts?“, fragte sie fröhlich, obwohl ihr noch vor ein paar Minuten beinahe die Augen zugefallen wären.

„Naja, schlechter als erwartet. Du hör zu, ich hab dem Coach auch schon Bescheid gesagt, aber ich dachte, ich meld mich noch mal bei dir! Sieht so aus, als würde sich mein Spontantrip noch mal um ein paar Tage verlängern!“, erklärte er ihr und klang dabei nicht sonderlich fröhlich.

„Kyle, alles in Ordnung bei euch?“, fragte sie ihn besorgt und öffnete die Terrassentür um ein wenig frische Luft zu schnappen. Mit dem Telefon in der Hand, lehnte sie sich gegen die Mauer.

„Naja, nicht so wirklich, aber das erzähl ich dir am Besten, wenn ich wieder zuhause bin!“, sagte er kurz angebunden. Sie hatte ein ungutes Gefühl und auch spürte sie genau, dass sie das einfach nichts anging und er sie aus seinen Privatangelegenheiten raushalten wollte. Das gefiel ihr zwar nicht, doch musste sie sich damit wohl oder übel abfinden.

„Wann bis du dann also wieder da?“, fragte sie jetzt, da sich Stille zwischen den beiden ausbreitete.

„Ich schätze einmal am Samstag pünktlich zur Abfahrt!“, antwortete er.

„Ok, gut. Dann wünsch ich dir noch viel Erfolg und wir sehen uns Samstag, oder?“

Kyle war für einen kurzen Moment ruhig und sagte schließlich „Ja, wir sehen uns Samstag! Und Sam??“, Sofort stellte Sam sich aufrecht hin und erwartete, dass er etwas sagen würde, was ihr missfallen oder zu sehr gefallen würde.

„Ja?“, sagte sie in den Hörer hinein und spürte, dass Aufregung in ihr aufwallte.

Wieder war es still am anderen Ende der Leitung.

„Kyle?“, fragte sie nach einigen Sekunden, dies veranlasste ihn dazu endlich wieder etwas zu sagen.

„Ach nichts, vergiss es! Wir sehen uns dann Samstag!!“, und ohne ein weiteres Wort legte er auf und Sam hörte nur noch das stetige Tuten der Leitung.

Was geschah da bei ihm zuhause nur, dass er sich so…Sam wusste nicht, wie sie es ausdrücken sollte.

Sie nahm den Hörer in die Hand und blickte noch kurze Zeit darauf, dann schritt sie ins Wohnzimmer zurück, knallte das Telefon auf seinen Platz und ging in ihr Zimmer, wo sie sich etwas überzog. Sie musste raus hier. Sie hielt keine Minute länger in der stickigen Wohnung aus. Sie brauchte Ablenkung!

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„Mom, du musst doch endlich einsehen, dass es dir NICHT gut geht!!“, sagte Kyle etwas zu vehement und klatschte dabei mit der flachen Hand auf den Tisch. Sein Telefonat mit Sam war bereits eine Stunde her und die Ruhe, die er in diesen Minuten empfunden hatte, war mit einem Schlag wie weggeblasen.

„Kyle, ich verbitte mir, dass du so mit mir sprichst Liebling!“, sagte seine Mutter und wirbelte in der Küche umher. Sie schien ihn gar nicht richtig zu bemerken!

„Ich weiß, dass es mir im Moment einfach fantastisch geht!“, fügte sie hinzu, während sie gerade Tee in ihr Glas goss.

„Mom, du wurdest verhaftet! Du wirst angezeigt! Das ist nicht Nichts, verstehst du das denn nicht? Wenn du nicht endlich einsiehst, dass du professionelle Hilfe brauchst, dann lassen sich dich am Ende noch einweisen! Du kommst aus dieser Sache so schnell nicht mehr raus!“, versuchte Kyle es erneut, dieses mal etwas einfühlsamer.

„Ach mein Junge. Das wird sich schon klären, so wie es sich die letzten Male auch schon geklärt hat!“, sagte sie mit singender Stimme und setzte sich auf den Stuhl ihm gegenüber. Endlich konnte er von Auge zu Auge mit ihr sprechen.

„Nein, das wird es nicht! Die Anzeige wurde bereits gestellt und der Staatsanwalt klärt gerade, ob es zur Anklage kommt. Dafür stehen die Chancen jedoch sehr gut, da es bereits das sechste Mal innerhalb von nur vier Monaten war! Du steckst in ernsthaften Schwierigkeiten!“, erklärte er ihr, zum bereits dritten Mal.

„Ach Papperlapapp, die wollen mir doch nur Angst machen! Mir und meinen Kindern!“, erwiderte seine Mutter und trank einen großen Schluck Tee.

Kyle schüttelte ein wenig resigniert den Kopf. WAS konnte er nur sagen, damit seine Mutter verstand, in welcher Lage sie sich befand?

„Sie werden dich einsperren Mom! Und ich kann nichts dagegen tun!“ Diese Worte sprach er so leise, dass er sich nicht einmal sicher war, ob seine Mutter sie verstanden hatte. Doch offenbar hatte sie das, denn jetzt sprang sie, wie von der Tarantel gestochen, auf.

„Du verrätst mich? Ich bin deine Mutter Kyle! Du bist genau wie dein Vater. Auch er hat nie etwas dagegen getan, wenn sie mich eingesperrt haben!“, ihre Augen füllten sich bei diesen Worten mit Tränen.

„Sie haben dich nicht eingesperrt, du bist freiwillig dort hingegangen!“, den Part mit seinem Vater ließ er absichtlich unkommentiert.

Vehement schüttelte seine Mutter den Kopf.

„Nein, nein, nein! Sie haben mich eingesperrt und dein Vater hat nie etwas dagegen getan. Er hat mich dort nicht rausgeholt, deswegen musste er gehen!“, sagte seine Mutter. In diesem Moment erstarrte Kyle. Als er zu ihr aufblickte erkannte er nichts von der Frau die ihn aufgezogen hatte, an ihr. Sie schien irgendwo, nur nicht in dem Hier und Jetzt zu sein. Langsam stand er auf.

„Mom, alles in Ordnung mit dir?“, fragte er und streckte vorsichtig die Hand nach ihr aus, während er kleine langsame Schritte auf sie zuging.

„Er hat immer behauptet er liebt mich. Er hat immer gesagt er will nur das Beste für mich! Doch das hab ich ihm nicht geglaubt, weißt du?! Er hat gedacht, er könnte mich an der Nase herumführen, doch ich habe ihm gesagt er solle gehen und nie wieder zurückkehren. ER war es doch, der mich so krank gemacht hat!“, eine Träne wanderte über ihre Wange. Kyle war mittlerweile stehen geblieben. Von was sprach seine Mutter da?

„Ich habe ihm gesagt er soll verschwinden und nie wieder zurückkehren. Sollte er es doch tun, so hätte ich ihn einsperren lassen! Wegen Körperverletzung, wegen irgendwas, Hauptsache er war nicht in meiner Nähe und schau, wie gut es uns ohne ihn gegangen ist!!“, sagte seine Mutter und lachte auf einmal auf.

„Du hast gesagt, er hat uns einfach verlassen!“, erwiderte Kyle. Sein Mund war staubtrocken.

„Hat er doch! Er hat nicht mal lange um euch gekämpft!“, sagte seine Mutter und offenbar war sie sich immer noch sicher, dass sie das Opfer in dieser ganzen Geschichte war. Kyle hingegen, konnte nicht glauben was er da hörte.

„Du hast gesagt, er hat uns verlassen und sich nie wieder gemeldet!“, wiederholte Kyle mit dem kleinen Zusatz. Seine Mutter hatte immer gesagt, dass sein Vater egoistisch gewesen sei. Dass er kein Interesse an ihm und Carly gehabt hätte und jetzt erzählte sie ihm auf einmal diese Variation? Was sollte er ihr überhaupt glauben?

„Mom, ich glaube es ist besser, wenn du dich jetzt hinlegst. Wir können danach weiter reden!“, erklärte er ihr und ging auf sie zu. Er hatte ein äußerst ungutes Gefühl, doch wollte er sich nicht eingestehen, dass er seiner Mutter glaubte.

Er konnte sich noch sehr genau an seinen Vater erinnern. Er war wie ein Berg gewesen, ein Berg der einen immer beschützen würde und von einem Tag auf den nächsten, war er fort gewesen. Kyle hatte gewusst, dass sein Vater ihn und Carly liebte, doch nicht mal ein paar Worte des Abschieds waren gefallen. Sie waren beide am nächsten Morgen aufgewacht und sein Vater war nicht mehr dagewesen. Seine Schränke waren leer geräumt, seine Sachen aus dem Badezimmer verschwunden. Nur die Werkzeuge in der Garage hatte Kyle noch finden können, doch auch diese waren einige Tage später, als er aus der Schule gekommen war, verschwunden gewesen.

„NEIN!!“, schrie seine Mutter plötzlich los und riss Kyle damit aus seinen Gedanken.

„Ich werde mich jetzt nicht hinlegen! Du hast mir nichts zu sagen, NICHT DU!!“, schrie sie weiter. Kyle erschrak dabei so sehr, dass er einen Satz nach hinten machte und seine Arme anhob um ihr zu signalisieren, dass er nichts Böses im Sinn hatte.

„Es ist alles in Ordnung, beruhige dich!“, sagte er mit zittriger Stimme. Er hörte, wie die Haustür zuknallte und dann einige holpernde Schritte den Gang entlang kamen, bevor die Schwingtür zur Küche aufging und Carly dastand.

„Was hast du mit ihr gemacht?“, fragte sie schockiert. Keine zehn Sekunden später ging die Schwingtür erneut auf und plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung stand auch noch Alex in der Tür.

„Mom, ganz ruhig! Was ist geschehen?“, fragte Carly sie mit weicher Stimme und ging langsam auf sie zu. Seine Mutter hingegen lief weinend und schreiend durch die Küche. Eine Gänsehaut breitete sich auf Kyles Körper aus. Das hatte er verursacht! Was war nur geschehen? Was hatte er falsch gemacht?

„Mommy? Ich bins Carly. Komm, gehen wir nach oben. Dort lasse ich dir ein heißes Bad ein und schalte dir deine Lieblingsmusik ein, was meinst du?“, sprach Carly weiter. Sie erschien ihm so erwachsen, so souverän in dieser absurden Situation!

Kyles Blick wanderte kurz zu der Tür, wo immer noch Alex stand und die Situation ebenfalls still beobachtete. Dieser Mistkerl hatte sich kaum verändert.

„Ja das wäre gut!“, hörte er seine Mutter sagen und sofort sah er wieder zu den beiden hinüber. Seine Mutter ergriff Carlys Hand, die sie ihr entgegengestreckt hatte und folgte ihr, ohne jegliche Wiederworte.

„Er will mich wegsperren lassen Carly. Dein Vater will mich wegsperren lassen!“, sagte seine Mutter. Kyle spürte einen heftigen Stich im Herzen. Dachte seine Mutter gerade wirklich, dass er sein Vater wäre? Langsam beschlich ihn das Gefühl, dass es seiner Mutter nicht nur wegen der manischen Depression so schlecht ging. Carlys Blick wanderte kurz zu Kyle hinüber und sie flüsterte ihm „Ich mach das, warte hier unten auf mich!“, zu bevor sie auf Alex zusteuerte, der ihr die Tür aufhielt. Keine zwanzig Sekunden später, waren sie und seine Mutter aus der Küche verschwunden und nur das Geräusch der zu schwingenden Tür war zu vernehmen.

Kyle stand vollkommen perplex in der Küche. So hatte er seine Mutter noch niemals gesehen! Sie hatte oft geweint, hatte oft gelacht, doch so ausgeflippt war sie noch nie!

„Alter, alles in Ordnung mit dir?“, hörte eine tiefe dunkle Stimme fragen und blickte auf. Für einen kurzen Moment hatte er total vergessen, dass Alex hier war. Endlich jemand, an dem er seine Stimmung auch auslassen konnte.

„Was zum Teufel machst du in unserem Haus??“, sagte Kyle wütend und stürmte auf Alex zu. Dieser überragte ihn zwar um ein paar Zentimeter doch Kyle war wesentlich muskulöser gebaut. Und selbst wenn vor ihm ein drei Meter Mann gestanden wäre, so hätte er ihm in diesem Moment dennoch ohne Probleme in den Arsch treten können.

„Ich wollte Jamie abholen und als ich ins Haus gekommen bin, hab ich euch schreien hören!“, sagte Alex schulterzuckend.

„Wieso bist du dann noch hier? Das ist eine Sache die nur mich, Carly und meine Mutter angeht! Du hast hier nichts zu suchen!!“, Kyle wurde immer lauter und er spürte, wie seine Hände zu zittern anfingen, doch Alex blieb vollkommen ruhig. Das kannte Kyle gar nicht von ihm. Vor etwas mehr als drei Jahren, als Kyle erfahren hatte, dass Alex seine kleine Schwester geschwängert hatte, hatten sie sich so sehr geprügelt, dass Alex eine gebrochene Nase und Kyle einen fehlenden Zahn aufzuweisen gehabt hatten. Alex war damals schone in Raufbold gewesen, doch heute stand er ruhig vor ihm und blickte zu ihm hinunter.

„Kyle ich will echt keinen Streit. Ich bin nur hier um meinen Sohn abzuholen und fertig!“, sagte er stattdessen jetzt ruhig.

„Dein Sohn? Wann hast du dich schon wie ein Vater verhalten? Du hast meine Schwester sitzen lassen, hast dich einen Dreck um Jamie geschert! Derjenige, der dich erschaffen hat um Vater zu werden muss besoffen gewesen sein! Wenn du Carly, oder Jamie, jemals wieder verletzten solltest, dann bring ich dich um, hast du mich verstanden?“

Am liebsten wäre Kyle auf ihn losgegangen, doch in dem Moment betrat Jamie die Küche und erstrahlte bei dem Anblick seines Vaters.

„DADDYYY!!!!“, rief er und sprang immer wieder schnell auf und ab. Alex trat einen Schritt von Kyle zurück und bückte sich zu Jamie hinunter, nur um ihn kurze Zeit später auf den Arm zu nehmen und wieder aufzustehen.

„Na Sportsfreund? Startklar?“, fragte Alex Jamie und dieser nickte wild.

„JAJAJAJA!!“, sagte er schnell hintereinander.

„Gut, dann lass uns gehen!“, erklärte Alex und sah noch einmal zurück zu Kyle.

„Ich mag vielleicht ein Arschloch sein Kyle, aber für das, was hier abgeht, kann ich nichts. Ich gebe mir Mühe und es ist mir egal, was du dazu sagst. So wie mich euer Scheiß nichts angeht, so geht dich unserer nichts an!“, dann wandte er sich ab und verschwand durch die Tür.

Unserer? Wieso sprach Alex von uns? Wen meinte er damit? Sich und Carly, oder sich und Jamie? Oder vielleicht alle drei? 

47. Kapitel: „Die Sache mit Sam und Kyle kannst du streichen…“

„Ich sagte dir doch, dass das das Beste Eis der Stadt ist!!“, sagte Goalie strahlend und biss in sein Eis hinein, als wäre es ein Burger. Sam sah ihn angewidert an. Wie konnte man nur so in ein Eis beißen? Sie war eher diejenige, die ein Eis genoss und sich Zeit dafür nahm.

Gemeinsam saß sie mit Goalie an einem kleinen See, der nicht weit von der Innenstadt entfernt und in der Regel voll besetzt mit Studenten war. Da jedoch nach wie vor Semesterferien waren, die jedoch bald enden würden, sammelten sich hier nur vereinzelt Menschen, die die Spätsommersonne noch genießen wollten oder einfach nur ein ruhiges Plätzchen gesucht hatten. Die einen, um ein Buch zu lesen die anderen, um die traute Zweisamkeit zu genießen.

„Bist du schon aufgeregt wegen dem Spiel am Sonntag?“, fragte sie Goalie, der sein Eis bereits zur Hälfte verspeist hatte, während sie das Ihrige fast unversehrt in der Hand hielt.

„Mehr oder weniger. Der Druck steigt auf jeden Fall, das ist denke ich klar! Aber ich glaube, wir bekommen das schon hin. Das Team aus Columbus ist nichts im Vergleich zu New York. Aber dennoch müssen wir Columbus halt aus dem Rennen schmeißen.“, sinnierte Goalie vor sich hin. Sam fragte sich schon seit Tagen, wie die Jungs nur mit solch einem Stress zurecht kommen konnten. Wenn sie in ihrer Situation wäre, so wäre sie nur noch ein Häufchen Elend! Sie bewunderte die Jungs für ihre Ruhe. Alle miteinander strahlten sie Souveränität und Coolness aus und stärkten sich so gegenseitig. Naja, fast alle. Simmons bekam beinahe täglich eine seiner Panikattacken und alle waren erst einmal damit beschäftigt ihn wieder zu beruhigen.

Wie hatte sie früher nur glauben können, dass neben Kyle Simmons der größte Player des Teams war? Simmons mochte vielleicht ein teuflisch gutaussehender Kerl sein, doch wenn man einmal in Ruhe mit ihm sprach und, das musste wohl oder übel dazu gesagt werden, er gerade mal nicht scharf auf diese Person war, so konnte man mit ihm wundervolle Gespräche führen. Außerdem war er ein Mensch, auf den man sich verlassen konnte. Egal wann, man konnte ihn anrufen und ihn um Hilfe bitte und das Wichtigste: Er war innerhalb von zehn Minuten an Ort und Stelle. Sie hatte zunächst auch versucht, Simmons zu erreichen doch dieser war nicht erreichbar gewesen und so hatte sie sofort Goalies Nummer gewählt.

„Ich bin mir jedenfalls sicher, dass ihr das schafft! Ich hab noch niemals ein Team kennengelernt, welches so sehr zusammenhält wie ihr das tut!“, sagte Sam und schleckte genüsslich ihr Eis. Sie bemerkte, dass Goalie zu ihr hinüber sah.

„Sam, nimms mir nicht übel, aber du hast außer uns auch noch gar kein Team kennengelernt!“, erklärte er und lächelte dabei. Sie liebte sein Lächeln! Es war ansteckend, warm und vollkommen ehrlich. Sie fragte sich immer wieder, warum Goalie eigentlich noch keine Frau an seiner Seite hatte, denn ganz eindeutig gehörte er nicht zu dem Schlag wie der Rest der Mannschaft. Er war auf der Suche, das konnte man ihm ansehen. Er war nicht der Typ, der jede Nacht mit einer anderen Frau schlief und sich im Anschluss nicht meldete. Dafür war er einfach zu nett und hatte zudem auch noch viel zu viel Respekt vor ihnen. Dennoch hatte er es bisher nicht geschafft, eine der Frauen länger zu halten und Sam wusste genau, dass ihn das störte. Vor den Jungs hätte er so etwas niemals zugegeben, natürlich nicht, doch man sah es ihm einfach an. Er war ein herzensguter Mensch und wenn sie ein bisschen weniger lebensmüde wäre, so hätte sie sich vermutlich auch in ihn verliebt. Doch für sie, war er einfach nur wie ein guter alter Freund. Es kam ihr stets so vor, als kenne sie ihn schon seit Ewigkeiten, auch wenn seit ihrem ersten Treffen und dem heutigen Tage erst zweieinhalb Monate lagen.

„Jap, da hast du wohl Recht. Aber ich GLAUBE, dass es kaum eine Mannschaft gibt, die einen so starken Zusammenhalt hat wie ihr!“, verbesserte Sam ihre vorherige Aussage.

„Zum Zusammenhalt kann ich nichts sagen, aber wir sind definitiv ein einzigartiges Team, so viel steht fest!“, entgegnete er lächelnd. Kurze Zeit, saßen sie stumm nebeneinander. Goalie vernichtete den letzten Rest seiner Waffel und blickte dann still auf den See hinaus. Wie viele solche sonnige Tage ihnen wohl noch blieben? Irgendwann durchschnitt er die Stille jedoch und fragte „Wo hast du gesagt ist Kyle?“

„In seine Heimatstadt gefahren. Da gibt’s wohl irgendwas zu richten!“, erklärte Sam und wollte sofort das Thema wechseln. Es war nicht ihre Sache über Kyles Angelegenheiten zu sprechen.

„Aber ihr Beide habt euch irgendwie arrangiert, kann das sein?“, wechselte Goalie das Thema von selbst. Dieses Terrain war Sam jedoch nicht weniger unangenehm.

„Ja, irgendwie haben wir es geschafft uns nicht mehr an die Gurgel zu gehen!“, bestätigte sie seine Aussage und hoffte, dass das Thema damit auch gleich beendet war, doch Goalie schüttelte den Kopf.

„Nein, nicht nur das! Ihr seid ein eingespieltes Team, das spürt man.“

„Naja, wir wohnen im selben Haus, haben einige Zeit miteinander verbracht, er ist halt ein wirklich guter Freund geworden!“, entgegnete Sam und log dabei nicht einmal. Natürlich schlief sie auch mit Kyle, doch mehr als nur ihr Bettpartner, war Kyle ihr ein sehr guter Freund. Sie vertraute ihm, zumindest mehr, als den meisten Menschen denen sie in ihrem Leben begegnet war.

„Ja das sieht man. Ihr ergänzt euch auch irgendwie sehr gut! Freut mich, dass es so gut klappt, wenn ich da an den Anfang zurück denke.“, Goalie lachte dabei auf.

„Ich hätte schwören können, dass ihr Beiden euch früher oder später gegenseitig zerfleischt!“

Bei diesen Erinnerungen musste auch Sam lachen. Diese Anfangszeit erschien ihr so fern, so lange her und doch, war auch das alles erst vor zweieinhalb Monaten geschehen. Wie verzweifelt sie damals gewesen war, weil sie diese Jungs drei Monate lang begleiten sollte und jetzt? Die Zeit war wie im Flug vergangen und der schmerzliche Abschluss stand kurz bevor.

„Die Zeit ist wirklich wahnsinnig schnell vergangen!“, sprach Sam ihren Gedanken aus und blickte ebenfalls auf den See, der ruhig vor ihnen lag.

„Da hast du recht. Der Sommer ist schon wieder fast vorbei, die Saison bald zu Ende. In einem Jahr mache ich meinen Abschluss. Manchmal habe ich das Gefühl, die Zeit läuft mir davon!“, erklärte Goalie ruhig. Sam nickte lediglich und wusste genau, wovon er da sprach denn ihr kam es ganz genau so vor. Ihr lief die Zeit davon und zwar in einem Tempo, das sie nicht einholen konnte. Wer wusste schon, wohin sie die nächsten Monate führen würden. Eine Sache war klar: Einer neuen Zukunft entgegen.

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„Seid wann ist Mom schon so drauf?“, fragte Kyle Carly. Beide saßen draußen im Garten und genossen die Sonne, die ihre letzten Sonnenstrahlen zu ihnen hinab schickte.

„Seit etwa fünf Monaten!“, antwortete Carly ruhig, sah Kyle dabei jedoch nicht an.

„Warum hast du mir das nicht früher erzählt?“, fragte er sie weiter und hörte genau den Vorwurf in seiner Stimme, obwohl er diesen eigentlich hatte zurückhalten wollen.

„Kyle, ihr wart kurz vor der Playoffs Saison, es ist dein vorletztes Semester! Ich wollte, dass du dich auf dein Leben konzentrierst!“

„Und du hast deines währenddessen aufgegeben?“, fragte er sie mittendrin. Dabei blickte sie auf. Kurz überlegte sie, dann schüttelte sie den Kopf.

„Nein, so ist das nicht. Mom ist nicht immer so drauf. Sie hat wirklich gute Tage dabei, doch die schlechten werden immer häufiger. Ihr Arzt meinte, die Medikamente würden nicht mehr vernünftig anschlagen und, dass ein stationärer Aufenthalt oder eine betreute Wohngruppe wohl das Beste wäre. Mehrere Male habe ich versucht, dieses Thema mit ihr zu besprechen, doch sie will mir einfach nicht zuhören. Stattdessen fängt sie an, mir Vorwürfe zu machen und dann flippt sie aus. Ich weiß, ich hätte sie nicht alleine lassen dürfen, aber ich konnte einfach irgendwann nicht mehr. Jamie bekommt das alles doch auch mit! Was soll ich ihm erzählen wenn er mich einmal fragt, was los mit ihr ist? Wie soll ich einem dreijährigen Jungen erklären, dass seine Großmutter krank ist?!“

Kyle hörte die Verzweiflung in Carlys Worten.

„Wann war die Diagnose?“, fragte Kyle jetzt als nächstes.

„Vor drei Monaten!“, erklärte Carly und verstummte dann. Sie atmete einmal tief ein, dann schloss sie für einen kurzen Moment die Augen.

„Kyle, ich wollte es dir sagen, wirklich, aber ich konnte nicht. Ich bin gekommen, weil ich nicht mehr konnte und weil ich dir endlich sagen wollte, dass unsere Mutter krank ist, doch dann hab ich dich dort in deinem Leben gesehen und gemerkt, wie gut es dir ging. Du bist so abgehärtet in den letzten Jahren, da dachte ich ein paar weitere friedliche Wochen würden dir gut tun! Ich hab das alles nicht böse gemeint und auch wollte ich dich nicht ausschließen. Vielmehr wollte ich dich wohl vor dem ganzen hier beschützen!“

Kyle wusste es auch ohne, dass Carly es ihm erklären musste und dennoch war er wütend darüber, dass Carly ihm nicht früher gesagt hatte, dass neben der manischen Depression auch noch Alzheimer dazu gekommen war. Niemals hatte er geglaubt, dass dies bei seiner Mutter jetzt schon ein Thema sein konnte! Sie war doch erst knapp über fünfzig Jahre alt, doch offenbar, hatte es sie erwischt. Carly hatte erzählt, dass sie, nachdem immer heftigere Wesensänderungen und Vorkommnisse aufgetreten waren, sie mit Mom zum Arzt gegangen war, der nach unzähligen Tests festgestellt hatte, dass es sich um Alzheimer handelte.

„Weißt du, bevor ich mit ihr zum Arzt gegangen bin, war ich arbeiten. Als ich nach Hause gekommen bin, hab ich nur gerochen, dass es im ganzen Haus nach Rauch stinkt. Als ich in die Küche gekommen bin, stand da ein Topf auf dem Herd. Mom hatte sich in der Zwischenzeit zum schlafen hingelegt und ihn einfach dort vergessen! Kyle, Jamie war bei ihr zuhause! Bisher war das kein Problem, aber was wäre gewesen, wenn ich noch eine Schicht hätte ranhängen müssen? Das war wohl der Punkt, an welchem ich gesagt habe, dass wir dringend zum Arzt müssen. Auch Mom hat das dann eingesehen!“

Bei dieser Geschichte, lief es Kyle eiskalt den Rücken hinab. Wie hatte es nur so weit kommen können?

„Du bist aber zum Glück noch rechtzeitig gekommen Carly. Es macht keinen Sinn sich über das ‚Was wäre wenn’ Sorgen zu machen! Das Wichtigste ist, dass wir Mom dazu bringen müssen, dass sie sich in eine Einrichtung begibt! Wir wissen beide, dass wir das nicht alleine hinbekommen!“, es war schwer sich dies einzugestehen. Doch auch vorher schon war klar gewesen, dass seine Mutter in eine solche gehen musste. Jetzt war es unumgänglich! Weder Carly, noch er, würden es schaffen eine Frau mit Alzheimer und einer manischen Depression stabil zu halten.

Eine Frage schwirrte ihm jedoch immer noch im Kopf herum, doch er schaffte es einfach nicht sie auszusprechen. Was war, wenn Carly ihm sagte, dass seine Mutter nicht mehr lange durchhalten würde?

„Probieren wir es morgen noch einmal. Nach solch einem Anfall ist Mom eigentlich immer sehr klar im Kopf und auch sehr einsichtig. Wir machen es einfach zusammen! Ich rufe Alex an, damit er Jamie erst am Abend zurück bringt, dann haben wir den ganzen Tag Zeit!“, antwortete Carly auf seine vorherige Aussage. Dabei nickte Kyle. Ja, sie würden es zu zweit machen, vielleicht konnten sie ja dann durchdringen!

Wieso nur, hatte so etwas genau ihnen passieren müssen? Wie sollte er damit nur umgehen? Einmal mehr wünschte er sich jemanden, der ihm den Rücken stärken konnte. Genau in solchen Situationen wurde ihm klar, wie blöd er gewesen war. Wieviele Menschen ihm ihr Herz schon auf dem Silbertablett serviert hatten und er hatte sie einfach zurückgewiesen aus Angst, jemanden zu sehr zu verletzen. Erst in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass er so nur dafür gesorgt hatte, dass er selber sich am meisten verletzte. Man brauchte seine Familie als Rückhalt, doch auch diese Erkenntnis erlangte er in diesem Moment: Selbst die Familie würde nicht ewig bei ihm sein. Wen sollte er also als Familie bezeichnen, wenn seine Mutter irgendwann nicht mehr da war und Carly ihr eigenes Leben voll durchstartete? Wollte er wirklich alleine enden?

„Kyle, wir schaffen das alles schon irgendwie zusammen!“, hörte er Carly sagen, doch er reagierte nicht darauf. Wann war Carly die Stärkere von ihnen geworden? Früher, war Kyle derjenige gewesen, der sich für sie einsetzte und sie beschützte und jetzt?

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Sam war gerade auf dem Weg vom Training nach Hause, als sie plötzlich ihren Namen hörte. Sie drehte sich verwundert um. Eigentlich waren die Jungs bereits alle in der Kabine zum duschen verschwunden. Sie sah niemanden, hörte jedoch kurz darauf Kyles Namen und hielt jetzt vollkommen inne. Irgendjemand schien in der Nähe gerade zu telefonieren und dieser jemand hörte sich voll und ganz nach Dennis an. Sie ging einige Schritte in die Richtung, in der sie ihn vermutete und mit einem Mal, konnte sie ihn klar verstehen.

„…ja, kaum zu glauben! Ich weiß nicht was sie geglaubt hat, aber offensichtlich ist sie jetzt der Meinung, dass die beiden eine Beziehung führen! Kyle hat es ganz richtig gemacht und sich aus dem Staub gemacht. Ein paar Tage Abstand, werden ihr vielleicht endlich zeigen, dass er keinen Bock mehr auf sie hat! Die Wette ist schon längst gewonnen…“, kurz hielt er inne und lauschte offenbar demjenigen, der sich am anderen Ende befand. Hin und wieder vernahm sie ein Mhm, oder ein Ahh, dann ein Lachen. Ihr Magen hatte sich bereits zusammengezogen und ein äußerst ungutes Gefühl beschlich sie.

„Haha, ja ich weiß was du meinst. Den Pott den hat Thompson sich wohl mehr als nur verdient!!“, hörte sie Dennis sagen. Noch hatte sie die ganzen Puzzleteile nicht ganz zusammensetzen können, doch sie ahnte bereits, was Dennis und der Fremde da am Telefon besprachen, nur wollte oder konnte sie es noch nicht ganz wahrhaben.

„Fakt ist, Kyle Thompson war der Erste, der Sam genagelt hat und damit hat er eindeutig die Wette gewonnen!“

Bei diesen Worten, gab es jedoch keinen Zweifel mehr. Sie ging einige Schritte rückwärts und als sie das Gefühl hatte, jeden Moment über den nächstbesten herfallen zu müssen, lief sie los.

Hatte Kyle sie tatsächlich so hintergangen? Das konnte sie einfach nicht glauben!! Doch weshalb hätte Dennis so etwas sonst mit irgendjemandem am Telefon besprechen sollen?? Wieso hätte er überhaupt so etwas behaupten sollen? Entsprach es der Wahrheit? Wer war noch in diese Wette verwickelt gewesen?? Simmons, Danny oder vielleicht sogar Goalie?

Fragen über Fragen schwirrten ihr im Kopf umher, doch keine dieser Fragen konnte sie sich selber beantworten. Tief in ihrem Inneren hatte sie doch gewusst, dass das nicht sein konnte! Sie hatte sich oftmals gefragt, was solch ein Kerl wie Kyle von jemandem wie ihr nur wollen könnte und jetzt stellte sich heraus: Gar nichts, außer eine Wette zu gewinnen!

Wenn dies der Wahrheit entsprach, dann musste Kyle der beste Schauspieler der Welt sein, denn sie hatte ihm wirklich abgekauft was er zu ihr gesagt und was er mit ihr gemacht hatte. Und doch stahlen sich wieder die Fragen in ihren Kopf: Was hätte Kyle Thompson von so jemandem wie Sam Raven nur haben wollen?

Sie musste gar nicht weiter darüber nachdenken, denn für Sam stand es fest. Kyle hatte sie nach Strich und Faden verarscht und das, würde sie ihm niemals wieder verzeihen können! So sehr es sie auch verletzte, so schnell musste sie sich eingestehen, dass es doch von Anfang an eigentlich klar gewesen war. Von Anfang an war es sicher gewesen, dass Liebe zwischen ihnen beiden keine Rolle spielen würde, doch sie hatte ihm dennoch vertraut. Vertraut, dass ihre Abmachung nur zwischen ihnen beiden gehalten wurde. Offensichtlich, hatte Kyle doch über ihre Affäre gesprochen, woher sonst hätte Dennis dies wissen sollen? Wahrscheinlich hatte Goalie deshalb diese Fragen gestellt, um heraus zu bekommen, ob Kyle die Wette nun wirklich gewonnen hatte oder nicht.

Als Sam vollkommen außer Atem an der Bank ankam, auf der sie gestern noch mit Goalie gesessen war wurde ihr bewusst, dass ihr die Zeit tatsächlich davon gelaufen war. Sie war schnell vergangen und hatte sie abgehängt und jetzt war es Zeit, aus dem Traum aufzuwachen in dem sie sich die letzten Wochen befunden hatte. 

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Dennis hörte, wie sich Sams Fußtritte wegbewegten und nahm das Handy vom Ohr. Er hatte es geschafft. Er hatte ihr weis machen können, dass dieses Telefonat echt war. Wenn es anders gewesen wäre, so wäre sie mit Sicherheit zu ihm gekommen, doch das hatte sie nicht getan. Sie hatte, ohne Kyles Wissen, das was auch immer da zwischen ihnen lief beendet und dabei sollte er sich eigentlich befreit und erleichtert fühlen, doch nichts dergleichen war der Fall.

Er hatte dies nur getan, weil Logan ihm gedroht hatte, Kyle zu zeigen was mit Menschen geschah, die sich zu sehr in sein Leben einmischten. Er hatte nur das Beste für seinen Freund gewollt und auf eine Art und Weise auch für Sam, denn Logan war beinahe verrückt geworden bei dem Anblick von Kyle und Sam gemeinsam. Dennis war bewusst, dass sein Bruder ein Problem hatte, doch er war immer noch sein Bruder. Er war seine Familie! Die Einzige die er noch hatte! Wenn er seinem Bruder nicht beistehen würde, wem denn sonst?

Er hatte nur das getan, was er für das Beste gehalten hatte doch in diesem Moment fühlte er sich so, als hätte man ihm in den Bauch geboxt.

Logan hatte ihm bei seinen Besuchen im Gefängnis oft von Sam erzählt. Hatte ihm gesagt, wie sie ihn an der Nase herumgeführt hatte und dann behauptet hätte, er hätte sie vergewaltigen wollen, nur um ihn einige Wochen später niederzuschlagen und in einer Gasse liegen zu lassen. Sie hatte eine läppische Bewährungsstrafe erhalten, während Logan in den Knast hatte wandern müssen. Für Dennis war also stets klar gewesen, wer in dieser ganzen Sache die Böse war zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als er Sam kennengelernt hatte.

Eine Woche, nachdem Sam sich als die neue Reporterin herausgestellt hatte, hatte Logan ihm erzählt, dass Sam Raven diejenige gewesen war, die ihm sein Leben versaut hatte. Mittlerweile zweifelte Dennis jedoch an dieser Story. Doch was sollte er machen?

Logan würde jetzt beide in Ruhe lassen, denn Dennis hatte dafür gesorgt, dass sein Bruder das bekam, was er wollte. Er hatte immer davon gesprochen, dass er Sam das antun wollte, was sie IHM angetan hatte. Er wollte, dass sie alleine war und das sie litt: Das zumindest interpretierte Dennis hinein. Sein Bruder war kein von Grund auf übler Kerl. Er war nur missverstanden und das schon immer doch trotz allem, war er immer für Dennis dagewesen!

Dennis wanderte über den Platz.

Ja, er hatte das getan, was von ihm verlangt wurde, doch er fühlte sich dabei, wie das größte Arschloch auf Erden.

Aus dem Schatten des Baumes stieg sein Bruder, der ihn von oben herab ansah.

„Und?“, fragte er ihn gespannt. Sein Blick war kalt und undurchsichtig. Er hatte so viel durchmachen müssen die letzten Jahre über doch jetzt würde alles besser werden.

Dennis nickte und sagte schließlich „Alles gut gegangen. Die Sache mit Sam und Kyle kannst du streichen. Die beiden, werden sich wohl so schnell nicht mehr Nahe kommen!!“

48. Kapitel: „Es wird alles gut…“

Kyle wachte am nächsten Morgen mit einem äußerst unguten Gefühl auf. Einige Dinge würden sich in den nächsten Monaten und Jahren wohl ändern und so schwer es ihm auch fiel, dies zuzugeben, er hatte sein vorheriges Leben eigentlich sehr gern gehabt. Er hatte gewusst, dass Carly sich um ihre Mom kümmerte, er hatte indes Fußball spielen und seinen Träumen folgen können. Alles war im Grunde genommen sehr gut gelaufen und zack, mit nur ein paar Momenten war alles durcheinander.

Er nahm sein Handy von der Kommode und blickte darauf. Kein Anruf und auch keine Nachricht. Seitdem er hier war schien es so, als wäre er abgeschnitten von dem Rest der Welt. Mit Sam hatte er auch nicht sonderlich viel gesprochen und er merkte, wie er sie vermisste. Wie konnte man jemanden nach nur drei Tagen schon vermissen? Doch er konnte es nicht leugnen. Er vermisste ihre ganz besondere Art, er vermisste ihr Lachen, die süßen Geräusche die sie machte, wenn sie beide gemeinsam einen Horrorfilm ansahen in dem gerade ein Mensch abgeschlachtet wurde. Er vermisste die zufälligen Berührungen und ihre strahlenden Augen, wenn sie ihn lächelnd ansah. Er hatte sich so sehr an Sams Anwesenheit gewöhnt, dass er sich gar nicht mehr vorstellen konnte, nicht in ihrer Nähe zu sein. So war es ihm noch nie ergangen mit einer Frau. Doch wahrscheinlich ging es ihm bei Sam auch nur deswegen so, weil sie neben seiner Affäre auch noch eine sehr gute Freundin war deren Meinung und Charakter er sehr schätzte. Der Mann, der Sam Raven irgendwann einmal heiraten würde, würde sich als sehr sehr glücklich erweisen, so viel stand fest.

Kyle legte das Handy wieder hier, zog sich ein T-Shirt und Shorts über und ging verschlafen nach unten in die Küche, wo Carly und Jamie bereits am Frühstücken waren.

„Hey Sportsfreund. Wann bist du denn nach Hause gekommen?“, sagte Kyle und verwuschelte ihm die Haare im vorbei gehen.

„Ganz früh. Daddy hat mich hergebracht, er musste für die Arbeit!“, sagte Jamie und schob sich einen Löffel mit Cornflakes in den Mund. Die Milch war vorher zurück in den Teller geflossen weil Jamie den Löffel zu schief hielt.

„In die Arbeit mein Schatz!“, sagte Carly und nahm ihm den Löffel aus der Hand, schob ihn in die Milch und löffelte ihm dann diese in den Mund.

„In die Arbeit!“, wiederholte Jamie, während er sich vor seiner Mutter in Acht nahm, die gerade mit einem Tuch seinen Mund abwischen wollte.

„Mit Cornflakes gibt es wohl noch Schwierigkeiten?“, fragte Kyle mit ein wenig hochgezogenen Brauen, während er Jamie dabei zusah, wie er die nächste Ladung in seinem Mund versenkte.

Carly stöhnte leicht auf, schüttelte den Kopf und sagte schließlich „Wenn Daddy die Dinger isst, dann muss Jamie sie auch essen, nicht wahr mein großer?“, fragte Carly, sah Kyle dabei wissentlich an und strich Jamie übers Haar um das Durcheinander welches Kyle verursacht hatte, wieder zu ordnen.

Kyle verstand worauf Carly hinaus wollte. Alex war Jamies großes Vorbild und das was er tat, war für Jamie immer das Beste was es auf der Welt gab. Kyle hoffte, dass der Hurensohn Alex sich vor Jamie nicht zulaufen ließ und irgendwelche Weiber mit anschleppte, denn Jamie würde sich daran ein Beispiel nehmen und wäre so später wahrscheinlich selber nicht fähig, eine vernünftige Beziehung zu führen. Kyle fiel gerade auf, dass Jamie sich auch an ihm selber kein Beispiel nehmen konnte. Wenn also der Vater und der Onkel Nichtsnutze waren, an wem sollte sich Jamie dann überhaupt orientieren?

Kyle sah auf die Uhr und bemerkte, dass es bereits neun Uhr war.

„Wo ist Mom?“, fragte er ein wenig skeptisch. Er war nicht bereit dafür, seiner Mutter gegenüber zu treten doch er musste. Er hatte nicht mehr viel Zeit und außerdem, hatte er in der Nacht eine Idee gehabt, die er dringend mit Carly und seiner Mom besprechen wollte.

„Die schläft oben noch. Die Medikamente machen sie sehr schläfrig in der letzten Zeit. Ich würde sagen, ich bringe Jamie schnell in den Kindergarten und du wartest hier auf mich, dann können wir das Gespräch gemeinsam führen!“, sagte Carly und half Jamie vom Stuhl runter zu klettern. Sie machte einen Lappen nass und strich Jamie noch über das Gesicht, um es sauber zu bekommen und keine fünf Minuten später waren beide aus dem Haus verschwunden.

Kyle schüttete sich Kaffe in eine Tasse und setzte sich an den immer noch voll gestellten Tisch und nahm einen Schluck. Seine Hand fuhr in seine Hosentasche und er fischte das Handy heraus. Jetzt hatte er die Zeit um Sam anzurufen und zu fragen, ob alles klar war denn später, würde er diese Zeit vermutlich nicht mehr haben.

Er suchte Sams Namen aus seinem Telefonbuch heraus und tippte ihn an, sobald er sie gefunden hatte. Zwei Sekunden später hörte er das Freizeichen.

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Seit Stunden schon saß Sam auf der Couch in ihrem Wohnzimmer und blickte das Regal an, welches Kyle und sie in Gemeinschaftsarbeit aufgebaut hatten. Sie war mitten in der Nacht aufgewacht und hatte sich nur noch hin und her gewälzt also war sich aufgestanden und seither, saß sie einfach nur da. Wieso verletzte es sie so sehr, dass Kyle sie so hintergangen hatte? Hatte sie nicht irgendwie darauf gewartet, dass die große Enttäuschung kam? Hatte sie nicht genau aus diesem Grund aufgepasst sich emotional nicht zu sehr an ihn zu binden?

Obwohl sie das getan hatte war die Enttäuschung einfach riesig. Sie hatte Kyle in den letzten zweieinhalb Monaten kennengelernt und geglaubt, dass sie langsam zu dem wahren Kyle vorgedrungen war, doch es war alles lediglich eine Lüge gewesen. Er hatte von Anfang an nur eine blöde Wette gewinnen wollen. Sie konnte nicht mal jemandem aus dem Team fragen, da diese sich sonst wundern würden darüber, warum es Sam überhaupt störte, denn niemand von ihnen hatte ja offiziell mit ihr geschlafen. Niemand, außer Kyle, der sich in ihr Leben gestohlen und ihr vorgegaukelt hatte, alles wäre so einfach. Es war nicht einfach, war es nie gewesen und das wurde Sam mit jeder weiteren Minute klar, die sie hier saß und sich nicht rührte. Sie hätte mit Janine sprechen können doch andererseits wollte sie nicht als das dumme, naive Gör rüber kommen, das sie doch eigentlich war. Sie hatte geglaubt, ihr Leben im Griff zu haben. Über allem und jedem zu stehen und die Fähigkeit zu haben, die Menschen ganz genau zu durchschauen um nie wieder auf jemanden so reinzufallen, wie sie einst bei Logan getan hatte. Stattdessen war sie lediglich sechs Jahre älter geworden doch kein Stück klüger.

Sam hörte ihr Handy klingeln, welches sie neben sich auf der Couch liegen hatte. Sie überlegte einen kurzen Moment, nicht dran zu gehen, doch dann entschloss sie sich dem Anrufer eine Chance zu geben. Sie war so lange entschlossen, bis sie Kyles Namen auf dem Display entdeckte. Der musste sich ja jedes Mal ins Fäustchen gelacht haben, wenn sie sich wieder für ihn ausgezogen hatte oder wenn sie rot angelaufen war, wenn er ihr ein Kompliment gemacht hatte. Kyle Thompson wusste sehr genau, welche Wirkung er auf die Frauen hatte. Und Sam wusste es ebenso. Wieso nur, war sie nicht auf dem Boden der Tatsachen und hart geblieben. Sie hätte damals einfach nur die Tür schließen müssen, doch Kyle hatte eine solche Anziehung auf sie und dieser konnte sie einfach nicht widerstehen.

Sie drückte schnell auf den roten Knopf und schmiss ihr Handy im Anschluss gegen die gegenüberliegende Wand. Erst zu spät bemerkte sie, dass sie das Handy eigentlich noch brauchte, doch es war zu spät. Sie schnappte sich ein Kissen und legte es sich auf das Gesicht. Sie wollte schreien, sie wollte brüllen, sie wollte jemandem weh tun und am besten, sollte sie damit beginnen sobald Kyle wieder zurückkehrte. Sie würde die Hälfte des Gewinnes für sich beanspruchen, welcher Gewinn auch immer es war, würde die letzten zwei Artikel schreiben und im Anschluss, würde sie für immer und ewig aus Kyles Leben verschwinden.

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Kyle blickte verwirrt auf sein Handy. Gerade eben noch, hatte er das Freizeichen der Leitung gehört und im nächsten Moment, hatte Sam ihn weggedrückt. Er hatte zunächst geglaubt, dass es ein Versehen gewesen war, doch als er es ein zweites Mal versuchte, leitete es ihn direkt zu ihrer Mailbox. Offenbar hatte sie das Handy ausgeschaltet. Er hätte die Möglichkeit gehabt, es bei Sam zuhause zu versuchen, doch er befürchtete, dass er Sam bei etwas stören könnte bei dem sie nicht gestört werden wollte. Was war, wenn sie einen Mann zu Besuch hatte? Sie hatten ja niemals ausgemacht, dass andere Beziehungen nicht erlaubt waren, also wäre dies naheliegend. Sam war eine schöne Frau mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung. Kyle war klar, dass sie früher oder später auch anderen Männern auffallen würde. Doch warum nur machte ihn dieser Gedanke halb verrückt?

Bevor er sich weiter in irgendwelche Dinge verstricken konnte öffnete sich die Schwingtür der Küche und seine Mutter trat herein. Fröhlich und aufgeweckt. Ein Unterschied wie Tag und Nacht zu dem gestrigen Tag.

Er wusste nicht, ob er sie jetzt ansprechen oder ob er sie lieber erstmal einfach in Ruhe lassen sollte. Er wusste so wenig über sie und dies brach ihm das Herz.

„Hallo mein Liebling. Na hast du gut geschlafen?“, fragte seine Mutter ihn und erschrak Kyle damit ein wenig.

„Ähm, ja, ja klar.“, antwortete er etwas gehetzt. Seine Mutter hatte sich so normal angehört. Sie hatte nichts von der Manischen Mutter, die er kannte. Die übertrieben fröhlich war und auch hatte sie nichts von der Frau, die er gestern kennengelernt hatte. Ihre Stimme hatte etwas von der Frau gehabt, die er nur ab und zu in seinem Leben kennengelernt hatte nämlich in den Momenten, in welchen es seiner Mutter rundum gut gegangen war.

„Hast du schon gefrühstückt?“, fragte sie ihn als nächstes und bemerkte gar nicht, dass Kyle in Gedanken war.

„Ich halte mein Frühstück in der Hand!“, sagte er und hob seine Tasse an um sie seiner Mutter zu zeigen.

„Ach mein Schatz, das ist doch nicht genug. Sieh dich doch mal an! Du wirst immer dünner! Ich mache dir jetzt mal ein vernünftiges Frühstück und verspreche mir, dass du dir das angewöhnst. Ich will ja nicht, dass du mir irgendwann noch umkippst!“, entgegnete seine Mutter und machte sich gleich daran, Eier aufzuschlagen und ihm ein Omelett zuzubereiten.

„Mom, ich bin 25 Jahre alt. Ich werde schon nicht verhungern!“, erklärte Kyle und fühlte sich plötzlich so normal. War es nicht eigentlich immer das, worüber Mütter mit ihren Söhnen sprachen?

„Ach ja? Ich kenne dich doch mein Lieber und Junkfood gehört nicht zu der vollwertigen Nahrung die ein Fußballspieler und ein Mann täglich zu sich nehmen sollte. Du hast ja sonst niemanden der sich um dich kümmert!“, erwiderte seine Mutter drehte sich dabei jedoch nicht zu ihm um.

„Außer…was ist eigentlich mit diesem Mädchen von dem du mir einmal am Telefon erzählt hast?“, fragte seine Mutter ihn jetzt und versuchte dabei desinteressiert zu wirken. Kyle hingegen wusste, dass sie unbedingt mehr erfahren wollte.

„Sam? Ach, das ist eine gute Freundin von mir!“, entgegnete Kyle und fand plötzlich den Inhalt seiner Kaffeetasse unglaublich interessant.

„Aber du bist immer noch im Kontakt mit ihr?“, fragte seine Mutter weiter. Währenddessen hatte sie jetzt die Eier in die Pfanne gegeben und sich zu ihm umgedreht.

„Ja bin ich, sie ist ja schließlich auch meine Nachbarin!“, erklärte Kyle, dem die Fragerei mehr als nur unangenehm war, diese aber mit Freude über sich ergehen ließ wenn es seiner Mutter dadurch gut ging.

„Aber deswegen bist du nicht mit ihr im Kontakt geblieben oder Kyle?“, fragte seine Mutter ihn lächelnd. Täuschte er sich wirklich so sehr, oder ging es seiner Mutter heute tatsächlich gut? Sie wirkte so frisch und erholt, sie wirkte so ruhig und so standhaft. Sie wirkte so gesund!

Kyle schüttelte als Antwort auf die Frage seiner Mutter den Kopf. Was war schon dabei, wenn er ihr erzählte, was mit Sam war? Wer wusste schon, wie oft sie solche Gespräche überhaupt noch führen konnten?

„Du magst dieses Mädchen, oder?“, fragte seine Mutter ihn weiter, drehte sich dann jedoch um, um das Omelett zu wenden.

„Ich kann sie sehr gut leiden, ja!“, räumte Kyle ein. Er wusste was seine Mom mit mögen meinte, aber so war es nicht. Das war nicht das, was Sams und Kyles Beziehung ausmachte!

„Nur leiden?“, hörte er seine Mutter fragen, während sie sich jedoch nicht zu ihm umwandte.

„Ich mag sie, ok…“, er musste es zugeben. Er mochte Sam wesentlich mehr, als er jemals eine andere Frau gemocht hatte. Nicht einmal für Carol, die doch damals eine solche Veränderung in seinem Leben verursacht hatte, hatte er auch nur ansatzweise dieselbe Zuneigung empfunden.

Als er diese Worte ausgesprochen hatte, drehte sich seine Mutter zu ihm um und lächelte ihn an.

„Ach mein Süßer, ich freue mich so, dass du jemanden gefunden hast!“

Sie meinte mit Sicherheit mit gefunden etwas ganz anderes als Kyle meinte, doch im Endeffekt war es auch egal. In Sam hatte er endlich eine Frau gefunden, die es mit ihm aufnehmen konnte, die ihn verstand und ihn so akzeptierte wie er war. Kein einziges Mal hatte sie zu ihm gesagt, er solle den Kontakt zu all den Frauen abbrechen die er kannte. Er hatte es sowieso gemacht, doch das ausschlaggebende war, dass sie ihn nicht darum gebeten hatte.

„Ich hoffe, dass ich sie irgendwann einmal kennenlernen kann!“, fügte seine Mutter fröhlich hinzu und positionierte den Inhalt der Pfanne in der Mitte eines Tellers.

„Wer weiß, vielleicht einmal…“

Diesen Moment suchte sich Carly aus, um wieder in die Küche spaziert zu kommen. Ihre Mom begrüßte auch Carly fröhlich, die wie selbstverständlich auf sie zuging und ihr einen Kuss auf die Wange gab. Carly hatte gesagt, dass es ihrer Mom nach solchen Vorfällen besser gehen würde und genauso war es auch gekommen. Nach ein paar belanglosen Themen, die die drei gemeinsam am Tisch besprachen, spürte Kyle, wie sich die Stimmung langsam änderte. Als er zu Carly hinüber blickte wusste er, dass jetzt der Moment der Wahrheit gekommen war. Sie würden diesen bisher so perfekten Tag ruinieren indem sie ihrer Mutter mitteilten, dass sie aus ihrem Haus ausziehen musste.

„Mom, Kyle und ich wollen mit dir sprechen!“, begann Carly und zog sofort die Aufmerksamkeit ihrer Mutter auf sich.

„Weißt du noch, was gestern geschehen ist?“, fragte Carly sie behutsam. Ihre Mutter schloss kurz die Augen und Kyle befürchtete, dass sie jeden Moment ausrasten würde, stattdessen jedoch öffnete sie sie schnell wieder und lächelte erneut.

„Ja Liebes, ich weiß es und ich weiß auch, dass es so nicht mehr weiter gehen kann!“, antwortete seine Mom und überraschte ihn damit zutiefst.

„Ich weiß auch noch, über was Kyle und ich gestern gesprochen haben und ich habe es verstanden mein Schatz!“, sie wandte sich zu ihm und legte ihre Hand auf die seine. Er blickte ins Gesicht seiner Mutter, welches so weich aussah.

„Ich vermute, du hast ihm gesagt, dass ich krank bin?“, fragte seine Mutter jetzt Carly, die ihre Beine auf den Stuhl gezogen hatte und leicht nickte.

„Ja habe ich. Mom, er musste es wissen! Wir konnten das ja nicht ewig geheim halten vor ihm!“, sagte Carly gleich als Schutz doch seine Mutter schüttelte den Kopf.

„Carly, es ist in Ordnung. Ich denke, spätestens nach gestern hat Kyle selber verstanden, dass etwas nicht stimmt! Es war richtig es ihm zu sagen.“, beruhigte seine Mom Carly, die einfach nur nickte und sich ein Lächeln verkniff. Es gab wohl nicht viele solcher harmonischer Momente zwischen seiner Mom und Carly.

Es senkte sich die Stille über die drei und Kyle überlegte, wie er die Sachen, die er sich in der Nacht zusammengereimt hatte jetzt am besten in Worte fassen konnte.

Er räusperte sich kurz und begann dann zu sprechen.

„Ich hab mir da was überlegt…“, beide Augenpaare richteten sich auf ihn, während er ein wenig unruhig auf dem Stuhl hin und her rutschte.

„Was denn?“, fragte Carly ihn verwundert.

„Also, in Hiltons gibt es eine hervorragende Einrichtung, die Menschen mit Alzheimer begleitet. Carly, ich weiß wie viel du zu tun hast mit Jamie und allem drum und dran und ich dachte mir, wenn du Lust hättest Mom, könntest du doch mit mir nach Hiltons kommen. Wir bekommen dort bestimmt einen Platz für dich und dann wäre ich in der Nähe und könnte immer wieder nach dir schauen und Carly, du hättest endlich…“, Kyle brach ab. Er konnte das nicht vor seiner Mom sagen!

„…dein eigenes Leben!“, beendete stattdessen seine Mutter den Satz und blickte zu Carly hinüber. „Ich habe dir das Leben so schwer gemacht Schätzchen, es tut mir Leid. Kyle ich finde diese Idee hervorragend. Vielleicht könnte ich gleich mit dir nach Hiltons zurück fahren und mich dort darüber informieren?“

Bei diesen Worten riss Carly ihren Blick nach oben. „Nein! Das lasse ich nicht zu! MOM du kannst doch nicht hunderte Meilen entfernt von mir leben! Was ist wenn du mich brauchst? Was ist, wenn irgendwas passiert?“, fragte Carly sie ein wenig panisch. Sie hatte so lange auf ihre Mom geachtet, dass es jetzt unvorstellbar für sie war sie einfach gehen zu lassen.

„Schhh, schhh Carly. Beruhige dich! Kyle hat vollkommen recht! Ich muss doch sowieso weg von hier mein Liebling. Bei uns gibt es keine solche Einrichtung. In Hiltons wäre ich zumindest in der Nähe deines Bruders! Außerdem könnte ich seine Freundin dann auch mal kennenlernen!“, sagte seine Mutter lächelnd und sah Kyle an, der tatsächlich ein wenig rot zu werden schien.

„MOM!! Sie ist nicht meine Freundin!“, entgegnete er und dabei war ihm durchaus bewusst, dass er sich so anhörte, als wäre er in der vierten Klasse. Alle drei am Tisch begannen zu lachen, was äußerst erfrischend war, denn in den letzten Monaten hatte es wohl nicht mehr viel zu lachen gegeben.

„Sie wird dir auf jeden Fall gefallen Mom. Sam ist äußerst einzigartig!“, erklärte Carly, die sich wohl mehr oder weniger mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass seine Mom mit ihm gehen würde. Kyle konnte Carly nur bewundern für das, was sie in den letzten Jahren geleistet hatte und immer noch leisten wollte. Er hatte erlebt, wie Mom und Carly miteinander umgegangen waren. Während Carly immer verständnisvoll und ruhig geblieben war, hatte seine Mutter einige Dinge zu ihr gesagt, die er nicht in Ordnung gefunden hatte. Doch für Carly war dies Alltag gewesen! Natürlich wusste er, dass alles was seine Mom gesagt hatte beeinflusst gewesen war von ihrer Krankheit, von beiden um genau zu sein, dennoch war er sich nicht sicher, ob er nicht irgendwann die Geduld verloren hätte, wenn er das alles über Jahre hinweg mitgemacht hätte. Und auch jetzt noch erfreute sich Carly nicht daran, die Verantwortung abgeben zu können! Stattdessen wollte sie Mom bei sich behalten und für sie sorgen. Doch allen dreien war klar, dass sie das nicht schaffen würde. Sie brauchten professionelle Hilfe und die würden sie in Hiltons bekommen.

„Es wird alles gut!!“, sagte seine Mutter und legte ihre zweite Hand auf Carlys Hände, die sie auf dem Tisch abgestützt hatte „Da bin ich mir sicher!“, fügte sie ruhig hinzu und Kyle und Carly blieb nur das eine, nämlich zu hoffen, dass ihre Mutter recht behielt.

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Am vierten Tag, an dem Kyle nicht da war, saß Sam mit Janine gemeinsam in ihrer Wohnung. Sie hatte gerade mit der Geschichte geendet doch Janine sah mehr als nur skeptisch aus.

„Sam, das hast du von Dennis erfahren? Während er telefoniert hat? Klingelt da was bei dir?“, fragte Janine ihre Freundin die aussah, als hätte sie tagelang nicht geschlafen.

„Ja da klingelt was bei mir! Und zwar klingelt da die Einsicht, dass ich mich zum Affen gemacht habe!“, antwortete Sam energisch. Janine hingegen war immer noch nicht überzeugt. Sie hatte Kyle kennengelernt, hatte mit ihm gesprochen, sogar Henry hatte ihn leiden können! Da stimmte etwas ganz gewaltig nicht!

„Sam, komm schon. Du kennst Kyle! Du weißt genau, dass er so etwas niemals tun würde. Entweder du hast da irgendwas falsch verstanden oder, Dennis hat dich reingelegt! Anders kann ich mir das nicht erklären. Kyle ist total verrückt nach dir!“, entgegnete Janine, doch Sam gefiel anscheinend überhaupt nicht, was Janine zu sagen hatte denn sie kniff die Augen zusammen und sprang auf.

„Kyle ist nicht verrückt nach mir! DU bist verrückt, wenn du das denkst! Janine verstehst du denn nicht? Kyle und ich, wir leben in unterschiedlichen Welten und das von Anfang an. Wir haben versucht etwas zu kreuzen, was gar nicht geht! Und jetzt trage ich die Rechnung dafür. Ich habe mich lächerlich gemacht und das vermutlich in der gesamten Stadt! Wahrscheinlich wusste jeder von dieser Wette und wahrscheinlich hat mich jeder belächelt wenn ich irgendwo aufgetaucht bin!“ Sam war gerade dabei sich in Rage zu reden.

„Aber Sam, jetzt überleg doch mal logisch. Wenn Kyle versucht hat, eine Wette zu gewinnen, dann muss er ja mit irgendjemandem gewettet haben! Dennis hat davon gesprochen, dass Kyle den Pott erhalten hat also müssen ja noch mehrere darin verwickelt sein! Ansonsten hat aber absolut NIEMAND versucht dich ins Bett zu bekommen, oder??“, fragte Janine ihre Freundin und hoffte, dass zumindest ein klein wenig Einsicht kam.

„Das wäre mir zwar nicht aufgefallen aber sie haben alle versucht mich damals von Derek fernzuhalten! Simmons will seltsam viel Zeit mit mir verbringen und Goalie war immer extrem nett zu mir, was theoretisch auch nur eine Masche sein könnte. Der Einzige, dem ich 100% vertraue, dass er darin nicht verwickelt ist, ist Martin und das auch NUR weil er verlobt ist!! Oh Gott Janine, wie konnte ich nur so blöd sein?“, Sam ließ sich auf die Couch zurück fallen und schloss die Augen während Janine sich immer noch sicher war, dass das alles nicht stimmte. Dass das alles einfach nicht stimmen KONNTE!

„Sam, bitte zieh keine voreiligen Schlüsse. Wenn du Kyle damit konfrontierst und es stimmt nicht, dann bist du ihn los! Und das wahrscheinlich für immer!“, sagte Janine jetzt in weichem Ton. Sam öffnete dabei ihre Augen und sah ihre Freundin an.

„Ich weiß ganz genau, dass Kyle mich hintergangen hat, wieso hätte Dennis das alles sonst sagen sollen? Er wusste ja nicht einmal, dass ich hinter ihm stehe!“

Sams Entschluss stand offenbar fest und Janine kannte sie mittlerweile gut genug um zu wissen, dass wenn Sam sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dies auch so umgesetzt werden würde. Ihr war offenbar in keinster Weise bewusst, dass sie sich eventuell auch auf dem falschen Dampfer befinden könnte und ihr war auch nicht bewusst, dass wenn sie Kyle beschuldigte, obwohl er unschuldig war, er ziemlich wahrscheinlich den Rückzug antreten würde. Niemand verkraftete es, wenn er feststellte, dass einem nicht vertraut wurde.

Doch Janine wurde die Befürchtung nicht los, dass es vielleicht genau das war, was Sam beabsichtigte. Vielleicht war genau das ihr Ziel? Nicht bewusst, doch unterbewusst hatte Sam mit Sicherheit Angst bekommen und durch diese Sache den perfekten Ausweg gefunden.

Vielleicht wollte Sam Kyle auf diese Art und Weise einfach loswerden, ohne sich am Ende selber die Schuld geben zu müssen? Janine wusste, dass Sam mehr für Kyle empfand wie sie sich eingestand und dies machte ihr vermutlich höllische Angst. Was war, wenn Sam etwas durch diese Angst zerstörte, was doch eigentlich das schönste in ihrem Leben hätte werden können?

 

49. Kapitel: „Du lässt mir einfach keine Wahl…“,

„Ich kann auch da bleiben, wirklich! Die werden das schon verstehen. Ich kann euch doch nicht einfach alleine zurück lassen!“, sagte Kyle zum zehnten Mal an diesem Tag. Es war Freitag Mittag und Carly und seine Mutter hatten beschlossen, dass es für Kyle an der Zeit war, wieder nach Hause zu fahren.

Kyle hatte in der Einrichtung angerufen, in welcher Chrissy arbeitete, eine alte Freundin von ihm. Diese hatte ihm aber mitgeteilt, dass der Chef für zwei Wochen im Krankenhaus sei, da sein Knie operiert werden müsse und somit könnten keine Neuanmeldungen aufgenommen werden. Sie hatte sich jedoch bereit erklärt, ihm eine Beleg zu schreiben, den er der Staatanwaltschaft schicken solle, in welchem sie bestätigte, dass Kyle sich beraten lassen habe. Zusätzlich hatte seine Mutter eine Erklärung unterzeichnet, in welcher sie sich bereit erklärte, sich in eine solche Einrichtung zu begeben. Das alles bedeutete jedoch, dass er seine Mutter und Carly erneut zurücklassen würde. Diesesmal nur für zwei drei Wochen, doch trotzdem fiel es ihm schwer.

„Schatz, du wirst dich jetzt in dieses Auto setzen und losfahren! Wir werden das schon hinbekommen, versprochen!“, entgegnete seine Mom. Anschließend schob sich Carly an ihr vorbei.

„Kyle, hau rein. Mach die anderen platt! Und schau, dass du deine Chance bei Sam nutzt!“, sagte Carly so leise, dass seine Mutter, die gerade an ein paar Rosen roch, die in ihrem Garten wuchsen, sie nicht hören konnte.

„Ich weiß nicht welche Chance du meinst, aber platt machen werde ich die anderen allemal!“, erwiderte er  lächelnd und wandte sich ab.

„Ok dann, ich mach mich auf den Weg. Ruft an, falls was sein sollte und ich bin so schnell wie möglich da!“, erklärte er und stieg ins Auto ein, wo er den Zündschlüssel umdrehte und das Auto startete.

Er hatte gar kein gutes Gefühl dabei, die beiden jetzt alleine zurück zu lassen doch andererseits, hatten sie es die letzten Monate auch ohne ihn geschafft. Weshalb sollten sie also jetzt Probleme damit haben?

„Fahr vorsichtig Liebling!“, sagte seine Mutter und winkte ihm, als er aus der Ausfahrt heraus fuhr. Im Rückspiegel sah er Carly und seine Mom am Straßenrand stehen. Von Jamie hatte er sich vorher bereits verabschiedet. Alex hatte ihn erneut abgeholt, damit Carly, seine Mom und er die letzten Dinge vor seiner Abreise klären konnten. Kyle fuhr mit dem Wissen aus Wilmington heraus, dass er hier noch einige ungeklärte Dinge zurücklassen würde und er diese, sobald es die Zeit zuließ, in Angriff nehmen musste. Jetzt freute er sich jedoch erst einmal auf sein Zuhause, auf das Team, auf das Spiel am Sonntag er freute sich einfach auf das ganz normale Leben.

 

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Immer noch wütete Sam durch ihre Wohnung ohne einen ersichtlichen Grund zu haben. Seit dem Gespräch mit Janine, welches sie am Vortag geführt hatte, herrschte in ihr eine innere Unruhe, die sie nicht mehr unter Kontrolle bekam. Heute hatten bereits Goalie und auch Simmons versucht sie auf dem Haustelefon zu erreichen. Sie wunderten sich vermutlich, wo Sam die ganze Zeit war, denn seitdem sie das Telefonat von Dennis belauscht hatte, war sie nicht mehr beim Training aufgetaucht, obwohl dies doch eigentlich ein festes Ritual geworden war. Mit keinem von den Jungs hatte sie seither gesprochen, erst Recht nicht mehr mit Kyle, den sie mittlerweile am liebsten erwürgen wollte. Er hatte sie so tief verletzt, so tief hatte sie wohl noch niemand getroffen. Sie hatte sich ihm hingegeben, ihm sogar ihre Jungfräulichkeit geschenkt und er hatte es ihr gedankt indem er sie hinterging. Wenn sie ihm wirklich wichtig gewesen wäre, dann wäre er früher oder später von alleine mit der Sprache herausgerückt doch das hatte er nicht getan. Mit den anderen Jungs konnte und wollte sie nicht sprechen, da sie sich aufgrund ihrer Schwäche zutiefst schämte. Noch niemals in ihrem Leben, hatte sie sich auch nur annäherungsweise so benutzt und verarscht gefühlt und dieses Gefühl stieg von Tag zu Tag.

Janine hatte noch einige Stunden versucht, Sam begreiflich zu machen, dass Kyle sie nie und nimmer so sehr verletzten würde, doch Sam war klar, dass Janine sie nur beruhigen wollte. Sam hatte sich in den letzten Wochen verändert, das stimmte, aber sie würde dennoch keinen beschissenen Idioten aus sich machen lassen!

Als es an ihrer Tür klopfte, hielt sie in der Bewegung inne.

„Sam??!! Mach die Tür auf!“, hörte sie Goalie rufen. Sam atmete beruhigt ein, denn sie war sich aus irgendeinem Grund sicher gewesen, dass dies Kyle war, der da vor ihrer Tür stand. Doch bis morgen, sollte er eigentlich nicht zurück kehren.

„Lass mich in Ruhe, ich will niemanden sehen!“, rief sie durch die verschlossene Tür doch Goalie ließ sich nicht abbringen.

„Verdammt mach die Tür auf Sam, wir machen uns Sorgen!“, rief er erneut, doch Sam sah nicht ein, weshalb sie darauf antworten sollte. Stattdessen begab sie sich in die Küche, wo sie sich ein Glas Wasser einschenkte und sich anschließend ruhig gegen die Theke lehnte.

„Glaub nicht, dass ich hier einfach abhaue Sam!! Wenn nötig, bleibe ich den ganzen Tag hier stehen! Ich denke nicht, dass deine Nachbarn sonderlich begeistert sein werden!“, rief Goalie erneut. Alleine schon mit den zwei Minuten der er sich jetzt vor ihrer Tür befand, brachte er ihre Nachbarn wahrscheinlich zum durchdrehen doch Sam war ein sturer Mensch und sie wollte nicht einfach so klein beigeben. Als jedoch Goalie auch fünf Minuten später noch nicht gegangen war und mittlerweile konstant an ihre Tür hämmerte, entschloss sich Sam genervt, die Tür doch zu öffnen und zumindest einmal zu fragen, was Goalie wollte, denn ansonsten, da war sie sich sicher, würde er seine Drohung wahr machen.

Sie riss die Tür in dem Moment auf, indem Goalie erneut das Wort ergreifen wollte, doch verstummte er sofort, als er sie vor sich stehen sah. Einen kurzen Moment schien er überrascht von der Tatsache, dass Sam tatsächlich die Tür geöffnet hatte, doch er fasste sich schnell wieder und trat dann, ohne Sams Einladung abzuwarten, in ihre Wohnung ein.

„Entschuldige bitte??“, sagte Sam, doch dieser ignorierte sie einfach und stürmte in ihr Wohnzimmer, wo er erstmal gehetzt hin und her ging bis er schließlich endlich stehen blieb und sich zu ihr umdrehte.

„Was zum Teufel ist los?“, fragte er sie ruhig, doch Sam wusste genau, dass es in ihm brodelte.

„Wieso sollte etwas los sein?“, fragte sei ihn gespielt lässig. Sie würde Goalie mit Sicherheit nicht auf die Nase binden, dass sie von der dummen Wette erfahren hatte!

„Verarsch mich nicht, ich bin nicht Thompson!“, sagte Goalie und bei Kyles Erwähnung blieb Sams Herz für einen kurzen Moment stehen. Doch sie fasste sich schnell wieder und zuckte mit den Schultern.

„Was soll den Kyle damit zu tun haben?“, fragte sie ihn und ließ sich schließlich auf ihrem Sessel nieder, wo sie die Beine übereinander legte. Auf Kyles Sessel, wenn man es mal genau nahm, doch Goalie versperrte ihr den Weg zu ihrer Couch und sie wollte sich nicht zum Affen machen, in dem sie sich zwischen Couch, Sessel und Tisch hindurch quetschte. Sie ließ ihr Bein ein wenig auf und abwanken und sah zu Goalie hinauf, der sich gerade aufgeregt mit der Hand durch die Haare fuhr.

„Ist doch jetzt egal. Sam, was ist los? Du reagierst überhaupt nicht auf unsere Anrufe, die ignorierst uns alle, du meldest dich nicht…jetzt sag schon, irgendwas ist doch passiert, oder?“, fragte Goalie jetzt einfühlsam und ging in die Hocke, weil er so mit Sam einigermaßen auf Augenhöhe war.

Diese zuckte jedoch erneut mit den Schultern.

„Goalie, ich hab mein eigenes Leben und vielleicht überrascht es dich aber ihr Jungs seid nicht der Nabel der Welt!“, antwortete sie kalt und brachte Goalie dazu, seine Stirn in Falten zu legen.

„Das ist mir selber auch klar Sam, aber so warst du die letzten Wochen nicht. Wir machen uns Sorgen!“, erklärte er immer noch einfühlsam doch bei diesen Worten musste Sam auflachen.

„DAS hättet ihr euch vorher überlegen sollen…“, rutschte es ihr heraus, obwohl sie doch eigentlich nicht auf dieses Thema zu sprechen kommen wollte.

Jetzt schien Goalie ehrlich verwirrt!

„Was heißt das denn schon wieder?“, fragte er sie irritiert.

„Ach gar nichts, vergiss es einfach! Ich wollte einfach meine Ruhe haben und soweit ich weiß, bin ich keinem von euch Jungs eine Rechenschaft schuldig!“, sagte Sam wieder berechnend.

„Das stimmt, du bist uns keine Rechenschaft schuldig, aber Kyle hat bei uns angerufen und wegen dir nachgefragt. Er hat wohl einige Male versucht dich anzurufen, aber du gehst nicht ran!“, sagte Goalie und erneut, spürte Sam einen Stich in der Brust bei der Erwähnung von Kyles Namen.

„Auch IHM bin ich keine Rechenschaft schuldig Goalie!“, entgegnete sie jedoch ruhig.

„Das sehe ich jedoch anders! Du bist uns vielleicht keine Rechenschaft schuldig, doch ich dachte wir sind Freunde! Warum sprichst du nicht mit uns?“

Sam überlegte einen kurzen Moment, was sie darauf erwidern sollte.

„Freunde? Seit wann sind wir denn Freunde Goalie? Wir haben eine Art Arbeitsbeziehung nichts weiter! Ich bin eure Reporterin, ich schreibe Artikel über euch und ich habe eure Unterstützung für meine Abschlussarbeit gebraucht, doch das alles bedeutet noch lange nicht, dass wir Freunde sind. Freunden muss man vertrauen können nur bin ich mir nicht sicher, ob ich das bei euch tun kann…“, sagte Sam und stand auf. Goalie blickte schockiert zu ihr hoch und stand dann ebenfalls auf.

„Sag mal, geht’s dir nicht gut oder so?“, fragte Goalie sie, jetzt mittlerweile ein wenig wütend.

„Wieso sollte es mir nicht gut gehen? Ich sage doch einfach nur die Wahrheit! Also bitte, ich brauche jetzt wirklich meine…“, diesen Satz konnte sie jedoch nicht mehr vollenden, denn plötzlich klopfte es erneut an ihrer Tür und beide blickten hinüber. Sie zog die Stirn kraus und überlegte, wer es denn dieses Mal sein konnte.

„SAM??“, hörte sie Kyles Stimme rufen und jetzt, blieb sie tatsächlich wie angewurzelt stehen.

„Thompson, der kommt gerade Recht, vielleicht kann der dir ein wenig Vernunft einreden denn ganz offensichtlich ist irgendwas in den letzten Tagen falsch gelaufen, was wir nicht mitbekommen haben. Aber Sam, nur weil ich dich sehr gern habe, werde ich dieses heutige Gespräch ersteinmal vergessen und ich hoffe inständig, dass du wieder die Alte wirst…“, sagte Goalie und ging auf die Tür zu.

 „Mach die Tür nicht auf!!“, sagte Sam in einem plötzlichen Anflug von Panik und Goalie drehte sich zu ihr um.

„Spinnst du jetzt?“, fragte er sie stattdessen und sah sie noch irritierter an.

„Sam, ich höre doch, dass du zuhause bist! Mach auf!“, rief Kyle erneut und Sam blickte auf die noch verschlossene Tür.

In diesem Moment spielte in ihrem Kopf alles verrückt und sie war nicht mehr fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie hatte sich mit Goalie auseinandersetzen müssen, der höchstwahrscheinlich von Anfang an von dem Spielchen gewusst hatte. Das hatte ihr schon fast das Herz gebrochen doch ob sie die Kraft hatte, sich jetzt auch noch mit Kyle zu beschäftigen, der doch der eigentliche Grund dafür war, dass sie so unglaublich wütend war, da war sie sich nicht sicher! Vielleicht hätte sie doch auf Janine hören sollen?

„Sam??“, fragte Goalie sie, der sich jetzt wieder von der Tür entfernt hatte und ihr gerade eine Hand auf die Schulter legen wollte, doch Sam trat einen schnellen Schritt zurück und sagte etwas zu scharf „Fass mich nicht an!“, dann wandte sie sich ab.

„Ich bin hier, rede doch verdammt noch mal mit mir!“, sagte Goalie und seine Stimme wurde wieder weich.

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Was zum Teufel war nur los mit Sam? Sie hatte sich in den letzten Tagen nicht mehr gemeldet, reagierte nicht auf seine Anrufe, sprach nicht mit ihm. Das letzte Mal, als sie sich getroffen hatten, hatte er das Gefühl gehabt, dass sie sich näher gekommen waren, doch mittlerweile stand vor ihm eine Sam, die er noch niemals gesehen hatte. Sie glich der Sam, die Danny früher immer beschrieben hatte.

Die kalte, undurchsichtige Frau die sie einst anscheinend gewesen war. Irgendwas MUSSTE einfach geschehen sein, doch wenn sie nicht mit ihm sprach, konnte er ihr nicht helfen obwohl er doch so unbedingt wollte.

Thompson stand draußen vor der Tür und hämmerte immer wieder dagegen. Der würde wahrscheinlich auch bald ausrasten!

Das Gefühl, dass Sam wegen Kyle so wütend war, ließ Goalie nicht mehr los, schließlich wollte sie auf gar keinen Fall, dass dieser in ihre Wohnung kam. Doch was konnte er schon getan haben? Schließlich hatten sie sich die letzten Tage gar nicht mehr gesehen!

„Sam, jetzt komm schon, mach die Tür auf. Ich komm mir ganz schön bescheuert vor!“, hörte er Thompson rufen doch kümmerte er sich nicht weiter drum. Stattdessen sah er auf Sam hinab, die mit dem Rücken zu ihm stand und nicht einmal einen Anflug von Einsicht zu haben schien.

„Tust du jetzt so, als ob du keinen von uns beiden mehr hörst oder was?“, sagte Goalie zu ihr und dabei drehte sie sich wieder zu ihm um und funkelte ihn an.

„Warum könnt ihr mich alle nicht einfach nur in Ruhe lassen??“, fragte sie ihn doch die Worte hörten sich nicht wütend sondern eher kraftlos an.

„Weil du uns wichtig bist!“, antwortete er. Dabei lächelte sie kurz, doch kurz darauf, sprühten ihre Augen wieder Funken.

„Das lässt sich leicht sagen…“, murmelte sie und blickte Goalie zwar an, doch schien sie ihn nicht wirklich anzusehen.

Goalie wusste nicht mehr weiter und so entschloss er sich schließlich, das Einzige zu tun, von dem er glaubte, dass es sinnvoll wäre. Dieses Mal kehrte ER Sam den Rücken zu und ging erneut auf die Tür zu. Kurz bevor er sie erreichte sah er, als er sich noch einmal zu ihr umwandte, dass Sam sich wieder umgedreht und offenbar den Kampf aufgegeben hatte.

„Du lässt mir einfach keine Wahl…“, murmelte er, bevor er seine Hand auf den Türknauf legte und ihn umdrehte.

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Was sollte denn der Mist? Kyle hörte ganz genau, dass sich Sam dort drinnen mit irgendeinem Typen unterhielt, also warum verdammt öffnete sie nicht die Tür?

Auf seine Anrufe hatte sie gar nicht mehr reagiert und so hatte er vorhin versucht, Simmons zu erreichen. Doch auch dieser hatte ihm nicht wirklich sagen können, was nicht stimmte. Das Einzige was Kyle wusste war, dass Sam sich in den letzten Tagen bei keinem von den Jungs gemeldet hatte und, dass sie sich vollkommen zurückgezogen hatte.

Er klopfte erneut gegen die Tür und genau in dem Moment, in welchem er die Hand wieder fallen lassen wollte, ging die Tür auf, doch nicht Sam stand ihm gegenüber sondern Goalie, der ihn besorgt ansah.

„Was tust du denn hier Mann?“, fragte Kyle ihn überrascht und hatte das Gefühl, als befände er sich gerade in einem vollkommen falschen Film.

„Na ich hab versucht mit deiner Freundin zu reden, doch die ist vollkommen verrückt geworden!“, erklärte Goalie und trat aus der Wohnung.

„Sie ist nicht meine Freundin!“, fühlte sich Kyle verpflichtet zu sagen und spannte er kurz danach, was Goalie als zweites gesagt hatte.

„Was meinst du mit verrückt geworden?“, fragte er ihn weiter.

„Sieh doch selbst nach, ich bin raus!“, antwortete Goalie und machte sich auf den Weg zum Treppenhaus. Dort angelangt, drehte er sich nochmal um.

„Cool, dass du wieder da bist!“, sagte er noch schnell, bevor er sich auf den Weg nach unten machte und Kyle vor der offenen Wohnungstür stehen ließ.

Irgendwas stimmte hier ganz gewaltig nicht, doch Kyle hatte keinen Plan, was es sein konnte, schließlich war er doch nur knapp fünf Tage weggewesen! Was sollte sich denn in dieser kurzen Zeit ändern?

Er ging in die Wohnung hinein und als Sam sich zu ihm umdrehte und ihn mit kalten Augen ansah stellte er für sich fest, dass sich offenbar eine ganze Menge ändern konnte.

Nichts von der Wärme, die er aus Sams Blick kannte, war vorhanden und auch ihre Körperhaltung wirkte äußerst abwehrend. Sie hatte noch kein Wort gesagt, doch Kyle war sich nicht sicher, ob er überhaupt wollte, dass sie etwas sagte. Er hatte Angst vor dem was geschehen würde, denn eines war für ihn glasklar: Irgendwas lief hier im Moment vollkommen aus dem Ruder nur hatte er keine Ahnung, was es war. 

50. Kapitel: „Ganz alleine du bist verantwortlich dafür, dass wir ab heute Geschichte sind…“

Sollte sie jetzt direkt auf Konfrontation gehen oder sollte sie lieber abwarten, was Kyle zu sagen hatte? Sam wusste es nicht, schließlich war sie noch niemals in einer solchen Situation gewesen. Jetzt, da sie Kyle jedoch gegenüber stand und er sie so unschuldig anblickte, konnte sie sich plötzlich nicht mehr vorstellen, dass er sie absichtlich so sehr verletzen wollte. Doch sie hatte es ja mit eigenen Ohren gehört und Kyle hatte es schon immer am besten gewusst, wie man sich verkaufte, schließlich wäre er ansonsten niemals im Stande gewesen, so viele Frauen in sein Bett zu locken. Und all diese Waffen, die er ansonsten bei irgendwelchen dahergelaufenen Weibern angewandt hatte, hatte er auch bei ihr verwendet. Warum nur, obwohl doch die Sachlage eigentlich so klar war, wollte sie dann am liebsten in diesem Moment zu ihm gehen und ihn erstmal an sich drücken, denn egal wie wütend sie auch war, so hatte sie ihn doch vermisst. Seine Nähe, seine Späße und die Vertrautheit, die zwischen ihnen geherrscht hatte. Das alles, war jedoch mit einem Schlag vernichtet worden und zurückgeblieben war der tiefe Schmerz, den sie nicht ignorieren konnte. Selbst wenn sie jetzt einen Rückzieher machen würde und Kyle nicht damit konfrontierte, so würde sie ihm ja doch nicht mehr trauen können. So oder so, war alles in nur ein paar Minuten zerstört worden. Dennis hatte die Illusion, in der sie gelebt hatte, beendet und einerseits, war sie ihm dankbar deswegen, schließlich musste sie jetzt keinen Narren mehr aus sich selbst machen, andererseits verfluchte sie ihn jedoch, denn sie hätte gerne noch ein klein wenig länger in dieser Traumwelt gelebt in der sie sich so lebendig gefühlt hatte.

„Was ist denn hier los gewesen in den letzten fünf Tagen? Es herrscht irgendwie eine Weltuntergangsstimmung…“, sagte Kyle plötzlich und durchschnitt damit die Stille. Sam blickte zu ihm auf und ballte ihre Fäuste, dies sah Kyle jedoch nicht. Stattdessen blickte er ihr ins Gesicht und schien nicht wirklich zu wissen, was er tun sollte.

„Nein kein Weltuntergang…nur das Ende einer Beziehung, die doch niemals wirklich existiert hat!“, sagte Sam und damit war der Knoten geplatzt. Sie wusste, es gab kein Zurück mehr und als Kyle seine Stirn in Falten legte und sie verwirrt ansah, wusste sie auch, dass sie das, was ihr im Kopf herum ging, auf den Punkt bringen musste.

„Muss ich das jetzt verstehen?“, fragte Kyle unschuldig, jedoch hörte sie ihm genau an, dass er auch etwas verunsichert zu sein schien.

„Ich denke, du weißt sehr genau was ich meine!“, entgegnete Sam, doch Kyle hatte anscheinend keine Lust auf solche Spielchen, denn er kam einen Schritt weiter ins Wohnzimmer hinein, lehnte sich dann gegen die Kommode die neben der Schlafzimmertür von Sam stand und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust.

„Nein, eigentlich nicht! Vielleicht kannst du es mir ja einfach mal erklären?“, fragte er etwas kälter als vorher noch und dies zeigte Sam, dass bei ihm sehr wohl so langsam der Groschen fiel.

„Ich denke, es ist nicht überraschend, dass das zwischen uns früher oder später zu Ende geht, also machen wir kein großes Ding draus und beenden es hier und jetzt, dann ersparen wir uns eine ganze Menge Drama!“, erklärte Sam, brachte es jetzt erstmal jedoch nicht übers Herz sich selbst ans Messer zu liefern und Kyle zu sagen, dass sie von der Wette wusste.

Kyle verlagerte sein Gewicht von einem Bein auf das Andere, sein Gesichtsausdruck schien undurchdringlich.

„Wenn du mir sagen möchtest, dass du keinen Bock mehr auf mich hast, dann akzeptiere ich das Sam, aber mein Gefühl sagt mir irgendwie, dass das hier etwas ganz anderes ist.“, erwiderte Kyle misstrauisch und fügte anschließend hinzu „Also möchte ich gerne, dass du mir erklärst, was in diesen fünf Tagen geschehen ist, dass du dich plötzlich dazu entschließt mich in den Wind zu schießen!“

Bei diesen letzten Worten schnaubte Sam und ihre Wut kam zurück.

„In den Wind schießen kann man nur jemanden, der wirklich zu einem gehört hat, das was ich mit dir mache ist einfach die Sache beenden bevor es ungemütlich für einen von uns beiden wird. Gibs doch zu Kyle, du atmest innerlich erleichtert auf und bist froh, mich endlich los zu haben!“, sagte Sam und funkelte ihn wütend an.

Jetzt stieß sich Kyle von der Kommode ab und trat einen Schritt auf sie zu.

„Gib jetzt nicht mir die Schuld für etwas, das ich immer noch nicht verstehe! Sam was zum Teufel ist passiert?“, fragte er sie erneut und langsam schien er die Geduld zu verlieren. Es war nicht seine Schuld? War er denn wirklich so eitel zu denken, dass Sam nicht hinter sein kleines Spielchen kommen würde??

„Du denkst echt ich bin bescheuert oder?“, fragte Sam ihn und wünschte sich in diesem Augenblick jemandem mit nur einem Blick Schmerzen bereiten zu können.

„Nein das denke ich nicht! Aber ganz offensichtlich habe ich hier etwas verpasst und ich möchte gerne, dass du mir erklärst, warum du die Sache zwischen uns beenden willst, schließlich habe ich ja wohl zumindest eine vernünftige Erklärung anstatt dieses kryptischen Gelabers verdient, oder etwa nicht?“, fragte er sie und dabei wollte sie am liebsten auf ihn zugehen und ihm eine mitgeben.

„Du hast es verdient? Meiner Ansicht nach, hast du gar nichts verdient! Nicht einmal dieses Gespräch hast du verdient aber ok, wenn du dich dumm stellen möchtest, ich hab von der Wette erfahren!“, sprudelte es aus Sam heraus. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Gleich erwartete sie wilde Entschuldigungen, Beteuerungen, dass sich seit dem Abschluss der Wette alles geändert habe und noch so ähnliches Zeug, doch nichts dergleichen trat ein. Stattdessen war Kyle jetzt stehen geblieben und sah sie so an, als wäre sie nicht mehr ganz sauber.

„Von was für einer Wette sprichst du da??“, fragte er sie einige Sekunden später.

„WAS FÜR EINE WETTE?? Das fragst du mich ernsthaft??“, Sams Ton war jetzt lauter geworden. Kyle nickte.

„Ja tue ich, schließlich habe ich keinen blassen Schimmer, von was du da eigentlich sprichst!“, sagte Kyle ebenfalls lauter.

Sam wollte am liebsten explodieren und diesen Mistkerl, der ihr gegenüber stand, gleich mit in die Luft jagen. „Ich rede von der Wette, bei welcher ihr Jungs der Meinung wart, dass es ne geile Sache ist zu wetten, wer mich am schnellsten in die Kiste bekommt!!“, schrie sie ihn jetzt an und sie spürte ihr Hände, die vor Wut zitterten. Kyle sah sie immer noch vollkommen verständnislos an. Wenn überhaupt, dann betrachtete er sie noch mehr so, als wäre sie nicht mehr ganz sauber!

„Und von wem willst du von dieser Wette erfahren haben?? War nämlich keine sonderlich sichere Quelle, denn diese Wette existiert überhaupt nicht!“, jetzt war er ebenfalls wütend, was Sam noch rasender machte, schließlich hatte ER doch die Scheiße gebaut.

„Es ist unwichtig, wer es mir gesagt hat. Wichtig ist, dass es ich rausbekommen habe! Weißt du, ich habe mich schon die ganze Zeit über gefragt, was du eigentlich von jemandem wie mir möchtest, doch ich hätte dir niemals zugetraut so mit den Gefühlen von Menschen zu spielen!“, sagte Sam und erkannte ihre Stimme kaum wieder. Mittlerweile klang sie kalt, einfach nicht mehr so, wie sie normalerweise klang.

Kyle schien dies alles anscheinend äußerst witzig zu finden, denn plötzlich lachte er los, hielt jedoch inne, als Sam nicht mit einfiel.

„Das hier ist doch ein Scherz oder?? Du willst mir nicht ernsthaft erzählen, dass du irgendjemandem, der dir von ner beschissenen Wette erzählt hat, glaubst, dass ich dich nur deswegen verführt habe, oder?? Wo sind die Kameras, denn langsam wird die Sache hier lahm!“, sagte Kyle und sah sie jetzt berechnend an. Langsam aber sicher, wurde Sam unsicher. Sie hatte mit vielem gerechnet, jedoch nicht damit, dass Kyle diese Idee als so absurd abtun würde.

„Was hätte denn eine Wette für einen Sinn, wenn ich dafür meinen Stammplatz in der Mannschaft verliere!? Hast du dir deswegen schon Gedanken gemacht?“, fragte Kyle sie wütend.

Sie schluckte einmal. Sie hatte auch nicht damit gerechnet, dass Kyle wütend werden würde. Mit was hatte sie eigentlich gerechnet??

Kyles Augen verengten sich. Während Kyle jedoch die Pause machte, erlangte Sam ihren Mut ein wenig zurück.

„Weißt du was das Schlimmste an dieser ganzen Sache ist? Ich habe wirklich geglaubt, dass du eigentlich ein wirklich guter Kerl bist!“, sagte Sam leise und blickte auf den Boden.

Als jedoch irgendetwas krachend auf dem Boden landete, blickte sie erschrocken auf. Ein Bilderrahmen lag da, das Glas war gesprungen und kleine Glasscherben zierten den Boden.

„Ich bin genau der Kerl, den du in den letzten Wochen kennengelernt hast Sam! Diese verdammte Wette gibt es nicht!!“, dann hielt er inne und sah sie abschätzend an. Sam wich einen Schritt zurück. So wütend, hatte sie Kyle noch niemals gesehen.

„Ich glaube, dass dein Problem wo ganz anders liegt!“, sagte er jetzt zwar mit einer wesentlich ruhigeren Stimme, dennoch machte sie Sam ein wenig Angst.

„Ich habe kein Problem verdammt! Wie kannst du es wagen zu leugnen, dass diese Wette existiert, wenn ich doch mit eigenen Ohren gehört habe, wie jemand darüber gesprochen hat!? WIESO sollte denn jemand über etwas sprechen, was es gar nicht gibt??!“,  sagte Sam und wollte am liebsten gehen, denn sie hatte keine Lust mehr auf diese Auseinandersetzung. Doch es war ihre eigene Wohnung, in der sie sich befanden und sie würde einen Teufel tun und in ihrer eigenen Wohnung den Rückzug antreten!

„Was weiß denn ich?? Du sagst mir ja nicht, um wen es geht aber weißt du was? Es ist mir im Grunde genommen scheißegal wer dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, denn wenn du diesen Scheiß glaubst, dann ist das schon genug für mich zu wissen. DU kennst mich von allen Menschen hier in Hiltons am besten! Du solltest verdammt nochmal wissen, dass ich so etwas niemals tun würde! Und wenn du tatsächlich diesen Menschen in mir siehst, dann ist es wirklich das Beste, dass wir diesen Dreck hier beenden, denn mit solch einem Menschen muss ich nicht mehr Zeit verbringen als nötig! Von Anfang an hast du dich mir gegenüber verschlossen! Du hast mir niemals wirklich eine Chance gegeben, du hattest deine Meinung und an dieser hältst du immer noch fest!“, erneut flog etwas auf den Boden, das Glas, welches Sam vorher aus der Küche mit ins Wohnzimmer gebracht hatte. Sam wusste nicht, was sie darauf sagen sollte.

„Du hast mich immer wieder weggestoßen, hast versucht dich vor mir zu verschließen! Ich war immer der Vollidiot der wieder angekommen ist! Denkst du wirklich, ich würde für eine beschissene Wette so viel Energie investieren? Glaubst du ich hab es so bitter nötig??“, Kyle war wirklich wütend. Sam hingegen, war sich ihrer Sache gar nicht mehr so sicher. Sie war noch nicht einmal mehr im Stande, irgendwas zu sagen.

„Verdammte Scheiße! Ich war fünf Tage weg und in der Zwischenzeit schaffst du es, alles zu zerstören! Ich hab mir den Arsch für dich aufgerissen und du? Du hast nichts Besseres zu tun, als irgendeinem dahergelaufenen Proleten oder wer auch immer das war so einen Schwachsinn zu glauben? Ich hab wirklich mehr von dir erwartet!“, sagte er schließlich und dabei hob Sam den Kopf, den sie während seiner Ansprache zu Boden gesenkt hatte. Er tat so, als hätte sie all den Mist gebaut, der zwischen ihnen gelaufen war! Er drehte den Spieß einfach um, obwohl doch ER derjenige gewesen war, der sie flachlegen hatte wollen. Wahrscheinlich hatte er dieses Ziel von Anfang an verfolgt! All die Dinge, die zwischen ihnen geschehen waren, waren aus falschem Ehrgeiz heraus gegangen! Selbst wenn es stimmte und Kyle diese Wette nicht abgeschlossen hatte, so war doch nie wirklich etwas echt zwischen ihnen gewesen! Endlich, fand auch Sam wieder die Worte etwas zu sagen!

„Wenn ich ein so übler Mensch bin und war, warum zum Teufel hast du dich dann bemüht? Wenn es stimmt und diese Wette nicht existiert, dann frage ich dich, weshalb wolltest du mich überhaupt?? Ich kann es dir nämlich sagen! Du wolltest mich doch nur, weil du es nicht ertragen hast, dass ich dich zurückgewiesen habe! Dass dein Äußeres und dein ach so begehrenswerter Charme bei mir nicht gezogen haben! Bereits bei unserem ersten Treffen wolltest du deinen Kopf durchsetzen und als ich dich abblitzen lassen habe, hast du dir gedacht jetzt erst Recht! Du wolltest niemals wirklich MICH du wolltest doch nur die Bestätigung dafür, dass du jede haben kannst! Und wenn wir schon davon sprechen, glaubst du etwa du hast mich jemals wirklich an dich heran gelassen? Ich weiß im Grunde genommen NICHTS von dir! Du versuchst immer zu zeigen, was für ein toller Hengst du doch bist, aber öffnen würdest du dich niemandem gegenüber!“, konterte sie doch Kyle schien äußerst unbeeindruckt. Stattdessen schien er noch wütender zu sein als vorher, in keinster Weise, schien er die Sache so zu sehen wie Sam sie sah!

„Da haben wir es. Weißt du was ich glaube?“, fragte er sie und gab ihr tatsächlich die Zeit zum antworten. Sie entscheid sich jedoch dagegen etwas zu sagen.

„Ich glaube, du benutzt diese Sache mit der Wette nur, weil du das mit dir und mir beenden wolltest. Ich bin dir wohl auf irgendeine Art und Weise zu Nahe gekommen und das lässt du nicht zu, weshalb auch immer! Aber bitte, du bekommst deinen Willen!“, sagte er und wandte sich ab, blieb jedoch nach ein paar Schritten stehen und drehte sich erneut um zu ihr.

„Ach und um deine Frage zu beantworten, ich habe mir solche Mühe gegeben weil ich dich wirklich gerne gemocht habe. Ich hab in dir etwas gesehen, was ich in anderen Frauen bisher noch niemals gesehen habe! Ich wollte meine Zeit mit dir verbringen, auch wenn du dich benommen hast wir eine blöde Psychopathin! Erinnere dich mal zurück und du wirst sehen, dass ich stets versucht habe, dich gut zu behandeln und dass ich niemals absichtlich etwas getan habe, was dich verletzten würde! Ich habe dich vor meinen Freunden in Schutz genommen, bin zu dir gestanden egal was war und du? Du fällst mir so in den Rücken! Du hast das wirklich geglaubt mit der Wette? Dann bist du nicht die Frau, die ich dachte dass du bist! Und, so schade ich es auch finde, das bedeutet für mich, dass die Sache hier ein für alle mal beendet ist denn auf so einen Scheiß, hab ich keine Lust!“, gerade als er gehen wollte, schien ihm noch etwas einzufallen. „Und wenn du etwas über mich hättest wissen wollen, hättest du einfach nur Fragen brauchen! Ich war immer stets ziemlich ehrlich zu dir, doch die Frage lautet eher, ob du selber ehrlich zu dir bist, denn wenn du mal ganz genau überlegst wirst du feststellen, dass ganz alleine du verantwortlich dafür bist, dass du und ich ab heute Geschichte sind!“, und mit diesen Worten öffnete er die Tür und schlug sie, nachdem er aus der Wohnung getreten war, mit voller Wucht zu. Der Knall dröhnte noch Sekunden später in Sams Ohren und seine Worte hallten in ihrem Kopf. Sie war ganz alleine dafür verantwortlich, dass er und sie Geschichte waren?

Wie hatte sich das alles nur so entwickeln können? War nicht er eigentlich der Böse gewesen? Wenn er das tatsächlich war, warum nur fühlte sich Sam dann in diesem Moment wie Dreck?

Sie kniete sich nieder, um die Scherben, die auf dem Boden verteilt lagen aufzuheben und merkte dabei, dass ihre Hände zitterten.

Wenn es doch eigentlich für sie das Richtige gewesen war, warum nur fühlte sie sich so, als hätte sie gerade einen riesengroßen Fehler begangen? Wenn Kyle tatsächlich so ein Arschloch war, wie es ihr in den letzten Tagen ständig durch den Kopf gegangen war, warum zum Teufel liefen ihr dann gerade Tränen die Wangen hinab?

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Noch niemals hatte Kyle so die Beherrschung verloren und noch niemals in seinem Leben war er so wütend und gleichzeitig so gekränkt gewesen! Wie zum Teufel kam Sam nur auf solche Schnappsideen? Was auch immer ihre Gründe waren, Kyle war es mittlerweile egal, denn alles, was er in ihrer Wohnung gesagt hatte, entsprach der Wahrheit, er hatte es sich nur nicht bereits vorher eingestehen wollen! Sie hatte so lange Zeit gegen ihn angekämpft, hatte sich stets von ihm zurückgezogen und sie hatte sich niemals wirklich auf ihn eingelassen! Eigentlich, hätte er froh darüber sein sollen, dass es endlich vorbei war, doch er fühlte sich nur noch beschissen! Anstatt in seine Wohnung zu gehen, entschied er sich, zum Stadion zu laufen, denn er brauchte dringend Ablenkung. Er brauchte etwas, das ihn von dem Scheiß ablenkte, der in seinem Leben geschah. Kyle hatte geglaubt in sein altes Leben zurückzukehren stattdessen hatte er einen Scherbenhaufen vorgefunden. Nach wie vor, hatte er keinen blassen Schimmer, wie Sam auf diese Idee mit der Wette gekommen war doch alleine die Tatsache, dass sie dieser Person diese Wette nicht um die Ohren geschmissen hatte verletzte ihn zutiefst. Er war vielleicht ein Mistkerl gewesen in den letzten Jahren doch er hatte niemals absichtlich mit den Gefühlen der Menschen gespielt und Sam hätte das wissen müssen.

Er hatte gewusst, dass es nichts Gutes bedeuten würde, Sam in sein Leben zu lassen! Er hatte es sich von Anfang an immer wieder gedacht, dass sie ihm gefährlich werden könnte. Doch niemals hatte er geglaubt, dass er sich so sehr in ihr täuschen würde. Er würde sich in Acht nehmen, jemals wieder an solch eine Frau zu geraten, dann blieb er lieber alleine!

Als er endlich draußen ankam, begann es leicht zu regnen, doch es war ihm egal. Stattdessen ging er zunächst mit schnellen Schritten in Richtung College, verfiel jedoch bald er in einen Sprint und hoffte, dadurch diese beschissenen Gedanken aus seinem Kopf zu bekommen. Noch niemals, hatte ihn jemand so verletzt wie Sam es ein paar Minuten zuvor getan hatte und er war sich sicher, dass auch niemals wieder jemand die Chance dazu bekommen würde. Er hatte es satt! Er hatte Sam satt! Er war froh, dass er diesem Theater endlich entfliehen konnte! 

51. Kapitel: „Du bist verliebt in sie, Mann….“

Vollkommen verschwitzt kam Kyle bei dem Stadion an, wo er gehofft hatte, ein wenig alleine sein zu können doch da hatte er sich wohl geschnitten. Goalie, Simmons, Martin und Danny standen bereits auf dem Rasen und waren offensichtlich gerade dabei, sich aufzuwärmen. Ein außerplanmäßiges Training, das hatte schon lange nicht mehr stattgefunden. Bevor Kyle sich wieder aus dem Staub machen konnte, erblickte Simmons ihn und winkte ihn zu ihnen. Einen kurzen Augenblick erwog er dennoch abzuhauen denn er hatte keinen Bock auf Gesellschaft und erst Recht hatte er keinen Bock darauf, den Jungs zu erklären was in Sams Wohnung geschehen war. Doch Goalie wusste, dass Kyle bei ihr gewesen war und die Kraft zu lügen, die hatte er erst Recht nicht. Was für ein beschissener Tag!

„Thompson, komm schon! Beweg deinen Arsch hierher!“, rief Simmons ihm zu, als Kyle sich immer noch nicht vom Fleck bewegte. Erst jetzt entdeckten ihn auch die anderen Jungs und so machte er sich resigniert auf den Weg zu ihnen. Sein Gesichtsausdruck zeigte ihnen wohl, dass etwas nicht stimmte, denn ohne große Floskeln hörte er, wie Goalie „Na das ist dann wohl nicht sehr gut gelaufen!“, sagte und bei diesen Worten sahen alle zu Kyle hinüber.

Als er bei den anderen ankam, beschloss Simmons offenbar, dass die Floskeln doch erst einmal nötig waren und so kam er zu Kyle hinüber und schmiss ihm einen Arm um die Schultern.

„Endlich bist du wieder da Mann! Mir kams so vor, als wärst du Wochen weggewesen!“, erklärte er und versuchte, die getrübte Stimmung die herrschte irgendwie zu überspielen. Doch Kyle wusste, dass bei ihm nichts helfen würde um seine Stimmung aufzuhellen. Sein Tag war versaut und, so glaubte er, auch die nächsten denn er konnte sich nicht vorstellen, wie er die Wut und die Enttäuschung über Sams Verhalten innerhalb von nur ein paar Stunden überwinden sollte.

„Ach Fuck, Alter, was ist passiert?“, sagte jetzt Martin und ließ den Ball auf den Boden fallen, den er eben noch in der Hand gehalten hatte. Kyle löste sich aus Simmons‘ Griff und ging auf den Ball zu. Um ein wenig Zeit zu schinden, begann er damit den Ball auf seinem Fuß zu balancieren.

„Ja das würde mich auch mal interessieren!“, sagte Kyle schließlich. Er hatte immer noch nicht ganz verstanden, was genau da in Sams Wohnung geschehen war doch eine Sache, die wusste er genau: Die Sache mit Sam und ihm war beendet. So schnell ging es. Doch er war eindeutig noch nicht bereit dafür gewesen, stellte er jetzt fest. Er hatte gehofft wenigstens noch ein paar Wochen zu haben, doch dies hatte sich durch das Gespräch mit Sam als Wunschvorstellung herausgestellt.

„Was ist passiert Leute?“, fragte er die Jungs, die alle zu ihm sahen, als er jedoch in lauter ratlose Gesichter blickte wusste er, dass zumindest von diesen vier Jungs hier, niemand Sam diesen Scheiß erzählt hatte. Blieben nur noch 50 andere Menschen die etwas dagegen gehabt hatten, dass Sam und er sich verstanden hatten.

„Wir haben wirklich keine Ahnung Mann! Von einem Tag auf den anderen hat sie uns ignoriert!“, erklärte Danny.

„Ja, sie war bei Training am Dienstag dabei und danach Puff!!“, Simmons klatschte mit seinen Händen gegeneinander und machte dann eine Bewegung in der Luft die wohl zeigen sollte, dass Sam seither verschwunden war. Kyle hob kurz seine Augenbrauen an und sah dann die anderen an.

„Jap, so war es, mehr können wir auch nicht sagen! Also, was hat sie für ein Problem??“, fragte Goalie ihn und Kyle straffte seine Schultern.

„Naja, sie denkt wohl irgendwie, wir Jungs hätten eine Wette abgeschlossen wer sie als erstes flachlegt!“, erklärte Kyle und erkannte seinen taktischen Fehler zu spät.

Simmons lachte laut los.

„Ha, dann ist das ja gar kein Problem, weil nämlich niemand von uns mit ihr gepennt hat!“, sagte er weiter lachend, doch Kyle konnte nicht wirklich mit einstimmen. Stattdessen hatte er wohl einen etwas schuldbewussten Gesichtsausdruck aufgelegt. Die anderen sahen ihn skeptisch an, nur Simmons hatte es noch nicht gerafft.

„Aber weshalb ist sie dann nicht dabei?“, fragte Simmons jetzt in die Runde und sah zum Schluss Kyle an, der nicht ganz wusste, was er dazu sagen sollte.

„Stopp….wartet mal!“, sagte Simmons, jetzt da er auch die anderen der Reihe nach ansah.

„Wenn Sam denkt, wir hätten eine Wette abgeschlossen, aber niemand von uns mit ihr gepennt hat, dann gibt’s doch eigentlich keinen Grund wütend zu sein, schließlich haben wir nichts falsches getan!“, erklärte er aus zusammengekniffenen Augen.

„Außer…“, jetzt fixierte er wieder Kyle, der immer noch nichts dazu sagen wollte.

„Alter, nicht ernsthaft oder?“, fragte er Kyle plötzlich mit aufgerissenen Augen und kam auf ihn zu. Einen kurzen Moment dachte Kyle, dass Simmons ihm gleich eine verpassen wollte doch stattdessen wurde er von mehreren Schlägen auf die Schulter überrascht.

„Wann zum Teufel ist das denn passiert? Das hab ich echt nicht kommen sehen!“, erklärte Simmons und merkte offenbar immer noch nicht, dass er der Einzige war, der seinen Mund nicht halten konnte. Kyle war zwar etwas verwirrt jedoch nicht wirklich überrascht über Simmons‘ Reaktion. Gespannter wartete er auf die der anderen. Doch diese sagten nach wie vor nichts.

„Nun…“, begann schließlich Martin und Danny beendete seinen Satz „Das kommt jetzt nicht wirklich überraschend, oder?“

Kyle blickte auf. Er hatte erwartet, dass die Anderen ihm in den Arsch traten oder irgendetwas in die Richtung, schließlich hatte er seine Stellung im Team damit riskiert doch anscheinend, überraschte es sie nicht so sehr, wie es ihn selber damals überrascht hatte.

„Was ist bei Sam passiert?“, fragte Goalie ihn jetzt ruhig und Kyle fiel auf, dass Goalie nicht wirklich was dazu gesagt hatte, dass Kyle mit Sam geschlafen hatte. Doch Kyle bezweifelte nicht, dass er das noch tun würde, also entschloss er sich, den Jungs zu erzählen was passiert war, denn er musste den Mist dringend irgendwo abladen. Normalerweise machte er solche Dinge stets mit sich aus, doch andererseits war er noch niemals in einer solchen Situation gewesen als konnte er die Jungs genauso einweihen. Jetzt wussten sie ja sowieso, was mit Sam gelaufen war.

„Naja, sie hat mir halt vorgeworfen, nur wegen dieser Wette mir ihr geschlafen zu haben!“, sagte er und sah auf den Boden.

„Das hast du aber klar gestellt, dass das nicht so war, oder?“, fragte Martin ihn und ließ sich jetzt auf dem Boden nieder.

„Naja, ich hab ihr gesagt, dass wenn sie überhaupt geglaubt hat, dass es diese Wette gibt, ich mit ihr nichts mehr zu tun haben will!“, erklärte Kyle und merkte, wie schwer es ihm fiel, das Gesagte noch einmal wiederzugeben.

„Dann sind noch einige unschöne Dinge zwischen uns gefallen und ich bin abgehauen!“, erzählte er weiter und fügte kleinlaut hinzu „Vorher hab ich wohl noch einen Bilderrahmen und ein Glas auf den Boden geschleudert…“

„Alter Falter, das klingt irgendwie heftig!“, sagte Simmons und ließ sich neben Martin aufs Gras fallen.

„Hat sie dir geglaubt, dass es die Wette nicht gegeben hat?“, wollte Danny wissen doch Kyle konnte diese Frage nicht wirklich beantworten und so zuckte er mit den Schultern und sagte „Keine Ahnung! Sie ist einfach so ein Sturkopf, verdammt!“, jetzt spürte er die Wut von vorher wieder aufkochen.

„Wie kann sie überhaupt glauben, dass wir so etwas tun würden? Dass ICH so etwas tun würde??“, er sah zu seinen Freunden in die Runde, die ihn so ansahen, als wüssten sie selber ebenfalls keine Antwort darauf. Woher auch? Niemand konnte mit Sams verwirrenden Gedankengängen mithalten!

„Kyle, kann es sein, dass du dich in sie verliebt hast?“, fragte Goalie jetzt plötzlich frei heraus und brachte Kyle so vollkommen aus dem Gleichgewicht. Die anderen sahen zuerst zu Goalie, dann zu Kyle hinüber. Gespannt, wie die Antwort ausfallen würde.

„Was?? Tickst du noch ganz sauber?“, antwortete Kyle und wich einen Schritt zurück.

„Naja, die Vermutung liegt Nahe…wir haben dich noch niemals so mitgenommen wegen einer Frau gesehen!“, erklärte Simmons und Goalie nickte zur Bestätigung. Danny und Martin hielten sich erst mal zurück.

„Seid ihr jetzt vollkommen durchgedreht? Ok, Sam und ich waren zusammen in der Kiste und ja, wir haben uns wirklich gut verstanden, doch das hatte doch nichts damit zu tun, dass ich in sie verknallt sein könnte! Das ist doch vollkommen absurd! Ich hätte euch ja gerne mal gesehen, wenn ein Mensch, dem ihr eigentlich vertraut, euch so etwas an den Kopf wirft!“, verteidigte sich Kyle und konnte nicht glauben, dass die Jungs überhaupt solch eine Vermutung hatten geschweige denn äußerten.

„Ach komm! Sei doch mal ehrlich! Du hast Gefühle für Sam!“, behauptete Goalie und steif und fest.

„Du drehst echt am Rad Mann. Nein, ich habe keine verdammten Gefühle für Sam! Ich bin einfach nur stinkwütend nichts weiter!“, bei diesem Gedanken musste Kyle sogar kurz auflachen. Er und verliebt. Vor der Liebe nahm er sich in Acht seitdem ihm das Herz mit 16 herausgerissen wurde. Und ganz bestimmt hätte er sich nicht in Sam verliebt! Später einmal vielleicht, doch nicht jetzt. Nicht in diesem Stadium seines Lebens.

Doch um jeden Zweifel bei den Jungs aus der Welt zu schaffen, entschied er sich dafür, ihnen das alles noch einmal Schritt für Schritt zu erklären.

„Ihr versteht das nicht! Sam und ich haben uns wohl so gut verstanden weil wir gleichermaßen irgendwie total daneben sind. Ich hab sie kennengelernt und eines der ersten Dinge, die sie zu mir gesagt hat war, dass sie mich verprügeln würde, sollte ich sie auch nur anfassen! Sie hat mich irgendwie fasziniert. Es ging ja schließlich nicht nur mir so, seht euch doch an!  Wieso könnt ihr sie so gut leiden? Aus den gleichen Gründen, ist sie auch mir wichtig!“, sagte er, doch Simmons hatte darauf offenbar etwas zu erwidern.

„Aber wir waren nicht mit ihr im Bett Alter!“, erwiderte dieser.

„Das ist mir klar! Ich weiß auch nicht, aber irgendwie ist das alles einfach so passiert, ich hab dafür keine Erklärung!“, sagte Kyle, da ihm seine Argumente ausgingen.

„Du bist verliebt in sie, Mann!“, sagte Simmons und Kyle blickte auf.

„Glaube mir, ich bin nicht verliebt. Ich glaube ich bin dazu gar nicht wirklich fähig. Vielleicht, aber wirklich nur vielleicht,  hätte ich irgendwann einmal Gefühle entwickelt die über das hinausgehen, was momentan vorhanden ist, doch das werden wir jetzt einfach nicht mehr erfahren, denn Sam hat mir sehr genau gezeigt, was sie von mir hält!“, Kyle hielt kurz inne. „Das ihr überhaupt mit solch einem Scheiß daher kommt! Aber lasst euch eine Sache sagen, meine Mutter ist an der Liebe kaputt gegangen, meine Schwester ebenfalls. Denkt ihr wirklich, ich würde mir so einen Scheiß antun? Nein! Also lasst mich mit dem Zeug in Ruhe und kümmert euch um euren eigenen Kram!“, erklärte er und fügte dann hinzu „Ich verschwinde…brauche nen klaren Kopf! Wir sehen uns dann morgen!“, und ohne den Jungs eine weitere Chance zu geben etwas zu erwidern, ging er davon.

Verliebt. Er. In Sam. Lächerlich.

Sie hatten eine gute Zeit miteinander gehabt. Ja. Auch war sie ihm wichtiger als jede andere vor ihr, doch das lag daran, dass sie seine Freundin gewesen war. Er hatte ihr vertraut, hatte so sein können wie er nun einmal war ohne sich ständig rechtfertigen zu müssen. Er hatte sich wohl gefühlt!

Als er 16 gewesen war, war er einmal verliebt gewesen und dies war ein alles zerstörendes Gefühl gewesen. Er hatte sich damals vollkommen zum Affen gemacht, hatte ständig ein schlechtes Gefühl im Bauch gehabt und war am Ende als der Loser dagestanden, der er doch eigentlich auch gewesen war. Er hatte seine Mutter beobachtet, als diese geliebt hatte und er hatte sie erst vor ein paar Tagen gesehen, wie sie immer noch darunter litt. Auch sie war als Häufchen Elend zurückgeblieben, als sein Vater verschwunden war und sie war niemals mehr aus diesem Teufelskreis herausgekommen. Auch Carly hatte einmal geliebt. Sie hatte sich in Alex verliebt, der sie geschwängert und sitzen gelassen hatte. Sie war alleine dagestanden und hatte sich auch selber durch das Leben mit einem Kind kämpfen müssen. Jeder den er kannte und der einmal verliebt gewesen war, war am Ende mit einem gebrochenen Herzen dagestanden und hatte sich davon nicht mehr erholt. Er fragte sich, weshalb sich Menschen das überhaupt antaten!? Er hatte sich einmal geschworen, sich diesem Gefühl nie wieder hinzugeben und das hatte er eingehalten. Ja. Sam war ihm sehr wichtig gewesen, doch glücklicherweise hatte sie sein Herz niemals für sich erobert.

 

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„Der Typ ist voll am Arsch!“, sagte Simmons, als Kyle um die Ecke der Tribünen bog und aus ihrem Blickfeld verschwand. Martin, Danny und Goalie nickten einvernehmlich.

„Stimmt, da geb ich dir vollkommen Recht!“, erwiderte Martin.

„Irgendwie haben deine glorreichen Pläne immer nicht ganz funktioniert Simmons!“, sagte jetzt Goalie und sah seinen Kumpel dabei an.

„Hey, das ist unfair! Ihr seid auch nicht mit wirklichen Meisterplänen angekommen oder?“, konterte er und fügte dann hinzu „Außerdem sind sie ja immerhin schonmal zusammen im Bett gelandet! Hat einer von euch das gewusst?“, fragte er in die Runde und alle schüttelten den Kopf.

„Ich hab keine Ahnung gehabt!“, sagte Goalie und sah immer noch in die Richtung, in welcher Kyle verschwunden war.

„Glaubt ihr Sam hat sich in Kyle verliebt? Schließlich ist sie ja wegen dieser komischen Wettengschichte voll ausgerastet!“, fragte Danny die anderen. Goalie zuckte mit den Schultern und antwortete „Keine Ahnung, aber wie Kyle vorhin schon gesagt hat, sie ist echt verdammt stur. Würde mich nicht wundern, wenn sie noch weiter davon entfernt ist, sich das einzugestehen als Kyle!“, meinte er und sah Danny dabei an.

„Wir müssen das irgendwie gerade biegen!“, sagte Simmons motiviert und alle verdrehten die Augen.

„Wie ich vorher bereits gesagt habe, deine Pläne funktionieren nie so wirklich!“, konterte Goalie.

„Aber diesesmal…“, Simmons hob einen Finger in die Höhe „Hab ich den ultimativen Plan am Start! Ihr werdet begeistert sein!“, erklärte er ihnen und köderte die Jungs damit schlussendlich doch.

„Dann leg schon los, wir haben nicht ewig Zeit!“, sagte Danny und Simmons zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

„Naja, erstmal brauchen wir einen Freiwilligen…könnte nämlich böse ausgehen!“, erklärte er und sah dabei ganz klar Goalie an, der wohl in dieser Runde den schwarzen Peter gezogen hatte.

„Du mein Lieber…“, Simmons begann seinen Plan vorzustellen und als er endete, mussten die Spieler feststellen, dass er diesesmal gar nicht so verkehrt war wie sonst!

 

 

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Wenn sein Bruder sonst auch der totale Schwachmat war, so hatte er diesesmal volle Arbeit geleistet. Er hatte es tatsächlich geschafft, dass sich Thompson von Sam getrennt hatte. Logan war nicht blöd, er hatte gleich gewusst, dass zwischen den Beiden was gelaufen war. Sam Raven war schon immer eine Schlampe gewesen die einen geil machte und sich dann am Ende als Opfer darstellte, doch diesesmal hatte sie sich ins eigene Fleisch geschnitten. Endlich war Thompson aus dem Weg geräumt und so konnte sich Logan auf Sam konzentrieren und sich überlegen wie er ihr zeigen konnte, dass sie im Endeffekt ein jämmerliches NICHTS war. Wie sie jetzt gerade da saß, in ihrem Korbsessel und ins Leere blickte.

Sie hatte schon immer gerne so getan, als wäre sie das unschuldige Mädchen von nebenan doch Logan hatte es besser gewusst. Sie hatte ihn damals in dem Haus angetörnt nur um einen Rückzieher zu machen, als ihr Bruder plötzlich auftauchte. Wie sie auf dem Boden gelegen und geweint hatte, während die Polizei in abgeführt hatte, das hatte ihn beinahe noch mehr angemacht als die Machtspielchen die sie zuvor miteinander getrieben hatten. Bald würde er seine Chance bekommen und Sam Raven zeigen, wer der Stärkere war. Denn selbst wenn sie es damals geschafft hatte, ihn einige Wochen später in einer Gasse neben der Stadtkneipe zu verprügeln, so hatte sie ihn damals nur überrascht. Sie hatte keine Chance gegen ihn und das würde sie auch noch sehen.

 Er nahm das Fernglas von seinen Augen um diese kurz zu entspannen, bevor er es wieder ans Gesicht setzte. Seitdem Thompson aus der Wohnung verschwunden war und Sam irgendetwas vom Boden weggeräumt hatte, saß sie auf ihrem Balkon und rührte sich nicht. Die letzten Tage, hatte es wesentlich mehr Action gegeben und Logan musste zugeben, dass er schon einen Steifen bekam wenn er nur daran dachte, wie Sam gestern nur in Unterwäsche durch die Wohnung gelaufen war. Sie war zwar ein Miststück doch sie machte ihn immer noch heiß wie am ersten Tag. 

52. Kapitel: „Das ist ganz einfach…“

Das vorletzte Spiel, hatte die Mannschaft für sich entschieden und so befanden sich in diesem Moment alle auf dem Weg zurück nach Hiltons. Das Finale stand an und dieses würde glücklicherweise in ihrem eigenen Stadion stattfinden, so dass Sam sich nicht noch eine Reise mit Kyle antun musste.

Zwischen den Beiden herrschte eisige Stille. Ihre Blicke hatten sich das ein oder andere Mal in den letzten zwei Tagen zwar getroffen, doch sie hatten kein Wort miteinander gesprochen. Natürlich war Sam froh darüber, dass Kyle sie in Ruhe ließ, doch unverkennbar hinterließ er in ihrem Leben eine Lücke, bei der sie das Gefühl hatte, dass sie diese niemals wieder schließen würde können. Bei jedem Blick, den sie auf ihn erhascht hatte, war ihr Herz einen kurzen Moment stehen geblieben und für diesen kurzen Moment, war ihr entfallen, weshalb sie eigentlich nicht mehr miteinander sprachen. Doch nach dieser Sekunde stürzte die ganze harte Realität über ihr ein und jedes Mal aufs Neue wurde ihr klar, dass sie von ihm an der Nase herumgeführt worden war. Ständig hatte sie sich gefragt, weshalb Kyle nur solch eine Energie in die Aufrechterhaltung ihrer Beziehung gesteckt hatte und jetzt hatte sie die Antwort. Blöderweise, glaubte sie langsam selber nicht mehr an die Antwort. Die anderen Jungs hatten sie behandelt, als wäre nie was gewesen, außer Goalie, Simmons, Martin und Danny, die ein wenig zu viel Zeit darin investierten ihr zuzulächeln oder höfliche Gesten zu vollbringen. Martin war der Erste gewesen, der sich zu ihr getraut hatte.

„Hey Sam!“, hatte er sie begrüßt, als er sie auf der Spielerbank vorgefunden hatte. Dies war kurz vor dem Start des Spieles gewesen.

„Martin…“, hatte sie kurz und knapp als Antwort gegeben und weiter gerade aus gestarrt.

„Kyle hat mir erzählt, dass du der Meinung bist, wir Jungs hätten eine Wette abgeschlossen. Naja, wohl eher der Rest der Jungs, aber ist ja auch egal…“, hatte er angefangen zu sprechen und Sam mit der Direktheit seiner Worte überrascht.

„Jedenfalls bin ich hier weil ich dir eine Sache sagen wollte und zwar, dass ich es echt beschissen finde, dass du so etwas glaubst. Ich weiß nicht welcher Idiot dir das erzählt hat, aber es entspricht ganz einfach nicht der Wahrheit! Denk mal bitte darüber nach! Vor allem auch das nächste Mal, wenn jemand dir so einen Scheiß erzählt, denn viele Menschen sind dagegen, dass ihr beiden euch so gut versteht. Dass du dich überhaupt mit uns Spielern so gut verstehst! Also bevor du das nächste Mal voreilige Schlüsse ziehst, die noch dazu absolut und vollkommen bescheuert sind, einfach Kopf einschalten! Diese Wette gibt es nicht!“, hatte er ihr erklärt und sie gar nicht zu Wort kommen lassen. Keine zwei Sekunden später, hatte der Coach nach Martin gerufen und ihr damit auch die letzte Möglichkeit gestohlen, Stellung dazu zu nehmen. Dieses Gespräch hatte sie jedoch zum nachdenken angeregt. Und auch die folgenden Gespräche mit Danny, Simmons und schlussendlich auch Goalie, hatten sie immer mehr dazu gebracht, an dem was Dennis gesagt hatte zu zweifeln. Doch wieso hätte Dennis mit jemandem am Telefon über eine Wette sprechen sollen, wenn es sie gar nicht gab? Was hätte er damit erreicht?

Ganz einfach: Wenn Dennis Bescheid gewusst hätte, dass Sam sich in der Nähe befand, hätte er das erreicht was eingetreten war. Die Trennung von ihr und Kyle.

 

Mit diesem Gedanken setzte sie sich nun schon den zweiten Tag auseinander doch sie konnte nicht glauben, dass Dennis zu solchen Mitteln greifen würde, nur um Kyle wieder für sich zu haben. Wenn es ihm überhaupt darum ging!? Sam kannte Dennis einfach zu wenig um auch nur ansatzweise nachzuvollziehen, was in ihm vorging und so beschloss sie, bei der nächsten Gelegenheit das Gespräch mit ihm zu suchen. Die Gelegenheit bot sich ihr nur nicht, denn Dennis war so gut wie niemals alleine und sie wollte sich nicht die Blöße geben ihn um ein Gespräch zu bitten und dann von ihm abgewiesen zu werden. Noch hatte sie niemandem erzählt, dass Dennis derjenige gewesen war, der sie auf diese Wette aufmerksam gemacht hatte, doch früher oder später würde sie dies tun. Alle Jungs mit denen sie gesprochen hatte hatten ihr versichert, dass es die Wette nicht gab und sie hatte es sogar Simmons geglaubt, dem sie ansonsten sofort von der Nase ablesen konnte, wenn er log beziehungsweise sich nicht ganz an die Wahrheit hielt. Dann hatte sie Kyle also mit etwas konfrontiert, was höchstwahrscheinlich tatsächlich nicht den Tatsachen entsprach und dies verursachte ihr noch mehr Bauchschmerzen als zuvor. Sie hatte einen guten Grund gehabt, Kyle damit zu konfrontieren und sie hatte es auch wirklich geglaubt, schließlich war es eine äußerst leichte Erklärung dafür gewesen, was Kyle an ihr fand, doch mittlerweile bereute sie es, dass sie nicht einfach auf Janine gehört hatte. Hätte sie doch einfach nicht so vorschnell geurteilt.

Sie hatte schon überlegt, sich bei Kyle zu entschuldigen, doch erst einmal wollte sie vorher noch mit Dennis sprechen. Außerdem hatte sie Angst davor, was geschehen würde, denn selbst wenn sie sich bei Kyle entschuldigte, so wäre doch nicht klar, wie es mit ihnen beiden weiter gehen würde. Das was Kyle ihr alles an den Kopf geworfen hatte, nahm Sam noch immer sehr stark mit und aus diesem Grund, wollte sie erstmal ihre Gedanken sortieren, bevor sie überhaupt damit begann, alles wieder zu richten. Ob sie es überhaupt wieder richten konnte? Mit dieser Frage wollte sie sich erst beschäftigen, wenn es dann soweit war.

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Kyles Wut war einem Gefühl der Hilflosigkeit gewichen. Er saß im Bus in der hintersten Reihe und hatte seinen Blick unverwandt auf den Sitz geheftet, auf welchem sich Sam niedergelassen hatte. Er hatte mitbekommen wie die anderen Jungs nach der Reihe mit Sam gesprochen hatten doch war er zu stolz um nachzufragen um was es eigentlich gegangen war. Interessiert hätte es ihn schon, doch er wollte nicht wieder der Idiot sein, der den ersten Schritt machte und der zeigte, dass sein Interesse an Sam immer noch sehr groß war. Außerdem hätte er der Aussage der Jungs dadurch nur noch mehr Gewicht gegeben und das wollte er unbedingt vermeiden.

Der Rest der Mannschaft hatte glücklicherweise nichts mehr von dem Theater mitbekommen und Sam gab sich ihnen gegenüber auch äußerst normal. Es schien beinahe so, als wäre nichts geschehen, wenn man Sam einmal länger beobachtete. Bei ihr wirkte sich der Streit also nicht weiter aus, während er Kyles Leistung ziemlich stark beeinflusst hatte. Der Coach hatte ihn in der letzten Hälfte der zweiten Halbzeit tatsächlich auswechseln müssen, da er mit den Gedanken ständig nur bei dem Freitag gewesen war. Er hatte sichere Torchancen verstreichen lassen und Fehlpässe waren an der Tagesordnung gewesen. Zum Glück waren die restlichen Jungs alle fit gewesen, denn ansonsten wäre der Traum vom Sieg in den Playoffs aus gewesen.

Kyle war furchtbar wütend auf sich selber und auf die Tatsache, dass ihm dieser Streit mit Sam so viel mehr zu schaffen machte, als er es bei ihr tat. Er kannte sich so nicht! So war er nie gewesen, noch nicht einmal mit 16!

Er lehnte sich noch weiter in seinen Sitz zurück, verschränkte dann die Arme, lehnte seinen Kopf an die Scheibe und schloss die Augen. Sam Raven konnte ihm gestohlen bleiben, das musste er nur noch seinem Kopf begreiflich machen.

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„Na? Schon über das nachgedacht was ich gesagt habe?“, hörte Sam neben sich eine Stimme und sah, dass Goalie dastand und auf sie hinabblickte. Ohne aufgefordert zu werden, nahm er neben ihr Platz und lehnte sein Knie gegen den vorderen Sitz, auf welchem niemand saß. Goalie mit seinen knapp 1,95m wirkte in diesem engen Sitz irgendwie fehl am Platz und dennoch störte er sich in keinster Weise daran und sah stattdessen unverwandt Sam an.

„Ja…“, gab sie kleinlaut zu und richtete ihren Blick lieber auf die Straße. Sie ertrug es nicht in Goalies warme, braunen Augen zu sehen die ihr doch eigentlich nur eine Sache vermittelten: Du bist so dumm, wenn du das glaubst, was dir erzählt wurde.

Ja sie war vielleicht dumm gewesen, doch für sie hatte es in dieser Situation gar keine andere Möglichkeit gegeben als Dennis zu glauben.

Goalie hingegen hatte ihr bei ihrem Gespräch begreiflich gemacht, neben Martin und den anderen, dass es durchaus auch noch andere Möglichkeiten gegeben hätte, nur hatte sie diese nicht gesehen.

„Und, was ist dabei rausgekommen?“, fragte er sie weiter. Er hatte zu ihr gesagt, dass sie mal ganz genau überlegen sollte, ob auch nur ein einziger versucht hatte, mit ihr zu schlafen oder unangebrachte Dinge zu ihr gesagt oder getan hätte um dies zu erreichen. Das selbe Thema hatte sie auch mit Janine bereits besprochen doch damals, war es ihr durchaus möglich erschienen, dass die Jungs nur deshalb so nett zu ihr gewesen waren, weil sie den sogenannten Pot haben wollten, doch da sich auch jetzt im Nachhinein alle bemühten, diese blöde Sache aus der Welt zu schaffen und, da sie sowieso bereits ins Schwanken gekommen war, gestand sie sich selber ein, dass im Endeffekt niemand außer Kyle auch nur ansatzweise solche Anstalten gemacht hatte.

„Ja du hast schon irgendwie Recht, ok?“, räumte sie jetzt ein und blickte mit vor der Brust verschränkten Armen zu ihm hinüber. Warum, wenn er doch sowieso wusste, dass er Recht hatte, musste er sie jetzt auch noch so quälen?

Als sie den Satz ausgesprochen hatte, breitete sich auf Goalies Gesicht ein Lächeln aus. Dann legte er plötzlich den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Etwas überrascht aber dennoch nicht abgeneigt ließ sie dies geschehen und blickte zu ihm hinauf.

„Was soll das denn jetzt werden?“, fragte sie ihn, doch er blickte lediglich auf sie hinab. Kurze Zeit schien er zu überlegen, dann sprach er los.

„Na, wenn ich Recht habe, dann ist es ja jetzt eigentlich soweit, sich zu entschuldigen, oder??“, fragte er sie und blickte dabei neckisch auf sie herab. Sie zog die Augenbrauen ein wenig nach oben und fragte sich, was er nur im Schilde führte.

„Aber weißt du was? Ich brauche deine Entschuldigung gar nicht, stattdessen brauche ich etwas anderes von dir!“, sagte er immer noch lächelnd. Sam hatte das Gefühl, dass es sich dabei um etwas handelte, was sie gar nicht so berauschend finden würde, doch irgendwie war sie es ihm ja auch schuldig.

„Was willst du?“, fragte sie ihn dennoch etwas misstrauisch.

„Das ist ganz einfach…“, begann er zu erklären und Sam hörte ihm dabei aufmerksam zu.

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Dieser Wixer! Jetzt, da er wusste, dass Kyle bei Sam ausgeschissen hatte, machte er sich sofort an sie ran. Als Goalie sich neben sie gesetzt hatte, hatte sich Kyle noch nicht viel dabei gedacht, doch jetzt, da er den Arm um sie legte und sie zu sich zog, wollte er am liebsten aufstehen und dem Mistkerl eine mitgeben! Seinen Plan, die Fahrt ein wenig zu verschlafen, hatte nicht funktioniert und in dem Moment, in welchem er die Augen geöffnet hatte, hatte er mitbekommen, wie Goalie sich auf den Weg zu Sam machte.

„Hey Alter, na was geht?“, hörte er neben sich Simmons und blickte zu ihm hinüber, froh um die Ablenkung die er bot.

„Was los?“, fragte Kyle ihn sofort, als er ihm ins Gesicht sah, denn Simmons hatte offenbar etwas vor.

Dieser schmiss sich neben Kyle auf den Sitz und klatschte in die Hände.

„Wir sind im Finale!!“, freute er sich und Kyle fragte sich, ob er Simmons Gesichtsausdruck falsch interpretiert hatte.

„Und weißt du was wir heute machen, weil wir ins Finale gekommen sind???“, fragte Simmons ihn, während er beinahe schon aufgeregt auf dem Sitz auf und ab hüpfte. Kyle fragte sich manchmal ernsthaft, was die Frauen an Simmons eigentlich fanden, denn dieser war einfach nur…wie sollte er das beschreiben? Naja, seltsam halt!

„Ich schätze einmal wir feiern?“, fragte Kyle ihn trocken und Simmons nickte heftig.

„Genau richtig! Wir feiern. Und weißt du, was du heute Abend machst?“, fragte Simmons ihn weiter.

„Trinken?“, stellte Kyle die Gegenfrage und erneut nickte Simmons heftig.

„Genau! Du bist also mit am Start??“, wollte Simmons als letztes von ihm wissen.

„Warum zum Teufel sollte ich denn bitte nicht mit am Start sein? Ich träume schon seit Saisonstart von dieser Party! Wir haben es uns redlich verdient jetzt da wir es ins Finale geschafft haben!“, erklärte Kyle, fühlte sich dabei jedoch bei weitem nicht so euphorisch, wie er gerade tat.

„Naja, ich dachte du würdest Stress machen wegen dieser Sam Sache, aber da hab ich mich wohl geirrt!“, erwiderte Simmons und stand auf.

„Um Neun in der Bar, und komm nicht zu spät!“, fügte er hinzu und verschwand kurze Zeit später ohne Kyle noch die Chance zu geben, etwas zu erwidern. Was hätte er auch sagen sollen? Dass er sich keinen Stress machte, obwohl Sam offenbar schon wieder den Nächsten am Start hatte? Goalie. Immer wieder Goalie. Dieser Mistkerl beschäftigte ihn schon von Anfang an und Kyle verstand einfach nicht, weshalb es ihn so sehr störte, dass er und Sam sich so gut verstanden.

Der heutige Abend bot eine willkommene Abwechslung zu dem, was in den letzten Tagen so geschehen war. Allen voran die Krankheit seiner Mutter, der Abschied von seiner Familie, dieser Alex der sich definitiv zu viel in Carlys Nähe befand und dann zum Schluss auch noch Sam, die ihn mit ihren lächerlichen Unterstellungen überfallen und damit kalt erwischt hatte. Er war froh, wenn die Saison zu Ende war und er neben dem Playoffs Finale auch das letzte Spiel hinter sich gebracht hatte. Das letzte Spiel stellte in der Regel einfach nur eine Trainingseinheit dar, in welcher jedoch die gesamte Spielerzahl in zwei Mannschaften aufgeteilt wurde und im Anschluss gegeneinander antrat. Zuschauer wurden dazu eingeladen, die Cheerleader vollführten tolle Choreographien doch im Vordergrund stand das Feiern. Jedes Jahr am Ende der Saison fand dies ungefähr zwei Wochen nach dem Finale, oder eben ihrem letzten Spiel, statt. Danach hätte er endlich seine Ruhe und vielleicht, würde er dieses Jahr ja für einige Wochen nach Wilmington abhauen und dort diese Ruhe genießen, bevor er mit seiner Mutter zurückkehrte und sich wieder dem harten Alltag stellte. Was auch immer er tat, er musste auf jeden Fall ein wenig Abstand von dieser Stadt und deren Bewohner bekommen. Er hatte in den letzten Wochen so viel gestritten wie vorher noch nie in seinem Leben und wegen Sam war er kurz davor, einem eigentlich sehr guten Kumpel eins auf die Fresse zu geben, weil dieser seine Hände nicht bei sich behalten konnte. Er war vielleicht nicht in Sam verliebt gewesen doch sie hatten dennoch eine Art Beziehung geführt und er fand es mehr als nur niederträchtig von Goalie, sich an seine Ex ranzuschmeißen. Sam fand das offenbar gar nicht niederträchtig, denn sie saß gute sieben Reihen vor ihm und scherzte mit Goalie was das Zeug hielt. Sie tat das, was sie vorher immer mit Kyle getan hatte und dies versetzte ihm einen harten Schlag in die Magengrube, denn eigentlich, wenn er einmal ganz ganz ehrlich zu sich selber war, vermisste er genau das. Das Selbstverständliche, das ihn und Sam verbunden hatte.

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Als der Bus endlich in Hiltons einfuhr und an der Bushaltestelle hielt, atmete Sam erleichtert auf. Das Busfahren fiel ihr eindeutig leichter als am Anfang, relativ prickelnd fand sie es aber dennoch nicht. Sie stand auf und wollte gerade in den Gang steigen, als sie vor eine harte Brust lief.

„Sorry…“, murmelte sie und blickte nach oben in zwei grüne Augen, die sie kalt anstarrten. Die grünen Augen, die sie sonst so einfühlsam, glücklich, gelöst und begehrend angeblickt hatten sahen sie jetzt an, als wäre sie nicht einmal mehr so viel Wert wie der Boden auf dem Kyle lief. Sie erstarrte sofort in der Bewegung. Dieses „Sorry“ war das erste Wort gewesen, welches sie seit Freitag zu ihm gesagt hatte und obwohl sie mittlerweile stark daran zweifelte, dass diese Wette tatsächlich existierte schaffte sie es nicht dieses blöde Sorry auch für den anderen Fall auszusprechen. Wieso fiel es den Menschen so einfach, sich bei solchen Lappalien zu entschuldigen und wenn es um die wirklich wichtigen Dinge ging, konnten sie ihren Stolz nicht überwinden?

„Gehst du jetzt weiter oder was?“, sagte Kyle direkt an sie gerichtet und sie stellte fest, dass sie halb im Gang stand und wie blöd zu ihm hinaufgestarrt hatte ohne auch nur im Ansatz etwas zu sagen oder zumindest aus dem Weg zu treten.

„Ja, ja…ist schon gut!“, murmelte sie und stieg in den Gang hinaus. Sie spürte Kyles

Nähe und ertrug es beinahe nicht, ihm so nahe zu sein und gleichzeitig doch eigentlich so fern. Es wäre nicht viel Aufwand. Sie musste sich nur umdrehen, ihm in die Augen sehen und sagen „Kyle, es tut mir furchtbar Leid, was ich zu dir gesagt habe! Natürlich gibt es diese Wette nicht, ich hätte es gleich wissen müssen! Du bist einer der besten Kerle, die ich je in meinem Leben kennengelernt habe und ich habe wohl einfach nur Angst bekommen…“, doch so einfach war das nicht.

Ihr fielen seine Worte vom Freitag wieder ein. Er hatte ihr vorgeworfen, sich ihm nicht zu öffnen und noch vieles mehr. Bevor sie sich darüber nicht im klaren war, was an diesen Worten dran war, konnte sie das Gespräch nicht führen, denn er würde von ihr wissen wollen wie es weiter ging und das könnte sie ihm nicht sagen. Vorausgesetzt natürlich, er verzieh ihr.

Sie stieg die drei großen Stufen aus dem Bus hinab und kam endlich draußen an. Sie atmete schnell einmal tief ein und ging dann ein paar weitere Schritte um nach Janine Ausschau zu halten. Diese hatte ihr versprochen, sie abzuholen, da um diese Zeit keine Busse mehr fuhren.

„Sam!!“, rief ihr ihre Freundin zwischen den Spielern zu und machte sich auf den Weg zu ihr.

„Na wie wars?“, fragte sie, während Henry, den sie im Schlepptau hatte, sich auf den Weg zur Gepäckausgabe machte um Sams Tasche zu holen.

„Naja, eigentlich ganz in Ordnung, aber ich glaube das erzähl ich dir lieber später, ok?“, entgegnete Sam und beobachtete, wie ein Spieler nach dem anderen mit seiner Tasche in der Hand die Bushaltestelle verließ. Vereinzelt hörte sie ein „Bis später!“ und fünf Minuten später, war der Platz beinahe leer. Sie sah, wie Henry und Kyle nebeneinander standen und sich angeregt unterhielten. Sofort fragte sich Sam um was es wohl ging, doch dies erfuhr sie eine Minute später, als Henry auf sie zukam und meinte „Kyle fährt gleich bei uns mit! Sein Kumpel der ihn holen wollte hat ihm abgesagt!“.

„Henry!! Das kannst du doch nicht machen!“, erwiderte Janine, die ihren Verlobten schockiert ansah. Dieser zuckte nur mit den Schultern.

„Und ob ich das kann. Ich kann den Jungen doch nicht zu fuß nach Hause laufen lassen, nur weil er und Sam sich mal wieder äußerst blöd stellen!“, erwiderte er. Diese Aussage brachte Sam auf den Plan.

„Na Danke Henry, dass du wie immer kein Blatt vor den Mund nimmst!“, entgegnete sie und sah, dass Kyle bereits auf sie zukam. Galant ignorierte er Sam einfach und sagte „Hey Janine, vielen Dank, dass ihr mich mitnehmt!“.

 

Von Henry hörte Sam noch ein „Ist doch so, verdammt….“, doch dies war so leise gemurmelt, dass außer ihr niemand verstanden hatte was er sagte. Mit dem Schlüssel in der einen und Sams Tasche in der anderen Hand schlenderte Henry zum Auto. Zwei Minuten später saßen alle anderen ebenfalls drinnen und weil man in diesem Moment eine Stecknadel auf dem Boden fallen hören würde, schaltete Henry die Musik ein und steuerte Sams Wohnhaus an. Keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort, die drückende Stille war zum Haare raufen. Sie blickte kurz zu Kyle hinüber, der jedoch stur aus dem Fenster starrte. Sollte es jetzt immer so zwischen ihnen laufen? Würden sie sich den Rest ihres Lebens ignorieren? Sam war sich nicht sicher, ob sie dies ertragen könnte. 

53. Kapitel: „Hat sie denn gesagt, dass ich ihr wichtig bin...

 

„Kyle, warte mal!", rief ihm Janine hinterher und er drehte sich verwirrt um. Sam war vor zwei Minuten ins Haus gestürmt und hatte ihn mit Henry und Janine alleine stehen lassen. Sie hatten noch ein wenig über das Spiel gequatscht und schließlich hatte auch Kyle sich von den beiden verabschiedet. Was konnte Janine also von ihm wollen, was sie nicht auch vorher schon mit ihm besprechen hätte können?

„Was ist los?", fragte er sie und sah verwirrt an ihr vorbei. Henry setzte sich ins Auto und brauste auf einmal davon. Was ging denn jetzt ab?

„Ich müsste bitte kurz mit dir sprechen!", erklärte sie und er bemerkte ihren etwas schnelleren Atem vom laufen.

„Ich wüsste zwar nicht, was wir beide zu besprechen hätten, aber ok?!", antwortete Kyle und ließ seine Tasche auf den Boden fallen, Janine jedoch schüttelte den Kopf.

„Nein nicht hier, gehen wir in deine Wohnung!", sagte sie vehement und verwirrte Kyle damit noch mehr.

„Meinetwegen...", erklärte er sich dennoch bereit und hob seine Tasche wieder auf. Schweigend gingen sie gemeinsam durch die Eingangstür und dann die Treppen hinauf, bis sie vor Kyles Wohnungstür ankamen. Es fühlte sich seltsam an, Janine neben sich stehen zu haben und Kyle wusste nicht so Recht was er tun oder sagen sollte. Mit Henry war es ein leichtes ein paar Worte zu wechseln aber Janine war so unberechenbar in dieser Hinsicht. Wenn er es sich genau überlegte, hatte er mit Janine auch nie wirklich geredet. Wenn, dann waren stets Henry und/ oder Sam dabei.

„Na, dann komm mal herein!", sagte er und stieß die Tür auf. Er konnte sich für einen kurzen Moment nicht dran erinnern ob er aufgeräumt hatte, doch als er die saubere Wohnung entdeckte atmete er erleichtert auf. Er hatte gar nicht genug Zeit in der Wohnung verbracht um sie ins Chaos zu stürzen!

Janine ging mit hinter dem Rücken verschränkten Armen ins Wohnzimmer und sah sich um. Seine Wohnung war im Vergleich zu der von Sam wesentlich dunkler gehalten, im Endeffekt war es jedoch die exakt gleiche Raumaufteilung und das erkannte auch Janine.

„Deine Wohnung sieht genauso aus wie die von Sam, nur nicht ganz so wohnlich!", gab sie ihren Kommentar, zu dem was sie sah, ab. Kyle konnte ihr nicht widersprechen. Sams Wohnung war wesentlich gemütlicher eingerichtet und auch er selber hatte sich dort viel besser gefühlt als in seiner eigenen.

„Naja, mir taugst!", erklärte er dennoch da er das Gefühl hatte, er müsse sich verteidigen. Anschließend ging er in sein Schlafzimmer und schmiss die Tasche auf das Bett. Auch sein Schlafzimmer war wesentlich kahler als das von Sam. Außer einem Bett, einem Schrank und einer Kommode gab es hier drinnen nichts anderes. Es war eben nur das Nötigste vorhanden. Er hatte keine Fotos auf seiner Kommode wie Sam und auch hatte er keine Lampe im Eck stehen, die wenn sie an war, das Zimmer in ein weiches Licht tauchte. Er hatte keine Pflanzen in dem Zimmer und auch nicht das Chaos, welches Sam in der Regel in ihrem Zimmer hatte. Sam drückte eben überall ihren Stempel auf, so auch offenbar in seinem Kopf denn jetzt stand er doch tatsächlich seit zwei geschlagenen Minuten da und sinnierte über die Unterschiede zwischen seinem und Sams Schlafzimmer!

Janine war es offenbar nicht aufgefallen, denn sie sah sich immer noch in seiner Wohnung um. Im Wohnzimmer standen ein paar Bilder von ihm und seiner Familie und als er aus dem Schlafzimmer trat, fand er Janine direkt vor diesen vor.

„Deine Schwester hat große Ähnlichkeit mit deiner Mutter!", erklärte sie, als er sich neben sie stellte. Er nahm ihr das Foto, welches sie gerade in der Hand hielt, ab und stellte es wieder an seinen ursprünglichen Platz.

„Ja, ich bin vom Aussehen mehr nach meinem Vater geraten!", dann sah er auf Janine hinab.

„Janine, nimms mir nicht übel aber, was willst du hier?", fragte er sie frei heraus. Sie entfernte sich von seinem Sideboard und ging in die Mitte des Raumes, schien dabei ihre Gedanken zu sortieren und drehte sich schließlich um.

„Ok, dann einfach ganz direkt mal anfangen, oder?", fragte sie ihn und lächelte dabei. Kyle nickte und ging in die Küche, wo er zwei Coladosen aus dem Kühlschrank holte. Anschließend reichte er Janine eine und setzte sich auf die Couch, Janine hingegen schien es zu bevorzugen stehen zu bleiben.

„Du und Sam habt euch ziemlich verkracht, oder?", fragte sie ihn und er nickte erneut, nicht bereit etwas darauf zu erwidern.

„Ok, ich weiß, dass du das jetzt wahrscheinlich nicht hören willst, aber ich kann einfach nicht anders. Sam ist meine beste Freundin und das schon seit einigen Jahren und sie hat einiges durchgemacht in den letzten Jahren. Ich will mich ja eigentlich gar nicht einmischen, aber ich kann da einfach nicht tatenlos zusehen!", begann sie und hatte damit Kyles vollste Aufmerksamkeit.

„Ok?!", sagte Kyle um nicht vollkommen stumm da zu sitzen.

„Hast du mit Sam einmal über ihre Vergangenheit gesprochen?", fragte sie ihn und setzte sich schließlich doch neben ihn auf die Couch.

„Nein habe ich nicht. Sie hat nichts erzählt und auch so war nie was aus ihr rauszubekommen!", erklärte er und wartete ab, worauf Janine hinaus wollte.

„Dann weißt du nicht, dass ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben sind?", fragte sie ihn weiter.

„Doch, das weiß ich. Aber nicht von ihr sondern...", in diesem Moment fiel ihm ein, dass Henry eigentlich gesagt hatte, dass Kyle nicht sagen dürfte, dass er diese Information von ihm habe, doch dafür war es jetzt zu spät.

„Ist ja auch egal von wem....", unterbrach Janine seinen Gedanken. „Jedenfalls waren ihre Eltern damals auf dem Weg um sie abzuholen. Das lastet ihr schon sehr lange an, denn sie gibt sich nach wie vor die Schuld an dem Tod ihrer Eltern. Zu allem Überfluss, hat sie so gut wie keinen Kontakt mehr zu ihren Brüdern. Sie haben sich vollkommen abgeseilt von ihr und Sam hat jetzt Angst, jeden zu verlieren, der ihr in ihrem Leben wichtig ist. Das zum ersten. Ein Jahr, bevor ihre Eltern gestorben sind, ist noch etwas anderes geschehen, was sie in ihrem Leben gezeichnet hat, hat sie dir davon schon mal erzählt?", fragte Janine ihn. Kyle war immer noch damit beschäftigt die erste Information zu verarbeiten unterbrach sich selber jedoch dabei, weil er nichts verpassen wollte.

„Nein hat sie nicht. Ich sagte doch, wir haben über solche Dinge niemals gesprochen!", erklärte er erneut.

Janine nickte und fuhr dann fort.

„Dann ist es eigentlich auch nicht meine Aufgabe dir das zu erzählen, aber ich halte es für notwendig damit du endlich das große Ganze verstehst. Ein Jahr vor dem Tod ihrer Eltern, wäre Sam beinahe in ihrem eigenen Haus vergewaltigt worden.", in diesem Moment hielt sie kurz inne und Kyle sah die Wut, die in ihren Augen loderte. Auch in ihm wuchs diese mit einem Mal an. Sam wurde beinahe vergewaltigt? Wieso zum Teufel hatte sie ihm das nie erzählt?

„Die Story davor, die kann ich dir nicht erzählen, aber es war eine äußerst schwere Zeit für sie. Der Kerl sitzt hinter Gittern und ich hoffe, dass er dort auch vermodert. Jedenfalls hatte Sam von diesem Zeitpunkt an große Probleme sich jemandem anzuvertrauen. Bevor sie angefangen hat mit dir zu schlafen, hat sie nie jemanden zu nach an sich heran gelassen und ich bin wohl die einzige wirkliche Konstante in ihrem Leben. Ich möchte damit jetzt kein Mitleid in dir rühren, das ist das Letzte was ich beabsichtige, wirklich. Aber ich möchte, dass du zumindest noch einmal darüber nachdenkst, ob du wirklich fertig mit Sam bist, denn obwohl sie wirklich schwierig ist hat sie doch auch gute Gründe dafür. Du musst nur Geduld mit ihr haben...", erklärte sie ihm.

„Ich hatte sehr viel Geduld mit ihr! Die ganze Sache ist schrecklich und ich wünschte, sie hätte mir etwas davon erzählt, doch das hat sie nicht. Das spricht doch auch wieder für sich, oder nicht? Sie vertraut mir noch nicht einmal so weit, dass sie mich ein klein wenig mehr in ihr Leben lässt. Ich verstehe, dass sie Probleme hat zu vertrauen, doch sie kennt mich und weiß wer ich bin! Ich hätte niemals etwas getan, was sie verletzt, dafür hat sie aber nie wirklich auf mich Rücksicht genommen!", Kyle fiel es schwer diese Worte auszusprechen, nachdem er das gehört hatte doch er musste Janine begreiflich machen, dass trotz dieser schrecklichen Dinge nicht schon wieder er derjenige sein konnte, der auf sie zuging. Er konnte ihr einfach nicht verzeihen, dass sie geglaubt hatte, er hätte sie nur benutzt.

„Das verstehe ich Kyle, wirklich. Aber vielleicht hilft dir folgendes: Ich glaube gar nicht, dass sie so sehr Angst davor hatte von dir verletzt zu werden, sondern ich glaube, sie hatte stets mehr Angst davor, dass du ihr zu Nahe kommst und überhaupt die Fähigkeit dazu bekommst. Im Endeffekt hast du es auch geschafft ihr so nah zu kommen, sonst hätte sie dich nicht so hart wieder von sich gestoßen! Ich glaube, du bist ihr viel wichtiger, als sie sich jemals eingestehen würde und ich hoffe, dass es dir da genauso geht...", sagte Janine und brachte Kyle damit zum Erstarren.

„Ich will gar keine Antwort von dir darauf, aber was ich möchte ist folgendes: Ich will, dass du einmal in dich hinein horchst und dir überlegst, ob du wirklich den Rest deines Lebens aufgrund einer blöden Lappalie, nichts mehr mit Sam zu tun haben möchtest. Ihr habt euch gut getan und das weißt du! Ich bin hier bei dir weil ich weiß, dass du der Vernünftigere von euch beiden bist und ich hoffe, dass sich diese Vermutung auch bestätigt. Mehr als mit dir reden kann ich nicht, aber bitte denk einmal darüber nach.", bat ihn Janine und stand auf. Kyle konnte immer noch nichts dazu sagen. War er Sam wirklich so wichtig, wie Janine da behauptete? Er nahm wahr, dass Janine sich auf den Weg zur Tür machte und blickte auf.

„Hat Sam jemals etwas in die Richtung gesagt? Hat sie denn gesagt, dass ich ihr wichtig bin?", fragte er sie jetzt und Janine blieb stehen. Einen kurzen Moment zögerte sie und schien nicht zu wissen, was sie sagen sollte, doch schließlich drehte sie sich zu ihm um.

„Nein, das hat sie nicht, aber ich sehe es in ihren Augen wenn sie von dir spricht. Und um ehrlich zu sein, sehe ich das selbe in deinen, wenn du über sie redest! Was ihr daraus macht, ist jedoch nicht mehr meine Angelegenheit!", und mit diesen Worten verschwand sie aus seiner Wohnung und ließ ihn im Finsteren zurück. Sie sah es in seinen Augen? Was war das für ein Schwachsinn? Auf so was konnten auch nur Frauen kommen.

Kyle wusste nicht, wie er mit den Informationen umgehen sollte, die er gerade erhalten hatte. Die Vorstellung, dass irgendein schmieriger Lackaffe Sam beinahe so etwas Schreckliches angetan hatte, machte ihm schwer zu schaffen. Nochmehr jedoch, machte es ihm zu schaffen, dass er diese Sache von Janine hatte erfahren müssen. Was hatten Sam und er denn überhaupt geteilt außer einer Decke? Er hatte geglaubt sie ein wenig besser zu kennen, er hatte geglaubt, dass sie sich ihm gegenüber zumindest ein klein wenig geöffnet hatte, doch anscheinend stand es noch schlimmer um ihr Vertrauen als er vorher erahnt hatte. Doch was sollte er mit diesen Dingen jetzt anfangen? Würde es doch wieder an ihm hängen bleiben obwohl er doch diesesmal rein gar nichts falsch gemacht hatte?

Wollte er überhaupt, dass er Sam mehr bedeutete? Er war sich nicht sicher, denn er wusste, dass er es ihr niemals zurückgeben konnte. Vielleicht war das alles doch genauso richtig, wie es gekommen war! Früher oder später hätte es sowieso geendet, warum also nicht hier sofort genau den Schlussstrich ziehen, von dem er eigentlich der Meinung gewesen war, dass er vollzogen war. Wenn dies jedoch der Wahrheit entsprach, warum zum Teufel saß er dann hier, in seinem Wohnzimmer und sinnierte darüber, ob das was Janine ihm gerade gesagt hatte, auch nur ansatzweise möglich war?

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Sam holte die Liste aus ihrem Schreibtisch hervor, auf welcher sämtliche Nummern der Fußballspieler standen. Sie hatte sie kurz nach dem Training vom Coach erhalten, als sie und Kyle alleine auf dem Platz gestanden waren. Sie fuhr mit dem Finger die Liste entlang und entdeckte Dennis Nummer beinahe ganz unten, tippte sie in ihr Telefon ein und wartete ab, bis jemand dran ging. Sie konnte nicht länger abwarten. Sie musste mit ihm sprechen. Sie musste endlich wissen was Sache war, denn mit jedem Augenblick, den sie mehr an die Erlebnisse mit Kyle dachte, wurde ihr mehr bewusst, was für einen großen Fehler sie begangen hatte. Dreimal piepte es in ihrem Ohr, kurz darauf hörte sie eine dunkle Stimme, die sie plötzlich erstarren ließ.

„Hallo???", fragte die Stimme bereits zum dritten Mal doch immer noch konnte Sam nichts sagen. Wieso nur kam ihr diese Stimme so furchtbar bekannt vor? Sie bildete sich da doch etwas ein!

Sie hörte wie jemand entnervt auflegte und nahm den Hörer vom Ohr. Jetzt drehte sie ja vollkommen durch! Aber sie konnte sich nicht helfen. Die Stimme die sie gerade eben gehört hatte klang exakt so, wie Logans Stimme immer geklungen hatte. Tief, kalt, berechnend. Als ihr Telefon plötzlich zu klingeln begann, ließ sie es vor Schreck fallen und brauchte einige Sekunden um es wieder aufzuheben. Ihre Hände zitterten und sie machte sich Sorgen, dass sie bald noch einen Nervenzusammenbruch erleiden würde. Sie wurde langsam aber sicher vollkommen verrückt! Als sie das Telefon endlich sicher in ihrer Hand hatte sah sie auf das Display doch die Nummer die anrief, war unterdrückt. Mit wild schlagendem Herzen meldete sie sich.

„Ja bitte?", als sie sprach hörte sie, wie ihre Stimme ebenfalls zitterte.

„Hey Sam, ich wollte dich nur an unseren Deal erinnern!", hörte sie Goalie und hätte beinahe vor Erleichterung aufgestöhnt.

„Ähm, ja klar. Ich weiß es noch. Um halb zehn holst du mich ab und wir gehen zusammen in der Bar!", sagte sie geistesabwesend. Goalie bemerkte offenbar, dass irgendwas nicht stimmte.

„Alles klar mit dir?", fragte Goalie woraufhin Sam „Ja, ja. Alles bestens!", antwortete.

„Wir sehen uns dann später!", und ohne darauf zu warten, ob Goalie noch etwas zu sagen hatte, legte sie auf und wählte die nächste Nummer.

„Ja Hallo?", hörte sie die verwirrte Stimme ihrer besten Freundin.

„Janine, ich glaub ich dreh bald durch. Ich hab gerade versucht Dennis anzurufen und als er dran gegangen ist, hatte ich das Gefühl, als wäre nicht er am Apparat sondern Logan!", erklärte sie ohne Umschweife. Sie spürte ihr Herz immer noch bis zum Hals schlagen, in ihrem Hörer rauschte offenbar ein Lastwagen vorbei, denn plötzlich ertönten laute Motorengeräusche in ihrem Ohr.

„Janine? Wo bist du denn?", fragte Sam ihre Freundin.

„In der Stadt, wo denn sonst?", sagte ihre Freundin ein wenig zu schnell doch Sam hatte keine Zeit sich damit auseinanderzusetzen.

„Hast du verstanden was ich gesagt habe? Ich drehe bald durch!", wiederholte Sam ihre vorherige Aussage.

„Jetzt bleib mal ganz ruhig Sam. Logan sitzt im Knast, oder Psychiatrie oder wo auch immer. Sie würden ihn nicht einfach raus lassen! Du weißt, dass er eine Psychische Störung hatte! Der Richter meinte damals, dass Logan sehr sehr lange nicht mehr rauskommen würde, also atme tief durch und entspann dich! Dir wird nichts passieren!", sagte ihre Freundin und beruhigte Sam damit. Natürlich wusste Sam all diese Dinge selber auch, doch sie noch mal von Janine zu hören, brachte ihr wesentlich mehr, als wenn sie sich diese Dinge selber vorgesagt hätte.

„Ja ich weiß es doch selber. Ich weiß nicht, warum ich plötzlich so eine Panik bekommen habe...aber du hast schon Recht!", sagte Sam und hörte erneut einen Lastwagen vorbei fahren. Kurz darauf hupte jemand ziemlich lange und heftig und Sam blickte auf. Wieso nur hörte sie dasselbe Hupen durch ihr offenes Fenster ebenfalls.

„Wo sagtest du bist du?", fragte Sam erneut und ging auf ihre Terrasse zu.

„Na in der Stadt!", erklärte Janine ein wenig nervös. Sam trat auf den Balkon und blickte einige Sekunden später hinunter. Da unten hatte sich eine Schlange gebildet, weil ein Lastwagen der Meinung war, ein gefährliches Wendemanöver vollziehen zu müssen. Von Janine fehlte jedoch jede Spur.

„Schau, ich werde schon total paranoid! Ich steh grad da und schau auf die Straße, weil ich fest davon überzeugt war, dass du immer noch vor meinem Haus stehst!", sagte Sam und ließ sich in den Korbsessel auf ihrem Balkon fallen.

„Ach so ein Blödsinn. Wir sind schon vor einiger Zeit gefahren! Geht's bei dir Sam, oder soll ich vorbei kommen?", fragte Janine. Es hätte ein gekonnter Themenwechsel sein können, doch weshalb sollte Janine dies beabsichtigen?

„Nein, ich glaube es geht schon. War nur ne kurze Panikattacke...", erwiderte Sam und nach einigen weiteren Wörtern legte sie auf und legte das Telefon zur Seite.

Was war nur los mit ihr? In den letzten Wochen hatte sie so wenig an Logan gedacht wie schon lange nicht mehr. Wieso kam er ihr genau jetzt in den Sinn? Warum hatte sie plötzlich solche Panik bekommen?

Früher war ihr das öfter passiert und jedes Mal hatte sich herausgestellt, dass sie gar keinen Grund zur Panik gehabt hatte. Sie wusste selber, dass sie sich oftmals einfach darin verlor, doch dieses Gefühl hatte sie schon so lange nicht mehr gehabt, dass sie es sogar schon vergessen hatte. Heute war es zurück gekehrt. Sie überlegte lange und hatte schlussendlich genau eine Erklärung: Die Angst, war mit Kyles Auftauchen verschwunden und war mit seinem Verschwinden wieder aufgetaucht.

 

 

54. Kapitel: „Viel Spaß Kyle, denn den werde ich heute auch haben…“

„Wo zum Teufel bleibt Thompson?“, fragte Simmons seinen Teamkollegen Danny, als Kyle auch eine halbe Stunde später immer noch nicht in der Bar angekommen war. Konnte denn wirklich niemals irgendetwas nach Plan laufen?

„Keine Ahnung, ich erreich ihn nicht auf dem Handy!“, sagte Danny schulterzuckend während er verwirrt auf sein Handydisplay blickte.

„Wenn er in zehn Minuten nicht hier auftaucht, dann fahr ich zu ihm und schleif ihn persönlich hier her, das kann doch nicht sein ernst sein! Wie kann man sich nur so zurückziehen wegen solch einer bescheuerten Sache?“, fragte Simmons laut. Erneut zuckte Danny mit den Schultern, Martin hingegen konnte Kyle sehr gut verstehen. Wenn man solche Angst hatte wie er, sich auf andere Personen einzulassen, dann konnte es einem noch mehr Angst machen, wenn man doch so abhängig von ihnen wurde. Und Kyle, war definitiv abhängig von Sam geworden.

Martin kannte seinen Kumpel mittlerweile ziemlich lange. Seit dem ersten Collegetag um genau zu sein und ab dem ersten Tag hatte er gewusst, dass Kyle ein Mensch war, auf den man sich voll und ganz verlassen konnte. Irgendwie hatte er jedoch in den letzten Jahren den Weg vor sich verloren und war auf Nebenstraßen entlang gegangen. Erst seitdem Sam aufgetaucht war, war Martin aufgefallen, dass Kyle sich langsam dem Hauptweg näherte und dies weit bevor Martin die Vermutung hatte, dass Sam und Kyle miteinander schlafen würden. Sie hatte einen guten Einfluss auf Kyle gehabt, hatte ihm den rechten Weg aufgezeigt und in ihm, wie wusste Martin selber nicht, die Vernunft geweckt. Seitdem Sam als Reporterin in ihre Mannschaft gekommen war, hatte Kyle sich nicht mehr Hals über Kopf in Abenteuer gestürzt, doch seine grundlegende Angst, die hatte er nach wie vor nicht ablegen können. Diese Angst wollten die Jungs ihm heute nehmen, doch dafür musste er erstmal auftauchen. Also stellte sich Martin die Frage, die schon einige Male an diesem Abend gestellt worden war: Wo zum Teufel blieb Kyle nur ab?

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Nachdem Janine gegangen war, hatte Kyle angefangen sich für den Abend fertig zu machen. Als er angezogen in seiner Wohnung gestanden war und festgestellt hatte, dass er noch massig Zeit übrig hatte, hatte er beschlossen sich an den Computer zu setzen um ein wenig das zu recherchieren was Janine ihm erzählt hatte. Er war sich sicher, dass sie einiges ausgelassen hatte, so hatte sie ihm schließlich nichts über die Zeit nach dem Tod von Sams Eltern erzählt. Kyle hatten diese ganzen Informationen vom Nachmittag noch länger beschäftigt und so hatte er, als er sich endlich aufgerafft hatte, zuerst „Unfalltod Raven“ eingegeben. Dabei war es ihm eiskalt den Rücken hinunter gelaufen. Diese zwei Wörter in Verbindung miteinander zu recherchieren, jagte ihm Angst ein. Doch als er den ersten Artikel anklickte, entdeckte er ein Bild von dem demolierten Auto. Ein schwarzer deutscher BMW lag vollkommen verschrottet auf dem Kopf. Daneben sah man einen Baum, an dem wohl Blut haftete. Die Überschrift besagte „Betrunkener Fahrer tötet Eltern von vier Kindern!“. Kyle las weiter.

Der Fahrer, der den Unfall verursacht hatte, war von seiner Spur abgekommen, Sams Eltern hatten das Pech gehabt zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Sams Vater hatte wohl noch ausweichen wollen, wurde jedoch von dem Fahrer dennoch gerammt. Dadurch hatte er die Kontrolle über den Wagen verloren, der sich mehrere Male überschlagen und schließlich in diesen Baum gekracht war. Beide Insassen waren sofort tot gewesen und so hatten die Rettungskräfte nur noch zwei Leichen bergen können. Der Unfallverursacher, war seinerseits von der Straße abgekommen, konnte jedoch mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus gebracht werden. Offenbar hatte dieser knapp überlebt, während unschuldige Menschen wegen ihm hatten sterben müssen. Kyle empfand bei diesem Artikel sofort Hass diesem Typen gegenüber und hoffte inständig, dass er seither keinen Frieden mehr gefunden hatte. Wieso hatte er sich betrunken ans Steuer gesetzt? Wieso hatte es genau Sams Eltern erwischt?

Kyle ertappte sich bei dem Gedanken, dass er in dieser Zeit sehr gerne für Sam da gewesen wäre, verwarf ihn jedoch schnell wieder. Man konnte die Zeit ja schließlich nicht zurückdrehen und wenn er es könnte, so würde er Sam ihre Eltern wieder geben, dann hätte es gar keinen Grund gegeben, warum sie ihn gebraucht hätte.

Kyle wusste, dass Sam noch drei weitere Brüder hatte und fragte sich, was mit diesen eigentlich war!? Sam hatte sehr selten über sie gesprochen und so kam er nicht umhin davon auszugehen, dass der Kontakt nicht der Beste war zwischen ihnen. Als Kyle auf die Uhr sah bemerkte er, dass es bereits zehn nach neun war und einen kurzen Moment wog er ab, ob er nicht doch einfach zuhause bleiben sollte. Andererseits hatte er den Jungs versprochen zu kommen und außerdem brauchte er einfach mal wieder eine Ablenkung.

Seitdem er sich mit Sam gezofft hatte, hatte er das Gefühl niemanden mehr zu haben mit dem er über alles sprechen konnte. Er hätte ihr gerne von seiner Mutter erzählt, von seinem Vater. Ihr erklärt, warum er so war wie er nun einmal war und so vieles mehr. Jetzt war Sam jedoch so weit von ihm entfernt wie noch nie vorher, obwohl sie doch nach wie vor nur ein Stockwerk über ihm lebte. Er blickte kurz an die Decke und atmete dann entnervt aus.

„So ein Schwachsinn Thompson….Schwing deinen Arsch jetzt endlich durch diese Tür!“, sagte er sich selber und sprang auf. Er klappte seinen Laptop zu, schnappte sich seine Schlüssel und Jacke und stürmte aus der Wohnung. Es tat ihm furchtbar Leid, was Sam alles zugestoßen war doch andererseits, konnte sie nicht ihn dafür verantwortlich machen! Er wäre für sie dagewesen, wenn er die Möglichkeit bekommen hätte, doch Sam hatte ihn so stark und schnell von sich weggestoßen, dass er gar nicht die Chance bekommen hatte. Warum also, sollte er sich weiterhin damit auseinandersetzen?

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Sam zog gerade ihre Jacke über, als es an ihrer Tür klopfte. Sie schnappte sich ihren Schlüssel und steckte ihn in die Umhängetasche, danach öffnete sie die Tür. Goalie stand vor ihr und sah einfach fabelhaft aus während sie ein etwas schlechtes Gewissen hatte, das sie seiner Bitte, etwas Schickes anzuziehen nicht nachgekommen war.

„Und das ist dein sexiestes Outfit?“, fragte er sie mit hochgezogener Braue und blickte einmal ihren Körper hinab. Sie trug ausgetretene Turnschuhe, eine etwas zu weit geratene Jeans und ein einfaches Shirt dazu. Das Einzige, wo sie sich Mühe gegeben war ihr Gesicht gewesen, doch auch da war das Make Up schon ein wenig verlaufen, da sie etwas zu früh fertig geworden war.

„Tja, find dich damit ab oder ich bleibe zuhause!“, erklärte sie und schloss hinter sich die Tür.

„Weißt du Sam, du warst in den letzten Wochen ganz klar schon mal über diesen biestigen Punkt hinweg. Es wäre schön, wenn du wieder die Alte werden könntest!“, sagte Goalie und überraschte Sam mit seiner Ehrlichkeit. Sie blickte zu ihm auf.

„Pech gehabt, denn das hier ist mein Altes Ich!“, konterte sie und ging einige Schritte voraus.

„Ich mein das Ich, das du wirklich bist! Du hast dich seit der Sache mit Kyle verändert!“, sagte er hinter ihr und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Bei Kyles Namen schlug Sams Herz ein wenig höher, doch ließ sie sich dies nicht anmerken.

„Ich weiß nicht wovon du sprichst!“, erwiderte sie ohne Goalie anzusehen. Stattdessen schlenderte sie in aller Gemütlichkeit die Treppe hinab und tat so, als hätte sie alle Zeit der Welt.

„Zwing mich nicht Tacheles zu sprechen!“, sagte Goalie warnend und Sam entschloss, die Spielchen zu lassen also wechselte sie das Thema.

„Ich hab heute richtig Lust auf viel Alkohol! Also jetzt komm und trödel nicht so!“, sprach sie deshalb und ging, als sie unten ankam, beschwingt durch die Eingangstür. Die Abendluft war kühl und man spürte, dass langsam aber sicher der Sommer sich zurückzog und Platz für den Herbst machte, der unweigerlich bald folgen würde.

Beide gingen still nebeneinander her und Sam fragte sich, was Goalie damit bezweckte sie in die Bar mitzunehmen. Zuerst war sie gar nicht begeistert von der Idee gewesen, Kyle dort über den Weg zu laufen doch Goalie hatte sie überredet indem er gesagt hatte, dass Sam Kyle nicht ewig aus dem Weg gehen konnte. Wo er Recht hatte, da hatte er wohl Recht. Auch früher waren sich Sam und Kyle oft über den Weg gelaufen, nur hatte Kyle Sam da nicht beachtet und Sam hatte sich nicht für Kyle interessiert. Es war aber eben nun mal eine kleine Stadt und sie war immer noch die Reporterin, die auch noch den letzten Artikel über das Finale schreiben musste. Also hatte sie entweder die Möglichkeit sich zu Hause einzuigeln um Kyle ja nicht über den Weg zu laufen, oder sie konnte sich ihm stellen und dann eventuell auch gleich irgendwann die Gelegenheit nutzen um mit ihm zu sprechen. Irgendwann. Wenn sie den Mut aufbrachte.

„Über was denkst du nach?“, fragte Goalie und riss sie damit aus ihren Gedanken.

„Fragen das nicht normalerweise Frauen die vermuten, dass ihr Freund grad an ne andere denkt?“, fragte Sam ihn ein wenig spöttisch. Dieser nickte, bevor er mit „Und Männer, die sich Sorgen um eine Frau machen, die in der letzten Zeit nur noch ihren Gedanken hinterherhängt, die sie auch noch in die Irre führen!“, konterte.

Sam entschloss sich, diese Aussage einfach unkommentiert zu lassen. So sehr sie Goalie auch mochte, heute und überhaupt in den letzten Tagen ging er ihr gehörig auf die Nerven. Was wollte er nur ständig mit diesem Psychogelaber?

„Ich werde bis zu der Bar jetzt nicht mehr mit dir sprechen, um einen größeren Streit zu vermeiden!“, sagte Sam nach kurzer Zeit. Goalie lächelte nur.

Wie konnte ein Mensch nur so stur und verbohrt sein?? Was fand Kyle nur an Sam? Sie war eine tolle Frau, ohne Zweifel, aber eine Beziehung würde Goalie mit ihr niemals führen können. Sie war ständig schlecht gelaunt, nahm nie ein Blatt vor den Mund, reagierte nie so, wie man es von ihr erwartete und legte Dinge auf die Goldwaage die eigentlich in die Tonne gehörten. Was stimmte nur nicht mit ihr? Und die noch wichtigere Frage war: Was stimmte mit ihm selber nicht? Schließlich riss er sich gerade den Arsch auf um dieses zickige Biest hier in die Bar zu bekommen um ihr endlich ihr Glück zu ermöglichen! Wieso tat er das nur, wenn sie es doch offensichtlich nicht wollte? Ganz einfach, sie war seine Freundin, sie war ihm wichtig und er wollte, dass dieses blöde Theater zwischen Sam und Kyle endlich wieder aufhörte.

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„Alter, du hast ganz schön lang gebraucht!“, sagte Simmons, schien jedoch dennoch glücklich darüber zu sein, dass Kyle gekommen war. Dieser zog seine Jacke aus, schmiss sie auf die Bank und sagte „Sorry, hatte noch was zu erledigen!“

Simmons lächelte und zog dann seine Augenbrauen nach oben.

„Früher war das das Codewort für: Du hast jemanden flachgelegt!?“, die Andeutung verstand Kyle sofort.

„Und wenns so wäre, ginge es dich nichts an, oder?“, antwortete dieser und ließ Simmons dann stehen. Da Simmons ein Mensch war, der einem sehr selten Dinge wirklich übel nahm, sah er einfach über den Kommentar hinweg und setzte sich zu den anderen an den Tisch. Kyle würde schon auf sich selber aufpassen können. Als Simmons gerade einen großzügigen Schluck von seinem Bier nahm, schaute er sich gleichzeitig im Raum um und als er Kyle entdeckte der gerade am Decollté von Mallory herumnestelte, spuckte er den großzügigen Schluck wieder aus.

„Alter, was ist los mit dir??“, rief Kevin, der neben ihm saß, empört aus und betrachtete seinen Hemdsärmel angewidert.

„Sorry Mann, ich zahl dir die Reinigung!“, sagte Simmons schnell, stand auf und eilte durch den Raum. Je näher er kam desto mehr bekam er mit um was es ging.

„Ich dachte du wärst vom Markt Kyle?“, fragte Mallory, schien sich jedoch darüber zu freuen, dass es offensichtlich nicht so war.

„Ach was vom Markt, wer erzählt denn so was? Ich habe mir lediglich eine kurze Pause gegönnt um danach wieder voll und ganz für meine Lieben da sein zu können!“, antwortete er. ‚Oh Fuck!’, dachte Simmons. Das war gar nicht gut. Jetzt wollte Kyle sich also Mallory krallen, während Sam jeden Moment reinkommen würde in Begleitung von Goalie und am Ende würde das wahrscheinlich ein riesengroßes Durcheinander geben.

„HEEYYY!!“, rief Simmons fröhlich aus und stellte sich neben Kyle um seine volle Aufmerksamkeit zu erlangen.

„Simmons, was willst du?“, fragte dieser ihn trocken und nein, die Aufmerksamkeit hatte er nicht erhalten, denn Kyles Blick war immer noch auf Mallorys Brüste geheftet, die, das musste man wirklich zugeben, in diesem weißen Oberteil einfach göttlich aussahen.

„Ich dachte wir genehmigen uns mal einen Kurzen!“, sagte Simmons und sah Mallory eindeutig an. Diese zog die Augenbrauen nach oben, trat einen Schritt zurück und machte sich daran, die zwei Schnäpse einzuschenken. Oben drauf legte sie jeweils eine Zitrone und reichte sie dann den Beiden. Offenbar war ihr jetzt auch klar geworden, dass sie zu arbeiten hatte und so ließ sie Kyle und Simmons alleine an der Bar stehen und bediente stattdessen zwei weitere Kunden, die wohl schon warteten.

„Auf uns!“, sagte Simmons und hob das Glas an. Kyle sah ihn skeptisch an.

‚Verdammt, er weiß, dass wir was aushecken!’, dachte sich Simmons und setzte sein breitestes Lächeln auf.

‚Wenn der rausbekommt, was wir vorhaben und es klappt nicht, dann wird der Typ mich grün und blau schlagen, so wie der momentan drauf ist!’, war sein nächster Gedanke.

„Auf uns!“, antwortete Kyle, hob das Glas an, stieß es gegen Simmons seins, doch gerade als er es an die Lippen führen wollte, erstarrte er in der Bewegung. Simmons folgte seinem Blick und da entdeckte er Goalie und Sam, Arm in Arm, durch die Türe treten. Perfekt!

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„Was zum Teufel ist nur los mit dir? Lass mich gefälligst los!“, sagte Sam, während sie Goalies klammernden Griff an ihren Schultern spürte. Leider war Goalie zu groß und zu kräftig für sie und so hatte sie keine Chance ihn einfach niederzustrecken und ihn dazu zu zwingen.

„Mach dich mal locker Sam, wir sind doch Freunde oder etwa nicht? Darf ich dich da nicht umarmen? Kyle durfte das immer!“, erklärte er ihr gerade und als ihr Blick nach oben wanderte erkannte sie sein hinterhältiges Lächeln.

„Doch, natürlich darfst du mich umarmen aber ich fühle mich gerade wie in einem Schraubstock!“, erklärte sie und versuchte erneut sich loszumachen, doch mit jedem Versuch den sie unternahm wurde sein Griff fester.

„Sam, jetzt tu mir den Gefallen und hör endlich auf so rumzuzappeln, das hält man ja nicht aus! Jetzt entspann dich endlich und lass den Abend auf dich zukommen!“, Goalies Blick wanderte durch die Bar und Sam folgte ihm. Als ihr Blick jedoch den von zwei tiefgrünen Augen streifte, die sie böse anfunkelten, blieb ihr Herz stehen und sie vergaß, dass sie sich hier in Goalies Griff äußerst eingeengt fühlte. Es schien für eine Sekunde so, als wären nur Kyle und sie in diesem Raum. Sie wusste, was Kyle denken musste, sie wusste genau, dass er ein Problem mit Goalie hatte. Sie wusste auch, wie das alles hier aussah und aus diesem Grund wollte sie am liebsten rüber zu ihm gehen und ihm erklären, dass er sich zumindest in diesem Punkt irrte. Sie war keine, die mit ihm schlief und dann ein paar Tage nachdem das, was man kaum als Beziehung bezeichnen konnte, beendet worden war gleich zum nächsten sprang. Doch Kyle hatte ihr dies schon einmal unterstellt und er würde es wieder tun. Vielleicht nicht mit seinen eigenen Worten aber definitiv mit seinem Blick und gerade jetzt erkannte sie, dass er einen von ihnen beiden am liebsten umbringen wollte. Ob es Goalie war, oder ob es sich um Sam selber handelte, konnte sie jedoch nicht deuten!

Goalie schleifte sie zu dem Tisch der anderen und Sam verlor den Blickkontakt zu Kyle, stattdessen ließ sie sich jedoch nichts anmerken und begrüßte den Rest der Mannschaft, Coach K. der mittendrin saß, und auch die Cheerleader, die sie wesentlich wohlwollender begrüßten als noch vor ein paar Wochen. Natürlich sprang Kirsty gleich auf, kämpfte sich über ein paar Spieler, stand schließlich etwas wacklig neben Sam und riss sie Goalie aus den Armen nur um sie selber in ihre zu schließen.

„SAAMMM!! Schön dass du da bist!“, sagte Kirsty und man konnte sehr genau heraushören, dass Kirsty bereits ein wenig angetrunken war.

„Naja, schön dass du dich so darüber freust!“, sagte Sam etwas verunsichert. Kirsty schnappte sich ihre Hand und zog sie hinter sich her, direkt auf die Bar zu, an der auch Kyle und Simmons saßen. Sie spürte seinen Blick, weigerte sich jedoch standhaft aufzublicken und ihn anzusehen.

„Kirsty zum Kuckuck, was willst du hier? Ich hätte auch auf die Bedienung warten können!“, zischte Sam ihr zu und war froh darüber, dass noch ein paar Leute zwischen ihr und Kyle standen. Sie drehte sich kurz um: Naja, gestanden waren, denn plötzlich schien Kyle ihr viel Näher als noch vor ein paar Sekunden und die Menschen waren verschwunden. Kyle hatte sich in diesem Moment ebenfalls umgedreht und so trafen sich ihre Blicke erneut, nur dass sie sich diesmal so nah waren, das zumindest eine Begrüßung drinnen sein musste, wenn man die Begegnung nicht als vollkommen kalt bezeichnen wollte.

„Hallo…“, nuschelte Sam und war sich nicht sicher, ob Kyle sie überhaupt gehört hatte. Er riss den Kopf kurz nach oben und antwortete „Hey!“, bevor er sich abwandte und wieder auf Simmons konzentrierte. So würde Sam das niemals aushalten, das stellte sie in diesem Moment fest. Kirsty, die gerade dabei war, Drinks zu bestellen, bemerkte also nicht, dass Sam auf Kyle zuging. Sam konnte selber nicht erklären, was sie in diesem Moment ritt, doch plötzlich hatte sie den Mut sich Kyle zu stellen. Sie hatte nur nicht mit folgendem gerechnet.

„Kyle, hör mir mal bitte kurz zu!“, sagte Sam und Kyles Blick schoss in ihre Richtung. Sie stand direkt neben ihm und hatte, wie selbstverständlich, ihre Hand auf seinen Arm gelegt. Das bemerkte auch Kyle in diesem Moment und so wanderte sein Blick nach unten. Simmons hingegen, saß etwas betreten da und wollte gerade aufstehen, als Kyle „Nein, bleib da! Das hier wird nicht lange dauern!“, sagte und Sam damit sämtlichen Mut nahm, den sie gerade eben noch aufgebracht hatte.

„Kyle bitte, können wir uns nicht kurz irgendwo alleine unterhalten?“, fragte Sam ihn und für einen kurzen Moment hatte sie geglaubt, dass er zustimmen würde, doch stattdessen wandte er seinen Blick ab und meinte „Nein, sorry. Kein Bedarf. Das letzte Mal hast du mich als einen Betrüger hingestellt und auch bei dieser Unterhaltung würde vermutlich nichts besseres rauskommen, also lassen wirs am Besten gleich und genießen den Abend!“, dann zwinkerte er Mallory zu, die gerade zu ihnen getreten war. Auch Kirsty stand mittlerweile daneben und merkte offenbar die Anspannung trotz ihres Zustandes.

„Ähm, ich nehm den mal mit und wir trinken später, ok?“, sagte sie zu Sam, die jedoch schüttelte vehement den Kopf, riss Kirsty den Drink aus der Hand und sagte an Kyle gewandt „Nein, wir trinken gleich. Auf einen erfolgreichen Abend, so dass jeder von uns genau das Richtige für sich findet!“, dann trank Sam das Glas schnell aus und knallte das Schnapsglas auf den Tresen.

„Viel Spaß Kyle, denn den werde ich heute auch haben!“, flüsterte sie ihm wütend ins Ohr und verschwand dann. Während Kirsty und Simmons dastanden, beziehungsweise saßen, schaute Kyle erstarrt auf den Tresen. Bei Sams Worten, ihrer Nähe, hatte sich eine Gänsehaut auf seinem Körper breit gemacht. Eine Gänsehaut, die sich gar nicht gut anfühlte.

Er kannte Sam. Sie war stur, sie war bockig und sie würde das Gefühl haben, es Kyle zeigen zu müssen. Warum hatte er nicht einfach mit ihr gesprochen? Warum hatte er sie nicht zumindest reden lassen anstatt sie so abzuweisen?

Ganz einfach, sie hatte ihn verletzt, wie noch niemals jemand anderes ihn verletzt hatte und als sie plötzlich neben ihm gestanden war, war ihm bewusst geworden, wie sehr er sie eigentlich brauchte. Das hatte ihm eine Heidenangst eingejagt und so hatte er Sam stattdessen lieber ziehen lassen, als sich den heutigen Abend mit diesen blöden Gedanken zu verderben. Jetzt jedoch saß er da und spürte immer noch Sams Hand an seinem Arm, ihren Atem an seiner Wange und wollte sich dafür am liebsten selber eine mitgeben, denn er hatte es gehörig versaut! 

55. Kapitel: „Ich weiß nicht was in mich gefahren ist…“

„Ach Kyle jetzt komm schon, was ist denn auf einmal los mit dir?“, fragte ihn Mallory, die sich gerade eine kurze Pause gönnte. Sie hatte Kyle gepackt, hinter sich her gezogen und Kyle hatte es mit sich machen lassen. Sie hatte ihn gegen die Wand gedrückt und er hatte sich nicht dagegen gewehrt. Bis kurz vor dem Augenblick, in welchem ihre Lippen die Seinen getroffen hätten, war er sich sicher gewesen, das Richtige zu tun doch genau in diesem Moment, waren Sams Worte in seinen Ohren gehallt und er hatte Mallory aufgehalten, bevor ihre Lippen die seinen berührten. Ihre Hände hatte sie ihn sein Shirt gekrallt, ihr Körper hatte sich an den Seinen geschmiegt, niemand war in der Nähe und trotzdem schaffte es Kyle nicht, Sams Worte aus seinem Kopf zu verbannen, ihr Gesicht zu vergessen.

„Es tut mir Leid, ehrlich!“, sagte er jetzt und sah Mallory in die Augen. Er erkannte die Enttäuschung in ihnen, doch sie zog sich zurück, ohne weiteren Kommentar.

„Ist es wegen Sam?“, fragte Mallory ihn und er fühlte sich in der Zeit zurück versetzt. Sie hatte ihn das schon einmal in dieser Bar gefragt, damals hatte er ein klares Nein darauf antworten können, heute jedoch war er sich nicht mehr sicher. Es gingen ihm so viele Dinge durch den Kopf. Der Streit mit Sam am Freitag, das Gespräch mit den Jungs, ihre Vermutung er hätte sich in Sam verliebt, das Gespräch mit Janine, der Zeitungsartikel den er heute gelesen hatte und Sams Worte, die sie ihm ins Ohr gehaucht hatte. Wie sollte man da einen klaren Kopf bewahren? Wie sollte man da nicht vollkommen durchdrehen?

Warum zum Teufel musste auch alles so kompliziert sein? Konnte es nicht einfach mal ganz klar und einfach sein?

„Ich weiß es nicht…“, antwortete er auf Mallorys Frage hin und obwohl er erwartet hatte, dass sie sauer wurde, war er nicht überrascht als er ihren weichen Blick sah.

„Ach Kyle, natürlich ist es wegen Sam. Den ganzen Abend schon verfolgst du sie mit deinen Augen!“, erwiderte sie, doch da konnte Kyle nicht zustimmen. Die meiste Zeit hatte er auf Mallorys Brüste gestarrt, die auch jetzt noch äußerst verlockend aussahen. Nur war das nicht genug.

„Also wenn ich mich Recht entsinne, dann waren meine Augen den ganzen Abend an einer ganz anderen Stelle!“, erwiderte Kyle und starrte Mallory an, die aber etwas resigniert ausatmete.

„Ach Kyle mein Lieber. Weißt du eigentlich, wie viele Frauen in dieser Stadt ihr letztes Hemd dafür geben würden, wenn du sie so ansehen würdest, wie du es bei Sam tust? Du willst Sam nicht einfach nur flachlegen Kyle, du willst sie wie sie ist und es schmerzt mich das zuzugeben: Gegen so etwas, hat wohl keine hier eine Chance. Also warum versuchst du den Mist von vorhin nicht irgendwie wieder gut zu machen, machst dich auf den Weg zu ihr und sagst ihr endlich was du fühlst!“, konterte Mallory.

„Ich weiß aber gar nicht was ich fühle, verdammt! Hört auf mir ständig irgendwelche Gefühle unterzuschieben, die gar nicht vorhanden sind! Und was habt ihr nur immer alle mit meinem Blick und Sam und diesem ganzen, scheiß Gesülze! Ich hab da echt keinen Bock mehr drauf! Ich war nicht derjenige, der es verbockt hat, nicht dieses Mal und ich hab es satt, ihr ständig hinterherzulaufen, verdammt!“, Kyle wurde sauer. Sauer auf Sam, sauer auf Mallory, vor allem jedoch sauer auf sich selbst.

Mallory sah ihn mitfühlend an. „Mann, mann…du bist ja richtig fertig! Weißt du was, du kommst jetzt mit, ich geb dir ein Bier aus, du bleibst ein wenig bei mir an der Bar sitzen und wenn du denkst, dass du es schaffst machst du dich auf den Weg zu ihr. Ihr seid zwei erwachsene Menschen und werdet das doch wohl wieder hinbekommen!“, sagte Mallory und kam auf ihn zu, um seinen Arm in ihre Hand zu nehmen und ihn hinter sich her zu ziehen.

Zwei erwachsene Menschen waren sie, nur waren sie beide gezeichnet und so glaubte Kyle nicht, dass sie es wieder hinbekommen würden, so wie Mallory sagte.

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Dieser Wicht. Da machte sich Sam Sorgen darüber, dass er glauben könnte, sie hätte was mit Goalie am laufen und dann stahl er sich selber mit Mallory davon um im dunkel des Ganges eine schnelle Nummer zu schieben. Sam kam sich so idiotisch vor. Wie hatte sie auch nur einen einzigen, beschissenen Augenblick glauben können, dass sie für Kyle etwas anderes war, als nur eine blöde kleine Ablenkung? Ok, das mit der Wette stimmte ganz offensichtlich nicht, nicht im Traum glaubte sie mehr daran und trotzdem: Sie hatte allen Grund wütend zu sein! Nicht eine beschissene Woche hatte er gewartet, um sich eine andere zu schnappen! Von wegen nicht mal eine Woche, noch nicht mal eine halbe!

„Sam, alles klar bei dir?“, fragte Goalie sie und sie riss den Kopf in seine Richtung, so dass er ein wenig zurückwich. Wahrscheinlich sah er die Funken, die aus ihren Augen sprühten.

„Nein, verdammt es ist gar nichts klar! Ich hab mich zu einem verdammte Volldeppen gemacht! Kyle haut mit der Erstbesten ab und vögelt sich wahrscheinlich gerade die Seele aus dem Leib während ich Idiot auch noch versucht habe, alles irgendwie wieder zu klären! Es ist gar nichts gut, überhaupt nichts! Wieso bin ich nur so eine Idiotin?“, fragte sie Goalie und langsam verrauchte ihre Wut und an ihre Stelle kehrte die Hilflosigkeit. Man fühlte sich hilflos, wenn man jemandem gerne nahe sein wollte, ihn jedoch dabei beobachtete wie er mit einer anderen Frau verschwand und nicht die Mittel oder die Möglichkeit hatte, dies zu verhindern. Man konnte lediglich zusehen, sich damit abfinden oder den Schmerz in sich hineinfressen, aber wirklich ändern würde keines dieser Dinge die Situation.

„Na jetzt komm. Trink mit mir! Ich lenke dich ab…“, sagte Goalie, doch bemerkte Sam seinen letzten Blick in Richtung Gang, wo Kyle und Mallory verschwunden waren. Das war das letzte Mal diesen Abend, dass sie Kyle von sich aus ansah, den restlichen Abend, den würde sie mit Goalie genießen und einfach alles auf sich zukommen lassen.

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Gefühlte 100 Schnäpse später, war Sam bei weitem nicht so betrunken, wie sie es sich für diesen Abend gewünscht hatte. Sie war sogar relativ nüchtern und das nervte sie zutiefst. Da wollte sie einmal für einen Abend einfach abschalten und dann gelang ihr das nicht! Kyle und Mallory waren vor einiger Zeit schon zurückgekehrt, dass hatte sie aus den Augenwinkeln beobachten können und seitdem, saß Kyle an der Bar, während sie die fröhliche mimte und mit den anderen Jungs trank und Spaß hatte. Sie hatte auch tatsächlich Spaß, nur kehrte immer wieder dieses bedrückende, einengende Gefühl in ihrem Magen zurück, was sie für kurze Zeit lähmte, doch die Jungs verstanden sich hervorragend darauf, sie ein wenig abzulenken. Vor allem Goalie gab sich Mühe. Fast ein wenig zu viel Mühe, denn Sam bemerkte sehr wohl die ständigen Berührungen die zwar theoretisch auch als Versehen durchgehen könnten, jedoch eben nur theoretisch. Die Berührungen waren einfach zu gut platziert. Was führte er nur im Schilde?

 

Es funktionierte! Simmons konnte es nicht fassen. Kyle saß an der Bar und hatte beinahe den ganzen Abend nur Goalie und Sam im Auge. Natürlich war es ein herber Rückschlag gewesen, als Kyle mit Mallory im Gang verschwunden war, aber Simmons war sich beinahe zu 80% sicher, dass da nichts gelaufen war. 80% waren zwar nicht 100%, aber immerhin. Weder Mallory hatte äußerst befriedigt, noch Kyle äußerst erlöst ausgesehen und aus diesem Grund, gekoppelt mit der Tatsache, dass sie nicht einmal fünf Minuten weggewesen waren (ja Simmons hatte auf die Uhr gesehen!) brachten ihn zu der Schlussfolgerung, dass nichts geschehen war. Außerdem hing Kyle die ganze Zeit nur wie ein nasser Sack in seinem Stuhl und unterhielt sich mit Mallory, zwischen seinen Blicken in ihre Richtung. Simmons hatte genug Zeit Kyle zu beobachten, denn er selber war nicht auf Kyles Radar. Sehr gut.

„Ich muss jetzt wirklich auf die Toilette!“, sagte Sam und Goalie warf Simmons einen Blick zu. Fünf Minuten würde er wohl rausschlagen können, das hieß, die Jungs mussten sich jetzt auf den Weg zu Kyle machen. Der zweite Teil ihres Planes hatte soeben begonnen.

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Wieso nur, hatte er nicht einfach die Klappe gehalten und Sam zugehört. Das war einer der wichtigsten Gedanken, die ihm an diesem Abend durch den Kopf gingen. Mallory hatte immer wieder versucht ihn ein wenig aufzumuntern und auch die Jungs waren vorbei gekommen, um ihn zu ihrem Tisch zu holen, doch Kyle hatte keinen Bock gehabt. Er wollte jedoch auch nicht nach Hause gehen, wo er alleine in seiner dunklen Wohnung sitzen und sich fragen würde, was Sam gerade mit wem tat. Er hatte sie provoziert, und zwar gewaltig! Goalie hatte den ganzen Abend nicht die Finger von ihr lassen können und Sam schien nichts dagegen zu haben, Kyle fühlte sich langsam, als hätte er einen Kampf verloren, bei dem er von Haus aus keine Chance gehabt hatte. Er hoffte jedoch immer noch auf seinen, eigentlich ja wirklich guten, Freund. Schließlich war Goalie derjenige gewesen, der ihm unterstellt hatte, er wäre in Sam verliebt. Wenn Goalie davon ausging, dann würde er sich ja wohl kaum genau die Frau krallen, oder?

„So Mallory, jetzt gib uns mal bitte vier Kurze!“, hörte Kyle seinen Kumpel Simmons sagen und blickte auf. Seine Freunde schienen sehr gut drauf zu sein und bemerkten offenbar nichts von seiner Laune. Das sollte auch so bleiben, also spielte er das Spiel mit. Simmons, Danny und Martin bestellten direkt hintereinander mehrere Schnäpse und Kyle trank fröhlich drauf los. Das waren wahre Freunde, diese Jungs die ihm gerade gegenüber standen. Sie lenkten ihn ab, sie schenkten ihm Alkohol und vor allem, ließen sie ihre verdammten Hände von seiner Frau!

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„Ich verstehe wirklich nicht, warum du mich jetzt auf die Toilette begleiten musst Goalie!“, sagte Sam. Goalie verwirrte sie immer mehr, er benahm sich ja vollkommen daneben heute. Zum Glück hatte zumindest Kyle nichts davon mitbekommen, dass sie mit Goalie verschwunden war, denn das hätte ihm gar nicht gefallen. Ach was dachte sie denn da? Er hätte sie sehen müssen, schließlich war er derjenige gewesen, der heute bereits eine Nummer geschoben hatte!

„Ich warte auch schön vor der Tür, versprochen!“, sagte Goalie und lehnte sich an die Wand. Genau an der Stelle hatte Kyle damals gelehnt, als sie in dieser Bar übereinander hergefallen waren. Sam schüttelte den Kopf und murmelte „In Ordnung, ich bin gleich wieder da!“

Fünf Minuten später kam sie aus dem Waschraum und blickte zur Seite, Goalie lehnte immer noch an der Wand und betrachtete seine Schuhe, blickte jedoch auf als er bemerkte, dass Sam wieder da war. Die Musik dröhnte von vorne zu ihnen und Sam wollte sich gerade auf den Weg machen, als Goalie sie am Arm packte, gegen die Mauer drückte und sie mit seinen Armen dort festhielt.

„Was ist denn jetzt los? Geht’s dir noch gut?“, fragte sie ihn vollkommen fassungslos. Goalie sah sie einen kurzen Moment einfach nur an, bevor er anfing zu sprechen.

„Ok, also es kann sein, dass du mich jetzt gleich hassen wirst, aber dazu muss ich einfach sagen, es war nicht meine Idee!“, sein Gesicht war ihr so nah, wie noch niemals vorher und sie glaubte selber beinahe, dass er sie jeden Moment küssen würde. Doch das konnte er doch wohl nicht wirklich beabsichtigen, oder?

„Versprich mir nur eines. Urteile nicht vorschnell und bitte, sei danach nicht sauer!“, sprach er weiter.

„Von was zum Teufel sprichst du da eigentlich?“, fragte Sam ihn. Goalies Gesicht war nur noch Zentimeter von dem Ihren entfernt und sie sah, wie er kurz seine Augen schloss.

„Das, was gleich passiert…“, sagte er und Sam erwiderte darauf „Ja?“, und erwartete, dass er weiter sprach. Das tat er auch „Tut mir wirklich, wirklich Leid!“, endete er und tatsächlich. Dieser Vollidiot, überbrückte die letzten Zentimeter die zwischen ihnen noch übrig geblieben waren und küsste sie einfach! Zunächst war sie so perplex, dass sie gar nicht reagierte. Dann fragte sich Sam im nächsten Augenblick, wie so ein hübscher Kerl, nur so schlecht küssen konnte! Erst im dritten Augenblick verstand sie was da geschah, hatte jedoch nicht mehr die Möglichkeit sich selber zu wehren, denn zwei Sekunden später, stand Goalie nicht mehr vor ihr.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Jungs hatten einige Schnäpse getrunken, als Goalie sich mit Sam neben ihnen nach hinten schlich. Simmons beobachtete die Beiden schon seitdem die Jungs und er den Tisch verlassen hatten und jetzt wusste er, dass es in die entscheidende Phase ging. Ihnen blieben jetzt vielleicht noch fünf Minuten, dann mussten sie Kyle nach hinten locken und so hielt er den Gang im Auge während er fröhlich mit den anderen feierte. Als bereits ein paar Minuten vergangen waren, entschied er sich, endlich anzufangen.

„Boah, ich muss pissen! Kommt mit, dann können wir im Hinterhof danach gleich frische Luft schnappen!“, sagte er und die Jungs wussten sofort bescheid, während Kyle ihn ansah als wäre er verrückt geworden.

„Seit wann gehen wir denn bitteschön in der Gruppe zum pissen?“, fragte er, wurde jedoch durch die anderen Beiden verunsichert, als diese im Gegensatz zu ihm sofort einverstanden waren, Simmons zu begleiten.

„Ja ist ja schon gut, ich komm mit.“, erklärte er sich schließlich einverstanden und so gingen alle drei auf den Gang mit den Toiletten zu. Besser hätten sie es nicht timen können, denn genau in diesem Moment schnappte sich Goalie Sam und drückte sie an die Wand. Simmons freute sich innerlich, als er dies beobachtete, denn er wusste, dass Kyle es ebenfalls sah. Er gab zu, dass das hier schon eine echt miese Masche war, doch anders, da war er sich sicher, würde Kyle niemals einsehen was alle schon wussten.

 

Kyle konnte es nicht fassen. Den ganzen Abend hatte er die Beiden beobachtet und jetzt drückte Goalie Sam tatsächlich gegen die Wand, nur noch Zentimeter von ihr entfernt. Er spürte, wie sich in seinem Inneren etwas regte, was er noch niemals in dieser Intensität gespürt hatte. Er sah, wie nah Goalie Sam war, dachte sofort an das eine Mal als Kyle ihr in diesem Gang so nah gewesen war und spürte den heftigen Stich der Eifersucht. Nicht nur Eifersucht, sondern auch blankes Entsetzen und Wut türmten sich in ihm auf und er ballte die Fäuste. Die Jungs um sich herum nahm er nicht mehr wahr. Er wusste noch nicht einmal mehr, weshalb sie überhaupt hierhergekommen waren, das Einzige was er sehen konnte war Goalie, der sich Sam immer mehr näherte. Was er sagte, konnte Kyle nicht verstehen, da die Musik aus der Bar zu laut und durchdringend war, doch er sah Goalies Blick, sah den von Sam. Erneut stiegen ihm Bilder zu Kopf von damals, als dieser Perversling Sam zu Nahe gekommen war. Damals hatte er ähnliche Gefühle gehabt. Er hatte den Typen tot prügeln wollen und genauso erging es ihm in diesem Moment mit Goalie. Er merkte selber gar nicht, dass seine Beine sich von alleine in Bewegung setzten, doch er kam zu spät, denn als er ungefähr drei Meter von den Beiden entfernt war, küsste Goalie Sam tatsächlich und in diesem Moment schaltete Kyle sämtliche Gehirnwindungen aus. Er konnte nicht mehr klar denken, wusste nicht wie es um ihn geschah, doch er merkte, wie er Goalie von Sam wegzerrte, wie er ihn am Kragen packte. Er sagte irgendwas, wusste selber jedoch nicht genau was und dann versetzte er Goalie einen gezielten Schlag ins Gesicht, während dieser nach hinten schleuderte und auf dem Boden landete. Er hörte nichts und niemanden mehr um sich herum, dachte nur daran, dass Goalie gerade Sam geküsst hatte. Sam sollte eigentlich ihm gehören, sie sollte Tabu für die restlichen Typen sein. Goalie hätte dies wissen müssen, Goalie hätte dies beachten müssen. Goalie war ihm schon die ganzen letzten Wochen immer im Weg gewesen und hatte Sam gezeigt, was sie eigentlich haben konnte im Vergleich zu Kyle der von so vielen Fehlern behaftet war, dass er insgeheim schon immer gewusst hatte, dass er nicht gut genug für Sam war. Dass Goalie doch eigentlich besser zu ihr passte, doch das alles war ihm egal. Sam war seine Freundin, nicht die von Goalie und so hatte dieser auch verdammt noch einmal nicht das Recht, sich an sie ranzumachen, obwohl er doch wusste, was Kyle für sie empfand. Sie war ihm so wichtig, dass er es eigentlich nicht einmal in Worte fassen konnte und in Goalie sah er in diesem Moment das personifizierte Übel der letzten Tage.

„Du Wixer, wie konntest du nur!“, drangen seine eigenen Worte zu ihm durch und in diesem Moment spürte er, wie er von Goalie weggezerrt wurde. Er schlug um sich, wollte nicht, dass irgendjemand ihn aufhielt, denn er musste endlich diesen beschissenen Frust wegbekommen und Goalie kam ihm da genau gelegen. Doch die Jungs, die ihn mittlerweile zu dritt festhielten, ließen nicht locker und langsam aber sicher drangen ihre Stimmen zu ihm hindurch.

„Alter, hör auf, sonst bringst ihn noch um!“, hörte er gerade Martin sagen und das erste Mal seit dem er Goalie und Sam beieinander gesehen hatte klärte sich sein Blick und er sah, wie sein einstiger Kumpel auf dem Boden lag, während Blut aus seiner Nase lief. Als er sprach entdeckte Kyle die Lücke in seiner Zahnreihe und zufrieden mit sich lächelte er. Er hatte diesem Arschloch richtig zugesetzt.

„Geht’s wieder?“, fragte Simmons ihn und da Kyles Kopf sich langsam wieder klärte, nickte er und riss sich dann von den anderen los. Er blickte sich kurz um und entdeckte Sam, die genau wie beim letzten Mal vollkommen perplex an der Wand stand und ihn ansah. Nicht Goalie, nicht die anderen Jungs sondern ihn alleine, nur ihr Blick verriet nicht wirklich, was sie gerade dachte. Ihre Blicke trafen sich und erst in diesem Moment wurde Kyle wirklich bewusst, was er da eben getan hatte. Schnell sah er noch einmal zu Goalie hinüber, der sich langsam aufrappelte, dann wieder zu Sam, die sich plötzlich in Bewegung setzte. Es ging alles so schnell, dass Kyle nicht wusste, was er sagen oder tun sollte und so ließ er Sam, die wohl nicht begeistert gewesen war von seinem Auftritt, einfach ziehen.

Er ließ die Arme fallen und blickte ihr hinterher, während sie gerade in die Bar zurückkehrte und kurz darauf aus seinem Blickfeld verschwand.

„Geht ihr hinterher ihr Idioten!“, sagte Goalie, der sich gerade an die Wand lehnte.

Erst als die Jungs verschwunden waren, spürte Kyle den Schmerz in seiner rechten Gesichtshälfte, dann kamen allmählich auch alle anderen Empfindungen zurück.

Was zum Teufel hatte ihn nur geritten? Wieso war er so ausgeflippt?

Genau zweimal in seinem Leben hatte er am liebsten jemanden umbringen wollen und beide Typen, hatten Sam vor seinen Augen geküsst. Jetzt drehte er vollkommen durch, so viel stand fest.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Was zum Teufel war das gerade eben!“, schrie Sam, als sie in die kühle Abendluft trat. Sie hatte mitbekommen, wie Martin, Danny und Simmons ihr gefolgt waren und so wollte sie von diesen drei Typen wissen, was geschehen war. Es war alles so schnell passiert, dass sie gar nicht hatte reagieren können. Sie hoffte inständig, dass es Goalie gut ging, denn Kyle war vollkommen ausgerastet und Sam fragte sich, was mit diesem Typen nur nicht stimmte.

„Ich will jetzt eine Erklärung!!“, schrie sie erneut und wirbelte herum.

Das einige der Gäste außerhalb der Bar standen war ihr herzlich egal. Sie sah die drei Fußballer vor sich an und alle drei sahen schuldbewusst aus.

„Jungs, wenn nicht sofort einer von euch seinen Mund aufmacht, dann schwöre ich bei Gott, ich werde euch dermaßen verprügeln, dass ihr nicht mehr wisst wo vorne und wo hinten ist!“, sagte sie mit kalter Stimme, was offensichtlich seine Wirkung nicht verfehlte, denn Simmons trat nach vorne.

„Naja, also wir wollten euch beiden helfen!“, gab er von sich.

„Uns helfen? Wem uns?!“, fragte Sam und sah die anderen beiden an.

„Ja dir und Kyle natürlich!“, sagte Martin, der wesentlich selbstsicherer wirkte als Danny und Simmons.

„Wieso wolltet ihr uns helfen? Mit was wolltet ihr uns helfen!? Das was bei mir und Kyle läuft ist absolut unsere Sache verdammt und nicht eure, also schert euch um euren eigenen Dreck. Geht rein und seht nach Goalie, ich ertrage eure Visagen im Moment einfach nicht mehr!“, und dann stürmte sie davon. Sie war in diesem Moment mehr als froh, Goalies Bitte nach sexy Kleidung nicht nachgekommen zu sein, denn so war sie wesentlich flotter unterwegs. Sie bebte, ihr gesamter Körper schien sich nicht mehr ruhig halten zu können und so war sie nach einigen Minuten bereits vollkommen aus der Puste und musste anhalten, um sich an eine Wand lehnen zu können.

Kyle hatte Goalie verprügelt, aber warum. Warum hatte er das nur getan?! Was stimmte nur nicht mit diesen Jungs?

Sie kramte ihr Handy aus der Tasche und wählte die Einzige Nummer, die ihr gerade in den Sinn kam und während sie darauf wartete, dass Janine sie abholte, stand sie einfach nur da und blickte in den Himmel. Was stimmte nur nicht mit Kyle? Wieso hatte er das getan?

„Sam!!“, rief eine Stimme und sie blickte auf, erkannte Kirsty und stöhnte innerlich auf.

„Kirsty, ich hab grad echt nicht den Nerv dafür!“, erklärte Sam und schloss die Augen.

„Den Nerv wofür?!“, fragte Kirsty sie und stellte sich neben sie.

„Ich hab mitbekommen was da eben geschehen ist….wie geht’s dir?“, fragte sie weiter und Sam sah sie an. Sie erwog einen kurzen Moment der Frau zu sagen, sie solle abhauen, doch stattdessen kam etwas anderes aus ihrem Mund.

„Ich weiß es nicht. Ich weiß einfach nicht, was da eben geschehen ist!“, erklärte Sam und ließ sich auf den Boden sinken, während von Janine weit und breit noch nichts zu sehen war. Kirsty tat es ihr gleich, auch wenn es sich als wesentlich schwieriger erwies dies in High Heels und einem kurzen Rock zu tun.

„Ich verstehe ihn nicht! Er will nichts mit mir zu tun haben, erträgt es aber auch nicht, wenn Goalie es schon will? Was soll ich denn machen!? Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr und vor allem ertrage ich das alles nicht länger! Das ist mir viel zu kompliziert und ich hasse Komplikationen! Ich will mein altes Leben zurück, kein Kyle, kein Goalie, keine verdammte Fußballmannschaft die mich im Auge behält! Soll ich denn nie wieder irgendeinen Typen haben, nur weil die Jungs sich das einbilden?“, fragte Sam Kirsty, die ihr aufmerksam zugehört hatte. Sie hatte zwar nur die Hälfte von dem was Sam gesagt hatte verstanden, aber sie versuchte so gut es ging darauf einzugehen. Das Einzige was ihr jedoch einfiel war „Ich habe noch niemals zwei Fußballer wegen einer Frau schlägern gesehen, Sam. Du scheinst wirklich Glück zu haben!“, sagte Kirsty und bei diesen Worten schnellte Sams verwirrter Blick zu ihr hinüber.

„Glück?? Wegen was denn??“, fragte sie sie spöttisch.

„Na damit, dass du Männer hast, denen du so wichtig bist, dass sie sogar ihren eigenen Freund dafür ins Grab bringen würden!“, antwortete Kirsty und brachte damit Sams Herz zum stehen.

„Aber was soll ich mit so was anfangen?“, fragte sie verzweifelt, dabei lächelte Kirsty jedoch und entgegnete „Na genießen Liebes!“

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Ich weiß nicht was in mich gefahren ist!“, erklärte Kyle, während er neben Goalie auf dem Boden, an die Wand gelehnt da saß. Er hörte, wie Goalie kurz aufstöhnte, als er sich mit seinem Hemd, welches er ausgezogen hatte, das Blut an der Nase wegwischte.

„Ich glaub du hast mir die Nase gebrochen!“, erklärte dieser lediglich. Kyle ließ den Kopf an die Wand sinken und schloss die Augen. Er überlegte und so schwiegen beide Männer einen kurzen Augenblick, bevor Goalie erneut das Wort ergriff.

„Ich weiß was in dich gefahren ist und ich denke, du weißt es ebenso!“, sagte er und Kyle öffnete seine Augen wieder und starrte auf die dreckige, dunkle Decke.

„Ja ich weiß es verdammt und es macht mir eine Heidenangst!“, antwortete er schließlich. Natürlich wusste er es, doch er konnte nicht sagen, wie das alles geschehen war.

Er wandte den Kopf zu Goalie, der fix und fertig da saß.

„Sorry Mann, echt. Ich hab einfach rot gesehen!“, sagte Kyle, doch Goalie zuckte mit den Schultern.

„Ich hätte mir gleich denken können, dass du so reagierst. Ich hab dich damals bei dem anderen Typen gesehen, nur irgendwie hab ich gehofft, dass du dich irgendwie ein wenig am Riemen reißt. Aber nun ja, ich war ja selber schuld!“, entgegnete Goalie und Kyle bereute es zutiefst, dass er Goalie so verprügelt hatte.

„Weißt du Kyle, früher wärst du wahrscheinlich vorbei gegangen und hättest mich gefragt, ob wir uns Sam nicht teilen wollen. Jetzt bist du vollkommen ausgerastet, das hat schon einiges zu sagen Mann. Also versau es dir nicht weiter, sondern sieh zu, wie du das alles wieder hinbiegst! Ich war einmal an deiner Stelle, doch für mich war es zu spät alles wieder hinzubiegen, bei dir ist es das noch nicht! Also vergessen wir das hier einfach…“, sagte Goalie und obwohl Kyle sich fragte, von was Goalie da sprach, hatte er im Moment nicht die Muße sich damit auseinander zu setzen. Stattdessen musste er sich klar darüber werden, wie er mit diesen neuen Erkenntnissen umgehen sollte und vor allem: Was er tun konnte, um dieses bodenlose Durcheinander endlich irgendwie wieder zu beseitigen. 

56. Kapitel: „Wir bieten ihr einfach keinen Ausweg mehr…“

 

„Ernsthaft? Ihr wollt mir also erzählen, dass ihr das alles geplant habt? Aber warum zum Teufel noch mal?“, fragte Kyle die vier vor ihm stehenden Fußballer die allesamt betreten auf den Boden sahen. Es war früher Morgen und Kyle hatte eigentlich nach dem gestrigen Tag dringend ausschlafen wollen, doch dazu war es nicht gekommen denn in aller Herrgottsfrühe waren die Jungs vor seiner Tür gestanden. Gestern war er zu durcheinander gewesen um noch weiter mit ihnen zu sprechen und so war er nach dem Gespräch mit Goalie nach Hause gegangen. Den ganzen verdammten Weg lang hatte er sich gefragt, wie er nur so hatte ausrasten können! Jetzt in diesem Moment glaubte er, richtig gehandelt zu haben, denn wenn diese Vollidioten die hier vor ihm standen das alles tatsächlich geplant hatten, dann geschah es ihnen gar Recht. Vielleicht sollte er in Erwägung ziehen, auch den anderen Jungs eine Lektion zu erteilen.

Er blickte zu Goalie, der mit einem violett angelaufenen Auge vor ihm stand, die Nase war ebenfalls stark angeschwollen eine Platzwunde zierte seine rechte Augenbraue. Auch Kyle hatte jedoch Verletzungen davon getragen. So schmerzte seine rechte Hand bei jeder winzigen Bewegung, doch hoffte er stark, dass es sich lediglich um eine kleine Verstauchung handelte.

„Naja, also wir hatten eben das Gefühl, wir müssten dir irgendwie helfen und da haben wir nun mal beschlossen dir vor Augen zu führen, dass du doch mehr für Sam empfindest! Goalie schien uns da die beste Lösung!“, erklärte Simmons.

Bei diesem, konnte Kyle ja durchaus noch verstehen, dass er davon überzeugt gewesen war, dies sei ein guter Plan gewesen, doch die anderen? Das konnte doch wohl nicht ihr Ernst sein, oder??

„Warum solltet ihr überhaupt dafür sorgen, dass ich etwas feststelle was euch doch im Endeffekt nichts angeht?“, fragte Kyle weiter. Dabei senkten alle vier ihren Blick. Kyle war bewusst, dass die Jungs doch eigentlich nur das Beste für ihn gewollt hatten doch verstand er einfach nicht, warum es ihnen so wichtig war, dass er und Sam zusammen blieben, kamen oder was auch immer. Diese Frage beantwortete sich jedoch, als Goalie das Wort ergriff.

„Wir haben das überhaupt nicht Böse gemeint, Mann. Es ist einfach nur so, dass uns allen schon immer klar war, das irgendwas mit dir nicht stimmt. Dass dir etwas fehlt! Früher glaubten wir, dass es einfach nur die Frauen sind, doch als Sam auftauchte stellten wir fest, dass es doch im Endeffekt nur eine Frau war. Du hast so vielen von uns geholfen, du bist uns beigestanden und hast dir den Arsch für so manch einen aufgerissen. Wir wollten dir eigentlich nur was zurückgeben! Ich weiß, das klingt jetzt ziemlich bescheuert, aber wir dachten halt, dass Sam genau das ist, was du brauchst um dein Leben endlich wieder in den Griff zu bekommen!“, erklärte Goalie, der ihn mit seinem angeschwollenen Auge ansah.

„Du hast Recht…“, sagte Kyle und begann im Zimmer auf und ab zu gehen.

„Das klingt bescheuert!“, vollendete er seinen Satz, dann blieb er stehen und sah Goalie nochmals an.

„Alter, du hast Sam geküsst! Was soll ich denn davon halten?!“, sprach er jetzt das aus, was ihn die ganze Zeit schon beschäftigte. Er konnte es nicht verwinden, dass Goalie Sam so nahe gekommen war vor allem aus einem bestimmten Grund nicht: Goalie hatte von Anfang an sein Interesse an Sam bekundet! Kyle konnte ja wohl schlecht ständig auf Habacht Stellung sein wegen einem eigentlich guten Kumpel!

„Mann, das versuchen wir dir doch die ganze Zeit zu erklären!“, sagte Simmons und schmiss resigniert die Hände in die Luft.

„Wir haben Goalie genommen, weil du schon seitdem Sam aufgetaucht die idiotische Vorstellung hast, er könnte sich für Sam interessieren! Glaubst du etwa, wir hätten deine Aufmerksamkeit erregt, wenn ich mich da hingestellt hätte? Goalie will nichts von Sam, Mann, das kannst du uns glauben!“, erklärte er weiter hielt dann jedoch inne und wandte sich zu seinem Freund.

„Oder??“, fragte Simmons ihn sicherheitshalber. Goalie hingegen verzog keine Miene!

„Sam ist mir äußerst wichtig! Wichtig wie eine Schwester! Ich will nichts von ihr, ich werde nie was von ihr wollen und vor allem wollte ich schon von Anfang an nichts von ihr, also komm endlich runter, schalt dein Gehirn ein, überleg dir was du tun kannst und gewinne sie dann endlich für dich! Ich hab keinen Bock, dass ich mich umsonst habe verprügeln lassen, ok!?“, antwortete Goalie. Die anderen sahen zwischen Kyle und ihm hin und her, Goalie hingegen hielt Kyles Blick stand und nach einer gefühlten Ewigkeit, wandte Kyle sich ab und überlegte.

Wenn er zurückdachte, dann musste er zugeben, dass Goalie bisher tatsächlich nicht wirklich Anstalten gemacht hatte, Sam ins Bett zu bekommen. Kyle hatte in ihm nur eine solche Konkurrenz gesehen weil er wusste, dass Goalie schwer in Ordnung war. Goalie schaffte es reihenweise die Mädchen für sich zu gewinnen. Am liebsten würden diese Frauen sogar ihr restliches Leben mit ihm verbringen! Kyle wunderte sich nicht darüber, schließlich war Goalie ein treuer und herzensguter Mensch, der doch eigentlich nur das Beste für alle wollte. Ganz einfach, Goalie war schon immer das Gegenteil von Kyle gewesen und dies hatte der Keeper ihm vor allem in den letzten Wochen zur Genüge vor Augen geführt. Kyle war selber der Meinung gewesen, Sam sei viel zu gut für ihn und jetzt, da er sich dies eingestand war es an der Zeit sich eine weitere Sache einzugestehen: Nicht nur Sam hatte alles daran gesetzt, Kyle nicht zu weit in ihr Leben zu lassen, sondern auch Kyle hatte sein Bestes in dieser Hinsicht getan!

„Alter, du bist doch nicht wütend auf uns, oder? Wir konnten ja wirklich nicht ahnen, dass dieser Plan so nach hinten los geht!“, hörte er Danny sagen.

„Nein, ich bin nicht wütend…“, murmelte er, schließlich wussten die Jungs (außer Goalie) noch nichts davon, dass der Plan alles andere als nach hinten los gegangen war. Ganz und gar nicht. Der Plan hatte genau die richtige Wirkung erzielt.

Kyle hatte die ganze Nacht Zeit gehabt darüber nachzudenken und jetzt, da er es sich endlich eingestanden hatte, konnte er gar nicht glauben, dass er dies so lange verleugnet hatte. Wie hatte er nur so bescheuert sein können? Sein Blick begegnete dem von Goalie und wissentlich lächelte sein Freund. Wenn er es ganz genau betrachtete, dann wusste Kyle, dass dieser Plan absoluter Blödsinn gewesen war, doch andererseits musste er zugeben, dass wohl kein zweiter Mensch auf dieser Welt so gute Freunde hatte, wie sie Kyle gerade eben vor sich stehen hatte. Sie hatten gute Absichten gehabt, das musste er ihnen einfach lassen. Jetzt lautete die Frage nur noch was Kyle tun konnte, um die Sache mit Sam wieder hinzubiegen, denn jetzt, da er wusste was er empfand, konnte er sich nicht mehr einreden, dass es nicht so schlimm war getrennt von Sam zu sein. Jetzt da er wusste, was er empfand war es ihm schlicht und ergreifend unmöglich getrennt von ihr zu sein.

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Janine, Sam und Kirsty saßen in Sams Wohnzimmer und schwiegen sich seit einer geraumen Zeit an. Nachdem Janine gestern Kirsty und Sam angetroffen hatte, hatte sie spontan alle beide ins Auto eingeladen  und schließlich waren sie alle in Sams Wohnung gelandet und hatten die Dinge, die geschehen waren, zu Tode analysiert. Bei dieser Analyse war nur leider nicht wirklich etwas rausgekommen und so waren sie irgendwann schlafen gegangen, doch auch dieser Schlaf hatte nicht die ersehnte Erleuchtung gebracht und mittlerweile hatten sie sich einfach nichts mehr zu sagen. Janine und Kirsty waren beide der selben Meinung gewesen: Kyle hatte Goalie verprügelt, weil er sich in Sam verliebt hatte, Sam hingegen hatte dies vehement abgestritten und beide daran erinnert, dass Kyle schon von Anfang an einen seltsam besitzergreifenden Beschützerinstinkt ihr gegenüber gehegt hatte. Wie man es nicht anders erwarten konnte, waren sie also auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen und stattdessen zogen sie es in diesem Moment vor, vor dem Fernseher zu sitzen und diese ganze absurde Situation einfach zu verdrängen. Das Kirsty dabei war, machte weder Sam noch Janine was aus, was Sam zutiefst wunderte, denn eigentlich passte Kirsty so gar nicht zu den Beiden. Doch wenn man sie ersteinmal richtig kennenlernte so musste man zugeben, dass sie im Grunde ihres Herzens wirklich in Ordnung war. Sie war nur vollkommen missverstanden.

„Weißt du was ich nicht verstehe?“, sagte Kirsty auf einmal und riss die anderen beiden so aus ihren Gedanken.

„Was?“, fragte Janine und blickte von dem Sessel, in dem normalerweise immer Kyle gesessen war, zu Kirsty hinüber.

„Na, Sam hat doch gesagt, dass Goalie vorher niemals Anstalten gemacht hat, sich an sie ranzumachen! Warum also, sollte er es genau jetzt tun?“, fragte Kirsty. Dies war eine durchaus berechtigte Frage und auch Sam hatte genau diesen Gedanken mehrere Male durchgespielt.

„Was weiß ich? Weil er verrückt geworden ist vielleicht?“, fragte Sam und ließ geräuschvoll die Luft aus ihren Lungen fahren. Diese ganze Situation nervte sie dermaßen, sie wusste gar nicht mehr wohin mit ihrer ganzen angestauten Wut. Ein kleiner Trost war ihr die Tatsache, dass nur noch fünf Tage bis zum ersehnten Finale übrig blieben und sie dann endlich auf Wiedersehen zu den Spielern sagen konnte. So viel Freude sie auch in ihr Leben gebracht hatten, so viel Chaos hatten sie verursacht und da dieses im Moment vorherrschte, war sie froh, wenn sie die Jungs nicht mehr jeden Tag sehen musste.

„Na ich hätte da aber eine Idee!“, sagte Kirsty und lächelte.

„Und die wäre?“, fragte Janine neugierig und drehte sich in ihrem Sessel, so dass sie mit dem Körper zu Kirsty gewandt dasaß.

„Die Jungs haben doch gesagt, dass sie Sam und Kyle helfen wollten, wir haben uns aber die ganze Zeit gefragt bei was…Was ist, wenn sie Kyle nur eifersüchtig machen wollten? Ich meine, und versteht mich jetzt bitte nicht falsch, ich denke wir können uns sicher sein, dass Goalie keinerlei Interesse an Sam hegt. Goalie war schon immer furchtbar unnahbar, was mir persönlich ziemlich auf die Nerven gegangen ist, denn der Junge ist einfach heiß…“, schwärmte Kirsty, doch Sam räusperte sich sofort und sagte „Komm zum Punkt Kirsty!“, diese blickte sie verwirrt an und sprach dann an der Stelle weiter, an der sie gestoppt war.

„Naja, also wie dem auch sei, ich glaube sie wollten Kyle eifersüchtig machen und ich glaube, dass sie Goalie absichtlich ausgewählt haben! Sam du hast doch erzählt, dass Kyle von Anfang an eifersüchtig auf Goalie war, oder?“

„Nein, nicht eifersüchtig. Er hat aber von Anfang an sehr seltsam auf unsere Freundschaft reagiert…“, antwortete Sam nachdenklich.

„Aber warum sollten sie Kyle eifersüchtig machen wollen? Was zum Teufel wäre das denn für ein bescheuerter Plan?“, fragte Sam und dachte angestrengt über Kirstys Vermutung nach. Doch beim besten Willen konnte Sam keinen Grund finden, weshalb auch nur einer der Jungs bei solch einem Plan mitmachen sollte.

„Naja, Jungs denken ganz anders als wir Frauen!“, erklärte Kirsty und kurz darauf, schwiegen alle drei erneut.

Die Geschehnisse der letzten Tage, drohten Sam langsam aber sicher wahrlich zu erdrücken. Sie war vollkommen überfordert mit dieser absolut aussichtslosen Situation. Sie hatte gestern versucht, die Dinge mit Kyle zu klären, dieser hatte sie jedoch brüsk abgewiesen, stattdessen hatte er aber Goalie verprügelt, als dieser sie geküsst hatte. Die Jungs wollten Kyle eifersüchtig machen? Hatten sie es etwa auch geschafft?

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„Ok, also das hört sich jetzt vielleicht schwachsinnig an, aber ich denke ich habe einen Plan!“, erklärte Simmons und alle sahen ihn skeptisch an.

„Du? Schon wieder einen Plan? Nein Danke!“, sagte Kyle trocken, während alle im Wohnzimmer saßen und einen Film ansahen. Die Jungs waren in der Früh aufgetaucht und nicht wieder gegangen und so langsam verging der Dienstag ohne, dass großartig etwas geschah.

Sie hatten noch kurz über die Fete am Donnerstag gesprochen. Sie stellte eine Art Tradition dar, denn jedes Jahr kurz vor dem Playoffs Finale (ob die eigene Mannschaft nun dabei war oder nicht war absolut egal!), feierte das College, gemeinsam mit dem Direktor, dem Coach und vielen vielen mehr, die abgeschlossene Saison. Doch selbst diese Party schaffte es nicht, Kyle etwas glücklicher zu stimmen obwohl sie doch früher das Highlight seines Jahres dargestellt hatte.

„Wir wollen ihn gar nicht erst hören, ok?“, sagte Danny eisern und entfernte seinen Blick dabei nicht eine Sekunde vom Fernseher.

„Aber, der könnte wirklich funktionieren!“, sagte Simmons standhaft und brachte Kyle damit endgültig in das Hier und Jetzt zurück.

„Wofür denn bitte einen weiteren Plan?“, sagte Kyle und sah zu Simmons hinüber. Er war noch nicht bereit, den Jungs zuzugestehen, dass sie doch eigentlich Recht gehabt hatten.

„Na, dass ihr euch wieder vertragt! Ok, ich habs verstanden, dass wir uns in dein Liebesleben nicht einmischen sollen aber gibs zu, du willst dich genauso sehr mit Sam vertragen wie ich das will!“, erklärte Simmons und schaltete den Fernseher auf stumm.

„Warum willst du dich mit Sam vertragen? Ihr habt euch doch gar nicht zerkracht!“, erwiderte Goalie und sah seinen Kumpel verwirrt an, dieser schüttelte den Kopf.

„Ihr Deppen! Nicht ich will mich wieder mit Sam vertragen, sondern Kyle soll sich mit ihr versöhnen! Das ist doch total bescheuert, wenn Sam und Kyle nicht mehr miteinander sprechen! Das bringt die ganze Chemie des Teams durcheinander!“, erklärte Simmons und sah dabei in die Runde. Vier vollkommen verwirrte Gesichter blickten ihn an.

„Oh Mann, stellt euch doch nicht blöder als ihr seid! Wenn Sam und Kyle sich streiten, dann ist das immer eine sehr unangenehme Stimmung die da vorherrscht weil die Beiden es einfach nicht lassen können sich anzugiften!“, sagte Simmons. Kyles Augen wurden zu Schlitzen, doch er enthielt sich bewusst eines Kommentars.

„Und deswegen müssen wir Sam in die Enge treiben! Wir sperren euch Beide einfach in einen Raum und dann müsst ihr ja wohl oder übel miteinander sprechen! Wir bieten ihr einfach keinen Ausweg mehr, dann kann sie nicht davon laufen! Ihr klärt das, seit wieder Freunde und alles ist so wie früher! Beinahe so, als wäre niemals etwas geschehen! Ich halt diese Disharmonie einfach nicht länger aus!“, sagte Simmons und brachte damit die anderen zum lachen. Dieser verstand jedoch nicht, was die jetzt für ein Problem hatten.

„Alter, bist du dir sicher, dass du auf Frauen stehst?? Ich kenn keinen anständigen Kerl der so einen Mist labert!“, sagte Danny lachend, stieß damit jedoch auf vollkommenes Unverständnis bei Simmons.

„Ich weiß nicht was du meinst!“, sagte dieser ein klein wenig eingeschnappt. „Ich wollte ja nur behilflich sein, aber wenn ihr nicht wollt, dann halt nicht!“, fügte er abschließend hinzu und wandte sich von allen ab. Sogar Kyle musste ein wenig lächeln und er fragte sich, wie Simmons nur so geworden war, wie er nun einmal war, denn eines musste man zugeben: Simmons war ein absolutes Unikat.

 

Kyle dachte noch einmal über seine Worte nach und mit einem Mal, schlug sein Herz einen Tick schneller. Simmons hatte gesagt, sie mussten Sam in die Enge treiben. Ihr keine Ausweichmöglichkeit mehr bieten! Was war, wenn dies gar nicht mal so verkehrt war? In Kyles Kopf reifte eine Plan an, den er selber nicht fassen konnte. Doch desto länger er darüber nachdachte, desto mehr wurde ihm klar, dass er bei Sam mit offenen Karten spielen musste. Entweder er würde sie zu Tode erschrecken und damit vollends verlieren, oder er würde alles gewinnen. Es war eine Unternehmung mit welcher er sich ein absolutes Eigentor schießen konnte doch wenn er es recht überlegte so musste er sich eingestehen, dass er in Bezug auf Sam sowieso nichts mehr zu verlieren hatte. Würde er also seinen Mut zusammen nehmen können und das, was ihm vorschwebte tatsächlich durchziehen, oder würde er einen Rückzieher machen und in Sicherheit verweilen, während Sam sich ihm immer mehr entzog? Kyle konnte diese Frage nicht beantworten, das Einzige was er sagen konnte war, dass er, wenn er nichts riskierte, auch nichts gewinnen konnte. 

 

 

57. Kapitel: „Es ist mir ehrlich gesagt egal was du mir glaubst und was nicht…“

Es war Donnerstag, und obwohl Sam keinerlei Lust verspürte, auf diese behämmerte Feier zu gehen, die abgehalten wurde um die Saison abzuschließen, so musste sie sich doch dazu zwingen. Der Coach war auf sie zugekommen und hatte sie gefragt, ob sie kommen würde und da sie ihm keinesfalls erklären wollte, warum sie keine Motivation dafür verspürte, hatte sie kurzerhand zugesagt. Sie wollte dem Coach ihre seltsame Beziehung zu Kyle nicht unter die Nase binden und auch wollte sie nicht, dass die Spieler schlecht wegkamen denn trotz allem war sie ihnen einiges schuldig, auch wenn sie im Moment alle zu spinnen schienen. Der Coach würde den Spielern die Hölle heiß machen, wenn er von dem ganzen Theater hinter seinem Rücken erfahren würde und so hatte Sam die Zähne zusammengebissen, gelächelt und gespielt freudig dem großen Event zugesagt. Sogar der Collegedirektor würde da sein, was schon eine Besonderheit darstellte denn ansonsten bekam man ihn nur sehr sehr selten zu Gesicht. Wenn man es genau betrachtete, war es jedoch kein Wunder, dass er kam schließlich war die Fußballmannschaft das Aushängeschild des Colleges. Man konnte sagen was man wollte, aber die Fußballmannschaft scharte wesentlich mehr Anhänger um sich, als das Basketball- oder das Footballteam zusammen. Warum dies so gekommen war, vermochte heute niemand mehr zu sagen, doch Sam hatte sich da schon selber eine Idee zusammengesponnen. Weder die Basketballmannschaft noch die Footballmannschaft hatten namhafte Titel geholt, geschweige denn, dass sie es überhaupt geschafft hatten bei irgendwelchen Meisterschaften unter die Besten zu kommen. Es hatte ja niemand erwartet, dass sie gleich erster wurden, doch eine zumindest einstellige Platzierung wäre irgendwann schon ganz motivierend gewesen.

Wie dem auch sei, so fand also nun diese Feier statt und Sam musste sich überlegen was sie anzog. Vor dem Coach und dem Collegedirektor wollte sie eigentlich schon auch eine gute Figur machen, andererseits besaß sie einfach nicht wirklich etwas, worin sie das tun würde.

Sie erspähte in ihrem Schrank etwas schwarzes, was ganz hinten hing und, wenn man normal vor dem Schrank stand, eigentlich gar nicht zu sehen war. Sam hingegen befand sich mittlerweile fast schon darin weil sie sich erhofft hatte, dadurch eine bessere Perspektive zu erlangen. Jetzt da sie das schwarze Kleid in Händen hielt stellte sie fest, dass sich die Aktion gelohnt hatte.

Sie lächelte ein wenig und fragte sich für einen Bruchteil einer Sekunde, was wohl Kyle zu ihrem Aufzug sagen würde, wenn sie dieses Kleid tatsächlich anziehen sollte. Schnell verwarf sie den Gedanken jedoch wieder und entledigte sich des Handtuchs, um das Kleid anzuziehen. Es passte perfekt, umspielte ihren Körper äußerst vorteilhaft war jedoch im Gegensatz zu dem roten Kleid vom letzten Mal bei weitem nicht zu overdressed.

‚Perfekt!’, dachte Sam. Mit einem Mal fiel ihr die Fahrt ein, bei welcher sie und Kyle im Pool gelandet waren. Es erschien ihr als wäre es gestern gewesen, dass Kyle zu ihr gesagt hatte, dass er sich jedes mal, wenn er sie ansah, fragte wie man nur so gut aussehen konnte wie sie. Er hatte ihr mit Sicherheit doch etwas vorgelogen, denn schließlich hatte er sich nicht mehr bemüht, irgendwas zu ihr zu sagen und auch sie konnte ihren Stolz einfach nicht noch einmal überwinden, zu groß war die Angst, dass er sie wieder so abblitzen lassen könnte wie beim letzten Mal.

Sie hasste dieses ewige Hin und Her mit jedem Tag das es anhielt mehr und fragte sich, seit wann sie ein solcher Schisser geworden war!? Früher hatte sie Dinge einfach beim Schopf gepackt und beim Namen genannt, heute traute sie sich nicht einmal mehr zu einem Typen hinzugehen um sich mit ihm vertragen zu können. Sie glaubte nicht im Traum, dass es zwischen ihnen beiden jemals so wie früher werden konnte, doch sie wollte zumindest seine Nähe spüren, wenn sie miteinander sprachen. Jetzt hielt er sich tunlichst fern von ihr, sie sprachen kein Wort miteinander, er sah sie noch nicht einmal mehr an. Und sogar mit einer anderen hatte er bereits geschlafen, das durfte Sam nicht vergessen. Nein, so wie früher würde es niemals mehr werden können, doch was war, wenn es anders werden konnte? Vielleicht sogar besser? Bestand dafür wirklich noch eine Chance??

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Kyle schlug das Herz den ganzen Tag schon bis zum Hals. Wenn er an Sam dachte, lösten sich alle Probleme die er geglaubt hatte zu haben irgendwie in Luft auf. Wie hatte er nur so lange nicht merken können, was mit ihm los war? Ganz einfach, er hatte sich die Liebe immer genau so schmerzhaft vorgestellt, wie er sie stets überall beobachtet hatte und niemals als ein solch befreiendes Gefühl. Wenn er es jedoch nicht wieder hinbiegen konnte mit Sam, so würde das schmerzhafte Gefühl wieder zurückkehren und er war sich nicht sicher, ob er solch einen Rückschlag noch einmal verdauen könnte ohne dabei einzugehen. Er hatte noch niemals eine Frau, oder ein Mädchen, kennengelernt die ihm auch nur ansatzweise das bedeutet hatte, was Sam ihm bedeutete und mit jedem Tag gemeinsam mit dieser Erkenntnis wuchs seine Zuneigung zu ihr.

Als Kyles Telefon klingelte, machte er sich auf den Weg und als er ranging meldete sich Goalie zu Wort.

„Hey Kyle, na alles klar?“, fragte dieser nach. Einen Moment dachte Kyle darüber nach einfach ja zu antworten, doch ganz andere Worte verließen seinen Mund.

„Nein ganz und gar nicht. Ich mach mir gleich ins Hemd!!“, erklärte er und setzte sich an seinen Tresen, wo er mit einer leeren Flasche spielte.

„Ok, was hast du denn jetzt vor??“, fragte Goalie weiter, doch Kyle hatte beschlossen absolut niemandem von seinem Plan zu erzählen. Zum einen wollte er nicht hören, dass es ein guter Plan war, denn das war er nicht, zum anderen wollte er noch weniger hören, dass der Plan ganz und gar nicht gut war. Er hatte selber schon genug Zweifel und wenn ihm jetzt noch jemand reinreden würde, würde er seine Unternehmung vermutlich einfach über Bord schmeißen, wie ein kleiner, feiger Schisser.

„Ich habs dir schon ein paar mal gesagt Alter, ich sage nichts!!“, erklärte Kyle und für einen kurzen Moment trat eine Stille ein.

„Und ich kann dir sicherlich nicht helfen?“, fragte Goalie, der sich äußerst skeptisch anhörte. Kyle lachte kurz auf. Nein, bei dem was er vorhatte konnte ihm niemand helfen außer Gott höchstpersönlich!

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Die Feier war im vollen Gange, nur dass fast keiner der Spieler da war. Unter den wenigen befand sich Dennis, der sich gerade angeregt mit einer der Cheerleader unterhielt. Sollte Sam ihn stören? Sollte Sam ihn vielleicht wirklich einfach mal fragen, warum er sie so hinters Licht geführt hatte?

Die Cheerleaderin verabschiedete sich in diesem Moment von Dennis und Sams Füße setzten sich von alleine in Bewegung. Sie klammerte ihre Finger um die Flasche, die sie in Händen hielt, spürte wie ihr Körper vor Aufregung ein wenig zitterte doch in einigen Sekunden hatte sie den Abstand zwischen Dennis und sich auf ein minimales verringert und stand nun zögerlich hinter ihm. Noch hatte er sie nicht entdeckt, denn er bediente sich gerade an dem Getränketisch. Sam wollte etwas sagen, schaffte es jedoch nicht die Worte über die Lippen zu bringen. Fieberhaft dachte sie darüber nach, was sie sagen konnte, doch in ihrem Kopf war ein großes schwarzes Loch entstanden, welches alle klaren Gedanken die sich dort befanden einfach verschluckte. Warum nur hatte sie eine solche Angst davor, mit Dennis zu sprechen? Was hatte er nur an sich, dass sie sich so weit wie möglich von ihm fernhalten wollte?

Als Dennis sich jedoch vollkommen unerwartet zu ihr umdrehte und perplex stehen blieb, als er sie erblickte, war sie plötzlich gezwungen etwas zu sagen. Jetzt gab es die Option des Rückzugs nicht mehr. Jetzt musste sie sich den Dämonen stellen.

„Was willst du?“, fragte Dennis sie abfällig und als sie nicht sofort antwortete, wollte er sich an ihr vorbeischlängeln, doch sie packte ihn am Arm um ihn aufzuhalten.

„Warte!“, sagte sie und Dennis sah auf sie herab. Er musste zugeben, dass Sam gar nicht so böse und hinterlistig aussah, wie Logan ihm immer erzählt hatte. Im Allgemeinen war Sam in keinster Weise so, wie sein Bruder es immer gesagt hatte und schon seit einiger Zeit hatte Dennis Zweifel daran, ob sein Bruder auch wirklich die Wahrheit erzählt hatte.

Wie auch immer es war, er musste Sam und Kyle voneinander fernhalten, denn Logan hatte sich in dieser Hinsicht klar ausgedrückt. Wenn Sam und Kyle sich noch mal zu Nahe kommen sollten würden sie es bereuen. Dennis wusste nicht, was sein Bruder vorhatte, doch höchstwahrscheinlich würde er den Beiden von Weitem das Leben zur Hölle machen, denn noch bestand immer noch das Annäherungsverbot. Dennis konnte Logan in dieser Hinsicht einfach keine Vernunft einreden, denn sein Bruder war schon immer äußerst stur gewesen. Aus diesem Grund hatte er damit begonnen still dem zu lauschen, was sein Bruder zu sagen hatte. Sobald er irgendwelche Anzeichen entdecken würde, dass sein Bruder etwas Gefährliches plante, hatte Dennis sich vorgenommen sofort zur Polizei zu gehen, doch bisher war (so hoffte er zumindest inständig) noch alles gut. Sein Bruder hatte sich verändert. Er hatte sich mehr unter Kontrolle! Früher war er immer sofort ausgerastet, heute war dies nicht mehr so. Dennis bedauerte jedoch, dass er keine Gedanken lesen konnte, denn wenn er gewusst hätte, was in Logans Kopf vor sich ging, hätte er ihm vielleicht besser helfen können. Logan war sein Bruder, er war immer für ihn dagewesen, er konnte ihn jetzt nicht in Stich lassen und wenn dies bedeutete Sam und Kyle voneinander fern zu halten, dann musste er dies eben tun. Mit allen Mitteln. Wenn es nötig war auch mit einem Teil der Wahrheit.

„Ich würde gerne mit dir reden!“, sagte Sam und unterbrach damit seinen inneren Disput.

„Worüber?“, fragte Dennis sie und versuchte, seine Skepsis ein wenig einzudämmen, denn nach wie vor hatte Sam ihm persönlich niemals etwas getan. Er konnte nicht die Erfahrungen die sein Bruder gemacht hatte, auf sich projizieren. Vielleicht hatte sich Sam ja auch geändert?

„Bitte, unter vier Augen!“, wich sie seiner Frage aus. Dennis nickte und begab sich mehr oder weniger bereitwillig mit ihr hinter die Tribünen. Dort waren sie sich schon einmal über den Weg gelaufen, damals jedoch hatte er Kyle und sie dort erwischt.

„Ok Sam, wir sind alleine, also jetzt sag schon, über was willst du mit mir reden?“, fragte er sie frei heraus. Die Sache aufzuschieben hatte ja doch keinen Zweck.

Er merkte, dass Sam ein wenig zitterte. Hatte sie etwa Angst vor ihm?

„Also, ich habe vor einiger Zeit ein Telefonat von dir mitbekommen, bei welchem du gesagt hast, Kyle hätte mit euch eine Wette am laufen gehabt…“, begann sie. Dennis nickte. Leugnen hatte ja doch keinen Sinn.

„Und weiter?“, trieb er sie an.

„Naja, ich frage mich, warum du das gesagt hast, wenn es doch eigentlich nicht stimmt?“, fragte Sam ihn und blickte schließlich endlich zu ihm auf. Dennis schluckte einen Augenblick, doch anstatt auf ihre Frage zu antworten, ging er in einen Angriff über.

„Wahrscheinlich hast du schon überall rumerzählt, dass ich dich verarscht habe, oder?“, konterte er kalt.

Sam sah ihn einen Augenblick nur stumm an und er wollte gerne wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Kurze Zeit später schüttelte sie den Kopf.

„Nein, habe ich nicht. Ich dachte, wenn ich das tun würde, so würde ich eure Freundschaft, damit meine ich die von dir und Kyle, vollkommen zerstören! Ich denke aber, dass ich zumindest eine Erklärung von dir verdient habe Dennis! Ich habe dir niemals etwas getan! Warum nur hast du einen solchen Hass auf mich? Warum wolltest du so unbedingt einen Keil zwischen mich und Kyle treiben?“, fragte sie ihn und dabei wurden ihre Augen ein wenig flehentlich.

Er sah auf sie herab, überrascht von dem was sie gerade gesagt hatte! Wenn er an ihrer Stelle gewesen wäre, hätte er schon längst allen mitgeteilt, wer solch einen Schwachsinn in die Welt gesetzt hatte. Sam hingegen hatte sich Sorgen um Dennis und Kyles Freundschaft gemacht. Vielleicht war er ihr für diesen Dienst tatsächlich einen Teil der Wahrheit schuldig?

Er wählte seine Worte sorgsam. Er hatte entschieden, dass die Konfrontation nichts brachte, er musste Sam klar machen, WARUM sie und Kyle nicht zusammen sein konnten. Sie würde das eher verstehen als Kyle. Sein Freund war schon immer ein sturer Bock gewesen und wenn Dennis mit einer solchen Bitte zu Kyle gehen würde, hätte der ihm wahrscheinlich gleich eine mitgegeben.

„Ok, in Ordnung. Also, es gibt einige Leute die schwer was dagegen haben, dass du und Kyle zusammen seid!“, begann er. Sam nickte.

„Du…“, schlussfolgerte sie, doch Dennis schüttelte den Kopf.

„Nein, nicht ich. Andere Leute!“, erklärte er. Es entsprach auch der Wahrheit. Dennis hatte an sich wirklich kein Problem. Doch um Logans und um Kyles Willen, ein wenig auch um Sams Willen, musste er ihr einfach klar machen, was los war ohne zu viel zu verraten.

„Und das soll ich dir glauben?“, fragte sie ihn skeptisch und zog dabei eine Augenbraue nach oben.

„Es ist mir ehrlich gesagt egal was du mir glaubst und was nicht, ok?! Um was es mir geht, und das werde ich dir jetzt nur ein einziges Mal sagen, ist folgendes: Du und Kyle müsst euch einfach fernhalten voneinander! Es ist nicht gesund für euch beide! Ich kenne Leute, die würden alles tun, um euch getrennt voneinander zu sehen Sam. Wenn nicht um deinetwillen, dann denk doch bitte an Kyle! Halt dich fern von ihm, das ist gesünder für beide von euch!“, erklärte Dennis und bei diesen Worten stockte Sams Herz einen Moment.

Irgendjemand war so sehr dagegen, dass sie vielleicht sogar bereit wären, etwas dagegen zu unternehmen?

„Kyle ist eigentlich mein bester Kumpel, er war immer für mich da und jetzt muss ich zusehen und für ihn da sein! Sam, ich will nicht, dass ihm noch irgendwas passiert, verstehst du das?“, sagte Dennis. Mit jedem Wort, war seine Stimme weicher geworden und als Sam erneut zu ihm hinauf blickte, war es auch sein Blick. Dennis meinte es wirklich ernst! Kein Mensch konnte so gut schauspielern, dass er solche Gefühle vorspielen konnte! Sie sah echte Besorgnis! Sie konnte Kyle als schützen, wenn sie sich von ihm fern hielt? Aber vor wem sollte sie ihn beschützen?

„Dennis, vor wem muss ich Kyle denn beschützen?“, fragte sie ihn, in der Hoffnung, dass er antworten würde, doch bereits bevor er resigniert den Kopf schüttelte wusste sie, dass er ihr auf diese Frage keine Antwort geben würde.

„Das kann ich dir wirklich nicht sagen, es tut mir Leid. Ich kann dieser Person nicht in den Rücken fallen! Also wenn es dir irgendwie möglich ist Sam, dann bitte ich dich, dich von ihm fernzuhalten! Auch in deinem eigenen Interesse, denn du würdest wahrscheinlich nicht unverschont bleiben!“, sagte Dennis und auch dieses Mal sah Sam die Besorgnis in seinem Blick.

Verarschte er sie gerade doch wieder, oder meinte er es ernst? Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie ihm in dieser Sache vertrauen konnte, doch das hatte ihr ihr Gefühl auch beim letzten Mal bereits gesagt! Was sollte sie tun??

„Ich werde jetzt wieder gehen aber eine Sache will ich dir vorher noch sagen: Es tut mir Leid wegen dem ganzen Scheiß den ich gesagt habe! Ich habe nur die Hälfte so gemeint!“, sagte er abschließend und lächelte dabei ein wenig, dies bekam Sam jedoch gar nicht mehr mit, denn sie hatte lediglich genickt und sich dann zurück gezogen.

Als Dennis verschwunden war, musste sie sich an einer Stange abstützen und ließ sich anschließend daran auf den Boden gleiten.

Wer hatte nur einen solchen Hass auf sie? Oder auf Kyle? Wer konnte nur tatsächlich vor haben ihnen zu schaden, sollten sie sich wieder näher kommen?

Bei diesem Gedanken schossen ihr gleich mehrere Personen in den Sinn, vor allem waren es Cheerleader, denen sie wirklich einiges zutraute. Jeniffer hatte sich zwar bei ihr entschuldigt, doch dies hatte sie ihr damals nicht abgekauft! Vielleicht war es wirklich Jeniffer? Vielleicht war es auch jemand ganz anderes?

Sam hatte keinen einzigen Anhaltspunkt, wusste nicht wo sie mit der Suche beginnen sollte, wusste nicht ob sie es überhaupt tun sollte.

Sie hatte sowieso gewusst, dass sie Kyle auf eine bestimmte Art und Weise nur schadete, vielleicht wäre es wirklich einfacher für beide, nichts mehr miteinander zu tun zu haben?

Sam wusste eine Sache genau: Wenn sie Kyle dadurch schützen konnte, indem sie aus seinem Leben verschwand, dann würde sie dies tun, denn sie hatte ihm so viel zu verdanken.

Er hatte sie wieder leben gelehrt, Emotionen zu empfinden, Freude und Aufregung. Er hatte sie im Endeffekt von den Toten zu den Lebenden geholt und wenn der Preis dafür sein sollte, dass sie ihn nicht mehr sehen konnte, so würde sie ihn bezahlen, denn sie wollte Kyle beschützen, so wie er sie beschützt hatte. Sie wollte ihn retten, so wie er sie gerettet hatte! 

58. Kapitel: „Ich kann nicht…“

Die Party war in vollem Gange, nur Sam saß nach wie vor Abseits von allen anderen da und versuchte Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Was meinte Dennis nur damit, dass einige nicht einverstanden mit ihnen waren? Was meinte er damit, dass es gefährlich für sie werden könnte, wenn sie nicht auf ihn hörte und sich von Kyle fernhielt? Was konnten die Menschen ihnen oder ihm schon antun?

In diesem Moment kam ihr Logan in den Sinn, von dem sie doch die Abgründe der Menschen so gut kennengelernt hatte. Wenn ein Mensch sich etwas in den Kopf setzte, so würde er dieses Ziel auch mit aller Macht erreichen, ohne Rücksicht auf Verluste. Sam wusste nicht, was man ihr oder Kyle antun könnte, doch um ehrlich zu sein wollte sie es auch gar nicht herausfinden.

Sie blickte über die Massen hinweg und entdeckte ihn ein gutes Stück entfernt von sich zwischen einiger der Cheerleader und Spieler. Er lachte, trank ausgelassen und hatte seinen Spaß. Vielleicht war es von Anfang an so gewesen, dass Sam diese seltsame mehr oder weniger Trennung von Kyle so fertig machte. Er schien nicht so, als würde ihn das alles sonderlich beschäftigen. Vielleicht bedurfte es also nur Sams Willenskraft, ihn einfach in Ruhe zu lassen und ihn sein Leben so leben zu lassen, wie er es wollte. Auch sie würde sich irgendwann wieder daran gewöhnen, Kyle nicht mehr um sich zu haben. Natürlich würde es schwierig werden, schließlich lebten beide in dem selben Wohnkomplex, doch wer sagte denn, dass sie nicht tatsächlich, sobald sie mit dem Studium fertig war in eine andere Stadt gehen würde? Wer sagte denn, dass sie nicht weit entfernt von vorne beginnen konnte? Kyle hatte den Grundstein für ihr neues Leben gelegt, vielleicht würde sie jetzt mit irgendeinem anderen Mann der ihr noch begegnen würde ein gemeinsames Leben beginnen können. Was auch immer sie tat, was auch immer sie noch tun würde: Sie würde es ohne Kyle tun. Sie hatte ihren Entschluss gefasst.

Dennis hatte sie mit dieser Wette an der Nase herumgeführt, hatte sie häufig beleidigt oder missachtet, doch bei diesem Gespräch heute hatte sie die Ehrlichkeit gespürt. Die Sorgen, die er sich um seinen Kumpel machte und vielleicht sogar die Sorgen, die sich ein wenig um sie selbst kreisten. Dennis mochte ein Arschloch sein doch das, was er heute gesagt hatte, entsprach der Wahrheit, daran gab es für Sam keinen Zweifel. Er hatte auf seine eigene Art und Weise versucht, Kyle zu schützen und jetzt die Hoffnung in Sam gelegt. Und sie würde diese Hoffnungen nicht zerstören!

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Den ganzen Abend schon zitterten Kyles Hände als hätte er einige Tassen Kaffee zu viel getrunken und aus diesem Grund klammerte er sich an seiner Bierflasche fest, als wäre sie der rettende Anker. Sein Blick schweifte mehrere Male über die Menschenmenge. Noch vor einigen Minuten hatte er Sam etwas abseits auf einer Bank sitzen sehen. Sie schien vollkommen in Gedanken versunken gewesen zu sein, sie schien besorgt zu sein. Am liebsten wäre er sofort zu ihr hinüber gegangen und hätte sie gefragt, was los sei, doch das hätte seinen Plan zunichte gemacht. Er musste sich an das halten, was er sich überlegt hatte. Wenn er es nicht tat, hätte er vermutlich nicht mehr die Kraft oder den Mut ihn umzusetzen.

„Kyle, du bist so schweigsam heute!“, hörte er Jenniffer neben sich sagen und blickte auf. Seit der letzten Auseinandersetzung mit ihr auf eben diesem Fußballfeld einige Wochen zuvor, hatte er kein Wort mehr mit ihr gesprochen. Heute war sie jedoch auf ihn zugekommen und hatte sich dafür entschuldigt wie sie sich benommen hatte. Was mit ihr geschehen war wusste er nicht, doch Kyle sah keinen Grund ihr noch weiterhin aus dem Weg zu gehen. Jenniffer mochte ein Miststück sein in so manchen Situationen doch an sich, war gegen sie selber nichts auszusetzen.

„Keine Ahnung, habe wohl noch nicht genug Alkohol intus!“, meinte er lächelnd und kippte sich den Inhalt der Bierflasche, die noch halb gefüllt war, auf einmal in den Mund. Er hatte gehofft, dadurch seine Nerven ein wenig beruhigen zu können, doch dem war nicht so denn als er die Flasche wieder absetzte, fühlte er sich genauso wie vorher auch.

„Du scheinst mir eher ein wenig nervös zu sein, wenn ich ehrlich bin!“, entgegnete Jenniffer, als sie die leere Bierflasche in seiner Hand betrachtete. Die andere Hand ließ Kyle schnell in der Hosentasche verschwinden, damit sie das Zittern nicht mitbekam.

„Ach was, nervös. Vielleicht ist mir ein wenig mulmig zumute wegen dem Spiel!“, meinte er geistesabwesend. Sein Blick war erneut über die Menschenmenge gewandert, doch hatte er Sam nicht mehr erspähen können und so wanderte er weiter, bis er sie neben Goalie stehen sah. Noch vor einigen Tagen hätte ihm dieser Anblick einen Stich versetzt, doch sein Kumpel hatte ihm versichert, dass nichts zwischen ihnen lief und auch nicht laufen würde. Kyle glaubte Goalie, denn dieser war noch niemals ein Menschen gewesen der leere Worte von sich gab. Als er Sam genauer betrachtete erkannte er, dass auch sie ein wenig nervös zu sein schien. Was war nur los mit ihr?

Sie war blass im Gesicht, strich sich ständig die Haare aus dem Gesicht und blickte sich vorsichtig um, als würde sie jemanden in der Menschenmenge suchen.

Kyle zog fragend die Augenbrauen zusammen.

„Ist es wegen Sam?“, hörte Jenniffer fragen und riss seinen Blick von Sam. Er hatte tatsächlich vergessen, dass er sich gerade in einer Unterhaltung befand. Die Frage die Jenniffer ihm gestellt hatte, hatte er so oft gehört in den letzten Wochen, dass sie ihm langsam zum Halse raushängen müsste, doch das tat sie nicht denn das erste Mal konnte er diese Frage mit einem „Ja!“ beantworten. Vorher hatte er sich selber stets etwas vorgemacht, heute jedoch war er sich bewusst was er empfand, heute konnte er dazu stehen.

Jenniffer sah ihn überrascht an. Wahrscheinlich wegen seiner Ehrlichkeit, doch Kyle sah keinen Sinn mehr darin den anderen etwas vor zu machen. Bald würden sowieso alle wissen wie es um ihn stand, warum sich also jetzt noch rausreden.

„Kyle, was ist nur mit dir passiert?“, fragte sie ihn und obwohl sich die Frage ein wenig anklagend anhörte so konnte er in Jenniffers Gesicht, auf welchem ein leichtes Lächeln zu sehen war, erkennen, dass es keinesfalls so gemeint war.

„Keine Ahnung, ich hab das alles nicht geplant!“, entgegnete er und versuchte sich davon abzuhalten, erneut nach Sam Ausschau zu halten.

„Klar, wer plant sowas schon?“, meinte Jenniffer und für einen kurzen Moment blitzte Enttäuschung in ihrem Blick hervor.

„Weißt du, ich hab irgendwie immer gehofft, dass ich diejenige sein würde, die dich zur Vernunft bringt. Dass es Sam Raven sein würde, hätte ich im Leben nicht gedacht!“, erklärte Jenniffer. Kyle sah sie ruhig an, er verstand die Botschaft, die ihm Jenniffer übermitteln wollte. Es war ihm irgendwie schon immer klar gewesen, dass Jenniffer, so wie viele andere Frauen, mehr für ihn empfand. Doch keine dieser Frauen und auch Jenniffer nicht, kannten ihn wirklich. Sie hatten sich vielleicht in ihn verliebt, doch das war nicht wirklich er gewesen. Er hatte sich jahrelang nur verstellt, den coolen Macker heraushängen lassen und, obwohl er dies eigentlich niemals gewollt hatte, mit den Gefühlen der Mädchen gespielt. Er hatte sich eingeredet, dass er offen und ehrlich, vor allem jedoch fair zu ihnen gewesen war und hatte die Tatsache, dass keine dieser Frauen tatsächlich klar gewesen war, dass sie ihn nicht umbiegen konnten, standhaft ignoriert. Sehr viele von den Frauen, mit denen er in den letzten Jahren zusammen gewesen war hatten wohl gehofft, ihn umbiegen zu können und vielleicht hatte er ihnen in dieser Hinsicht auch Hoffnungen gemacht, obwohl es keine gegeben hatte.

„Jenniffer hör zu, es tut mir wirklich leid. Wie gesagt, ich hab das alles so nicht geplant! Ich möchte, dass du weißt, dass ich dir niemals weh tun wollte. Eigentlich wollte ich niemals irgendjemandem weh tun, doch ich hab es getan und das kotzt mich einfach nur an. Vielleicht schaffen wir es ja, einfach nur Freunde zu sein? Denn sein wir mal ehrlich, mit mir wärst du sowieso niemals glücklich geworden!“, erklärte er und Jenniffer begann zu lachen.

„Vermutlich nicht!“, entgegnete sie und sah sich dann in der Gegend um.

„Und was hast du jetzt vor?“, fragte sie ihn als sie Sam entdeckte. Immer noch stand sie neben Goalie und schien sich mit ihm  zu unterhalten.

„Naja, ich hab da so einen Plan!“, meinte Kyle und stellte seine leere Bierflasche auf den Tisch.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Wie meinst du das?“, fragte Goalie sie verwirrt.

„Naja, ich meine, glaubst du, dass jemand jemand anderem wirklich was antun könnte wenn er glaubt, er wäre ungerecht behandelt worden?“, formulierte Sam ihre Frage neu und sah zu Goalie hinauf, der sie skeptisch ansah.

„Reden wir hier gerade von einem echten Problem oder spekulieren wir hier gerade einfach nur?“, fragte Goalie sie interessiert. Sam wollte nicht, dass Goalie von ihrem Gespräch mit Dennis erfuhr. Sie wollte nicht, dass überhaupt irgendjemand davon erfuhr. Sie hatte ihren Entschluss gefasst, sie würde sich nicht weiterhin um Kyle bemühen. Stattdessen würde sie ihr eigenes Ding machen, doch interessierte sie Goalies Einstellung zu dem Thema ungemein. Schließlich studierte er Kriminologie und würde, sobald er fertig war, als Gesetzeshüter tätig sein, das hieß er hatte Ahnung davon.

Goalie entschloss sich, erstmal auf das Spielchen einzusteigen. Sam war es offenbar äußerst wichtig seine Meinung zu diesem Thema zu hören, er würde erst später versuchen aus ihr herauszubekommen, was sie tatsächlich so beschäftigte.

„Naja sagen wir es mal so. Menschen fühlen sich immer sehr schnell ungerecht behandelt und Menschen neigen ebenfalls dazu, Rachegefühle zu entwickeln. Nicht umsonst gehört Rache zu einem der häufigsten Motive von Gewaltverbrechen. Aber, bei einer vollkommen psychischen Gesundheit, kann man eigentlich nicht davon ausgehen, dass tatsächlich etwas passiert…“, fachsimpelte Goalie.

„Und wenn die psychische Gesundheit nicht vorhanden ist?“, fragte Sam ihn. Er nickte.

„Dann ist es nicht sonderlich abwegig, dass etwas geschehen könnte, was ein normaler, gesunder Mensch nicht tun würde…“, beantwortete er ihre Frage und blickte auf sie hinab.

„Wovon genau reden wir hier eigentlich Sam?“, fragte er sie schließlich, als er ihren besorgten Blick sah.

„Von nichts bestimmtem….“, murmelte sie vor sich hin und war froh, als sie Simmons auf sich zukommen sah der sich, gut gelaunt wie immer, durch die Menschenmasse kämpfte.

„Nur noch ein paar Tage, dann ist es soweit. Das Finale steht an, hier auf diesem Feld, vor hunderten von Zuschauern, gegen die New Yorker Affen.“, träumte er vor sich hin und setzte sich dabei auf einen umgedrehten Bierkasten, der neben der Bank auf der Sam saß, stand.

Für einen Moment verfielen alle in ein Schweigen. Sam war klar, dass mit diesem Spiel, das Ende der Saison eingeleitet wurde und damit auch das Ende ihrer Tätigkeit für die Mannschaft. Ein kleiner Kloß bildete sich in ihrem Hals, den sie jedoch versuchte herunter zu schlucken. So vieles würde sich in der nächsten Zeit ändern.

„Ich glaube ich gönne mir nach der Saison mal einen Urlaub!“, sagte Simmons.

„Ich werde das letzte Semester hinter mich bringen und mich dann auf den Weg in meine Heimatstadt machen. Die haben dort tatsächlich eine offene Stelle in der Polizeidirektion die sie mir zugesagt haben!“, meinte Goalie und überraschte so beide.

„Das heißt, du bist in einem halben Jahr weg hier oder wie?“, fragte Simmons ihn und Goalie nickte.

„Jap, sieht so aus!“, antwortete er geistesabwesend. Ja, er würde nach Hause zurück kehren, in den Ort, in welchem er Dinge erlebt hatte, die ihn bis heute noch in seinen Träumen verfolgten, doch dies waren Sachen, die definitiv an anderer Stelle durchleuchtet werden sollten.

„Wahnsinn, das hätte ich jetzt nicht gedacht!“, hörte er Sam sagen und blickte auf.

„Ich auch nicht.“, entgegnete er und scharrte mit den Füßen ein wenig im Kies, der neben dem Spielfeld aufgestreut wurde, umher.

„Kommt, lasst uns den Abend einfach genießen. Ich lade euch beide auf ein Bier ein!“, sagte Simmons und klatschte dabei laut in die Hände. Er sprang auf, reichte Sam die Hand, welche sie ergriff, und zog sie auf die Beine. Goalie war währenddessen selber aufgestanden und so gingen alle drei auf den Getränkestand zu, der sich ungefähr in der Mitte des Feldes befand. Dort, wo die meisten Menschen sich aufhielten und tanzten.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ok, Kyle wusste, dass ihm die Zeit davon lief. Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es bald Mitternacht sein würde. Wenn er sich nicht bald aufraffen und seinen Arsch bewegen würde, so könnte er es vergessen seinen Plan umsetzen zu können. Er sah hinüber zu Sam, Goalie und mittlerweile Simmons. Alle drei standen in der Nähe des Getränketisches und amüsierten sich mittlerweile prächtig, während Kyle sich im Laufe der Zeit immer mehr zurückgezogen hatte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und seltsamerweise kam ihm genau in dieser Sekunde die Erinnerung, als Sam ihm gedroht hatte, sollte er sie anfassen, sie ihn verprügeln würde. Er schluckte schwer.

‚Jetzt reiß dich zusammen du Vollidiot!‘, sagte er sich selber.

Er hatte sich viele Gedanken bezüglich dieses Plans gemacht und obwohl eine ganze Menge auf dem Spiel stand und er auch eins der wichtigsten Dinge verlieren konnte, nein sogar würde, wenn er den Plan umsetzte so hatte er sich für ihn entschieden.

Er hatte für sich beschlossen, dass er diese letzte Chance nutzen würde und setzte damit alles aufs Spiel.

Er leerte den Becher in seiner Hand mit einem Zug aus und machte sich auf den Weg. An den Leuten entlang, die ausgelassen feierten. Wie in einem Tunnelblick konnte er nur noch Sam vor sich sehen und so rämpelte hier und da Menschen an, die er jedoch nicht weiter bemerkte. Sein Herz schlug ihm nach wie vor bis zum Hals, der Angstschweiß lief ihm die Stirn hinab. In diesem Moment sah Sam ihn direkt an und so gab es auch kein Zurück mehr. Er würde es jetzt durchziehen müssen, es gab kein Entrinnen.

Schneller als gedacht kam er direkt vor Sam zum Stehen. Offenbar hatte er bereits ein wenig Aufmerksamkeit erregt, denn er hörte Murmeln um sich herum, welches er jedoch nicht weiter beachtete.

„Kyle?!“, sagte Sam mit großen Augen. Es war das erste Mal seit für ihn ewiger Zeit, dass sie ihn direkt ansprach, ihn direkt ansah. Obwohl er alles sehr genau durchdacht hatte, es Punkt für Punkt durchgegangen war und sich mehrmals ermahnt hatte, sich ja an den Plan zu halten tat er jetzt jedoch etwas, was er so eigentlich nicht im Sinn gehabt hatte.

Als er Sam sah, die ihn direkt anblickte erinnerte er sich an die vorherigen Male, die sie sich in den Armen gelegen hatten. In denen sie sich geküsst und, ja, geliebt hatten und so schaltete er seinen Verstand aus und zog Sam an den Armen an sich. Ohne ihr auch nur die geringste Möglichkeit zu geben sich diesem zu entziehen, küsste er sie und mit einem Mal schienen all die Sorgen die er sich gemacht hatte in den letzten Tagen, wie weggeblasen. Er wusste genau, was er brauchte, um endlich wieder seine Ruhe zu finde und diese Person lag in seinen Armen. Sie wehrte sich nicht, sie zog sich nicht zurück, er spürte genau, dass sie den Kuss erwiderte und trotzdem hatte er das Gefühl, dass es nicht so perfekt lief, wie es eigentlich laufen sollte, wenn sich zwei Menschen die doch eigentlich zusammen gehörten sich so in den Armen lagen.

Er nahm am Rande wahr, dass das Getuschel um ihn herum anwuchs, doch es interessierte ihn einfach nicht. Das Einzige was ihn interessierte waren Sams Lippen und ihre Hände, die sich an seinem Shirt festkrallten. Das Einzige was ihn interessierte war das, was als nächstes noch folgen sollte und musste.

Er wusste nicht, wie lange er dastand und diesen Kuss auskostete doch wusste er dennoch genau, dass er langsam seinen Plan umsetzen musste.

Langsam entfernte er sich von Sam, die die Augen jetzt öffnete und ihn vollkommen überrascht und vielleicht sogar ein wenig verzweifelt anblickte. Warum schien sie nur so verzweifelt?

Eine Sekunde nahm er sich, um sich umzusehen, entdeckte den Coach der direkt neben Simmons und Goalie stand und ihn entgeistert anblickte, sah die anderen Menschen, die lächelnd dastanden, dann richtete er seinen Blick wieder auf Sam.

„Warum hast du das getan?“, fragte sie ihn und schien dabei äußerst neben der Spur. Er wusste, dass Sam noch nicht soweit war wie er, doch er musste ihr begreiflich machen, dass er ihr helfen konnte wenn sie es nur zuließ.

„Weil ich mich in dich verliebt habe!“, antwortete er ohne Umschweife und jetzt, da die Worte das erste Mal in seinem Leben seine Lippen verließen kamen sie ihm gar nicht mehr so gefährlich vor, wie er sich immer gedacht hatte.

Ein Raunen ging durch die Menge, denn er hatte laut genug gesprochen, dass alle die in unmittelbarer Nähe standen ihn durchaus verstehen konnten.

Sams Augen weiteten sich noch mehr.

Er versetzte ihr einen Stich ins Herz. Wie konnte er so etwas nur tun? Wie konnte er ihr so etwas nur einfach so sagen? Jetzt, das sie beschlossen hatte, ihn für immer in Ruhe zu lassen? Jetzt da sie erfahren hatte, dass es Leute gab, die alles dafür tun würden die beiden von einander fern zu halten? Woher hatte er nur diesen Mut genommen? Woher hatte er die Sicherheit genommen?

In Sams Kopf schwirrten tausende Gedanken umher, doch einer der kristallisierte sich immer mehr raus: So gerne sie ihm das selbe sagen wollte, wie er ihr gerade gesagt hatte, so wäre dies falsch. Nicht nur, weil sie ihn dadurch in Gefahr bringen könnte, sondern vor allem auch aus dem Grund, da sie einfach nicht fähig zu sein schien, sich wirklich vollends auf einen anderen Menschen einzulassen und Kyle verdiente so viel mehr!

„Ich…ich kann nicht….“, stotterte sie und spürte, wie ihr langsam die Tränen zu kommen schienen. Die anderen Menschen um sich herum nahm sie gar nicht mehr wahr, nur Kyles grünen Augen die direkt auf sie gerichtet waren und die sie indirekt anflehten es einfach zu versuchen.

„Ich weiß, dass ich dich damit jetzt vollkommen aus der Bahn werfe…“, meinte Kyle und zog sie dann am Arm entlang durch die Menschenmenge hindurch um sie an einen ruhigen Platz zu bringen wo sie ungestört miteinander sprechen konnten. Dabei murmelte er noch weitere solcher Floskeln und erst als sie beide zum Stehen kamen, wandte er sich wieder zu ihr.

„Also nochmal, ich weiß, dass ich dich damit jetzt überrascht habe. Was glaubst du wie es mir ging als ich festgestellt habe, dass das was ich für dich empfinde weit über das hinaus geht, was man für eine gute Freundin empfindet! Es hat mir eine Scheißangst gemacht, doch desto länger ich darüber nachgedacht habe, desto mehr ist mir bewusst geworden, dass du und ich einfach unschlagbar waren gemeinsam! Sam, ich erwarte nicht von dir, dass du dich jetzt entscheidest. Auch erwarte ich nicht von dir, dass du mir deine Liebe gestehst, denn seien wir mal ehrlich, du bist noch nicht soweit. Ich hingegen bin mir sicher und das wollte ich dir sagen. Jetzt liegt es an dir. Nimm dir die Zeit die du brauchst, denke nach, überlege es dir gut! Ich liebe dich und das wird sich nicht ändern, du musst wissen was du möchtest.“, er sprach und sprach und mit jedem Wort mehr wuchs der Kloß in Sams Hals an. Sie wollte ihn so gerne in die Arme schließen, doch das konnte sie nicht! Es gab so viele Gründe, warum dies falsch wäre, der erste und beste Grund war, dass sie Kyle einfach nicht gut tat. Er hatte sie geküsst, vor allen anderen, sogar vor dem Coach, der jetzt bestimmt seine Konsequenzen daraus ziehen würde. Gerade als sie sprechen wollte, legte er ihr den Zeigefinger auf die Lippen.

„Ich bin mir sicher, du hast dir bereits eintausend noble und gute Gründe zurecht gelegt, warum wir beide nicht zusammen sein sollen doch ich will sie nicht hören. Ich kenne all diese Gründe selber und sie sind mir egal. Ich will, dass du jetzt gar nichts sagst, bevor du etwas sagst, was du später bereuen wirst, ok?“, fragte er sie und Sam blieb nichts anderes übrig als zu nicken. Vielleicht hatte Kyle Recht, vielleicht sollte sie am besten einfach schweigen um die Situation nicht schlimmer zu machen als sie sowieso schon war.

„Das hier war das letzte Mal, dass ICH auf DICH zugekommen bin Sam! Ich liebe dich zwar, doch ich werde mich nicht mehr weiter zum Affen machen. Wenn du mit mir zusammen sein möchtest, dann musst du auf mich zukommen, wenn nicht, dann sage mir das doch ich werde dich jetzt in Ruhe lassen und dir die Zeit geben die du vermutlich brauchen wirst!“, sagte Kyle und seine Stimme klang dabei so warm und vertraut, dass das Einzige was Sam in diesem Moment am liebsten sagen wollte war, dass ihr all die Gründe ebenfalls egal waren. Dass sie beide  das mit Sicherheit irgendwie hinbekommen würden, doch sie tat es nicht. Sie konnte es nicht. Sie würde sich die Zeit nehmen, die Kyle ihr gab, doch sie bezweifelte stark, dass sich ihre Meinung dadurch ändern würde.

Sie schwieg und sah Kyle lediglich an, dieser lächelte plötzlich und schien äußerst erleichtert zu sein.

„Puh, geschafft! War gar nicht so schwer wie ich erwartet habe…“, meinte er und fügte dann hinzu „Ich muss jetzt gehen. Muss mich wohl dem Coach stellen…verdammt, dass hatte ich einfach nicht bedacht…aber jetzt kann ich es auch nicht mehr ändern!“

Er schien wie ausgewechselt! Hatte er gerade eben noch unter Hochspannung gestanden und Sam etwas von seinen Gefühlen erzählt, so war er jetzt wieder der gute alte Kyle, den sie in den letzten Wochen so gut kennengelernt hatte. Es schien ihn so gar nicht zu verstören, dass er Sam gerade seine Liebe gestanden hatte. Ganz im Gegensatz zu ihr.

„Kyle…“, setzte sie an zu sprechen, doch er legte ihr sofort erneut den Finger auf die Lippen.

„Ernsthaft Sam, ich will jetzt nichts hören. So wie ich dich kenne, machst du alles durch irgendeinen Blödsinn wieder kaputt also lass es lieber und mach dir erstmal Gedanken darüber, was du sagen möchtest. Ich warte solange und versuche nicht durchzudrehen!“, erklärte er ihr und lächelte erneut.

„Und jetzt sei mir bitte nicht böse, aber falls du dich gegen mich entscheiden solltest, möchte ich zumindest noch ein einziges Mal deine Nähe gespürt haben!“, erklärte er ihr und senkte den Kopf erneut.

Es fühlte sich so normal an, Kyle so nahe zu sein und so erwiderte Sam, ohne groß zu überlegen diesen Kuss, der genauso einzigartig und unglaublich war, wie all die anderen zuvor. Nur diesesmal küsste sie ihn mit dem Wissen, dass er sie liebte, dass er alles für sie riskiert hatte!

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Keiner der beiden bemerkte, dass ein ungebetener Gast sich in den Reihen der Zuschauer befunden hatte. Logan kochte vor Wut. Hatte Dennis ihm nicht gesagt, dass er das mit Sam und Kyle geregelt hatte?

Leider stand Logan zu weit entfernt von den Beiden um zu verstehen, was sie da gerade besprachen, doch dem beschissenen Gesichtsausdruck von Thompson zu schließen, würden die Beiden eins auf Heiter Sonnenschein machen, während er in einer dunklen Bruchbude saß und mit dem Scheiß klar kommen musste, den Sam ihm eingebrockt hatte. Nach wie vor hatte er noch keinen Job gefunden, weil niemand ihn einstellen wollte mit der großen Lücke in seinem Lebenslauf und wenn er versuchte ihnen zu erklären, dass er fälschlicherweise wegen versuchter Vergewaltigung, Körperverletzung und noch anderem im Knast, beziehungsweise in dieser Anstalt, gesessen hatte so glaubte ihm niemand.

Die beiden standen dort und küssten sich und wenn er all die Dinge die Sam ihm angetan hatte mal außer Acht ließ, so war es immer noch so, dass Thompson sich an seine Schnalle ranmachte und das würde er nicht auf sich sitzen lassen. Die beiden waren fällig!

Er spürte die Waffe, die er seit einigen Tagen stets bei sich trug, in seiner Hosentasche lasten doch als er sich umsah wurde ihm klar, dass zu viele Menschen um ihn herum standen. Wenn er jetzt tatsächlich diese Waffe zücken würde, so wäre er schneller geschnappt als er abschießen konnte, also entschied er sich, sich etwas Besseres einfallen zu lassen. Etwas, dass keiner der Beiden jemals vergessen würde. Etwas, dass beiden klar machen würde, wer hier zu wem gehörte! 

59. Kapitel: „It’s Showtime….“

59. Kapitel: „It’s Showtime….“

 

Sam hatte sich sofort nach dem Gespräch mit Kyle auf den Weg nach Hause gemacht, weil sie die Blicke und das Getuschel der Menschen um sich herum nicht ertragen konnte. Sie sah in die fröhlichen Gesichter, erkannte deren Gedanken. Allesamt waren sie der Meinung, dass Sam nichts besseres passieren konnte in ihrem Leben, als dass Kyle Thompson ihr, der unscheinbaren grauen Maus, die Liebe gestand, doch all diese Menschen wussten nicht was Sam wusste.

Langsam aber mit sicheren Schritten näherte sie sich immer näher dem Wohnhauskomplex, doch mit jedem Schritt wurde ihr unwohler zumute. Sie wusste nicht woran dies lag und so drehte sie sich mehrmals um um nachzusehen, ob sich jemand hinter ihr befand, doch kein einziges Mal konnte sie auch nur eine einzige Person erspähen. Dennoch fühlte sie sich irgendwie beobachtet und so beeilte sie sich jetzt etwas mehr, um die Haustüre zu erreichen. Sie sah wirklich schon Gespenster! Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie Angst hatte die Person, von der Dennis gesprochen hatte, hätte den Kuss heute Abend gesehen. Diejenige Person könnte falsche Rückschlüsse ziehen!

Nochmal kam Sam die Frage in den Sinn, was ihr oder auch Kyle denn nur jemand antun konnte? Ihr fiel einfach nichts ein, was sie den beiden anhaben konnten, zumal Kyle sich heute sein eigenes Grab geschaufelt hatte bezüglich des Fußballspiels am Sonntag. Der Coach hatte ihn gesehen, hatte ihn gehört und hatte vermutlich längst seine Schlussfolgerungen gezogen. Sam wurde ganz schlecht bei dem Gedanken, dass Kyle wegen ihr das Finale der Playoffs nicht mitspielen konnte, doch noch war gar nichts sicher. Noch hatte sie Hoffnung. Noch wusste sie nicht, was ihr noch wiederfahren sollte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „WIE BESCHEURT KANN MAN SEIN???? DREI TAGE VOR DEM FINALE???!“, schrie der Coach in der Trainerkabine, in welcher Kyle sich ebenfalls befand. Noch niemals hatte er einen solchen Anschiss vom Coach kassiert und dennoch schaffte er es nicht, das Lächeln, welches sich auf seinem Gesicht befand, verschwinden zu lassen. Er hatte es in Sams Augen gesehen! Sie war nicht abgeneigt von der Vorstellung eine Zukunft mit Kyle zu bestreiten und wenn sie erst einmal ausreichend Zeit bekommen hatte um sich Gedanken über alles zu machen würde sie diese Zweifel über Bord werfen, das sagte ihm sein Gefühl. Trotzdem blieb ein bitterer Nachgeschmack, denn den verzweifelten Blick Sams konnte er nach wie vor nicht deuten. Er vermisste es sich mit ihr zu unterhalten und zu versuchen zu ergründen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Noch ein wenig Geduld und er hätte diese Möglichkeit womöglich für immer.

„Kyle, hörst du mir überhaupt zu?“, fragte der Coach und kam Kyle dabei gefährlich nahe. Dieser war mit den Händen in den Hosentaschen lässig dagestanden und mit den Gedanken vollkommen abgeschweift.

„Ja na klar Coach!“, antwortete er, obwohl er nicht mit Sicherheit sagen konnte, was der Coach in den letzten fünf Minuten gesagt hatte.

„Kyle verstehst du, dass ich dich von dem letzten Spiel ausschließen muss? Ich habe euch alle gewarnt und du hast wissentlich meine Regeln missachtet…“, erklärte der Coach.

„Sam hat die Regeln ebenso missachtet!“, konterte dieser, doch der Coach schwang seinen Zeigefinger in der Luft hin und her.

„Oh nein mein Lieber das hat sie nicht. Für sie galt diese Regel gar nicht! Ich bin mir sicher, wenn ich ein wenig nachforsche werde ich herausbekommen, dass DU derjenige warst, der sich an Sam rangeschmissen hat, was auch alles nur halb so wild gewesen wäre, wenn du es doch nur noch drei verdammte Tage für dich behalten hättest. Kyle, ich habe euch dieses Ultimatum gestellt und du hast es wissentlich missachtet, ich mache mich lächerlich, wenn ich dich jetzt mitspielen lasse!“, erklärte der Coach, der sich währenddessen die Haare raufte.

„Verdammt! Warum nur? Hättest du nicht warten können? Das Spiel spielen können und danach diesen äußerst noblen Schritt wagen können? Kyle es wird wirklich schwer, wenn ich meinen besten Stürmer nicht auf dem Feld habe!“, sagte der Coach wütend.

Kyle wusste genau, was der Coach meinte und er hatte eigentlich die ganze Sache auch nicht ganz so offensichtlich geplant gehabt, doch hatte es ihn einfach übermannt. Dies versuchte er dem Coach ebenfalls zu erklären, doch dieser schüttelte resigniert den Kopf.

„Das hilft mir alles rein gar nichts Junge! Die jüngeren Spieler haben alles mitbekommen! Jeder hat es mitbekommen! Jeder kannte mein Ultimatum von euch Jungs und aus diesem Grund bleibt mir nichts anderes übrig, als dich auszuschließen!“, sagte der Coach schlussendlich und Kyle ließ resigniert den Kopf fallen.

„Wenn das ihre Entscheidung ist Coach!“, sagte er und wandte sich ab um die Tür zu öffnen.

„Das ist nicht meine Entscheidung Kyle, diese Entscheidung hast du selber für dich getroffen!“ , entgegnete der Coach. Kyle erkannte den Frust in dessen Stimme konnte jedoch leider nichts dagegen tun, denn er hatte Recht. Wenn er ihn nach solch einer Aktion und nach der ausdrücklichen Warnung, bevor Sam zu ihnen gekommen war, tatsächlich mitspielen lassen würde, so würde er seine eigene Autorität untergraben. Kyle hatte gewusst, dass dies geschehen konnte und somit musste er jetzt damit leben.

Er spürte den schweren Stich in seinem Herzen wenn er daran dachte, bei dem finalen Spiel nicht dabei sein zu können und so öffnete er enttäuscht die Tür.

„Ich erwarte natürlich, dass du trotzdem bei dem Spiel anzutreffen bist! Man weiß ja nie, ob man dich nicht doch noch irgendwie einsetzen muss!“, ertönte hinter ihm die Stimme des Coaches und so wandte sich Kyle doch noch einmal um.

„Ähm, Coach?“, erwiderte er verdattert, doch der Coach entgegnete nur „Ich habe gesagt, was zu sagen ist. Jetzt scher dich raus hier Junge!“, und setzte sich an seinen Schreibtisch als hätte er wichtigeres zu tun, als sich mit seinem besten Stürmer zu unterhalten. Kyle war sich nicht sicher, was diese Aussage des Coaches zu bedeuten hatte, doch wenn er ihn richtig verstand, hatte er ihm gerade mitgeteilt, dass doch noch eine geringe Chance bestand, dass er eingesetzt wurde. Auch wenn es nur in der zweiten Halbzeit die letzten zehn Minuten sein würden, so wäre Kyle auch über dieses Entgegenkommen äußerst dankbar.

„Und???“, fragte Simmons und riss Kyle damit aus seinen Gedanken. „Was hat er gesagt?? Jetzt komm, spann uns hier nicht lange auf die Folter!!“, fügte er hinzu und überrumpelte Kyle damit beinahe. Er wusste selber noch nicht, ob er das was der Coach gesagt hatte richtig deutete, wie sollte er also den Jungs jetzt davon erzählen?

Neben Simmons befanden sich noch Martin, Danny und Goalie und mit einem mal stellte Kyle fest, dass aus ihnen fünfen irgendwie über die letzten zwei Monate ein eingespieltes Team geworden war. Sie fünf und Sam.

„Keine Ahnung. Zuerst meinte er, ich wäre ausgeschlossen von dem letzten Spiel!“, begann Kyle. Bei diesen Worten sogen alle vier Jungs die ihm gegenüberstanden scharf die Luft ein.

„Nicht ernsthaft, oder?“, meine Martin und kam auf Kyle zu, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen. Dieser zuckte mit eben diesen und sprach weiter.

„Naja und dann meinte er, er erwarte ich solle bei dem Spiel dabei sein, da er nicht wüsste, ob er mich nicht doch irgendwie einsetzen MÜSSE!“

Für einen kurzen Moment war es still, dann sprach, wer sonst, Simmons das aus, was der Rest sich wohl dachte. „Und was hat das jetzt zu bedeuten?“

Erneut zuckte Kyle mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Das einzige was ich mit Sicherheit weiß ist, dass ich am Sonntag neben euch auf der Bank sitzen werde wenn es los geht, ob ich eingesetzt werde steht heute wohl noch in den Sternen!“, erklärte er und machte im Anschluss einen Schritt nach vorne. Die anderen fühlten sich ebenfalls animiert los zu gehen und so traten alle fünf Jungs nach zwei Minuten nach draußen an die frische Luft.

„Hat jemand von euch Sam gesehen?“, fragte Kyle die anderen, während er die letzten Besucher der Feier beobachtete, wie sie betrunken umhertorkelten.

„Sie ist wohl nachhause gegangen!“, meinte Goalie und Kyle nickte um ihm zu signalisieren, dass er ihn gehört hatte.

Sam war also nachhause gegangen ohne nochmal mit ihm darüber zu sprechen. Er hatte ihr zwar gesagt, dass er ihr alle Zeit gab die sie brauchte, doch hatte er gehofft, dass sie sich ihm gleich an den Hals werfen würde. Nun, dies war nicht geschehen und erst jetzt spürte er das beklemmende Gefühl, welches ihn in diesem Moment heimsuchte.

„Was ist, wenn sie sich gegen mich entscheidet?“, fragte er niemand bestimmten. Die Jungs wechselten einen Blick, der alles sagte. Keiner von ihnen hoffte, dass Sam sich gegen Kyle entschied, denn wenn sie dies tat, so wäre Kyle danach nicht mehr derselbe. Er würde noch so eine Enttäuschung nicht ertragen und wenn die Menschen dachten, dass Kyle vorher ein Mistkerl gewesen war, so würden sie Augen machen wenn sie ihn sehen könnten, wenn Sam ihm tatsächlich einen Korb gab.

„Jetzt warte erst mal ab Kyle. Wir wissen nicht, was Sam tun wird!“, meinte Simmons einfühlsam, besorgt war er jedoch dennoch. Er kannte Sam. Jeder von ihnen kannte Sam. Sie konnte stur wie ein Pferd sein, doch eigentlich hatte sie nur Angst davor irgendwie verletzt zu werden. So wie doch eigentlich jeder Einzelne von ihnen. Was war also, wenn diese Angst größer war als die Aussicht, ein Leben mit seinem Kumpel führen zu können?

Simmons konnte dies nicht zulassen. Er musste etwas unternehmen. Er musste ihr klar machen, dass sie endlich ihre hübschen Augen aufmachen und in die richtige Zukunft sehen musste. In eine Zukunft mit Kyle.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Ich verstehe ja wirklich ,dass ihr beide da seid…“, meinte Sam und blickte Janine und Kristy an, die beide auf ihrem Sofa saßen und gespannt darauf warteten, dass Sam ihnen erzählte, was gestern geschehen war. Sam hatte Janine angerufen, die sich sofort auf den Weg gemacht hatte und zeitgleich mit Kristy, die Sam nicht angerufen hatte, angekommen war. Kristy hatte wohl von dem Vorfall gehört und es sich zur Aufgabe gesetzt, Sam durch diese Zeit hindurch zu helfen. Wenn Sam ganz ehrlich war, dann war sie ihr sogar äußerst dankbar dafür, denn sie brauchte jetzt einen klaren Kopf und Janine und Kristy konnten für diesen sorgen.

„Was ich jedoch nicht verstehe ist, warum Simmons auch hier sein muss!“, meinte sie trocken und blickte auf den dritten Besucher, der kurz nach den beiden Frauen eingetrudelt war, hinab.

„Hey…“, sagte dieser und hob dabei abwehrend die Hände.

„Ich bin nur hier um zu helfen!“, fügte er hinzu, wobei Sam sofort die Augenbrauen nach oben zog.

„Um so zu helfen wie beim letzten Mal? Oder beim vorletzten mal?“, entgegnete sie immer noch trocken. Ein etwas schuldbewusster Ausdruck erschien auf Simmons Gesicht, doch war dieser viel zu sehr von sich überzeugt, als dass er sich von solchen Aussagen aus der Ruhe bringen lassen würde.

„Ich bringe doch nur noch mal eine ganz neue Perspektive in diese Runde!“, meinte dieser und brachte Janine dabei zum Lachen.

„Ach komm Sam, lass ihn hier! Er amüsiert mich immer so gut!“, erklärte diese. Sam fühlte sich ein klein wenig verraten von ihrer sogenannten Freundin, die ihre eigene Freude vor die Bedürfnisse von Sam stellte, doch da Sam kein Idiot war und sich durchaus dessen bewusst war, dass sie Simmons sowieso nicht loswerden konnte, fand sie sich mit der Tatsache ab und begann zu erzählen. Simmons, der alles mitbekommen hatte, nickte immer wieder zustimmend. Absichtlich ließ Sam einige Inhalte der Unterhaltung unter vier Augen mit Kyle aus, doch musste sie, der Vollständigkeit halber, von seinem Vorschlag erzählen, dass sie sich erst einmal Gedanken machen sollte und wenn sie sich entschieden hätte sollte sie auf ihn zukommen.

„Und was ist jetzt deine Frage?“, meine Janine, für die doch eigentlich alles ganz klar war. Sie war schon seit einiger Zeit überzeugt davon, dass ihre Freundin eigentlich doch unsterblich in den Player verliebt war, doch Sam wollte es sich nicht eingestehen. Sogar jetzt noch, wo er ihr seine Liebe gestanden hatte, war sie sich unsicher bezüglich ihrer Beziehung.

„Naja, ich weiß nicht was ich jetzt tun soll! Ich meine, seien wir mal ehrlich, warum hat sich Kyle genau mich ausgesucht?“, fragte sie in die Runde. Simmons hob den Finger und meinte „Dürfte ich ihr das erklären?“

Die beiden anderen Frauen nickten und Simmons legte los.

„Sam er hat sich das doch nicht ausgesucht, es ist einfach nur passiert. Ich kenne Kyle jetzt schon einige Zeit und glaub mir, der Typ hat selber eine Heidenangst vor dem was da gerade mit ihm passiert. Wenn wir aber mal ganz ehrlich sind, so seid ihr das perfekte Paar! Niemand anderes könnte es mit dir aushalten und ich kenne auch keine einzige Frau, die es tatsächlich mit Thompson aufnehmen könnte. Er hat sich dich nicht ausgesucht, das hat sich alles so ergeben weils einfach so perfekt passt!“, erklärte er und sah zu Janine und Kristy hinüber. „Hab ich etwas vergessen?“, fragte er die beiden, doch diese schüttelten den Kopf.

„Nein, du hast es ziemlich auf den Punkt gebracht!“, meinte Janine und sah zu Sam.

„Sam, was ist denn dein Problem?“, fragte sie sie, weil sie genau sehen konnte, dass Sam etwas bedrückte.

Sam hingegen wollte nichts von der Unterhaltung mit Dennis erzählen, weil sie befürchtete, dass Simmons sofort zu diesem gehen und ihm eine überziehen würde. Dennis hatte es jedoch auf seine eigene Art und Weise gut gemeint, als er sie gewarnt hatte und so befand sich Sam in einem ziemlichen Schlamassel.

„Naja, ich denke, dass Kyle und ich eben nicht perfekt zusammen passen. Über die gesamte Zeit in der wir uns jetzt schon kennen, haben wir uns mehrere Male so derbe zerstritten, dass ich ihn sogar zweimal niedergeschlagen habe!“ erklärte Sam und brachte so die anderen zum Lachen.

„Was zum Teufel ist daran denn so lustig?“, fragte sie biestig und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Naja, die Vorstellung…“, begann Kristy hielt jedoch inne, als sie Sams Blick sah. „Ist nicht so wichtig…“, sagte sie schnell und räusperte sich im Anschluss. Außerdem vermied sie es Augenkontakt zu Sam aufzubauen.

„Sam, jeder streitet sich mal! Bei euch ging es meistens darum, dass ihr nicht ehrlich zueinander wart! Kyle hat sich überwunden und dir gesagt was er für dich empfindet, aber was empfindest du für ihn?“, fragte Janine sie jetzt vollkommen ernst und lehnte sich ein wenig nach vorne.

Sam sah sie direkt an, doch fehlten ihr die Worte. Was genau empfand sie für Kyle?

„Naja, er ist mir schon irgendwie sehr wichtig und es macht auch Spaß meine Zeit mit ihm zu verbringen! Aber genauso bringt er mich manchmal auch zur Weißglut!“, erläuterte sie nachdenklich. Janine nickte.

„Genau wie bei mir und Henry, weiter?“

Sam war verunsichert.

„Aber der Unterschied ist doch, dass ich ihn nicht Liebe!“, meinte Sam hilflos.

„Naja, du weißt es nur nicht. Du verdrängst es weil du der Meinung bist, dass Kyle etwas besseres als dich verdient hat, weil du auf eine bestimmte Art und Weise so kaputt bist, dass du Angst hast, Kyle damit irgendwann einmal weh zu tun!“, sagte Janine.

Simmons und Kristy hielten sich jetzt ganz ruhig, denn dazu konnten sie nichts sagen.

Sam ließ ihre Arme sinken und sah ihre Freundin hilflos an. Was wenn Janine Recht hatte? Was wenn Sam sich selber so stark im Weg stand, weil sie Angst hatte Kyle früher oder später wirklich zu schaden?

„Ich weiß nicht was ich machen soll….“, sagte Sam erneut hilflos und spürte, wie ihr schon wieder wegen Kyle Thompson die Tränen kamen.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Was hat sie gesagt??“, fragte Kyle als Simmons ihm erzählte, dass er vor zwei Tagen bei Sam gewesen war. Nach wie vor hatte Kyle nichts von ihr gehört und langsam aber sicher ging ihm sein Arsch auf Grundeis.

„Naja, sie hat angefangen zu heulen…“, sagte Simmons ein wenig zerknirscht.

Sam hatte geweint? Warum?

Darauf konnte Kyle wohl nur von ihr eine Antwort bekommen, doch noch hatte er sie nicht gesehen. Heute war der Finaltag, heute würde das Team gegen die New Yorker antreten und trotz allem war Sam das Einzige, was Kyle ständig im Kopf herum schwirrte.

„Drei Runden um den Platz Jungs!“, rief der Coach und die Spieler setzten sich langsam in Bewegung. Kyles Blick schweifte kurz über die Tribüne, doch von Sam war nichts zu sehen. Er zog sein Handy aus der Hosentasche, doch auch dort konnte er keine der ersehnten Nachrichten von ihr entdecken.

„Kyle komm schon, konzentrier dich. Sie wird schon auftauchen!“, sagte Goalie, der jetzt neben ihm lief und den besorgten Blick seines Freundes sah.

„Darum mach ich mir keine Sorgen. Natürlich kommt Sam, sie ist Pflichtbewusst und weiß, dass sie den Artikel schreiben muss. Ich mache mir mehr Sorgen darüber, dass sie aus irgendeinem verrückten Grund den sie sich in ihrem Kopf zusammenspinnt, das Falsche tut!“, entgegnete Kyle.

Er war sich sicher, wenn er Sam erst mal sah, konnte er aus ihrem Gesicht ablesen wie sie sich entschieden hatte. Er kannte Sam und sie kannte ihn. Sie wusste, dass er beinahe verrückt wurde durch diese Warterei. Wenn sie jetzt noch zu ihm gekommen war dann nur, weil sie selber noch nicht wusste was sie wollte.

Jubelrufe und Schreie ertönten von den Tribünen und erneut ließ er den Blick darüber schweifen. Die Seite mit den eigenen Fans war restlos ausgefüllt, während die Tribünenseite mit den New Yorker Fans nicht ganz so voll, dennoch nicht schlecht war dafür, dass die New Yorker doch eine relativ weite Anreise gehabt hatten.

„Es wird sich schon alles zum Guten wenden!“, hörte er Goalie sagen, war sich selber jedoch nicht ganz so sicher.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sams Herz schlug ihr bis zum Hals. Die letzten Tage hatte sie nichts anderes getan als an Kyle zu denken. Als sie sich einmal vorgestellt hatte, wie es sein würde ohne Kyle ihr Leben zu verbringen, nie wieder mit ihm sprechen zu können, ihn nie wieder berühren zu können, war es ihr eiskalt den Rücken hinab gelaufen. Vielleicht konnten sie beide es wirklich schaffen! Vielleicht würden sie die Chance wirklich nutzen können? Sie war sich nicht ganz sicher, was ihre Gefühle betraf doch wusste sie, wenn es jemand schaffte ihre Liebe für sich zu gewinnen, dann war es Kyle.

Sie hatte viel Zeit gehabt um sich einen Kopf darüber zu machen und so war sie heute mit der Absicht ins Stadion unterwegs, mit Kyle zu sprechen.

Was konnten ihr die Menschen schon großartig antun? Der Coach wusste bereits Bescheid über sie und Kyle, alle anderen ebenfalls. Was sollten irgendwelche Weiber oder auch Typen ihnen schon anhaben können, wenn sie beide zusammenhielten?

Sie überquerte gerade den Parkplatz und sah dabei auf die Uhr. Sie war viel zu spät dran! Sie würde Kyle vermutlich vor dem Anpfiff sowieso nicht mehr erwischen. Enttäuschung wallte in ihr auf. Seitdem sie den Entschluss gefasst hatte, Kyle endlich nachzugeben und es einfach zu versuchen konnte es ihr gar nicht schnell genug gehen doch hatte sie zu lange vor dem Kleiderschrank getrödelt bei dem verzweifelten Versuch etwas Angemessenes zum Anziehen zu finden. Was sollte man auch tragen, wenn man dem Traumtypen schlechthin mitteilen wollte, dass man es mit ihm versuchen wollte?

Auf dem Parkplatz hatte man das Gefühl, die Menschheit wäre ausgestorben. Sie konnte die Lichter der riesigen Strahler, die auf das Fußballfeld gerichtet waren erkennen, hörte die Jubelrufe und Schreie der Zuschauer bis hier her. Sie freute sich auf dieses Finale, sie würde Ewigkeiten an diesen Tag zurückdenken.

Sie hörte hinter sich ein Knacken und drehte sich kurz um, konnte jedoch nichts erkennen also wandte sie sich wieder nach vorne. Als sie gegen jemanden lief, der sehr robust gebaut war entschuldigte sie sich und wollte zurücktreten, doch die Person hielt sie in an den Oberarmen fest. Ihr kam es in diesem Moment nicht seltsam vor, dass auf einem verlassenen Parkplatz plötzlich jemand vor ihr stand, auch kam es ihr nicht seltsam vor, dass er sie festhielt. Sie war so abgelenkt gewesen, dass sie auf nichts anderes mehr als ihre Freude geachtet hatte.

Langsam blickte sie nach oben und mit jedem weiteren Zentimeter verschwand ihr Lächeln mehr. Die Finger die ihren Arm gepackt hatten verkrampften sich und fügten Sam so Schmerzen zu. Als sie bei den Augen angelangt war, begann Sam sich zu winden. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, sie wollte sich losreißen, doch ihre Kraft schien sie verlassen zu haben.

„Sie mal an, wen wir da haben!“, sagte Logan und brachte Sams Herz dazu einen Aussetzer zu haben. Sofort stiegen ihr Angsttränen in die Augen. Was machte Logan hier? Wie war er hierher gekommen? Woher wusste er wo er sie finden konnte? Musste er nicht im Gefängnis sein? Würde er sie jetzt umbringen?

All diese Fragen und noch viele mehr schwirrten ihr im Kopfe herum und verhinderten so, dass sie sich wehren konnte. Sie war wir erstarrt.

Logans Gesicht kam ihr immer näher, seine hellen blauen Augen bohrten sich in die ihren, seine schmierigen Hände krallten sich noch mehr in ihre Oberarme. So stark, dass Sam vor Schmerz kurz aufschrie.

„Was willst du von mir??“, war das Einzige, was ihr in diesem Moment einfiel. Ihr Verstand arbeitete nicht mehr vernünftig, sie hatte das Gefühl, als müsste sie sich eigentlich in einem bitterbösen Albtraum befinden.

„Oh Süße von dir will ich eigentlich nur das, was du mir damals verwehrt hast. Obwohl wenn ich es recht bedenke, vielleicht auch noch ein bisschen mehr!“, sagte er kalt und Sam erkannte den Zorn in seinen Augen.

„Lass mich los Logan! Wenn du mir etwas antust, dann wird dich die Polizei wieder schnappen!“, erklärte Sam so sicher es ihr nur möglich war, innerlich bebte jedoch ihr ganzer Körper.

„Oh wie süß, versuchst du etwa gerade mir Angst zu machen? Wenn niemand weiß wo du bist, woher soll die Polizei dann wissen, dass ich was damit zu tun habe?“, fragte er sie. Bei diesen Worten dauerte es einige Sekunden bevor Sam begriff und in dem Moment in welchem sie die Aussage seiner Worte verstand, begann sie zu schreien. Nur für einen kurzen Moment, bevor Logan ihr mit voller Wucht ins Gesicht schlug und sie so für einen kurzen Moment zum verstummen brachte. Mittlerweile hatte er sie an seine Brust gezerrt und hielt sie mit dem einen Arm fest, während er mit dem anderen nach irgendwas fischte.

„Logan bitte, lass mich gehen!“, sagte Sam und spürte schon die ersten Tränen die ihre Wangen hinabrollten. Ihr Gesicht schmerzte von dem Schlag, sie hatte das Gefühl, dass ihre Wange eigentlich aufgesprungen sein musste, von dessen Wucht. Was sollte sie nur tun? Sie wusste, dass Logan zu allem im Stande war.

„Oh nein meine Süße, nicht nachdem du mit diesem Penner in der Kiste warst und dich bei mir so angestellt hast! Zuerst du, dann er…“, murmelte er. Sam war sich nicht sicher, ob diese Worte überhaupt an sie gerichtet waren, doch erkannte sie sofort deren Bedeutung. Woher wusste Logan, dass sie mit Kyle zusammen gewesen war? Was hatte er vor?

Dennis Worte ertönten in ihrem Kopf und mit einem Schlag lichtete sich der Nebel, der sich um diese Unterhaltung herum gebildet hatte. Dennis hatte von Logan gesprochen. Von Anfang an war Logan zwischen ihr und Dennis gestanden! Diese Erkenntnis kam ihr jedoch zu spät, denn als sie ein zweites mal zu schreien begann, spürte sie einen heftigen Schmerz in ihrem rechten Oberarm.

„It’s Showtime! Und jetzt schlaf meine Süße, bald sind wir zuhause!“, hörte sie Logans Stimme. Sie versuchte mit aller Macht erneut zu schreien, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen.

Sie spürte Logans ekelhaften Körper an sich geschmiegt, während ihr langsam immer schwärzer vor Augen wurde. Ihr letzter Gedanke war, ob sie jemals wieder aufwachen würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Kyle wurde langsam richtig unruhig. Wo blieb Sam?

Sie war noch niemals unpünktlich zu einem Spiel gekommen, hatte es sich noch niemals nehmen lassen, den Spielern viel Glück zu wünschen. Irgendwas stimmte da doch nicht! Kyle holte sein Handy aus der Tasche und wählte ihre Nummer, obwohl er ihr doch eigentlich gesagt hatte, dass er nicht mehr wieder auf sie zukommen würde, doch irgendwie hatte er ungutes Gefühl in der Magengegend.

Das Handy an sein Ohr haltend blickte er auf das Spielfeld, auf welchem sich zwanzig Spieler gerade einen erbitterten Kampf lieferten. Obwohl er sich nicht auf dem Spielfeld befand, sammelte sich der Schweiß auf seiner Stirn. Die Mailbox ging ran.

„Sam, hey ich bins. Meld dich doch bitte sobald du das abhörst. Das Spiel hat schon angefangen, wo steckst du??“, murmelte Kyle in den Hörer und legte schließlich auf. Das Spiel war schon zwanzig Minuten in Gange. Erneut drehte er sich um um die Tribünen abzusuchen, doch er konnte Sam nirgendwo entdecken.

Plötzlich klingelte sein Handy. Er hatte eine SMS bekommen.

„Hallo Kyle. Hol mich bitte in der Daltonstreet Hausnummer 6 ab. Stecke dort fest…“, war alles was die SMS enthielt. Sam wusste, dass das Endspiel in Gange war, wieso also bat sie ihn sie abzuholen? Warum befand sie sich überhaupt noch dort?

Kyle legte sein Handy zur Seite und überlegte kurz was er jetzt tun sollte.

Er sah den Coach der am Spielfeldrand auf und ab lief an, dann die Spieler die auf dem Feld ihr bestes gaben. Anschließend wanderte sein Blick die Ersatzbank entlang, auf welcher er selber saß. Es war niemand da, den er diesbezüglich wirklich um Hilfe bitten konnte.

Wenn Sam ihm jedoch schrieb, er solle sie abholen, dann musste es dringend sein also beschloss er, sich auf den Weg zu machen. Er würde heute, so wie es bis jetzt aussah, sowieso nicht mehr spielen also konnte er Sam, wenn sie ihn darum bat, genauso gut helfen.

Er stand auf und machte sich, ohne sich von irgendjemandem aufhalten zu lassen auf den Weg zum Parkplatz, wo er Carlys Auto stehen lassen hatte. 

60. Kapitel: „Na super das heißt, wir können ihn nicht erreichen…“

 

 

Mit Schwindelgefühl im Magen erwachte Sam langsam. Im ersten Moment konnte sich nicht wirklich zuordnen was passiert war. Im ersten Moment glaubte sie, in ihrem Bett zu liegen und einen kurzen Augenblick lächelte sie, bevor sie die Stimme ihres größten Albtraumes hörte.

„Oh bist du endlich wach geworden Süße?“, fragte Logan sie. Als sie schreien wollte musste sie feststellen, dass er ihr irgendeinen dicken Stofffetzen über den Mund gezogen hatte. Mit dieser Erkenntnis brach sich die Panik an die Oberfläche. Sie versuchte sich zu bewegen, konnte jedoch weder Arme noch Beine rühren und so musste sie vollkommen entkräftet davon ausgehen, dass Logan sie gefesselt hatte. Was für eine absurde Situation, dachte sie sich und war für einen kurzen Moment soweit, verzweifelt aufzulachen. Wie hatte sie nur in solch eine Lage kommen können? Wie hatte Logan sie nur gefunden?

Dennis kam ihr erneut in den Sinn. Sie wusste, dass Dennis irgendwas damit zu tun hatte, doch konnte sie ihn nach wie vor nicht ganz einordnen.

„Weißt du, ich habe ziemlich lange auf diesen Moment gewartet. Seit jeher beobachte ich dich und diesen aalglatten Wixer Thompson und frage mich, was du nur an dem findest wenn du doch mich hast?“, fragte Logan sie. Von was zum Teufel sprach er da bloß? Sie hatte ihn nicht und sie wollte ihn nicht. Warum nur, hatte Logan sich in den Kopf gesetzt, sie beiden wären zusammen. Bereits damals vor sechs Jahren war genau das ihr Problem gewesen. Nein, nicht ihres. SEINES!

Bei seinen Worten näherte er sich ihr langsam und legte eine Hand an ihre Wange. Mit der anderen strich er ihr die Haare, die ihr ins Gesicht hingen, weg und verweilte dann mit dieser an ihrem Hinterkopf.

„Ich meine, ich verstehe dich ja. Du hast ein wenig Ablenkung gebraucht, aber warum nur mit diesem Arsch?“, fragte er sie mit plötzlich äußerst einfühlsamer Stimme. Das war seine Masche. Er war unberechenbar.

„Aber im Grunde genommen ist es jetzt auch nicht mehr wichtig, denn glücklicherweise sind wir wieder zusammen!“, fügte er jetzt hinzu. Sam wollte antworten, doch konnte sie dies aufgrund des Tuches in ihrem Mund nicht tun. Sie spürte wie dieser langsam austrocknete und wünschte sich, dass dieser Albtraum ein Ende fand. So schnell wie möglich. Als Logan ihr näher kam, konnte sie nicht anders und ein Wimmern entkam ihrem Körper, während er sich nicht im Geringsten darum scherte und seinen Kopf dem Ihrigen noch mehr näherte. Sie zog ihren Kopf soweit es ihr möglich war zurück, doch auch dies brachte nichts und so musste sie es zulassen, dass Logan ihr einen Kuss auf die Wange gab, die feucht von ihren Tränen war. Dann zog er sich wieder zurück.

„Ich verspreche dir, dass diese Sache nicht weiter zwischen uns stehen wird!“, sagte er in flüsterndem Ton. Nachdem er diesen Satz vollendet hatte, begann Sams Handy, welches sie in ihrer Jackentasche hatte, zu klingeln. Ihr Herz schlug in diesem Moment Purzelbäume, denn für einen kurzen Moment glaubte sie, dies sei die ersehnte Rettung, doch dann wurde ihr bewusst, dass sie nicht ans Handy gehen konnte und Logan dies mit Sicherheit auch nicht tun würde. Egal wer sich da gerade eben meldete, die Mailbox würde angehen.

Logan senkte seinen Arm und begann Sams Tasche zu durchwühlen, bis er ihr Handy in der Hand hielt. Ungläubig starrte er darauf.

„Thompson dieser Mistkerl. Hat er immer noch nicht verstanden, dass du nicht seins bist?“, fragte er niemand bestimmten. Eine Sekunde später hörte das Klingeln auf.

Sam fragte sich, was nur in Logans Kopf falsch gelaufen war? Selbst wenn Sam sich tatsächlich nicht für Kyle entschieden hätte, so hätte sie ja gar nicht die Möglichkeit gehabt es ihm zu sagen, da Logan sie vorher bereits überfallen hatte. Was war nur mit Logan geschehen, dass dieser so fernab jeglicher Realität lebte?

„Hören wir uns doch mal an, was er zu sagen hatte!“, murmelte Logan und wählte die Nummer der Mailbox. Während Sam nichts verstehen konnte und nur Kyles gemurmel wahrnahm, zog Logan seine Stirn in Falten und blickte kurz darauf direkt zu Sam.

„Bitte melde dich! Wo bist du? Der Typ ist ja ganz schön anhänglich, was??“, fragte Logan sie und fügte sofort hinzu. „Aber das werden wir ihm austreiben. Nach dem heutigen Tage wird er wissen, dass er mit dir nichts mehr zu schaffen hat und, dass er dich nicht weiter belästigen soll!“, erklärte Logan. Bei diesen Worten verschnellerte sich Sams Puls von jetzt auf gleich und die Panik kam zurück. Was hatte Logan mit Kyle vor?

„Was denkst du Süße? Sollen wir ihn zu uns hierher einladen um ihm begreiflich zu machen, dass das was auch immer das zwischen euch war, jetzt vorbei ist?“, fragte er Sam, als könne sie tatsächlich ihre Meinung dazu kundtun.

Vehement und mit Tränen in den Augen schüttelte sie den Kopf, versuchte irgendwelche Töne herauszubringen, die Logan signalisieren sollten, dass sie dies auf keinen Fall wollte. Dass er Kyle nichts antun DURFTE! Logan hingegen blickte sich ein wenig fragend im Raum um, bevor er ihr Handy erneut ansah und dann ein wenig darauf herumtippte. Sam konnte nicht sagen, was genau er Kyle gerade schrieb und ob er es überhaupt tat, doch egal was er vorhatte, es würde nichts Gutes sein.

Fieberhaft begann sie zu überlegen, was sie tun konnte um dieser, anscheinend auswegloser Situation zu entkommen. So begann sie sich im Raum umzusehen.

Ihr Stuhl befand sich in der Mitte eines Raumes, der durchaus das Wohnzimmer sein konnte. Offenbar befand sie sich im Erdgeschoss, denn sie konnte durch die Vorhänge hindurch auf die Straße blicken. Alte ramponierte Häuser konnte sie von ihrem Standpunkt aus erkennen und so wusste sie zumindest ungefähr, wo in Hiltons sie sich befand. Es gab nur ein einziges Viertel in welchem es solche Gebäude gab!

Ihre Augen wanderten weiter durch den Raum. Vor ihr erstreckte sich eine Schiebetür und wenn sie durch diese hindurch blickte, konnte sie die ersten Stufen einer Treppe erkennen. Gegenüber befand sich ein weiterer Raum, vielleicht die Küche. Zumindest war dort ein Tisch zu erkennen, naja dessen Tischbein mit einer Kante und der Ansatz eines Stuhles.

Nichts von den Dingen die sie erspäht hatte, könnte ihr helfen. Sie blickte nach links, wo sie eine Schwingtür entdeckte, die in einen ihr unbekannten Raum führte.

„Was tust du da Süße?“, fragte Logan sie und kam wieder näher. Schnell richtete sie ihren Blick wieder nach vorne.

„Siehst du dich schonmal in deinem neuen Heim um?“, fragte er sie, als meine er dies vollkommen ernst. Sie wusste nicht, wie sie auf diese Aussage reagieren sollte, also zog sie es vor, gar nichts zu tun und stattdessen einfach abzuwarten, bis Logan seine Aufmerksamkeit wieder etwas anderem schenkte.

Als er dies tat, er hatte sich mit dem Rücken zu ihr gesetzt und nestelte mit den Fingern an etwas herum, was sie jedoch nicht erkennen konnte, begann sie damit zu versuchen, ihre Hände zu bewegen. Doch Logan hatte ganze Arbeit geleistet. Keinen Millimeter konnte sie diese befreien. Selbst ihre Füße hatte er nicht vergessen und so befanden sich diese, befestigt an jeweils einem Stuhlbein.

 Vielleicht würde jemandem auffallen, dass sie verschwunden war! Vielleicht würde irgendjemand Verdacht schöpfen und Hilfe organisieren. Vielleicht, wenn Logan tatsächlich Kyle geschrieben hatte, würde dieser sofort eins und eins zusammen zählen und sich auf den Weg zur Polizei machen! Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag in den Magen: Kyle konnte gar nicht eins und eins zusammen zählen, denn sie hatte ihm niemals von Logan erzählt. Sie hatte sich nicht getraut, oder es nicht für nötig gehalten. Sie hatte sich ihm nicht öffnen wollen und diese Geschichte mit sich selber ausmachen wollen. Sie hatte Kyle nicht ausreichend vertraut um ihn mit dieser Story zu konfrontieren und jetzt müsste sie die Rechnung dafür tragen. Selbst wenn Logan Kyle geschrieben hatte, Kyle würde niemals davon ausgehen, dass irgendwas nicht stimmte, denn er wusste nichts von Sams Geschichte. Warum nur, hatte sie ihm diese nicht anvertraut? Warum hatte sie ihm niemals etwas davon erzählt? Warum hatte sie nur nicht schon vorher das festgestellt, was doch eigentlich so glasklar gewesen war?

Janine hatte von Anfang Recht gehabt, was Kyle anging doch Sam hatte es nicht glauben wollen und nicht können. Sie hatte sich nicht geöffnet, war niemals aus sich heraus gekommen und jetzt, befand sie sich in Logans Gewalt. In der Gewalt eines Menschen, der buchstäblich zu allem im Stande war. Wenn ihr, oder Kyle heute etwas zustoßen würde, wäre sie selber schuld daran. Sie betete zu Gott, dass Logan tatsächlich etwas anderes an ihrem Handy getan hatte. Sie betete zu ihm, dass Kyle noch auf der Reservebank saß, sich das Spiel ansah und sich fragte, wo Sam nur blieb. Nein nicht einmal das, er sollte ihr Nichtkommen einfach als eine Absage interpretieren, dann könne er sein Leben normal weiterleben während sie mit den Konsequenzen ihres Handelns zurechtkommen musste.

„Süße, du siehst du aus als hättest du Kopfschmerzen!“, hörte sie Logans Stimme sagen und entdeckte ihn keine dreißig Zentimeter entfernt von sich. Für einen kurzen Moment hatte sie ihn vollkommen aus den Augen gelassen und war in einer anderen Welt abgetaucht, jetzt jedoch hatte seine kalte Stimme sie zurück in die grausame Realität gebracht, der sie am liebsten vollends entfliehen wollte.

Langsam schüttelte sie den Kopf. Sie spürte die Haare, die an ihren nassen Wangen klebten, spürte den Schweiß der ihren Rücken hinab floss, die Tropfen die sich ihren Weg nach unten arbeiteten. Ihren Hals entlang, über ihr Dekolleté und zwischen ihren Brüsten verschwanden. Ihr ganzer Körper zitterte von dem unkontrollierten Zittern, ihre Muskeln brannten. Ihr Hals war trocken wie Schmirgelpapier und lange könnte sie den Brechreiz, der durch dieses Tuch in ihrem Mund ausgelöst wurde, nicht mehr unterdrücken.

Logan lächelte, so als bekäme er nichts von der Panik mit, die Sams Körper übermannte.

„Gut, ich dachte schon du fühlst dich nicht wohl.“, dann stand er auf und begann durch den Raum zu gehen, während er die folgenden Worte aussprach.

„Weißt du, zuerst wollte ich es dir heimzahlen, was du mir angetan hast. Das war damals nicht nett, doch jetzt habe ich dessen Grund endlich verstanden. Du wolltest dich rar machen! Natürlich eine äußerst radikale Art und Weise dies zu tun, doch ich habe beschlossen dir zu verzeihen. Noch vor einigen Tagen wollte ich dir damit…“, von einer Sekunde auf die nächste, zog er eine Waffe aus der Hosentasche und erneut begann Sam damit zu wimmern und zu schreien, sofern es das Tuch zuließ. Sie schmiss sich in dem Stuhl hin und her und wankte sogar ein klein wenig, als Logan die Waffe jedoch auf sie richtete, erstarrte ihr gesamter Körper. „…eigentlich ein Loch in den Kopf ballern, aber jetzt, da wir uns wieder so nah sind, denke ich werde ich das lassen. Vielleicht hebe ich mir die Kugeln ja auch einfach für Thompson auf. Sollte er nicht verstehen, was wir beide ihm mitzuteilen haben Süße, denke ich wirst du nichts dagegen haben, wenn ich das selbst in die Hand nehme!“, bei diesen Worte drehte er die Kanone an seinem Finger ein wenig und Sam musste feststellen, dass diese noch gesichert war. Was hatte Logan vor? Warum wollte er Kyle verletzen? Wäre er tatsächlich im Stande, Kyle zu erschießen?

Immer mehr Tränen stiegen ihr jetzt in die Augen. Wenn Kyle heute etwas passieren würde, würde sie dies nicht ertragen können. Sie musste etwas tun! Es musste doch irgendwas geben, was sie unternehmen konnte!

Draußen hörte sie den Motor eines Autos, der kurz darauf abgestellt wurde. Sie versuchte herauszubekommen, wer dies war und ob der Besucher zu ihnen wollte doch konnte sie leider niemanden erblicken. Logan hatte das Auto wohl ebenfalls gehört, denn er ging zu dem Fenster und blickte hinaus, während er mit der Knarre den Vorhang zur Seite geschoben hatte.

Einen kurzen Moment hatte Sam um ihn zu beobachten. Seine schwarzen Haare waren länger als beim letzten Mal und klebten an seinem Kopf. Sein Körper hatte sich ebenfalls verändert. Er war erwachsen geworden. Er war stärker geworden.

„Sieht aus, als hätten wir Besuch bekommen! Der Ehrengast ist soeben eingetroffen!“, erklärte Logan und wandte sich schnell vom Fenster ab.

„Ich hoffe es macht dir nichts aus, wenn du dich zunächst um unseren Besucher kümmerst, ich muss noch schnell etwas holen bevor ich ihm gegenübertreten kann.“, sagte er leichthin und verschwand im gegenüberliegenden Raum.

Sams Herz schlug wie verrückt in ihrer Brust. Kyle war tatsächlich gekommen! Wen konnte Logan sonst meinen? Einen kurzen Moment lang wallte erneut die Hoffnung in ihrem Inneren auf, denn Kyle war ebenfalls gut gebaut, er hätte eine Chance gegen Logan. Hätte, war das richtige Wort, denn mit der Waffe, war Logan ihm einfach überlegen. Gegen die Waffe hätte Kyle keine Chance, außer er hatte selber eine dabei.

Sam betete, dass die Tür abgeschlossen war und das Kyle nicht hereinkommen würde, doch schon hörte sie das Quietschen der Tür.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

„Thompson, du musst rein, es hilft nichts! Simmons Knöchel sieht nicht so aus, als würde dieser sich schnell wieder erholen!“, rief der Coach, während er Simmons Knöchel mit den Händen langsam abtastete. Als er keine Antwort von Kyle bekam, sah er sich um und rief erneut.

„Thompson??“, auch der Rest der Ersatzspieler sah sich jetzt um. Doch niemand konnte ihn entdecken.

„Wo zum Teufel steckt Thompson??“, fragte der Coach jetzt und stand auf, während die Halbzeit durch einen schrillen Pfiff angekündigt wurde. Die Spieler kamen langsam auf die anderen zugelaufen und schnappten sich Wasserflaschen aus denen sie gierig tranken.

„Weiß jemand von euch, wo Kyle ist?“, fragte der Coach die anderen. Goalie setzte seine Flasche ab und sah den Trainer verwirrt an.

„Wie? Wo soll er denn sein? Vor dem Anpfiff saß er auf der Bank!“, erklärte er und sah sich suchend um. Auch er konnte Kyle nirgendwo entdecken.

„Vielleicht ist er beim Pissen!“, meinte Kevin, der gerade dabei war, seine Wade ein wenig zu massieren.

„Niemand geht hier zum pissen während des Endspiels! Vor allem nicht Kyle!“, meinte jetzt Simmons, der auf dem Boden saß und sein Bein ganz ruhig hielt.

„Ähm, ich weiß nicht, aber er hat vorhin jemanden angerufen und ihm auf die Mailbox gesprochen. Kurz danach hat er ne SMS bekommen!“, sagte einer der Erstsemestler, der auf der Bank direkt neben Kyle gesessen war.

„Danach ist er aufgesprungen und gegangen!“, fügte er etwas unsicher hinzu.

„Ich ruf ihn mal an!“, sagte Goalie und ging auf seine Trainingsjacke zu, die auf der Bank lag, wo er sein Handy hervorholte und Kyles Nummer wählte. Kurze Zeit später, begann es auf einmal hier auf dem Platz zu klingeln und so machten sich Danny und Martin auf den Weg und hielten Ausschau danach. Einige Sekunden später hielt Danny es triumphierend in die Höhe.

„Ich habs!“, erklärte er und drückte Goalie weg. Verwirrt sah er einen Moment auf das Display, bevor er es auf die Bank legte, wo er es vorgefunden hatte.  

„Na super das heißt, wir können ihn nicht erreichen!“, meinte der Trainer, der wütend aussah.

„Vielleicht ist er bei Sam!?“, fragte Simmons und suchte die Tribüne ab. Auch von Sam fehlte jedoch jede Spur, stellte er resigniert fest.

„Wahrscheinlich haben die Beiden sich ein ruhiges Plätzchen gesucht, ihr wisst schon was ich meine!“, sagte Kevin Augenzwinkernd und machte eine mehr als eindeutige Bewegung dazu, der Coach brachte ihn jedoch zum Stillschweigen.

„Ach Kevin, halt die Klappe und setz dich hin!“, sagte er und sah zu Goalie und den anderen hinüber.

„Ihr habt also auch keine Ahnung?“, fragte er ein letztes Mal. Alle vier zuckten mit den Schultern und schüttelten den Kopf.

„Naja gut, dann kann mans nicht ändern. Dennis, du gehst für Simmons rein!“, erklärte der Trainer.

„Sorry Coach, ich hab mir den Muskel gezerrt, ich kann nicht rein!“, sagte dieser.

„Und warum erfahre ich erst jetzt davon?“, fragte der Trainer ihn wütend.

„Naja, ich hielt es nicht für notwendig, denn Simmons und Kyle sind nunmal unsere Stürmer und ich war in den letzten Spielen auch nicht auf dem Feld…“, meinte dieser und blieb einfach auf der Bank sitzen.

„Ihr Jungs raubt mir noch den letzten Nerv!!!“, schrie der Trainer jetzt und blickte sich fragend um. Dann zeigte er  mit dem Zeigefinger auf einen der Frischlinge aus dem ersten Semester.

„Ok, Beaver, mach dich fertig. Du bist am Zug!“, und schon sprang Beaver auf um sich warm zu laufen.

Obwohl niemand es ausgesprochen hatte, so fragten sich doch alle, wo Kyle nur steckte. Und Sam? Niemand hatte mitbekommen, dass die Beiden sich endlich ausgesprochen hatten und so fragte sich Goalie, ob er seinem seltsamen Gefühl trauen sollte, oder ob er mal wieder Gespenster sah. Wie auch immer es war, sie mussten dieses Endspiel zuerst hinter sich bringen, bevor sie sich mit Sam und Kyle auseinandersetzen konnten. Niemand würde Verständnis dafür haben, dass das Spiel aufgrund eines seltsamen Gefühls des Keepers, unterbrochen wurde.

Ein letztes Mal blickte sich Goalie auf den Tribünen um und ein letztes Mal musste er feststellen, dass weder der Starstürmer noch die Reporterin zugegen waren.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Als Kyle endlich bei dem Haus ankam, welches Sam ihm in der SMS beschrieben hatte, traute er seinen Augen kaum. Er stand vor einer Bruchbude, die ihre besten Tage vor etwa rund dreißig Jahren gehabt hatte. Was tat  Sam an einem solchen Ort? Wieso war sie überhaupt hierhergekommen? Am Finaltag!

Er schlug die Autotür zu und machte sich sogar die Mühe, diese abzusperren. Angesichts der Bewohner in diesem Viertel, war dies auch mehr als ratsam. Langsam und mit unsicheren Schritten ging er auf eines der Fenster zu und blickte, als er endlich dort ankam, hinein. Vielleicht würde er sie sehen und könnte sie heraus winken, dann müsste er das Haus gar nicht erst betreten.

Das Fenster war verdreckt und deutete darauf hin, dass es bestimmt seit einem Jahrzehnt nicht mehr geputzt worden war. Dennoch war es noch klar genug um hindurchsehen zu können und was er sah, als sich sein Blick klärte, ließ seinen Atem stocken. Sam saß auf einem Stuhl gefesselt da und blickte sich ängstlich im Raum um.

„Was zum Teufel…“, murmelte Kyle und machte sich mit schnellen Schritten auf den Weg zur Eingangstür. Einen kurzen Moment lang überlegte er, die Polizei zu informieren und so nestelte er nach seinem Handy, das sich eigentlich in seinen Shorts befinden sollte, doch es war nicht da. Leise fluchte er vor sich hin und sah sich in der Gegend um. Niemand, den er fragen konnte ob er die Polizei anrufen konnte,  befand sich in der Nähe. Fieberhaft überlegte er, was er tun sollte, doch der Drang danach, in dieses Haus zu stürmen und Sam dort rauszuholen, überwältigte ihn und so drehte er den Knauf der Tür. Erleichtert stellte er fest, dass nicht abgeschlossen war, also befand sich derjenige der Sam dies angetan hatte, vielleicht noch im Haus. Er musste leise und vorsichtig sein, vor allem wenn man die Tatsache betrachtete, dass er niemandem Bescheid gegeben hatte, wo er hinging. Nur Idioten taten dies! So oft hatte er die Menschen in den Krimis und Thrillern verflucht dafür, dass sie einfach gegangen waren ohne sich Hilfe zu holen, doch Kyle hatte ja nicht ahnen können, dass er Sam in solch einer Lage vorfinden würde! Ein letztes Mal blickte er sich auf der Straße um und als er immer noch niemanden entdecken konnte, der ihm helfen würde, öffnete er die Tür und betrat den dreckigen Teppichboden, der in der Diele auf dem Boden lag. Er war glücklich um den Teppich, denn dieser würde seine Schritte abfedern und so würde er nicht so leicht zu hören sein. Er ging einige Schritte bevor er seinen Kopf nach links wandte, wo er Sam sah die vollkommen aufgelöst auf dem Stuhl saß. Einen Moment blitzte die Erleichterung in ihren Augen, bevor sie diese aufriss und versuchte ihm etwas mitzuteilen, was er jedoch nicht verstehen konnte, da sie geknebelt da saß. Mit einigen schnellen Schritten ging er auf sie zu und kniete sich vor ihr nieder.

„Sam zum Teufel, was ist nur passiert??“, fragte er sie, während er an ihrem Knebel herumfingerte, um ihn abzubekommen. Jemand hatte es äußerst gut gemeint damit und so dauerte es einige Sekunden bevor Kyle ihr den Stoff aus dem Mund ziehen konnte.

„Kyle du musst hier sofort verschwinden, BITTE!!“, sagte Sam sobald er sie befreit hatte und Tränen liefen ihr die Wangen hinab. Er legte beide Hände an ihre Wangen und sagte „Jetzt beruhige dich! Was ist passiert??“, fragte er sie erneut, doch Sam war nicht ansprechbar. Stattdessen stammelte sie erneut „Bitte Kyle, hau ab. Ich will nicht schuld sein, wenn er dir was antut!“, sagte sie hysterisch.

„WER soll mir etwas antun??“, fragte Kyle, doch Sam hatte nicht mehr die Möglichkeit ihm eine Antwort zu geben, denn plötzlich spürte er einen heftigen Schmerz am Hinterkopf und eine Sekunden später, verlor Kyle das Bewusstsein.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Endlich hatte er beide da. Eigentlich hatte er Sam genauso bestrafen wollen wie Kyle, doch jetzt, da sie sich wieder so nah waren, konnte Logan es einfach nicht übers Herz bringen, ihr etwas anzutun. Sie würde den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen und so die Dinge, die sie ihm angetan hatte, mit der Zeit wieder gut machen. Doch dafür musste Thompson umso mehr leiden, denn die Wut die sich in Logan angestaut hatte, musste einfach irgendwie weichen und Thompson eine Lektion zu verpassen würde somit genau das Richtige sein. Jetzt da dieser zu seinen Füßen auf dem Boden lag, während er das Blut sah, dass aus der Platzwunde an seinem Hinterkopf heraus sickerte, fühlte Logan das befreiende Gefühl dessen, was man Rache nannte. 

61. Kapitel: „Aber Süße, wenn ich ihn jetzt erschieße, dann kann er uns nicht mehr in die Quere kommen…“

 

 

Als Sam sah, wie Kyle wie ein schwerer Sack zu Boden fiel und im Anschluss keine einzige Regung zu sehen war, konnte sie nicht verhindern, dass ihr heiße Tränen die Wangen hinabliefen und sich ein gellender Schrei aus ihrer Kehle löste.

„Nein!!“, schrie sie verzweifelt, konnte sich jedoch nach wie vor, dank ihrer Fesseln, nicht bewegen. Sie konnte ihm nicht zu Hilfe eilen, obwohl er nur alleine wegen ihr in diese Situation gelangt war.

„Hör auf zu schreien!“, sagte Logan angespannt und kam dabei auf sie zu, doch Sam hörte ihn nicht einmal. Stattdessen hatte sich ein Tunnelblick entwickelt, in welchem sie nur noch Kyle sehen konnte, der bewusstlos auf dem Boden lag. Sie bekam nicht einmal mit, dass sie immer noch schrie, stattdessen überschlugen sich ihre Gedanken, in welchen sie überlegte, wie zum Teufel sie hier rauskommen konnte, wie sie Kyle hier rausbringen konnte. Er hatte nichts mit dieser ganzen Sache zu tun!

„Ich sagte HÖR AUF ZU SCHREIEN!!“, schrie Logan jetzt seinerseits und versetzte Sam einen präzisen Schlag ins Gesicht, der wie Feuer brannte. Sofort schwieg sie, die Tränen konnte sie jedoch nicht zurückhalten. Sie hatte es solange geschafft, nicht mehr zu weinen. Sich die Dinge nicht mehr so zu Herzen zu nehmen und jetzt, alleine in den letzten paar Wochen, waren sie häufiger geflossen als in den Jahren davor zusammen! Jetzt, da sie einmal angefangen hatte, schien sie gar nicht mehr aufhören zu können.

„Bitte Logan, bitte lass ihn einfach gehen!“, wimmerte Sam und dabei war es ihr egal, was Logan von ihr hielt. Ob er sie verprügeln würde, wegen ihrer Bitte oder ob er dachte, dass sie sich ihm unterwerfen würde. Sie würde alles tun, um Kyle hier raus zu bringen, ALLES. Sie wusste genau, dass Logan sich momentan offensichtlich in einer Art Psychose befand, aus der er alleine nicht entkommen würde und in dieser, wäre er sogar im Stande Kyle umzubringen wenn es ihm gefiel. Sams Herz geriet ins Stocken. Sie konnte sich eine Welt ohne Kyle nicht mehr vorstellen. Ohne seine Fröhlichkeit, die all seine Zweifel überdeckte. Ohne sein Engagement, dass er im Hintergrund an den Tag legte. Nein, sie musste unbedingt etwas tun.

„Logan bitte…“, flehte sie erneut.

Angewidert blickte dieser auf sie hinab. „Du bist echt erbärmlich!“, war das Einzige was er zu sagen hatte, dann wandte er sich zu Kyle ab und zog ihn über den Boden zu der Wohnzimmertür. Somit war er in absoluter Unerreichbarkeit von Sam, im Anschluss drehte er sich zum Tisch und schwieg.

Sams Augen wanderten wieder zu Kyle. Sie sah das Blut, das auf den dunklen Holzboden gesickert war und ihr wurde schlecht. Lange Minuten vergingen, in denen weder Logan, noch Sam etwas sagten. Lange Minuten, von denen sich jede einzelne wie eine Stunde anfühlte, doch schließlich konnte Sam eine der Regungen sehen, die sie so sehr herbeigesehnt hatte! Zuerst war es nur ein leises Stöhnen, doch kurz darauf sah sie, wie Kyle sich langsam aufsetzte.  

„Fuck, was zum Teufel…“, hörte sie ihn sagen und bemerkte, wie er mit schmerzverzerrtem Gesicht seine Hand hob und sie an die Stelle legte, die zwar mittlerweile weniger, jedoch immer noch blutete.

„Oh, der große King ist endlich aufgewacht!“, sagte Logan und drehte sich zu ihm um. Hass sprühte aus seinen Augen und als Kyle aufblickte und Logan entdeckte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Er sah ihn fragend an.

„Logan, was ist hier los?“, fragte er ihn und Sam sah schnell zu Logan hinüber. Natürlich, die Beiden kannten sich bereits!

 Logan sah es offenbar nicht ein, auf Kyles Frage zu antworten.

„Logan!“, schrie Kyle und versuchte aufzustehen, doch dies wusste Logan mit einem gezielten Tritt zu verhindern, so dass Kyle kurz vor Schmerz aufschrie, bevor er erneut hart auf dem Boden landete.

„WAS ZUM TEUFEL STIMMT NICHT MIT DIR, ALTER!“, fluchte Kyle und sah zu ihm hinauf, während er mit seiner Hand die Stelle massierte, an der Logan ihn getroffen hatte.

„Mit mir ist alles Bestens, aber wenn du deiner verfluchte Fresse nicht hältst ist mit dir bald gar nichts mehr in Ordnung!“, sagte Logan wütend und Sam sah, wie er den Baseballschläger, mit dem er Kyle vorhin eins übergezogen hatte wieder in die Hand nahm. Auch Kyle konnte dies beobachten und so sah er kurz zu Sam hinüber. Offenbar überlegte er sogar in dieser Situation, in welcher sich Logans ganzer Hass auf ihn projizierte, wie er Sam hier rausbringen konnte.

„Logan Mann…was ist passiert?“, fragte Kyle, während er seine Augen wieder auf den Schläger richtete, den Logan in der Hand wog gleichzeitig sah er Kyle berechnend an.

„Du Wixxer hast dich an meine Freundin rangemacht, warst mit ihr im Bett! Wie konntest du das tun? Ich habe dir doch von ihr erzählt!“, erklärte Logan mit sehr ruhiger Stimme, welche noch viel furchteinflößender war, als die wenn er wütend war. Verwirrt blickte Sam zwischen den Beiden hin und her. Sie war froh darüber, dass zumindest der Fetzen Stoff aus ihrem Mund verschwunden war, so konnte sie richtig atmen und wenn es sein sollte auch nach Hilfe rufen. Irgendjemand da draußen musste sie doch einfach hören!!

„Logan, du hast mir niemals erzählt, dass du mit Sam zusammen warst!“, erklärte Kyle mit einem verwirrten Blick in Richtung Sam, doch Logan war das offenbar egal.

„Ich hab dir von ihr erzählt, du hast damals noch gesagt, was für ein Miststück sie sei und dann springst du bei der erstbesten Möglichkeit mit ihr ins Bett??“,  schrie Logan ihn an, wanderte jedoch anschließend im Raum umher. Er hatte Kyle nicht gefesselt, er beachtete ihn nicht wirklich, vielleicht würde Kyle die Chance bekommen sich doch irgendwie zu befreien?!

„Du hast mir von dem Mädchen erzählt, die dich der Vergewaltigung beschuldigt hat, obwohl du nichts getan hast Logan, du hast mir niemals einen Namen genannt, woher sollte ich wissen, dass du Sam damit meinst?“, fragte Kyle ihn und Sam wunderte sich über die Vertrautheit die zwischen den Beiden herrschte. Es hörte sich so an, als wäre Logan schon eine gewisse Zeit lang aus dem Knast draußen und innerlich verfluchte sie das Rechtssystem, denn sie hätten ihr Bescheid geben müssen. Sie war so unvorsichtig gewesen und so blind durch die Gegend gelaufen und am meisten ärgerte sie sich darüber, dass sie damals einfach auf ihren Instinkt hätte hören müssen. Janine hatte sie beruhigt und ihr gesagt, dass Logan weit weg hinter Gittern saß, doch auch Janine hatte natürlich nicht ahnen können, dass dies nicht der Fall war.

„Ich habe es dir erzählt, doch dir war es scheißegal! Dennis hat dir gesagt, du sollst die Finger von Sam lassen!“, sagte Logan, ohne Kyle dabei direkt anzusehen.

„Dein Bruder hat mir aber nie gesagt warum ich das tun sollte! Außerdem ging ihn das ganz einfach nichts an!“, sagte Kyle und Sam bemerkte, dass er langsam aber sicher wütender wurde.

Sie wollte ihm erklären, dass die Geschichte die Logan ihm aufgetischt hatte nicht wahr war, sie wollte ihm sagen, dass sie niemals mit ihm zusammen gewesen war. Sie wollte auf Kyle zugehen, ihn in ihre Arme schließen doch ihre unglaubliche Angst lähmte sie und verhinderte, dass auch nur ein weiteres Wort seinen Weg nach draußen fand.

„Du hättest auf ihn hören sollen…“, murmelte Logan und wandte sich mit einem Mal in Kyles Richtung, während dieser gerade versucht hatte sich erneut aufzurichten. Logan ging mit zwei schnellen Schritten auf ihn zu und schlug ihm mit dem Baseballschläger mit voller Wucht gegen den Arm. Alles ging so schnell, dass weder Kyle noch Sam wirklich realisierten was geschah, bis Kyle erneut laut losschrie vor Schmerz und sich auf den Boden schmiss, während er sich mit der Hand an die Schulter griff. Dabei schrie er ein weiteres Mal auf.

„Logan hör auf, hör auf!!!!! Bitte!!!“, schrie Sam in diesem Moment bevor sie realisierte was sie tat und wie erwartet, ließ Logan das nicht auf sich sitzen und so drehte er sich um und schlug ihr erneut mit der flachen Hand ins Gesicht, so dass ihr Gesicht zur Seite schnellte und die Stelle heftig pulsierte, an der er sie getroffen hatte. Als Kyle dies beobachtete wollte er sich erneut aufsetzen, obwohl seine Arm fürchterlich schmerzen musste.

„Ich weiß nicht was mit dir nicht stimmt Alter, aber wenn du Sam noch mal anfasst dann schwöre ich dir, ich bringe dich um!“, schrie Kyle und zog so sofort die Aufmerksamkeit wieder auf sich.

‚Du Idiot!!!‘, schrie Sam innerlich, doch sie war immer noch gebeutelt von dem Schlag, der sich so angefühlt hatte, als müsste Logan damit die Hälfte ihrer Gesichtshaut abgezogen haben.

„Was hast du gesagt???“, sagte Logan mit weit aufgerissenen Augen und ging einen Schritt auf Kyle zu. Dieser schaffte es nicht, sich aufzusetzen, da er nach wie vor mit der Wunde an seinem Kopf zu kämpfen hatte und so wie es aussah, hatte Logan aus seinen Arm etwas heftiger erwischt, denn Kyle bewegte ihn nicht, während er den Rechten dazu benutzte sich abzustützen.

„Ich bring dich um, das schwör ich dir!“, sagte Kyle erneut und blickte unerschrocken zu Logan hinauf.

„Pech, denn das hatte ich zuerst vor!“, sagte Logan und zog mit dem Baseballschläger auf. Sam schloss die Augen während sie anfing so laut es ihr möglich war nach Hilfe zu rufen und schon hörte sie, wie der erste Schlag auf Kyle hinabging. Sie erkannte es an seinen Schreien und an dem Geräusch von brechenden Knochen. Sie hielt es nicht aus und öffnete die Augen, während Logan gerade das zweite Mal mit dem Baseballschläger auf Kyles Knie einschlug. Sie hatte einen Menschen noch niemals so laut schreien hören wie Kyle an diesem Tag vor Schmerz und erneut begann sie zu schreien. So laut es ihr möglich war, so laut es ihr Körper zuließ, während sie sich in ihrem Stuhl hin und her wandte. Wie oft Logan auf Kyle einschlug konnte sie nicht mit Sicherheit sagen, doch irgendwann hatte er offenbar genug von Sams Schreien und wandte sich wieder in ihre Richtung. Sie hoffte, dass er jetzt auf sie mit dem Baseballschläger zugehen würde, doch das tat er nicht, stattdessen griff er in seine Hosentasche und zog die Waffe heraus, die er jetzt direkt auf Kyle richtete. Sofort verstummte Sam.

„Noch ein einziger verfickter Schrei von dir Süße und ich puste ihm das Gehirn weg!“, sagte Logan, während seine Haare ihm wild ins Gesicht hangen und er schwer atmete. Sam riss die Augen auf und sah zu Kyle hinüber, der mit einem Arm versuchte sich nach hinten zu ziehen, damit er sich an die Wand anlehnen konnte. Was mit seinem Knie war, konnte Sam nicht sagen, doch er sah nicht gut aus. Er wirkte blass, nur ein Schatten seiner selbst. Logan hatte mit diesem einen Tag Kyles gesamte Karriere beendet, das war ihnen beiden klar und als sich ihre Blicke trafen war ihnen beiden auch klar, dass nicht sicher war, ob sie sich jemals wieder lebend in die Augen blicken konnten. Sam konnte die Schmerzen in Kyles Gesicht erkennen. Der Schweiß lief ihm das Gesicht hinab, doch er blickte nicht auf die Waffe, die Logan in seine Richtung hielt sondern sah nur Sam an, so als wolle er, dass sie das Letzte war, was er ansah falls Logan tatsächlich diese Waffe betätigen würde.

Stumm formte Kyle die Worte „Es tut mir Leid…“ und dabei schossen Sam erneut die Tränen in die Augen, die vorhin aus Schock versiegt waren. Es tat ihm leid. Ihm! Ihr sollte es leidtun, er hatte nichts falsch gemacht. Er hatte niemals etwas falsch gemacht, während sie von einem Problem zum nächsten gegangen war wo es eigentlich keines gegeben hatte. Sie hätten zusammen sein können, sie hätten glücklich sein können, sie hätten sich lieben können wenn Sam nur früher eingesehen hätte, dass einem die Zeit davon lief. Das man seine Chance nutzen musste. Jetzt war vielleicht alles vorbei und bei dem Gedanken Kyle an diesem Tag zu verlieren, während sie dabei zusah, fiel ihr plötzlich das Atmen schwer. Doch sie musste sich zusammenreißen und alles in ihrer Macht stehende tun, um das schlimmste zu verhindern.

„Logan…“, sagte sie mit weicher Stimme und wandte ihren Blick von Kyle ab. Sie sah in Logans weit aufgerissenen Augen, die leer auf sie gerichtet waren. Er hatte nichts von den Blicken mitbekommen, es war, als wäre er für einen Moment in einer ganz anderen Welt gewesen. Dennoch reagierte er nicht.

„Logan, Schatz…“, sagte sie erneut und bei diesen Worten musste sie sich zusammenreißen um sich dabei nicht zu übergeben. Ihr gesamter Körper wiederstrebte dem, was Sam vorhatte, doch sie musste es einfach tun, sie konnte nicht anders.

Beim zweiten Mal erreichte sie ihn und er sah sie direkt an.

„Logan, lass die Waffe fallen, er ist es nicht wert!“, sagte sie und versuchte zu lächeln obwohl sie am liebsten sterben würde.

Immer noch sagte Logan nichts, stattdessen blickte er jetzt auf die Waffe die er immer noch auf Kyle gerichtet hatte. Beinahe schien er überrascht, diese in der Hand zu halten.  

„Logan bitte. Ich will nicht, dass du wieder ins Gefängnis musst. Dann können wir uns wieder nicht sehen, nicht berühren…du hattest die ganze Zeit Recht…“, jetzt musste sie heftig Schlucken, um ihren Brechreiz zu unterdrücken. Doch sie nahm den Satz wieder auf. „Du hattest die ganze Zeit Recht mit dem was du gesagt hast. Wir gehören zusammen. Ich wollte dich damals nur geil machen, aber die ganze Sache ist nach hinten losgegangen…es tut mir so furchtbar leid, dass wir niemals das tun konnten, was wir wollten! Diesesmal wird es anders, aber nur dann, wenn du damit aufhörst und ihn gehen lässt…“, sagte Sam und mit jedem Wort mehr, arbeitete sie sich mehr zu Logans Bewusstsein vor.

„Meinst du das ernst?“, fragte er mit einer solch weichen Stimme in diesem Moment, dass Sam sich gar nicht vorstellen konnte, dass er zu alledem fähig war, was er getan hatte. Da sie nicht glaubte, dass ihre Stimme erneut bei solchen Lügen mitspielen würde, nickte sie einfach schnell und presste dabei ihre Lippen aufeinander, während ihr eine weitere Träne entwischte.

„Ich habs schon immer gewusst, nur wollte mir niemals jemand glauben!“, sagte Logan und beinahe tat er ihr ein wenig Leid, wie er gerade wie ein Häufchen Elend da stand. Wenn er nicht gerade dabei wäre ihr Leben zu zerstören hätte sie sich gefragt, was ihm nur wiederfahren war, dass er so geworden war, wie er heute war.

„Aber Süße, wenn ich ihn jetzt erschieße, dann kann er uns nicht mehr in die Quere kommen!“, sagte Logan, als wäre es das logischste auf der Welt doch Sam schüttelte den Kopf und sagte „Das kann er doch sowieso nicht, wenn wir es nicht zulassen!“

Einen kurzen Moment überlegte er, dann sah er zu Kyle hinüber. Die Waffe hatte er immer noch auf ihn gerichtet, der Finger am Abzug. Kyles Atmung ging mittlerweile nur noch stoßweise, doch er sagte nichts. Plötzlich regte sich etwas und Sam schloss die Augen, weil sie befürchtete, dass Logan den falschen Weg gewählt hatte, doch als sie auch Sekunden später keinen Schuss hören konnte, atmete sie erleichtert aus und sah wieder zu den Beiden. Logan hatte beide Arme runterhängen lassen und blickte Kyle angewidert an, dann fiel plötzlich die Waffe auf den Boden und Logan ging auf Sam zu. Offenbar war ihm jetzt etwas Besseres eingefallen, denn er lächelte. Sam sah jedoch nur die Waffe an, die auf dem Boden lag, doch Kyle war zu mitgenommen mit seinem kaputten Bein und der Schulter, als dass er sie sich schnell schnappen konnte. Stattdessen lag sie jetzt zwei Meter von Sam entfernt und ungefähr drei von Kyle da. Zumindest lag sie somit auch in einer gewissen Entfernung von Logan. Dieser bewegte sich hinter sie und als sie seinen Atem an ihrer Wange spürte, setzte ihr Herz erneut einen Schlag aus. Sie sah zu Kyle hinüber, der immer blasser wurde. Verzweifelt hielt er seine Hand an seinen Oberschenkel, so als würde dies bei einem zertrümmerten Knie helfen. Er hatte Angst, genauso wie sie und als Logan plötzlich von hinten seine Hand auf Sams Schulter legte, richtete sich Kyle, sofern ihm dies möglich war, ein wenig auf.

„Ich habe eine viel bessere Idee Süße, warum zeigen wir ihm nicht einfach, dass wir zusammen gehören??“, sagte Logan gerade so laut, dass Kyle es wohl noch hören konnte, denn sein ganzer Körper spannte sich an, als Logans Hand von Sams Schulter hinabwanderte und schließlich auf ihrer Brust landete. Sam musste ein Wimmern unterdrücken, neben dem Ekelgefühl, dass sich in ihrem gesamten Körper breit machten. Sie wollte sich winden, sich von ihm entfernen, doch sie behielt die Kontrolle über sich und versuchte zumindest vor Logan so zu wirken, als würde ihr das, was er da gerade tat gefallen. Er küsste sie am Hals, während er ihre Brust massierte, Sam hingegen sah nur Kyle an, der kurz die Augen schloss, sie dann wieder öffnete. Sie flehte ihn innerlich an, den Mund zu halten. Das alles einfach zu ertragen so wie sie es tat. Für einen kurzen Moment nahm sie nur noch Kyle war, erinnerte sich an seine Berührungen und an seine Küsse, die ihr soviel Sicherheit gegeben hatten wie noch nie etwas anderes auf dieser Welt. Sie sah ihn an, dachte an all ihre gemeinsame Zeit. An die drei Monate, die sie ihn jetzt erst kannte und wieviel er ihr mittlerweile bedeutete. Hatte es wirklich so einen Moment gebraucht, damit ihr endlich klar wurde, wie sehr sie diesen Mann, der einige Meter entfernt von ihr auf dem Boden saß und zu ihr blickte, liebte?

Sie fragte sich, wann es geschehen war, vielleicht war es doch schon an diesem ersten Abend geschehen, als er ihr die Worte zugeflüstert hatte, die ihr eine Gänsehaut auf dem gesamten Körper verursacht hatte, vielleicht aber auch bei ihrem ersten Kuss der so unglaublich gewesen war, den sie jedoch so sehr herunter gespielt hatte. Sie fragte sich, wie sie es nur verdient haben konnte, dass dieser Mann sie liebte. Nach all dem was heute geschehen war, wurde ihr klar, dass sie alles tun würde um ihn zu beschützen. Also ließ sie die Berührungen weiter über sich ergehen und flehte im Stillen weiter, dass Kyle nichts tun würde, was ihn sein Leben kosten würde.

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Kyle wurde übel, als er Logan dabei beobachtete, wie er seine Hände an Sams Brust gelegt hatte und diese liebkoste, als wäre es sein Recht dies zu tun. Sein Knie schmerzte höllisch und er wusste, dass Logan ihn schlimm erwischt hatte. Als dieser die Knarre auf ihn gerichtete hatte war er sich sicher gewesen, dass er abdrücken würde, doch Sam hatte ihn daran gehindert und jetzt saß sie dort und blickte ihn an, als wäre dies der Abschied. Er sah auf den Boden, wo die Knarre immer noch lag und verfluchte sich, denn sobald er sich auch nur einen Millimeter bewegte, schoss der Schmerz aus seinem Knie in seinen gesamten Körper. Die Waffe war so nah und doch war sie für ihn unerreichbar. Wieder sah er zu Sam, sah ihre Tränen und einen blauen Fleck auf ihrer rechten Wange. Er war so wütend, dass er diesen Scheißkerl am liebsten umbringen würde, doch er konnte nicht. Sein Körper spielte nicht mit.

Als Logan ihm damals erzählt hatte, warum er im Knast gelandet war, hatten er, Dennis und Logan noch darüber diskutiert, wie ekelhaft manche Frauen sein konnten. Er hatte nicht wissen können, das Logan von Sam gesprochen hatte. Dass Logan so krank war.

Janine hatte Kyle von der beinahe Vergewaltigung erzählt und erst als Logan die Worte ausgesprochen hatte war Kyle bewusst geworden, dass Janine damals von ihm gesprochen hatte. Er hatte einen kurzen Moment an Dennis gedacht und sich gefragt, ob dieser die ganze Zeit gewusst hatte, was Logan plante, doch Kyle kannte seinen besten Kumpel und er war sich sicher gewesen, dass Dennis nichts davon geahnt hatte. Kyle hatte Sam kennenlernen können, Dennis, der wahrscheinlich die ganze Zeit gewusst hatte, dass Logan damals von Sam gesprochen hatte, nicht. Er hatte ihr Vorwürfe gemacht, alles gab mittlerweile einen Sinn. Warum nur, hatte Kyle nicht mehr recherchiert? Warum hatte er die Sache auf sich beruhen lassen? Wenn er das nicht getan hätte, wären er und Sam nicht in dieser Lage und Sam müsste nicht bei diesem kranken Spiel mitspielen, welches Logan da gerade trieb.

Kyle beobachtete Logans Hand, die jetzt immer weiter nach unten wanderte und schließlich am Ende ihres Shirts landete. Kyle konnte es noch ertragen zu sehen, dass Logan Sam so berührte, doch als Logans Hand unter ihrem Shirt verschwand und er darunter begann Sam zu begrabschen spürte Kyle die Wut in sich erneut und bevor er nachdenken konnte, bevor er Sams flehentlichen Blick noch weiter Folge leisten konnte, strömten die Worte aus ihm heraus. Für einen Bruchteil einer Sekunde war ihm bewusst, dass er damit sein Todesurteil unterschrieb, doch er wollte Sam nicht so leiden sehen. Er konnte es nicht.

„Wenn du Wixer deine Drecksfinger nicht sofort von ihr nimmst, dann schwöre ich dir ich töte dich!“, sagte Kyle und erschrak dabei selber über seine Stimme. Sie klang schwach. Logan blickte auf.

„Hast du gerade etwas gesagt??“, fragte er ihn und hielt in der Bewegung inne. Seine Hand ruhte auf Sams Brust unter ihrem Shirt.

„Ja ich habe gesagt du sollst deine verfickten Hände von ihr nehmen. Sie liebt dich nicht du Idiot! Das wird sie niemals!“, sagte Kyle und versuchte sich noch weiter aufzusetzen. Logans Augen verhärteten sich und er zog seine Hand unter ihrem Shirt hervor.

„Kyle sei leise, bitte…“, hörte er Sam wimmern, doch er konnte einfach nicht den Mund halten, während er dabei zusehen musste, wie ein Psychopath die Frau die er liebte als Spielzeug benutzte.

„Nein das werde ich nicht. Sam, du musst das nicht tun, er wird dafür bezahlen, das schwöre ich dir!“, sagte er direkt an sie gewandt. Die ersten Worte die die beiden direkt wechselten während Logan im Raum war. Logan blickte kurz zwischen ihnen hin und her, dann riss er Sams Kopf an den Haaren zurück und senkte seine Lippen auf die ihren. Kyle wurde übel, während Sam für eine Sekunde still hielt, bevor sie der Ekel offenbar einholte. Logan schrie auf und Kyle konnte sehen, dass Sam ihm in die Lippe gebissen hatte. Er gab dem Stuhl, auf dem Sam gefesselt saß einen heftigen Tritt, so dass Sam zur Seite kippte wo sie heftig auf ihrer Schulter landete. Sie schrie auf und wandte sich hin und her, doch Logan beachtete sie nicht.

„Du bist so eine verdammte Hure! Wenn ich mit ihm fertig bin, dann wirst du erst sehen, was du verpasst hast und jetzt halt die Fresse!“, schrie Logan und hob seinen Baseballschläger erneut auf um auf Kyle zuzustürmen. Kyle sah, wie der Schläger auf ihn hinabschoss und versuchte sich zu drehen und so traf der erste Schlag ihn nicht ins Gesicht sondern erneut seine linke Schulter, die von dem ersten Schlag noch höllisch brannte. Er versuchte den Schmerzensschrei zu unterdrücken, doch er schaffte es nicht und als der Schläger ein zweites Mal hinabschoss wusste er, dass er sein Leben soeben beendet hatte.

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Sam schmiss sich hin und her, ihre schmerzende Schulter ignorierte sie komplett. Stattdessen hatte sie erneut damit begonnen um Hilfe zu schreien, während sie Logan dabei beobachten musste, wie er immer und immer wieder auf Kyle einschlug. Sam konnte nicht sagen, ob Kyle noch bei Bewusstsein war, doch selbst wenn er es war so würde er es nicht mehr lange aushalten. Logan hielt inne und schmiss den Schläger in die Ecke, dann stürmte er durch den Raum und hob die Waffe auf, die er auf Kyle richtete. Sam wusste, dass sie jetzt nichts mehr sagen und tun konnte um Logan aufzuhalten, denn dieser war mit dem Kopf nicht mehr bei ihnen. Sie schrie noch lauter, schrie unverständliche Worte, schmiss sich hin und her, doch der Stuhl war so massiv, dass sich nichts tat. Sie weinte, wie sie in ihrem Leben noch nicht geweint hatte und dann, löste sich ein Schuss und die Welt blieb für sie stehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Unendliche Sekunden tickten während sie weiterhin schrie. Unendliche Sekunden, in denen sie nicht sehen konnte, was mit Kyle war, da Logan ihr die Sicht versperrte. Sie konnte ihre Augen nicht von ihm reißen, sie konnte jedoch nur erkennen, dass er sich nicht bewegte. Doch dann, mit einem Mal, wankte Logan rückwärts und stützte sich an dem Tisch ab. Die Waffe fiel mit einem lauten poltern auf den Boden. Sams Schreie waren zu einem Wimmern geworden, sie spürte, dass aus einer Wunde an ihrer Schläfe Blut sickerte und verfolgte den absurden Gedanken, dass diese Wunde sie umbringen sollte. Sie wollte nicht mehr leben. Als sie einen seltsamen Laut von Logan vernahm, blickte sie zu ihm auf und als sie sah, dass aus seinem Bauch Blut sickerte, blickte sie zu Kyle. Er blutete im Gesicht, doch sie konnte sonst keine Wunde erkennen, die wie eine Schussverletzung aussah. Dennoch bewegte sich Kyle nicht, die Augen hatte er geschlossen.

Logan fiel zu Boden, während er seine Hand auf die Wunde presste und anschließend das Blut an dieser betrachtete. Die Frage, die auch Sam sich stellte, stand in seinen Augen. Was zum Teufel war geschehen??

Sie weinte immer noch doch sie schaffte es durch ihren Tränenschleier dennoch, die Person in der Tür zu erkennen, die immer noch eine Waffe in der Hand hielt und ungläubig auf Logan blickte, der langsam das Bewusstsein zu verlieren schien. Sam wollte am liebsten vor Erleichterung aufschreien, doch das Erste was sie sagte war „Ruf sofort einen Krankenwagen!!“

 

Einen kurzen Moment verharrte Dennis mit der Waffe, bevor er sein Handy aus der Tasche holte, die Nummer wählte. Während er darauf wartete, dass jemand ran ging hörte sie ihn sagen „Was zum Teufel ist hier geschehen??"

62. Kapitel: „Es ist etwas passiert…“

62. Kapitel: „Es ist etwas passiert…“

 

Am Ende des Spiels, hatte es ihre Mannschaft nur knapp nicht geschafft, den Rückstand wieder aufzuholen. Goalie stand auf dem Feld des Staten Colleges und ihm wurde klar, dass dies das letzte große Spiel in seiner Fußballkarriere gewesen war, denn in einem halben Jahr wäre er fertig mit dem Studium. Obwohl sie das Spiel verloren hatten, verspürte er nicht die Enttäuschung die er erwartet hatte. Es war von Anfang an nicht ganz rund gelaufen, so als hinge ein Art Damoklesschwert über der Mannschaft. Sie hatten viele Fehlpässe gehabt, einige Spieler hatten ausgewechselt werden müssen, weil sie sich verletzt hatten, er selber war auch nicht in Topform gewesen und so hatte er drei Tore kassiert, obwohl er normalerweie sehr zuverlässig im Tor war. Irgendwie war das heute nicht ihr Tag gewesen.

Als dann auch noch Dennis verschwunden und der Trainer vollkommen ausgeflippt war, war sowieso alles vorbei gewesen. Die Ruhe war nicht mehr in die Mannschaft gekehrt und so hatte es gar nicht anders kommen können.

„Ich frag mich, wo Sam und Kyle stecken!“, sagte Simmons der neben ihm stand. Die Enttäuschung über das verlorene Spiel stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Kyle hätte da sein sollen. Mann ihm war doch wohl klar, dass der Coach ihn einwechseln würde, warum ist er einfach abgehauen!??“, fügte er hinzu und blickte sich suchend um, so als könne er die Vermissten vielleicht doch noch irgendwo entdecken, doch keiner war zu sehen.

Das Spiel war seit über einer Stunde vorbei und langsam aber sicher sammelten sich alle wieder auf dem Platz. So wie sie es immer taten nach dem letzten Spiel. Alle, bis auf zwei.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Carly saß zuhause und sah Jamie zu, wie er gerade damit beschäftigt war, Menschen zu malen die mehr wie Aliens aussahen, doch der kleine Mann gab sich die größte Mühe, das konnte sie an seinem konzentrierten Blick und der Zungenspitze an seiner Oberlippe genau sehen. Ihre Mom hatte sich kurz hingelegt. Die Sachen für den Umzug nach Hiltons waren bereits alle gepackt und so zählten sie nur noch die Tage bis es so weit war. Obwohl Carly diesen Tag irgendwie immer herbei gesehnt hatte, fiel ihr die Vorstellung, alleine mit Jamie in diesem großen Haus zu leben mit jedem Tag, der verging, schwerer. Das war ihr Lebensinhalt gewesen in den letzten Jahren. Jamie und sich um ihre Mutter zu kümmern. Sie hatte es gerne getan, hatte es genossen, sich auch einmal darüber zu beschweren, dass sie so viel zu tun hatte, obwohl sie es doch eigentlich erfüllte.

Carly sah auf die Uhr und stellte fest, dass das Finale jetzt bereits seit längerem zu Ende sein musste. Eigentlich hatte Kyle sie anrufen wollen, sobald er dazu kam, aber wahrscheinlich war er damit beschäftigt zu feiern oder, wenn sie das Spiel tatsächlich verloren hatten, damit Trübsal zu blasen.

Wie als hätte Kyle ihre Gedanken gehört, klingelte mit einem Mal das Telefon und sie stand auf. Als sie den Hörer in die Hand nahm, war sie nicht auf das vorbereitet, was man ihr jeden Moment sagen würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Janine versuchte schon seit Ewigkeiten, Sam endlich zu erreichen, doch ihr Handy war die ganze Zeit ausgeschaltet, so dass Janine mittlerweile rasend in der Wohnung auf und ab ging. Eigentlich hatte sie heute unbedingt das Spiel sehen wollen, doch ein Treffen mit ihrer zukünftigen Schwiegermutter war ihr in die Quere gekommen. Das hatte für sie bedeutet, dass sie auf Sam angewiesen war, doch Sam hatte sich nicht mehr gemeldet. Außerdem wusste Janine, dass Sam heute auch mit Kyle reden wollte und so war dies der einzige Trost dafür, dass sie ihre beste Freundin nicht erreichen konnte.

„Schatz, jetzt setz dich endlich hin, du machst mich wirklich nervös!“ , sagte Henry, der mit einer Bierflasche in der Hand auf der Couch saß und irgendeine Dokumentation über Fischer ansah. Janine fragte sich, wahrscheinlich neben tausenden von anderen Frauen, warum Männer sich so einen Schwachsinn überhaupt reinzogen, aber sie hatte ja schließlich schon vor einiger Zeit aufgehört zu versuchen die Gedanken ihres zukünftigen Ehemannes zu verstehen.

„Ich mach dich nervös?? Sam macht mich sauer! Sie wollte sich schon längst melden! Sie hätte mir sagen sollen, wie das Spiel läuft! Außerdem ruft sie einfach nicht zurück!“, sagte Janine und setzte sich mit vor der Brust verschränkten Armen auf die Couch.

„Naja, vielleicht ruft sie dich nicht zurück, weil bei uns ständig besetzt ist, weil du die ganze Zeit versuchst sie zu erreichen?“, fragte Henry, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen. Janine sah ihn an, als wolle sie ihn jeden Moment um die Ecke bringen.

„Halt lieber die Klappe, wenn du schon nicht auf meiner Seite bist!“, erwiderte sie, blieb jedoch sitzen und versuchte sich zu entspannen.

„Ich bin immer auf deiner Seite…“, sagte Henry und legte ihr den Arm um die Schulter, um sie näher zu sich zu ziehen.

„Jaja, von wegen…“, murmelte Janine, konnte ein Lächeln jedoch nicht verhindern. Kein zweiter Mann auf dieser Welt hätte die Fähigkeit, es mit ihr auszuhalten, das war ihr durchaus bewusst.

Gerade als sie sich entspannt hatte klingelte das Telefon und sie sprang auf. Henry fragte sich, wie Sam das nur immer wieder anstellte. Sie musste nur anrufen und Janine war glücklich! Er hingegen musste sich den ganzen Tag den Kopf zermartern um herauszubekommen, was seine Verlobte am liebsten machen wollte.

Janine ging leichtfüßig auf das Telefon zu und hielt sich den Hörer schließlich ans Ohr. Henry erkannte sofort, dass irgendwas nicht stimmte, denn wo soeben noch ein Lächeln auf Janines Gesicht zu sehen gewesen war, stand jetzt der Schock darin geschrieben. Sie legte sich die Hand auf den Mund, riss die Augen auf, nickte ein paar Mal. Henry setzte sich gerade auf und als Janine schließlich auflegte war ihr einziger Satz „Hol deine Jacke, es ist etwas passiert!“, und schon stürmte er los.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Sam konnte es nach wie vor nicht glauben, was ihr heute zugestoßen war. Was ihr und Kyle zugestoßen war!

„Es geht mir gut, zum hundersten Mal!“, sagte sie zu einer äußerst aufdringlichen Krankenschwester, die ihren Blutdruck messen wollte.

„Es geht ihnen nicht gut Mrs. Raven! Sie haben eine Gehirnerschütterung und eine geprellte Schulter. Außerdem können wir einen Schock nicht ausschließen. Ich wäre ihnen also sehr verbunden, wenn sie mich endlich meine Arbeit machen lassen würden!“, sagte die mittlerweile ziemlich entnervte Schwester.

Sam verdrehte die Augen und dachte sich ‚Wie auch immer…‘, schließlich erfuhr sie sowieso nichts von den Ärzten über Kyles Zustand.

Die Bilder des heutigen Tages zogen vor ihrem inneren Auge auf und sie spürte, wie sich sofort eine Gänsehaut des Schreckens auf ihrem Körper breit machte. Als der Krankenwagen nach unendlichen Minuten mit der Polizei im Schlepptau, aufgetaucht war, hatten sie sich sofort auf Logan und Kyle gestürzt, die beide als schwer verletzt galten. Zumindest glaubte Sam dies gehört zu haben, als einer der Sanitäter Verstärkung angefordert hatte.

Sie hingegen war bleich und verängstigt an der Wand gelehnt. Sie konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wie sie sich von dem Stuhl befreit hatte. Sie wusste nichts mehr ab dem Moment, in welchem Dennis auf Logan geschossen hatte, das Einzige was sie noch aufgeschnappt hatte war, dass Dennis wohl Logans Bruder gewesen war. Ihr fehlte jedoch in diesem Moment die Kraft, sich näher mit dieser Tatsache auseinander zu setzen, denn jetzt war das Einzige, was für sie wichtig war, der Zustand von Kyle doch in diesem verdammten Krankenhaus sprach ja niemand mit ihr.

Man hatte sie in ein Zimmer verfrachtet, die Polizei war mittlerweile schon bei ihr gewesen und hatte um eine Aussage gebeten, und ließ sie jetzt dort hängen. Sie sah die schneeweiße Bettwäsche an, mit der man sie zugedeckt hatte, entdeckte blaue Flecken an ihren Armen, die sie nicht einmal mehr zuordnen konnte. Die Schwester hatte irgendwann den Raum verlassen und jetzt saß Sam alleine in dem totenstillen Raum und wartete darauf zu erfahren, was mit Kyle geschehen war. Ihre größte Angst, wollte sie noch nicht einmal in Gedanken formulieren doch unaufhaltsam drängte sie sich an die Oberfläche: Was war, wenn Kyle es nicht überlebt hatte?

Sie kniff die Augen zusammen um zu verhindern, dass ihr Nervenzusammenbruch, der jetzt die letzte Stunde stetig in ihr anstieg, sie nicht genau in diesem Moment ereilte. Zur Unterstützung presste sie Zeigefinger und Daumen an ihre Nasenwurzel und übte Druck darauf aus, doch die Tränen die sie zurückhalten wollte, kamen dennoch.

Sie hatte es von Anfang an gewusst. Sie hatte dieses bestimmte Gefühl gehabt, dass sie sich von Kyle fernhalten musste. Natürlich hatte sie dieses Gefühl gehabt weil sie geglaubt hatte, dass er ihr schaden könnte. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, dass sie irgendwann sein Leben zerstören würde, wenn er denn überhaupt noch eines hatte.

Sie war so unvorsichtig geworden, hatte sich nicht mehr nach dem Verbleib von Logan erkundigt, nicht mehr recherchiert. Sie war einige Jahre zuvor direkt paranoid gewesen was dies betraf, doch sie hatte ihre Deckung fallen lassen und ihm damit die Chance gegeben erneut in ihr Leben einzudringen. So tief, dass es er eine riesige Wunde hinterließ, nachdem der Stachel den er in sie hineingestoßen hatte, herausgerissen wurde.

Wieso nur, hatte sie sich Kyle nicht anvertraut? Warum hatte sie sich nicht besser über die Jungs informiert? Warum hatte sie nicht ein einziges verfluchtes Mal Dennis gegoogelt um mehr über ihn heraus zu bekommen?

Diese Fragen würde sie sich bis an ihr Lebensende stellen und sie würde bis an ihr Lebensende keine Antworten darauf erhalten, denn es gab keine.

Sie war einfach nur glücklich gewesen in den letzten Monaten. Sie hatte mehr Ärger gehabt als in den Jahren davor zusammen genommen, doch hatte sie endlich wieder damit begonnen zu leben. Auch dies hatte ihr Logan genommen. Erneut. Er hatte sie ihres eignen unbeschwerten Lebens beraubt. Dies könnte sie ihm vielleicht sogar verzeihen, denn sie wusste, wie krank Logan war. Doch er hatte nicht nur sie bestohlen, sondern auch Kyle. Er hatte ihm die Möglichkeit genommen das zu tun, was er am meisten auf dieser Welt liebte und das würde sie Logan niemals verzeihen können.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Mach doch mal Platz Mann!!“, sagte Simmons, der eingequetscht zwischen 18 weiteren Spielern in dem riesigen Fahrstuhl des Krankenhauses stand und sich fragte, was zum Teufel nur geschehen war!

„Ich kann nicht, wenn du auf meinem Fuß stehst!“, sagte Danny, der bis jetzt kein einziges Wort mehr gesagt hatte. Er war es gewesen, der ans Telefon im Büro des Coaches gegangen war und anschließend auf das Feld gestürmt war, um der Mannschaft zu verkünden, dass Sam und Kyle entführt worden waren. Das Kyle und Sam im Krankenhaus lagen und das es nicht gut stand.

Keiner wusste, warum das Krankenhaus überhaupt beim Coach angerufen hatte, doch es war auch egal, denn sofort hatten sich alle, inklusive Coach, auf den Weg ins Krankenhaus gemacht und jetzt standen sie in dem Aufzug und hatten Angst davor aus diesem zu steigen und eine schlechte Nachricht zu erhalten. Während Danny und Simmons versuchten, sich irgendwie in dem kleinen Raum zu arrangieren, schlug Goalie das Herz bis zum Hals. Er hatte es geahnt. Er hatte dieses schlechte Gefühl gehabt und irgendwie machte er sich Vorwürfe, dass er nicht früher gehandelt hatte. Auch wusste er, dass diese Angst vollkommen irrational war, schließlich hatte er nicht wissen können, was geschehen würde, dennoch hoffte er, dass es Sam und Kyle gut ging, denn wenn dies nicht der Fall war so würde er sich, genauso wie bei Sarah, ewig Vorwürfe machen.

„Wir sind da!!“, sagte Simmons erleichtert, doch als alle gleichzeitig aussteigen wollten, blieben einige stecken.

„Ok, ich weiß wir haben es alle eilig und wir wollen alle wissen, was mit Kyle und Sam passiert ist, das heißt aber nicht, dass wir uns jetzt wie Idioten aufführen müssen!“, sagte der Coach und als Goalie zu ihm hinüberblickte konnte er sehen, dass der Coach ganz bleich im Gesicht geworden war.

„Coach, bei Ihnen alles klar??“, fragte Goalie nachdem alle es geschafft hatten den Aufzug zu verlassen.

Der Trainer holte ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche und wischte sich damit den Schweiß von der Stirn.

„Ja, ja klar….“, murmelte er geistesabwesend. Die nächsten Worte, hatte Goalie jedoch nicht erwartet. „Ich habe den Jungen innerlich verflucht  Goalie, verstehst du? Wenn ihm jetzt etwas geschieht….“, der Coach brach mitten im Satz ab und Goalie legte ihm automatisch die Hand auf die Schulter.

„Jeder von uns macht sich Vorwürfe, doch ich bin mir sicher, dass sich alles zum Besten wenden wird!“, erwiderte er, weil ihm sonst nicht besseres einfiel. Er wusste, dass dies der beschissenste Satz war, den man von sich geben konnte in solch einer Situation, doch jetzt da er selber in der Rolle des Tröstenden war, wusste er nichts Besseres. Damals hatte er den Satz gehasst und nachdem das eingetreten war, was geschehen war, hatte er sogar Justin, der ihn ausgesprochen hatte, dafür gehasst.

„Ja, ja sicher mein Junge. Du hast vermutlich Recht…“, sagte der Coach und blickte sich dann auf dem Gang um. Die Spieler waren alle schon einige Meter vorausgegangen und brachten gerade die Dame am Empfang ein wenig aus der Fassung, weil sie alle gleichzeitig auf sie einredeten. Der Coach straffte seine Schultern und marschierte mit sicheren Schritten auf die Meute zu.

„Jetzt ist Ruhe, habt ihr mich verstanden?“, sagte er und alle verstummten mit einem Mal und bildeten einen Gang, damit der Coach sich selber mit der Frau unterhalten konnte. Diese blickte verwirrt zwischen den Jungs hin und her und konzentrierte sich dann auf den, ihrer Meinung nach, Vernünftigsten.

„Wie kann ich ihnen behilflich sein?“, fragte sie mit freundlicher Stimme.

„Kyle Thompson, wir möchten zu Kyle Thompson!“, antwortete der Coach und die Frau begann damit, in einem braunen Hefter zu blättern. Es dauerte einige Sekunden, bevor  Goalie erkannte, dass sich der Gesichtsausdruck der Frau änderte. Sie wirkte nun ihrerseits ein wenig bleich, dann sagte sie „Es tut mir Leid Sir, aber ich darf ihnen keine Auskunft geben.“, erklärte sie.

Goalie konnte es nicht fassen und so stürmte er jetzt seinerseits auf den Tresen zu, gab dem Coach einen leichten Schubser und stellte sich an seine Stelle.

„Lady, ich hoffe ich trete ihnen damit nicht zu nahe, aber wie sie sehen, steht hier eine ganze verdammte Fußballmanschaft die endlich wissen möchte, was mit ihrem Freund geschehen ist. Wenn es ihnen also keine Umstände macht möchte ich, dass sie uns jetzt das, was auf ihrem interessanten Blatt da steht, vorlesen damit wir wissen, ob wir unseren Freund zumindest noch lebend wieder sehen oder nicht!“, sagte er so energisch, dass er sich selber davor erschrak.

Eigentlich war Goalie immer der ruhige gewesen, nur in sehr wenigen Situationen flippte er aus.

Sie sah zu ihm hinauf, dann auf das Blatt. Sie blickte sich um, schaute nach ob jemand in der Nähe war der sie hören würde, oder vielleicht, ob sie jemanden um Hilfe bitten konnte um den Verrückten ihr Gegenüber zu entfernen. Er konnte beobachten, dass ihre Zahnräder im Kopf schwer arbeiteten. Dann fasste sie einen Entschluss.

„Es tut mir Leid…“, setzte sie an und damit wusste Goalie, dass dies nichts Gutes bedeuten würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Vor einigen Minuten hatte sie mitbekommen, wie einige Schwestern ein Bett an ihrer geöffneten Zimmertür vorbeigeschoben hatten. Der Körper war vollkommen bedeckt gewesen mit diesen klaren weißen Bettdecken und als sie dies gesehen hatte, hatte sich ihr gesamter Körper verkampft. Dann hatte sie Kyles Namen gehört und wie vom Teufel gepackt, war sie trotz ihrer furchtbar schmerzenden Schulter und dem starken Schwindelgefühl aufgestanden und auf den Gang getreten. Offenbar hatten die Leute die hier arbeiteten anderes zu tun, denn niemand beachtete sie und als sie schließlich in einen Raum trat, der nur spärlich beleuchtet war, sah sie ihn. Bleich, stumm, geschlossene Augen. Erst jetzt spürte sie die Schmerzen, die sie in ihrem Knie hatte, wahrscheinlich hatte der Schockzustand sie vorher vor den Schmerzen bewahrt, doch jetzt war sie wach wie schon lange nicht mehr. Sie spürte jede Faser ihres Körpers, spürte die Fingernägel, die sich in ihre Handflächen bohrten.

Sie ging einige weitere Schritte in den Raum hinein.

Er lag da, vollkommen bewegungslos. Sie hatte ihm dies angetan. Sie hatte ihm sein Leben genommen. Durch ihre Unehrlichkeit, durch ihre Angst sich zu öffnen.

Sie spürte, wie ihr Körper zu zittern begann. Zuerst sehr leicht, dann wurde das Beben ihrer Muskeln immer stärker. Sie klammerte sich an das Bettgestell und spürte die heißen Tränen. Die Tränen, die nicht mehr versiegen wollten.

Sie betrachtete Kyle, der still dalag. Sie sah die blauen Flecken in seinem Gesicht. Der Krankenhauskittel, der ein wenig verrutscht war, entblößte einen kleinen Teil seiner Brust, die ebenfalls von den violetten Malen übersäht war und dadurch zeigte, was er durchgemacht hatte. Sein rechtes Bein war bandagiert und sie konnte Schrauben erkennen, die die Ärzte vermutlich angebracht hatten um das was zu retten war noch zu retten. Kyle würde jedoch, so wie es aussah nie wieder Fußball spielen können.  

Sie wusste in diesem Moment, dass Kyle es überleben würde, doch sie wusste auch, dass er dies alles niemals verzeihen würde. Wie sollte er auch, wenn sie selber nicht im Stande wäre, sich das zu verzeihen. Kein Mensch konnte über so etwas einfach hinwegsehen, niemand hätte die Kraft dazu zu verzeihen, wenn doch das ganze Leben dadurch auf den Kopf gestellt wurde. Sie klammerte sich noch stärker am Rand des Bettes fest um nicht zu fallen, denn die Kraft verließ langsam ihren Körper. Ihr Körper bebte immer mehr und als die Erkenntnis sie traf, dass sie so kurz vor dem Ziel ihre Liebe verloren hatte, schafften ihre Beine es nicht mehr, sie weiterhin zu tragen.

Was hatte sie ihm nur angetan? Dem Mann, der ihr Leben wieder lebenswert gemacht hatte? Womit hatte er das nur verdient?

Sie fiel zu Boden und spürte ihren eigenen Körper nicht mehr. Er war ihr entfremdet worden. Er war nur noch eine Hülle für das, was ihr Leben kennzeichnete und sie war sich in diesem Moment sicher, dass sie nie wieder so glücklich sein würde wie in dem Moment, als sie entschlossen hatte, Kyle in ihr Leben zu lassen. Sie war sich sicher, dass Kyle Thompson sie nie wieder sehen wollte und dies war ein Gedanke, den sie kaum ertragen konnte.

Logan hatte sie wieder eingeholt. Ihre Vergangenheit. Ihre Ängste. Sie war alleine, wieder.

Sie nahm nur sehr wenig um sich herum wahr, doch sie bemerkt, wie sie zwei Arme an eine Brust zogen, wie diese vibrierte als jemand zu sprechen begann und sie nahm war, wie ihr kurz darauf schwarz vor Augen wurde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Die Spieler saßen auf dem Gang auf welchem besorgte Menschen, die sich fragten ob ihre Liebsten jemals wieder bei ihnen sein würden, hin und her liefen. Goalie hatte durchgesetzt, dass er, Simmons und der Coach zumindest kurz nach Kyle sehen durften und so waren sie gerade unterwegs zu dem Aufwachraum, in welchen Kyle gebracht worden war, als sie die Schreie hörten. Goalies Herz blieb für einen kurzen Augenblick stehen als er in die Tür trat und sah, wie Sam auf dem Boden saß. Ihr ganzer Körper erbebte und bevor er wusste was er tat lief er auf sie zu, ließ sich auf den Boden fallen und zog sie an sich. Er versuchte auf sie einzureden, doch sie reagierte nicht. Stattdessen weinte sie immer lauter, schrie unverständliche Dinge. Sie war nicht ansprechbar und so rief er das Einzige, was ihm in diesem Moment als richtig erschien.

„Simmons hol einen Arzt! Schnell!“

Er konnte nichts anderes tun als Sam in den Armen zu halten und sie fest zu halten. Obwohl er nicht wusste was geschehen war konnte er mit Sicherheit sagen, dass einige von ihnen noch sehr lange daran zu arbeiten hätten. Vor allem Sam, die gerade einen Nervenzusammenbruch erlitt.

Sie litt so sehr und er wusste noch nicht einmal, warum.

 

63. Kapitel: „Es geht hier doch nicht immer nur um Sam verdammt…“

63. Kapitel: „Es geht hier doch nicht immer nur um Sam verdammt…“

 

„Sie schläft jetzt…“, sagte die Krankenschwester, die an Sams Bett stand und die Infusion überprüfte. Goalie hatte den Schreck seines Lebens bekommen, doch der Arzt hatte ihm erklärt, nachdem er behauptet hatte, dass er Sams Bruder sei, dass Sam wohl an einer Art Psychotrauma leide. Die Geschehnisse hätten sie sehr mitgenommen und dies hätte wohl die Reaktion im Aufwachraum verursacht. Er hatte Sam noch niemals auch nur annäherungsweise so angeschlagen gesehen und dies hatte ihn fertig gemacht. Er wollte nicht, dass sie so litt und außerdem wollte er endlich erfahren, was denn nur geschehen war.

„Wissen sie denn, was mit ihr geschehen ist?“, fragte er die Schwester, die gerade dabei war den Raum zu verlassen. Diese schüttelte den Kopf.

„Nein, tut mir Leid. Ich bin gerade erst gekommen.“, erklärte sie ihm. Ohne sie anzusehen nickte er und betrachtete Sam, die jetzt ruhig atmend in ihrem Bett lag. Es sah so aus, als wäre nichts geschehen doch wusste er, dass die Geister dessen, was sie erlebt hatte, sie vermutlich auch in den Träumen verfolgen würden.

Die Ruhe wurde durchschnitten, als Janine fluchend in das Krankenzimmer kam und sich auf Sam stürzte.

„Sam…Was ist mit ihr??“, fragte sie Goalie mit hochrotem Kopf. Ihre Haare standen ihr wirr vom Kopf ab und die Angst spiegelte sich in ihren Augen und den zitternden Händen wieder, mit denen sie Sams Bettdecke fest krallte.

„Sie schläft, die Ärzte mussten ihr ein starkes Beruhigungsmittel geben weil sie einen Nervenzusammenbruch erlitten hat. Der Arzt vermutet, dass was auch immer geschehen ist, ein Psychotrauma bei ihr ausgelöst hat.“, erklärte Goalie ruhig, obwohl er am liebsten aufspringen und alles kurz und klein schlagen wollte.

„Aber von was?? Was ist hier passiert?“, fragte Janine ihn, doch da schüttelte er nur den Kopf und sie verstand, dass er keine Ahnung hatte.

Henry betrat einige Minuten später den Raum und trat hinter Janine, um ihr behutsam über den Arm zu streichen, während sie immer noch auf Sam hinabsah und ihr mit der Hand über die Stirn fuhr, um ihre die Haare aus dem Gesicht zu wischen.

„Was ist passiert?“, fragte Henry so leise, als habe er Angst die schlafenden Geister zu wecken.

„Das wissen wir noch nicht.“, erklärte Goalie erneut und blickte zur Seite auf den Gang hinaus, wo er gerade sah, wie Dennis hinter zwei Beamten hinterherlief.

‚Dennis??‘, fragte sich Goalie und sprang auf.

„Ich bin gleich wieder da!“, sagte er an Janine und Henry gewandt und lief auf den Gang. Dennis sah ebenfalls äußerst mitgenommen aus.

„Dennis, Alter!“, rief er aus und zog damit sämtliche Blicke auf sich. Dennis blieb stehen und wandte sich um, seine Augen weiteten sich als er Goalie erblickte, dann trat etwas Schuldbewusstes an Stelle der Überraschung.

Goalie lief auf ihn zu und blieb einen Meter vor ihm stehen, die Beamten in dessen Begleitung Dennis war, blieben in etwas weiterem Abstand stehen und warteten ab, was geschah, doch Goalie beachtete sie nicht einmal.

„Was tust du hier? Hast du das von Sam und Kyle gehört? Irgendwas ist offenbar passiert…Kyle befindet sich nach wie vor im Aufwachraum, Sam hatte einen Nervenzusammenbruch…“, erst jetzt wurde Goalie richtig bewusst, dass die Polizisten alles sehr genau mit anhörten und er hielt inne. Kurz sah er zwischen den Polizisten und Dennis hin und her, dann richtete er seine volle Aufmerksamkeit auf Dennis, dessen Gesichtsausdruck, wenn überhaupt möglich, noch schuldbewusster wirkte.

„Was weißt du??“, fragte Goalie, weil er sich sicher war, dass die Polizisten wegen dem, was mit Sam und Kyle geschehen war, mit Dennis sprechen wollten.

Dennis schüttelte den Kopf, so als wolle er Goalie sagen, dass er nicht darüber sprechen konnte, doch dies konnte und wollte Goalie nicht zulassen.

„Du wirst mir jetzt sofort sagen, was zum Teufel hier passiert ist! Kyle liegt mit einem zerschmetterten Knie da, Sam hat ein Trauma erlitten. Dennis komm schon, was ist passiert? Was weißt du??“, sagte Goalie sehr eindringlich und trat dabei auf Dennis zu, um ihn an den Armen zu packen. Einer der Polizisten schien in Bereitschaft zu sein, einzugreifen falls dies nötig werden sollte.

Dennis schien einen Moment zu überlegen, dann drehte er sich kurz um.

„Es tut mir leid, aber könnten wir die Befragung ein wenig später durchführen? Es ist wichtig!“, erklärte er den Beamten, die einen entnervten Blick austauschten. Schließlich sagte einer der Polizisten „Wir warten unten auf sie, lassen sie sich nicht zu lange Zeit!“, und schließlich gingen beide davon, während Dennis Goalie zur Seite zog und sich schließlich auf einem Stuhl niederließ.

„Du musst mir versprechen, dass du mir irgendwann verzeihst Alter, ok?“, sagte Dennis als allererstes und sah Goalie dabei flehend an.

„Warum sollte ich dir irgendwas verzeihen? Was hast du getan?“, fragte Goalie ihn stattdessen und als Dennis einsah, dass Goalie ihm nichts versprechen würde, solange er nicht alles von ihm erfuhr, atmete er resigniert aus und begann damit Goalie all das zu erzählen, was er nicht verstanden und aus diesem Grund zugelassen hatte, die letzten Monate. Er ließ nichts aus, nicht einmal seine eigene Rolle in der ganzen Geschichte und desto weiter er erzählte, desto bleicher wurde Goalie. Desto mehr Dennis erzählte, desto mehr verstand er, warum Sam sich bisher niemandem anvertraut hatte. Desto weiter Dennis erzählte, desto mehr wurde Goalie klar, dass diese Sache sie noch wesentlich länger begleiten würde, als er gedacht hatte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Wie geht es ihnen Miss Raven?“, fragte die Frau, die Sam gegenüber saß. Der Arzt hatte ihr angeraten sich einer Therapie zu unterziehen und so besuchte Sam die Krankenhauseigene Psychotherapeutin heute bereits zum zweiten Mal. Die Geschehnisse lagen jetzt fünf Tage zurück und Sam realisierte erst mit sehr kleinen Schritten, was da tatsächlich geschehen war und was dies alles in ihr angerichtet hatte.

„Nicht so gut. Ich habe endlich mit Kyle gesprochen!“, sagte sie und dieser Satz versetzte ihr einen Messerscharfen Stich.

„Wie geht es Mr. Thompson?“, fragte die Pschotherapeutin weiter. Ihre Miene war undurchdringlich.

Sam zog die Beine auf den Stuhl, auf welchem sie saß und blickte nach draußen. Wie ging es Kyle?

 

Sie war in sein Zimmer getreten, nachdem sie stundenlang darüber nachgedacht hatte, was sie zu ihm sagen wollte. Sie hatte sich alles zurechtgelegt, wusste genau, was sie ihm mitteilen wollte, doch in dem Moment in welchem sie sein Zimmer betreten hatte und Carly und eine etwas ältere Dame dort vorgefunden hatte, war alles wie ausradiert gewesen.

„Sam!!“, hatte Carly gesagt und war sofort aus ihrem Stuhl aufgesprungen um auf sie zuzueilen.

Carly hatte Sam bereits am Tag ihrer Ankunft besucht gehabt doch sie in dem Moment neben Kyles Bett zu sehen, während er seinen Blick sofort ebenfalls auf sie gerichtet hatte, hatte Sam bewusst gemacht wie fehl am Platze sie doch eigentlich hier war. 

„Entschuldigung, ich komme ein anderes mal wieder!“, hatte sie gemurmelt und sich abgewandt. Sie hatte nach wie vor die Schmerzen in der Schulter und in ihrem Knie gespürt und hieß den Schmerz willkommen, da dieser sie an die Realität band.

„Nein, nein! Bleib du hier, Mom und ich holen uns solange einen Kaffee!“, hatte Carly schnell gesagt und war aufgestanden. Die Frau, die wohl Kyles Mom war, blickte Sam lächelnd an, doch das Lächeln erreichte nicht ihre Augen.

„Los komm schon Mom, außerdem muss ich noch Alex anrufen und fragen, ob mit Jamie alles in Ordnung ist!“, sagte sie als zweiten Vorwand und gab Sam damit die Zeit, die Kyle und sie wohl brauchen würden.

Nachdem Carly und ihre Mutter das Zimmer verlassen hatten, legte sich die Stille über sie und ihr wurde bewusst, wie lange sie dieses Zusammentreffen vor sich her geschoben hatte. Sie war wieder einmal vor ihren Problemen davon gelaufen.

Sie war einige Schritte näher in den Raum getreten während Kyle sie lediglich beobachtet und keine Anstalten gemacht hatte auch nur ein Wort zu sagen. Sam hatte es bis jetzt nicht geschafft ihm in die Augen zu sehen. Stattdessen hatte sich ihr Blick an das bandagierte Bein geheftet, aus welchem, genau wie vor fünf Tagen, die Schrauben ragten und welches auf ein Kissen gelegt worden war. Offenbar, um Kyle eine gemütlichere Position zu ermöglichen.

Die Schuldgefühle arbeiteten sich langsam nach oben.

Anschließend wanderte Sams Blick immer weiter nach oben, bis sie schließlich bei Kyles Gesicht angekommen war, welches immer noch starke Anzeichen von den Verletzungen aufwies, die er erlitten hatte. Die blauen Flecken klangen langsam aber sich zwar ab, doch waren sie noch eindeutig zu sehen. Auch seinen Kopf hatte ein schneeweißer Verband geziert.

„Hey…!“, hatte sie schließlich rausgebracht, als sie am Fuß seines Bettes angekommen war. Genau die Stelle, an welcher sie beim letzten Mal den Nervenzusammenbruch erlitten hatte.

„Hey.“, hatte Kyle trocken entgegnet und sie mit seinem Blick festgenagelt, während sie sich bemühen musste, ihren Körper unter Kontrolle zu behalten.

Sie hatte nicht gewusst, was sie sagen sollte. Sie hatte ihn ja schlecht fragen könne, wie es ihm ging also hatte sie sich dafür entschieden, ausnahmsweise einfach ehrlich zu sein!  

„Es tut mir Leid, dass ich nicht eher gekommen bin. Ich weiß nicht, ich denke ich hatte einfach Angst!“, hatte sie ihm erklärt, darauf hatte er jedoch nichts erwidert. Stattdessen hatte er gemerkt, dass ihr das Stehen Probleme bereitete.

„Setz dich hin Sam, du musst da nicht wie bestellt und nicht abgeholt stehen bleiben!“, hatte er gesagt. Seine Stimme hatte kalt gewirkt und Sam hatte sich in ihrer Furcht bestätigt gefühlt.

Sie war seiner Aufforderung nachgekommen und hatte sich auf dem Stuhl nieder gelassen, auf welchem Carly einige wenige Minuten zuvor noch gesessen war.

„Und, waren die Jungs schon da? Bestimmt, bei mir gehen sie auch ständig aus und ein, die Krankenschwestern sind schon total genervt!“, hatte Sam gemeint und gehofft, die Stimmung ein wenig auflockern zu können auch wenn sie gewusst hatte, dass diese Absicht in dieser Situation vollkommen absurd war.

„Du bist also hergekommen, weil du mit mir über die Jungs sprechen willst?“, hatte  Kyle sie frei heraus gefragt und das erste Mal, seitdem sie das Zimmer betreten hatte, hatte sie ihm direkt in die Augen gesehen. Sie hatten verletzt, betrübt und allen voran wütend ausgesehen.

„Nein…“, hatte sie kleinlaut zugegeben und ihre Hände im Schoß verschränkt. Dann hatte sie ihren gesamten Mut zusammen genommen.

„Kyle es tut mir so unendlich leid. Ich hätte mit dir sprechen müssen, ich hätte es dir erzählen müssen! Wenn ich das getan hätte, dann wäre das alles nicht geschehen. Logan war damals der Meinung gewesen, dass wir zusammen sind, doch dem war nicht so und irgendwann ist er in mein Haus eingedrungen und wollte mich vergewaltigen. Ich habe es ihm heimgezahlt und er ist ins Gefängnis gewandert während ich eine Vorstrafe bekommen habe, doch die hat sich gelohnt. Ich habe nicht gewusst, dass er nicht mehr im Gefängnis ist, ich habe nicht gewusst, dass er Dennis‘ Bruder ist und auch habe ich nicht gewusst, dass er mich verfolgt. Ich hätte mich nach ihm erkundigen sollen, hätte besser aufpassen müssen, ich weiß es und jetzt ist es so weit gekommen, dass…“, sie hatte inne gehalten und auf Kyles Knie geblickt, welches er sohl so schnell nicht wieder verwenden würde können..

„Jetzt ist es dazu gekommen, dass ich nie wieder Fußball spielen werde.“, hatte Kyle ihren Satz beendet und sich dabei so wütend angehört, dass Sam unwillkürlich zusammengezuckt war. 

„Warum hast du es mir nicht erzählt? Warum hast du niemals mit mir darüber gesprochen?“, hatte Kyle sie gefragt und dabei versucht sich ein wenig in seinem Bett aufzusetzen.

Sam hatte mit den Schultern gezuckt und sich und Kyle schließlich eingestanden, dass sie es nicht wusste.

„Kyle, du musst mich verstehen. Ich habe noch niemals jemanden wie dich getroffen, ich war und bin es nicht gewohnt, mich jemandem anzuvertrauen! Noch nicht einmal Janine weiß alles von mir und sie steht mir so nah wie niemand auf dieser Welt…“, hatte Sam versucht ihm zu erklären, doch hatte sie damit offenbar alles nur noch schlimmer gemacht.

„Sam, genau das ist das Problem! Ich muss mich immer noch beweisen, ich muss dir immer noch zeigen, dass du mir vertrauen kannst und dich auf mich verlassen kannst! Wenn du nur schon früher eingesehen hättest, dass ich anders bin, als all die Menschen die dich hängen lassen und verlassen haben, doch das hast du nicht. Du hättest es mir bist jetzt nicht erzählt, wenn das nicht geschehen wäre!“, er zeigte dabei auf sein zerstörtes Bein und Sam blickte zu ihm auf.

„Nein, das ist nicht so einfach Kyle…“, doch er unterbrach sie.

„Es ist alles nicht einfach mit dir Sam. Daran habe ich mich gewöhnt, doch ich kann einfach nicht akzeptieren, dass du mir nach wie vor nicht vertraust…“, Sam schluckte und fügte hinzu „Und du kannst mir nicht verzeihen, was aus diesem Grund mit dir geschehen ist…“

Kyle war stumm geblieben, seine Lippen hatte er aufeinander gepresst. Kurz hatte sich sein Arm erhoben, doch diesen hatte er gleich wieder fallen lassen. Für einen kurzen Moment war es vollkommen still gewesen. Die Ruhe vor dem Sturm.  

„Sam, ich weiß nicht wie es weiter gehen soll…“, hatte er ihr mit stockender Stimme erklärt. Sam hatte es bereits gewusst und deswegen überraschte es sie nicht einmal sonderlich.

„Ich will damit nicht sagen, dass ich dir die Schuld an alledem gebe, sondern ich möchte damit sagen, dass ich erstmal Abstand brauche. Ich brauche Zeit zum nachdenken, ich brauche Zeit für mich und mein Knie.“, erklärte er ihr und sie nickte dabei, während sie ihre Tränen wegblinzelte.

„Das kann ich verstehen!“,  hatte sie erwidert und sich währenddessen erhoben. Kyle hatte sein Gesicht abgewandt, so als sei alles gesagt.

„Ich will nur, dass du eines weißt: An dem Tag, an dem Logan mich entführt hat und dir das angetan hat Kyle, an diesem Tag wollte ich zu dir und mit dir reden! Ich hatte eine Entscheidung gefällt. Ich habe mich verändert und auch wenn du denkst, dass ich dir nicht vertraue,  so kann ich dir nur sagen, das stimmt nicht. Du bist der erste Mensch, dem ich so sehr vertraut habe, dass es mir selber Angst gemacht hat. Ich habe mich selber daran gehindert, mich dir zu öffnen, weil ich Angst hatte, dass ich nicht genug für DICH sein könnte und nicht andersrum.“, hatte Sam von plötzlichem Mut gepackt gesagt.

„Ich werde morgen entlassen, danach bin ich erstmal für eine Zeit bei meiner Tante. Nimm dir die Zeit die du brauchst. Genauso wie du sie mir gegeben hast, so gebe ich sie jetzt dir! Aber bitte gib mich nicht ganz auf…“, waren die letzten Worte gewesen, die sie herausgebracht hatte, danach war sie gegangen und Kyle hatte sie nicht aufgehalten.

 

 

Die Psychotherapeutin saß ihr gegenüber.

„Das bedeutet, er kann nie wieder Fußball spielen, was löst das in ihnen aus?“, fragte sie Sam, die immer noch aus dem Fenster blickte. Gerade flog ein kleiner Vogel von Ast zu Ast.

„Naja, Schuldgefühle natürlich! Er hat ja Recht. Wenn ich mich ihm anvertraut hätte, wenn ich ihm nur davon erzählt hätte, dann wäre es vielleicht niemals so weit gekommen!“, erklärte Sam.

Sie hörte das Kratzen des Kugelschreibers auf dem Papier ihrer Therapeutin hatte jedoch nicht die Muße sie anzusehen.

Kyle brauchte seine Zeit, die würde sie ihm geben doch innerlich zerbrach sie an dem Gedanken, dass er erkennen könnte, dass sie nicht gut genug für ihn war. Dass er sich von ihr distanzierte und sie am Ende wieder alleine dastehen würde.

„Sam, ist ihnen klar, dass es sich hier um eine Annahme handelt? Sie sagten es gerade selber; es wäre vielleicht nicht passiert! Es gibt keinen Garant dafür! Und Kyle wird das mit Sicherheit auch noch einsehen!“, erklärte die Therapeutin was Sam doch dazu veranlasste aufzublicken.

„Sie dürfen keine Versprechungen machen, die vielleicht gar nicht eintreten…“, sagte Sam schockiert. Dabei lächelte die Therapeutin.

„Glauben sie mir Sam, ich mache hier keine Versprechungen! Ich habe sie nur darauf hingewiesen, dass so wie sie momentan mit den Nachwirkungen dieses Erlebnisses zu kämpfen haben, auch Kyle dies zu tun hat! Die Konsequenzen für ihn sind gravierend, doch es öffnet sich damit vermutlich eine neue Tür für ihn. Wenn er die erste Phase der Wut hinter sich hat, die nur nachvollziehbar ist in solch einer Situation, wird er einsehen, dass das alles nicht ihre Schuld ist. Was er daraus macht, kann ich ihnen nicht sagen, doch meine Erfahrung zeigt, dass diese Wut die Kyle im Moment verspürt und die auch in ihnen schlummert, irgendwann verebbt.“, sagte die Therapeutin zu Sam. Vielleicht hatte die Frau ja auch Recht?

Sam fehlte jedenfalls die Kraft das alles auseinander zu pflücken und zu bewerten. Stattdessen hoffte und betete sie, dass das was die Frau ihr gegenüber sagte auch der Richtigkeit entsprach und sie hoffte, dass Kyle nicht die falsche Entscheidung treffen würde.

„Ein Thema haben wir noch gar nicht besprochen Sam.“, sagte die Therapeutin, während sie mit dem Kugelschreiber leicht auf ihre Mappe schlug, die sie auf ihren verschränkten Beinen liegen hatte. Sam wusste sofort wovon sie sprach.

„Logan!“, spuckte sie seinen Namen aus und sofort verfinsterte sich ihr Blick. Wie sie diesen Menschen hasste. Was er Kyle angetan hatte war nur ein kleiner Teil dessen, weshalb sie ihn verfluchte. Doch sie musste es endlich wissen.

„Hat…hat Logan überlebt?“, fragte sie die Therapeutin, die kurz zu überlegen schien, was sie Sam sagen konnte.

Nach unendlichen Sekunden nickte sie schließlich und Sam richtete ihren Blick wieder nach draußen.

Gut, wenn er überlebt hatte, dann konnte sie es ihm endlich heimzahlen!

„Sam, mir ist bewusst, dass sich ihre Wut auf Logan richtet, doch dieser wird, sobald seine Schussverletzung ausgeheilt ist, hinter Gittern kommen und dort so schnell nicht wieder rauskommen!“, erklärte die Therapeutin.

„Das haben die Leute mir das letzte Mal auch gesagt! Wer garantiert mir, dass er nicht wieder rauskommt und mein Leben erneut zerstört? Vielleicht bringt er mich das nächste Mal um?“, fragte Sam mit ruhiger Stimme und erschrak dabei selber über die Energielosigkeit die in ihr herrschte.

„Das wird nicht geschehen, glauben sie mir!“, erwiderte die Therapeutin. Sam war sich nicht sicher, ob sie ihr glauben konnte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Kyle, dir ist klar, dass du einen Fehler begangen hast, oder?“, sagte Carly am nächsten Tag.

Er hatte ihr kurz und knapp erzählt, was er zu Sam gesagt hatte und bereute es mittlerweile. Es war seine verdammte Entscheidung was er tat. Es war sein verdammtes Leben!

„Es geht hier doch nicht immer nur um Sam verdammt! Mein ganzes beschissenes Leben ist versaut! Ich kann nie wieder Fußball spielen! Das war das Einzige, was ich in meinem Leben richtig bewerkstelligen konnte und selbst das wurde mir genommen! Verdammt Carly, ich habe jetzt wichtigere Dinge zu tun als darüber nachzudenken, was ich mit Sam mache! Sie hätte mit mir sprechen müssen! Sie hätte uns zumindest die Chance geben müssen, das zu verhindern was geschehen ist, aber das hat sie nicht! Ich hab es satt immer zu kämpfen, mich zu beweisen und zu zeigen, dass ich eigentlich gar kein so schlechter Mensch bin! Ich hab es satt und jetzt, nach Jahren, möchte ich mich endlich mal nur auf mich selber konzentrieren!“, Kyle schrie beinahe und erschrak Carly damit zutiefst. Er war immer so gefasst gewesen in den letzten Jahren und so kannte Carly ihren Bruder so gar nicht mehr.

Kyle blickte zur Seite, weil er den Mitleiderfüllten Blick aller anderen einfach nicht länger ertragen konnte. Sie konnten ihm alle gestohlen bleiben! Er brauchte niemanden, der Mitleid mit ihm hatte und erst Recht, brauchte er niemanden der dachte er wäre nicht gut genug. Ungeachtet dessen, was Sam am Vortag noch zu ihm gesagt hatte, hatte er beschlossen, sich auf sich selber zu konzentrieren. Ordnung in sein Leben zu bringen. Was mit Sam war, das würde er dann irgendwann entscheiden.  

64. Kapitel: „Wie geht es dir…“

6 Wochen später….

 

 

Sam betrat ihre kalte Wohnung nach sechs Wochen das erst mal wieder. Nichts von der Vertrautheit, die sie stets verspürt hatte, wenn sie nachhause gekommen war, war mehr vorhanden. Sie war aus ihrem normalen Leben gerissen worden und Logan hatte ihr mit dieser Entführung so viel mehr genommen, als er es damals getan hatte.

Sam hatte immer gewusst, dass sie anders war, als all die anderen Menschen um sie herum, doch ihr war nicht klar gewesen, wie sehr sie sich selber damit im Weg gestanden war in den letzten Jahren. Sie war unehrlich zu sich selber, jedoch vor allem zu den Menschen die ihr wichtig waren, gewesen und das konnte sie nicht mehr rückgängig machen. Sie konnte es jedoch auch nicht ändern, denn nach Logans erneutem Auftauchen und den Geschehnissen, konnte sie sich nicht vorstellen sich noch einmal in ihrem Leben jemandem zu öffnen. Sie hatte es bei Kyle getan, so sehr es ihr möglich gewesen war, doch Kyle wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben.

Sie ließ ihre Tasche geräuschvoll auf den Holzboden fallen und ging in die Küche. Eine feine Staubschicht lag über sämtlichen Möbeln, kein Wunder nach sechs Wochen der Unberührtheit.

Nach dem sie aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hatte sie ihre Sachen gepackt und war zu ihrer Tante Shelby gezogen. Sie hatte so weit wie nur möglich von alldem weg sein wollen. Vor allem jedoch hatte sie den Gedanken, in der selben Stadt wie Logan zu sein, nicht weiter ertragen. Sie war geflüchtet, davon gelaufen von all den Bösen jedoch auch Guten Dingen ihres Lebens. In den letzten sechs Wochen, hatte sie zu niemandem, außer Janine Kontakt gehabt und jetzt, da sie wieder zurück in Hiltons war, spürte sie, wie ihr altes Leben sich verabschiedet hatte. Alles, was sie sich irgendwie aufgebaut hatte, war ihr entglitten und alles, von dem sie gedacht hatte es würde ein fester Bestandteil ihres Lebens bleiben, war fort.

Sie ging durch die Wohnung, während ihre eigenen Schritte auf dem Holzboden wiederhallten, und blickte sich um. Ihr erschien alles so unglaublich fremd und sie wusste nicht, wie sie wieder die Kontrolle über ihr Leben bekommen sollte. Die Sache mit Kyle nahm sie mit, ja, doch vielmehr nahm sie alles andere mit, was ihr entglitten war. Sie war zufrieden mit sich selber gewesen, hatte sich, so sehr es ihr möglich gewesen war, wohl in ihrer Haut gefühlt. Neben Logan, der ihr all das genommen hatte, hatten ihr das die Fußballer, die Cheerleader, ihre Freunde und vor allem Kyle jedoch auch genommen. Sie hatten ihr vor Augen geführt, wie unglaublich daneben sie eigentlich gewesen war.

Sie war ständig vor der Realität davon gelaufen, hatte sich geweigert sich einzugestehen, dass sie, genauso wie andere Menschen auch, dringend Hilfe brauchte. Hilfe von allen Seiten und in allen Bereichen ihres Lebens. Sie hatte Angst davor gehabt, sich einzugestehen, dass all das, was sie als gut abgetan hatte, eigentlich gar nicht so gut gewesen war. Und jetzt stand sie vor einem Scherbenhaufen, der ihr einstiges Leben symbolisierte und fragte sich, wer sie eigentlich war!

Mittlerweile war Sam am Fenster angelangt und blickte hinaus in den verregneten Herbsttag. Der Sommer, der sie all ihrer Schwächen bewusst gemacht hatte, war vergangen und an dessen Stelle war ein Herbst getreten, der mit seinem auf und ab nicht besser zeigen konnte, wie es in ihrem Leben aussah.

Sie hatte sich in den letzten sechs Wochen weiterhin einer Therapie unterzogen, diese jedoch durch ihre Heimreise wieder abgebrochen. Sie hatten viele Themen besprochen, die in den letzten Jahren geschehen waren und die Sam zu dem hatten werden lassen, was sie heute war. Sam war sich durchaus ihrer Schwächen bewusst geworden doch wirklich Wege, diese Schwächen zu beseitigen, hatten sie nicht gefunden. Und so stand Sam nun da und fragte sich, was sie als nächstes tun sollte? Was eigentlich ihr Ziel war, worauf sie hinarbeiten wollte? Sie fühlte sie verloren im leeren Raum und hatte keinen Halt, nichts, woran sie sich klammern und hochziehen konnte. Nicht einmal mehr Kyle, zu dem sie keinerlei Kontakt mehr gehabt hatte in den letzten Wochen! Sie konnte es ihm nicht verübeln, denn wenn sie an seiner Stelle gewesen wäre, dann hätte sie vermutlich genauso gehandelt! Wenn sie es recht bedachte, hätte sie wohl doch nicht so gehandelt, sie hätte ganz anders reagiert. Sie hätte schlimmer reagiert, sie hätte ihm sämtliches Übel der Welt angedichtet, während er einfach nur wahre Worte ausgesprochen hatte. Niemand war bisher so ehrlich mit ihr gewesen.

Janine war es nicht gewesen, weil sie, nach all den Jahren immer noch das Gefühl hatte, dass Sam ihre Gründe hatte so zu sein wie sie nun einmal war, und andere Menschen hatte es nicht gegeben die lang und auch oft genug ihren Weg gekreuzt hätten.

Die Gedanken an Janine führten Sam zu dem eigentlich Grund ihrer Rückkehr. Dieses Wochenende stand Janines Hochzeit an und Sam war nach wie vor die Trauzeugin ihrer besten Freundin! Dies würde das Zeichen setzen und Sam wieder in ihr altes Leben stoßen nur wusste sie nicht, wieviel davon noch übrig sein und wie dieses aussehen würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Du machst wirklich sehr gute Fortschritte!“, sagte Kathy, die neben Kyle stand und ihn  zu seinen Übungen motivierte.

Kyles Leben war anders verlaufen, als er es geplant hatte. Er war nach wie vor wütend, doch er war nicht mehr wütend auf Sam. Sam war nicht diejenige gewesen, die auf ihn eingeschlagen hatte, sie war nur diejenige gewesen, die nicht ehrlich zu ihm gewesen war, was jedoch nicht minder enttäuschte.

„Na, wenn du das sagst!“, meinte Kyle trocken und sah Kathy dabei zu, wie sie die riesige Bandage wieder um sein Bein wickelte und diese schließlich befestigte.

Er hatte tatsächlich sehr gute Fortschritte in seiner Genesung gemacht und so hatte er vor knapp einer Woche mit Reha begonnen, die ihm zumindest einen Teil seiner Beinleistung zurückbringen sollte. Sicher war jedoch, dass er nie wieder Fußball spielen könnte. Die Verletzungen in seinem Bein waren zu gravierend gewesen! Neben seinem Bein hatte Logan ihm auch noch ein paar Rippen gebrochen, die jedoch, nachdem er sich die letzten Wochen ruhig verhalten hatte, einigermaßen gut verheilt waren.

Boxen dürfte er damit zwar nach wie vor nicht, doch zumindest hatten die Schmerzen aufgehört, die zwar mittels Schmerztabletten eingedämmt, jedoch nicht vollkommen unterdrückt werden konnten. So war ihm also von dem Vorfall von vor sechs Wochen nichts mehr außer seinem mittlerweile vergibsten Bein, der Schiene und Krücken geblieben, auf die er angewiesen war um sich überhaupt von A nach B zu bewegen. Er hasste das Gefühl der Schwäche, das ihn tagtäglich überkam und gleichzeitig schien es ihm so, als wäre dieser Vorfall, diese Verletzung ,das rettende Ufer in seinem Leben gewesen. Es war seltsam gewesen, als er sich dies das erste Mal eingestanden hatte, doch desto länger er sich mit diesem Gedanken auseinandersetzte, desto mehr sah er ein, dass Fußball eben nicht das Einzige gewesen war, was ihn ausgemacht hatte auch wenn er das immer geglaubt hatte.

Er hatte sich so lange eingeredet, dass er nichts besser konnte als Fußball zu spielen! Er vermisste es! Sehr sogar! Doch gleichzeitig hatte er das Gefühl, dass er Fesseln, von denen er gar nicht gewusst hatte, dass sie angelegt waren, abgesprengt hatte. Er vermisste das Fußball spielen abgöttisch, doch irgendwie hatte er festgestellt, wie etwas, von dem er geglaubt hatte, dass es unabdingbar in seinem Leben gewesen war, auf einmal doch nicht so unverzichtbar war. Denn er lebte noch. Er lebte weiter. So normal es ihm möglich war.

„Wir sehen uns in zwei Tagen wieder! Und lass dich nicht unterkriegen Kyle. Immerhin kannst du jetzt endlich mit den Krücken gehen, ohne Schmerzen zu haben und auch dein Bein wird sich wieder erholen!“, hörte er Kathy sagen, die sich gerade einen Pulli überzog und den Reisverschluss davon zuzuog, während Kyle seine Krücken in die Hand nahm und sich hochhievte, wohlweislich darauf bedacht, sein rechtes Bein dabei zu schonen.

Er spürte ein ziehen und kniff einen Augenblick lang die Augen zusammen bevor er auf Kathys Äußerungen etwas entgegnete.

„Ja, vermutlich hast du Recht! Ich bin es nur nicht gewohnt, abhängig von anderen zu sein! Vielleicht sollte ich mich daran gewöhnen, dass auch ich mich mal auf andere verlassen muss!“, sagte er und Kathy lächelte.

„Ja, es ist immer schwer sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht! Kyle du hast viele tolle Freunde, die dich unterstützen also versprich mir einfach, dass du dich nicht unterkriegen lassen wirst. Dein Bein wird sich erholen, vielleicht nicht so sehr, dass du wieder Fußball spielen kannst, aber zumindest so sehr, dass du nicht eingeschränkt bist in deinem Leben. Du musst nur für dich feststellen, was es anderes in deinem Leben gibt, was dich erfüllt!“, erklärte ihm Kathy und nahm seine Sporttasche, in welcher sich Handtücher, Wasser, Schmerztabletten und eine Jacke befanden, in die Hand. Es ärgerte ihn zutiefst, dass er diese Tasche nicht selber nehmen konnte, doch sagte er nichts.

„Nur, dass ich in den letzten Jahren nichts anderes gemacht habe als Fußball zu spielen!“, erwiderte er, bekam jedoch keine weitere Antwort mehr von Kathy.

Sie hielt ihm die Tür auf und er humpelte mit seinen Krücken hindurch. Sobald er nach draußen trat, entdeckte er Simmons, der auf der untersten Stufe stand und sich gerade mit einem Mädchen unterhielt, welches aussah, als könne sie ein Erstsemester sein! Das College hatte wieder begonnen und so liefen hunderte, wenn nicht sogar tausende, Studenten durch die Stadt. Hiltons war wieder von Leben erfüllt, während Kyle selber so viel Lebensfreude verloren hatte. Er fühlte sich einfach nicht mehr vollwertig, auch wenn er wusste, dass das Schwachsinn war. Die Menschen um ihn herum, hatten ihn ja nicht nur wegen seinen Fußballkünsten gemocht oder auch geliebt, sondern wegen dem, was und wer er war.

„Hey Simmons!“, sagte Kyle und unterbrach Simmons gerade dabei, wie er eine Strähne des blonden Haares des Mädchens zwischen seinen Fingern hindurchgleiten ließ. Bei Kyles Worten, blickte Simmons auf und ließ das Mädchen prompt links liegen.

„Hast du heute Dienst oder was?“, sagte Kyle trocken und würdigte das Mädchen keines Blickes.

Simmons zuckte mit den Schultern und lächelte dabei. „Keine Ahnung, wir sind durcheinander gekommen und da Danny keine Zeit hatte, Goalie etwas erledigen musste wegen seinem baldigen Umzug und Martins Alte mal wieder rumgestänkert hatte hab ich gesagt ich hol dich ab!“, erklärte Simmons.

„Dass ich euch schon etwa hundert Mal gesagt habe, dass ich niemanden von euch brauche interessiert euch nicht im geringsten, oder?“, erwiderte Kyle, während er eine Stufe nach der anderen nach unten wanderte. Kathy, die immer noch seine Tasche in der Hand hielt, folgte ihm und streckte sie schließlich Simmons entgegen, der sie auch annahm und sich sofort über die Schulter schmiss. Mit einem eindeutigen Blick sagte er „Vielen Dank Kathy, du bist einfach der Wahnsinn!“, und zwinkerte Kathy zu.

„Du weißt, dass ich nicht an Männern interessiert bin, oder? Du hast mir doch die letzten drei Mal zugehört als ich dir das gesagt habe!?“, fragte Kathy Simmons, doch dieser reagierte, wie die Male davor auch, nicht sondern stellte sich Kathy offenbar gerade nackt in seinem Bett vor. Wenn Kyle sich nicht irrte, sah er sogar ein klein wenig Sabber!

„Vergiss es Kathy, du kannst es ihm noch hunderttausend Mal sagen, er hört dir ja doch nicht zu! Also wir sehen uns!“, sagte Kyle und humpelte davon. Simmons würde schon noch feststellen, dass er weg war und dann wäre er sowieso in null Komma nichts wieder neben ihm. Jeder konnte ihn jetzt ohne Probleme einholen und ihn mit dem lächerlichen Mitleid überhäufen, welches er doch als allerletztes haben wollte.

Gerade als er diesen Gedanken beendet hatte, hörte er auch schon Simmons neben sich plappern.

„Was hat Kathy nur für ein Problem?? Ich meine, sieh mich an! Ich bin heiß!“, fragte Simmons Kyle.

„Simmons, sie ist lesbisch!!“, erklärte Kyle ihm, so wie die letzten Male auch, doch Simmons sah das offenbar nicht so eng.

„Ach was, das lässt sich doch ändern!“, erwiderte er und schmiedete offenbar gerade einen Plan der, so wie all die anderen Pläne zuvor, mit Sicherheit auch wieder schief gehen würde.

In diesem Moment kam Kyle die Erinnerung an den Abend, als Sam ihr Treffen mit Derek in der Bar gehabt hatte und Simmons Derek hatte loswerden wollen, indem er Derek vor Augen führte, wieviele geile Typen Sam eigentlich haben konnte. Der Plan hatte natürlich nicht funktioniert, doch damals war es zu diesem unglaublichen Kuss gekommen der ihm durch Mark und Bein gegangen war und der ihm damals schon hätte zeigen müssen, dass er für Sam viel mehr empfand, als er sich zu diesem Zeitpunkt eingestanden hatte.

Wie als hätte Simmons seine Gedanken lesen können, fragte er plötzlich „Hast du eigentlich noch was von Sam gehört?“, und mit der Aussprache ihres Namens beschleunigte sich Kyles Puls.

„Nein, du?“, antwortete er ruhig und wartete gespannt darauf, ob irgendjemand von den Jungs mit Sam gesprochen hatte. Seit sechs Wochen war sie wie vom Erdboden verschluckt und langsam aber sicher begann Kyle, sich Sorgen zu machen auch wenn er eigentlich mit diesem Thema hatte abschließen wollen.

„Ne, niemand von den Jungs hat mir ihr geredet. Ihr Handy ist ausgeschaltet und auch aus Janine ist nicht wirklich was rauszubekommen.“, erklärte Simmons nachdenklich.

„Weißt du, was ich mich die ganze Zeit schon frage?“, fügte er hinzu und sah zu Kyle hinüber.

„Was denn?“

„Naja, warum Sam damals einfach abgehauen ist! Sie hat sich von niemandem verabschiedet, ist einfach untergetaucht! Ich weiß, ihr habt echt ne krasse Scheiße durchgemacht, aber warum distanziert sie sich von uns allen so?“, formulierte Simmons seine Gedanken und versetzte Kyle damit ein schlechtes Gewissen.

Kyle hatte niemandem von dem Gespräch zwischen ihm und Sam erzählt und dies aus zwei Gründen: Zum einen, wollte er den anderen nicht erklären, warum er Sam weggeschickt hatte zum anderen, ging es sie einfach nichts an, was zwischen ihnen gelaufen war. Doch die Fragen der Spieler häuften sich und Kyle hatte langsam keine Energie mehr, um ihnen aus dem Weg zu gehen. In diesem Augenblick hatte er jedoch auch nicht die Kraft, offen mit Simmons darüber zu sprechen und so machte er es, so wie sonst auch, nur mit sich selber aus. Doch wusste er eines genau: Das schlechte Gewissen, weil er Sam nicht aufgehalten hatte, abzuhauen, nagte immer noch schwer an ihm. Sie hatte furchtbares durchgemacht und er war nur mit seiner Wut beschäftigt gewesen. Nach wie vor konnte er nicht verstehen, warum Sam ihm nicht einfach all das erzählt hatte, doch mit jedem Tag, den sie länger verschwunden war, wurden diese Vorwürfe weniger und an ihre Stelle trat das Bedürfnis nach Antworten.

„Ich weiß es wirklich nicht! Keine Ahnung, warum sie einfach verschwunden ist!“, antwortete Kyle auf Simmons Frage hin und sprach damit zumindest einen Teil der Wahrheit aus. Sie hatte ihm damals gesagt, dass sie zu ihrer Tante wollte, doch er hatte nicht geahnt, dass sie dadurch vollkommen untertauchen würde! Er hatte geglaubt, dass sie bald wieder da sein würde, doch bis jetzt hatte er kein Lebenszeichen aus der Wohnung über ihm gehört.

„Sie hat sich nicht einmal von dir verabschiedet Mann! Das ist echt krass!“, sagte Simmons, der wohl schon immer geglaubt hatte, dass aus Sam und Kyle ein Paar werden würde. Dass er falsch gelegen hatte, machte ihm echt zu schaffen.

Jetzt, da Simmons das Thema ansprach, konnte Kyle entweder ignorieren, was sein Freund gerade gesagt hatte oder er konnte ihm zumindest diese eine Tatsache zugestehen. Er entschied sich dafür zu schweigen.

Sam schwirrte immer noch sehr oft in seinen Gedanken umher, doch die Gefühle die ihn dabei überkamen, waren mehr als nur gemischt. Manchmal erschreckten ihn die Reaktionen selber. Das eine Mal spürte er die heiße Wut in sich aufkochen, ein anderes Mal vermisste er sie wie nichts anderes auf der Welt.

„Naja, ich hoffe auf jeden Fall, dass sie bald wieder auftaucht. Keine Ahnung, sie ist irgendwie ein Teil von uns geworden und ohne sie, ist es nicht so wie sonst!“, sagte Simmons der so offen und ehrlich über die Dinge sprechen konnte, die ihn beschäftigten, dass Kyle sich oftmals dabei ertappte, eifersüchtig auf ihn zu sein.

Alles was geschehen war, lag jetzt sechs Wochen zurück. Es erschien ihm wie eine Ewigkeit und dennoch hatte er heute noch die Bilder vor seinem inneren Auge, wie Logan auf ihn eingeschlagen hatte. Er spürte heute noch die Schmerzen, die er damals gehabt hatte und spürte auch heute noch in manchen Momenten diese Machtlosigkeit, die er doch eigentlich nie wieder spüren wollte.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Ich hab dich so vermisst!“, sagte Janine, als sie Sam an sich drückte und sie nicht wieder losließ. Sam hatte ihre beste Freundin auch vermisst, doch jetzt schien sie nicht bereit für das Zusammentreffen zu sein und so drückte sie ihre Freundin nach kurzer Zeit von sich und lächelte so gut es ihr möglich war. Janine wusste genau, was in Sam vor sich ging, sprach es jedoch nicht an. In diesem Moment war sie einfach nur froh, ihre Freundin endlich wieder in der Nähe zu haben und nichts sollte diesen Moment trüben.

Henry stand dicht hinter Janine und trat jetzt nach vorne, um Sam ebenfalls kurz zu drücken. Er drückte ihr einen kurzen Kuss auf den Kopf und murmelte etwas, das sich nach „Schön dich wieder hier zu haben!“, anhörte. Kurz danach ließ er Sam wieder los, wofür sie ihm dankbar war.

„Kommt doch rein! Wollt ihr was trinken?“, fragte Sam, während sie in die Küche ging um ein wenig Abstand zu schaffen. Janine und Henry begaben sich währenddessen ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die Couch setzten und dann etwas zu trinken ablehnten. Als Sam mit einem Glas Wasser für sich selber ins Wohnzimmer zurück kam, blieb sie kurz stehen. Janine und Henry saßen auf der Couch, der Platz der noch frei war, war also der Sessel, auf dem Kyle stets gesessen war. Kurz sah Sam die vielen Male vor sich, bei welchen Kyle sich so selbstverständlich in diesen Sessel hatte fallen lassen, als hätte er ihn schon vor Jahren für sich reserviert. Es war sein Sessel gewesen, selten hatte jemand anderer dort Platz genommen und wenn es doch vorgekommen war, so hatte es sich einfach nur falsch angefühlt. Einen kurzen Moment überlegte Sam, ob sie sich wirklich dorthin setzen konnte, entschied sich jedoch dagegen und so stellte sie das Glas auf den Tisch und ließ sich auf den Teppich nieder. Janine und Henry bemerkten sehr wohl, was Sam tat, doch auch darüber schwiegen sie einfach.

„Wie geht es dir?“, fragte Janine stattdessen und lehnte sich ein wenig nach vorne.

„Naja, es könnte besser sein, aber die Therapie hat mir auf jeden Fall geholfen über das Gröbste hinweg zu kommen!“, antwortete Sam wahrheitsgetreu.

„Das ist gut!“, sagte Janine und dann senkte sich die Stille über die drei.

„Naja, es wird aber wohl noch ein wenig dauern, bis ich wieder die Alte bin!“, erläuterte Sam, nachdem sie die Stille nicht länger aushalten konnte. In der Luft hing die Frage, welche alte Sam sie wieder sein würde? Die Sam, die sie vor über vier Monaten gewesen war, oder die Sam, die sie vor dem Vorfall mit Logan gewesen war. Zwischen diesen beiden Personen lagen Welten, das wusste Sam. Das wussten aber auch Henry und Janine.

„Aber lasst uns dieses Thema jetzt einfach vergessen. Es bringt nichts, ständig in der Vergangenheit zu leben! Also wie sieht es mit eurer Hochzeit aus? Was kann ich tun?“, fragte Sam gespielt fröhlich. Ihre beste Freundin wollte den besten Mann für sie heiraten und dies sollte, Sams Meinung nach, auch im Mittelpunkt stehen. Über alles andere, hatte sie schon so viel und so häufig gesprochen, dass sie eigentlich der Meinung war, dass es langsam reichte.

Janines Gesichtsausdruck hellte sich ein wenig auf und obwohl Janine sehr genau wusste, dass Sams gute Laune nur gespielt war, so wusste sie es sehr zu schätzen, dass Sam jetzt für sie da sein wollte und dies wollte sie ihr auch nicht nehmen und so begann Janine Sam von der Hochzeit zu erzählen, wie der Tag ablaufen sollte und Sams Rolle darin. Sie erläuterte die Sitzordnung, zeigte Sam die Gästeliste und bemerkte Sams erleichterten Gesichtsausdruck. Ein kleines Stück Normalität kehrte ein und obwohl jeder einzelne wusste, dass es noch ein langer Weg sein würde, bis die Normalität vollends wieder zurückkehrte so war doch auch jeder einzelne froh, dass der Grundstein dafür gelegt war. 

65. Kapitel: „Ich habe immer noch Albträume…“

Sam tanzte gerade mit Billy, dem popligen Trauzeugen von Henry, den er zu seiner Zeit von Janines Mom aufs Auge gedrückt bekommen hatte und obwohl Sam ihn noch nie hatte ausstehen können so musste sie zugeben, dass er sich in den letzten Jahren ziemlich gemausert hatte. War er früher ein Ekelpaket gewesen, so hatte er sich mittlerweile zu einem äußerst höflichen und netten Menschen entwickelt, der jedoch nichts in Sam rührte. Nicht so, wie es Kyle getan hatte. Sie konnte es einfach nicht verhindern, dass ihre Gedanken zu Kyle schweiften, denn eigentlich hatte sie geglaubt, dass sie diesen Tag mit ihm verbringen würde. Sie hatte gehofft, ihn als ihre Begleitperson mitnehmen zu können, sie hatte gehofft mit ihm einen schönen Tag verbringen zu können, doch stattdessen war sie alleine aufgetaucht. Dafür konnte sie sich voll und ganz auf die Braut konzentrieren, die einfach wunderschön an diesem, ganz besonderen Tag für sie, aussah.

„Du schaust den ganzen Tag schon so traurig, was ist denn los mit dir?“, fragte Billy, während er sie über die Tanzfläche führte.

„Ach gar nichts, ich bin im Allgemeinen keine sonderliche Frohnatur!“, antwortete Sam gespielt fröhlich.

„Ja das hab ich auch schon bemerkt! Früher warst du nicht so.“, erklärte Billy, der sie anlächelte.

„Doch ich war eigentlich schon immer so drauf, nur konnte ich es damals vermutlich einfach besser überspielen““, erwiderte sie während sie sich von ihm in eine Drehung verwickeln ließ. Als sie wieder bei ihm ankam, legte er seine Hand wieder auf ihren Rücken und drückte sie enger an sich. Sam fühlte sich nicht unwohl, jedoch fühlte sie sich ein wenig gefangen. Es fühlte sich falsch an, obwohl sie wusste, dass sie niemandem verpflichtet war. Sie konnte tun und lassen was sie wollte, eigentlich.

Sie ließ sich nichts anmerken und tanzte noch einige Minuten lang weiter, bevor sie sich von ihm löste und ihm mitteilte, dass sie sich etwas zum trinken holen würde. Sie musste dringend ein wenig an die frische Luft. Den ganzen Tag schon fühlte sie sich, dank dieses absurd engen Kleides, eingeengt und jetzt im Moment hatte sie das Gefühl, als könne sie nicht vernünftig atmen. Sie schnappte sich eines der Sektgläser beim vorbei gehen und stürmte durch die große Eingangstür zur Halle. Ihre Schritte hallten auf dem Marmorboden der Eingangshalle wieder und kurz darauf befand sie sich an der kühlen Luft des sonnigen Herbsttages.

Sie hob das Glas an ihre Lippen und leerte es in einem Zug, dann blickte sie auf. Vor ihr stand eine Person, mit der sie ganz und gar nicht gerechnet hatte und mit sofortiger Wirkung beschleunigte sich ihr Puls um das gefühlt zehnfache, während sie das Glas zunächst sinken und schließlich fallen ließ. Das Geräusch des zerbrechenden Glases hallte in der Stille doch es interessierte sie gar nicht. Einzig und alleine Dennis, der vor ihr stand, in einem Anzug, mit schuldbewusstem jedoch traurigem Blick, interessierten sie in diesem Moment. Sie wusste nicht genau, was sie tun sollte. Sollte sie Angst bekommen und abhauen, sollte sie zu ihm gehen und ihn zu Tode prügeln, oder sollte sie ihm insgeheim auch dankbar dafür sein, dass er Kyle vor dem sicheren Tod bewahrt hatte. Keiner der beiden sagte etwas, beide standen da und sahen sich lediglich an. Tausende Gedanken gingen Sam gerade durch den Kopf, tausende Gedanken von denen sie keinen einzigen fassen und aussprechen konnte. Und trotz dieser tausenden Gedanken, herrschte irgendwie eine Leere in ihrem Kopf. Ihr wurde heiß und kalt gleichzeitig, als sie in Dennis‘ Augen blickte, die denen von Logan so ähnlich waren. Nur waren sie wärmer und der Wahnsinn zeichnete sich darin nicht ab. Eine Gänsehaut überzog Sams gesamten Körper und gleichzeitig lähmte sie sein Anblick am Fuße der Treppe.

Sie sah ihn vor sich, mit der Waffe in der Hand. Wie er aus geweiteten Augen das Szenario in dem Zimmer betrachtete. Wie Kyle in der einen Ecke lag, blutüberströmt und bewusstlos, Sam auf dem Boden an diesen Stuhl gefesselt, Logan auf dem Boden, die Hände auf seinen Bauch gepresst. Sie sah alles ganz genau, war in diesem Moment gefangen, den sie so unglaublich gerne vergessen hatte wollen.

Sie zwang ihren Körper dazu, einige Schritte rückwärts zu gehen und wandte sich schließlich ab. Egal was Dennis hier wollte, sie wollte es nicht wissen. Sie musste sofort weg von hier, von ihm, denn ansonsten konnte sie nicht garantieren weiterhin aufrecht stehen zu können. All diese schlimmen Erinnerungen kamen gerade in Dennis zusammen. Er war derjenige gewesen, der ihr und Kyle das Leben so schwer gemacht hatte, der seinen besten Freund links liegen lassen hatte, der ihre Beziehung hatte zerstören wollen, der sie gewarnt hatte vor Feinden, der ihr nicht alles gesagt hatte und der schließlich doch noch alle gerettet hatte. Er wäre der Held in dieser Geschichte, obwohl er vorher so viel falsch gemacht hatte. Er hatte damals nicht zugeschlagen, sondern das hatte Logan getan, doch insgeheim gab Sam Dennis die Schuld daran. ER war es gewesen, der das alles zu verschulden hatte und nicht sie!

„Sam, bitte warte!“, hörte sie ihn sagen und erstarrte. Seine Stimme klang so anders, als sie es früher getan hatte. Sie hörte sich gequält an, von Leid zerfressen und schuldbewusst an. Alles zur selben Zeit.

Sie fragte sich, warum er hier aufgetaucht war und woher er überhaupt gewusst hatte, dass sie hier war!

„Bitte!“, sagte er erneut und Sam drehte sich langsam um, obwohl ihr Verstand ihr eigentlich sagte, sie solle es nicht tun. Sie solle weglaufen, sie solle ihn hinter sich lassen; ihn und seinen Bruder und damit gekoppelt ihre eigene Vergangenheit. Doch ihr Körper wusste es anscheinend wie immer besser, denn trotz all dieser Dinge, wandte sie sich weiter um und bemerkte, wie Dennis langsam die Treppe hinauf kam. Erst jetzt sah sie, dass er blass wirkte. Das auch er nur noch ein Schatten dessen darstellte, was er einst gewesen war und mit dieser Feststellung fiel ihr auf, dass nicht nur sie ihr altes Leben verloren hatte sondern auch er. Egal was er getan hatte, er war nicht derjenige gewesen, der sie gefangen genommen und zugeschlagen hatte, dass musste sie sich erneut eingestehen.

Ihr Körper zitterte weiterhin unkontrolliert, Dennis hingegen kam weiter auf sie zu bis er schließlich einige Stufen unter ihr stehen blieb.

„Sam, wie geht es dir?“, fragte er plötzlich und brachte Sam damit vollkommen durcheinander.

„Wie soll es mir schon gehen? Dein Bruder hat mein Leben zerstört, also kann man wohl mit fug und recht behaupten, dass es mir beschissen geht!“, entgegnete sie und hörte sich seltsam selbstsicher an. Zum Glück konnte Dennis nicht in ihr Inneres sehen.

„Das kann ich verstehen…“, meinte Dennis und blickte auf den Boden hinab, so als könne er Sam nicht länger in die Augen sehen.

„Du kannst das verstehen??“, schrie Sam plötzlich und wurde selber überrascht davon. Dennis blickte auf, als habe er nichts anderes erwartet.

„Ja, ich kann das verstehen!“, wiederholte er und machte sich offenbar auf den Ausbruch gefasst, den Sam, selbst wenn sie es gewollt hätte, nicht mehr zurückhalten konnte.

„Dein verdammter Bruder hat mir alles genommen, was ich mir erarbeitet habe und DU hast ihm dabei geholfen! Er hat mir das Vertrauen in die Menschen nicht nur einmal sonder ein weiteres Mal gestohlen, hat mein Leben zerstört! Ich bin ein Wrack Dennis und das nur, weil Logan irgendeine kranke Vorstellung von uns beiden hatte! Du hast gewusst was er vorhat und du hast es niemandem erzählt! Du hast zugelassen, dass er Kyle das Einzige nimmt, was er geliebt hat! Fußball war sein Leben Dennis, das weißt du wohl am besten, schließlich war Kyle dein bester Freund! Du alleine bist schuld daran, dass es so weit gekommen ist, denn wenn du einfach nur ehrlich gewesen wärest, dann wäre das alles niemals so weit gekommen!“, trotz der Härte ihrer Worte, wich Dennis keinen Schritt zurück, stattdessen blickte er zu ihr hinauf und ließ sie alles raus lassen, was sich in ihr angestaut hatte.

„Du hast mich von Anfang an gehasst, du hast mir keine Chance gegeben! Hättest du mich gefragt, dann hätte ich dir alles erklärt! Wie es wirklich gewesen ist, stattdessen hast du mich wie Dreck behandelt! Dass du uns da raus geholt hast, macht die Sachen die du falsch gemacht hast, nicht wieder gut Dennis! Das werde ich dir niemals verzeihen können! Ich werde dir niemals verzeihen können, dass ich ein Wrack bin, dass ich nie wieder mit Kyle zusammen sein kann und ich werde dir erst Recht nicht verzeihen, dass du Kyles Leben und seine Zukunft zerstört hast! Warum hast du nichts gesagt?? WARUM??“, fragte Sam ihn jetzt und ließ sich auf  die Stufe sinken, um sich hinzusetzen. Sie spürte den kalten Stein durch ihr dünnes Kleid hindurch, doch ihre Beine konnten sie nicht länger tragen.

„Weil er mein Bruder war!“, antwortete Dennis ruhig. „Weil ich ihn geliebt habe, weil er die einzige Familie ist die mir geblieben ist und weil er nicht an allem schuld ist! Er ist krank, da hast du Recht, und ich habe das einfach nicht wahrhaben wollen. Er war im Knast Sam, fünf geschlagene Jahre war er im Knast und ich war einfach nur froh, ihn wieder zu haben! Ich habe wirklich nicht gewusst, was er vorhat und auch habe nicht geahnt, zu was er im Stande ist!“

Sam wusste nicht, was sie darauf antworten sollte und so blickte sie einfach nur zu Dennis hinauf, der nach wie vor einige Stufen weiter unten stand und sie jetzt so ansah, als würde er alles tun um das, was geschehen war, ungeschehen zu machen. Doch dazu fehlte ihm die Macht!

„Warum bist du hier Dennis? Woher wusstest du überhaupt wo du mich finden kannst?“, fragte Sam, während sie sich die Hände über das Gesicht legte und ihre Ellbogen auf den Beinen abstützte so als könne sie dann alles vor sich verbergen, was sie nicht sehen und hören wollte. Was sie nicht fühlen und denken wollte.

„Ich bin hergekommen, weil ich mich bei dir entschuldigen wollte. Ich wollte dir erklären, warum ich so gehandelt habe, wie ich es getan habe und ich wollte herkommen, weil ich glaubte, es dir schuldig zu sein.“, antwortete er und ging schließlich in die Hocke. Sam blickte jedoch nicht auf sondern ließ das, was sie gerade gehört hatte, sacken.

„Ich will keine Entschuldigung von dir Dennis. Ich will dich oder Logan einfach nie wieder in meinem Leben sehen! Ich habe keine Kraft mehr dafür, mich mit diesen Dingen noch länger auseinander zu setzen. Das Einzige was ich möchte, ist endlich ein neues Leben zu beginnen. Ein Leben frei von Fehlern die ich oder andere in meinem Leben begangen haben und die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Ein Leben frei von Dingen, die das Leben von so vielen anderen zerstören. Ich möchte einfach nur vergessen und, dass du heute hier bist, hilft mir nicht dabei! Dennis, geh bitte einfach und lass mich in Ruhe. Für immer!“, erwiderte Sam und wunderte sich einen kurzen Augenblick darüber, dass sie jetzt in diesem Moment so frei darüber sprechen konnte, was sie fühlte und was in ihr vorging. So frei, wie sonst noch niemals in ihrem Leben.

„Das werde ich, wenn du mir die Chance gibst, dir nur ein paar Dinge zu erklären!“, sagte Dennis, anstatt einfach zu gehen. Anstatt den einfachen Weg einzuschlagen und zu akzeptieren, dass Sam ihm niemals verzeihen würde.

Hinter Sam wurde eine Tür geöffnet und sie blickte auf, um zu sehen, wer hinaus gekommen war. Als sie Janine in ihrem blütenweißen Brautkleid sah, atmete sie erleichtert aus. Janine würde ihr helfen diese Situation zu überstehen, ihr zu entkommen und sie zu vergessen.

„Was ist hier los?“, fragte sie mit einem Blick auf Dennis, der ebenfalls aufgeblickt hatte und Janine nun ruhig betrachtete.

„Was tust du hier?“, fragte sie weiter und kam einen Schritt auf Sam zu, so als wolle sie sie von ihm wegzerren. Erst jetzt wurde Sam sich bewusst, wie nah sie dem Bruder ihres Peinigers eigentlich war.

„Ich bin hier, weil ich mit Sam reden wollte!“, erklärte Dennis weiterhin ruhig.

„Du hast hier nichts zu suchen Dennis! Das hier ist meine Hochzeit und ich möchte, dass du gehst oder ich rufe die Polizei!“, erklärte Janine und hörte sich dabei so an, als wolle sie Dennis am liebsten die Augen auskratzen.

„Sam, komm, steh auf. Wir gehen rein!“, sagte sie an Sam gewandt und streckte ihr die Hand entgegen. Ohne nachzudenken ergriff Sam sie, stand auf und ging ein paar Schritte. Als sie Dennis Stimme erneut hörte, kümmerte sie sich nicht darum, bis sie erkannte, was er gerade sagte.

„Logan hat damals unseren Vater getötet. Unser Vater war gerade dabei, unsere Mutter tot zu prügeln und Logan hat ihm ein Messer in den Rücken gerammt, welches ihn so stark verletzte, dass mein Vater verblutete bevor ein Krankenwagen eintreffen und ihm helfen konnte. Unser Vater hat unsere Mutter sehr oft verprügelt und Logan hat sich nach diesem Vorfall gewünscht, dass meine Mutter endlich jemanden für sich findet, der sie wirklich liebt.“, erzählte Dennis und brachte Sam und Janine dazu, nun doch stehen zu bleiben und ihm zuzuhören. Keine der Beiden hatte damit gerechnet, dass Logan und Dennis eine solche Vergangenheit hatten.

„Logan war damals 16 als das passiert ist und ab diesem Zeitpunkt begann er, sich zu verändern. Unser Vater war ein Monster, doch Logan ist trotzdem niemals damit fertig geworden, dass er schuld daran war, dass wir nun gar keinen Vater mehr hatten. Unsere Mom hat sich hingegen gleich an den nächsten Arsch geklammert, der nicht nur sie sondern auch uns scheiße behandelt hat. Irgendwann beschloss sie einen Neuanfang zu wagen, doch Logan sagte er würde nicht mitkommen. Er hatte wohl den hasserfüllten Blick unserer Mutter nicht mehr ertragen, die ihm, obwohl er uns eigentlich so sehr geholfen hatte, bis zu ihrem Todestag Vorwürfe deswegen gemacht hatte. Wir hatten nach dem Tod meines Vaters sehr große finanzielle Probleme, was auch zu unserem Umzug geführt hatte. Ich habe Logan einige Jahre lang nicht mehr gesehen gehabt, bevor er ins Gefängnis ging.“, erzählte Dennis und obwohl das, was er erzählte, nur so vor Schmerz trotzte, erinnerten sie seine Worte und sein Gesichtsausdruck an eine normale Vorlesung ihres Professors.

„Logan träumte immer von einer intakten Familie, von Menschen die ihn liebten und ihn so nahmen wie er war und irgendwann traf er dann dich. Ich weiß heute noch, wie er damals anrief und unserer Mom von einem Mädchen erzählte, welches er kennengelernt hatte. In welches er sich verliebt hatte und welches ihn auch liebte. Er hatte unserer Mutter von dem Leben erzählt, welches er sich so sehr gewünscht hatte und gehofft, ihr endlich wieder näher zu kommen. Doch Logan war schon damals krank, nur wusste ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht. Auch wusste ich es die letzten fünf Jahre nicht und erst, als er wieder aus dem Gefängnis kam und wir uns ein neues Zuhause suchten, weil meine Wohnung zu klein für uns beide war, wurde mir langsam klar, dass mit ihm etwas nicht stimmte. Da meine Mom zwischenzeitlich gestorben ist, dachte ich, dass ich wenn ich Logan nur alles geben konnte was er brauchte, ich ihm dabei helfen konnte, sich unter Kontrolle zu halten. Jetzt, im Nachhinein betrachtet, weiß ich, dass das eine absolute Traumvorstellung war, doch ich hatte einfach Angst davor, auch meinen Bruder zu verlieren und das hätte ich, wenn ich ihm gesagt hätte, er müsse sich in eine Therapie begeben. Seine gesamte Wut richtete sich auf dich. Er war fest davon überzeugt gewesen, dass du ihn liebstest und behauptete felsenfest, dass du ihn damals in den Knast gebracht hättest, obwohl er nichts getan hatte. Dies hatte er mir erzählt und dies hatte er auch Kyle erzählt. Beide hatten wir ihm geglaubt!  Ich ging davon aus, wenn ich dafür sorge, dass du und Kyle euch trennt, er die Wut von euch beiden auf etwas anderes richten würde. Ich konnte doch nicht ahnen, dass er dich verfolgen würde. Ich habe wirklich nicht gewusst, dass er zu solchen Dingen fähig wäre….“, endete Dennis.

Sam spürte Janines Hand immer noch in ihrer und war froh, dass ihre Freundin in diesem Augenblick neben ihr stand.

„Du hast mich noch vor ihm gewarnt Dennis, du musst doch geahnt haben, was er vorhat!“, sagte Sam und war überrascht, von der plötzlichen Klarheit in ihrem Kopf.

„Ja ich habe dich gewarnt, weil ich glaubte, Logan könnte etwas Unüberlegtes tun. Doch ich habe gedacht, dass er dich und Kyle terrorisieren könnte. Mit Briefen, mit Anrufen! Niemals habe ich daran gedacht, dass er dich entführen und Kyle beinahe umbringen würde!“, erklärte Dennis und obwohl Sam Dennis nicht vertraute, ihn sogar verabscheute, so glaubte sie ihm in diesem Moment. Niemand würde seinen besten Freund ins offene Messer laufen lassen, wenn man vorher wusste, dass er dies tun würde! Nicht einmal Dennis und nicht einmal für seinen Bruder.  

„Und was soll ich mit diesen Informationen jetzt anfangen? Es tut mir Leid für euch, dass ihr eine solche Vergangenheit hattet aber das macht das, was geschehen ist, noch lange nicht ungeschehen! Wenn du ehrlich gewesen wärst Dennis, dann hätten wir das alles vielleicht verhindern können!“, sagte Sam, jedoch lange nicht mehr so wütend wie sie es einige Minuten zuvor noch gewesen war. Janine hingegen blickte zwischen Sam und Dennis hin und her, unschlüssig ob sie etwas sagen konnte oder nicht. Sie entschied sich dafür, einfach den Mund zu halten und das Geschehen weiter zu beobachten.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sam hatte Recht mit dem was sie sagte. Natürlich hatte sie Recht, das wusste Dennis besser als jeder andere Mensch auf dieser Welt. Er wusste selber nicht genau, warum er dem Bedürfnis hierher zu kommen und Sam alles erklären zu wollen gefolgt war, aber jetzt war es zu spät, darüber nachzudenken, denn jetzt stand er ihr bereits gegenüber. Sie kannte seine und Logans Vergangenheit, wusste, weshalb Logan so verrückt geworden war.

„Nein, ungeschehen macht es das alles tatsächlich nicht.“, erwiderte er und sah Sam dabei tief in die Augen. Wie er sie gehasst hatte! Er hatte ihr Vorwürfe gemacht, hatte geglaubt, dass sie schuld daran gewesen war, dass sein Bruder ins Gefängnis hatte gehen müssen doch sie hatte nichts damit zu tun gehabt. Sie war das Opfer gewesen, das war ihm mittlerweile natürlich klar und nachdem sein Bruder außer Lebensgefahr gewesen war, hatte auch Logan ihm dies in einem kurzen Moment der Besinnung erklärt. Kurz darauf, war Logan wieder in seiner Psychose gelandet und in den letzten sechs Wochen nicht wieder hervorgekommen.

Dennis hatte Sam jetzt all das erklärt, was er ihr hatte sagen wollen und seltsamerweise fühlte er sich tatsächlich besser, auch wenn Sam ihn nach wie vor mit hasserfülltem Blick betrachtete.

„Du musst nur eine Sache verstehen Sam: Ich habe nichts davon geahnt! Ich hätte euch niemals so in Gefahr gebracht und ich hoffe, dass du und Kyle das irgendwann begreift.“, sagte er abschließend und wollte sich abwenden, doch Sam ergriff das Wort und brachte ihn so dazu, einfach stehen zu bleiben.

„Ich habe immer noch Albträume! Albträume die deinen Bruder betreffen, Albträume die mir die Dinge vor Augen führen, die wir damals erlebt haben. Ich sehe noch heute, wie Logan immer und immer wieder auf Kyle einschlägt, sehe wie er die Pistole ergreift und sie auf Kyle richtet. Egal was du mir hier erklärt hast Dennis, ich werde niemals auf hören dir Vorwürfe zu machen und auch, werde ich niemals aufhören deinen Bruder abgrundtief zu hassen! Also ich sage es jetzt zum letzten Mal: Halt dich fern von mir! Ich will dich und deinen Bruder nie wieder sehen!“

„Kein Problem. Logan befindet sich mittlerweile in einer Psychiatrischen Anstalt, du brauchst keine Angst mehr vor ihm zu haben!“, sagte Dennis.

„Das haben mir die Polizisten damals auch gesagt!“, erwiderte Sam kühl doch Dennis ging nicht weiter darauf ein.

„Und ich werde meine Sachen packen und weggehen. Irgendwohin wo auch ich ein neues Leben beginnen kann! Ich kann nur ein letztes Mals sagen, dass mir das alles unglaublich leid tut.“, und dies waren die letzten Worte, die Dennis jemals mit Sam wechseln würde.

Er stieg die Stufen hinab und bog nach rechts auf den Gehsteig ein, wo er, ohne sich noch einmal umzudrehen, diesem folgte bis er außer Sichtweite war.

Die Polizei hatte ein Ermittlungsverfahren gegen Dennis eingeleitet, welches jedoch bald fallen gelassen worden war. Auch hatte er sich von seinem Bruder verabschiedet, den er wohl einige Zeit lang nicht mehr sehen würde. Logan hatte ihm in seinem kurzen klaren Moment erklärt, dass er ihm dankbar dafür sei, dass er ihn aufgehalten hatte. Logan hatte niemanden ernsthaft verletzen wollen, das hatte er ihm versichert, doch Dennis konnte ihm nicht glauben. Tief in seinem Inneren war Logan immer noch der, den Dennis kannte und bereits damals war Logan unberechenbar gewesen.

Dennis hatte sich eingestehen müssen, dass es die Familie von der er geträumt hatte, nicht gab und so hatte er beschlossen, seine Zelte hier in Hiltons abzureißen und irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Er war jung, er hatte noch sein ganzes Leben vor sich.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Alles klar bei dir?“, fragte Janine Sam, die immer noch die Straße hinab blickte, in die Richtung in die Dennis verschwunden war.

„Keine Ahnung, ich fühle mich seltsamerweise erleichtert!“, sagte Sam und wunderte sich selber darüber. Dieses Gespräch mit Dennis hatte ihr die Möglichkeit gegeben, dass auszusprechen was sie nicht hatte aussprechen können! Nämlich die Dinge, die nur Logan betrafen! Dennis war ein Teil seines Bruders und ihre Wut an ihm auszulassen, hatte wirklich gut getan.

„Erleichtert?“, fragte Janine Sam stirnrunzelnd, doch diese nickte nur und das erste Mal, seit längerer Zeit erschien auf ihrem Gesicht ein richtiges Lächeln.

„Ja, ich fühle mich erleichtert….“, sagte diese erneut und drehte sich zu der Tür in ihrem Rücken um.

„Komm, lass uns rein gehen! Wir haben eine Hochzeit zu feiern und der Bräutigam wundert sich bestimmt, wo seine Braut abgeblieben ist!“, sagte Sam und streckte nun ihrerseits Janine die Hand hin, welche diese auch ergriff und so betraten beide das Gebäude mit dem gleichen Gedanken: Vielleicht bestand doch noch eine Möglichkeit, ein normales Leben führen zu können und vielleicht, würden Lügen darin keinen Platz mehr finden. 

66. Kapitel: „Oder daran, dass ein Psychopath ihn beinahe umgebracht hat…“

 

Kyle wusste sehr genau, dass Sam wieder zurück in Hiltons war, denn nach Wochen der Stille hatte er wieder Leben in der Wohnung über ihm wahrgenommen. Es war die Woche nach Janines Hochzeit und obwohl er nicht direkt eingeladen gewesen war, bereute er es mittlerweile, dass er nicht doch einfach vorbei gesehen hatte. Er hatte sich in den letzten Monaten mehr oder weniger gut mit Henry verstanden und dieser war auch zu einem Freund geworden. Auch gegen Janine hatte er nie etwas einzuwenden gehabt und sein Gefühl sagte ihm, dass Janine stets irgendwie auf seiner Seite gewesen war. Jetzt hingegen, war es bereits zu spät sich darüber einen Kopf zu machen, denn während er am Samstag in seiner Wohnung gesessen und den Anzug angestarrt hatte, denn er sich, nur für den Fall der Fälle, bereit gelegt hatte, hatte ihn der Mut verlassen. Er war sich nicht sicher gewesen, ob er schon bereit war für eine Konfrontation mit Sam, die unweigerlich stattgefunden hätte, wäre er dort aufgetaucht.

Als er das erste Mal mitbekommen hatte, dass Sam offenbar zurück gekehrt war, war ihm das Herz für einen kurzen Moment stehen geblieben und er war versucht gewesen, nach oben zu gehen und sie willkommen zu heißen. Die Versuchung hatte geendet, als ihm eingefallen war, was alles geschehen war und was Sam ihm vorenthalten hatte. Kyle konnte es nur schlecht beschreiben, was ihn eigentlich genau daran hinderte, einfach zu ihr hinzugehen und mit ihr zu sprechen, doch es war etwas großes, denn er konnte seinen Stolz einfach nicht überwinden. Sam hatte ihn verletzt, so wie es alle Frauen früher oder später taten, doch Sam hatte es nicht aus Bosheit getan sondern mehr aus Gründen, die er zwar nach wie vor nicht ganz verstehen konnte, die jedoch wahrscheinlich doch sehr tief saßen. Sam war von Anfang an ein Mensch gewesen, der sich nicht einfach so jemanden anvertraute und darin lag wohl auch das Problem, das Kyle insgeheim beschäftigte.

Er war sich sicher gewesen, dass im Laufe der Zeit, die sie beide miteinander verbracht hatten, ihre Beziehung so sehr gewachsen war, dass sie mehr oder weniger offen miteinander reden konnten, doch das hatten sie nicht getan. Das einzige Mal, dass ER wirklich offen zu sich und auch zu ihr gewesen war, war der Moment gewesen, in welchem er ihr gesagt hatte, dass er sich in sie verliebt hatte. Doch in welchem Moment, war SIE denn vollkommen ehrlich und offen zu ihm gewesen?

Die Einsicht, dass er Sam bei weitem nicht so gut kannte, wie er geglaubt hatte schmerzte ihn also wohl am meisten und hinderte ihn somit auch daran, zu ihr hinzugehen. Seinen Stolz runter zu schlucken und sich einen Ruck zu geben.

Eine weitere Sache, die ihn daran hinderte war jedoch auch das, was vor über sechs Wochen geschehen war. Er wusste nicht, wie er mit Sam darüber sprechen konnte, wenn er doch auch mit sonst niemandem wirklich darüber reden konnte. Der Tag, an dem Dennis zu ihm gekommen war hatte ihm zwar geholfen besser zu verstehen, doch hatte dieser Tag nicht wirklich dazu beigetragen, das was er erlebt hatte und was ihn wohl sein ganzes Leben lang begleiten würde, wirklich zu verarbeiten.

Dennis hatte sich bei ihm entschuldigt, hatte ihm erklärt weshalb er nicht mit ihm gesprochen hatte, hatte versucht das was geschehen war, irgendwie logisch zu erklären, doch alles was Kyle in dieser Zeit gehört hatte war, dass Dennis es bereute nicht ehrlich gewesen zu sein.

Alle in dieser Geschichte waren nicht ehrlich gewesen und diese Verlogenheit hatte nun zur Folge, dass ein dutzend Menschen unter dem litten, was passiert war. Kyles Gedanken waren so bizarr, dass er selber nicht wirklich im Stande war, ihnen wirklich zu folgen und so versuchte er sich jetzt einfach auf die Vorlesung zu konzentrieren, in welcher er gerade saß.

Das neue Semester hatte begonnen und während in Hiltons vorher alles wie leer gefegt ausgesehen hatte, sprühte es in diesen Wochen wieder vor Leben. Die Nachricht über Kyles Knieverletzung und die damit verbundene Tatsache, dass er wohl niemals wieder der Starstürmer sein würde, der er einst gewesen war, hatte seine Runde äußerst schnell gemacht und so hatte, nach kürzester Zeit, das gesamte College bescheid gewusst. Zumindest kamen nicht alle zu ihm und teilten ihm ihr Bedauern mit. Natürlich, die Blicke verrieten alles, doch er wäre nicht im Stande auch noch mit den Worten dieser Menschen, die er doch eigentlich alle nicht kannte, fertig zu werden.

Seine Stimmung war in den letzten Tagen nur mäßig gestiegen. Nur mäßig, weil er nach wie vor nicht wusste, was er eigentlich mit seinem Leben anfangen sollte, jetzt da Fußball keine wirkliche Option mehr darstellte. Er hing in der Luft und er hasste das Gefühl, dass er zu nichts wirklich gut genug war.

„Hey, ich schlaf gleich ein Mann!“, sagte Simmons, der neben ihm saß und irgendwelche Comicbilder in seinen Notizblock malte. Notizen suchte man in diesem Wirrwarr aus Mickeymäusen und Donald Ducks vergebens.

„Mir geht’s nicht anders!“, erklärte Kyle und versuchte seine Augen offen zu halten. Mr. Cranklin war nicht gerade dafür bekannt, lebhafte Vorlesungen zu halten doch dafür war er umso mehr dafür bekannt, Studenten die in seiner Vorlesung aus Versehen einnickten zur Sau zu machen.

„Wie wärs, wenn du mal wieder…na du weißt schon!“, sagte Simmons und sah Kyle dabei bittend an. Einen Vorteil hatte seine Verletzung nämlich, er konnte sich jederzeit frei nehmen, wenn er Schmerzen bekam oder seine Schiene abnehmen musste.

Kyle verdrehte die Augen, da ihm jedoch nichts besseres einfiel um aus diesem endlos erscheinenden Chaos aus Fachsimpeleien und Interpretationen unterschiedlichster Gedichte, die doch eigentlich gar nicht zu interpretieren waren, zu entkommen, hob er seinen Arm und wartete darauf, dass Mr. Cranklin ihn entdeckte. Keine zehn Sekunden später war es soweit.

„Mr. Thompson, kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?“, fragte er mit seiner philosophisch anmutenden jedoch äußerst einschläfernder Stimme und nahm dabei die Brille ab, die auf seiner Nase saß. Automatisch wanderte sie zu seinem Hemd hinunter, wo er die Brillengläser abwischte, nur um sie sich kurz darauf wieder aufzusetzen.

Kyle räusperte sich kurz und versuchte dann, einen schmerzerfüllten Blick aufzusetzen, während sich sämtliche Köpfe in dem Vorlesesaal zu ihm umwandten.

„Ähm, ja, ich müsste bitte austreten! Sie wissen schon, mein Knie…es bereitet mir mal wieder wahnsinnige Schmerzen!“, erklärte Kyle und schämte sich nur ein wenig, weil er dem armen Mr. Cranklin so offensichtlich ins Gesicht log.

„Nun, ja natürlich. Sie können gehen! Nehmen sie doch bitte jemanden mit, nicht das noch etwas passiert!“, meinte Mr. Cranklin und machte sich kurz darauf sofort daran, seine Erläuterungen fortzuführen. Neidische Blicke verfolgten Kyle und Simmons, bis sie die Tür hinter sich schlossen und Simmons einen stummen Tanz aufführte, weil er dem langweiligsten Unterricht aller Zeiten entkommen war.

„Zum Glück ist diese Verletzung zumindest für eine Sache gut zu gebrauchen!“, sagte Kyle, während er versuchte, sich seine Tasche überzuhängen. Simmons half ihm, ohne dabei irgendwas zu sagen und schlug ihm dann leicht gegen die Schulter.

„Ja Mann! Damit sind wir unbesiegbar! Meinst du, du könntest am Wochenende mit mir die Stadt unsicher machen? Ich meine, so eine Verletzung bringt uns bestimmt auch ein paar neue Kontakte zu Mädels ein, oder?“, fragte Simmons träumerisch und setzte sich dabei in Bewegung. Kyle bemühte sich, so gut es ging Schritt zu halten. Während sie durch die belebten Flure des Colleges gingen, musste er jedoch auch darauf achten, von niemandem umgestoßen zu werden.

„Um ehrlich zu sein, hab ich keinen sonderlichen Bock darauf, neue Bekanntschaften zu knüpfen!“, sagte Kyle, während er damit beschäftigt war, einem Typen auszuweichen, der seine Nase in ein Buch gesteckt hatte und wohl in eine andere Welt abgetaucht war.

„Na, du sollst ja auch keine neuen Bekanntschaften knüpfen, du sollst ja nur meinetwegen mitgehen! Ich lass mir dann irgendeine Geschichte einfallen, bei der ich als Held, oder als achso gutherziger Helfer hervorgehe und die Sache ist geritzt! Du bekommst den ganzen Abend Freibier, dafür sorge ich dann schon und ich bekomme meine Mädchen!“, erklärte Simmons, als wäre dieser Plan nicht vollkommen für die Katz. Seine Augen strahlten jedenfalls bei der Vorstellung und auch wenn es Kyle schwerfiel, so musste er doch dankend ablehnen.

„Ne lass mal. Ich hab da echt keinen Bock drauf!“, meinte er und trat durch die Tür, die die beiden nach draußen führen würde.

Es war ein sonniger Herbsttag und es herrschten angenehme 20 Grad und so genoss Kyle für den Augenblick die, womöglich letzten warmen, Sonnenstrahlen auf seiner Haut.

„Ach komm schon, da ist doch nichts dabei! Du musst endlich aus dieser Bude raus! Ich verstehe ja, dass du noch nicht ganz über Sam hinweg bist, aber deswegen kannst du dich doch nicht die ganze Zeit in deiner Höhle einigeln und darauf warten, dass sie vielleicht doch irgendwann zu dir zurückkehrt!“, erklärte Simmons, und wenn Kyle ihn nicht kennen würde so hätte er behauptet, dass dies ziemlich harsch von Simmons war, das so auszusprechen. Doch er konnte es ihm nicht übel nehmen. Noch immer hatte Kyle niemandem erzählt, dass Sam vor ihrer Abreise bei ihm gewesen war. Somit dachten alle, sie hätte Kyle verlassen, bevor überhaupt wirklich etwas zwischen ihnen begonnen hatte. Nur Goalie hatte einen leisen Verdacht, den er ein einziges Mal zur Sprache gebracht hatte, als er Kyle einmal abgeholt hatte. Kyle hatte es weder verneint, noch bestätigt und so war Goalie im Unwissen geblieben während Kyles schlechtes Gewissen weiter an ihm genagt hatte.

Simmons war also der festen Überzeugung, dass Kyle nur wegen Sam so drauf war. Dass die Ereignisse Kyle nach wie vor nachhingen, zog er nicht einmal ansatzweise in Betracht.

„Ich vermisse sie ja auch, doch ich versuche dennoch weiter zu leben, so wie ich es vorher getan habe! Ich meine, ihr wart ja wirklich nicht lange zusammen!“, erläuterte Simmons weiter.

Wenn man es mal ganz genau nahm, so waren er und Sam gar nicht zusammen gewesen, denn dieses ständige Auf und Ab, mit den vielen Ecken und Kanten, konnte man nicht wirklich als Beziehung bezeichnen, doch Kyle sah nicht ein, warum er seinen Kumpel bei seinen eigenen Erörterungen jetzt verbessern sollte.

„Simmons, du hast in Sam eine kleine Schwester gesehen!“, erklärte Kyle, denn seine und Simmons’ Situation waren nicht im Geringsten miteinander vergleichbar.

„Naja, technisch gesehen habe ich mir vielleicht ein oder zweimal vorgestellt, mit Sam im Bett zu landen! Natürlich BEVOR du mit ihr im Bett warst, nur mal nebenbei bemerkt, bei meiner eigenen Schwester hatte ich nie solche Vorstellungen!“, meinte Simmons. Kyle verdrehte die Augen, musste dabei jedoch lächeln.

„Na, das will ich aber auch hoffen! Wobei man sich bei dir ja wirklich nie vollkommen sicher sein kann!“, konterte Kyle.

„Ich weiß zwar nicht ganz genau, was du damit aussagen wolltest, aber ich bin mir sicher, dass es nichts nettes war!“, sagte Simmons, hielt dafür aber für den Rest des Weges seine Klappe.

Irgendwie hatte es Kyle geschafft, seinen Tiefpunkt einigermaßen zu überwinden und irgendwie war es ihm auch gelungen, sein Leben weiter zu führen. Doch Simmons hatte Recht, zumindest auf eine gewisse Art und Weise. Kyle konnte sich nicht ewig in seiner Wohnung verstecken und darauf warten, dass alles wieder irgendwie in Ordnung kam. Er musste wieder raus unter Leute, musste damit beginnen mit seiner Verletzung zu leben und sie nicht nur einfach zu dulden und sie auszusitzen, denn erst dann wäre es ihm möglich, die Dinge wirklich zu verarbeiten anstatt nur so zu tun.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Seit einer Woche war Sam mittlerweile wieder in Hiltons und bisher hatte sie es geschafft, weder einem der Spieler, noch Kyle selber zu begegnen. Sie legte es nicht einmal sonderlich darauf an, sie waren ihr nur einfach nicht über den Weg gelaufen und langsam aber sicher, vermisste sie die Jungs. In den sechs Wochen ihrer Abwesenheit, hatte sie oft an sie gedacht, doch die emotionale Kapazität sie zu vermissen hatte sie nicht gehabt. Jetzt, nach dem Gespräch mit Dennis schien es ihr so, als wäre eine Tonne Last von ihr abgefallen. Sie fühlte sich befreit, dachte anders über all das was geschehen war und war das erste Mal wirklich der Meinung, dass sie ihre Vergangenheit vielleicht doch überwinden konnte um im Anschluss, ein Leben zu führen auf das sie in 60 Jahren nicht mit Bedauern zurück blicken würde.

Ein kleiner Teil ihres Lebens, welches sie vor der Entführung geführt hatte, war ihr jedoch doch begegnet: Kristy. Sie hatte Kristy auf dem Flur aus Versehen angerempelt, als sie sich beeilt hatte, in die nächste Vorlesung zu kommen. Danach hatte sie jedoch keine Chance gehabt, ihr überhaupt noch zu entwischen, denn Kristy begann wie wild auf sie einzureden und so waren sie, bewaffnet mit einem Kaffee und einem Muffin von dem Stand auf dem Campus, auf einer Bank gelandet und hatten die Sonnenstrahlen genossen. Das Zusammentreffen mit Kristy war überraschend erfrischend gewesen, denn obwohl Sam Anfangs gedacht hatte, dass Kristy genauso falsch und nervig war, wie der Rest der Cheerleader, hatte sie sich im Laufe der Zeit doch einem Menschen entwickelt, der durchaus auch dauerhaft Platz in Sams Leben finden konnte. Kristy hatte nicht um den heißen Brei geredet, sondern hatte Sam direkt alle Fragen gestellt, die sich in ihr aufgebaut hatten und so war aus einem kurzen Zusammentreffen ein Gespräch geworden, welches über drei Stunden angedauert hatte. Dieses hatten sie jedoch, weil sich der Abend genähert hatte und mit dem Untergang der Sonne auch die Wärme verschwunden war, ins Innere verlegt.

„Sam, ich hab dich wirklich vermisst!“, meinte Kristy jetzt und legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm.

„Da bist du bestimmt die Einzige von den Cheerleadern. Ich meine, der Rest war doch bestimmt wahnsinnig erleichtert als sie festgestellt haben, dass sie die Jungs wieder nur für sich alleine haben!“, meinte Sam und dachte an die Zusammenstöße mit Jeniffer. Kristy hingegen schien nicht überzeugt.

„Eigentlich haben sich die meisten ziemliche Sorgen gemacht. Ich meine, ist ja klar, dass sich das was passiert ist, sofort rumgesprochen hat. Das wünscht man ja nicht mal seinem ärgsten Feind! Außerdem ist Kyle Thompson nach wie vor nicht auf dem Markt, von dem her hat sich eigentlich nicht wirklich viel geändert. Die Jungs sind nach wie vor die Jungs eben, die Mädels die Mädels. Schade ist es natürlich schon, dass Kyle immer noch keinerlei Interesse an irgendwelchen weiblichen Geschöpfen zu haben scheint, aber das ist ja nur gut für dich, oder?“, erklärte Kristy und brachte Sam damit zum nachdenken. Da Sam jedoch nicht so offensichtlich ihr Interesse an der Sache mit Kyle zeigen wollte, setzte sie wo anders an.

 „Die Mädchen haben sich Sorgen gemacht? Um mich? Ehrlich?“, fragte sie fassungslos.

„Klar. Sie waren vielleicht nicht immer nett zu dir, aber sie sind ja keine Monster! Alle haben sich gefragt, warum du einfach verschwunden bist und warum du Kyle verlassen hast!“, meinte Kristy und dabei hielt Sam inne.

„Kyle verlassen?“, fragte sie verwirrt.

„Jaa! Du bist einfach verschwunden, nachdem du aus dem Krankenhaus entlassen wurdest. Weder Goalie, noch Simmons, Danny oder Martin wussten Bescheid und als wir Kyle fragten, hatte der ebenfalls keine Ahnung wohin du verschwunden bist. Warum hast du dich eigentlich ohne ein Wort aus dem Staub gemacht?“, fragte Kristy, so direkt wie sie eben nun einmal war.

Sam wog ihre Worte gut ab. Wenn Kyle niemandem gesagt hatte, dass sie noch einmal bei ihm gewesen war, dann hatte das vermutlich einen guten Grund. Sie konnte zwar nicht wirklich verstehen, welcher dieser sein sollte, doch sie beschloss Kyle nicht reinzupfuschen und bei seiner Story zu bleiben. Im Grunde genommen stimmte ja sowieso nur ein kleiner Teil nicht, denn vom Rest hatte sie sich tatsächlich nicht verabschiedet.

„Ich weiß nicht. Damals ist mir einfach alles zu viel geworden und ich musste raus aus dem Chaos. Ich war sechs Wochen lang bei meiner Tante in meiner Heimatstadt und habe versucht, irgendwie über alles hinweg zu kommen. Doch erst als ich wieder hierher zurückgekehrt bin konnte ich wirklich abschließen, so im nachhinein betrachtet.“, meinte Sam und wunderte sich erneut darüber, dass sie plötzlich über Dinge sprach, über die sie früher niemals gesprochen hätte und das mit einem Cheerleader, denen sie früher geflissentlich aus dem Weg gegangen war.

„Irgendwie hast du dich verändert!“, meinte Kristy und blickte Sam blinzelnd an. Sie schien ebenfalls überrascht zu sein, das konnte Sam ihr ansehen.

„Kann schon sein! Ich versuche einfach aus den Fehlern die ich gemacht habe zu lernen!“, erwiderte Sam und sah zum Fenster hinaus auf den Bürgersteig, wo Studenten sich den Weg zum College hin oder davon weg bahnten.

„Was ist jetzt eigentlich mit dir und Kyle? Ich meine, du bist jetzt wieder zurück! Wagt ihr einen Neuanfang oder ist er doch irgendwie zu haben?“, fragte Kristy nach einiger Zeit einvernehmlicher Stille. Sam sah zu Kristy hinüber und entdeckte einen für sie vollkommen untypischen Blick.

„Neuanfang, das wäre ja auch zu einfach.“, murmelte Sam und wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Weder sie, noch Kyle hatte versucht auf den anderen zuzugehen. Kyle aus den Gründen, die er ihr damals im Krankenhaus genannt hatte, sie weil sie Angst davor hatte, zurückgewiesen zu werden. Sie hatte sogar panische Angst.

„Ach komm schon Sam, du darfst dir die Chance doch nicht entgehen lassen! Wir reden hier von Kyle Thompson! Und wenn ich das mal sagen darf, ihr zwei seid absolut füreinander gemacht! Wer sonst könnte Kyle Thompson dazu bringen, sesshaft zu werden, wenn nicht du?“, fragte Kristy und brachte Sam damit zum lächeln.

„Ich will ihn doch nicht dazu bringen, sesshaft zu werden!“

„Nein, das willst du bestimmt nicht. Aber du würdest es dennoch tun, denn wie ich bereits sagte, ist Kyle Thompson trotz eurer Trennung immer noch vom Markt und wenn ich mich nicht irre, liegt das nur an dir!“, erklärte Kristy.

„Oder daran, dass ein Psychopath ihn beinahe umgebracht hat!“, konterte Sam trocken, doch Kristy ließ sich nicht Lumpen.

„Natürlich hängen ihm die Dinge noch nach, die euch passiert sind, ist doch klar! Doch der alte Kyle, hätte sich in die nächste Affäre gestürzt nur um zumindest für eine Nacht den Kopf frei zu bekommen! Sam, er hat dir gesagt, dass er dich liebt und wenn Kyle schon so weit ist, sich dies selber aber auch vor anderen einzugestehen, dann ist das nichts was nach sechs Wochen einfach wieder vorbei ist! Hast du denn überhaupt schon mit ihm gesprochen, seitdem du wieder da bist?“, fragte Kristy und brachte Sam dazu, sich in eine Ecke gedrängt zu fühlen. Woher nahm Kristy nur den Mut, die Dinge so klar und deutlich an und auch auszusprechen?

„Nein, hab ich nicht!“, antwortete Sam und offenbar verstand Kristy, dass zumindest für den Augenblick ein Punkt erreicht war, der nicht überschritten werden sollte, denn sie hakte nicht weiter nach.

 

Nein, Sam hatte noch nicht mit Kyle gesprochen, doch sie wusste, dass es früher oder später dazu kommen würde. Sie hatte sich ihren alten Dämonen gestellt, doch sie war sich einfach noch nicht wirklich sicher, ob sie sich dem größten auch stellen konnte. Ein Gespräch mit Kyle konnte zwei Dinge bedeuten: Entweder es konnte der Beginn einer dunklen Zeit sein, in welcher sie nach wie vor alleine durch die Welt streifen würde. Oder aber auch den Anfang einer rosigen Zeit in welcher sich Sam, das erste Mal im Leben, voll und ganz auf jemanden verlassen konnte. Jemanden der ihr unendlich wichtig geworden war. Jemanden den sie liebte.  

67. Kapitel: „Ich glaube wir haben einiges zu besprechen…“

 

„Du bist verantwortlich dafür, dass wir beide Geschichte sind!“, schrie Kyle und wandte sich von ihr ab.

In diesem Moment schreckte Sam aus dem Schlaf hervor und merkte, dass sie schweißgebadet war. Wieso kamen ihr diese Worte genau in dieser Nacht in den Sinn? Als sie auf den Wecker blickte, der neben ihrem Bett auf einem kleinen Nachtkästchen stand sah sie, dass es bereits sechs Uhr am Morgen war und so stand sie auf, da sie sich sicher war, dass sie heute keinen Schlaf mehr bekommen würde.

Sie trat durch ihre kalte Wohnung und sah durch ihr großes Fenster auf die Stadt hinab, die nur von den Straßenlaternen erleuchtet vor ihr lag. Sie fröstelte und holte sich deshalb einen alten Strickpullover, den sie sich überziehen konnte. Dieser Streit, den Kyle und sie damals in ihrer Wohnung gehabt hatten war der Anstoß dafür gewesen, dass sie sich überhaupt getrennt hatten. Der Streit, den Sam damals selber provoziert hatte. Was wäre geschehen, wenn sie Dennis niemals geglaubt hätte? Hätte sie so alle vor dem, was geschehen war bewahren können? Was wäre geschehen, wenn sie Kyle von Anfang an alles erzählt hätte? Wären sie dann in diesem Moment zusammen?

Die Fragen häuften sich in der letzten Zeit immer mehr und desto länger Sam Zeit hatte, darüber nachzudenken, desto mehr wurde ihr bewusst, dass nur ein Gespräch mit Kyle das alles klären könnte. Doch sie hatte nach wie vor Angst ihm gegenüber zu treten.

Vor einigen Tagen hatte sie ihn mit einer brünetten Schönheit aus seiner Wohnung treten sehen und sich im Treppenhaus versteckt. Sie war erneut vor einer Konfrontation geflohen, doch in dem Moment in welchem sie seine Stimme gehört hatte, war ihr Herz stehen geblieben und wie durch Reflex hatte sie sich hinter der nächsten Mauer geduckt, die sie finden konnte. Sie hatte einen Blick auf ihn und die Frau erhaschen können und ihr Herz hatte geschlagen als wäre sie in diesem Moment einen Marathon gelaufen. Im Nachhinein war sie sich äußerst blöd vorgekommen, doch ihr Körper hatte einfach nicht anders reagieren können. Ihr Verstand war in diesem Moment ausgeschaltet gewesen. Erst nach einigen Minuten hatte sie sich getraut, aus ihrem Versteck zu treten und hatte dabei die Stelle betrachtet, wo sie Kyle das erste Mal seit bald zwei Monaten wieder gesehen hatte. Sie hatte nicht geglaubt, dass er eine solche Reaktion bei ihr auslösen konnte, nicht nach so langer Zeit, doch er tat es. Er hatte den Eindruck gemacht, als ginge es ihm recht gut, doch Sam wusste sehr genau, dass Kyle ein Meister darin war, seine eigenen Gefühle zu überspielen um der restlichen Welt zu zeigen, dass er keine Hilfe benötigte. Doch offenbar, hatte er doch einen Neuanfang gestartet, denn die Brünette die mit ihm aus der Wohnung getreten war, schien äußerst vertraut mit ihm gewesen zu sein und in dem Moment, in welchem Sam realisierte, dass sie Kyle vermutlich tatsächlich für immer verloren hatte war ein Moment gewesen, in welchem sie am liebsten in der Zeit zurück hatte reisen wollen, um all das was geschehen war einfach rückgängig zu machen.

Vielleicht hatte sie genau deswegen heute Nacht von diesem Streit geträumt?

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Ab Morgen geht’s wieder mit dem Training los. Das erste Freundschaftsspiel der neuen Saison steht an!“, sagte Goalie zu Kyle, der neben ihm die Flure entlang humpelte.

„Warum erzählst du mir das? Ich bin sowieso nicht dabei, also kann ich auf diese Info genauso gut verzichten!“, sagte Kyle mehr als nur angepisst. Er hatte es sowieso gewusst, denn er war nach wie vor im Verteiler des Coaches und so hatte er die Benachrichtigung über die neuen Trainingstermine genauso wie alle anderen Spieler auch bekommen.

„Weil ich gedacht habe, du könntest doch kommen. Du kannst vielleicht nicht mit auf den Platz, aber du bist der Spieler mit der meisten Erfahrung! Du könntest dem Coach ein wenig zur Hand gehen!“, meinte Goalie und sah ihn dabei abwartend an.

„Lass mich raten: Das ist nicht dein eigener Vorschlag, sondern der Trainer hat dich darauf angesetzt, oder?“, wich Kyle der Aufforderung seines Kumpels aus und achtete darauf niemanden anzurempeln, während er mit seinen unhandlichen Krücken durch die Gegend schlurfte.

„Ok, du hast mich erwischt. Der Coach meinte einfach, du könntest als eine Art Cotrainer nach wie vor Part des Teams sein!“, erklärte Goalie und hielt Kyle dann die Tür auf, damit dieser hindurch treten konnte.

Auf dem Campus tümmelten sich hunderte von Studenten, kein Wunder, schließlich war die Mittagszeit eingeleutet worden und ausnahmsweise strahlte die Sonne auf Hiltons hinab. Nach einigen Regentagen, war dies etwas was die Gemüter der Studenten ein wenig erhellte.

„Ich weiß nicht Mann….“, antwortete Kyle, da er wirklich nicht wusste, was er darauf sagen sollte. Einerseits fühlte er sich wirklich geehrt, dass der Coach ihn weiterhin dabei haben wollte, doch andererseits wusste er nicht, ob er es ertragen würde, die Spieler spielen zu sehen während er selber mit seinen Krücken und dem Bein die Bank hütete.

„Überlegs dir. Wir brauchen dich Kyle, nicht nur als Superstürmer sondern im Allgemeinen! Du bist ein Part des Teams und du wirst es auch immer bleiben! So eine scheiß Verletzung sollte dich eigentlich nicht daran hindern, dem Sport den du so liebst für immer den Rücken zuzukehren!“

„Du hast gut reden Goalie. Ich werde nie wieder so spielen können, wie ich es vorher getan habe. Der Arzt sagte sogar, ich kann von Glück sprechen, wenn ich mein Bein jemals wieder ohne Einschränkung bewegen kann!“, vielleicht war dies der Grund dafür, dass Kyle heute ein wenig neben der Spur war. Er hatte in der Früh einen Termin bei seinem Arzt gehabt und dieser hatte ihn mit den harten Tatsachen konfrontiert. Obwohl er begeistert gewesen war, wie schnell Kyle sich regeneriert hatte, so blieb doch ein erhebliches Restrisiko, dass Kyles Bein nie wieder voll funktionsfähig werden würde. Dabei war nicht einmal die Rede vom Fußball gewesen denn dieses, würde für immer etwas bleiben, was er nicht wieder ausüben könnte. Die Gefahr war einfach zu groß.

„Alter, ich kenn dich! Du bist eine Kämpfernatur! Natürlich wirst du dich wieder uneingeschränkt bewegen können!“, versuchte Goalie seinen Freund aufzuheitern doch er merkte, dass dies für den heutigen Tag nicht mehr möglich sein würde.

„Abwarten…“, erwiderte Kyle und nahm eine Stufe nach der anderen, die sie ins nächste Gebäude führen würde.

„Dir mag jetzt vielleicht alles zu viel werden, aber ich sags dir, in ein paar Jahren werden wir dasitzen und uns ärgern, dass wir uns so viele Sorgen gemacht haben!“, sagte Goalie und hielt Kyle erneut die Tür auf, was ihn zwar nervte, wofür er ihm aber gleichzeitig auch dankbar war. Die Jungs halfen ihm ganz automatisch, taten jedoch nie zu viel! Sie schossen nicht über das Ziel hinaus und dennoch nervte es, so abhängig von anderen zu sein. Er musste ständig abgeholt und rumkutschiert werden, war nicht mehr so mobil, wie er es vorher gewesen war und außerdem vermisste er die Bewegung. Er hatte das Gefühl, bald explodieren zu müssen, wenn diese blöde Bandage, die Schiene und die Krücken nicht bald verschwinden würden.

„Wäre klasse, wenn es jetzt schon so weit wäre…“, begann Kyle seinen Satz, doch als er in jemanden hinein stieß hielt er inne, um sich bei der Person zu entschuldigen. Er blickte hinab an sich und es kam ihm vor, wie eine Art DéjaVu. Sofort wurde er einige Monate zurück versetzt, dachte an den Augenblick in dem Waschraum, der irgendwie sein gesamtes Leben beeinflusst hatte. Er blickte genau wie damals auf einen kleinen Braunschopf hinab, der ihn mit braunen, warmen Augen ansah und wich einen Schritt zurück. Der Moment war vorbei, erst jetzt realisierte er wirklich, wer da vor ihm stand und sofort war sein Kopf wie leer gefegt. Er wollte etwas sagen, wusste jedoch nicht was. Er wollte etwas tun, wusste jedoch nicht was und so bewegte sich sein Körper wie von selber einige Schritte rückwärts. Er brachte Platz zwischen sich und der Person, die so viel in seinem Leben bewegt hatte in einem Tempo, dass einem schlecht dabei werden konnte. Vor ihm stand Sam und das erste Mal in seinem Leben, war Kyle Thompson wirklich sprachlos. Zwei Monate waren mittlerweile vergangen und er hatte nicht geglaubt, dass Sam noch solch einen Einfluss auf ihn haben würde.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Sam….“, hörte sie Goalie sagen, den sie wohl wahrgenommen jedoch bisher noch nicht wirklich beachtet hatte. Ihr Blick war starr auf Kyle gerichtet, der die Lippen zusammenkniff und offensichtlich nicht vorhatte, auch nur ein Wort zu sagen. Er schien schockiert, genauso wie sie es war.

„Hey Jungs!“, zwang sie sich zu sagen und blickte schließlich doch zu Goalie, der sie genauso irritiert ansah. Dann jedoch wanderte sein Blick zu Kyle, der nach wie vor keine Anstalten machte irgendwas zu sagen.

„Seit wann bist du wieder hier?“, fragte Goalie sie und kam schließlich auf sie zu, um sie in die Arme zu nehmen. In dem Moment in welchem sie ihm die Arme um die Schultern legte fühlte sie sich, als würde ein Stück zuhause wieder zu ihr zurückkehren.

 „Ach, seit ungefähr zwei Wochen. War viel los in der letzten Zeit…“, fügte sie hinzu, nur um sich zumindest ein klein wenig rechtfertigen zu können. Sie sah wieder zu Kyle hinüber, wollte etwas sagen, wusste jedoch nicht was und so sprach sie das Einzige aus, was ihr in den Sinn kam.

„Hey Kyle…“, im selben Moment wollte sie sich jedoch am liebsten selber eine mitgeben dafür. Sie hatte sich so viele Gedanken darüber gemacht, was sie zu Kyle sagen würde, wenn sie ihm endlich gegenüberstehen würde, doch dieses Zusammentreffen hatte sie mehr oder weniger überrollt und so waren ihr sämtliche, sorgfältig zusammengetragenen Ideen, einfach entfallen.

Sie sah, wie Kyle einmal schwer schluckte, bevor er tatsächlich etwas sagte.

„Hey…“, das war zwar nicht das, was sie sich erhofft hatte, doch zumindest hatte er ihr geantwortet.

„Und warum hast du dich nicht gemeldet? Wir haben uns Sorgen um dich gemacht Sam!“, erklärte Goalie und sie hörte sehr genau den Vorwurf in seiner Stimme.

„Naja, ich weiß nicht…ich glaube…“, sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Wusste nicht, wie sie mit Goalie offen sprechen sollte, wenn Kyle daneben stand. Sie hatte sich eigentlich nicht bei den Jungs gemeldet, weil sie nicht bereit gewesen war dafür, Kyle über den Weg zu laufen. Die Jungs waren nun mal ein Bestandteil ihrer beider Leben und wenn sie den Kontakt gesucht hätte, wäre sie Kyle unweigerlich ebenfalls regelmäßig über den Weg gelaufen. Sie wollte jedoch nicht stets in seiner Nähe sein, ohne ihm nahe sein zu können. Sie würde es nicht ertragen. Doch wie sollte sie dies Goalie erklären, wenn doch derjenige, wegen dem sie so gehandelt hatte, genau daneben stand?

„Ja Sam, warum hast du dich nicht gemeldet?“, sagte Kyle plötzlich und blickte mit kalten Augen auf sie hinab. Er schien sich doch verändert zu haben. Während sie im Treppenhaus noch geglaubt hatte, dass es Kyle ein wenig besser ging, sprach jetzt wieder der Kyle zu ihr, der im Krankenhaus bereits seinen Worten Ausdruck verliehen hatte.

Sam schluckte schwer und fühlte sich in die Ecke getrieben.

„Naja, wie ich schon sagte. Es gab vieles zu tun. Ich musste meine Abschlussarbeit beenden…in der Redaktion ging es drunter und drüber. Ich hab einen Lehrling an die Hand bekommen, dem ich zeigen soll wie man Sportartikel richtig verfasst. Genau ICH!“, sagte Sam und versuchte dabei zu lächeln. Natürlich stimmte das alles auch, doch sie hätte ausreichend viel Zeit gehabt, den Jungs zwischenzeitlich einen kleinen Besuch abzustatten. Das wussten die beiden auch sehr genau.

„Sportartikel? Das heißt, du bist nicht mehr für uns zuständig?“, fragte Goalie sie, als bemerke er nicht die ständigen Blicke, die zwischen ihr und Kyle fielen.

„Doch, zumindest noch für dieses Semester. Danach bin ich nicht weiter Studentin hier, das bedeutet ich muss mich danach nach einem richtigen Job umsehen.“, erklärte Sam und versuchte Kyle und seine Blicke auszublenden. Er hielt sich wieder zurück und sagte nichts. Stattdessen sah er nur auf Sam hinab.

„Na zumindest eine gute Neuigkeit!“, sagte Goalie lächelnd und brachte Sam dabei auch zum lächeln. Nachdem sie jedoch einen kurzen Blick auf Kyle warf, verging ihr dieses sofort wieder. Sie fühlte sich schuldig dafür, zu lächeln. Wie bescheuert war das denn?

„Es freut mich jedenfalls riesig, dass du zurück bist! Simmons wird ausflippen. Der redet seit Tagen von nichts anderem mehr! Er hat sogar schon gemeint, dass du vielleicht in ein Kloster eingetreten bist um unterzutauchen!“, sagte Goalie mit einem Lächeln. Simmons und seine dummen Ideen brachten auch Sam erneut dazu zu lächeln.

Es fühlte sich so seltsam an, hier vor Kyle und Goalie zu stehen. Sie plauderte noch ein wenig weiter, bevor sie es nicht weiter ertrug, Kyle gegenüber zu stehen, ohne wirklich mit ihm zu sprechen und so sagte sie schließlich „Naja, ich muss dann los!“, und verabschiedete sich von Goalie, während sie Kyle nur kurz ansah und sich dann aus dem Staub machte. Sie schaffte es um die nächste Ecke zu treten und blieb schließlich, an der Wand angelehnt stehen. Ihr Puls schien zu rasen und ihre Hände zitterten. Außerdem spürte sie, wie ihre Augen zu tränen begannen. War es so weit gekommen? Konnte sie Kyle nicht einmal mehr in die Augen sehen? Konnte er nicht einmal mehr mit ihr sprechen? Sollte es tatsächlich so mit den Beiden enden?

Sie entschied sich dagegen.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Alter, was war das denn??“, fragte Goalie Kyle, der Sam hinterher blickte. Kyle wusste nicht, weshalb er es nicht geschafft hatte, etwas Vernünftiges zu sagen. Das Auftauchen von Sam hatte ihn so durcheinander gebracht, dass er keinen klaren Gedanken hatte fassen können.

„Ich weiß es nicht!“, antwortete er wahrheitsgemäß und sah immer noch die Stelle an, an der Sam verschwunden war. Wer hatte geglaubt, dass ein Mensch eine solche Reaktion aus einem kitzeln konnte. Völlige Schockstarre nannte man das wohl und Kyle wusste, dass er dies vorher noch niemals erlebt hatte.

„Kyle, das war deine Chance! Warum hast du nicht mit ihr gesprochen?“, fragte Goalie ihn, doch er war nicht mehr im Stande zu antworten. Stattdessen begann er sich von selber in Bewegung zu setzen. Er kam der Ecke, wo sie verschwunden war immer näher, wusste jedoch, dass er sie niemals einholen würde. Doch er musste einfach sehen, ob er sie noch entdecken konnte. Er musste es versuchen. Eines waren sich die beiden nämlich nach so langer Zeit endlich schuldig: Ein Gespräch, bei welchem keine Lügen mehr fielen.

Goalies Rufe ignorierend, humpelte er weiter und als er an der Ecke ankam und gerade weiter gehen wollte, stieß er erneut mit jemandem zusammen.

Goalie wusste, dass er sich gerade in einem Spiel befand, bei welchem er kein Teilnehmer war und so atmete er erleichtert auf, als er sah, dass Sam anscheinend ebenfalls umgekehrt war. Dies mussten die Beiden untereinander klären, alleine. Ob sie es schaffen würden, oder ob danach wieder alles im Chaos versinken würde, wusste er nicht und obwohl er ihnen gerne bei dem ihnen Bevorstehenden helfen wollte so wusste er doch, dass niemand auf der Welt etwas für sie tun konnte. Das mussten die Beiden ganz alleine für sich klären.

Er lächelte ein letztes Mal bei dem Blick auf die Beiden und wandte sich ab. Er würde schon noch früh genug erfahren, was in den nächsten Minuten geschehen würde.

 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Kyle!“, sagte Sam erschrocken, als sie erneut aufblickte und ihn Kyles grünen Augen blickte, die nicht mehr ganz so kalt erschienen, wie einige Augenblicke zuvor.

„Zum Glück bist du zurückgekommen. Mit den Dingern hätte ich dich niemals eingeholt bei dem Tempo das du in der Regel drauf hast!“, meinte Kyle und schien wie ausgewechselt.

Sam runzelte die Stirn.

„Warum bist du umgekehrt?“, fragte er sie, bevor sie etwas auf das eben gesagte erwidern konnte. Seine Stimme klang so anders. So fremd und gleichzeitig doch so vertraut.

„Weil ich noch etwas zu erledigen hatte!“, beantwortete Sam seine Frage und obwohl ihr Herz ihr bis zum Halse schlug, achtete sie darauf, nicht wieder die Flucht zu ergreifen. Sie hatte eine Entscheidung getroffen, sie wollte sich den Dämonen endlich stellen.

„Ja ich auch!“, sagte Kyle und sah ruhig auf sie hinab. Sam war sich jedoch sicher, dass es in seinem Inneren bei weitem nicht so ruhig aussah, wie er nach außen hin versuchte auszustrahlen. Sie blickte einen kurzen Moment an ihm hinab und sah die Krücken, die Bandage die das verletzte Knie stützte. Das schlechte Gewissen kam mit sofortiger Wirkung zurück und sie sprach das aus, was ihr als erstes in den Sinn kam.

„Es tut mir so leid Kyle. Ich habe niemals gewollt, dass es so weit kommt!“, erklärte sie und blickte wieder zu ihm hinauf. Er war ihr seltsam nahe, sie hätte ihn ohne weiteres berühren können. Einen kurzen Moment war sie sogar versucht, ihm die Haare aus der Stirn zu streichen, doch sie hielt sich zurück. Sie hatte nicht länger das Recht dazu, dies zu tun.

Bei ihren Worten, hatte er auf sein Knie hinab geblickt und für einen kurzen Moment die Augen geschlossen.

„Komm, lass uns woanders hingehen Sam. Ich glaube wir haben einiges zu besprechen!“, sagte er und jetzt klang seine Stimme wieder kälter. Sie klang, als wolle er ein Geschäft abwickeln. Doch Sam würde sich diesem Geschäft stellen. Heute würde sie das erste Mal wirklich ehrlich sein und danach, würde sie, so wie es jetzt aussah, einen neuen Lebensabschnitt beginnen. 

68. Kapitel: „Sag niemals nie, Schätzchen…!“

Während Sam und Kyle stumm nebeneinander herliefen, schienen die Menschen um sie herum umso lebhafter zu sein. Überall konnte man lachende Menschen sehen, die den Beiden vor Augen führten, wie sehr sie eigentlich Trübsal bliesen.

Sam erschien es seltsam, neben Kyle zu gehen, während er konzentriert mit seinen Krücken dahinhumpelte. Es fühlte sich einerseits so natürlich an, als hätte sie niemals etwas anderes getan, doch andererseits fühlte es sich fremd an, bedachte man, dass beide die letzten beiden Monate nicht miteinander gesprochen hatten. Die Zeit war ihr so lange vorgekommen, jetzt hingegen sah sie ihn vor sich stehen, in ihrem Wohnzimmer, so klar, als wäre dies gestern geschehen. Vielleicht hatte sie auch genau deswegen heute Nacht von Kyle geträumt. Vielleicht hatte ihr Unterbewusstsein ihr sagen wollen, dass es heute so weit sein würde. Dass sich heute alles entscheiden würde. So lange hatten sie gegeneinander gekämpft obwohl doch beide eigentlich immer nur das selbe gewollt hatten: Einen Menschen, auf den sie sich verlassen konnten. So lange hatten sie gegen sich selber gekämpft, waren sich selber im Weg gestanden.

Das war die Erkenntnis gewesen, die Sam für sich in den letzten Wochen gezogen hatte. Nicht nur sie war ihnen im Weg gestanden, sondern auch Kyle hatte hin und wieder seinen Beitrag geleistet. Doch sie wollte gar nicht erst damit beginnen, sich oder ihm schon wieder Vorwürfe zu machen. Stattdessen wollte sie von vorne beginnen; ein letztes Mal. Einen letzten Neustart wagen.

„Setzen wir uns hier hin, oder was meinst du?“, fragte Kyle sie und riss sie so aus ihren Gedanken. Seine Stimme klang genauso, wie immer und doch ganz anders. Sie klang erwachsener. Ernster.

„Meinetwegen…“, sagte Sam und musste daran denken, als Kyle und sie sich hier schon einmal begegnet waren. Sie waren zum Stadion gelaufen, wo sie sich jetzt auf die Tribüne niederließen. Der Zusammenstoß damals, war nicht sonderlich positiv verlaufen und Sam hoffte, dass dies kein Zeichen war.

„Weißt du noch, als wir uns hier damals getroffen haben, als das Training abgeblasen worden ist und nur wir beide die Nachricht nicht erhalten haben?“, sagte sie zu Kyle, der gerade seine Krücken neben sich ablegte und anschließend auf den Platz hinausblickte. Wehmut lag in seinem Blick.

„Ja, ich kann mich noch sehr genau daran erinnern. Ich kann mich eigentlich an jeden Augenblick erinnern, den wir miteinander verbracht haben!“, sagte er und versetzte Sam damit einen Stich. Innerhalb von ein paar Sekunden rauschte die gemeinsame Zeit an ihrem inneren Auge vorbei und zeigte ihr, was sie schon alles erlebt hatten und was ihr schon damals hätte zeigen müssen, dass sie sich eigentlich verliebt hatte.

„Ich auch…“, meinte sie lediglich und fügte dann jedoch, nach einigen Augenblicken „…und irgendwie wünsche ich mir das alles zurück!“ hinzu, ohne dass sie vorher darüber nachdachte.

Kyle wandte den Kopf in ihre Richtung und sah sie einen Moment lang genau so an, wie damals, als sie Abschied voneinander genommen hatten, weil er zu seiner Mutter gefahren war. Zuneigung lag darin.

„Und jetzt? Wir können nichts so tun als wäre niemals etwas geschehen!“, sagte Kyle als Antwort und richtete seinen Blick wieder auf das Spielfeld, dass kalt und leer vor ihnen lag.

„Nein das können wir nicht. Du hast bei unserem ersten Zusammentreffen damals gesagt, dass man niemals nie sagen sollte. Vielleicht hatte das alles irgendeinen tieferen Sinn, den wir jetzt im Moment nur noch nicht verstehen?“, sagte Sam und zog die Jacke enger um sich. Der warme Herbsttag entwickelte sich langsam zu einem bewölkten. Heute würde es noch regnen.

„Einen tieferen Sinn? Was sollte es für einen Sinn haben, so vermöbelt zu werden, dass man beinahe abkratzt? Und was sollte es für einen Sinn haben, dass mein Knie nie wieder voll funktionsfähig sein wird? Nein, es hatte mit Sicherheit keinen Sinn das Ganze!“, erklärte Kyle und die Wut war in seiner Stimme sehr genau herauszuhören.

Sam nickte und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Du bist immer noch wütend auf mich! Das verstehe ich, wirklich! Es wird wohl nichts bringen dir zu sagen, dass ich das Gefühl habe, mich geändert zu haben, oder?“, meinte jetzt Sam und wartete ab, ob Kyle etwas zu sagen hatte. Natürlich hatte er Recht. Was sollte es für einen Sinn gehabt haben, dass er solche Verletzungen davon getragen hatte? Für sie war der tiefere Sinn jedoch derjenige, dass sie dadurch endlich gelernt hatte, worauf es tatsächlich ankam.

„Nein Sam. Ich bin nicht mehr wütend auf dich!“, begann Kyle und zog damit Sams volle Aufmerksamkeit auf sich.

„Ich bin mehr enttäuscht. Immer noch! Ich kann es einfach nicht ändern, dass ich so denke und fühle! Mir ist natürlich klar geworden, dass nicht du schuld an meinen Verletzungen bist. Aber je mehr Zeit ich zum nachdenken hatte, desto mehr ist mir bewusst geworden, dass ich einfach verletzt bin! Nicht nur physisch, an meinem Knie! Du warst einfach nicht ehrlich zu mir, du hättest mir von Dennis erzählen müssen! Von den Dingen die er zu dir gesagt hat, von den Dingen die er getan hat aber das hast du nicht, weil du mir nicht genug vertraut hast!“

Sam setzte sich auf und wandte sich in Kyles Richtung.

„Nein, das stimmt nicht!“, sagte sie etwas zu energisch.

„Ich habe dir vertraut Kyle. Ich bin mir nur immer selber im Weg gestanden, habe geglaubt, dass ich stark genug bin um meine Probleme selber in den Griff zu bekommen. Das war damals beim ersten Mal mit Logan so und das hat sich bis heute nicht geändert! Ich habe dir nur aus einem einzigen Grund nichts von alledem erzählt: Ich wollte deine Freundschaft mit Dennis nicht gefährden. Ich wusste damals und ich weiß es auch heute noch, dass du einen äußerst ausgeprägten Gerechtigkeitssinn hast. Wenn ich dir also erzählt hätte, was Dennis getan hat was glaubst du, wie du reagiert hättest? Ich wollte das selber klären, wollte dich nicht reinziehen weil ich glaubte…“, Kyle unterbrach sie.

„Weil du glaubtest, es wäre nicht mein Problem sondern deines!“, beendete er ihren Satz und obwohl sie es niemals so formuliert hätte, so traf er doch den Nagel irgendwie auf den Kopf.

„Du verstehst immer noch nicht Sam, dass es doch mein Problem war, schließlich waren wir doch zusammen?!“, fügte er hinzu und sah zu ihr hinüber. Er war ihr so nah und doch schien er so fern zu sein. Sie war versucht seine Hand in ihre zu nehmen, doch wiederstand sie diesem Drang.

„Waren wir das wirklich?“, fragte sie ihn stattdessen.

Kyle positionierte sich ein wenig neu und man sah ihm an, dass er Schmerzen in seinem Knie hatte, denn er legte beide Hände an dieses und versuchte dann, das Gewicht seines Beines zu verlagern.

„Meiner Ansicht nach waren wir das! Wir haben es uns vielleicht nicht eingestanden, aber wenn ich die Sache aus der heutigen Sicht betrachte, dann haben wir alles erfüllt was uns zu einem Paar gemacht hätte…“, erklärte er.

„Ja aus der heutigen Sicht ist aber vieles sehr viel einfacher zu erklären, zu entschuldigen, vorzuwerfen. Kyle, wir haben beide stets so gehandelt wie wir glaubten, dass uns gut tut! Keiner von uns Beiden war vollkommen ehrlich, nicht einmal zu sich selber!“, erwiderte Sam und schwieg dann einen Augenblick bevor sie weitersprach.

„Wenn ich heute noch einmal das durchmachen würde, was wir damals durchgemacht haben, dann würde ich mich in einigen Punkten anders entscheiden als ich es damals getan habe, nur in einem einzigen, würde ich vermutlich genauso handeln. Wenn ich noch einmal die Wahl hätte, dann hätte ich mit dir über die Dinge mit Dennis gesprochen. Wenn ich noch einmal entscheiden könnte, hätte ich dir vielleicht sogar von dem Tod meiner Eltern erzählt, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind. Du darfst nicht vergessen, dass wir uns trotz allem nicht sehr lange gekannt haben und auch du mir nie etwas von deiner Familie erzählt hast, aber seis drum. Ich bin nicht hier um dir Vorwürfe zu machen. Die einzige Sache, die ich vermutlich dennoch für mich behalten hätte ist das, was mit mir geschehen ist, als Logan das erste Mal in mein Leben getreten ist.“, sagte Sam und wartete auf Kyles Reaktion, die jedoch ausblieb. Sie wagte es nicht aufzublicken, stattdessen fixierte sie den Punkt zwei Meter vor ihr. Weil Kyle nicht reagierte, entschied sie ihm von sich aus zu erklären, warum sie das mit Logan verschwiegen hatte.

„Ich war früher schon immer ein Mädchen, das niemals auffallen wollte. Ich war jemand sehr unscheinbares, war aber im Großen und Ganzen einfach zufrieden mit dem was ich war. Janine war schon damals meine einzige richtige Freundin und das ist sie bis heute geblieben. Kein anderer Mensch ist so konstant ein Bestandteil meines Lebens gewesen. Als ich Logan damals kennenlernte, fand ich ihn irgendwie heiß. Er strahlte etwas Gefährliches und gleichzeitig etwas Sicheres aus doch schon bald stellte ich fest, dass Logan nicht der war, der ich geglaubt hatte. Er hat mir damals aus einer äußerst misslichen Lage geholfen, ich fühlte mich so, als wäre ich ihm etwas schuldig. Als er mir aber immer wieder aufgelauert hat, bekam ich es langsam mit der Angst zu tun. Außer Janine, wusste eigentlich niemand so wirklich von ihm und ich hatte auch nicht vor, irgendjemandem etwas zu erzählen. Ich habe niemals geglaubt, dass Logan tatsächlich so krank sein könnte. Das war wohl ein Grund, der andere war jedoch der, dass ich mir niemals Hilfe gesucht habe. Ich glaubte, alles immer selber regeln zu müssen. Glaubte, dass ich niemanden anderen brauchte. Nachdem Logan mich überfallen hat, schämte ich mich in Grund und Boden. Ich weiß, wenn man das jetzt so hört, fragt man sich, warum das so war aber ich konnte es nicht ändern. Ich gab mir irgendwie selber die Schuld, fragte mich, ob ich ihm vielleicht irgendeinen Grund gegeben haben konnte, damit er so ausgeflippt war.“, erklärte Sam, wurde jedoch von Kyle unterbrochen, der empört zu sein schien.

„Wieso zum Teufel solltest du schuld daran gehabt haben, dass Logan dich beinahe vergewaltigt hat?“, fragte er sie und bei der Aussprache dieses Wortes, zog sich alles in Sams Innerem zusammen. Sie glaubte nicht, dass sie das Kyle gegenüber jemals so geäußert hatte, doch war es ihr im Moment egal, woher er dies zu wissen glaubte. Sie musste ihm klar machen, warum sie so gewesen war!

„Wieso geben sich Frauen, die von ihren Männern grün und blau geschlagen werden, oft selber die Schuld daran? Ich weiß es nicht Kyle, ich weiß nicht wieso ich schuld haben sollte, doch damals glaubte ich es einfach. Gleichzeitig habe ich mich jedoch auch schwach gefühlt. Ich habe schon damals immer wieder Kickboxen ausgeübt und als ich das, was ich gelernt hatte, in solch einer Situation nicht anwenden konnte, fühlte ich mich hilflos. Ich habe nach Logan nie wieder irgendjemandem wirklich über den Weg getraut, habe nie wieder daran geglaubt, dass jemand mir wirklich wichtig werden könnte. Ich ließ einfach niemanden mehr an mich heran, denn wenn ich das nicht tat, so konnte mir auch niemand mehr gefährlich werden.“, vollendete Sam ihre Geschichte.

„Ich kann aber nicht gegen deine Vergangenheit ankämpfen Sam. Ich kann sie nicht ändern, ich kann dir die Angst nicht nehmen. Das konnte ich nie! Das einzige was ich konnte war dir mich selber anzubieten, das was ich war und das was ich dir geben konnte. Doch es war nicht genug!“, erwiderte Kyle. Sam bemerkte immer mehr, wie schwierig es war, sich jemandem so auszuliefern, wie sie es im Moment tat. Sie wägte jedes Wort ab und verfiel schnell in ihre alten Muster. Sie glaubte, nicht alles aussprechen zu müssen. Sie glaubte, dass nur die Hälfte der Wahrheit auch ausreichen würde, um ans Ziel zu gelangen. Zumindest glaubte sie das für einen kurzen Moment, bevor die Realität sie wieder einholte und ihr klar machte, dass nie wieder nur ein Teil der Wahrheit gut genug sein würde.

„Ich glaube das, was mir wirklich im Weg gestanden hat in den Wochen, in denen wir zusammen waren, war eben genau das. Du hast mir die Angst genommen, du hast es geschafft meine Vergangenheit irgendwie fortzutreiben. Der Schatten von damals lag nicht mehr tagtäglich auf mir. Ich lernte plötzlich mich Menschen zu öffnen, lachte mit den Bad Boys der Stadt. Verbrachte meine Zeit mit Menschen bei denen ich mir einst geschworen hatte, ihnen nie wieder zu Nahe zu kommen. Du bist mir so nahe gekommen, wie vorher kein Mensch und genau das, machte mir eine Heidenangst. Kannst du dir nicht vorstellen, was für ein Gefühl das ist, jemanden so nah an sich heran zu lassen, dass er mit nur einem einzigen Schlag dein gesamtes Leben zerstören könnte? Kannst du dir nicht vorstellen, wie schwierig es ist langsam festzustellen, dass du jemandem vertraust, der vorher so vielen anderen Menschen weh getan hat?“, fragte Sam ihn und richtete ihre Augen auf ihn, während er sich mit den Händen durch die Haare fuhr.

 

Kyle wusste nicht, was er darauf antworten sollte. Sam traf mit ihren Worten im Endeffekt genau das, was damals auch in ihm vorgegangen war. Auch er hatte eine Scheißangst gehabt, als er festgestellt hatte, wie nah Sam ihm gekommen war. Als sie ihn mit der Wette konfrontiert hatte, hatte er sie verflucht. Verflucht, weil sie ihn so sehr verletzt hatte. Auch er war durch seine Vergangenheit gekennzeichnet gewesen, auch er hatte niemanden an sich heran gelassen.

„Ich kann es mir sehr gut vorstellen.“, sagte er schließlich und durchbrach die Stille.

„Ich weiß ganz genau was in dir vorgegangen ist Sam, weil es in mir nicht anders aussah. Aber anders als du, habe ich versucht über meinen Schatten zu springen. Ich war derjenige, der auf dich zugegangen ist, als wir uns kennenlernten. Ich war derjenige, der sich ständig entschuldigte, ich war derjenige, der immer wieder vor deiner Tür aufgetaucht ist und daran gebettelt hat, wie ein jämmerlicher Hund. Ich war auch derjenige, der den ersten Schritt gemacht hat, war derjenige der nicht locker gelassen hat und zum Schluss….“, Kyle wusste nicht, ob er für die nächsten Worte überhaupt bereit war, doch er konnte sich nicht länger darauf vorbereiten, denn jetzt war es viel zu spät um einen Rückzieher zu machen.

„Zum Schluss, war ich derjenige, der sich als erstes eingestanden hat, dass er dich liebt. Ich bin sogar zu diesem verdammten Haus gefahren, nur weil ich eine SMS von dir bekommen habe, obwohl ich eigentlich zu dir gesagt hatte, dass ich nicht mehr auf dich zugehen würde. Sam ich habe dir alles gegeben und es war niemals genug!“, erklärte er und spürte die Gefühle, die er in dieser Zeit empfunden hatte. Jetzt da Sam zum Greifen nah war, wurde er beinahe von seinen Gefühlen überwältigt, doch er war sich nicht sicher, ob das überhaupt noch ausreichen würde.

„Schon wieder liegst du falsch. Es war genug! Es hat nur ein wenig gedauert bis ich den Mut gefunden habe, den du gefunden hast! Kyle du warst immer der stärkere von uns Beiden! Du bist ein solch herzensguter Mensch, der seine Wohltätigkeit hinter einer Fassade versteckt, mit der er leichter durch die Welt kommt! Wenn du nur eine einzige Sache mitnehmen könntest aus diesem Gespräch Kyle, dann doch bitte die Folgende: Bevor ich dich kennengelernt habe, war ich ein nervliches Wrack. Ich war nicht selbstzerstörerisch, noch war ich sonderlich seltsam doch ich war jemand, der es vorzog alleine zu sein. Du hast mich vom ersten Moment an dazu gebracht, anders zu reagieren wie die Menschen vor dir. Du hast mir die Augen geöffnet und erst seitdem du in mein Leben getreten bist habe ich das Gefühl, wirklich zu leben. Verstehst du was ich meine? Wenn du glaubst, du warst nie gut genug dann denke zumindest daran, dass du es geschafft hast jemandem Leben einzuhauchen, der Innerlich bereits vermodert war. Jeden Moment, den wir miteinander verbrachten, hast du genutzt um mir irgendwas beizubringen. Ich glaube nicht, dass dir klar ist, wie sehr du mir geholfen hast und dafür werde ich dir mein Leben lang dankbar sein! Ich bereue es zutiefst, dass du wegen mir so leiden musstest. Dass du es immer noch tust mit deinem Knie, während du doch eigentlich nur positives in mein Leben gebracht hast. Und ich weiß natürlich, dass ich dir niemals alles von mir gegeben habe, doch ich habe dir das gegeben was ich entbehren konnte. Es war nicht viel wenn man es von außen betrachtet, doch es war alles, von meinem Standpunkt aus. Mir ist bewusst, dass es niemals wieder so werden wird, wie es einmal war doch ich hoffe, dass du mich irgendwann nicht mehr so sehr hasst, denn wenn wir mal ganz ehrlich sind, so glaube ich, dass du nach wie vor mir die Schuld an alledem gibst. Und ich verstehe es sogar irgendwie…“, meinte Sam und wusste nicht, wie lange sie diese Unterhaltung noch führen konnte, bevor sie zusammenbrechen würde. Ihr war klar, dass sich die Unterhaltung anders entwickelte, als sie es sich gewünscht hatte und mit jeder Minute mehr, mit jedem Einwand mehr, verließ sie die Hoffnung ein Stückchen mehr.

Kyles Kopf hingegen schwirrte von all diesen Worten, mit denen er noch vor einigen Monaten nichts hätte anfangen können. Wie konnte einen ein einziger Mensch nur so sehr verändern? Wenn nur dieser blöde Stolz nicht wäre, den er scheinbar nicht überwinden konnte. Er konnte es nicht mehr aussprechen, egal wie sehr er es wollte. Er hatte zu viel Angst, dass doch alles wieder irgendwie schief laufen würde und er am Schluss erneut dastehen würde. Dann mit einem gebrochenen Herzen anstatt mit einem gebrochenen Bein.

„Ich weiß ganz genau, welche Überwindung es dich kostet, das alles zu sagen Sam, aber ich weiß einfach nicht, ob ich es noch einmal ertragen könnte….“, Kyle brach ab. Er wusste nicht, wie er die folgenden Gedanken in Worte fassen sollte.

„Das dachte ich mir schon und soll ich dir etwas sagen? Ich glaube, es ist die Beste Entscheidung die du für dich treffen kannst…“, meinte Sam und erhob sich, was Kyle ein wenig aus der Fassung brachte. Er wollte etwas sagen, wusste jedoch nicht was und wie er es mitteilen konnte. Er schien wie erstarrt in diesem Moment, in welchem Sam sich vor ihn stellte.

„Wer weiß, vielleicht wartet da draußen einfach jemand, der besser zu uns passt!“, erklärte Sam und obwohl sie versuchte, ihre Gefühle zu überspielen, konnte Kyle sehen, dass sie zitterte. Tränen sammelten sich in ihren Augen und er saß nach wie vor starr da.

„Ich muss jetzt gehen Kyle. Ich wünsche dir….“, bei diesen Worten brach sie ab und wandte ihm den Rücken zu, während Kyle fieberhaft überlegte, was er wollte. Innerhalb von nur ein paar Sekunden, gingen ihm Millionen Gedanken durch den Kopf, doch nur ein einziger formte sich langsam zu der alles entscheidenden Frage: Würde er tatsächlich, nur weil sie Beide Fehler begangen hatte, ein Leben lang darauf verzichten, mit Sam zusammen zu sein?

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sam musste sich zusammenreißen, um nicht vor Kyle in Tränen auszubrechen. Sie schaffte es nicht, die letzten Worte auszusprechen. Schaffte es nicht, ihm alles Gute zu wünschen. Scheiß auf gutes Benehmen und auf die besten Wünsche für den Menschen den man liebte, wenn es einem doch eigentlich das Herz brach. Wenn man doch eigentlich der festen Überzeugung war, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte. Er würde es nicht noch einmal ertragen, durch all das zu gehen, was sie beide durchgemacht hatten. Er hatte Angst davor, dass sich eigentlich doch nicht geändert hatte. Konnte sie ihm deswegen wirklich einen Vorwurf machen? Nein! Konnte sie deswegen stinkwütend werden, weil ihr das Leben erneut ein Schnippchen geschlagen hatte? Ja Verdammt.

„Weißt du noch, als ich dich angerufen habe, als ich bei meiner Mutter war?“, hörte sie plötzlich hinter sich Kyles Stimme und blieb stehen. Beinahe glaubte sie, dass er die Frage gar nicht ihr gestellt hatte, doch außer ihnen befand sich niemand im Stadion. Da ihr bereits eine Träne übers Gesicht gelaufen war, vermied sie es, sich umzudrehen, stattdessen antwortete sie auf die Frage die ihr im Grunde genommen recht sinnlos erschien.

„Ja, ich erinnere mich. Du hast mir erzählt, dass du länger bleiben würdest! Es war unser letztes Telefonat vor dem Streit, den wir bei deiner Rückkehr hatten!“

„Weißt du noch, als ich dir noch etwas sagen wollte, im letzten Moment jedoch einen Rückzieher gemacht habe?“, fragte Kyle sie weiter und obwohl Sam nicht wusste, worauf Kyle hinaus wollte, so konnte sie sich sehr wohl daran erinnern. Sie hatte damals ein seltsames Gefühl gehabt, doch Kyle hatte den Rückwärtsgang eingelegt und so hatte sie niemals erfahren, was er noch von ihr gewollt hatte.

„Ja, ich weiß es noch…“, erklärte Sam und drehte sich langsam doch um, nur um zu sehen, dass Kyle auf Krücken hinter ihr stand.

„Ich wollte dir damals eigentlich sagen, dass ich dich vermisse…“, klare Worte, die in Sam ein Gefühl erzeugten, als würden Elefanten durch ihren Körper trampeln.

„Bitte beantworte mir noch eine einzige Frage: Als du zu mir ins Zimmer gekommen bist, hast du gesagt, dass du mit einer Antwort auf meine Frage hin zu dem Spiel gekommen bist. Wie lautete diese Antwort?“, fragte Kyle sie und selbst durch ihren verschleierten Blick konnte Sam erkennen, dass sein Ausdruck sich verändert hatte.

Sam wischte sich schnell mit der Hand über die Augen, bevor sie ihren Blick abwandte und ihn über die Gegend schweifen ließ.

Sie wollte ihm diese Frage am liebsten um die Ohren schmeißen, stattdessen entschied sie sich, ein letztes Mal ehrlich zu ihm zu sein.

„Ich wollte dir damals sagen, dass ich einen Versuch wagen wollte. Ich wollte sagen, dass ich auch mein Leben mit dir verbringen wollte.“, erklärte sie und wagte es jedoch nicht mehr, ihm in die Augen zu sehen.

„Du wolltest mir also nicht sagen, dass du dich auch in mich verliebt hattest?“, fragte Kyle sie weiter.

„Du hast gesagt, nur noch eine weitere Frage!“, konterte Sam und wollte sich wieder abwenden, weil sie glaubte, sich endlich einigeln zu müssen. Sie brauchte jetzt Schonzeit, die Möglichkeit sich selbst zu bemitleiden. Doch irgendwas anderes sagte ihr dennoch, dass das Spiel noch nicht ganz verloren war. Ihr Körper hingegen reagierte von selber, doch er wurde von Kyle daran gehindert, sich vollends abzuwenden. Während er sich an seiner Krücke abstützte, schaffte er es seine Hand um ihr Handgelenk zu legen und sie so am weggehen zu hindern.

„Sam bitte, antworte mir!“, sagte er ernst.

„Nein, das wollte ich nicht.“, räumte Sam schließlich ein auch wenn sie wusste, dass sie sich damit ihr eigenes Grab noch tiefer schaufelte. Doch sie hatte sich für die Wahrheit entschlossen und das würde sie jetzt auch durchziehen.

„Und wie sieht es heute aus?“, fragte er sie während seine Stimme leiser geworden war. Sam wandte ihm ihren Körper wieder entgegen und sah zu ihm auf. „Was spielt das überhaupt noch für eine Rolle? Was bedeuten all diese Fragen?“, fragte sie ihn und spürte die Kälte, die sich in ihrem Körper breitmachte.

Kyle blinzelte einige Male, während er auf Sam hinab sah. Was plante er da eigentlich? Er wusste es selber nicht, doch es schien ihm wichtig zu sein, diese Fragen zu stellen. Jetzt, da Sam ihm direkt gegenüber stand, während ihre Brust beinahe seine berührte war er sich jedoch nicht mehr sicher, ob die Antworten überhaupt noch ausschlaggebend sein würden. Trotz all der Enttäuschungen, trotz all der Wut und des Hasses, trotz der Lügen und dem ständigen Auf und Ab wurde ihm nämlich eine Sache klar, die er wohl doch irgendwie schon immer gewusst hatte.

Auch wenn das bedeutete, dass er sich in das größte und tiefste Lochen fallen ließ, welches sich in seinem Leben auftun würde, selbst wenn er sich damit selber die größten Schmerzen zufügen würde, selbst wenn er sogar ohne Fangnetz in die Tiefe springen musste, er hatte seine Entscheidung gefällt.

Sams Antwort spielte im Endeffekt gar keine Rolle mehr. Es spielte für ihn auch keine Rolle, was sie wollte, denn sie musste sich ihm einfach fügen und irgendwann würde sie dann schon erkennen, da war er sich sicher, dass es das Beste für Beide gewesen war.

Ohne Sams Worte abzuwarten, folgte Kyle also, so wie jedes Mal bei Sam seinem Instinkt und obwohl er wusste, dass er sich jetzt vollkommen auslieferte, senkte er seine Lippen auf die ihren und genoss das erste Mal seit Wochen das Gefühl der Vollkommenheit und der Freiheit: Die Freiheit, glücklich zu sein. Auch ohne doppelten Boden oder Fangnetz.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ „Sag es bitte nochmal!“, sagte Kyle, während er neben Sam in ihrem Bett lag und die Nähe genoss, die ihm so sehr gefehlt hatte. Er konnte es kaum glauben. Zum einen konnte er nicht glauben, wieviel Zeit die Beiden damit vertan hatten, sich nicht Nahe zu sein, anstatt einfach den leichtesten Weg zu gehen. Zum anderen konnte er es jedoch immer noch nicht glauben, dass er und Sam es tatsächlich geschafft hatten, am Ziel anzukommen und das ohne weitere Verletzungen.

„Was denn? Sag niemals nie, Schätzchen?“, sagte Sam und obwohl Kyle ihr Gesicht nicht sehen konnte, weil sie dieses auf seine Brut platziert hatte, spürte er, dass sie lächelte.

„Nein, das vorher!“, meinte er.

„Dass ich alles tun würde, um dich glücklich zu machen?“, versuchte Sam zu erraten. Kyle lachte los.

„Genau das! Meinst du das ernst??“, fragte er sie, während er sie in Armen hielt und sich in diesem Moment schwor, dass egal was noch geschehen würde, er sie nie wieder loslassen würde. Es war ihm scheißegal, was die Menschen von ihm hielten, doch es war ein solch holpriger und langer Weg hierher gewesen, dass er darauf pfiff was die Menschen sagten. Nur Sam und er zählten in diesem Moment.

„Natürlich. Außer, du denkst gerade an irgendwelche SM Praktiken…das kannst du vergessen!“, erwiderte Sam und lachte dabei laut los, während sie sich aufsetzte und Kyle ansah. Sie strahlte und dies brachte auch Kyle zum strahlen.

Er strich ihr mit der Hand über die Wange und genoss das Gefühl, ihrer weichen Haut auf seiner.

„Daran habe ich nicht gedacht, aber wer weiß. Wie du schon sagtest: Sag niemals nie. Aber jetzt mal zu was anderem: Wenn du mit allem, wirklich alles meinst, dann kannst du mir doch bestimmt einen Gefallen tun, oder??“, stellte er seine Frage und blickte dabei in zwei warme braune Augen, die ihm die Welt offen hielten.

Kyle konnte sein Glück nach wie vor kaum glauben und so stellte er sich, genauso wie vermutlich alle anderen auch, die eine Frage:

Wer hätte geglaubt, dass Kyle Thompson und Sam Raven irgendwann tatsächlich erfolgreich ins Ziel einlaufen würden? 

Epilog

 

Als Kyle sie um einen Gefallen gebeten hatte, hatte Sam niemals damit gerechnet, dass er sich ausgerechnet dies von ihr wünschen würde. Manchmal fragte sie sich nach wie vor, was nur im Kopf dieses Mannes vor sich ging.

Die letzten zwei Wochen waren einfach unglaublich gewesen. Nachdem sie alles geklärt hatten, war nichts mehr so gewesen, wie es einst gewesen war. In der Zeit, in der alles in der Schwebe gestanden hatte, waren sie immer vorsichtig umeinander herum gekreist, ja darauf bedacht, nichts Falsches zu tun oder zu sagen. Dies hatte natürlich zumeist genau zu Falschem geführt, was dann wiederum eine Menge Streit provoziert hatte.

Jetzt hingegen, schafften sie es tatsächlich, ehrlich zueinander zu sein. Sam war nicht so blauäugig zu glauben, dass jetzt da sie es endlich geschafft hatten ihre Beziehung offiziell zu machen, Streit und Konflikte ausgemerzt waren. Alleine in diesen zwei Wochen hatten sie es geschafft, sich um die unterschiedlichsten Dinge zu streiten, Meinungsverschiedenheiten, wie sie sie nannten die jedoch nicht mehr zu alles überrollenden Katastrophen führten. Sam war aus sich heraus gekommen. Wenn es tatsächlich diese Entführung dafür gebraucht hatte, dann konnte sie Logan, zu einem winzig kleinen Teil, vielleicht sogar dankbar sein. Ihr war bewusst, dass wenn sie vorher zusammengekommen wären, diese Beziehung, trotz der Zuneigung die sie füreinander empfunden hatten, niemals funktioniert hätte da beide erst lernen mussten, aus sich heraus zu kommen und Ehrlichkeit an den Tag zu legen.

„Was führt ihr denn für eine seltsame Beziehung?“, hatte Simmons sie beide gefragt, als sie sich darum gestritten hatten, wer denn jetzt eigentlich der stärkere von Beiden war. Körperlich gesehen.

„Eine Beziehung, die nicht nur durch Liebeleien bestimmt ist?“, hatte Sam geantwortet und Kyle danach mit den Tatsachen konfrontiert.

„Ich habe dich niedergeschlagen…und das nicht nur einmal, vergiss das nicht mein Lieber!“

„Hä was?“, hatte Simmons gefragt und zwischen den Beiden hin und her gesehen, während Goalie in Gelächter ausgebrochen war. Danny und Martin, der mit seiner Verlobten Conny gekommen war, hatten sich nur verständnislos angeblickt und darauf gewartet, dass Simmons die Infos aus den anderen herausbekam.

„Ist eigentlich gar nicht so wichtig, wenn ich es jetzt recht bedenke!“, hatte Kyle schnell gesagt und war dabei, unverkennbar, ein wenig rot angelaufen.

„Eigentlich ja schon…“, hatte Sam erwidert, jedoch dennoch nicht weiter darauf rumgehackt.

„Ich glaube, ihr werdet euch in dieser Beziehung wahrscheinlich noch gegenseitig umbringen!“, hatte Simmons vollen Ernstes erklärt und seinen Blick wieder verständnislos auf den Film gerichtet, der nebenbei gelaufen war.

„Das glaube ich eigentlich weniger…“, hatte Kyle darauf geantwortet und Sam dann, so wie er es immer tat, die Hand um den Rücken gelegt, um sie näher zu sich zu ziehen.

„Das dürfte mehr als nur interessant werden!“, hatte Danny gesagt und dann war es wieder still in Sams Wohnung geworden. Alle hatten sich den Film angesehen, während Sam und Kyle damit beschäftigt gewesen waren sich selber zu betrachten und es kaum zu glauben, dass sie ihr Glück tatsächlich gefunden hatten.

Dieses Geschehnis war exakt eine Woche nach ihrem Zusammenkommen gewesen. Damals hatte Sam bereits gewusst, was Kyle sich von ihr wünschte und damals hatte sie es noch als locker angesehen. Sein Wunsch, war gleichzeitig überraschend und vorhersehbar gekommen und so stand sie jetzt hier.

 

Sam war immer ein Mensch gewesen, der sich zurückgezogen hatte, sobald es ein wenig kompliziert geworden war. Jetzt, hatte sie nicht mehr die Möglichkeit dazu, auch wenn sie dies gerne tun würde.

„Ladys und Gentleman! Ich begrüße alle zu dem ersten Freundschaftsspiel dieser Saison! Die Staten College Panthers gegen die Bluefields!“, ertönte es durch die riesigen Lautsprecher rund um das Stadion. Die Menge brach in Jubel aus, als die Lichter angingen und 25 Mädchen auf dem Feld standen, zu denen auch Sam sich zählte. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, denn sie wusste nicht, ob sie es tatsächlich schaffen würde, in diesem Outfit das zu vollbringen, was Kyle so gerne hatte sehen wollen. Sie erblickte ihn in der ersten Reihe, direkt hinter den Spielern, die noch auf der Bank saßen.

Er strahlte solch eine Freude aus, dass Sam sofort alle Zweifel vergaß.

„Und hier ersteinmal die Cheerleader des Staten College, die uns jetzt mal ein wenig einheizen!“, erklärte der Sprecher und die Menge tobte.

„Alles klar bei dir Sam??“, hörte sie Kristy neben sich sagen. Kristy hatte es überhaupt möglich gemacht, dass Sam bei diesem Auftritt dabei sein konnte.

„Ja ich glaube schon. Naja, es kann vielleicht sein, dass ich das Bewusstsein jeden Moment verliere, aber am besten ihr lasst euch davon nicht stören und lasst mich einfach liegen! Ich steh da schon irgendwann wieder von alleine auf!“, erklärte Sam und spürte wie ihre Beine schlotterten. Kristy hatte keine weitere Zeit auf diesen Kommentar zu antworten, denn schon ertönte die Musik und die Cheerleader legten los.

Sam Raven war ein Mädchen, das niemals auffiel. Bereits auf der High School hatte sie zu jenen Mädchen gehört, die sich in der Bibliothek verschanzten, der Zeitungs AG angehörten und stets gute Noten schrieben. Auf der High School war es jedoch sehr leicht einfach unterzutauchen und die Menschen quatschen zu lassen. Doch hier, vor versammeltem Publikum, auf dem Fußballfeld des Staten Colleges, halb nackt, war es nicht mehr ganz so leicht, unbemerkt zu verschwinden.

Doch sie musste jetzt auch nicht mehr verschwinden. Sie hatte endlich den Mut gefunden, aus sich heraus zu kommen, was sie einem Menschen zu verdanken hatte, den sie Anfangs als oberflächlich angesehen hatte. Heute war dieser oberflächliche Mensch derjenige, der ihr die Freude in ihrem Leben zurückgegeben hatte, der ihr Freunde beschert und der es ihr überhaupt möglich gemacht hatte, den Mut aufzubringen bei dem ersten Saisonspiel der College Fußball Liga ganz vorne mitzuspielen und den Cheerleadern beizutreten. Zumindest für diesen einen Auftritt, so hoffte Sam zumindest.

Als der Auftritt vorbei war, stürmten auch die Spieler auf das Fußballfeld, während Sam sich auf Zehenspitzen stellte, um nach Kyle Ausschau zu halten.

„Du warst fantastisch!“, hörte sie hinter sich eine Stimme, die jedoch eindeutig nicht männlich war und wandte sich um. Jeniffer stand hinter ihr und lächelte sie an. „Du solltest dir vielleicht überlegen, das doch noch einige Monate zu machen!“, sagte sie, während Sam jedoch in Gelächter ausbrach.

„Danke für das Angebot, aber ich glaube ich passe….“, und schon zog sie ein Arm an eine Brust und sie schloss für einen kurzen Augenblick die Augen um das Gefühl in sich festzuhalten, was entstand, wenn man von dem Menschen den man liebte diese Zuneigung bekam.

„Ich denke auch, du solltest es dir noch mal überlegen!“, sagte Kyle und fügte dann hinzu „Danke Jeniffer, dass ihr mir diesen Gefallen getan habt!“, danach schenkte er ihr jedoch keine weitere Beachtung mehr.

Jeniffer wandte sich ab und fragte sich, was mit diesen beiden nur geschehen war. Sie waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht und doch schafften sie es, eine Freude auszustrahlen die jeden in der Nähe für sich einnahm. Jeniffer hatte Sam noch vor ein paar Monaten innerlich verflucht, doch mittlerweile verstand sie, warum sich Kyle Thompson genau für sie entschieden hatte.

„Und was machen wir jetzt??“, fragte Sam Kyle lachend, während sie ihm die Arme um den Nacken legte und ihm einen kurzen Kuss gab. Er lächelte.

„Keine Ahnung, aber ich würde vorschlagen erstmal das Spiel genießen und danach unseren Spaß haben!“, erläuterte er zwinkernd.

„Klingt nicht schlecht!“, erwiderte sie.

„Oder, ihr bewegt nach dem Spiel eure Ärsche mit ins Come In, dort wird gefeiert!“, sagte Simmons hinter ihnen und zog dann Sam von Kyle weg, was dieser nicht verhindern konnte, weil er nach wie vor auf Krücken unterwegs war. Simmons platzierte seinen Arm um Sams Schultern und sah dann beide kurz an, bevor er zu lachen begann.

„Ich weiß nicht…“, sagte Sam, da sie eigentlich etwas anderes im Sinn gehabt hatte.

„Ich weiß nicht zählt nicht!“, sagte Goalie, der ebenfalls dazugetreten war.

„Denkt daran, dass wir nicht mehr viele Möglichkeiten haben werden etwas miteinander zu unternehmen. In drei Monaten ziehe ich weg! Wir müssen die Zeit bis dahin unbedingt auskosten!“, erklärte er.

„Ich verstehe immer noch nicht, warum du überhaupt weg musst!“, sagte Danny, der sich dazugesellt hatte.

„Weil auch ich mich irgendwann meiner Vergangenheit stellen muss!“, sagte Goalie etwas ernster als zuvor.

„Wirst du uns jemals davon erzählen?“, sagte schließlich Martin, der ebenfalls unbemerkt dazu gestoßen war.

„Wer weiß. Vielleicht irgendwann…“, antwortete Goalie. Kurz darauf ertönte erneut die Stimme des Stadionsprechers, der alle aufforderte bitte wieder ihre Plätze einzunehmen, da das Freundschaftsspiel jetzt beginnen würde.

Kyle und Sam gingen nebeneinander her und setzten sich schließlich in die erste Reihe.

„Tut es weh zu sehen, dass die Spieler heute spielen können und du hier sitzen musst?“, fragte Sam Kyle ernst und dieser wägte seine Antwort gut ab.

„Irgendwie schon. Ich habe das Fußballspielen vielleicht verloren, aber dafür habe ich eine Menge dazu gewonnen. Außerdem habe ich da vielleicht eine Idee, was ich mit meiner Zukunft anfangen könnte!“, erklärte er. Sam war sich sicher, dass er es ihr erzählen würde, sobald die Pläne in seinem Kopf tatsächlich Gestalt annahmen und so sagte sie das Einzige, was ihr im Moment noch einfiel.

„Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich dich liebe??“, fragte sie ihn und konnte es selber kaum glauben, dass sie diese Worte ohne Angst aussprechen konnte.

 

„Ja hast du aber glaube mir, ich kann es nicht oft genug hören!“, erwiderte Kyle und so küssten sich beide, während der Anpfiff nicht nur das Spiel ankündigte sondern eine vollkommen ungewisse Zukunft mit einer Gewissheit: Sam und Kyle hatten soviel durchgestanden, da würden sie sich selber auch überleben. Sie würden glücklich werden. Und zwar nach ihrer eigenen Definition. 

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Tag der Veröffentlichung: 06.02.2013

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