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Kapitel 1: „Sag niemals nie, Schätzchen…“




Zehn Seiten noch. Zehn und dann war sie endlich fertig mit dieser Hausarbeit, die sie noch den letzten Nerv kosten würde. Eigentlich sollte sie an einem ihrer Artikel weiterschreiben, den sie für die Zeitung noch fertig machen musste, doch musste sie eben auch diese Hausarbeit endlich zu Ende bringen, sonst würde das nichts werden mit dem Abschluss in Journalismus. Ihr Traum war es schon immer gewesen für große Zeitungen wie die Washington Post, oder die New York Times Leitartikel zu verfassen. Bereits als sie die High School besucht hatte, hatte sie nichts anderes im Kopf gehabt als zu schreiben. Zunächst waren es nur kleine Kurzgeschichten gewesen, dann hatte sie angefangen Krimis zu schreiben. Doch nichts hatte sie so wirklich ausgefüllt, bis auf ihr Tagebuch, dass sie bis heute noch penibel genau führte. Und natürlich das Schreiben für die Zeitung, in der sie jedoch immer nur unwichtige Themen zugeteilt bekommen hatte. Einmal der Müll auf den Schulparkplätzen, eine anderer war der über die mittlerweile 65 Jahre alte Miss Hempshire, die damals in den Ruhestand gegangen war und die davon erzählt hatte, dass sie endlich damit beginnen wollte kleine Stofftiere zu stricken. Das wohl spannendste was sie auf der High School schreiben hätte können war damals, als sie ein Interview mit einem der Head Cheerleader führen sollte. Dies war jedoch vorzeitig abgebrochen worden da Stacy sich einen Fingernagel abgebrochen hatte.
Sam schüttelte den Kopf, sie durfte sich nicht immer von Gedanken und Erinnerungen aus dem Konzept bringen lassen. Es war bereits kurz vor Mitternacht und sie hatte wohl noch die ganze Nacht vor sich so wie das bisher lief, denn die Hausarbeit musste bis morgen fertig werden ansonsten war sie in dem Fach durchgefallen. Resigniert seufzte sie und ignoriert standhaft die Geräusche die aus dem Zimmer nebenan kamen.
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Kyle Thompson war ein Fußballspieler. Und zwar einer der wirklich guten Sorte. Er gehörte zu den beliebten wenn nicht sogar populären des Colleges. Alle Frauen liefen ihm hinterher. Jede bekam er. Dennoch hatte er das Gefühl, dass an diesem Abend irgendetwas falsch lief als er sich gerade im Bett mit einem Mädchen vergnügte, deren Namen er nicht einmal mehr kannte und plötzlich ein zweiter Kerl im Raum stand. Nein, irgendwas stimmte hier absolut nicht.
„Hi!“ sagte der zweite Typ und sah dabei leider nicht nur das Mädchen, das neben ihm lag lüstern an sondern auch Kyle selber, der sich plötzlich ziemlich ausgeliefert fühlte.
„Ähm, Süße, kennst du den?“ fragte Kyle vorsichtig das Mädchen. Diese lächelte jedoch und sagte dann
„Patrizio! Endlich bist du da, dachte schon wir müssen uns die ganze Nacht nur zu zweit Vergnügen!“ dabei sah sie Kyle verführerisch an. Das wars. Hier hatte der Schalter umgelegt und Kyle war sofort aufgesprungen, hatte seine sieben Sachen zusammengepackt und war aus dem Zimmer gestürmt. Patrizio, wie das Mädchen den Kerl genannt hatte, verzog dabei enttäuscht die Lippen doch Kyle brauste hinaus, als gäbe es kein Morgen mehr. Schneller als er ‚Amen‘ sagen konnte, stand er auf dem Gang, nun jedoch vor dem nächsten Problem. Denn er befand sich in einem Mädchenwohnheim in einem Gang, splitterfasernackt. Zum Glück hatte er noch an seine Klamotten gedacht, die er nun schützend vor sich hielt und stürmte den Gang entlang. Da war es, das Schild das er herbei gesehnt hatte. Ein Mädchenwaschraum. Dort konnte er sich schnell anziehen und dann zusehen dass er sich aus dem Staub machte.
Während er eintrat verfluchte er sich selbst. Die Jungs hatten ihn davor gewarnt mit dem Mädchen nachhause zu gehen. Einer der Jungs kannte sie anscheinend schon länger und hatte gemeint, dass sie auf seltsame Praktiken stand, doch dabei hätte Kyle wohl nicht erwartet, dass er damit einen Dreier gemeint hatte! Er schloss sich in eine der Kabinen ein und fing schnell an sich seine Boxershorts überzustreifen, dann seine Hose zum Schluss die Schuhe. Doch da hörte er den Knall einer Tür und dann wie eine der Duschen aufgedreht wurde. Er hielt den Atem an. Um aus dem Waschraum zu gelangen, musste er an den Duschen vorbei, die zwar abgetrennt waren, aber dennoch sowohl oben als auch unten den Freiraum boten, jemanden zu sehen wenn er vorbei ging. Er schluckte schwer. Was sollte er denn jetzt tun? Wenn er einem der Mädchen hier begegnen würde, würde die ihn wahrscheinlich melden oder loskreischen so dass er ziemliche Probleme mit dem Direktor bekommen würde, der ihn erst vor kurzem verwarnt hatte, weil er in der Nacht in einem der Mädchenwohnheime aufgefunden worden war. ‚Shit, shit, shit!!‘ dachte sich Kyle lediglich und versuchte herauszufinden, was er nun am besten tun sollte. Entweder er wartete, bis das Mädchen fertig war, oder er gesellte sich zu ihr (absolutes Nein!) oder er versuchte sich an ihr vorbeizuschleichen. Wenn er in dem Moment vorbeihuschen würde, in dem sie sich mit dem Rücken zu ihm drehte, könnte es klappen. Da er nicht Gefahr laufen wollte, dass noch mehr Mädchen den Waschraum betraten und er auf ewig hier festsaß, öffnete er leise die Tür. Sein T-Shirt hatte er noch in der Hand, doch daran dachte er im Moment gar nicht, denn sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Die Stimme des Direktors ertönte in seinem Kopf.
„Kyle, wenn du nicht endlich verstehst, wo die Prioritäten eines Fußballspielers liegen sollten, dann kann ich dir auch nicht mehr helfen. Noch so ein Ausrutscher und du bist raus aus dem Team!“ niedergeschlagen schüttelte Kyle den Kopf. Der Direktor hatte ja Recht, bei dem Mist den er in den letzten Wochen und Monaten fabriziert hatte, war es überhaupt ein Wunder dass er noch auf diesem College war. Doch das Team war ihm das wichtigste und aus diesem Grund musste er einfach heil hier raus kommen. Hätte er doch nur auf die Jungs gehört, hätte er doch nur darauf verzichtet mit diesem, nicht mal heißen Mädchen zu ihr zu gehen und sich zu amüsieren.
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„Ach das hat doch alles keinen Sinn!“ schimpfte Sam und schmiss das Buch, das sie gerade in den Händen gehalten hatte in die Ecke. Sie war müde. Sie hatte Hunger und das aller wichtigste. Sie hatte einfach keinen Bock mehr. Sie stand wütend auf und stapfte durch das Zimmer. Im nebenliegenden Raum hatten zwei bis vor kurzem noch ganz schön viel Spaß gehabt, doch dann war es ruhig geworden. Ach streicht das, da begannen die beiden gerade von vorne. Sie zog die Augenbrauen zusammen und fragte sich unweigerlich, ob Rachel denn eigentlich jemals eine Pause einlegte? Jeden Abend hatte sie neue „Besucher“ wie Sam sie zu nennen pflegte und jeden Morgen waren die Jungs wieder verschwunden. Heute Abend hatte sie beobachten können, wie Kyle Thompson mit Rachel ins Zimmer verschwunden war, doch er hatte Sam keines Blickes gewürdigt. Weshalb auch, die beiden hatten glücklicherweise nichts miteinander zu tun. Da dachte sie daran, dass sie in nur ein paar Tagen raus hier sein würde. Sie würde in eine schicke kleine Wohnung ziehen, welche früher ihrer Tante gehört hatte. Doch da die wieder geheiratet hatte, konnte nun Sam diese nutzen. Klar sie war ungefähr eine Stunde zufuß vom Campus entfernt, aber trotzdem. Sie freute sich endlich ihre Privatsphäre zu haben. Endlich ihre eigene Dusche, ihre eigene Toilette. Und vor allem endlich Wände, die nicht aus Papier bestanden und so zumindest einen Teil der Geräusche die in der Wohnung entstanden zurückhalten konnten. Als Rachel gerade am Höhepunkt ihres Gekreisches war, schnappte sich Sam schnell ihre Duschsachen und machte sich aus dem Staub. Sie hatte es jedoch nicht verhindern können, dass ihr die Schamesröte ins Gesicht stieg und ihr plötzlich heiß wurde. Schnell schloss sie hinter sich die Tür und stürmte auf den Mädchenwaschraum zu wo sie ohne Umschweife zu den Duschkabinen eilte. Sie brauchte dringend eine Abkühlung. Sie entledigte sich ihrer Klamotten, stellte die Dusche an und begab sich schließlich unter den angenehmen Strahl.
Rachel, ihre Nachbarin, war eigentlich ein nettes Mädchen, doch war sie wenn man es ganz genau nahm, eine ziemliche Schlampe, die tatsächlich jeden Abend einen neuen anschleppte. Das war nicht übertrieben oder so, sondern entsprach voll und ganz der Wahrheit.
Ganz im Gegenteil zu Sam, die selber wohl als die Unschuld in Person bezeichnet werden konnte. Noch nie hatte sie einen Jungen geküsst, was nicht weiter verwunderlich war, schließlich hatte sie bisher immer zurückgezogen und alleine gelebt. Sie hatte sich nie etwas aus ihrem Äußeren gemacht, kein Make Up benutzt, oder sich Haarspray in die Haare gesprüht. Sie hatte niemals die neuesten Klamotten getragen und hatte sich auch niemals auf irgendwelchen Partys blicken lassen. Sam war der Traum jeder Eltern und dennoch ließ sie das Gefühl nicht los, dass sie etwas in ihrem Leben verpasst hatte.
Da hörte sie es. Ein quietschen. Wie von Turnschuhen auf Fliesen. Doch um diese Uhrzeit waren die Mädchen normalerweise alle bereits im Bett, was auch der Grund dafür war, dass sie seitdem sie das Studium begonnen hatte immer erst nach Mitternacht duschte. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, gemeinsam mit anderen Mädchen in einer Dusche zu stehen. Auch bei diesem Gedanken schoss ihr wieder die Schamesröte ins Gesicht, was jedoch schnell durch das Geräusch wieder verschwand. Irgendjemand befand sich in diesem Raum. Sie stellte die Dusche ab, schlang sich ihr Handtuch um den Körper und wischte mit den Händen über ihr Gesicht um es vom restlichen Wasser zu befreien. Langsam und auf Zehenspitzen schlich sie zum Eingang zu den Duschen. Wenn jemand hier drinnen war, dann musste dieser jemand unweigerlich hier vorbei um den Raum wieder zu verlassen. Einen Schritt nach dem anderen.
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Einen Schritt nach dem anderen nahm Kyle und hoffte inständig, dass das Mädchen ihn nicht hörte. Was war, wenn es sogar eine der Betreuerinnen war? Dann hatte er wirklich ein gewaltiges Problem. Als seine Schuhe das erste Mal quietschten wollte er sich selber einen Arschtritt dafür verpassen, dass er sie nicht noch ausgelassen hatte. Als sie das zweite Mal quietschten, wollte er seinen Kopf gegen die Wand schlagen, denn in diesem Moment wurde die Dusche abgestellt. ‚Oh fuck!‘ Wenn sie ihn hier drinnen erwischten, dann wäre er nicht nur aus dem Team raus, sondern er würde auch noch den Ruf eines Spanners inne haben. Einen Schritt nach dem anderen. Gleich hatte er die Tür erreicht. Er atmete einmal tief durch. Noch einen Schritt. Er schloss die Augen vor Aufregung, gleich hatte er es geschafft. Doch da plötzlich, stieß ihm etwas in die Seite. Sofort war er in der Bewegung erstarrt und sah an sich hinunter. Da stand ein zierliches, ziemlich jung erscheinendes Mädchen neben ihm. Nein, so konnte man es nicht wirklich ausdrücken. Sie krallte sich gerade an seine Hose, weil sie anscheinend Probleme mit dem Stehen hatte. Schnell schloss er seine Arme um sie und als sie endlich ihr Gleichgewicht gefunden hatte, konnte er sehen, wie sie ihre Augenbrauen zusammenzog, was wirklich furchtbar aussah und ihn dann zornig anfunkelte.
Mit ihren rötlich schimmernden Haaren und den dunkelbraunen Augen sah sie aus, als könnte sie gerade erst die 18 überschritten haben. Vielleicht war sie ein Erstsemester?
Kyle atmete durch. Mit solch einem Mädchen konnte er es aufnehmen. Er würde ihr ein wenig schmeicheln, ihr ein paar Komplimente machen, wenn es sein musste würde er ihr auch eine Nacht schenken, doch sie würde den Mund halten. Noch niemals hatte sich eine Frau Kyle Thompsons Charme entziehen können.
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Als Sam unerwartet in jemanden hinein donnerte, hatte sie Probleme sich auf den Beinen zu halten, da durch das Wasser der Boden sehr rutschig geworden war. Halt suchend, krallte sie sich an das einzige was ihr diesen geben konnte, nämlich in seine Hose. Halt, seine? Zwei feste Arme schlossen sich um ihre Taille und verhinderten somit, dass sie auf dem Hintern landete. Sobald sie wieder sicheren Boden unter den Füßen hatte, starrte sie die Person die vor ihr stand an. Kyle Thompson! Was wollte er hier drinnen? Der Zugang war nur den Mädchen des Wohnheims gestattet und war er nicht noch vor einigen Minuten mit Rachel zugange gewesen? Sie zog die Augenbrauen zusammen und versuchte angestrengt zu überlegen, was sie sagen sollte. Dass sie mit nur einem Handtuch bekleidet vor ihm stand, machte ihr weniger Sorgen, denn Jungs wie Kyle Thompson nahmen Mädchen erst dann wahr, wenn sie die 1,70m überschritten, blonde Haare und blaue Augen hatten und vor allem diejenigen, die wesentlich mehr Kurven aufzuweisen hatten, als sie selber. Doch musste sie ihm sagen, dass er hier verschwinden sollte und sie diesen Vorfall der Betreuerin melden würde, denn kein Junge hatte das Recht sich als Spanner in den Duschkabinen der Frauen aufzuhalten. Pech für ihn, dass er nur Sam erwischt hatte.
„Was zum Teufel treibst du hier drinnen?“ fragte sie ihn wütend. Solche Jungs wie Kyle dachten sie könnten alles tun, ohne darauf zu achten was ihre Handlungen für Konsequenzen nach sich zogen. Er schien irritiert zu sein und anscheinend hatte es ihm die Sprache verschlagen, denn noch hatte er nicht auf ihr Frage geantwortet. Stattdessen hielt er sie immer noch an der Taille fest, was sie nun beendete, indem sie ein paar Schritte rückwärts trat, peinlichst darauf bedacht nicht wieder auszurutschen.
„Ähm, ich hab mich hier umgezogen!“ antwortete er nun vorsichtig auf ihre Frage.
„Wieso tust du das hier, du warst doch gerade eben noch bei Rachel, wenn ich mich nicht täusche?!“ fragte sie ihn mit solch einer Feindseligkeit in ihrer Stimme, dass Kyle langsam aber sicher das Gefühl hatte, dass er es mit ihr nicht so leicht haben würde, wie er anfangs gedacht hatte. Doch zumindest hatte sie ihm den Namen des Mädchens verraten, mit dem er noch einige Minuten zuvor seinen Spaß gehabt hatte, bevor dieser Kerl hereingeschneit war.
„Nun, da gab es eine kleine Planänderung!“ sagte Kyle und setzte sein Bad Boy Grinsen auf, dem kein Mädchen wiederstehen konnte. „Aber ich hab das Gefühl, dass ich vielleicht dennoch zu meinem Spaß kommen könnte!“ Als er diesen Satz ausgesprochen hatte, erschien auf ihrem Gesicht nicht die gewohnte Freude. Auch fühlte sie sich offenbar nicht geehrt.
„Du kannst dir deine Anmachsprüche bei mir sparen!“ sagte sie gerade heraus und nahm ihm so den Wind aus den Segeln. Gut, da mussten anscheinend andere Methoden heran. Kyle, nahm sich kurz Zeit den Körper des Mädchens von oben bis unten zu betrachten, auch ließ er die Stellen nicht aus, die das Handtuch sehr gut verbarg, doch in ihrem Gesicht war keine Spur von Verlangen zu erkennen, also unterließ er es schnell, hatte jedoch noch feststellen können, dass ihre Beine gar nicht so übel waren.
„Ich denke wir machen es jetzt so. Du und ich gehen gemeinsam zu Lynn, dann kannst du ja bei ihr versuchen dich rauszureden!“ als sie diese Worte ausgesprochen hatte, wich sämtliche Koketterie aus Kyles Gesicht. An ihre Stelle trat nun die Angst.
„Nein, ich denke wir machen es so. Wir beide gehen jetzt gemeinsam in dein Zimmer, haben ein wenig Spaß und morgen früh vergessen wir, dass du mich hier gefunden hast!“ nahm Kyle ein letztes Mal Anlauf, doch das Mädchen schien in keinster Weise an ihm interessiert zu sein, denn auf ihr Gesicht trat ein Lächeln, das teuflischer nicht sein könnte.
„Nun, ICH denke, dass du auf dem Holzweg bist!“ sagte sie lediglich und kehrte kurz um und holte offenbar ihre Sachen, dann schritt sie ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen an ihm vorbei. Kyles Hirn arbeitete auf Hochtouren. Was konnte er tun um sie davon abzuhalten ihn bei der Betreuerin anzuschwärzen? Mitleid! Genau. Auch dies war eine Waffe, die er normalerweise dafür benutzte andere Mädchen ins Bett zu bekommen, aber nun ja vielleicht half es ja auch in dieser Situation. Er ging ein paar Schritte auf sie zu. Sie wollte gerade die Tür öffnen, als er ihren Arm fasste und sie so daran hinderte. Genervt sah sie auf zu ihm und sagte „Wenn du mich jetzt überfallen willst, ich sollte dich warnen. Ich habe einige Kampfsporttechniken in Petto und sollte das nichts bringen, Schreien kann ich auch sehr laut!“ nun das musste sie auch, denn mit vier Brüdern aufzuwachsen die mit Prügeleien und bösen Scherzen ihren Alltag verbracht hatten forderte gewisse Fähigkeiten. Mit zwölf hatte Sam angefangen Kickboxen zu betreiben und war bis heute, 11 Jahre später noch fleißig dabei. Sogar hier in Hilton, einer kleinen Stadt die doch eigentlich fast nur aus Studenten bestand, hatte sie einen Verein gefunden. Dort trainierte sie mit Micheal, der ein äußerst hervorragender Trainer war.
„Natürlich wollte ich dich nicht überfallen!“ sagte Kyle schnell und zog seine Hand von ihrem Arm weg, als hätte ihn eine Wespe gestochen. Da hatte sie wohl einen wunden Punkt getroffen.
„Hey…ähm“ ha er wusste noch nicht einmal ihren Namen, doch so leicht würde sie es ihm nicht machen und ihn ihm einfach mitteilen. Das hatte offenbar auch er verstanden denn er formulierte seinen Satz neu.
„Ich verspreche dir, ich haue ganz schnell ab, aber bitte sag nichts eurer Betreuerin. Die schmeißen mich sonst aus dem Fußballteam!“ oh, die neue Masche, er versuchte also Mitleid zu erregen.
Kyle konnte gleich sehen, dass er auch so nicht wirklich weiter kam. Doch ehe er etwas sagen konnte öffnete das Mädchen, das sich strikt geweigert hatte ihm ihren Namen zu nennen, diesen hätte er fünf Minuten später wahrscheinlich sowieso wieder vergessen nebenbei bemerkt, ihren Mund und sagte die Worte die er hören wollte.
„Nun gut, meinetwegen. Glaub nicht dass du mit diesem Mitleidscheiß irgendwas bei mir ausgelöst hast, aber da ich sehr müde bin und auch noch eine Hausarbeit fertig schreiben muss, lass ich dich gehen. Aber sollte ich dich jemals wieder hier erwischen….“ Die restlichen Worte ließ sie in der Luft hängen, öffnete die Tür und verschwand einige Sekunden später aus seinem Sichtfeld. Doch irgendwas trieb ihn dazu ihr hinterher zu gehen und ihr irgendwie seine Dankbarkeit zu zeigen. Er schlenderte neben ihr her, während sie keine Anstalten machte ihn irgendwie anzuhimmeln, mit rotem Gesicht zu betrachten oder nach Komplimenten zu fischen. Noch nie hatte er ein Mädchen kennengelernt, dass ihm gegenüber so derart kalt war. Doch dies stachelte seine Neugier an.
„Nun, Mädchen ohne Namen.“ Sagte er und lächelte. Keine Reaktion von ihr.
„Ich dachte, als Dank könnte ich dir morgen einen Kaffe spendieren?“ fragte er immer noch das Lächeln auf seinen Lippen. Abrupt blieb sie stehen und funkelte ihn an.
„So jetzt reden wir beide Mal Klartext. Erstens, nein wir werden morgen keinen Kaffee trinken, weil seien wir mal ehrlich, du mich bis morgen sowieso vergessen hast. Und Zweitens, selbst wenn nicht, wäre ich in keinster Weise daran interessiert meine Zeit mit dir zu verschwenden. Niemals würde ich mit dir irgendwo hin gehen, denn ich weiß genau was du für einer bist. Und wenn du nicht willst, dass ich doch noch zu unserer Betreuerin gehe, machst du dich jetzt schleunigst aus dem Staub, verstanden??“ Kyle war ein paar Schritte nach hinten gegangen und sah sie überrascht an. Unnötig zu erwähnen, dass außer seiner Schwester wohl noch niemals ein Mädchen so mit ihm gesprochen hatte. Hatte er seinen Charme verloren, oder war sie vielleicht vom anderen Ufer und deshalb nicht an ihm interessiert? Doch etwas regte sich in Kyle, was er nicht erklären konnte. Er fand das Mädchen vor sich interessant. Äußerst interessant. Vielleicht würde er sie morgen wieder vergessen haben, dennoch würde er heute noch einige Minuten damit verbringen, an sie zu denken. Da er jedoch keine solche Abfuhr auf sich sitzen lassen konnte, trat er einige Schritte auf sie zu. Sie wich nicht zurück, jedoch erschien auch keine Aufregung in ihren Augen oder ein Vorfreudiges Lächeln. Nein sie sah ihn stur an und schien zu überlegen, was er nun als nächstes wieder vorhatte. Er senkte sein Gesicht, doch immer noch machte sie keine Anstalten sich zu bewegen, stattdessen setzte sie an um etwas zu sagen „Ich glaube ich hab vorhin erwähnt, dass ich Kampfsportarten…“ weiter kam sie nicht, denn Kyle legte ihr einen Finger auf die Lippen, die sogar sie sofort verstummen ließen und näherte sich ihrem Ohr.
Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut, trotzdem vermied sie es sich zu bewegen und ihm zu zeigen, wie aufgeregt sie tatsächlich war. Dann flüsterte er ihr vier Worte ins Ohr, die sofort eine Gänsehaut auf ihrem Körper verursachten.
„Sag niemals nie, Schätzchen!“ mit diesen Worten entfernte er sich wieder von ihr, fügte dann hinzu „War interessant dich kennenzulernen, wir sehen uns!“ kehrte um und lief in die Richtung des Treppenhauses, welches ihn zum Ausgang bringen würde.
Sam stand jedoch immer noch wie angewurzelt da und starrte ihm hinterher. Welch seltsame Begegnung. Sie riss sich los, wohlwissend dass sie sich mit Sicherheit nicht ‚Sehen werden‘ so wie er es gesagt hatte und ging auf ihr Zimmer zu, öffnete die Tür, zog sich was über und begann damit ihre Hausarbeit fertig zu schreiben. Den letzten Gedanken den sie an Kyle verschwendete war der, dass er ihr gestohlen bleiben konnte. Mit seinem verführerischen Lächeln, seinem starken Griff, den blonden mit Gel zu einer Frisur so als wäre er gerade dem Bett entstiegen, gestylten Haaren und den grünen Augen, die jedes Mädchen durchbohrten, welches nicht bei drei auf dem Baum war, war er niemand den sie allzu nah an sich heran lassen würde, so viel stand fest.
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Kyle hingegen, dachte noch den ganzen Weg zu seinem Appartement an diese Begegnung. Hatte ihn tatsächlich ein unscheinbares, absolut unwichtig scheinendes Mädchen gerade zurückgewiesen? Er lächelte in sich hinein, denn er wusste ganz genau, dass es sich eigentlich lohnen würde sie kennenzulernen. Zu erfahren, was hinter ihrer Fassade steckte. Doch würde er sich diese Mühe nicht machen. Er musste noch nie für etwas kämpfen und auch dieses Mal würde er es nicht tun. Wenn ein Mädchen nicht interessiert war, so wendete er sich einfach dem nächsten zu, so einfach war die Sache. Er brauchte fast eine ganze Stunde nachhause, denn sein Appartement lag ein wenig abgelegen vom Campus. Als er vor dem Haus ankam, starrte er kurz hinauf in den Himmel. Der Tag war absolut nicht so geendet, wie er es erwartet hatte. Keine Vergnügungsnacht vor sich und vor allem die Zurückweisung, die ihm doch eigentlich egal sein konnte. Er betrat den Wohnkomplex und ging in die zweite Etage, wo er seine Tür aufschloss und in sein kleines, aber zumindest eigenes Reich eintrat.
Er duschte noch schnell, bevor er sich ins Bett legte und ein letztes Mal an das Mädchen dachte, welches ihm angedroht hatte ihm den Hintern zu versohlen wenn er sie anfassen sollte. Dass es sowas noch gab hatte er nicht mehr geglaubt und so schlief er mit einem Lächeln im Gesicht und Fragen im Kopf ein.

Kapitel 2: „An dieser Schnalle wirst du dir die Zähne ausbeißen…“


Mit dröhnendem Kopf erwachte Sam am nächsten Morgen, nach nur ein bis zwei Stunden Schlaf. Aber zumindest hatte sie die Hausarbeit noch fertig bekommen und so stand dem Abschluss dieses Faches nichts mehr im Weg. Jetzt musste sie sich nur noch überlegen, wie sie ihre Abschlussarbeit gestalten sollte. Ihr Professor hatte ihnen eingetrichtert, dass es etwas sein sollte, was den Menschen im Gedächtnis blieb. Da sie Journalismus studierte, sollte somit auch ihre Abschlussarbeit irgendetwas damit zu tun haben. Am besten eine Artikel Serie, doch was sollte sie schon interessantes für ihre Rubrik schreiben. Denn auch in der Collegezeitung hatte sie, höchstwahrscheinlich aufgrund ihrer äußerlichen Erscheinung nur den Unwichtigen Teil „Neues aus der Politik“ ergattert. An sich keine schlechte Sparte natürlich, doch wenn die Studentenschaft diese Sparte nicht las, konnte sie darauf pfeifen. Sie musste Aufsehen erregen, hatte ihr Professor ihr einmal mitgeteilt.
Sam zwang sich aus dem Bett und ging in den Waschraum, wo ihr die bizarre Situation von gestern wieder einfiel und erst jetzt fiel ihr auf, das Kyle während ihrer gesamten Unterhaltung gar kein T-Shirt getragen hatte. Sollte sie sich Sorgen machen, wenn der heißeste Typ des Colleges oben ohne vor ihr stand und sie nicht mal einen kleinen Blick riskierte? Sie entschied sich, dass sie sich keine Sorgen machen musste, schließlich hatte ihr Verstand mitgearbeitet, so dass sie Kyle Thompson nicht schmachtend hinterhergesehen hatte. Sie putzte sich die Zähne und kehrte sofort in ihr Zimmer zurück, denn sie musste sich beeilen. Die Vorlesung begann um viertel nach acht und sie wollte pünktlich sein, schließlich musste sie die Hausarbeit abgeben. Außerdem wollte Mr. Harding, von allen liebevoll genannt Mr. H, noch verkünden wie das Abschlusssemester aufgebaut werden sollte. Ein Semester noch, dann war sie endlich fertig und konnte mit ihrem Leben beginnen. Konnte Dinge tun, die sie vorher nicht getan hatte und vor allem endlich richtige Artikel schreiben, nun sofern sie es schaffte ein ansprechendes Thema zu finden über das sie schreiben konnte.
Sie packte ihre Sachen zusammen und schmiss sich den Rucksack über die Schulter. Zehn Minuten später kam sie vor dem Vorlesungsgebäude an und atmete tief durch. Eine Stunde noch und sie wäre offiziell Abschlussschülerin.
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Als Kyle erwachte, spürte er die Nachwirkungen des gestrigen Abends. Sein Kopf pochte, sein Körper schmerzte. Das erste was er brauchte war eine starke Aspirin und dann erstmal ein Bier. Dieses sollte ja bekanntlich bei einem Kater am meisten helfen. Er stand auf und schritt in die Küche, wo er die Dinge die er benötigte aufbewahrte. Beim vorbeigehen schaltete er den Fernseher ein und zappte zu dem Lokalsender der von den anstehenden PlayOff Spielen der College Fußball Liga berichtete. Sein Team hatte sich für diese bereits qualifiziert und heute Abend würde das letzte Team den Einzug finden. Er runzelte die Stirn, als die beiden Teams vorgestellt wurden, die um den letzten Platz kämpften. Da war zum einen ein No Name Team, eines kleinen Colleges in Pennsylvania das zweite stammt aus New York und würde wohl der härteste Gegner werden, dem sich sein Team stellen musste. Die Staten College Panthers waren ein gefährliches Team, doch nicht so gefährlich wie das Team aus New York, welches die Meisterschaft letztes Jahr das dritte Mal in Folge gewonnen hatten. Es tat Kyle leid, doch das andere Team war verloren. Er setzte das Bier an seine Lippen, doch es schmeckte einfach nur wiederlich. Vielleicht sollte er seinen Kater doch lieber mit anderen Methoden bekämpfen. Er schritt ins Badezimmer und fing an sich die Zähne zu putzen. Da fiel ihm sein Zusammenstoß mit Miss Miesmutig wieder ein. Still hatte er sie so getauft, da er noch keine kratzbürstigerere Person kennengelernt hatte. Dennoch lächelte er erneut in sich hinein, denn die Art wie sie ihn hatte abblitzen lassen, machte sie schon wieder äußerst interessant. Zu schade, dass er sie höchstwahrscheinlich sowieso nie wieder sehen würde, denn er würde keinen Fuß mehr in dieses Wohnheim setzen, welches ihm so viel Unglück gebracht hatte. Sein Motto hatte schon immer gelautet ‚Halt dich aus Dingen heraus die dir auch nur ansatzweise Schwierigkeiten bereiten!‘ und bisher war er sehr gut damit gefahren. Der Ursprung dieses Mottos lag knappe acht Jahre zurück und hatte dazu geführt, dass er das wurde was er heute war.
Zu der Zeit war er mit Carol zusammen, eins der hübschesten Mädchen der Schule. Nun zumindest hatte er gedacht sie wären zusammen. Eines Abends, an dem sie eigentlich beschlossen hatten gemeinsam auf einer Party zu erscheinen um ihre „Beziehung“ offiziell zu machen, hatte sie ihn vor der Haustür stehen gelassen, während sie mit einem der „coolen“ Typen der Schule an ihm vorbei gesaust war und ihm währenddessen noch lachend gewunken hatte. Ab diesem Abend hatte Kyle seine Brille abgesetzt, sich dem Training seines Körpers gewidmet und war nur zum Spaß und um alle zu ärgern ins Fußballteam der High School eingetreten. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte war, dass Kyle sich als einer der besten in der Geschichte dieses Teams entpuppen würde und aufgrunddessen auch Stipendien für die unterschiedlichsten Colleges erhielt. Er jedoch hatte sich für das Staten College entschieden, da er hier nicht allzu weit entfernt von seiner Mutter und seiner Schwester lebte, die beide desöfteren auf seine Hilfe angewiesen waren. Natürlich hatte er sich viele Male gefragt, ob es die richtige Entscheidung gewesen war, aber wenn er in die strahlenden Gesichter seiner Familie sah wenn er übers Wochenende nachhause kam, bewies ihm jedes Mal aufs Neue, dass es richtig gewesen war.
Weder seine Teamkollegen, noch Freunde wussten wo Kyle sich am Wochenende rumtrieb. Die meisten dachten wohl, er würde sich jedes Mal wieder bei irgendwelchen Mädchen einquartieren und seinen Spaß haben, doch er hielt es nicht für nötig sein Umfeld darüber aufzuklären was er tatsächlich tat. Das ging nur ihn und sonst niemanden etwas an. Denn wenn Kyle etwas hasste, dann waren es die Menschen, die ihrer Meinung nach alles besser wussten und in dem Leben der anderen herum pfuschten als hätten sie das Recht dazu.
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Sam saß in der Vorlesung und konnte ihre Augen kaum offen halten. Sobald sie nachhause kam, würde sie sich eine Mütze voll Schlaf gönnen und sich dann eine Pizza kommen lassen, zur Feier des Tages. Heute würde sie entspannen, denn in den nächsten Tagen würde sie umziehen müssen und dafür bräuchte sie ihre sämtliche Energie. Zuerst musste sie aber noch in die Redaktion, da es anscheinend einige Änderungen geben würde, weil einige der Redakteure ihren Abschluss machten und nächstes Semester nicht mehr Mitglied bei der Zeitung sein konnten. Sie war schon gespannt, welche Rubriken frei wurden, hatte jedoch nicht viel Hoffnung dass sie eine der angesagtesten bekommen würde. Mr. H entließ sie und meinte dann
„Bitte vergessen Sie nicht, dass wir morgen noch eine weitere Sitzung haben, in der wir gemeinsam versuchen herauszufinden, was das Thema ihrer Abschlussarbeit sein soll!“ doch kaum jemand hatte ihm noch seine Aufmerksamkeit geschenkt, denn die meisten stürmten schon hinaus.
Die Abschlussarbeit verursachte Sam immer wieder Kopfschmerzen, denn sie hatte noch keinerlei Ahnung in welche Richtung sie gehen oder was sie schreiben sollte, damit die Leser gebannt vor der Zeitung saßen, vor allem in ihrer Rubrik. Sie packte ihre Sachen zusammen, verstaute sie in ihrem Rucksack und machte sich auf den Weg in die Redaktion, wo die meisten schon gebannt da saßen und darauf warteten dass der Chefredakteur den Raum betrat, damit sie endlich in ihren wohlverdienten Feierabend konnten. Es war der letzte Tag des Semesters, ihre Prüfungen hatte Sam glücklicherweise alle schon geschrieben und so konnte sie sich den Dingen widmen die ihr Leben wieder in geregelte Bahnen lenkte. Der Umzug und die Abschlussarbeit. Sie hatte nun einige Wochen Zeit sich darüber im Klaren zu werden, was sie tun wollte ohne von unwichtigen Dingen abgelenkt zu werden. Natürlich musste sie auch weiterhin Artikel schreiben, aber das würde wohl kaum so Zeitintensiv werden, dass sie zu sonst nichts kam.
Anthony Harper betrat den Raum und sah äußerst ernst aus. Irgendwas stimmte ganz und gar nicht, denn obwohl Anthony nie eine wirkliche Frohnatur darstellte, sah es heute so aus, als würde er jeden Moment zusammenbrechen. Nun, ihn brachte aber auch ein schlechter Kaffee am Morgen zum zusammenbrechen, also würde sie da mal nicht zu viel hineininterpretieren.
„Nun…“ alle wurden leise „ich habe leider schlechte Neuigkeiten. Neben denen die dieses Semester ihren Abschluss machen, geht auch Charlie Danes, der bisher immer die Sportartikel geschrieben hat!“ ab da schaltete Sam ab, denn für Sport hatte sie sich noch niemals interessiert und wenn einer zu Charlies Nachfolger ernannt wurde, wahrscheinlich einer von den Fußballspielern von denen zwei in der Redaktion arbeiteten. Sie sah sich um und versuchte dabei nicht einzuschlafen. Nicht mehr lange, dann konnte sie endlich in ihr Bett fallen.
„Sam?!“ ertönte eine Stimme und sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie nicht zum ersten Mal aufgerufen wurde.
„Sam!“ und in dem Moment sah sie auf, in Anthonys Richtung der sie durch die Brillengläser hindurch fixiert hatte und nicht begeistert davon zu sein schien, dass sie in keinster Weise seiner Rede gefolgt war.
„Ja?“ eigentlich wollte sie damit aussagen, dass sie nun wieder anwesend war, doch Anthony hatte anderes im Sinn.
„Nun gut, dann ist es beschlossene Sache. Sam übernimmt den Sportteil während ich solange den Politikteil übernehme, bis die Erstsemestler kommen!“ Sam sah sich verwirrt um. Er hatte gerade nicht wirklich gesagt, dass sie ab heute den Sportteil inne hatte, oder? Sie sprang schnell auf und schlängelte sich durch die im Raum stehenden Leute bis sie bei Anthony ankam.
„Ähm, Anthony. Das war doch nicht dein ernst, oder?“
Irritiert blickte Anthony sie an und runzelte die Stirn.
„Was genau meinst du?“ fragte er entnervt. Offenbar hatte er keine Zeit für solche Diskussionen, dennoch stellte er sich ihr mit vor der Brust verschränkten Armen, entgegen.
„Naja, ich rede davon, dass du mir gerade die Aufgabe gegeben hast über das Fußballteam zu berichten. Gehen nicht bald diese PlayOffs los? Die müssen da durchs ganze Land reisen, wie soll ich denn bitte darüber berichten, wenn ich doch gar nicht dabei bin. Gib doch Danny die Aufgabe, der spielt sowieso im Team mit.“
Eine kleine Ader erschien auf Anthonys Schläfe. Das tat sie immer wenn er wütend wurde, doch konnte Sam sich beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb Anthony wütend sein könnte.
„Wenn Danny diese Aufgabe erledigen könnte, so würde er das auch tun. Ich habe dich ausgesucht und dabei bleibts! Ich hab es so satt mich um jedes eurer kleinen Wehwehchen zu kümmern, als wären wir im Kindergarten! Wenn unser Team auswärts spielt dann wirst du sie begleiten, hast du mich verstanden? Wir sind alle erwachsene Leute und ich kann doch wohl ein klein wenig PROFESSIONALITÄT verlangen, Herr Gott noch mal!“ Dann drehte er sich um und verschwand einige Sekunden später aus Sam’s Sichtfeld.
Sie sollte das Team begleiten? Das war absolut und ganz und gar unmöglich! Sie konnte doch nicht mit einer Horde, mit Thestosteron gefüllten Männern von Stadt zu Stadt reisen. Das war nicht sie! Niemand konnte von ihr erwarten, dass sie den Themenbereich so drastisch änderte. Sie hatte bisher über Politik geschrieben, wie sollte sich so schnell bitte in den Sport einfinden?
Sie hatte jedoch die leise Befürchtung, dass egal was sie jetzt tat, sie würde nicht drum rum kommen. Es hieß also: Friss oder Stirb. Fressen bedeutete, sich mit der Tatsache abzufinden, dass sie den Sommer über mit einer Horde wilder Kerle unterwegs war, Sterben hingegen hieß, das Schreiben ganz aufzugeben und für diesen Schritt war sie nicht bereit.
Wenn Anthony einmal gesprochen hatte, dann war die Entscheidung zumeist endgültig, was für sie bedeutete, dass sie sich damit abfinden musste. Sie atmete aus und schloss für eine Sekunde die Augen, bevor sie ihren Körper straffte und mit festen Schritten den Raum verließ. Niemand, wirklich niemand hatte sie bisher zum aufgeben gebracht, dass würden auch die Jungs der Fußballmannschaft nicht schaffen!
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„Ich hab dir doch gleich gesagt, dass du nicht mit dem Mädchen mit gehen sollst!“ sagte Kevin und lachte sich, bei der Erzählung von Kyle, fast schlapp.
„Ich hab nicht wissen können, dass du mit ‚Seltsam’ so seltsam gemeint hast, Alter!“ entgegnete Kyle gequält.
Als er den Umkleideraum betreten hatte, hatte er vorgehabt die letzte Nacht mit all ihren Vorkommnissen einfach beiseite zu schieben und zu vergessen, doch Kevin hatte andere Pläne. Er war auf Kyle zugestürmt und hatte ihm mit der flachen Hand die Haare ruiniert, während er auf seinen Rücken gesprungen war und gefragte hatte, wie es mit Rachel gelaufen war. Er hatte ihren Namen ein klein wenig in die Länge gezogen, so als wusste er genau was Kyle erlebt hatte. Er hatte sich daraufhin entschlossen Kevin den Part über Rachel zu erzählen, ließ jedoch die Kleine aus dem Waschraum in seiner Geschichte einfach weg, da es ihm irgendwie unangenehm gewesen wäre, den Jungs von ihr zu erzählen. Hauptsächlich aus dem Grund, dass sie ihn zurückgewiesen hatte und zwar mit einer Vehemenz, die zum fürchten war.
Weshalb er überhaupt an diesen Vorfall dachte, wusste er nicht, doch es wurmte ihn irgendwie im Nachhinein, dass sie so vollkommen immun gegen ihn gewesen war. Sie hatte noch nicht einmal auf seinen Oberkörper geschaut, geschweige denn seine Tattoos, die er über den ganzen rechten Arm verteilt hatte stechen lassen. Der Schmerz hatte ihn damals mit 17 von den Dingen um ihn herum abgelenkt und bis heute bereute er keines seiner Kunstwerke.
„Hey Leute, stellt euch vor. Wir bekommen eine neue Begleitung von der Zeitung, die über unsere Heim und Auswärtsspiele berichtet!“ sagte Danny und kam in den Umkleideraum gestürmt.
„Was meinst du mit, eine neue Begleitung?“ fragte Kyle ihn mit zusammengezogenen Brauen, denn eine neue Begleitung konnte nichts gutes heißen.
„Charlie hat dieses Semester seinen Abschluss gemacht und arbeitet anscheinend schon bald beim lokalen Zeitungsverlag. Da wir ansonsten nur noch Anfänger und mich haben, hat Anthony Sam Raven dazu verdonnert die Artikel über uns zu schreiben!“ sagte Danny und schien dabei ein klein wenig amüsiert zu sein.
„Oh wir bekommen also eine weibliche Begleitung?“ fragte Kyle interessiert und setzte sich neben Danny, der gerade seine Sachen für das Training auspackte.
„Oh nein mein lieber Freund. Die kannst du dir abschminken. Kratzbürstig wie eh und je, nicht sonderlich attraktiv. Die ist nichts für dich…“ sagte Danny während er sich sein Shirt über den Kopf zog und dann aufstand, um sein Trainingszeug überzuziehen.
„Alle Mädchen sind irgendwie attraktiv, das hab ich dir doch schon immer gesagt und Kratzbürstigkeit kann man mit den richtigen Mitteln abschalten!“
„Kyle, Kyle, Kyle…ich sags dir. An dieser Schnalle wirst du dir die Zähne ausbeißen!“ Danny wandte ihm den Rücken zu und holte seine Schienbeinschoner aus dem Schrank.
„Wie auch immer, ich mach mir mehr Sorgen darüber, dass die Alte uns noch den ganzen Spaß vermiest. Ernsthaft, die hat glaub ich noch niemals ein wenig Freude in ihrem Leben gehabt! Als hätte sie einen Stock im Arsch…“
Irgendwie kamen Kyle diese Beschreibungen ziemlich bekannt vor, doch wusste er nicht an wen genau er da dachte. Als der Trainer jedoch in den Umkleideraum kam um die Spieler endlich auf das Spielfeld zu jagen, zerstreuten sich seine Gedanken sowieso sehr schnell. Im Endeffekt war es ihm herzlich egal, ob nun eine Frau oder ein Mann über ihn berichtete, so lange es jemand tat. Wenn diese Frau tatsächlich so ernst war, wie Danny erzählte, so würde Kyle ihr ganz einfach, ein wenig Spaß im Leben bieten.

3. Kapitel: „Dumme, Dumme, Dumme Sam…“


Der Trainer hatte die Jungs heute besonders hart drangenommen. Zur Entschädigung jedoch hatte er beschlossen sie ins „Come In“ einem Laden im Center der Stadt einzuladen und gemeinsam mit ihnen das Spiel anzusehen. In diesem Moment saß Kyle auf einer der Eckbänke und trank einen kräftigen Schluck von seinem Bier, doch in dem Moment machte einer der Spieler einen Fehlpass und die New Yorker holten gleich zum Gegenschlag aus. Das College aus Pennsylvania hatte sich gar nicht so übel angestellt, doch durch diesen gravierenden Fehler, erzielten die New Yorker das erste Tor.
„Ach Fuck…Versager!!“ schimpfte Kyle und stellte sein Bier mit solch einer Wucht auf den Tisch, dass einige Tropfen des süßen Goldes auf den Tisch schwappten.
„Thompson, reiß dich zusammen! Genau dieses Verhalten hat dir in der letzten Saison die rote Karte eingebracht! Und zwar drei Mal!“ schimpfte Danny, der neben ihm saß und sich prächtig amüsierte.
„Ach F*** dich doch ins Knie, Winter!“ sagte Kyle und stand entnervt auf. Er ging nach draußen um ein wenig frische Luft zu schnappen. Mit dem Fuß kickte er ein paar Steine aus dem Weg und dachte an den Tag.
Das Training war heute alles andere als reibungslos verlaufen. Er hatte Schmerzen in seinem Knie, was daher rührte, dass Maver ihn heute übel gefoult hatte. Er war direkt auf seinem sowieso schon etwas angeknacksten Knie gelandet und hatte für den Rest des Trainings die Bank warm halten dürfen.
Er ging auf den Parkplatz hinaus und sah nach oben. Die Sterne und ihre Konstellationen hatten ihn zu der Zeit, in welcher er noch ein ziemlicher Freak gewesen war, sehr interessiert. Doch seitdem er sein Leben gepackt und um 180 Grad gedreht hatte, hatten solche Dinge keinen Platz mehr in seinem Inneren. Das Geschehnis mit Carol hatte ihm endlich die Augen geöffnet gehabt. Seit diesem Tag hatte er sich auch niemals wieder enger an eine Person gebunden. Außer seiner Mutter und seiner Schwester, hatte keine weitere weibliche Person Platz in seinem Leben, denn die verletzten einen sowieso nur und waren die Mühe meist nicht einmal Wert.
Kyle zog seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und überlegte ob er nachhause fahren würde. Er hatte nur an seinem Bier genippt, betrunken war er also nicht, doch die Jungs würden sich morgen lautstark darüber beschweren, dass er einfach abgehauen war. Er drehte sich zu der Bar um, doch als aus der Tür zwei betrunkene Mädels traten, die äußerst willig erschienen, drehte sich Kyle zu seinem Auto, stieg ein und startete den Motor.
Diese Mädels gingen ihm ziemlich auf die Nerven und meist ließ er doch nicht die Finger von ihnen. Er wollte keinesfalls eine Frau fürs Leben finden, um Gottes Willen er wollte alles andere als das, doch er wollte gerne mal eine Frau kennenlernen die diese bestehenden Stereotype aus dem Weg räumte. Die ihm zeigte, dass Frauen mehr konnten als sich an irgendwelche Kerle ranzuschmeißen die ihnen genug boten (auch wenn es nur eine Nacht war) oder die wegen jeder Kleinigkeit weinten. Einige der Jungs aus seinem Team, hatten zwischenzeitlich Freundinnen gehabt. Alle Beziehungen waren aufgrund der eindeutigen Unterschiede zwischen Männern und Frauen auseinander gegangen. In den meisten Fällen war die Eifersucht schuld daran gewesen, denn die Mädels hatten nie akzeptieren können, dass das Team an erster Stelle stand.
Genervt legte Kyle den ersten Gang ein und brauste davon. Er hatte es satt sich um solch einen Pussykram einen Kopf zu machen.
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Einen Schlag nach dem anderen platzierte Sam an den Kopf seines Gegners. Dass ihr Gegner nur eine große, nicht allzu harte Plastikpuppe war, war egal. Sam musste dringend diese negativen Energien in ihrem Inneren rauslassen. Morgen würde sie mit ihrem Professor ihr Abschlussthema besprechen und hatte nichts vorzuweisen. Jetzt hatte sie auch noch den Sportbereich erhalten und konnte somit eine Artikelserie vergessen.
Sie holte aus und platzierte einige, äußerst gezielte Schläge mit dem Bein. Wenn dieser Plastikpuppe echt wäre, dann würde sie jetzt am Boden liegen.
„Ach fuck…“ sagte Sam in den leeren Raum und drehte sich weg von der Puppe. Sie schritt auf ihr Wasser zu und ließ sich schwer atmend an der Wand heruntergleiten.
Wie hatte ihr Leben so schlagartig solch eine Wendung nehmen können. Gestern Nacht hatte sie sich noch über den Politikteil beschwert, sie wusste es ja selber, doch wenn er dann einmal weg war dann vermisste man ihn doch sehr. Dort konnte sie ernsthafte Artikel schreiben, Artikel die die Leute zum Nachdenken hätten anregen können und jetzt? Jetzt durfte sie über Spiele berichten, über eingebildete Teammitglieder und Abseits! Sie wusste doch noch nicht einmal, was Abseits überhaupt war! Oder Eckball?! Wie zum Teufel kam denn ein Eckball zu Stande?
Sie hätte vehementer auftreten sollen bei dem Gespräch mit Anthony, sie hätte ihm sagen sollen, dass er sich seinen Sportteil sonst wohin schieben konnte. Doch sie hatte zu große Angst, dass er sie dann aus der Zeitungsgruppe rausschmeißen würde. Anthony war bekannt dafür, impulsiv zu handeln und so wäre sie jetzt, und da war sie sich sicher, wenn sie ihre Meinung dargelegt hätte, ohne eine Möglichkeit überhaupt noch zu schreiben.
Sam erhob sich vom Boden, packte sich ihr Handtuch und ihre Tasche und verließ die nur spärlich beleuchtete Turnhalle. Als sie in die kühle Abendluft trat, zog sie sich ihren Pullover über und dachte an ihre Ziele.
Es handelte sich ja schließlich nicht um Jahre, in denen sie diese Jungs begleiten mussten. Es waren nur ein paar Monate (wie lange genau wusste sie nicht) und in diesen Monaten würde sie ihre Arbeit so gewissenhaft wie nur möglich erledigen und sich dann von dem College verabschieden und ganz weit weg gehen.
Ihre Brüder lebten auch überall in den USA verteilt und so hatten sie sich alle gemeinsam das letzte Mal gesehen, als sie ihre Eltern begraben hatten.
Sie dachte nur sehr ungern an diese Zeit, denn damals hatte sie gerade den High School Abschluss gemacht. Sie war mit einigen Freunden feiern gewesen und hatte mit ihrem Dad ausgemacht, dass er sie abholen würde wenn sie anrief. Leider war er niemals angekommen, denn irgendein Betrunkener war in das Auto ihrer Eltern gerast und hatte beide auf der Stelle getötet. Sam hatte erst im Nachhinein erfahren, dass auch ihre Mutter in dem Auto gesessen war. Sie war die Toughe gewesen, ihre Brüder waren vollkommen schockiert gewesen und so war die Organisation der Beerdigung und der Trauerfeier an ihr hängen geblieben. Ab diesem Zeitpunkt, in welchem sie erfahren hatte, dass ihre Eltern gestorben waren und sie jetzt sozusagen alleine dastand, hatte sie es vermieden zu weinen. Sie würde sich von niemandem mehr unterkriegen lassen, das hatte sie sich geschworen. So hatte sie auch niemals jemandem von dem einen Abend erzählt…Niemals sollte jemand erfahren, was ihr geschehen war. Der Typ selber, hatte es im Nachhinein jedenfalls bereut, so viel stand fest.
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Als Kyle endlich zuhause ankam schmiss er seinen Schlüssel auf die Kommode die direkt neben der Tür stand und ging in die Küche um nachzusehen, was er zum essen dahatte. Ein Blick in den Kühlschrank verriet ihm, dass es ziemlich mau aussah und so gab er der Tür einen Tritt, so dass diese mit voller Wucht zufiel. Die Sachen die auf dem Kühlschrank standen, wankten gefährlich hin und her, doch es fiel nichts herunter.
Er schmiss sich auf sein Sofa und schaltete den Fernseher ein. Eine feiernde New Yorker Mannschaft huschte über den Bildschirm und Kyle ärgerte sich innerlich, dass die anderen es nicht geschafft hatten, die New Yorker aus dem Wettbewerb rauszuschmeißen.
Irgendwie hatte Kyle heute eine Innere Unruhe, die er nicht losbrachte und so ging er auf den Balkon, der das Beste an seiner Wohnung war. Er war riesengroß und ragte über den oberen Balkon herüber. So hatte er oft die Möglichkeit gehabt, sich mit Miss Stark zu unterhalten, die wohl die einzige beständige Frau (neben seiner Mutter und seiner Schwester natürlich) in seinem Leben gewesen war. Da sie jedoch umziehen wollte weil sie geheiratet hatte, würde er sie nicht mehr allzu oft sehen. An wen sie ihre Wohnung vermietete wusste er nicht, doch er fand es außerordentlich schade, dass Miss Stark wegging. Sie hatte ihm einige Male den Kopf gewaschen, wenn er mal wieder Unsinn getrieben hatte und sie war wohl auch die Einzige Frau die wirklich all seine Geheimnisse kannte. Naja zumindest fast alle. Heute Abend jedoch konnte er kein Licht aus dem oberen Stockwerk sehen und so lehnte er seine Arme auf die kalte Mauer, die seinen Balkon umgab. Ein weiterer Pluspunkt an seiner Wohnung war die Aussicht. Er konnte einen guten Teil von Northbrook, so hieß die Stadt in der er lebte, überblicken und erneut stellte er fest, dass diese in der Nacht äußerst friedlich wirkte, obwohl dem ganz und gar nicht so war. In der Nacht kamen alle aus ihren Häusern, in der Nacht ging die Party ab, in der Nacht geschahen die seltsamsten Dinge.
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Sam betrat ihr Zimmer und verdrehte die Augen, als sie aus dem Nebenzimmer erneut, doch sehr eindeutige Rufe hörte. Rachel ging ihr ziemlich auf die Nerven und sie hatte es satt in einem muffigen Zimmer zu leben und eine Gemeinschaftsdusche zu benutzen. Bei all dem Chaos in ihrem Leben, war der bevorstehende Umzug ihr Anker. Wenn alles schief gehen sollte, so würde sie trotz allem die wunderschöne Wohnung ihrer Tante bekommen, in der sie endlich friedliche Nachbarn hatte, niemanden der sie nerven konnte und vor allem in der sie leben konnte ohne ständig kontrolliert zu werden. Die Mädchen in ihrem Wohnheim hatten nämlich die Angewohnheit sie zu fragen, wie es in ihrem Liebesleben aussah, was sie so in ihrer Freizeit trieb und ähnliches. Eine hatte ihr mal gesagt, dass sie fest davon überzeugt sei Sam sei eine Domina und tue nur so unschuldig. Fassungslos hatte Sam sie angestarrt, hatte sie dann stehen lassen und war vollkommen perplex in ihre Zimmer gegangen. Seitdem vermied sie zumeist den Kontakt zu den Mädels. Dass diese dann auch noch nur an das Eine dachten und ständig irgendwelche fremden Kerle in dem Wohnheim herum spazierten, förderte die Situation nicht unbedingt. Naja, sie musste das alles ja glücklicherweise nur noch ein paar Tage ertragen.
Sam ging direkt auf ihren Schrank zu, wo sie sich ihre Duschsachen herausholte und ein Handtuch packte. Es war bereits nach zehn und so war sie sich ziemlich sicher, dass niemand mehr die Duschen benutzen würde. Sie war müde und wollte ins Bett und aus diesem Grund nahm sie das Risiko in Kauf.
Sie betrat den Waschraum und blieb eine Sekunde lang stehen. Hier hatte sie Kyle gesehen und genau an dieser Stelle hatte Kyle SIE das erste Mal gesehen. Wenn sie so daran dachte, dann war dieser Zusammenstoß mehr als nur komisch gewesen und sie lachte leise. Kyle Thompson mochte ein ziemlicher Idiot sein, ein Charmeur und ein Verführer, doch irgendwie war er ja dennoch ganz süß. Sie schüttelte die Gedanken aus ihrem Kopf und trat auf die Dusche zu, vorher entledigte sie sich jedoch noch ihrer Klamotten. Kyle mochte vielleicht ganz süß sein, doch vielmehr war er eine Nervensäge und jetzt würde sie ihn auch noch öfter sehen. Denn Sam wusste ganz genau, dass Kyle in der Fußballmannschaft war und sie kannte auch die anderen Typen die für ihr Team spielten. Alles Schönlinge, gut gebaute Kerle, die mit einem Lächeln zehn Mädels auf jeder Seite hatten.
Auf manchen Colleges mochte Football der angesagt Sport sein, doch auf dem Staten College war es Fußball und die Fußballer waren solche Stars in der Stadt, wie Michael Jordon auf der ganzen Welt. Bisher war Sam ihnen dennoch nicht oft über den Weg gelaufen und hatte sich auch noch niemals mit welchen unterhalten. Naja außer Danny, der eigentlich ganz in Ordnung zu sein schien. Eine Nervensäge war er jedoch deswegen trotzdem und so konnte sie sich, nur im Ansatz, vorstellen wie es sein würde über diese Jungs zu berichten und mit ganzen zwanzig von diesen Dannys und Kyles ihre Zeit zu verbringen.
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Am nächsten Morgen erwachte Sam nach einer äußerst turbulenten Nacht. Sie hatte die furchtbarsten Träume gehabt, die es geben konnte, konnte sich jedoch nicht mehr ganz daran erinnern. Was sie jedoch noch wusste war, dass es etwas mit Fußball zu tun gehabt hatte und sie war im Tor gestanden. Sie schüttelte den Kopf um diesen frei zu bekommen und ging in den Waschraum um sich die Zähne zu putzen und sich ein wenig frisch zu machen. Sie mochte ja kein für das Staten College typisches Mädchen sein, doch auf ihr Äußeres achtete sie dennoch. Vielleicht nicht auf die übliche Art und Weise, doch sie blieb ihrem Stil treu. Sie wählte, als sie wieder im Zimmer angelangte, eine Jeans aus und zog sie sich über die Beine. Dann stellte sie sich vor ihren Schrank und überlegte, welches Oberteil passend für eine Abschlussarbeitbesprechung wäre. Sie fischte eine Bluse heraus, die ihr ihre alte Freundin Janine einmal geschenkt hatte und zog sie an. Sie war dunkelblau und glänzte, so als wäre der Stoff aus Seide. Sam war sich ziemlich sicher, dass es keine echte Seide war beschloss jedoch dennoch sie anzubehalten. Dies wohl am ehesten aus dem Grund, dass sie ansonsten nichts schickes besaß, außer ein paar Kleidern, die ihr ebenfalls Janine einst geschenkt hatte, weil sie ihr nicht mehr gepasst hatten. Sam war sich jedoch ziemlich sicher, dass Janine diese Kleider niemals getragen hatte, hatte ihrer Freundin jedoch den Gefallen getan und sie angenommen. Getragen hatte sie sie jedoch bis zum heutigen Tage noch nicht.
Als sie sich vor den Spiegel stellte, sah sie das gewöhnliche unscheinbare Mädchen das sie nun einmal war und nickte dann zufrieden. Sam wollte niemals auffällig sein, sie wollte nicht im Mittelpunkt stehen, so war sie nicht und so würde sie auch niemals sein.
Als sie vor dem Seminarraum ihres Dozenten ankam, spürte sie die Aufregung die sich langsam bemerkbar machte, doch sie schluckte sie runter. Sie musste selbstbewusst rüber kommen, obwohl sie doch eigentlich keinen Plan hatte was sie ihm eigentlich sagen wollte.
Mr. H. saß am Tisch ganz vorne im Raum und erhob seinen Blick, als er Sam den Raum betreten sah.
„Sam, schön dich zu sehen!“ er nahm seine Brille von den Augen und legte sie neben sich auf den Schreibtisch.
„Setz dich doch.“ Und wies mit seiner rechten Hand auf den Stuhl der gegenüber von seinem Tisch stand.
„Wo sind denn die anderen alle?“ fragte Sam verunsichert und blickte sich im Raum um.
„Da gestern der letzte Vorlesungstag war, sehe ich ausnahmsweise einmal darüber hinweg, dass nicht alle pünktlich sind. Doch so können wir uns in aller Ruhe deinem Thema widmen…“ sagte Mr. H. freundlich. Ob er auch noch so freundlich wäre in einigen Minuten, wenn er wüsste dass Sam noch gar keine Idee hatte?
Sam ließ sich, ein klein wenig zögerlich, auf dem Stuhl nieder und legte dann ihre Hände auf die Beine, um sie davon abzuhalten nervös an sich herumzuzupfen.
„Wie sehen deine Vorstellungen für die Abschlussarbeit aus?“ fragte Mr. H. gerade heraus und Sam rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her.
Was sollte sie sagen? Sie hatte ein tiefes, dunkles, schwarzes Loch in ihrem Kopf und ihr fiel nicht im geringsten auch nur ein Wort ein, dass sie darauf entgegnen konnte. Sie kannte sich doch mit Sport nicht aus, wie sollte sie also etwas weltbewegendes darüber schreiben?
„Also Mr. H. es ist folgendes…ähm…ja also, ich wurde bei der Zeitung für einen neuen Themenbereich eingeteilt!“ sagte Sam und versuchte so das zu rechtfertigen, was sie noch gar nicht ausgesprochen hatte.
Mr. H. nickte und wollte offenbar mehr darüber hören.
„Anthony hat mir den Sportteil übergeben und da ich schon beim Politikteil nicht wusste, was ich schreiben soll, ist das mit dem Sportteil noch viel schwieriger. Ich soll mit der Fußballmannschaft durch das ganze Land reisen und über ihre Spiele berichten, obwohl ich keine Ahnung habe, was erlaubt ist und was nicht im Fußball…“ jetzt redete sich Sam richtig in Rage und befahl sich stumm endlich den Mund zu halten, doch ihr Körper redete und redete und plötzlich kamen Dinge raus wie „…und ich habe Angst zu versagen…“ und „Ich hätte Anthony sagen sollen, ich tue es nicht, richtig?“ doch sie konnte sich einfach nicht stoppen.
Mr. H. hob irgendwann beschwichtigend die Hand und lächelte warm.
„Sam, Sam…jetzt mal langsam! Wenn ich dich richtig verstehe, hast du einen neuen Teil bekommen. Wir haben doch schon einmal darüber gesprochen, dass du eine Artikelreihe schreiben sollst. Natürlich gelten die Spielberichte nicht als Artikelreihe, aber ich finde es ein absolut fantastische Idee wenn du…“ jetzt würde Mr. H. etwas aussprechen, womit Sam ganz und gar nicht einverstanden war, etwas grausames, das wusste sie genau.
„…den Lesern einen Einblick ins Innerste der Spieler gibst. Du machst ein Mannschaftsportrait! Jede Woche stellst du zwei neue Spieler vor, gibst den Lesern einen Einblick, wer diese Menschen sind! Das wird die Leser fesseln und umhauen zu gleich! Verstehst du was ich meine Sam?“
Sam saß stocksteif auf ihrem Stuhl. Die Zeit war gerade stehen geblieben, weil sie alles nur noch in Zeitlupe wahrnahm. Oder vielleicht erlitt sie jeden Moment einen Kollaps?
„Also ist es beschlossene Sache? Damit wirst du dir deine Note mit Sicherheit verdienen und du wirst überraschen! Ich bin mir sicher Sam, du schaffst das! Was sagst du?“ Mr. H. schien ganz aufgeregt zu sein, kein Wunder. Es war eine grandiose Idee, doch da Sam die Fußballmannschaft nicht wollte, wollte sich auch diese Idee nicht weiterverfolgen. Doch was hatte sie schon für eine Wahl?
Langsam spürte sie, wie sie nickte. Den Rest der Unterhaltung bekam sie gar nicht mehr wirklich mit, denn jetzt musste sie nicht nur mit den Spielern mitreisen und über ihre Spiele berichten. NEIN! Jetzt durfte sie die Spieler kennenlernen, von ihrer besten oder auch dunkelsten Seite! Als Mr. H. fertig war erhob sich Sam und sagte „Auf Wiedersehen Mr. H.“ ohne jegliche Emotion.
„Viel Erfolg, das wird bestimmt ganz großartig!!“ sagte Mr. H. hingegen vergnügt. Mr. H. war ein wirklich genialer Dozent, doch Einfühlungsvermögen hatte er nicht. So war sich Sam sicher, dass er noch nicht einmal mitbekommen hatte, wie wenig ihr die Idee doch zusagte.
Als sie hinter sich die Türe schloss ging sie ein zwei Meter, bevor sie sich vor die Wand stellte und mit ihrem Kopf leicht dagegen schlug.
„Dumme, Dumme, Dumme Sam!“ dann sah sie auf, einer ungewissenen Zukunft entgegen. Jetzt hatte sich ihre Situation doch tatsächlich noch einmal mehr in eine Richtung entwickelt, die Sam nicht kontrollieren konnte.
„Verdammt!“

4. Kapitel: „Verdammt, ich hab wieder überreagiert, oder…“


Vollkommen geplättet trat Sam in ihr Zimmer und fragte sich, was sie jetzt nur tun sollte. Sie wusste nicht, wie die anderen Jungs drauf waren und sie wusste auch noch nicht, wie sie ihnen schmackhaft machen sollte, dass sie ein Portrait über sie machen wollte. Einige von ihnen, da war sie sich ziemlich sicher, würden sich sofort begeistert in die Sache hineinstürzen, da ihr Präsentationstrieb doch sehr groß war. Andere wiederum würden wahrscheinlich weniger begeistert sein, denn wer erzählte schon einem fremden gerne persönliche Dinge die ihn ausmachten?
Sam stand vor einem Dilemma. Sie ging nervös durch ihr Zimmer und wusste nicht, was sie in diesem Moment mit sich selbst anfangen sollte. Morgen müsste sie das Team kennenlernen, sich vorstellen, denn schließlich würde sie viel Zeit mit ihnen verbringen. Wie sollte sie sich den Jungs von Anfang an so präsentieren, dass sie ihr ihre tiefsten Gefühle anvertrauten. Naja, sie übertrieb mal wieder maßlos, denn keiner hatte von ihr verlangt, ins Innere der Jungs zu sehen. Sie solle lediglich ein Portrait von ihnen machen, Dinge aufschreiben die die Jungs ausmachten. Definitiv leichter gesagt als getan.
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Die Jungs hatten viel spekuliert, wer die neue Reporterin, so nannten sie sie jetzt schon, sein sollte. Die einen waren fest davon überzeugt, sie würden eine absolute Granate zur Seite gestellt bekommen, die anderen wiederum, vor allem diejenigen die sich mit Danny unterhalten hatten, waren überzeugt davon, dass sie eine absolute Katastrophe darstellen würde. Für das Mädchen wäre es wohl von Vorteil, wenn sie nicht den Vorstellung der ersten Gruppe entsprach, denn sonst könne sie sich gar nicht mehr auf ihre Arbeit konzentrieren. Kyle war es egal, welche Art von Mädchen kam, denn er mochte alle und er würde auch mit allen klar kommen und, wie er ja bereits für sich festgelegt hatte.
„Jungs bewegt eure Ärsche auf das Trainingsfeld oder ich schleif sie persönlich da raus!“ rief der Trainer in die Umkleidekabine und ließ so alle Gespräche verstummen. Fünf Minuten später, kam auch der letzte Spieler auf der Seitenlinie des Feldes an, wo sie sich alle in einer Linie aufgestellt hatten.
„Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, wird uns dieses Jahr ein Mädchen zu sämtlichen Spielen begleiten!“ sagte der Trainer, ohne den Nachzügler zu beachten. Alle Jungs klatschten begeistert oder gaben ein gegröhle von sich, welches an Steinzeitmenschen erinnerte. Kyle verdrehte die Augen und redete sich selbst ein, dass er weit entfernt war davon, so zu sein wie diese Jungs. Dass er sich innerlich genauso darauf freute, verdrängte er in diesem Moment geflissentlich.
„Ruhe!“ sagte der Trainer laut und die Jungs verstummten.
„Da das letzte Mal, als ein Mädchen uns bei unseren Spielen begleitet hat, einige Probleme aufgetreten sind, haben wir uns dazu entschieden ein paar Regeln aufzustellen!“ erläuterte der Trainer weiter und die Jungs sahen sich gegenseitig an. Regeln? Wozu sollten denn die gut sein?
„Ihr werdet dieses Mädchen mit Respekt behandeln! Keine blöden Scherze, keine dummen Sprüche und vor allem…“ Kyle ahnte nichts gutes, denn der Trainer legte die Stirn in Falten und schien zu überlegen, wie er den folgenden Satz am besten formulieren sollte. „Vor allem, wird keiner von euch auch nur ansatzweise daran denken, dieses Mädchen zu Verführen, oder wie ihr es heutzutage nennt, sie ins Bett zu befördern. Hab ich mich klar ausgedrückt? Das letzte Mal, gab es nur noch Chaos, was weniger an dem Mädchen selber, als an den Teammitgliedern lag. So einen Scheiß will ich nicht noch mal haben!“
Gemurmel ging durch die ganze Gruppe und einige der Jungs sahen äußerst enttäuscht aus.
„Was passiert wenn sich einer nicht an die Regeln hält?“ fragte Johnson und lächelte dabei.
„Wenn sich einer von euch Schürzenjägern nicht daran hält, so wird er für den Rest der Saison von den Spielen ausgeschlossen!“
Erneut sahen sich die Jungs gegenseitig an und auch Kyle fand, dass diese Maßnahme doch etwas sehr drastisch schien, wegen nur ein paar Problemen.
„Coach, was genau ist beim letzten Mal passiert?“ fragte er den Trainer, welcher zu überlegen schien, was er den Jungs sagen durfte.
„Beim letzten Mal, hat die Frau das ganze Team in der Zeitung auseinander genommen. Es gab große Probleme mit dem Direktor des Colleges und beinahe, hätten wir das Fußballteam verloren. Die Jungs damals waren genau solche, wie ihr es seid. Konnten die Finger nicht bei sich behalten und dachten sie wären Herrscher über das weibliche Geschlecht. Die Dame fand es jedoch nicht so unterhaltsam, ständig angegraben zu werden und rächte sich so am ganzen Team…“ Für den Coach schienen dies außerordentlich schlechte Erinnerungen zu sein, was Kyle sehr gut nachvollziehen konnte. Wegen solch einer Lapallie wurde das Team beinahe aufgelöst? Kyle glaubte zwar nicht daran, dass das heute auch noch passieren würde, da das Team das bekannteste war, was das College zu bieten hatte, doch die Gefahr von den Spielen ausgeschlossen zu werden, würde er nicht eingehen. Fußball war für ihn das wichtigste. Nichts und Niemandem sonst hatte er so viel Zeit und Hingabe gewidmet und so würde er einen Teufel tun und gegen die Regeln verstoßen.
„Ist sowieso besser, glaubt mir.“ Sagte Danny vom Ende der Reihe.
„Wenn ihr die Alte seht, dann wird euch keine dieser Regeln leid tun!“
Kyle sah Danny an und fragte sich, was denn so schlimm an einem Mädchen sein konnte. Er hatte bisher keine einzige kennengelernt die seinem Charme hätte wiederstehen können. Naja, bis auf das Mädchen von vor zwei Nächten. Aber die war ja wohl wirklich eine Nummer für sich.
„Wie sollen wir dann mit ihr umgehen?“ fragte einer der Jungs den Trainer.
„Am besten solltet ihr so wenig wie nur irgendmöglich mit ihr zu tun haben!“ sagte der Trainer, schien jedoch ernsthaft an seinen Jungs zu Zweifeln.
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„Sam jetzt mach endlich die verdammte Tür auf!“ sagte Janine, die bereits seit fünf Minuten an Sams Tür klopfte. Erst in diesem Moment hörte Sam durch ihre Kopfhörer hindurch einen dumpfes Geräusch und nahm sie ab.
„Ja?“ rief Sam der Tür entgegen. Sie hatte eigentlich gar keine Lust mit irgendjemandem zu sprechen, stattdessen wollte sie in Selbstmitleid baden und anschließend ihre Sachen zusammen packen, um ihre Laune wieder ein wenig auf Vordermann zu bringen.
„Öffne jetzt endlich diese Tür!“ ertönte es von der anderen Seite und Sam sprang vom Bett auf um ihrer besten Freundin die Tür zu öffnen.
„Was ist los mit dir? Ich steh seit fünf Minuten da!“ sagte Janine beleidigt als Sam in ihr Blickfeld kam.
„Sorry, hab Musik gehört und dich nicht gehört!“ erwiederte Sam und verdrehte die Augen als sie mit dem Kopf auf die Wand wies, die zu Rachels Zimmer führte.
„Schon wieder?“ fragte Janine fassungslos und schmiss sich auf Sams Bett.
„Ich schwörs dir, in jeder verdammten freien Minute! Das ist doch nicht normal!“ Sie schloss die Tür und begab sich zu Janine aufs Bett.
„Was willst du eigentlich hier?“ fragte Sam ihre Freundin und sah sie skeptisch an.
Diese erhob sich auf die Knie und hob ihre Tasche vom Boden auf, aus welcher sie eine Flasche zog.
„Zeit zu feiern!!! Letzter Vorlesungstag ist vorbei, jetzt beginnen die Semesterferien. Welcher Grund könnte besser sein für eine Flasche Schampus??“ Janine war im Gegensatz zu Sam sehr stark auf das Aussehen bezogen. Auch liebte sie Mode, was vermutlich der Grund für ihre Studiumswahl war, und sie liebte Männer und Alkohol. So ziemlich alles, womit Sam nichts anfangen konnte, doch irgendwie ergänzten sie sich perfekt.
„Janine, das ist kein Schampus. Das ist stinknormaler Prosecco! Ich glaube der geht noch nicht mal ganz als Sekt durch!“ sagte Sam entnervt, erhob sich jedoch bereits um Gläser zu holen, da sie zum einen wusste, dass sie gegen Janine sowieso keine Chance hatte, zum anderen weil Alkohol jetzt genau das Richtige für ihre Laune war.
„Kein Mensch würde den Unterschied zwischen Prosecco und Champagner erkennen, glaub mir Liebes. Wie auch immer, Hauptsache es ist Alkohol drinnen, oder?“ Janine war eine äußerste Frohnatur, während Sam immer ein wenig mürrisch schien, noch ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden.
Sam verdrehte erneut die Augen, dieses mal wegen ihrer doch über alles geliebten Freundin und setzte sich mit den beiden Gläsern in der Hand zu ihr.
„Was ist los?“ fragte Janine, die immer sofort wusste wenn irgendwas mit Sam nicht stimmte. Also begann Sam ihr von ihrem Leid zu erzählen, von dem neuen Teil in der Zeitung. Von ihrem Abschlussarbeitthema und von allen anderen Ungerechtigkeiten in ihrem Leben. Zum Glück hatte Janine noch eine zweite Flasche dabei, denn es stellte sich heraus, dass es noch ein äußerst langer Tag werden sollte.
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„Ach komm schon, ob scharf oder nicht, das ist einfach nicht fair! Vielleicht ist die Alte ja ganz anders drauf als das Biest vor ein paar Jahren!“ Dennis saß neben Kyle auf seinem Sofa und beschwerte sich lautstark über die Regeln die der Coach aufgestellt hatte.
„Jetzt haben wir schon mal ein Mädchen so nah dabei und dann dürfen wir nicht einmal Spaß mit ihr haben.“ Jammerte er weiter während Kyle ihn einfach ausblendete und sich auf den Fernseher konzentrierte, wo sich die Navy in Battleship gerade einen erbitterten Kampf gegen die Aliens lieferte.
„Kannst du vielleicht mal auch deinen Senf dazu geben?“ fragte Dennis, den der Film offenbar kein Stück interessierte. Kyle drückte auf den Pauseknopf und wandte sich zu seinem Teamkollegen.
„Was genau ist so schlimm an den Regeln? Wir werden von einer weiblichen Reporterin begleitet, na und? Wir haben doch die Cheerleader auch öfter dabei, von denen war gar nicht die Rede, also hör endlich auf zu jammern. Versuch einfach normal mit diesem Mädchen umzugehen, dann wird schon alles schief gehen!“ sagte Sam und wandte sich wieder ab. Gerade als er auf den Playknopf drücken wollte sagte Dennis.
„Werde ich lachen, wenn du derjenige bist, der von den Spielen ausgeschlossen wird. Du bist der schlimmste von uns, also spuck mal nicht so große Töne!“ dann erhob er sich lachend und ging auf Kyles Kühlschrank zu. Kyle dachte kurz darüber nach, war sich jedoch sicher, dass das was Dennis da gerade gesagt hatte nie im Leben eintreten würde.
„Niemals würde ich mir wegen einer Schnalle ein Turnier versauen. Ich habe genug andere Möglichkeiten, ich brauche also mit Sicherheit keine kleine Reporterin, die laut Danny auch noch unausstehlich ist! Also hör endlich mit deinem dummen Gelaber auf und schau dir den Film an!“ Kyle drückte den Playknopf doch in seinem hinteren Kopfteil begann es gefährlich zu schmerzen.
Wieso nur, hatte er das Gefühl, dass die Neue mehr als nur Probleme verursachen würde? Und wieso hatte er das Gefühl, dass sich die Jungs auf gar keinen Fall an die Spielregeln halten konnten?
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„Du hast Kyle Thompson halb nackt gesehen und ihm dann gedroht ihn zu verprügeln, wenn er dich noch einmal anfasst?“ fragte Janine vollkommen fassungslos und schon ziemlich beschwippst.
„Verdammt, ich hab wieder überreagiert, oder?“ fragte Sam, die ebenfalls schon etwas zu tief ins Glas geschaut hatte, ihre Freundin die sie jetzt mitleidig ansah.
„Ach was Süße, niemals!“ und sie wischte mit ihrer Hand vor dem Gesicht rum, so als würde sie die bösen Erinnerungen einfach ausradieren. Sam ließ sich in die Kissen fallen und schloss für kurze Zeit die Augen. Irgendwie drehte sich alles, was natürlich auch am Alkohol liegen konnte.
„Sam, du bist das stärkste Mädchen das ich kenne. Nicht nur wegen deinem Kampfsport, sondern vor allem wegen deinem Charakter. Wenn es eine schaffen sollte diese Horde von Jungs in den Griff zu bekommen dann du! Sogar Kyle Thompson!“
Sam öffnete ihre Augen wieder und setzte sich auf.
„Du hast Recht. Außerdem wird Kyle sich wahrscheinlich sowieso nicht mehr an mich erinnern. Diese paar Wochen, werde ich auch noch schaffen, zuzüglich des Portraits und dann heißt es „Auf Nimmer Wiedersehen, Jungs!“
„So will ich meine Sam haben!“ sagte Janine und lachte laut los.
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„Wie bitte wie lang soll das dauern? Ich dachte es geht nur um die PlayOffs. Ein paar Spiele und sobald das Team verliert ist es raus!“ sagte Sam zu dem Trainer der Fußballmannschaft. Dieser hatte sie ein wenig früher zu sich gebeten, weil er sie zum einen selber kennenlernen wollte und zum anderen über das Organisatorische aufklären wollte.
„Meine Liebe, ganz und gar nicht. Natürlich sind die PlayOffs das eigentliche Spektakel dieses Turniers, doch vorher gibt es noch einige Spiele, durch die sich mein Team ersteinmal qualifizieren muss!“ sagte der Trainer entrüstet und fragte sich zurecht, ob dieses Mädchen überhaupt schon einmal ein Spiel angesehen hatte.
„Okay, das ist wesentlich länger als ich erwartet habe!“ sagte Sam und hielt sich die Hand gegen die Stirn. Drei Monate! Das war solang, wie ihre Semesterferien dauerten!
„Wie oft fahren wir in dieser Zeit weg?“
„Also, ich erklär dir das jetzt mal genauer. Unsere Mannschaft muss gegen neun weitere Mannschaften spielen. Es gibt immer eine Hin und eine Rückrunde. Das bedeutet, wir werden gegen jede Mannschaft zwei Mal antreten. Einmal auf ihrem Boden, einmal auf unserem, was man dann Heimspiel nennt!“ Der Coach redete und redete doch Sam hörte nicht mehr hin. Das hieß, dass sie abgesehen von den PlayOffs neun weitere Male, mindestens, mit den Jungs verreisen würde.
„Bereit dazu die Jungs kennen zu lernen?“ fragte der Trainer abschließend. Jetzt war es sowieso schon egal. Sam wusste ganz genau, dass dieser Sommer eine Katastrophe werden würde, sie konnte sich jetzt aber entscheiden ob sie mit oder ohne Motivation an diese Sache heran gehen würde.
Der Trainer erhob sich und führte sie durch einige Gänge und schließlich kamen sie vor der Umkleidetür stehen.
„Ich schau kurz nach ob die Jungs bereit sind!“
Sam blieb alleine in einem dunklen Korridor stehen, wo einige Meter weiter eine Glühbirne gefährlich flackerte. Dies war der Stoff aus dem Horrorfilme gemacht wurden. Sie versuchte das Gefühl in ihrem Magen zu ignorieren, dieser routierte jedoch wieder und zum gefühlten tausendsten Mal verfluchte sie sich dafür, dass sie sich so besinnungslos betrunken hatte. Leider war es nicht nur bei den zwei Flaschen Sekt geblieben, sondern Sam hatte ihre sämtlichen Vorräte ausgepackt und so hatten Janine und sie zum Schluss die Rufe aus dem Nebenzimmer mit ihrem eigenen Gegacker übertönt.
Die Tür war nicht ganz geschlossen zum Umkleideraum und sie hörte wie der Trainer „Seid ihr alle angezogen Jungs?“ in den Raum rief.
„Jefferds, zieh dir etwas über deinen nackten Arsch!“ ertönte eine Stimme, die Sam nicht zuordnen konnte.
Sie schloss die Augen und biss sich auf die Lippe. Das würde sie also ganze drei Monate lang erwarten.
Sie wartete noch ein wenig, bevor sie sich dazu entschloss selber die Initiative zu ergreifen. Einmal noch atmete sie tief ein und dann öffnete sie die Tür vollends und betrat den Raum. Der erste Zusammenstoß mit den Spielern.
Es hatte bis jetzt kaum jemand bemerkt, dass sie den Raum betreten hatte, doch einer nach dem anderen verstummte als er sie in der Tür stehen sah. Sie stand gerade mit den begehrtesten Jungs des Colleges in einem Zimmer, in einem Zimmer in welchem sie sich in der Regel umzogen!
Als auch die letzten aufhörten zu reden, stellte sich der Trainer neben Sam und legte ihr die Hand auf die Schulter.
„Also Jungs, das ist Sam!“ verkündete er motiviert. Die Jungs starrten sie jedoch lediglich an, sie war wohl nicht das was sie sich erhofft hatten, doch das nahm sie eher als Bestärkung und so trat sie einen Schritt nach vorne.
„Hallo, mein Name ist Sam Raven und wir werden uns wohl in der nächsten Zeit ziemlich oft über den Weg laufen!“ sie versuchte zu lächeln und hoffte, dass es bei den Spielern nicht wie ein gequälter Gesichtsausdruck rüber kam.

5. Kapitel: „Schön zu sehen, dass du dich in den letzten Tagen nicht verändert hast…“


„Hallo, mein Name ist Sam Raven und wir werden uns wohl in der nächsten Zeit ziemlich oft über den Weg laufen!“ Kyle hörte die Stimme und sie kam ihm seltsam bekannt vor. Er hatte sich schon gewundert, warum es plötzlich so still geworden war. Er war gerade aus der Dusche gekommen und hatte nicht einmal mitbekommen, dass der Trainer im Raum war, geschweige denn ein Mädchen. Mit nur einem Handtuch um die Hüften bekleidet drehte er sich langsam um und traute seinen Augen nicht. Er hoffte, dass ihn gerade niemand beobachtete, denn er war sich ziemlich sicher, dass sein Gesichtsausdruck gerade zum fürchten war.
Einige Meter entfernt von ihm, zum größten Teil verdeckt durch die Jungs die im Weg standen, sah er das Mädchen, welches er vor einigen Nächten im Waschraum kennengelernt hatte. Er überlegte kurz ob er sich irrte, doch diese braun-rötlich schimmernden Haare und die braunen Augen gehörten unverkennbar ihr. Er trat vorsichtig einige Schritte nach vorne und bemerkte gar nicht, dass auch die anderen Jungs noch kein Wort gesagt hatten. Viele von ihnen waren noch nicht einmal vollständig angezogen, er selber eingeschlossen, und gafften sie einfach nur an. Danny hatte mit seiner Beschreibung so ziemlich ins Schwarze getroffen. Denn so wie er sie kennengelernt hatte, würde sie mit Sicherheit nicht für einen nächtlichen Scherz zu haben sein. Ihre Blicke wanderten durch den Raum und das erste mal kam ihm in den Sinn, dass sie vielleicht aufgeregt war, oder ähnliches, schließlich stand sie alleine da gegen 20 der begehrtesten Typen des Colleges, doch er beschloss dass es alles andere als seine Aufgabe war, sie hier willkommen zu heißen. Die Luft war zum schneiden dick und er bemerkte, dass eine tiefe Furche sich in ihrer Stirn bildete, weil sie diese kraus zog. Eine peinliche und schwer lastende Stille herrschte im gesamten Raum und keiner der sonst so kessen Typen hielt es für notwendig diese Stille zu brechen.
Als ihre Blick an Kyle hängen blieben, verzog sie keine Miene. So als würde sie sich nicht einmal an ihn erinnern, was ihn irgendwie in seinem Stolz kränkte. Was stimmte nur nicht mit ihr?
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Ok, jetzt wurde es langsam mehr als nur peinlich. Sam stand immer noch an der selben Stelle und beobachtete die Jungs, welche ihrerseits sie genau in Augenschein nahmen. Vor einigen Sekunden hatten sich ihre und Kyles Blicke getroffen und sie hatte gesehen, wie überrascht er war sie in dieser Umkleidekabine zu erspähen.
Da Sam, wie es immer geschah wenn sie aufgeregt war, spürte wie ihr Hals langsam sehr trocken wurde räusperte sie sich einmal kurz, doch der Schuss ging nach hinten los, denn sie verschluckte sich gleichzeitig. Zuerst versuchte sie den Drang zu husten zu unterdrücken, doch da sie wusste, dass wenn man nicht hustete man auch ersticken konnte und da der Drang einfach zu groß wurde, drehte sie sich weg und begann wie eine Wilde drauf los zu husten. ‚Toller erster Eindruck!’ dachte sie sich, während sie gerade fieberhaft dagegen ankämpfte zu ersticken.
„Sam?“ hörte sie den Trainer, doch sie streckte nur ihren Arm aus und sagte „Geht gleich wieder!“ doch es ging gar nichts. Sie lehnte ihren Arm, den sie eben noch auf den Trainer gerichtet hatte an die Wand und versuchte sich zusammenzureißen.
„Erstickt sie jetzt etwa?“ hörte sie einen der Spieler sagen, während ein anderer „Trainer, hau ihr mal sachte auf den Rücken!“ hinzufügte. Sie spürte mehrere kleine Schläge, die jedoch so leicht waren dass sie rein gar nichts bringen würden auf ihrem Rücken und röchelte nur noch mehr. Entweder sie würde gleich vor den Spielern ersticken, was in diesem Fall wohl die sanftere Methode wäre, da das was gerade geschah mehr als nur peinlich war, oder sie würde sich gleich wieder fangen und dann mit hochrotem Kopf vor ihnen stehen.
„Vielleicht hilft es ja, wenn sie die Arme nach oben streckt, sagt zumindest meine Mom immer, wenn ich mich verschlucke!“ hörte sie einen anderen, doch er klang mehr als nur unsicher.
„Sam streck mal deine Arme nach oben!“ sagte der Trainer, der ebenfalls nicht so ganz wusste was er mit diesem Häufchen Elend anfangen sollte.
Konnte sich nicht einfach ein Loch im Boden auftun und Sam verschlucken?
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Seit ungefähr einer Minute stand sie an die Wand gelehnt und hustete was das Zeug hielt. „Trainer schlagen sie ihr noch einmal fester auf den Rücken!“ sagte einer seiner Teamkollegen, der mittlerweile neben ihr stand sich jedoch offenbar nicht traute sie anzufassen. Ob nun wegen den Regeln die der Trainer aufgestellt hatte, oder weil er sich schämte war Kyle nicht so ganz klar.
Weitere Spieler standen hilflos neben ihr und es sah nicht so aus, als würde sie diesen Anfall schnell hinter sich bringen.
„Oh Mann, in Hergottsnamen, das kann doch nicht wahr sein!“ zischte Kyle und stürmte auf sie zu. Er fasste ihre Schulter, obwohl sie ihm beim letzten Mal gedroht hatte ihn dann zu verprügeln, drehte sie in seine Richtung und hob ihre Arme nach oben.
„Jetzt versuch ganz vorsichtig zu atmen!“ sagte er zu ihr und sah ihr dabei direkt in die Augen. Die Jungs standen um sie herum, einige von ihnen hatten ihre Arme hilflos nach vorne gestreckt, so als würden sie gerne etwas tun wollen aber aus irgendeinem Grund konnten sie nicht. Kyle legte ihr die Hand auf den Rücken, während sich ihre Augen weiteten und mit einigen präzisen und harten Schlägen schlug er ihr zwischen die Schulterblätter.
„Hey, Alter nicht so fest, du brichst ihr ja noch was!“ sagte Simmons, der neben ihm stand.
„Hast du eine bessere Idee?“ keifte Kyle ihn an und Simmons hielt die Klappe. Es schien jedoch so, dass sich das Mädchen langsam beruhigte und schließlich ließ Kyle ihre Arme los und nahm auch seine Hand von ihrem Rücken. Mit hochrotem Kopf stand sie vor ihm und krächzte nur ein „Danke!“ und dann stand sie da.
„Vielleicht braucht sie was zum trinken?“ fragte einer der Jungs und der nächste stürmte auf seine Tasche zu und holte eine Flasche heraus.
„Hier bitte…“ sagte er und vermied es Sam anzusehen.
Was war nur mit diesen Typen los? Sonst brachten sie das Maul gar nicht zu wenn sie einem Mädchen gegenüber standen und jetzt, hatten sie Angst davor das Mädchen auch nur anzusehen.
Erneut krächzte sie, jetzt jedoch an Goalie gewand „Danke!“ und nahm die Flasche dankend entgegen.
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Wieso zum Teufel war sie nicht erstickt? Jetzt standen alle Jungs versammelt um sie herum und sahen sie besorgt an. Nur Kyle sah ein wenig verwirrt aus und trat dann einen Schritt zurück. Sie musste zugeben, dass sie von Kyle nicht viel hielt aber er hatte ihr vermutlich das Leben gerettet. Naja, mehr oder weniger, denn wer wusste es schon genau, vielleicht hätte sich ihre Lage ja von alleine wieder gebessert.
Sie musste sich etwas überlegen, denn die Jungs rückten ihr ziemlich auf die Pelle ohne dass es ihnen bewusst war. Sie nahm noch einige tiefe Züge Wasser und achtete akribisch darauf sich nicht noch einmal zu verschlucken, dann streckte sie dem Typen der ihr die Flasche gegeben hatte, die leere Flasche wieder entgegen.
„Danke noch mal. Also mir geht’s wieder gut!“ sagte sie mit wahrscheinlich hochrotem Kopf. Doch das war anscheinend die Aussage die die Jungs gebraucht hatten, denn sie entfernten sich alle von ihr und widmeten sich endlich wieder ihren Dingen. Natürlich wurden ihr hin und wieder ein paar Blicke zugeworfen, doch im Moment bemühten sie sich stark, sie weitestgehend zu ignorieren. Der Trainer räusperte sich und Sam sah zu ihm hinüber. Er stand mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt da und schien ersteinmal den Schock verdauen zu müssen, dass beinahe die Reporterin die über sein Team berichten sollte, Tot umgefallen wäre, in SEINER Kabine. Doch noch jemand stand immer noch neben ihr, was ihr erst jetzt auffiel und sie sah in die andere Richtung, wo Kyle Thompson grinsend dastand und sie betrachtete.
„So, So. Wirklich tolle Methode um das Eis zu brechen!“ sagte er zu ihr und sie verdrehte die Augen.
„Du hast mir zwar das Leben gerettet Thompson, aber glaube nicht dass ich dir dafür etwas schuldig bin!“
Sein Lächeln verstärkte sich.
„Schön zu sehen, dass du dich in den letzten Tagen nicht verändert hast!“
Er konnte sich also genau an sie erinnern. Sie hatte gehofft, da Kyle mit so vielen Mädchen täglich in Kontakt kam, dass er sie verdrängt oder vergessen hatte, doch dem war offensichtlich nicht so.
Sam wusste keinen kessen Spruch den sie zurück schießen konnte, also wandte sie ihren Kopf wieder ab und verdrehte erneut die Augen. Was für eine Nervensäge. Mit seinem strahlenden Lächeln, den blitzenden weißen Zähnen und den bohrenden blauen Augen.
„Hey Schätzchen!“ sagte Kyle und sie spürte ihn ganz nah an ihrem Ohr. Ihr Puls stieg an und sie sah sich nervös um, ob sie gerade jemand beobachtete.
„Du hättest dich nicht als Reporterin zu uns einschleichen müssen um mich kennen zu lernen, weißt du?“
Gerade wollte sie erwidern, dass er das wohl gern so hätte, doch schon wandte er sich ab und durchschritt den Raum, als wäre er die Nummer eins hier. Abgesehen von der Tatsache, dass dies wahrscheinlich sogar der Wahrheit entsprach, brauchte er dies ja wohl kaum so zur Schau zu stellen.
Sam wandte sich an den Trainer.
„Entschuldigen sie bitte für diesen unangemessenen Auftritt. Ich werde mich bemühen, in der Zukunft proffessioneller aufzutreten…“ gab sie kleinlaut von sich und fügte dann hinzu.
„Ich geh dann mal, wann beginnt das Training morgen?“
Der Trainer sah auf Sam herab und zog eine Augenbraue nach oben.
„Warum? Du musst doch nur von den Spielen berichten!“
„Ähm, ja…also ich muss die Spielregeln auch noch lernen!“ sagte Sam und bevor der Trainer sie in der Luft zerreißen konnte, fügte sie hinzu „Ich geh dann mal!“ und wandte sich ab.
„Jungs sagt Sam auf Wiedersehen.“ Hörte sie den Trainer sagen und kurz darauf sagten alles „Auf Wiedersehen, Sam!“ sie drehte sich kurz zu ihnen um und sah jetzt hier da ein Lächeln in den Gesichtern der Spieler. Sie wandte sich ab und stürmte aus der Kabine.
Sie hatte sich vollkommen zum Affen gemacht dort drinnen, wie sollten die Jungs sie jetzt noch ernst nehmen?
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Die Tür fiel zu und die Jungs standen wieder unter sich im Umkleideraum. Kyle betrachtete immer noch die Tür, durch welche diese Sam verschwunden war, nein man sollte wohl eher sagen geflüchtet.
„Die ist ja mehr als nur seltsam…“ sagte Simmons neben ihm und sah die anderen an.
„Ich find sie gar nicht so übel, die hat was!“ sagte Goalie und zuckte mit den Schultern.
„Ihr habt euch alle aufgeführt wie kleine schüchterne Mädchen, Jungs!“ sagte Kyle und setzte sich auf die Bank. Simmons und Goalie drehten sich zu ihm.
„So ein Schwachsinn, du hast nur gleich die Gelegenheit genutzt um dich an sie ranzumachen, ich wollte gerade selber hingehen und ihr helfen!“ sagte Goalie und drehte sich zu seinem Spind.
„Ja wahrscheinlich um Mund zu Mund Beatmung zu machen. Denn noch ein wenig länger und sie wäre uns in Ohnmacht gefallen!“ schleuderte Kyle ihm entgegen und wandte sich dann seinerseits ab. Er zog sich ein Kleidungsstück nach dem anderen an, konnte dabei jedoch den Gesichtsausdruck von ihr nicht vergessen, als er sie auf den Arm genommen hatte. Sie hatte überlegt was sie darauf sagen konnte, doch Kyle wollte das letzte Wort haben und so hatte er sich aus dem Staub gemacht und ihr keine Möglichkeit mehr gelassen zurück zu schießen. Er konnte nicht verhindern, dass sich ein Lächeln in sein Gesicht schlich.
Jetzt wo er wusste, wer die neue Reporterin war, war er sich nicht so ganz sicher wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Er wusste, dass sie kratzbürstig war doch bösartig schätzte er sie nicht ein. Es war jedoch wahrscheinlich besser, wenn die Jungs und er ihr weitestgehend aus dem Weg gingen, denn wer wusste schon was sie genau vorhatte.
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„Ich werde untertauchen! Irgendwo wo mich keiner dieser Spieler jemals wieder sieht!“ sagte Sam zu ihrer Tante, die ihr gerade dabei half zusammen zu packen.
„Sam, das kann doch jedem einmal passieren, also beruhige dich doch endlich. Keiner der Spieler wird dir übel nehmen, dass du dich verschluckt hast!“ Gerade packte ihre Tante Cora einige von Sams Büchern in eine Kiste.
„Das ist auch gar nicht das Problem, Tante Cora. Das Problem ist, dass ich mit diesen Spielern eng zusammen arbeiten muss und jetzt halten sie mich vermutlich für einen vollkommenen Vollidioten!“ jammerte Sam und setzte sich auf das Bett.
Ihre Tante gesellte sich zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern.
„Du musst immer daran denken, dass diese Spieler ebenfalls Menschen sind. Mit Sorgen und Nöten! Sie stehen nicht über und nicht unter dir, sondern ihr seid vollkommen ebenbürtig. Sie wollen von dir, dass du gute Berichte über ihre Spiele schreibst und so ihren Bekanntheitsgrad in der Stadt festigst, du möchtest von ihnen Interviews haben, um diese Portraits über sie zu schreiben. Eine Hand wäscht die andere Sam und genau das, musst du ihnen klar machen!“
„Oh Mann. Du weißt auf jede Problemlage eine Antwort…“ bemerkte Sam und legte ihren Kopf auf Coras Schulter.
„Das liegt daran, dass ich schon ein paar Jährchen mehr hinter mir und Lebenserfahrung gesammelt habe, die du noch nicht gesammelt hast, Liebes!“ dann stand Cora auf und packte weiter ein.
„Morgen kommt der Umzugswagen, wenn wir deine Sachen bis dahin in die Wohnung geschafft haben, kannst du danach gleich drinnen bleiben!“ sagte sie an ihre Nichte gewandt. „Oder was meinst du?“
Sam lächelte das erste Mal an diesem Tag so richtig.
„Glaubst du mir, dass meine neue Wohnung im Moment der einzige wirkliche Lichtblick in meinem Leben ist?“ fragte Sam ihre Tante, obwohl sie keine Antwort erwartete. Natürlich wusste ihre Tante bescheid, denn schließlich wusste sie genau, wie sehr es Sam hasste in diesem Wohnheim zu leben. Für drei Personen war die Wohnung nur immer zu klein gewesen, deswegen hatte Sam nicht vorher schon mit einziehen können.
„Nur noch einmal schlafen Liebes, dann bist du endlich in deinen eigenen vier Wänden!“
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Gegen 21.00 Uhr betrat Kyle das Wohnhaus in welchem er lebte und lief prompt Mrs. Stark über den Weg.
„Guten Abend, Mrs. Stark!“ sagte er höflich und widmete sich dann seinem Briefkasten.
„Guten Abend Kyle, na wie geht es dir?“ Mrs. Stark stellte sich neben ihn und lehnte mit der Schulter an der Wand.
„Eigentlich ganz gut und selber?“
„Morgen ist der Tag an dem ich in mein schickes kleines Häuschen ziehe, mir geht es fantastisch!“ sagte die Dame lächelnd und stieß sich dann von der Mauer ab.
„Ich wollte mich von dir Verabschieden. Du warst wirklich ein toller Nachbar Junge. Vielleicht ein paar Parties weniger und es wäre perfekt!“ sagte die Dame lächelnd und streckte Kyle die Hand entgegen.
„Eine letzte Belehrung also mit auf den Weg, ja?“ entgegnete er lächelnd und schüttelte die ihm entgegen gestreckte Hand.
„Man kann es ja zumindest einmal versuchen, nicht?“ sagte die Dame und wandte sich ab.
„Vielleicht sehen wir uns ja noch ab und zu, bis dahin benimm dich!“ und dann ging sie lächelnd die Treppen hinauf und ließ Kyle alleine im Gang stehen.
Es ging ihm voll gegen den Strich, dass sie wegzog. Wer wusste schon, wer jetzt in ihre Wohnung einziehen würde? Wahrscheinlich jemand der sich ständig beklagte und ihm gewaltig auf die Nerven gehen würde.
Kyle nahm die Post aus seinem Briefkasten und ging die Treppen hinauf, während er durchsah was er bekommen hatte.
„Werbung, Werbung, Werbung!“ murmelte er. Im zweiten Stock kam er an seine Wohnungstür schloss sie auf und trat dann in sein einsames Reich ein. Alles entwickelte sich irgendwie in eine vollkommen neue Richtung und langsam aber sicher, hatte er das Gefühl, dass er die Kontrolle darüber verlor. Die neue Reporterin, die Regeln und dass er sich nur noch einen Fehltritt erlauben konnte, laut Collegedirektor, lagen ihm im Nacken. Andererseits konnte er diesen ganzen Problemen aus dem Weg gehen, wenn er schaffte sich einfach auf das zu konzentrieren, was er am meisten liebte. Fußball war sein Leben und wenn er dieser Sam einfach nur weit genug aus dem Weg ging und sich nicht mehr mit irgendwelchen Mädels einließ, die in Wohnheimen lebten oder zufällig die Enkelin des Direktors waren, so konnte doch eigentlich nichts schief laufen, oder?

6. Kapitel: „Ich glaube, du verheimlichst was…“


Ihre Sachen standen bereits allesamt in der neuen Wohnung, doch Sam konnte sich daran noch nicht so Recht erfreuen, da sie jetzt ersteinmal dem Training beiwohnen musste, wo sie sich langsam an die Spieler heranpirschen sollte. Sie hatte von den meisten keine Ahnung wie sie hießen und die Namen von zwanzig Kerlen auf die Schnelle zu lernen würde sie schon Energie genug kosten. Außerdem musste sie jemanden finden, der ihr die Spielregeln erklärte, damit sie auch wirklich gute Artikel verfassen konnte. Janine ging gerade hinter ihr und musste sie schon fast in Richtung Spielfläche drücken, denn Sams Motivation lag im Keller. Trotz der aufmunternden Worte von ihrer Tante war ihr das was geschehen war zutiefst peinlich und, dass Janine sich vor lachen beinah in die Hosen gemacht hatte, als Sam ihr davon erzählt hatte, war auch nicht gerade förderlich gewesen.
„Jetzt komm schon Sam, stell dich nicht so an. Wahrscheinlich haben sie es sowieso schon vergessen, ich meine was ist denn auch schon dabei? Das kann ja wirklich jedem passieren!“ sagte ihre Freundin mit den Händen an Sams Rücken.
„Du hast gut reden. Dir passiert so ein Mist ja niemals. Ich bin immer diejenige der solche Sachen wiederfahren. Für euch normalsterbliche mag das ja ganz komisch sein, aber irgendwann fängt man an sich zu fragen, ob mit einem selber etwas nicht stimmt!“ jammerte Sam und blieb endgültig stehen.
„Vielleicht sollte ich das ganze abblasen. Auf ein anderes College gehen und dort mein Glück versuchen…“ Sams Selbstbewusstsein war in diesem Moment wirklich noch weit tiefer als im Keller und Janine musste ihr jetzt wohl oder übel den Kopf waschen.
„Was ist los mit dir? Dich schert es doch sonst einen Dreck was andere über dich denken! Jetzt beweg deinen Arsch gefälligst zu diesen Jungs aufs Feld und zeig ihnen, wer der eigentliche Boss ist!“ sagte ihre Freundin mit in die Hüften gestemmten Armen.
„Normalerweise sehen mir aber auch nicht zwanzig der heißesten Typen auf dem College dabei zu, wie ich beinahe ersticke!“ entgegnete Sam und sah eine leichte Unsicherheit auf dem Gesicht ihrer Freundin.
„Bitte, jetzt nicht die Mitleidstour. Wenn sie dich ersteinmal kennenlernen dann werden sie dich lieben, da bin ich mir fast sicher!“ sagte Janine.
„Das fast war genau richtig.“ Murmelte Sam doch sie gab auf. Das Training würde in fünf Minuten beginnen und jetzt war sie ja schon mal auf dem Fußballfeld, dann konnte sie ja auch gleich da bleiben.
„Ich geh jetzt, wir sehen uns später!“ sagte Janine und winkte ihr ein letztes Mal bevor sie von dannen zog.
„So So…zwanzig der heißesten Typen auf dem College…“ ertönte hinter Sam eine Stimme, die sie eigentlich gerade absolut nicht hören wollte.
„Was willst du?“ fragte sie genervt und ging auf die Spielerbank zu, wo sie sich hinsetzte. Kyle ging ihr leichtfüßig hinterher und setzte sich anschließend neben sie.
„Bist du eigentlich immer so drauf?“ fragte er sie, während er sie eingehend betrachtete. Sam hingegen wandte ihren Blick stur nach vorne, obwohl es dort doch eigentlich nichts zu sehen gab. Sie wollte Kyle nicht zeigen, dass es ihr, (schon wieder!) zutiefst peinlich war, dass er das Gespräch mitgehört hatte.
„Ach komm schon. So werden das aber lange drei Monate werden, das sag ich dir!“ er lächelte sie an und versuchte sie eindeutig für sich zu gewinnen, zu welchem Zweck war ihr jedoch noch nicht ganz klar.
Sie sah zu ihm hinüber und lächelte verführerisch (nun so verführerisch wie das bei ihr möglich war) dann sagte sie „Kyle, Kyle. Ich glaube du hast die Spielregeln noch nicht so ganz verstanden! Ich kann dich immer noch beim Direktor des Colleges anschwärzen, das heißt: Entweder du lässt mir meine Ruhe, oder du fliegst! Wie mir ein kleines Vögelchen gezwitschert hat, braucht es noch eine Abmahnung und du kannst Adé zum Fußballteam sagen!“ Sie hatte ihren Körper in seine Richtung gewandt und sah in seine verblüfften Augen, die sie lediglich anstarrten. Irgendwas ging in seinem Kopf vor, doch sie wusste nicht so Recht was es war. Sie war sich jedoch ziemlich sicher, dass Kyle sich durch solch eine Drohung nicht Schachmatt setzen ließ.
Wie zur Bestätigung lächelte er wieder.
„Sam du magst vielleicht ein klein wenig pessimistisch sein. Kratzbürstig: definitiv. Doch Boshaft? Bestimmt nicht. Also sag ich dir jetzt mal eins: Ich bin kein so übler Kerl wie du vielleicht denkst. Wir müssen die nächsten Wochen wohl oder übel miteinander auskommen…“
Versuchte dieser Kerl sich gerade tatsächlich bei Sam einzuschleimen? Was wollte er von ihr?
„Das heißt, die Dinge die ich über dich gehört habe stimmen gar nicht?“ fragte Sam und versuchte so zu tun als würde die Freude sie übermannen.
„Es kommt darauf an, was..“ Kyle schaffte es nicht seinen Gedanken auszusprechen.
„Du hast also nicht mit der Tochter des Direktors geschlafen, hast sie dann halbnackt ausgesetzt und bist abgedüst, und wärst beinahe deswegen aus dem College geschmissen worden?“
„Nun…“
„Und du bist gar nicht so egoistisch und Ich bezogen wie immer gesagt wird?“
„Also, das…“
„Und vor allem, haben dir die ganzen Mädchen unrecht getan, weil du doch eigentlich keiner von ihnen schöne Augen gemacht, sie ins Bett befördert und sie dann fallen gelassen hast wie eine heiße Kartoffel?“
„Ok, ein paar Sachen stimmen wohl doch die über mich erzählt werden.“ Sagte Kyle resigniert und verschränkte seine Hände ineinander.
„Ich frage mich also ernsthaft, was du eigentlich von mir willst? Ich bin hier zum arbeiten…Oh ich glaube genau da haben wir den Knackpunkt, oder?“ fragte Sam und diesesmal lächelte sie wirklich.
„Was meinst du?“ fragte Kyle entnervt. Er hatte Mädchen noch niemals ausstehen können wenn sie zu viel sprachen.
„Ich denke, du möchtest dass ich dich gut dastehen lasse in meinen Artikeln, oder liege ich falsch?“ fragte Sam ihn neugierig und verschränkte dabei die Arme unter der Brust.
„So ein Schwachsinn…“ sagte Kyle und stand dabei auf.
„Ich weiß auch nicht, lass uns das Thema einfach beenden.“ Und ging davon. Plötzlich befiel Sam ein schlechtes Gewissen welches sie nicht nachvollziehen konnte. Hatte sie Kyle wirklich gekränkt?
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Er wusste doch selbst nicht was er von ihr wollte. Seitdem sie ihn so zurückgewiesen hatte einige Nächte zuvor, hatte sie sein Interesse geweckt. Er konnte nur nicht nachvollziehen weshalb. Wütend ging er auf die Bälle zu, die umherlagen und beschäftigte sich mit diesen während er auf seine Mannschaftskameraden wartete. Wo blieben diese Vollpfosten überhaupt? Er schaute auf die Uhr, die über den Tribünen hing und sah, dass es bereits zwei Uhr war. Sie hätten alle schon längst da sein müssen. Stattdessen befand er sich alleine mit dieser Sam auf dem Sportplatz und musste sich auch noch blöd anmachen lassen von ihr. Pah, die würde schon noch sehen was sie davon hatte. Jetzt würde er ihr zeigen wo der Hammer hing, Regeln hin oder her.
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Als nach zwanzig Minuten immer noch niemand aufgetaucht war, begann Sam sich ernsthaft zu fragen, ob sie irgendwas verpasst hatte. Doch nicht nur sie, denn Kyle hatte sich mittlerweile eine Bank weiter niedergelassen und wartete offenbar ebenfalls auf die anderen. Sie sah zu ihm hinüber und musste eine Sache zugeben: Er sah einfach unwiederstehlich aus in seinen Trainingsklamotten. Er hatte kurze schwarze Hosen, mit einem dazu passenden T-Shirt an, welches eng genug anlag um die Phantasie anzuregen. Seine blonden Haaren waren durcheinander, wahrscheinlich von den einigen Malen, als er mit den Händen hindurchgefahren war, wenn er das Tor mal wieder verfehlt hatte. Das war ihm außerordentlich oft passiert in den Viertelstunde in welcher er gespielt hatte. Irgendwann hatte er dann schließlich keine Lust mehr gehabt und hatte sich auf der Bank niedergelassen. Jetzt sah er stur gerade aus.
Sie hatte ihn wirklich gekränkt. Sie wusste nur nicht weshalb. Eigentlich hatte Kyle ihr niemals etwas getan, naja er hatte halt einfach niemals mit ihr gesprochen, doch das war nicht der Punkt. Normalerweise war Sam der Meinung, dass man Menschen ersteinmal kennenlernen sollte, bevor man sich eine Meinung über sie bildete. Weshalb also verurteilte sie Kyle, ohne ihn überhaupt wirklich zu kennen? Außerdem hatte Sam vergessen, dass sie auch auf Kyle angewiesen war, wenn sie diese blöde Portrait Serie schreiben wollte. Schließlich würden reihenweise Mädchen die Zeitung kaufen, nur um zu lesen was über ihn geschrieben worden war. Sam fasste ihren sämtlichen Mut zusammen und stand auf.
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Wenn dieses Mädchen jetzt nicht da wäre, würde Kyle fluchend durch die Gegend laufen und auf alles und jeden einschlagen der ihm in die Quere kam. So schlecht hatte er nicht mehr gespielt, seitdem er angefangen hatte Fußball zu spielen. Sie störte eindeutig sein Karma oder wie der Scheiß hieß. Seit fünf Minuten saß er nun da und überlegte, wie er würdevoll den Platz verlassen konnte, denn wenn es mal realistisch betrachtete: Aus irgendeinem Grund wurde das Training abgesagt und nur er und sie hatten davon nichts mitbekommen. Außerdem fragte er sich ernsthaft, was sie überhaupt hier wollte. Sie würde ja wohl kaum mit ihnen auf dem Feld stehen, also weshalb war sie zum Training erschienen?
„Hey…“ hörte er ihre Stimme neben sich und sah überrascht nach oben. Da stand sie, unschuldig wie eh und je und sah auf ihn herab. Schnell stand er auf, damit sie ihm gegenüber keinen Vorteil hatte und betrachtete sie seinerseits von oben.
„Was willst du?“
„Also ich habe das Gefühl, dass wir uns auf dem völlig falschen Fuß erwischt haben.“ Sagte sie gestellt einfühlsam und sah ihn an.
„Entschuldige mal, aber ICH war charmant von Anfang an!“ sagte Kyle und legte sich die Hand auf die Brust.
Sie zog die Augenbrauen nach oben. Er hasste es wenn sie das tat und er kannte sie erst seit ein paar Tagen.
„Also bitte. Das hast du doch nur getan weil du Angst hattest, dass ich dich verpfeife. Tu jetzt nicht so als hätte ICH dich verletzt, denn wenn wir beide mal darüber nachdenken, ist das einfach nicht möglich. Also, benehmen wir uns jetzt wie Erwachsene und erledigen das, weshalb wir überhaupt hier sind?“ fragte Sam und ging Kyle damit gewaltig auf die Eier. Sie war nicht nur kratzbürstig, sondern auch noch Neunmalklug.
„Ich weiß warum ich da bin, die Frage lautet aber, weshalb bist du eigentlich da?“ fragte Kyle und sah sie fordernd an. Sam wurde rot im Gesicht, das sah er genau bevor sie sich von ihm abwandte.
„Das geht dich nichts an…“ murmelte sie.
Er ging um sie herum und sah sie genauer an.
Irgendwie war seine Wut auf sie vergangen. Na, wenn man es recht betrachtete war er nicht wütend gewesen sondern in seinem Stolz gekränkt, aber was sollte auch diese Erbsenzählerei.
„Ich glaube, du verheimlichst was.“ Sagte Kyle und ging ein wenig in die Knie um sie besser sehen zu können.
„Man kann jemandem nichts verheimlichen, wenn man ihm ansonsten nichts zu sagen hat!“ keifte sie ihn an und dies brachte sein Lächeln zurück.
„Entschuldige, ich habe das Gefühl, dass du etwas partout nicht sagen möchtest…“ sagte Kyle und legte sich den Finger ans Kinn.
„Aber ich kann ja einfach mal drauf los raten…“
„Einen Scheiß kannst du. Ich geh jetzt. Offensichtlich findet heute kein Training statt und mit dir verschwende ich ja doch nur meine Zeit. Also wir sehen uns…“ und Sam rauschte an ihm vorbei, ohne dass er die Möglichkeit hatte sie zurück zu halten.
„Du stehst auf Männer in Trikots stimmts, deswegen bist du hergekommen?“ rief Kyle ihr hinterher, bewegte sie damit jedoch nicht zum stehen bleiben. Im Gegenteil.
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Oh dieser Kerl würde sie noch verrückt machen, da war sie sich vollkommen sicher. Wie konnte so ein arroganter, egozentrischer und schleimiger Wichtigtuer nur so eine Anziehung auf Frauen haben? Sam konnte es nicht nachvollziehen und sie schwor sich in diesem Moment, dass sie Kyle Thompson nie wieder Sympathie entgegenbrachte. Dieser Gedanke erinnerte sie sofort an die Nacht in der sie ihn kennengelernt hatte.
„Sag niemals nie, Schätzchen!“ hatte er gesagt und somit das Wortgefecht für sich entschieden. Genauso wie die anderen zwei Gespräche auch, die sie mit ihm geführt hatte. Wie machte er das bloß? Sie verließ das Stadion und machte sich auf den Weg zu ihrer Wohnung.
Eine gute Stunde später, kam sie vollkommen aus der Puste und durchnässt bei dem Wohnhaus an. In der Zwischenzeit hatte es angefangen zu regnen und sie hatte sich für kurze Zeit untergestellt. Da sie jedoch festgestellt hatte, dass das Schicksal ihr einen Strich durch die Rechnung machte, war sie weitergelaufen. Genau in dem Moment in welchem sie die Tür aufsperrte, tröpfelte es nur noch leicht vom Himmel und sie ärgerte sich innerlich fast schwarz. Mit quietschenden Schuhen betrat sie den Flur und stieg die Treppen bis in den dritten Stock hinauf, wo sie schließlich vor ihrer eigenen Haustür zum stehen kam. Sie hatte eine Wasserspur hinter sich gelassen, doch es war ihr egal. Das einzige was sie wollte war eine heiße Dusche, ihren Fernseher, Janine und eine Flasche Wein und natürlich, dieses fürchterliche Gespräch mit Kyle und vor allem ihn selber aus dem Gedächtnis verbannen.
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„Wo zum Teufel wart ihr alle miteinander?“ fragte Kyle, als er die Bar betrat wo er seine Teammitglieder vermutet hatte. Wie immer hatte er damit ins Schwarze getroffen.
Die Bedienung trat an den Tisch, eine etwas kleinere schwarzhaarige mit einem genialen Körper, doch Kyle bestellte nur sein Bier und ignorierte sie gleich wieder.
„Wie wo waren wir?“ fragte Simmons und sah der Bedienung hinterher.
„Training?“ entgegnete Kyle entnervt. Warum war jeder um ihn herum nur so schwer von Begriff?
„Ach das. Der Coach hat doch eine Rundsms geschickt, dass das Training ausfällt weil er zu seiner Mom musste. Die hat sich offenbar das Bein gebrochen…“ erläuterte Goalie und sah dabei jedoch gespannt den Fernseher an, wo gerade ein Basketballspiel lief.
„Bullshit. Ich habe keine SMS bekommen und die kleine Reporterin offenbar auch nicht!“ sagte Kyle wütend und bedankte sich zwischenzeitlich kurz für das Bier, welches die Kellnerin vor ihn auf den Tisch stellte. Ihren anzüglichen Blick, nahm er nicht wahr.
„Jeder hat die SMS bekommen. Naja von der Kleinen hatte der Coach die Nummer nicht, aber dir hat er mit Sicherheit eine geschickt!“ sagte jetzt Simmons wieder, der seinen Blick von dem Mädchen schweren Herzens abgewandt hatte.
„Ihr labert doch nur Scheiße…“ sagte Kyle während er gleichzeitig sein Handy aus der Hosentasche fischte. Fuck es war ausgeschaltet gewesen, kein Wunder, dass sie ihn nicht erreicht hatten.
„Sagte ich doch.“ Sagte Simmons. Kurz nachdem Kyle sein Handy eingeschaltet hatte, klingelte es bereits und kündigte eine neue Nachricht an. Als Kyle die Nachricht las, entdeckte er eine kurze Passage über Sam.
„…und sagt Sam doch bitte auch Bescheid, damit sie nicht alleine auf dem Spielfeld steht.“
Kyle sah zu den Jungs, die alle vollkommen entspannt auf ihrer Bank im gewohnten Eck hockten und das Spiel beobachteten.
„Und hat jemand von euch Sam bescheid gesagt?“ fragte Kyle in die Runde. Einige zuckten mit den Schultern, andere wieder rum schüttelten den Kopf, keiner hielt es für nötig etwas zu sagen.
„Ihr seid ganz schöne Wichser, wisst ihr das?“ Wieder zuckten die meisten mit den Schultern, nur Goalie hielt es für nötig dieses mal zu antworten.
„Ich hatte ihre Nummer ja nicht, also wie bitte hätte ich ihr bescheid sagen sollen?“ Kyle sah zu Goalie hinüber und erkannte etwas Wahres an seiner Aussage.
„Ja ok, hast ja Recht!“ und wandte dann seinen Blick ebenfalls zum Bildschirm. Irgendwas an der Art und Weise wie Goalie ihm geantwortet hatte gefiel ihm nicht, er konnte jedoch nicht so Recht sagen was.
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„Und dann hat er mir noch hinterhergerufen, ich wäre nur da weil ich auf Typen in Trikots stehen würde.“ Beschwerte sich Sam gerade bei ihrer Freundin. Janine hatte die ganze Zeit aufmerksam zugehört und hatte an den richtigen Stellen „Nein!“ oder „Wow…“ gesagt und genau das liebte sie so an ihr. Janine war eine fantastische Zuhörerin, niemals gab sie einem das Gefühl, dass sie das was man zu sagen hatte nicht interessieren würde.
„Der Junge steht auf dich.“ Sagte Janine mit einem Lächeln im Gesicht, als Sam fertig war mit dem erzählen.
Sie hatten sich Masken auf das Gesicht geschmiert und sich auf Sams neuem Sofa niedergelassen, wo sie ein Glas Wein genossen, welchen Janine ihr zur Feier des Tages spendiert hatte. Bei Janines Aussage verschluckte sich Sam und konnte zunächst nicht antworten. Ihre Freundin sah sie lächelnd an.
„Das passiert dir in letzter Zeit ziemlich oft, was?“ fragte sie und schlug Sam gleichzeitig auf den Rücken, bis sie sich beruhigt hatte.
„Spinnst du jetzt oder was?“ entgegnete Sam auf die erste Aussage ihrer Freundin und ignorierte die zweite geflissentlich.
Sie stellte ihr Glas auf den Tisch und ging auf den Balkon wo sie die wunderschöne Aussicht genoss. Zehn Minuten nachdem sie ihre Wohnung betreten hatte, hatte der Regen vollkommen aufgehört und die dunklen Wolken hatten sich verzogen.
„Er hat irgendwas vor…ich weiß nur noch nicht was.“ Murmelte Sam und sah in die Ferne.

7. Kapitel: „Niemand versucht hier, ihr das Leben schwer zu machen…“


„Es tut mir Leid Sam, dass ich dir nicht Bescheid gegeben habe, dass das Training ausfällt, aber es war ein Notfall und ich hatte keine Nummer von dir. Ich habe aber den Jungs eigentlich gesagt, sie sollten dir von den Änderungen im Terminplan erzählen!“ sagte der Trainer einige Tage später und saß auf seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch. Ursprünglich hatte Sam vorgehabt, den allen mal den Marsch zu blasen, denn die Jungs benahmen sich wirklich wie Vollidioten. Sie beachteten sie nicht und ließen ihr so auch gar keine Möglichkeit irgendwie an sie heran zu kommen. Stattdessen war ihr jedoch eine bessere Idee gekommen und so hatte sie das Gespräch mit dem Trainer der Mannschaft gesucht, in welchem sie sich in diesem Moment befand. Sie setzte ein Lächeln auf, welches zumindest bei älteren Leuten immer hervorragend funktionierte und sagte
„Aber das ist doch nicht so schlimm. Wissen sie, ich hatte sowieso ganz andere Sorgen!“ dann versuchte sie eine etwas besorgtere Miene aufzusetzen.
Der Trainer setzte sich auf und fragte „Was ist denn los Sam?“ Sie hatte schon immer gewusst, dass ihr schauspielerisches Talent unterschätzt wurde.
„Ich habe mit meinem Abschlussarbeitsanleiter gesprochen und er hat vorgeschlagen, ich könnte über etwas bestimmtes schreiben. Nur weiß ich leider nicht, ob die Personen die darin verwickelt wären einverstanden sind.“ Ein wenig mit den Wimpern klimpern, als würde sie Tränen vermeiden, jetzt noch einmal über die Augen fahren.
„Erzähl mir ganz genau, was los ist!“ sagte der Trainer und sie hatte es geschafft.
Sie erzählte ihm von der Portraitserie, welche sie über seine Spieler schreiben musste. Der Trainer versicherte ihr, dass es kein Problem darstellen würde und kurz danach verabschiedete sie sich von ihm. Als sie vor der Tür stand, konnte sie sich ein Lächeln nicht verkneifen. Sie mochte vielleicht die Typen in ihrem Alter nicht um den Finger wickeln können, doch Männer ab vierzig waren ihr schon immer verfallen, wenn auch auf eine ganz andere Art und Weise.
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„Das ist doch wohl hoffentlich nicht ihr ernst, Coach oder?“ fragte Simmons und sah dabei seine Teamkollegen an, die alle unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema zu haben schienen. Die einen ärgerten sich, den anderen war es egal und der Rest freute sich über die Aufmerksamkeit die ihnen in nächster Zukunft geschenkt werden würde.
„Ich mache keine Scherze, Simmons. Dieses Mädchen war fix und fertig mit den Nerven also werden wir ihr den Gefallen tun und sie diese Portraits über jeden einzelnen von euch schreiben lassen! Ihr werdet ihr ihre Fragen beantworten und sie verfasst dann einen schönen Text über jeden von euch. Ist doch nicht viel dabei!“ der Coach zuckte mit den Schultern und konnte ganz offensichtlich die ganze Aufregung nicht nachvollziehen.
Kyle hatte sich alles in Ruhe angehört und war sich in keinster Weise sicher, wie er darüber denken sollte. Einerseits war er froh über die kostenlose Publicity denn schließlich musste er nach dem nächsten Semester einen Verein finden der ihn nehmen würde und ihm so viel Geld zahlen würde, dass er davon leben konnte. Andererseits war er sich nicht sicher, ob Sam diese Sache fair angehen würde. Sie hatte offensichtlich ein Problem mit Männern wobei, wenn man den Trainer so betrachtete, irgendwas stimmte hier doch nicht. Sie hätte auch selbst mit den Spielern reden können, anstatt den Trainer vorzuschicken, aber sie hatte es nicht getan.
„Das arme Mädchen, ihr könnt ihr doch diesen Gefallen tun, oder etwa nicht? Natürlich kann ich euch nicht dazu zwingen, aber sie hat es ja so schon schwer genug.“ Sagte der Trainer und da fiel es Kyle wie Schuppen von den Augen.
„Sie hat sie um den Finger gewickelt, stimmts Coach?“ fragte er den Trainer ganz direkt. Als er sah, wie dieser ein wenig rot anlief, wusste Kyle, dass er Recht hatte.
„Nein hat sie nicht. Ich diskutiere jetzt auch gar nicht mehr mit euch. Raus auf den Platz mit euch, in fünf Minuten geht’s los.“ Und schon drehte sich der Trainer weg von den Spielern und verließ den Umkleideraum.
„Die Kleine hats drauf…“ sagte Danny neben Kyle und sah dem Trainer hinterher.
„Stimmt, vor der müssen wir uns in acht nehmen!“ erwiderte er nachdenklich.
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Sam saß bereits auf der Bank, auf der normalerweise die Auswechselspieler saßen (soviel hatte sie bereits gelernt über das Spiel, man sah also, es war so gut wie gar nichts) und wartete auf die Spieler. Wie erwartet tauchten die Spieler mit einer dunklen Miene im Gesicht auf. Sam hatte sich erst im Nachhinein Gedanken über ihre Vorgehensweise gemacht und hatte sich gefragt ob es der richtige Weg war, den Coach vorzuschicken. Den Gesichtern nach zu urteilen, die gerade auf sie zukamen, nicht denn sie erntete finstere Blicke, doch keiner von ihnen sagte etwas zu ihr, was sie noch mehr verunsicherte, obwohl es die letzten Tage doch eigentlich niemals anders gewesen war. Die Jungs weigerten sich bisher standhaft mit ihr zu sprechen, wie also sollte sie bitte lernen um was es beim Fußball ging und wie sollte sie es schaffen Portraits über diese Spieler zu schreiben? Der Coach teilte die Spieler in zwei Mannschaften auf und so spielten zehn gegen zehn Spieler. Sams Wissen reichte glücklicherweise noch so weit und so wusste sie, dass es eigentlich elf Spieler pro Mannschaft sein müssten.
Sam hatte vor einigen Tagen mit Anthony gesprochen, der bereits von Mr. H erfahren hatte, dass in seiner Zeitung in Kürze ein bis zwei Fußballspielerportraits wöchentlich erscheinen würden. Wie Sam erwartet hatte war er begeistert von der Idee, da diese Portraits die Auflage der Zeitung erhöhen konnten. Sport war schon immer der Lieblingsteil der Leserschaft gewesen und so arbeiteten in dieser Abteilung auch die meisten Redakteure. Doch Sam hatte jetzt den Vogel abgeschossen mit ihrem, eigentlich ja der von Mr. H. doch wer sah da schon so genau hin, Plan. Das würde ihm endlich den Ruhm einbringen den er verdient hatte. Er hatte es zwar nicht genauso ausgedrückt, doch im Endeffekt war das der Sinn seiner zehn Minuten andauernden Tirade gewesen. Sam verdrehte die Augen, als sie an Anthony dachte. Bisher war er ihr immer sehr vernünftig vorgekommen, doch irgendwie begann er in der letzten Zeit ein klein wenig Größenwahn und Unzurechnungsfähigkeit an den Tag zu legen. Jetzt jedenfalls wartete er fieberhaft auf die ersten Portraits, doch Sam hatte ihm klar gemacht, dass sie erst in zwei Wochen damit anfangen würde. Sie würde die Spieler insgesamt zwölf Wochen begleiten, zehn Spieler waren es. Das hieß, dass es wenn sie immer zwei Spieler vorstellte, genau richtig ausging wenn sie da die ersten vorstellte. Bis dahin hatten die Spieler noch Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen. Für kurze Zeit fragte sich Sam, ob sie es überhaupt tun würden, denn dessen war sie sich noch nicht ganz so sicher, doch sie ließ es jetzt erst einmal auf sie zukommen.
Sie richtete ihren Blick wieder auf die Spieler auf dem Feld und musste zugeben, dass allesamt verdammt gut aussahen in ihren Trainingssachen. Zum Glück war sie noch nie ein Mensch gewesen, der nur auf Äußerlichkeiten achtete.
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Das ganze Training über dachte Kyle darüber nach, wie er Sam eins reinwürgen konnte für ihre Aktion mit dem Trainer. Sie hatte die Waffen einer Frau eingesetzt um sich einen Vorteil zu verschaffen. Er hatte zwar keinen blassen Schimmer, welche Waffen genau Sam haben könnte, doch es musste so sein, denn der sonst so strenge Trainer, wurde in ihrer Gegenwart butterweich. Danny, der in seiner Mannschaft spielte, passte den Ball in diesem Moment zu Maver, welcher eine Flanke über das Spielfeld schickte und Kyle den Ball so vorlegte, dass er gleich darauf los stürmen konnte. Es ärgerte ihn, dass er mit den Gedanken immer wieder bei der neuen Reporterin anlangte, doch er konnte einfach nicht verhindern, dass es geschah.
In diesem Moment, kam Dennis auf ihn zu und versuchte ihm den Ball abzunehmen, doch Kyle war schon immer gut im Zweikampf gewesen und so spielte er ihn leicht aus und gab anschließend die Vorlage zu einem Kopfballtor von Danny.
Er drehte sich zu der Spielerbank um, wo Sam saß und offenbar angestrengt versuchte einen Sachverhalt zu klären.
„Klasse Vorlage, Alter!“ sagte Danny und klatschte ihn ab. „Danke…“ antwortete Kyle und wandte seinen Blick ab. Er hatte doch wohl nicht gerade wirklich zu Sam gesehen um festzustellen, ob sie seine traumhafte Vorlage bemerkt hatte, oder?
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Was auch immer die Jungs da trieben, es sah gut aus und Sam wurde sich immer mehr dessen bewusst, dass sie dringend die Regeln lernen musste. Das erste was sie nach dem Training machen würde, wäre in ein Büchergeschäft zu gehen und sich dort eines über Fußball und dessen Regeln zu kaufen. Bald würde das erste Spiel anstehen und Sam musste bis dahin dringend das lernen, worüber sie im Endeffekt schreiben würde. Die Spieler verließen jetzt den Platz und setzten sich auf die Bänke wo sich jeder etwas zum trinken und ein Handtuch schnappte.
„Das war schon mal gar nicht schlecht. Kyle deine Vorlage war fantastisch, doch du musst drauf achten nicht übermütig zu werden! Goalie, wir müssen unbedingt noch trainieren, du hast ein wenig nachgelassen in den letzten Wochen. Der Kopfball von Danny hätte nicht zwangsweise ins Tor gemusst!“ und so sprach der Trainer immer weiter und desto länger er sprach, desto weniger verstand Sam.
Als er schließlich alle in ihren verdienten Feierabend entließ machte auch Sam sich auf den Weg aus dem Stadion. Das Stadion war nicht groß, doch es war immerhin eines. Um den Fußballrasen herum säumten sich Tribünen, die einige Hundert Menschen beherbergen konnten und die, so wie Sam erfahren hatte, auch immer gut gefüllt waren. Sie sah noch einmal hinter sich und entdeckte die Cheerleader, die jetzt zum Training ankamen. Sie hatte auch erfahren, dass die Cheerleader, wenn sie nicht gerade das Footballteam begleiteten, die Fußballer unterstützen, was eher unüblich war sich jedoch am Staten College so eingebürgert hatte. Sie waren allesamt wunderschöne Mädels, mit langen Beinen und Kurven an den richtigen Stellen und mit einem Schlag fühlte sich Sam im Vergleich zu diesen Schönheiten absolut unzulänglich. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wandte sich wieder von den miteinander scherzenden Leuten auf dem Platz ab.
Sie konnte es nicht ändern, dass sie so war sie war und sie wollte es eigentlich auch gar nicht ändern, doch irgendwie versetzte es ihr doch jedes mal wieder einen kleinen Schlag, wenn sie sah wie natürlich sich die Mädchen um sie herum gaben, während sie selber sich niemandem so wirklich öffnen konnte.
„Hey, Sam. Warte mal!“ hörte sie eine Stimme hinter sich und drehte sich um. Da stand der Typ den sie Goalie nannten und der der erste Torwart der Mannschaft war. Sie blieb stehen.
„Ja bitte?“ jetzt da er direkt vor ihr stand fiel ihr auf, dass er ziemlich groß und gut gebaut war. So sollte es als Torwart auch sein. Eine Strähne seiner braunen Haare fiel ihm in die Stirn und sein durchdringender Blick, aus seinen warmen dunkelbraunen Augen, war auf sie gerichtet.
„Der Trainer hat gesagt, du willst ein Portrait über jeden von uns schreiben?“ Sam schluckte und nickte, denn sie wusste nicht was jetzt auf sie zukommen würde.
„Weißt du, die Jungs sind nicht unbedingt begeistert von der Art und Weise, wie du in dieser Sache vorgegangen bist…“ erläuterte der Keeper und verschränkte seine Arme ebenfalls vor der Brust.
Sollte sie etwas sagen, oder sollte sie es lassen? Wenn sie jetzt nichts entgegnete, würde er denken dass sie verrückt war, wenn sie etwas sagen würde, müsste sie sich überlegen was sie zu ihrer Verteidigung vorbringen konnte.
Sie entschied sich für den schwierigeren Weg.
„Ja ich weiß, das war nicht in Ordnung von mir.“ Gab sie kleinlaut zu und sah auf den Boden.
„Hey, ich bin nicht hier um dir Vorwürfe zu machen, ok? Ich will bloß sagen, dass du dich erst mal mit den Jungs anfreunden solltest, bevor du von ihnen erwartest, dass sie dir etwas über sich erzählen. Wir sind alle gar nicht so übel und ich bin mir sicher, dass auch du ganz nett sein kannst.“
„Ich habe niemals behauptet, dass ihr schlechte Kerle seid.“ entgegnete Sam überrascht und sah wieder zu Goalie. Da lächelte er und sagte
„Nein behauptet hast du das nicht, aber ich seh es dir doch an, dass du dich in unserer Gegenwart nicht wohl fühlst!“
„Was wohl daran liegt, dass alle krampfhaft versuchen mich zu ignorieren!“ konterte Sam.
„Was wohl damit zusammenhängt, dass du uns ziemlich überfahren hast mit dieser Offenbarung durch den Coach!“ gab Goalie zurück.
Dies brachte Sam zum lachen.
„Ok, ich glaube wir haben uns alle irgendwie auf dem falschen Fuß erwischt…“ gab sie kleinlaut zu und sah zu den Jungs hinüber die interessiert zu ihnen beiden rüber blickten. Wiederum anderen war es vollkommen egal, was die beiden zu klären hatten denn sie widmeten sich voll und ganz den Mädels.
„Wie wärs. Komm doch mal mit ins ‚Come In’ . Das ist ne Bar in der Stadt, dort könntest du die Jungs einfach mal besser kennen lernen.“ Sagte Goalie und drehte sich währenddessen zu den anderen um.
Sam zuckte mit den Schultern und antwortete „Ich weiß nicht so recht…“
„Nichts, ich weiß nicht so recht. Wie du schon gesagt hast, wir werden viel Zeit miteinander verbringen in der nächsten Zeit, da wäre es doch nicht schlecht wenn du die Jungs mal von einer anderen Seite kennenlernst.“
‚Ich kenne die andere Seite, dass sind alles draufgängerische, rechthaberische und dauergeile Typen!’ dachte sich Sam sprach diesen Gedanken jedoch nicht aus, da irgendwas an Goalies Art ihr gefiel. Sie lächelte erneut und sagte „In Ordnung. Aber heute kann ich nicht, ich hab noch einige Dinge auszupacken!“
Damit schien der Torwart einverstanden zu sein, denn er hob seine Arme in einer zwar abwehrenden Geste sagte jedoch gleichzeitig. „Damit kann ich leben. Wir sehen uns dann morgen beim Training!“ und sofort wandte er sich von ihr ab und lief zu den anderen. Sie musste zugeben, dass sein Hintern auch nicht übel war. Bei diesem Gedanken schüttelte sie ihren Kopf. Diese Jungs waren so etwas wie Arbeitskollegen und solche Gedanken hatte man nicht über Arbeitskollegen!
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„Na ein nettes Gespräch gehabt?“ fragte Kyle Goalie ein klein wenig angepisst. Weshalb wusste er nicht, vielleicht weil er sich verraten fühlte von dem Keeper?
„Ach leck mich doch, Thompson. Sie ist vollkommen verunsichert wegen euch. Keiner von euch gibt sich Mühe ihr den Einstieg in das Team zu erleichtern, ihr ignoriert sie die ganze Zeit und überlegt euch Pläne, wie ihr ihr das Leben schwer machen könnt. Wir sind hier doch nicht im Kindergarten!“ erwiderte Goalie und wandte sich ab von Kyle.
„Niemand versucht hier, ihr das Leben schwer zu machen. Wir sind nur nicht erfreut darüber, dass sie uns den Trainer auf den Hals gehetzt hat, damit sie ihre blöden Portraits schreiben kann.“ Sagte Kyle zum Rücken des Torwarts, der sich jetzt jedoch wieder umdrehte.
„Sie weiß selber, dass das nicht die feine englische Art war, ok? Sie hat sich nur nicht anders zu helfen gewusst! Seitdem sie bei unseren Trainings teilnimmt, hat keiner von euch auch nur ein Wort mit ihr gesprochen. Heute war sie bereits das vierte Mal dabei. Kyle komm schon, du weißt selber dass ihr ihr keine Chance gegeben hättet. Also hör jetzt auf irgendeine Scheiße zu labern und benimm dich wie ein Erwachsener!“ und dann ging Goalie, ohne darauf zu achten, dass mittlerweile sämtliche Augen auf die beiden gerichtet waren. Kyle ballte seine Hände zu Fäusten, schluckte seinen Ärger jedoch runter. Es brachte ja doch nichts, vor allen anderen mit seinem Teamkollegen zu streiten. Tiffany, eine der Cheerleader stellte sich neben Kyle und ergriff seinen Arm, während sie gleichzeitig Goalie hintersah.
„Was ist denn mit dem los?“ fragte sie und schürzte dabei gespielt die Lippen. Kyle riss seinen Arm von ihr los und sagte „Keine Ahnung, wahrscheinlich hat er seine Tage!“ und schon machte er sich davon.
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In der Umkleidekabine hatte eine mehr als nur gespannte Stimmung geherrscht und Kyle hatte es vermieden mit irgendwem zu reden. Sam war erst seit einigen Tagen bei den Trainingseinheiten dabei und hatte es schon geschafft Ärger zu machen. In diesem Moment ging Kyle die langsam finster werdende Straße entlang und dachte über den Scheiß nach, den Goalie verzapft hatte. Die Spieler hätten versucht ihr das Leben schwer zu machen? Sie hatten doch gar nichts getan, sie waren so gewesen wie immer, also was laberte der Typ eigentlich für einen Mist? Ok Kyle musste zugeben, dass er vielleicht einmal erwähnt hatte, dass die Spieler mit Sam so wenig wie nur möglich zu tun haben sollten, doch das hieß nicht, dass die Jungs sie ausschlossen. Das hieß lediglich, dass sie ihre Ruhe haben wollten, was wohl mehr als nur in Ordnung war. Er dachte daran, wie sie sonst immer dagestanden waren und ihre Scherze gemacht hatten bis der Trainer gekommen war und er wusste ganz genau, was Sam in der Zeit getan hatte, denn seine Blicke waren mehrere Male zu ihr hinüber gewandert. Sie war alleine auf der Bank gesessen und hatte sie nur beobachtet. Kein Wort hatte sie gesagt und er wusste auch, dass sie ihm für kurze Zeit Leid getan hatte.
„Ach Fuck…“ murmelte Kyle vor sich hin und betrat sein Wohnhaus wo er zuerst an den Briefkasten ging und seine Post rausholte.
Vielleicht, aber nur vielleicht, hatte Goalie gar nicht so unrecht mit dem was er sagte.
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„Sie hassen mich!“ sagte Sam zu Janine am Telefon. In dem Moment in dem sie ihre Wohnung betreten hatte, hatte das Telefon angefangen zu klingeln und seitdem telefonierten die beiden und sprachen über die gegenwärtige Situation.
„Ach komm schon Süße. Es kann ja wohl kaum so schlimm sein!“ entgegnete Janine. Als Sam damit begann ihr alles zu erzählen, war sie ruhig geblieben, doch als Sam bei dem Teil mit dem Trainer ankam unterbracht sie Janine.
„Du hast nicht ernsthaft den Trainer vorgeschickt, damit die Jungs das tun was du von ihnen willst, oder?“ fragte Janine entgeistert.
„Doch?“ gab Sam kleinlaut zu und schmiss sich auf ihr Sofa.
„Sam!!“
„Ja ich weiß doch, aber ich hatte einfach keine Ahnung was ich tun sollte. Anthony hockt mir schon im Nacken, Mr. H hat gefragt wie es läuft. Ich wusste einfach keine Alternative!“ sagte Sam.
„Bei mir kannst du dir diesen Mitleidskram sparen, Sam. Du weißt genau, dass das nicht in Ordnung war.“
Janine war direkt und ehrlich, so kannte sie Sam und sie hatte mal wieder vollkommen Recht mit dem was sie sagte.
„Und was soll ich jetzt bitte tun?“ fragte Sam vollkommen ideenlos.
„Fehler sind da um aus ihnen zu lernen. Zum Glück kann man Fehler in den meisten Fällen wieder beheben. Also beweg deinen hübschen Hintern zu diesen Jungs und sag ihnen, weshalb es so wichtig ist für dich. Und in Herrgottnamen Entschuldige dich bei ihnen, das war nämlich wirklich nicht in Ordnung.“
Sam schloss angestrengt die Augen.
„Aber, wieso sollten sie mir verzeihen?“ gab sie zu bedenken.
„Wie hast du den Trainer rumgekriegt?“ fragte Janine und sie wusste genau, was Sam tat wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte.
„Wäre das nicht irgendwie schon wieder Betrug?“ fragte Sam mit hochgezogener Braue.
„Ach was Liebes. Keineswegs, das sind nur die Waffen der Frau!“
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Die Spieler hatten alle vereinbart heute ins ‚Come In’ zu kommen und so waren schon einige von seinen Kollegen da, als er die Bar betrat. Wie immer waren einige Mädels um den Tisch versammelt, doch Kyle war so genervt, dass er sie keines Blickes würdigte, obwohl sie ihm alle sofort am Rockzipfel hingen.
„Kyle, du hast versprochen irgendwann ein Eis mit mir essen zu gehen.“ Sagte Amanda, die sich neben ihn setzte und ihm gewaltig auf die Pelle rückte.
„Es ist zu kalt zum Eis essen…“ sagte er lediglich und winkte dann der Bedienung.
„Bestellst du mir auch einen Drink?“ fragte Amanda, die noch nicht leicht aufgegeben hatte.
„Hab nur Geld für einen.“ Sagte Kyle und ignorierte Amanda mit ihrem Wimpernschlag. Fünf Minuten später, stand sie erst auf und ließ die Jungs alleine. Auch die anderen Mädels waren verschwunden und so saß die ganze Mannschaft gemeinsam in ihrer üblichen Ecke. Alle waren gut drauf, bis auf Kyle und Goalie die sich finstere Blicke zuwarfen.
„Ach kommt schon Jungs, hört auf mit dem Scheiß. Es ist noch zu früh um sich wegen einer Frau zu streiten!“ sagte Simmons, der schon einige Bierchen gezischt hatte.
„Halts Maul, wenn du keine Ahnung hast wovon du redest!“ gab Kyle zu verstehen und wandte seinen Blick ab. Als er eine seltsam vertraute Gestalt in der Tür stehen sah verschluckte er sich an seinem Bier und stellte hustend sein Glas auf den Tisch.
„Was will die denn hier?“ fragte Kyle mir kratziger Stimme und deutete auf Sam, die gerade den Tisch erblickt hatte und auf die Jungs zukam. Sie trug eine einfache Jeans und einen dunkelblauen Strickpullover und schien ganz schön durchgefroren zu sein. Alle Blicke wanderten zu Sam, die zielstrebig auf den Tisch zutrat und schließlich davor stehen blieb.
„Hallo alle miteinander!“ sagte sie und Kyle merkte ihr an, dass sie sich vollkommen unwohl in ihrer Haut fühlte.
Vereinzelt war „Hey“ oder „Hallo“ zu hören, doch die meisten starrten sie nur an. Kyle runzelte die Stirn und fragte sie dann direkt „Was willst du hier?“ davon ließ sie sich jedoch nicht unterkriegen, denn sie sah ihn nur kurz an, hob eine Augenbraue nach oben und wandte sich dann von ihm ab.
„Ok, also ich weiß ich habe Mist gebaut!“ begann sie und die Spieler waren aufmerksam.
„Ich möchte mich dafür entschuldigen wie ich in dieser Sache vorgegangen bin. Egal was für Gründe ich hatte, es war nicht in Ordnung. Selbstverständlich steht es euch frei ob ihr diese Portraits machen wollt oder nicht, aber bitte hört mir kurz zu. Seitdem ich ein Kind war war es mein Traum Zeitungsartikel zu schreiben und für die größten Zeitungen der Welt zu arbeiten. Auf dem Weg zu diesem Traum muss ich einige Hürden überqueren, eine davon ist meine Abschlussarbeit die ich nächstes Semester abgeben muss.“ Sie schluckte einmal schwer und blinzelte, so als wollte sie Tränen zurück halten.
„Mein Dozent hat gesagt, ich solle doch diese Artikelserie von euch machen, weil er findet dass ihr so unglaublich talentierte junge Männer seid und so kam ich aus dieser Sache nicht mehr raus.“ Erneut schluckte sie einmal schwer und Kyle sah in die Runde, wo die Jungs sie mitleidig ansahen. Sie würden doch nicht etwa, oder doch?
„ Wie dem auch sei. Ich werde zum Coach gehen und ihm sagen, dass die Sache abgeblasen ist und dass ich das persönlich mit euch kläre. Ich verstehe natürlich, dass es euch missfällt mir Dinge über euch zu erzählen, vor allem da diese zum einen in der Zeitung zum anderen aber in einer Erweiterten Fassung als Abschlussarbeit vorliegen werden.“ Einige Male blinzelte sie nun und Kyle sah, wie ihre Augen zu glitzern anfingen. Die heulte doch hoffentlich nicht gleich los, oder?
„Also ich möchte euch jetzt ganz offiziell darum bitten, mir diese Interviews zu geben da ich ansonsten meinen Abschluss in Journalismus vergessen kann. Wobei, vielleicht habe ich es auch nicht anders verdient…“ und da war sie, jetzt lief ihr eine Träne die Wange hinunter und das Eis war gebrochen. Die Jungs überschlugen sich damit, wer als erstes das Interview machen würde. Kyle hörte Sätze wie „Von Anfang an, war ich dafür dir zu helfen!“ oder „Klar machen wir das. Wir sind ja keine Unmenschen“
Kyle hingegen blieb wie angewurzelt sitzen und beobachtete Sam die hin und wieder noch „Danke, ich bin euch so dankbar!“ oder „Ich werde so etwas auch nie wieder tun, versprochen!“ sagte. Kyle war überrascht.
Jetzt wusste er also, welche Waffen Sam zur Verfügung hatte und sie waren stark, dass musste er ihr lassen.

8. Kapitel: „Bei mir kannst du dir diesen Mitleidsscheiß sparen…“


Sam hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie die Jungs so um den Finger gewickelt hatte, doch hatte sie sich versprochen, dass es nur noch dieses eine Mal geschehen sollte und danach nie wieder. Als die Jungs ihr ihre Hilfe zugesagt hatten, hatte sie einen kurzen Augenblick gesehen, was für Menschen tatsächlich in ihnen steckten. Die Jungs hatten ihr diesen Gefallen nicht getan, weil einer von ihnen sie in Bett kriegen wollte, sondern sie hatten es getan weil sie Mitleid mit Sam gehabt hatten. In diesem Moment stand Sam an der Bar, sie hatte die Jungs sich selbst überlassen, und trank ihr Bier zu Ende welches sie sich bestellt hatte. Sie hatte nach diesem Gespräch dringend eines benötigt.
„Mädchen die Bier trinken, das ist was neues.“ Ertönte neben ihre eine Stimme durch die Musik und sie sah nach rechts, wo Kyle Thompson lässig mit beiden Armen auf der Bar, neben ihr stand und sie musterte.
„Was willst du?“ fragte sie ihn, genauso wie er sie vorhin noch gefragt hatte.
„Ich dachte wir plaudern mal ein wenig!“ sagte er und lächelte. Dieses Lächeln erreichte jedoch nicht seine Augen. Sie wandte sich wieder ab von ihm und widmete sich ihrem Bier. Da Kyle sich nicht vom Fleck rührte beschloss sie mit zwei kräftigen Schlücken das Bier auszutrinken und dann die Bar zu verlassen. Sie stand auf und freute sich gar nicht auf die Kälte, die draußen herrschte. Für einen Sommertag war es wirklich außergewöhnlich kalt und Sam fror obwohl sie sowieso schon herbstlich angezogen war. Als sie die Tür öffnete und in die kühle Abendluft trat, atmete sie einige Male tief ein und aus und genoss das anfänglich angenehme Gefühl, nach dieser stickigen Bar. Sie hörte wie hinter ihr die Tür erneut aufging und dann klappernd wieder zufiel und drehte sich um. Keinen Meter entfernt von ihr stand Kyle schon wieder. Offenbar würde er sie diesesmal nicht einfach so ziehen lassen.
„Ich frage noch mal, was willst du?“
Sam hatte beschlossen den Jungs gegenüber offener gegenüber zu treten, doch bei Kyle hatte sie so die Vermutung, dass man ihm nicht so ganz trauen konnte. Kein Wunder, denn einige ihrer Wohnheimnachbarinnen und andere Mädchen aus ihren Kursen waren ihm verfallen und jedes mal waren sie enttäuscht worden. Wegen Kyle Thompson waren schon einige Tränen vergossen worden und ihr wurde immer mehr klar, dass Kyle unberechenbar und egoistisch war. Außerdem kümmerte ihn nur, was mit ihm selber war.
„Dann sage ich das selbe noch mal, ich dachte wir plaudern mal ein wenig!“ sagte Kyle und sah sie berechnend an.
Sam drehte sich vollends zu ihm um und steckte ihre Hände in die Hosentaschen, da sie langsam zu frieren begann.
„Ich habe irgendwie das Gefühl, dass du eben nicht einfach nur nett plaudern willst!“ sagte sie ein wenig giftig und wollte wissen, was dieser Typ vorhatte.
„Gut, dann also kein Smalltalk drum herum. Du glaubst nicht ernsthaft, dass ich dir diesen Scheiß da drinnen abgenommen habe, oder?“ fragte er sehr direkt und wies mit dem Daumen in Richtung Bar. Sam war ein klein wenig überrascht und sah wahrscheinlich auch dementsprechend drein. Bisher hatte sie damit noch jeden Mann um den Finger gewickelt. Klar, meist waren es ältere Männer gewesen, wie eben der Coach oder der Polizist der sie damals verhört hatte, doch hatte es bei den anderen Jungs doch wunderbar funktioniert. Warum also bei Kyle nicht?
„Ich weiß nicht wovon du sprichst.“ Sagte Sam ruhig und ließ sich ihre Unsicherheit nicht anmerken.
Kyle kam einen Schritt auf sie zu und versenkte seine Hände ebenfalls in den Hosentaschen. In diesen stillen Sekunden hatte Sam die Gelegenheit Kyle ein wenig genauer in Augenschein zu nehmen. Er hatte ein schwarzes Sweatshirt an und blaue Jeans an. Wie immer sah er hervorragend aus und Sam widerstand dem Drang an sich hinab zu sehen und den vernichtenden Vergleich anzustellen. Sie selber war aus dem Haus gestürmt bevor sie überhaupt darüber nachgedacht hatte, wie sie aussah und erst auf halbem Wege war ihr in den Sinn gekommen, dass sie sich ja zumindest ein klein wenig hätte stylen können für diesen Auftritt.
„Ich spreche davon, Sam…“ ihren Namen zog er unnötig in die Länge und als er vor ihr stand sah er auf sie hinab. Sie hasste es, wenn er so direkt vor ihr stand, weil er sie doch um einen Kopf überragte. „…dass du die Jungs da drinnen gerade ziemlich verarscht hast!“ sagte Kyle und wartete auf ihre Reaktion. Sam hingegen verzog keine Miene.
„So ein Schwachsinn, ich hab die Jungs doch nicht verarscht!“ konterte Sam und sie sagte auch die Wahrheit. Klar hatte sie ein klein wenig dick aufgetragen, doch verarscht hatte sie niemanden. Es war wirklich ihr Traum Journalistin zu werden und diese Abschlussarbeit stand ihr auch wirklich im Weg. Sie hatte vielleicht ein wenig übertrieben als sie gesagt hatte, dass Mr. H. diese Serie wollte, weil er die Jungs für so talentiert und was weiß ich, hielt, doch der Rest entsprach vollkommen der Wahrheit. Nur dass sie eben ein klein wenig übertrieben hatte.
„Ich weiß nicht wieso, aber ich schätze dich nicht als ein Mädchen ein, welches so einfach vor anderen Leuten weinen würde. Im Gegenteil, ich schätze dich eher so ein, dass du demjenigen der dich weinen sieht einen kräftigen Arschtritt verpasst und ihn zum Teufel jagst. Also frage ich mich, ob ich so falsch mit meiner Einschätzung lag, oder ob du nicht doch einfach nur eine Show abgezogen hast.“ Sagte Kyle und sein Ton hörte sich irgendwie gefährlich an, so als würde er sie jeden Moment mit einem Bodycheck zu Boden reißen und sie dazu zwingen endlich die Wahrheit zu sagen. Sie sah auf den Boden und überlegte, was sei darauf antworten sollte. Kyle hatte sie voll durchschaut. Er war also gar nicht so dumm wie er aussah, naja was irgendwie ein falscher Vergleich war, wenn man mal Recht überlegte. Denn dumm, sah er eigentlich gar nicht aus. Sam schüttelte den Kopf, denn wenn sie so weitermachte würden sie in einer halben Stunde immer noch hier stehen und sie würde darüber sinnieren, welcher Vergleich der Richtige wäre.
„Sam?“ fragte Kyle und ging so, wie er es die letzten Male auch schon getan hatte in die Knie um ihr in die Augen sehen zu können.
„Alles klar bei dir?“ oh er dachte offenbar, sie würde gleich in Ohnmacht fallen oder so.
„Ja, ja alles klar. Also was willst du jetzt von mir?“ wechselte sie das Thema.
„Ich habe vielleicht tatsächlich ein klein wenig dick aufgetragen, aber auch nur weil ich sonst niemals zu euch durchgedrungen wäre!“ sagte Sam zu ihrer Verteidigung. Doch Kyle ließ sich dadurch offenbar nicht beeindrucken.
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Weil sie nicht zu ihnen durchgedrungen wäre, von wegen!
„Sam, bei mir kannst du dir diesen Mitleidsscheiß sparen. Ich bin nicht Goalie!“ sagte er und sah wie sie überrascht aufblickte.
„Was hat denn Goalie damit zu tun?“ fragte sie ihn und sah ihn fragend an. In solchen Augenblicken, wenn sie mal gerade nicht so aussah als hätte sie einen Stock im Arsch und wenn sie gerade nicht irgendwas kritisch beäugte, sondern wenn sie einen mit ihren Rehaugen ansah, dann könnte man sie beinahe (und das beinahe war hier der Knackpunkt!) süß finden.
„Ich weiß ja nicht, wie du ihn dazu gebracht hast, für dich ein Wort bei uns einzulegen, aber er hat es getan.“ Sagte Kyle ruhig.
„Ich habe ihn niemals darum gebeten! Er hat gesagt, dass das was ich getan habe nicht richtig war und dass ich euch erst einmal kennenlernen müsste, bevor ich von euch erwarten könnte, dass ihr mir Dinge aus eurem Leben erzählt. Also was redest du da für einen Müll?“ fragte Sam ihn ein wenig genervt und vorbei war der Moment in welchem man sie beinahe süß finden konnte.
Kyle war von den Worten aus ihrem Mund überrascht und überlegte, ob er ihr trauen konnte. Es hatte sich so angehört, als hätte sie auch Goalie auf die Jungs angesetzt, doch anscheinend war dem gar nicht so. Vielleicht hätte er mit Goalie reden sollen, anstatt sich mit ihm zu streiten. Denn eins musste er Goalie lassen, er schaffte es da irgendwie eine Balance reinzubringen, wie sonst keiner. Er schien selbst nicht begeistert von der Idee zu sein, schien jedoch immerhin zu versuchen, Sam so gut es ging zu helfen. Doch Kyle wollte kein Wortgefecht gegen Sam verlieren und so sagte er „Da hättest du aber auch selber drauf kommen können. Solche Dinge tut man einfach nicht!“
Sam zog die verhasste Augenbraue nach oben und antwortete „Da bin ich selber drauf gekommen, nur ihr Schwachköpfe habt es euch anscheinend zum Ziel gemacht mich aus der Gruppe auszuschließen. Kein einziger hat mit mir gesprochen die letzten Tage über, also WIE bitte hätte ich euch kennenlernen sollen und WIE hätte ich euch die Idee eines Portraits schmackhaft machen können? Wahrscheinlich warst sogar du derjenige, der die Jungs dazu angestachelt hat, denn du bist der einzige der ein Problem mit mir zu haben schein, ich hab nur noch nicht ganz durchschaut weshalb. Wie wäre es also, wenn wir uns ganz weit aus dem Weg gehen und du mich einfach meine Arbeit machen lässt, anstatt mir immer wieder in die Quere zu kommen?“
Noch niemals, wirklich niemals! Hatte eine Frau so mit ihm gesprochen. Nicht einmal in der High School Zeit hatten sich die Leute getraut und da war er noch ein vollkommener Schwachmat gewesen!
„Du laberst doch nur scheiße!“ war das einzige was ihm einfiel und er grub mit seinen Füßen ein kleines Loch in den Boden der mit Millionen kleiner Steinchen übersäht war.
„Ach tue ich das? Überleg dir doch mal, weshalb du es schaffst mit jedem auf diesem Planeten irgendwie zurecht zu kommen, wir zwei uns aber jedes Mal in die Haare bekommen wenn wir uns treffen. Mach dieses Interview mit mir oder mache es nicht, es ist mir egal. Nur lass mir endlich meine Ruhe und vor allem, stachel die Jungs nicht gegen mich auf, denn sonst und das schwöre ich dir Kyle Thompson, werde ich meine Drohung die ich vor ein paar Nächten ausgesprochen habe umsetzen.“ Während sie dies gesagt hatte, hatte sie ihm mit dem Finger in die Brust gepiekt, was mehr gekitzelt hatte, doch was diese Geste aussagen sollte, war ihm klar.
Jetzt war er derjenige der sie überrascht ansah und das erste mal, seit acht Jahren, seitdem er sein neues Ich gefunden hatte, hatte er keinen kessen Spruch auf den Lippen. Sam drehte sich um und ging mit stürmischen Schritten davon während Kyle dastand und irgendwie das Gefühl hatte, dass dieses kleine Mädchen durchaus im Stande wäre, ihm den Arsch zu versohlen wenn er nicht das tat, was sie verlangte. Selbst als sie um die Ecke verschwand, stand Kyle noch mit den Händen in den Hosentaschen da und blickte ihr hinterher. Wieder stahl sich ein Lächeln wegen Sam in sein Gesicht. Dieses Mädchen hatte es faustdick hinter den Ohren, das wurde Kyle mit jeder weiteren Begegnung klar. Jetzt lautete die Frage, ob ihm das gefiel oder eher auf die Eier ging.
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Am nächsten Abend saß Sam mit Janine in ihrer Wohnung und die beiden sahen sich einen Film an, der davon handelte dass Freunde sich Bonusleistungen anboten weil sie keine Beziehung eingehen wollten.
„Justin ist aber auch ein heißes Kerlchen geworden, das musst du zugeben!“ sagte Janine als Zwischenkommentar und fügte hinzu „Da würde ich wahrscheinlich auch nicht nein sagen!“
„Janine! Du hast seit über fünf Jahren einen Freund!“ sagte Sam schockiert und sah ihre Freundin an.
„Ja solange man sich nur den Appetit holt und zuhause isst, ist doch alles geritzt!“ sagte Janine mit einem Augenzwinkern.
„Na du musst es ja wissen!“ konterte Sam und konzentrierte sich wieder auf den Film. Der Fußmarsch gestern Abend, hatte ihr richtig gut getan da sie sich so hatte abreagieren können. Dafür war sie aber heute furchtbar verschnupft aufgewacht. Ihr Schädel hatte gepocht und sie hatte beschlossen, den ganzen Tag in ihrer superschicken neuen Wohnung zu verbringen. Da Janines Verlobter Henry im Moment auf Reisen war (dieser Glückspilz hatte doch tatsächlich gleich nach seinem Studium eine Stelle als PR-Manager in einer der größten Firmen der Stadt ergattert!) hatte Sam sich dazu entschlossen ihre Freundin dazu zu holen und einen schönen Frauenabend zu veranstalten. Sam mochte ja in den meisten Dingen nicht dem Idealbild einer Frau entsprechen und auch hielt sie von vielen Praktiken die die Frauen über sich ergehen ließen nicht viel, doch sie liebte es, sich mit ihrer Freundin einen schönen Abend zu machen, Wein zu trinken und Masken aufzulegen die Sinne benebelten und eben einen Film mit heißen Schauspielern anzusehen. Filme, über die man nicht noch stundenlang sinnieren musste um deren Inhalt zu verstehen.
„Mann, hören die da unten denn niemals auf mit dieser Musik?“ fragte Sam entnervt und verdrehte die Augen.
„Lass sie doch Sam, es ist Wochenende, wir sind jung. Die schmeißen wahrscheinlich gerade eine Party, also was regst du dich so auf?“ fragte Janine.
„Es regt mich auf, dass ich diesen Scheiß bereits im Wohnheim ständig mitgemacht habe und jetzt hab ich anscheinend auch noch einen Nachbarn, der nichts besseres zu tun hat als den ganzen Tag zu feiern!“ Jetzt war Janine diejenige die ihre Augen verdrehte.
„Bitte, die Musik hat erst vor einer halben Stunde angefangen und das ist das erste mal dass du dich beschwerst, was bedeutet, dass es vorher keine Probleme gab. Was bist du denn so kratzbürstig in letzter Zeit?“ fragte ihre Freundin besorgt.
Sam kannte Janine schon seit der High School und gemeinsam waren sie auf das College gegangen. Janine hatte Henry gleich im ersten Semester kennengelernt und hatte sich somit mit 18 Jahren das erste mal und vermutlich das letzte Mal so richtig verliebt, denn jeder der die beiden zusammen sah, war sich sicher, dass diese Beziehung für die Ewigkeit bestimmt war.
Genervt drückte Sam auf den Pauseknopf und wandte sich ihrer Freundin zu.
„Kyle Thompson, hat da etwas gesagt, was mich irgendwie zum nachdenken gebracht hat!“ sagte Sam und Janine lächelte.
„Kyle schon wieder, ha?“ fragte sie und ein leichter ‚Ich habs dir doch gesagt’ Ton war herauszuhören.
„Glaub mir, jedes Mal wenn wir beide aufeinander treffen sprühen die Funken! Und nicht die Funken die du jetzt meinst, sondern ich meine richtige Funken. Funken des Zorns!! Wir streiten ständig, sind niemals einer Meinung und ich glaube, dass Kyle sich nicht dazu bereit erklären wird, dieses Interview mit mir zu machen.“
„Ach was Süße. Das wird schon alles. Und selbst wenn Kyle sich dazu entschließen sollte, so hast du doch immer noch den Rest des Teams hinter dir und auf einen Spieler mehr oder weniger kommts dann wirklich nicht mehr an.“
„Dir ist schon bewusst, dass Kyle der begehrteste Kerl aus dem Team ist. Wenn die Mädchen die Zeitung lesen sollten und darauf hoffen, dass Kyle darin auftaucht er es aber nicht tut, dann lünchen die mich!“ die letzten Worte hatte Sam fast nur noch geflüstert um ihrer Aussage mehr Ausdruck zu verleihen. Janine lachte los und legte ihrer Freundin eine Hand auf die Schulter.
„Sam ich glaube du hast wirklich deine Berufung verfehlt. Du hättest eindeutig Schauspielerin werden sollen!“
„Du glaubst mir nicht, oder?“ sagte Sam und Janine schüttelte ihren Kopf, sagen konnte sie nichts weil sie gerade damit beschäftigt war sich krumm zu lachen.
„Dann komm morgen zu dem Fußballspiel. Das ist das erste Spiel und es ist ein Heimspiel. Und bring deinen Bruder mit, ich brauche jemanden der mir die Regeln des Fußballs erklärt!“
Janine nickte lediglich, lachte jedoch immer noch doch Sam kannte das schon von ihr und ignorierte sie komplett. Sie würde sich hier nicht zum Affen machen. Sollte Janine doch selber sehen, was es mit Kyle Thompson auf sich hatte.
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„Hey, Willkommen!“ sagte Kyle und streckte seine Arme aus um seine Teamkollegen willkommen zu heißen. Bisher war es schon immer so gewesen, dass das Team eine Party veranstaltete vor dem ersten Spiel. Die Spieler waren leicht abergläubisch und dies hatte sich bewährt in den letzten Jahren. Das erste Spiel, verloren die Spieler generell aufgrund eines riesigen Katers jedes einzelnen Teammitglieds, dafür lief der Rest des Turniers gut und jedes Mal landete die Mannschaft in den Playoffs. Immer am Schluss der Gruppenspiele, fand dann erneut eine Party statt, mit welcher sie den Einzug in die Playoffs feierten. Alle wussten, dass man im Fußball eigentlich nicht von Playoffs sprach, doch hatten sich die Trainer der unterschiedlichen Colleges zusammengetan und ein eigenes System für die College Fußball Liga entwickelt und das war dabei herausgekommen. Bis heute war dieses Event immer das größte des Jahres und es stellte auch das wichtigste Turnier dar, bei welchem viele Jungs bereits an höhere Vereine vermittelt werden konnten.
Beide Partys hatten jedoch, auch im Aberglauben der Spieler, keinen Einfluss auf die Playoffs selber denn ab da waren die Karten wieder neu gemischt. Die Jungs die bereits da waren, hatten schon gut einen gebechert und waren zum größten Teil bereits ziemlich betrunken.
In der Tür vor Kyle stand Goalie mit Danny im Gepäck und sah Kyle vorsichtig an. Die beiden hatten seit der Sache am gestrigen Abend nicht mehr miteinander gesprochen, doch als Goalie ihm die Hand hinhielt nahm Kyle diese erleichtert entgegen und schloss seinen Kumpel in die Arme (was er wahrscheinlich auch nur deshalb tat, weil er selber schon ziemlich betrunken war!)
„Alter, es tut mir Leid. Vergessen wir die Sache einfach, OK?“ rief Kyle ihm über die Musik hinweg zu. Er wusste selber, dass die Musik sehr laut eingestellt war, doch die Hausbewohner wussten alle Bescheid über diese Tradition der Fußballmannschaft und seitdem Kyle in dieser war, fanden die Partys bei ihm statt. Außerdem war es Samstag, niemand musste früh aufstehen, alles war geritzt.
„Klar vergessen wirs!“ sagte Goalie der noch vollkommen nüchtern war, was sich jedoch jeden Moment ändern würde.
Kyle führte die beiden Neuankömmlinge in sein Wohnzimmer, wo neben den 17 anderen Jungs auch die Cheerleader und weitere Mädels mitfeierten denn ohne weibliche Gäste war eine Party nun mal keine Party. Verantwortlich wie Kyle nun mal war, hatte er sogar aus der Kranken- und Aufklärungsstation einige Kondome mitgehen lassen, welche er in einer gläsernen Schüssel bereit gestellt hatte. Er wollte ja schließlich am Ende nicht schuld daran sein, dass ein Spieler eine der Cheerleader schwängerte und damit sein Leben vergeudete.
Er schlug den beiden Mitspielern die jeweils links und rechts von ihm standen jeweils auf die Schulter und rief in die Runde
„Schaut mal wer auch endlich da ist!“ und schon stürzten sich einige Mädels auf die beiden. Auch auf Kyle hatten einige Mädels ein Auge geworfen, doch seit der Nacht in welcher er beinahe in einen Dreier verwickelt geworden wäre hatte er kein Mädchen mehr angefasst. Diese Nacht hatte ihm zu denken gegeben und bevor er sich nicht sicher war, was er mit seinem Leben anfangen würde, würde sich das auch nicht ändern. Das hatte er für sich beschlossen. Nebenbei bemerkt, gingen ihm die Frauen auf diesem College mittlerweile sowieso ziemlich auf die Nerven. Sie waren alle viel zu leicht zu haben, hatten wenig Charakter und waren alle gleich. Die Mädels, die was Besonderes waren verschanzten sich offenbar irgendwo, denn bisher hatte er keine kennengelernt die sein Interesse ernsthaft geweckt hätte.
Die Balkontür war offen und er schritt auf diesen hinaus. Auf dem Weg nach draußen hatte er sich noch ein Bier geschnappt und nun setzte er sich in einen seiner gemütlichen Stühle, welche auf der Terrasse standen und mit Blick auf die Stadt ausgerichtet waren.
Wieso hatte Kyle solch eine Wandlung durchgemacht in den letzten Tagen? Offenbar hatte ihm der Vorfall mit Rachel und dem Waschraum doch mehr zu denken gegeben als erwartet. Er sagte ja nicht, dass er es partout ablehnen würde, sich mit einem Mädchen zu vergnügen. Klar würde er das, wenn es das richtige Mädchen war, doch irgendwie ließen ihn diejenigen, die normalerweise seinem Beuteschema entsprachen, im Moment ziemlich kalt.
„Alter komm rein, wir spielen Flaschendrehen!“ sagte Dennis hinter ihm und Kyle drehte sich um.
„Flaschendrehen?“ fragte er skeptisch.
„Schau nicht so, derjenige auf den die Flasche zeigt, muss ein Kleidungsstück ablegen!“ sagte Dennis und zwinkerte ihm zu. Kyle ließ sich schnell dazu überreden und stand auf um Dennis zu folgen. Hey, er hatte für sich beschlossen ersteinmal mit keinem dieser Mädchen ins Bett zu gehen. Er hatte nie gesagt, dass kucken nicht erlaubt wäre.
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‚Erstmal eine Dusche!’ dachte sich Sam als sie am nächsten morgen in ihrer neuen Wohnung erwachte. Sie genoss den Luxus zu duschen wann sie wollte, durch die Wohnung zu laufen wie es ihr beliebte, einfach alles. Janine war gestern Abend noch sehr spät nach hause gefahren, weil sie ihre Katze nicht alleine lassen konnte und so war Sam irgendwann hundemüde ins Bett gefallen. Leider hatte sie nicht wirklich schlafen können, weil die Musik von unterhalb ihrer Wohnung so laut aufgedreht gewesen war, dass der Bass ihr Bett zum wackeln gebracht hatte. Sie hatte sich jedoch dazu entschlossen ersteinmal nicht nach unten zu gehen, weil sie sich nicht gleich wieder unbeliebt machen wollte. Sollte dies jedoch noch öfter geschehen, so wäre Schicht im Schacht. Sie zog sich aus und legte ihre Kleidung auf das Waschbecken, stellte die Dusche an und begab sich anschließend unter den angenehmen Strahl, der sämtliche Müdigkeit von ihr abwusch. War das herrlich in einer Wohnung zu leben in welcher einem niemand auf den Keks gehen konnte und in welcher man nicht ständig auf der Hut sein musste, dass jemand ins Badezimmer spaziert kam und einen nackt sah. Sie schloss die Augen und genoss ihr neues Leben in vollen Zügen.
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„Oh Fuck…“ stöhnte Kyle auf als er die Augen öffnete und das Chaos vor sich sah. Sein Kopf dröhnte, sein Magen drehte sich und sein Körper gehorchte ihm nicht mehr so ganz, doch er schaffte es, sich aufzusetzen. Er befand sich auf seinem eigenen Sofa in seinem Wohnzimmer, das konnte nur bedeuten, dass er entweder so besoffen gewesen war, dass er hier eingeschlafen war oder dass sein Schlafzimmer besetzt gewesen war. Rundherum sah er Teamkollegen auf dem Boden schlafen, neben Müll und Bierflaschen, letzte Nacht hatten sie es wirklich übertrieben. Er entdeckte das kaputte Regal, welches gestern durch Simmons Sturz zerstört worden war. Simmons hatte offenbar mit zwei Schwestern hintereinander etwas am Laufen gehabt, die hatten das gecheckt und ihn dann vermöbelt. Zu Simmons Verteidigung war hervorzubringen, dass die Geschwister sich in keinster Weise ähnlich sahen!
Kyle schleppte sich zwischen den Spielern hindurch und packte hier und da leere Bierflaschen und beförderte diese dann in den Kasten der unter der Spüle stand.
„Ersteinmal Kaffee!“ murmelte Kyle und öffnete seinen Schrank in welchem sich die Kaffeedose befand. Er schüttelte sie und sah hinein, doch tatsächlich, sie war leer.
Er lehnte sich an den Küchentresen und stöhnte auf. „Ich halt das nicht aus ohne Kaffee!“ und da kam ihm ein Gedanke. Mrs. Stark hatte immer Kaffee für ihn übrig und war es schon gewohnt ihm auszuhelfen! Er machte sich noch nicht einmal die Mühe, sich ein Shirt überzuziehen, dafür war er in diesem Moment zu schwach, stattdessen schleppte er sich in den Gang hinaus und auf die Treppe zu. Nie wieder, nie wieder würde er solch eine derbe Party schmeißen. Er hatte glücklicherweise keinen Filmriss, so dass er sich einigermaßen genau an alles erinnern konnte, doch diese Party war vollkommen außer Kontrolle geraten. Eine Treppenstufe nach der anderen schleppte sich Kyle nach oben, nur für seinen Kaffee ohne den er diesen Tag mit Sicherheit nicht überleben würde.
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Als es an der Tür klingelte lief Sam auf diese zu und rief „Einen Moment bitte!“ Sie hatte sich kurze Shorts übergezogen und ein T-Shirt auf welchem ein Comicaffe abgebildet war. Sie nahm schnell das Handtuch vom Kopf, ging noch ein zwei mal damit durch die Haare und schmiss es anschließend ins Badezimmer. Sie vermutete, dass es Janine war, da sie gesagt hatte sie würde zum Frühstück vorbei kommen und so schüttelte Sam ihre Haare ein letztes mal während sie die Tür öffnete. Doch vor ihrer Tür stand nicht Janine, ganz und gar nicht! Sie hielt in der Bewegung inne und starrte die Person in ihrer Tür an. Vor ihrer stand Kyle Thompson höchstpersönlich und starrte sie fragend an.
„Wo ist Mrs. Stark?“

9. Kapitel: „Ich glaube, ich brauche ein Klo…“


Kyle wusste genau, dass er irgendwas verpasst haben musste kam aber nicht auf Anhieb drauf. Er sah Sam in der Tür stehen und fragte sich ernsthaft ob er in irgendeinem Albtraum gelandet war, doch dass hier schien so wirklich.
„Helf mir mal bitte kurz auf die Sprünge…was machst du hier?“ fragte Kyle und sah an ihr herab. Sie hatte kurze Shorts an und ein lächerliches T-Shirt auf dem ein Affe abgebildet war. Seltsamerweise sah sie darin gar nicht so übel aus. Er kratzte sich am Kopf und gelangte mit seinem Blick zu ihrem Gesicht. Sie funkelte ihn wütend an, irgendwas schien ihr durch den Kopf zu gehen, doch Kyle war noch viel zu besoffen um zu kapieren, was hier los war.
„Was zum Teufel tust DU hier, sollte die Frage wohl eher lauten!“ keifte Sam ihn an und zeigte ihm so, dass sie absolut nicht begeistert war von dieser Begegnung. Wäre er auch nicht, wenn er wüsste was hier gespielt wurde. Er wankte kurz und hielt sich dann am Türrahmen fest.
„Wo ist Mrs. Stark?“ fragte er erneut und versuchte seine Übelkeit in den Griff zu bekommen, denn ansonsten würde es jeden Moment eine Sauerei geben und dann würde Sam ihn endgültig verdammen.
„Sie wohnt nicht mehr hier! Das ist meine Wohnung!!“ sagte Sam und verzog ihr Gesicht misstrauisch. Dann riss sie die Augen auf.
„Du bist doch nicht etwa irgendso ein psychisch kranker Stalker, oder so, oder?“ fragte Sam und wich einen Schritt zurück.
Irgendwas hatte Kyle eindeutig verpasst und ging einen Schritt vorwärts.
„Keinen Schritt weiter Kyle, sonst rufe ich die Polizei!“ sagte Sam und sie schien tatsächlich ein klein wenig verstört. Was lief denn jetzt schief?
Kyle schluckte seine Übelkeit hinunter und versuchte sich auf Sam zu konzentrieren, die plötzlich in doppelter Ausgabe vor ihm stand.
„Du wohnst hier?“ fragte er schließlich und hoffte, dass er die richtige Sam dabei ansah. Eigentlich sollte er schockiert sein, doch sein Kater machte ihm wirklich zu schaffen. Er ging weiter nach vorne und versuchte sich an irgendwas festzuklammern, gleichzeitig hielt er nach einem Behälter Ausschau in den er Notfalls reinreiern konnte.
„Kyle Thompson, keinen Schritt weiter.“ Sagte Sam erneut mit einer warnenden Stimme. Die dachte doch wohl nicht wirklich…was hatte sie vorhin noch mal gesagt?
Ah ja.
„Ich bin nicht psychisch schwanger!“ lallte er und sah Sam dabei an, die ihn vollkommen entgeistert ansah.
„Kyle, bist du etwa zugedröhnt?“ fragte sie ihn und schritt nach vorne. Kyle hielt sich an einer Kommode fest und achtete penibel darauf weder zu kotzen, noch auf seinem Arsch zu landen, er war eindeutig noch sturzbesoffen. Wie lange hatte er denn eigentlich geschlafen?
„Neiiin?“ ihm war bewusst, dass die Aussage mehr als Frage herausgekommen war, doch er konnte sich nicht mehr zusammenreißen und ließ sich auf den Boden nieder fallen. Sam ging vor ihm in die Hocke und sah ihn an, dann klatschte sie ihm mit der flachen Hand gegen die Wange.
„Wie zum Teufel willst du so ein Spiel gewinnen?“ fragte sie ihn entgeistert.
„Komm schon steh auf!!“ fügte sie hinzu und nahm seine Hand in die ihre, während sie versuchte ihn nach oben zu wuchten.
„Ich glaube, ich brauche ein Klo!“ sagte Kyle und hielt sich die andere Hand vor den Mund. Das war viel zu viel Bewegung und irgendwie drehte sich alles.
„Ich schwöre dir Kyle, wenn du mir jetzt in die Bude kotzt, dann schrubst du mit deinem nackten Arsch die gesamte Wohnung!“ drohte ihm Sam und versuchte ihn nach oben zu stemmen.
„Was ist denn hier los?“ hörte Kyle eine zweite Stimme sagen, doch er wollte sich nicht umdrehen. Keine plötzlichen Bewegungen.
„Der Typ ist gerade hier aufgetaucht und hat nach Cora gesucht und jeden Moment kotzt der mir in die Wohnung!“ sagte Sam zu der anderen Person. Sie legte seinen Arm um ihre Schultern und er musste zugeben, dass sie wirklich gut roch.
„Kyle, nimm dein sabberndes Gesicht von meiner Wange weg!“ sagte Sam angewidert.
Was wollte die von ihm?
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„Janine hilf mir mal bitte.“ Sagte Sam zu ihrer Freundin die amüsiert in der Tür stand und das Spektakel beobachtete. Sie nickte schnell und stürmte auf Sam zu, packte Kyles anderen Arm und wuchtete ihn um ihre Schultern.
„Lasst mich in Ruhe hier sitzen!“ jammerte der äußerst gut aussehende Kerl den Janine als Kyle identifizierte doch Sam antwortete.
„Mit Sicherheit nicht!“ dann sagte sie an Janine gewandt „Bringen wir ihn ins Badezimmer!“ und Janine nickte nur, denn sprechen konnte sie nicht da sie damit beschäftigt war sich kugelig zu lachen.
„Hier rein!“ sagte Sam und Janine wusste genau, wie wütend ihre Freundin in diesem Moment war.
„Lasst mich in Ruhe!“ versuchte Kyle es erneut und Janine sah lächelnd zu ihm hinüber. Wie war der überhaupt so besoffen hier her gekommen? Janine hatte das Gefühl, irgendwas noch nicht so ganz zu verstehen.
Kyles Gesicht lag auf Sam ihrem Kopf, wo er die Augen zwar geschlossen hatte, doch offensichtlich war er noch wach denn immer wieder schwafelte er unverständliche Worte vor sich hin. Als sie bei der Toilette ankamen, ließen sie Kyle davor nieder und dieser bückte sich darüber und machte das, was man eben machen musste wenn man so besoffen war.
„Was ist hier los?“ fragte Janine ihre Freundin die nur mit den Schultern zuckte und dann sagte „Keine Ahnung ehrlich. Der stand auf einmal vor meiner Tür!“
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Sie würde ihn umbringen, ganz eindeutig. Es war soweit, sie würde in den Knast wandern für einen Mord, den sie niemals begangen hätte wenn sie doch nur ihr schönes unkompliziertes Leben weiter gelebt hätte. Stattdessen saß Sam in diesem Moment an ihrem Küchentresen, von wo aus sie die Toilette sehr genau im Blick hatte und trank wütend ihren Kaffe.
„Jetzt noch mal langsam…“ sagte Janine, die ihr gerade ein Croissant auf einem Teller hinstellte und sich dann an die andere Seite des Tresens setzte.
„Was macht Kyle Thompson in deiner Wohnung? Ich bin doch erst gegen zwölf nach hause gegangen, wo also hast du ihn so spät noch aufgegabelt?“ fragte Janine ihre Freundin. Offenbar war sie irgendwie auf die Idee gekommen, Kyle hätte sich in der Nacht in Sams Wohnung aufgehalten und sich hier so besinnungslos zulaufen lassen.
„Du meinst wohl eher so früh. Er ist vor etwa zehn Minuten vor meiner Tür gestanden und hat meine Tante gesucht. Ich weiß nicht mal was er von ihr wollte, denn irgendwann hab ich festgestellt, dass der total blau ist. Kurz nachdem er auf dem Boden gelandet ist, bist du auch schon angekommen.“
Janine nickte und nippte an ihrem Kaffe, dann sah sie zum Badezimmer, wo Kyle immer noch auf dem Boden lag.
„Vielleicht sollten wir ihn da raus schaffen? Der Boden ist vermutlich ziemlich kalt…“ murmelte sie und sah zu Sam die unbeeindruckt an ihrem Croissant rumzupfte.
„Vergiss es, soll er sich doch seinen Arsch oder sonstiges da drinnen abfrieren. Sobald er wieder laufen kann, werf ich ihn raus!“ entgegnete Sam und sah ihre Freundin dann an.
„Der Typ hat heute ein Spiel zu spielen. Wie kann man so verantwortungslos sein und sich so zulaufen lassen die Nacht davor? Mich würde ja interessieren woher er weiß, dass ich hier wohne.“ Sagte Sam und sah wieder zu dem schlafenden Bündel Elend.
„Und was er von dir wollte…“ fügte Janine hinzu.
„Sagte ich doch bereits, er wollte zu meiner Tante!“ sagte Sam und runzelte die Stirn.
„Woher kennt er deine Tante?“ fragte Janine sie, doch Sam zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung…“ irgendwas schien hier noch nicht so ganz klar zu sein, stellte Janine fest.
„Dann müssen wir wohl oder übel darauf warten, dass er aufwacht!“ sagte Janine und hoffte, dass er das in der nächsten Stunde tun würde, denn danach müsste sie weg und Henry vom Flughafen abholen.
„Nichts müssen wir!“ sagte Sam und sprang von ihrem Hocker auf.
Sie ging ins Badezimmer, stieg über Kyle drüber, schnappte sich einen Eimer und fing an diesen mit Wasser zu füllen. Janine sprang jetzt ebenfalls auf und ging auf Sam zu.
„Was hast du vor, Liebes?“ fragte sie sie vorsichtig, doch es war ihr im Grunde schon klar was jetzt kommen würde.
„Ich werde ihn aufwecken!“ sagte Sam und sah ihre Freundin, mit dem Eimer in der Hand, an.
„Und dann?“ fragte Janine weiter.
„Dann werd ich ihn mit einem kräftigen Arschtritt nach draußen befördern!“ antwortete Sam und holte aus.
„Warte!“ sagte Janine und umklammerte mit ihrer Hand Sams Arm, so dass diese ihren Angriff ein wenig vertagen musste.
„Wenn du ihn jetzt aufweckst, dann wird sich sein Zustand nicht verändert haben!“ sagte Janine.
„Wann ist das Spiel heute?“
„Um drei geht’s los…“ antwortete Sam etwas skeptisch.
„Dann lass ihn hier liegen, wenn er bis um zwei nicht von selber aufwacht dann kannst du ihm den Kübel über den Kopf schütten, ansonsten kannst du ihn noch rechtzeitig zum Spiel bringen. Wenn du ihn jetzt rausschmeißt, dann weißt du ja gar nicht wo er landet und wenn ihm was passiert, wird man dir Vorwürfe machen, dass der wichtigste Spieler des Teams verschwunden ist!“ sagte Janine. Klar trug sie ein klein wenig dick auf, doch diese Sache war einfach viel zu amüsant um auf solch eine leichte Art und Weise gelöst zu werden. Sie wusste auch, dass sie dadurch das Spektakel verpassen würde, doch Sam würde ihr sowieso wieder alles erzählen also war es im Grunde genommen gar nicht so schlimm.
Sam zögerte. „Verarscht du mich gerade, oder erwartest du das tatsächlich von mir?“ fragte Sam sie, immer noch mit dem Eimer in der Hand, doch Janine schüttelte den Kopf und musste sich ein Lächeln verkneifen.
„Nein ich verarsche dich nicht. Denk doch mal nach, was der Trainer sagt, wenn Kyle irgendwo verschwindet und nicht an diesem Spiel teilnimmt und er dann erfährt, dass du die letzte warst die ihn gesehen hat. Der wird dich umbringen!“
Sam schien zu überlegen, dann nickte sie.
„Ok du hast vermutlich Recht. Aber nach dem Spiel werde ich IHN umbringen!“ sagte Sam und stellte den Eimer auf den Boden und zeigte anschließend auf Kyle.
Beide Frauen sahen auf den schlafenden und schnarchenden Körper hinab und beide fragten sich, wie es nur möglich war, dass solch ein armseliger Betrunkener Mann nur so begehrt sein konnte.
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Kyle öffnete langsam die Augen und drehte sich dann stöhnend auf den Rücken. Er hatte einen furchtbaren Albtraum gehabt in welchem er zu seiner Nachbarin wollte und auf einmal Sam, die Reporterin vor ihm gestanden war. Gruselige Vorstellung.
Er legte seinen Arm neben sich, doch spürte er nicht den weichen Untergrund seines Bettes sonder er spürte kalten Fliesenboden unter seinen Fingern. Er öffnete die Augen und sah sich im Raum um. Das war nicht sein Schlafzimmer. Er setzte sich langsam auf und stellte fest, dass er sich in einem Badezimmer befand, welches jedoch ganz eindeutig nicht seines war. Dieser Duschvorhang war nicht seiner und Tampons hatte er dort auch noch niemals stehen gehabt. Doch der Aufbau des Badezimmers war der selbe, also wo zum Teufel war er? Er stützte sich mit den Armen auf dem Boden ab und blickte um sich. Hinter ihm befand sich die Toilette, als er aus der Tür hinaus blickte entdeckte er die Küche. Das war doch Mrs. Starks Küche! Langsam stand er auf und stöhnte währenddessen, da sein ganzer Körper schmerzte. Was hatte er auch auf dem kalten Boden gesucht? Er stützte sich am Waschbecken ab und sah in den Spiegel. Er sah wirklich furchteinflößend aus, mit den schwarzen Ringen unter seinen Augen und der unordentlichen Frisur, die von dem Gel von gestern und seiner unmöglichen Schlafposition herrührte. Als er an sich hinab blickte stellte er fest, dass er nur seine Jeans trug. Er hatte ein äußerst schlechtes Gefühl bei der Sache und so ging er langsam auf die Badezimmertür zu und spähte hinaus. Das war ganz klar Mrs. Starks Wohnung, doch es hatte sich einiges verändert. Ihm fiel wieder ein, dass diese ja ausgezogen war und runzelte dann die Stirn. Er ging auf den Küchentresen zu, lehnte sich dagegen und hielt sich dann erstmal die Hand vor Augen da die Sonne, die hell durch die Fensterfront strahlte, ihn blendete.
„Sooo, jetzt bist du fällig!“ hörte er eine Stimme sagen und entdeckte Sam auf dem Sofa sitzen, wo sie ihn böse anfunkelte.
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Der Märchenprinz war offenbar aufgewacht, denn er quälte sich gerade die Tür hinaus und lehnte sich anschließend an ihren Tresen. Sie hatte noch niemals einen so fertigen Menschen gesehen, doch da sie kein Mitleid mit ihm hatte und sie der Meinung war, die Schonzeit wäre vorbei, sagte Sam „Sooo jetzt bist du fällig!“ und da richtete sich Kyles verwirrter Blick auf sie.
„Sam?“ fragte er irritiert und kam dann auf sie zu.
„Was machst du hier?“ fragte er und ließ sich dann, wie selbstverständlich in den Sessel fallen, wo er ersteinmal seinen Kopf an der Lehne niederließ.
„Das selbe könnte ich dich fragen!“ sagte Sam und sprang auf.
„Du tauchst hier auf, vollkommen betrunken, erzählst mir etwas von meiner Tante, kotzt mir dann das Badezimmer voll und schläfst anschließend dort deinen Rausch aus. Woher weißt du überhaupt wo ich wohne?“ fragte sie ihn und warf ihm dabei einen vernichtenden Blick zu. Kyle hob seinen Kopf von der Lehne und sah sie geschockt an.
„Du wohnst tatsächlich hier? Ich dachte das wäre nur ein böser Traum gewesen…“ er hatte jedoch keine Kraft irgendwelche Energie in seine Worte zu legen und ließ seinen Kopf wieder zurück fallen und schloss die Augen.
„Wie ich wohne tatsächlich hier? Natürlich wohne ich hier! Ich will endlich wissen, was du hier wolltest!!“ Sam hatte ihren Ton erhoben und Kyle kniff die Augen zusammen und hob dann abwehrend einen Arm.
„Bitte, schrei doch nicht so!“ sagte er gequält und sah sie anschließend mitleidserregend an. Sie stand da, mit in die Hüften gestemmten Armen und funkelte ihn böse an.
„Ich schreie in meiner Wohnung wann es mir passt, kapiesche?“
„Ja, ja ist ja in Ordnung. Ich weiß nicht mehr so ganz was ich hier wollte…“ murmelte Kyle jetzt. Er überlegte und versuchte die dunklen Stellen in seinem Kopf zu umgehen. Er war in seiner Wohnung aufgewacht, das wusste er noch. Was danach war, war nur noch schemenhaft zu erkennen. Er vermutete mal, dass er Kaffee wollte, da dies in der Regel das erste war, was er am morgen nach einer Party begehrte. Normalerweise hatte er welchen zuhause, wenn nicht ging er immer zu Mrs. Stark in die Wohnung und…
„Oh Shit. Wir sind Nachbarn?“ fragte er schockiert und stand auf, wankte zwar ein wenig doch er stand.
Sam blinzelte einige Male und sah ihn verblüfft an.
„Wir sind Nachbarn…“ sagte sie und dehnte dabei jeden Buchstaben in die Länge, sie schien nachzudenken. Dann weiteten sich ihre Augen wieder.
„Also warst du der Idiot der die ganze Nacht eine Party geschmissen hat?“ doch danach war sie ruhig und sah Kyle nur an.
„Oh Shit…wir sind Nachbarn!“ sagte sie und ließ sich aufs Sofa hinab, jetzt hatte es scheinbar auch bei ihr Klick gemacht.
Dann sah sie zu ihm hinauf und fügte hinzu „Dich werde ich wohl niemals mehr los!“


10. Kapitel: „Spiel keine Spielchen mehr mit mir…“


Das Fußballspiel glich einer Katastrophe. Die Mannschaft des Staten Colleges wurde in der Luft zerrissen und so erlitten sie eine vernichtende Niederlage. Gegner 4 Tore, eigene Mannschaft 1. Während des gesamten Spiels war Jamie, Janines Bruder, neben ihr gesessen und hatte ihr die Regeln erklärt. Er versuchte zu erläutern, weshalb der Schiedsrichter abgepfiffen hatte, oder warum es jetzt einen Freistoß gab, hatte erklärt was ein Eckball war und wie Abseits zu Stande kam. Sam hatte sich leider nur einen kleinen Teil merken können, von dem was Jamie ihr erzählt hatte, da sie gleichzeitig dokumentieren musste, was in dem Spiel geschah. Zum Glück konnte ihr Jamie dabei äußerst behilflich sein und so hatte sie einige Informationen gesammelt um ihren ersten Fußballartikel zu verfassen.
Das alles hatte sie jedoch dennoch nicht daran gehindert die Spieler der eigenen Mannschaft zu bemitleiden. Sie hatte ja mittlerweile einige Trainingseinheiten beobachten können und hatte so eindeutig gewusst, dass die Spieler alle nicht auf dem Stand waren auf welchem sie sonst waren. Sie fragte sich nur weshalb. Der Coach hatte desöfteren ins Spielfeld gebrüllt oder sein Klemmbrett auf den Boden geschleudert. Einmal hätte ihn der Schiedsrichter sogar beinahe vom Platz gestellt, erst danach riss der Trainer sich ein klein wenig zusammen. Seltsamerweise jubelten sämtliche Zuschauer dennoch und riefen den Spielern, die lächelnd vom Platz gingen ermunternde Dinge zu, jedoch auch „Super!!“ oder „Wir schaffen es wieder!!“
Sam sah sich um und erkannte, dass keiner der Zuschauer deprimiert schien und sie fragte sich ernsthaft was mit diesen Leuten nicht stimmte.
Die Musik ertönte, wie nach jedem Spiel in diesem Turnier, so hatte es ihr Jamie erklärt, und die Cheerleader des Staten Colleges betraten den Platz und führten eine jedoch ziemlich simple Nummer vor. Die Mädels sahen ebenfalls nicht sonderlich fit aus.
Nachdem Sam und Kyle festgestellt hatten, dass sie im selben Gebäude lebten, hatte Sam ihn rausgeschmissen und gesagt er solle sich gefälligst für das Spiel fertig machen. Sie hatte ihn erst auf dem Platz wieder gesehen. Er hatte ihr einen seltsamen Blick zugeworfen und war dann blass auf seine Position gegangen.
„Ich geh dann mal runter zu ihnen, vielleicht haben die Jungs ja noch irgendwas zu sagen, was ich in meinem Artikel verwenden kann!“ sagte Sam zu dem Geschwisterpaar und verabschiedete sich von ihnen. Sie ging den Weg zu dem Gebäude wo sich die Umkleiden befanden äußerst langsam, denn scharf war sie nicht unbedingt darauf, jetzt die Jungs zu sehen, doch es blieb ihr nichts anderes übrig. Das war schließlich ihr Job.
Als sie in dem Gebäude ankam bewegte sie sich direkt zu den Kabinen und hörte, als sie in den Gang kam, schon das Geschrei des Trainers. Dennoch hielt sie weiter auf den Raum zu. Vor der geöffneten Tür blieb sie stehen und blickte in den Raum, wo die Spieler alle betreten auf den Boden sahen.
„ICH habe es SATT!! Diese bescheuerte Party vor dem Saisonstart, das kann doch nicht euer ernst sein. JEDES verfluchte Jahr das selbe!! Jedes Jahr kommt ihr aufs neue vollkommen verkatert zu dem Spiel und blamiert mich damit bis auf die Knochen!“ Sam hörte wie etwas mit voller Wucht gegen einen der Spinde geworfen wurde und vermutete, dass schon wieder das Klemmbrett, welches den Trainer stets begleitete, dran glauben musste. Sam betrat leise die Kabine und stellte sich zur Seite, damit sie nicht in den Angriffsradius des Coaches kam.
„Sollte das noch mal passieren, dann schwöre ich euch ich nehme einen nach dem anderen vom Platz. Ich werde mir doch nicht jedes Jahr aufs neue das Gelaber von allen anhören, dass ich euch nicht unter Kontrolle habe!! Morgen, Punkt sieben auf dem Platz und wehe einer von euch kommt zu spät, der kann sich das nächste Spiel abschminken!!“ schrie der Coach weiter und trat mit dem Fuß gegen eine Bank, die in der Mitte des Raumes stand.
„Verfluchtes Pack…“ murmelte er weiter als er die Kabine verließ und Sam keines Blickes würdigte. Diese stand etwas verängstigt da und betrachtete die Spieler, die vom Boden hoch sahen um zu schauen ob der Trainer gegangen war. Einer von ihnen, Sam war sich ziemlich sicher, dass er Simmons hieß, stand auf und ging auf die Tür zu und blickte nach draußen.
Als er sich umdrehte entdeckte Sam ein Lächeln auf seinem Gesicht, dann schloss er die Tür und sagte „Er ist weg!“ und schon begannen die Spieler zu lachen und sich miteinander zu unterhalten.
„Was zum Teufel ist hier eigentlich los?“ fragte Sam Danny, den sie von der Redaktion her bereits kannte und stellte sich zu ihm.
„Das wirst du gleich sehen…“ sagte er lediglich und bedeutete ihr dann sich zu setzen.
Kurz darauf stellte sich Kyle auf die Bank, auf die der Trainer vor keinen zwei Minuten noch eingeschlagen hatte und räusperte sich, legte sich dann die Hand auf die Brust und sagte „Ruhe bitte!“
Die Gespräche verstummten und Sam sah sich irritiert im Raum um. Sie wusste, dass sie irgendwas noch nicht so ganz mitbekommen hatte, doch sie ließ sich jetzt einfach mal überraschen.
„Zunächst einmal will ich mich für die Party von gestern bedanken, die war der absolute HAMMER!“ sagte Kyle und lachte dabei während er sich im Raum umsah. Die Jungs stimmten johlend zu, doch als Kyle den rechten Arm hob und ihnen bedeutete leise zu sein, schwiegen sie wieder.
„Dann möchte ich mich bei denjenigen bedanken die meine Wohnung wieder auf Vordermann gebracht haben…ich war leider unpässlich!“ schon wieder zustimmendes Gejohle.
Sam zählte eins und eins zusammen und stellte für sich fest, dass wohl die gesamte Mannschaft sich gestern Nacht in Kyles Wohnung hatte zulaufen lassen.
„Was zum Teufel…“ murmelte sie und zog ihre Augenbrauen dabei zusammen.
Kyle sah sich suchend im Raum um und fand in Sam offenbar diejenige die er suchte.
„Als nächstes möchte ich mich bei meiner neuen Nachbarin bedanken, dass sie mir ein solch angenehmes Quartier zum schlafen gegeben hat!“ und da lächelte er wissentlich. Die Jungs johlten jetzt nicht mehr, sondern sahen fragend zwischen Kyle und Sam hin und her.
„Ich habe das Glück euch mitzuteilen, dass die wunderbare Reporterin die uns in der nächsten Zeit begleitet, gleichzeitig meine Nachbarin ist und sie hat sich wirklich gut um mich gekümmert!“ dann zwinkerte er Sam zu und sie erkannte was dieser Schuft vorhatte. Sie stand wütend auf und sagte
„Oh du Arsch…“ weiter kam sie jedoch nicht, denn Kyle sprang von der Bank und ging auf sie zu, wo er ihr einen Arm um die Schultern legte, so als wären sie schon ewig die besten Freunde.
„Die liebe Sam, hat mich in größter Not aufgenommen und dafür verdient sie einen Applaus Jungs!“ Kyle übertrieb maßlos, doch die Jungs schienen sich dabei nichts zu denken. Sie sahen zwar immer noch fragend zwischen den beiden hin und her doch applaudierten sie wie Kyle es ihnen gesagt hatte. Es war ganz eindeutig, was die Jungs in Kyles Aussagen hineininterpretierten, doch in dem Moment in welchem Sam etwas sagen wollte, nämlich die Sache richtig stellen wollte, legte Kyle ihr die Hand auf den Kopf und zog diesen an seine Schulter.
„Wie dem auch sei! Wir haben, wie vermutet dieses Spiel verloren, jetzt kann die Saison beginnen!“ schrie er zum Schluss und brachte so Sams Ohren zum klingeln. Sam konnte im Moment nichts mehr sehen, da Kyle sie festhielt und selbst ihre Versuche sich aus seinem Griff zu befreien fruchteten nicht.
„Heute Abend im „Come In“ feiern wir dieses überragende Debüt, bis dahin…schlaft euren Kater aus, entspannt euch ein wenig, denn aber morgen…“ und jetzt wurde es leise in der Kabine. „werden wir alles geben um unseren Gegnern kräftig in den Arsch zu treten!“ damit hob er seinen Arm und die anderen jubelten ihm direkt zu.
Diese Fußballer waren ja vollkommen durchgedreht!
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Kyle hatte Sams Blick gesehen und richtig gedeutet. Natürlich war ihm klar, was seine Teamkollegen jetzt dachten, doch er wollte es Sam heimzahlen, dass sie ihn so unmöglich behandelt hatte. Sie sollte auf keinen Fall denken, dass sie die Oberhand über ihn hatte und so spürte er zwar bei seinen letzten Worten, dass Sam sich gegen seinen Griff wehrte, doch er hielt so stark fest, dass sie keine Chance hatte zu entkommen. Für die Jungs hatte es vermutlich gar nicht so schlimm ausgesehen und als sie nach seinen letzten Worten losjubelten, war das Chaos sowieso perfekt und keiner von ihnen würde mitbekommen, was Sam ihm, und da war er sich so sicher wie das Amen in der Kirche stets kam, an den Kopf schmeißen würde.
Er lockerte seinen Griff und Sam riss sich los.
„Was um Himmels Willen stimmt nicht mit dir?“ fragte sie ihn zornig und er betrachtete sie amüsiert. Er liebte es jetzt schon sie auf die Palme zu bringen.
„Nicht hier, komm mit!“ sagte er und nahm ihren Arm in seine Hand, der äußerst zerbrechlich darin wirkte und zog sie hinter sich her in den nächsten Raum. Da die Jungs sowieso duschen gehen würden, würden sie nichts mitbekommen.
„Lass mich los!“ sagte sie äußerst wütend und riss ihren Arm los und rieb ihn sich anschließend.
„Du bist ganz ehrlich absolut irre!“ sagte sie und versuchte sich an ihm vorbei zu drücken, doch er versperrte ihr den Weg zur Tür.
Als sie dies bemerkte änderte sich ihr Gesichtsausdruck und sie sah zu ihm hinauf.
„Beantworte mir die Frage: Was stimmt nur nicht mit dir?“ fragte sie diesmal in ruhigerem Ton.
„Was soll denn bitte mit mir nicht stimmen?“ fragte Kyle, denn er wollte es aus ihrem Mund hören.
„Du weißt genau, was die Spieler jetzt denken. Wenn sie es dem Coach erzählen, dann wird der mich mit dem Arsch nicht mehr ansehen….“ Sie drehte sich um und legte sich, anscheinend zur Beruhigung, die flache Hand an die Stirn.
„Was denken denn die Spieler?“ fragte Kyle und musste sich stark zusammenreißen um nicht jeden Moment in Gelächter auszubrechen. Sam hielt still und drehte sich dann um.
„Das hast du geplant du Arsch! Was hab ich dir getan, dass du mir so dermaßen auf die Nerven gehen musst?“ fragte sie ihn und stand, wie heute schon mal, mit in die Hüften gestemmten Armen vor ihm. Diesesmal wirkte es nicht so bedrohlich weil er selber stand und sie so überragte. Er könnte ihr, wenn er wollte auf den Kopf spucken, nicht dass er so etwas jemals tun würde.
„Ich weiß immer noch nicht wovon du sprichst. Ich habe den Spielern nur erzählt, dass du ihren Captain davor bewahrt hast in diesem Zustand auf die Straße zu gehen!“ sagte Kyle unschuldig.
„ICH habe dich im Badezimmer auf dem Boden deinen Rausch ausschlafen lassen. Aus deinem Mund hat es sich so angehört, als hätten wir die Nacht in meinem Bett verbracht!!“ keifte sie ihn an und war dann ruhig. Als ihre Augen sich weiteten lächelte Kyle denn er wusste, dass es jetzt bei ihr Klick gemacht hatte.
„Du Schuft hast genau das beabsichtigt!!“ sie wollte ihn anfallen, ging einige Schritte auf ihn zu, doch Kyle hielt sie mit seinen Armen fest, die doch kräftiger waren als die ihren, dennoch versuchte sie ihn zumindest zu kratzen, so dass Kyle ihre Arme nach oben hielt und sie so dazu brachte ihn anzusehen.
„Ich wollte dir zeigen, dass du nicht der Stärkere in diesem Ring bist!“ sagte er und näherte ihr sein Gesicht.
„Hör auf deine Spielchen mit mir zu spielen!!“ flüsterte er ihr zu, doch sie sah ihn immer noch wütend an.
„Du tust mir weh…“ sagte sie und einen kurzen Moment überlegte Kyle ob er sie loslassen sollte, doch in ihren Augen sah er etwas das ihn daran hinderte.
„Du lügst schon wieder!“ antwortete er und ihr Blick verhärtete sich.
„Ich weiß nicht, was für ein Problem du mit mir hast, doch du musst es ehrlich überwinden Schätzchen, ansonsten wird das zwischen uns wirklich schwer werden die nächsten Monate über!“ sagte Kyle in leisem Ton.
„Lass mich los!“ sie betonte jedes Wort und sah ihm in die Augen.
„Nur wenn du Bitte sagst…“ entgegnete Kyle. Er wusste, dass er es übertrieb doch musste er ihr endlich zeigen, wer er war.
„Bitte!“ zischte sie aus zusammengebissenen Zähnen hervor und Kyle ließ sie los.
„Du hast wirklich ein psychisches Problem du Mistkerl. Wie ich schon sagte, wenn die Jungs jetzt zum Trainer gehen oder diese Sache weiter erzählen, dann heißt es im gesamten College ich hätte diese Sparte nur bekommen, weil ich mit dir geschlafen habe. Niemand wird mich mehr ernst nehmen, danke dafür!“ Jetzt erst erkannte Kyle, dass sie sich ernsthaft Sorgen machte und die Sache tat ihm ein klein wenig Leid. Doch er konnte sie zumindest in dieser Hinsicht beruhigen.
„Keine Sorge. Der Trainer hat uns angedroht, sollte auch nur einer von uns dich in sein Bett lotsen, dieser für den Rest der Saison von den Spielen verbannt wird. Das heißt im Klartext, keiner dieser Spieler da draußen würde mich verpfeifen denn ich bin das beste Pferd im Stall…“ wieder war er ihr gefährlich nahe gekommen und sie funkelte ihn an.
„Bin ich froh wenn ich diese scheiß Zeit endlich hinter mich gebracht habe…“ murmelte sie und drehte sich von ihm weg.
„Das einzige was ich wollte war Artikel zu schreiben und wo bin ich gelandet? Mit einem stinkenden und psychopathischen Arschloch in irgendeinem Verschlag!“ Also sie sich zu ihm umdrehte funkelte sie weiterhin an.
„Spiel keine Spielchen mehr mit mir Kyle Thompson!“ und dann versetzte sie ihm doch tatsächlich einen Kinnhaken und verschwand.
„Oh Shit!!“ fluchte Kyle und ließ sich an der Wand hinab auf den Boden sinken. Er fasste sich an sein Kinn und bemerkte, dass er blutete. Die Kleine konnte einem also tatsächlich den Arsch versohlen. Vielleicht hatte er ein klein wenig übertrieben, doch dass sie ihn die ganze Zeit als Arschloch beschimpfte und ihn Psychisch krank nannte, war auch nicht sonderlich nett.
Er hatte jetzt zwei Möglichkeiten, entweder er versuchte endlich mit ihr zurecht zu kommen, da sie ja zudem seine Nachbarin war, oder er trieb das Spiel noch weiter. Er musste nur noch überlegen, welche Möglichkeit die für ihn glimpflichere war.
Er hielt sich die Hand an sein schmerzendes Kinn fasste einen Entschluss.
„Autsch…“ flüsterte er in den leeren Raum hinein, lächelte jedoch aus irgendeinem Grund trotzdem.
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„Alles klar bei dir Sam?“ fragte einer der Spieler Sam als sie wütend aus dem Raum gestürmt kam.
„Was soll denn auch nicht klar sein?“ zischte sie dem Spieler zu und drehte sich um. In diesem Moment tat es ihr leid, denn sie sah Goalie dastehen, der seltsam wissentlich zwischen ihr und der Tür hinter welcher Kyle immer noch war, hin und her schaute.
Sie fasste sich an den Kopf und schüttelte ihn ganz leicht.
„Sorry, ja bei mir ist alles klar!“ sagte sie und sah selbst auf die Tür. Sie hatte doch tatsächlich Kyle Thompson einen Kinnhaken verpasst. Die würden sie dafür einsperren oder die Mädchen würden sie lünchen, denn sie hatte das wunderschöne Gesicht des ach so tollen Kyle ruiniert.
„Kommst du heute Abend auch ins „Come In“? fragte Goalie sie und erlangte so wieder ihre Aufmerksamkeit. Sie schüttelte jedoch den Kopf und sah dann auf die Uhr. Es war bereits halb sechs und sie musste den Artikel vor zwölf abschicken damit er in die morgige Ausgabe kam.
„Ich muss den Artikel schreiben….aber ich wünsch euch viel Spaß!“ und dann sagte sie an alle anderen die sich noch im Raum befanden „Wir sehen uns!“ und verschwand ein wenig verstört.
Wenn Kyle und sie so weiter machten, würden sie sich eines Tages tatsächlich noch umbringen. Sam war eigentlich immer ein sehr gefasster Mensch. Niemals hatte sie irgendwelche Techniken des Kickboxens gegen unschuldige angewandt. Klar Kyle war nicht unbedingt als unschuldig zu betrachten, doch hatte er ihr im Grunde nichts getan. Er hatte sie weder verletzt, auch wenn sie versucht hatte ihm die weis zu machen, noch hatte er sie beleidigt. Er hatte ihr nur gesagt, sie solle aufhören damit ihn wie das größte Arschloch zu behandeln, doch irgendwie schaffte sie es nicht in Kyle etwas gutes zu sehen. Dennoch: Einen solchen Kinnhaken hatte er nicht verdient und sie musste sich wohl oder übel, früher oder später entschuldigen dafür.
Ihr kam sein Blick in den Sinn, als er sich ihr genähert hatte. Ihr Herz hatte wesentlich schneller geschlagen und sie hatte für kurze Zeit die Luft angehalten, denn diese grünen Augen hypnotisierten einen richtig. In diesem Moment war ihr bewusst geworden, weshalb Kyle immer solch einen Erfolg bei den Mädels hatte. Auch dies war mit ein Grund gewesen, dass sie ihn geschlagen hatte, denn sie wollte sich nie wieder von Äußerlichkeiten zum Narren halten lassen und dann in einer Gasse landen.
Sie vertrieb die Gedanken aus ihrem Kopf und lief schneller. Es war zum Glück nicht so kalt wie die letzten Tage und auch verschonte sie der liebe Gott damit, vollkommen durchnässt zuhause anzukommen. Als sie ihren Wohnblock erblickte, blieb sie kurz stehen. Hätte denn das Schicksal sie nicht verschonen können? Musste es dafür sorgen, dass Kyle Thompson direkt unter ihr lebte?
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„Du hast WAS getan?“ rief Janine Sam durch den Hörer hindurch zu.
„Sag mal bist du noch ganz dicht? Was ist nur los mit dir?“ Sam hatte die Augen geschlossen und ließ die Schimpftirade ihrer Freundin über sich ergehen, das auch nur weil sie es absolut und ganz eindeutig verdient hatte.
„Ich weiß es nicht…“ jammerte Sam leise, doch dies stoppte ihre Freundin nicht.
„Ich weiß nicht was du für ein Problem mit dem armen Jungen hast Sam, aber du musst es dringend überwinden. Wie willst du denn mit ihm zusammenarbeiten, geschweige denn in einem Haus leben, wenn ihr euch ständig anfallt und du ihn sogar verprügelst?! Wenn er dich anzeigen sollte, dann steckst du in ernsthaften Schwierigkeiten Mädchen und das weißt du. Du darfst deine Techniken nicht einfach gegen Menschen einsetzen, die dir absolut nichts getan haben…“ und so ging das noch einige Minuten weiter. Sam setzte sich auf einen kleinen Sessel, der an der Fensterfront zu ihrem Balkon stand und sah hinaus. Eigentlich müsste sie an ihrem Artikel schreiben, doch der Streit mit Kyle hatte sie zu sehr eingenommen. Diesesmal war sie zu weit gegangen. Sie erhob sich wieder und lauschte weiter den Schimpftiraden ihrer Freundin. Währenddessen begab sie sich in die Küche, wo sie ziellos umherwanderte.
„Sam ich kenne dich so gar nicht…“ bei dieser Aussage sagte Sam „ja ich weiß“ und auch sonst fügte sie immer wieder zustimmende Worte in die Konversation ein. Was hätte sie auch anderes sagen sollen? Sie sah auf die Uhr und bemerkte, dass es bereits sieben Uhr war und sie hatte noch keinen einzigen Satz geschrieben. In diesem Moment klingelte es an der Tür und Sam sah verwirrt auf. Wer konnte denn das sein?
„Janine, warte mal kurz da ist jemand an der Tür!“ Sam nahm das Telefon vom Ohr weg und hielt es in der linken Hand, während sie mit der rechten die Tür öffnete und Kyle darin stehen sah. Ihr Herzschlag setzte einen Moment lang aus und sie stand einfach nur da.
„Sam? Sam bist du noch dran?“ ertönte Janines Stimme aus dem Hörer und Sam hielt ihn sich ans Ohr und sagte nur „Ich ruf dich später noch mal an.“ Sie hörte noch ein „Leg jetzt ja nicht auf…“ doch schon hatte sie auf den roten Knopf gedrückt und das Telefon weggelegt.
„Kyle…“ sagte sie und nickte ihm zu. Er stand vor ihrer Tür, mit noch nassen Haaren vom duschen und seinen Händen in den Hosentaschen. Er trug eine dunkle Jeans, dazu passend ein weißes T-Shirt und eine Beigefarbene Jacke darüber, bereit zum ausgehen ganz offensichtlich. Sie erkannte ganz genau die kleine Wunde an seinem Kinn und wurde ein klein wenig rot, denn die hatte sie ihm mit ihrem Schlag zugefügt.
„Hey.“ Sagte er lediglich und sah sie kurze Zeit an, bevor er fortfuhr.
„Darf ich kurz reinkommen?“
Sam nickte und trat von der Tür weg um ihm Platz zum eintreten zu lassen.
„Gehen wir ins Wohnzimmer.“ Sagte sie dann ruhig und schloss hinter sich die Tür, während Kyle bereits voraus ging. Kurze Zeit hielt sie sich mit beiden Händen am Türknauf fest und atmete einige Male tief ein und aus. Sie musste sich entschuldigen, doch sie war zu neugierig darauf, was Kyle von ihr wollte.
Sie schritt los und wurde sich dessen bewusst, wie schlimm sie mal wieder im Vergleich zu ihm aussah, denn sie trug wieder nur Shorts und ein labbriges T-Shirt, ihre Haare waren zerzaust. Sie sah in den Spiegel und richtete ihre Frisur notdürftig, doch es brachte ja doch nichts und so ließ sie resigniert die Hände fallen und ging ins Wohnzimmer.
„Kann ich dir was anbieten?“ fragte sie höflich und Kyle, der gerade einige Fotos betrachtete drehte sich zu ihr um.
„Nein danke.“ Dann stand er da, die Hände immer noch in den Hosentaschen. Ok, jetzt war es soweit. Sam legte sich ihre Worte zurecht und sprudelte damit heraus.
„Es tut mir leid…“ doch auch Kyle hatte gesprochen und so sahen sie sich gegenseitig an.
„Was tut dir denn bitte leid?“ fragte sie ihn überrascht und setzte sich anschließend aufs Sofa. Ganz leise noch lief die Musik die sie vorhin eingeschaltet hatte und so war die Stille, die zwischen den Sätzen lag nicht allzu drückend.
Auch Kyle bewegte sich auf die Couch zu, ließ sich jedoch in dem Sessel nieder in welchem er vor einigen Stunden bereits gesessen war.
„Ich war einfach unmöglich zu dir und es tut mir leid. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie schaffst du es immer wieder mich auf die Palme zu bringen…“ sagte er und entledigte sich anschließend seiner Jacke.
„Nein Kyle. Ich habe diesesmal vollkommen übertrieben. Du hattest Recht mit dem was du gesagt hast, ich muss mich dir gegenüber endlich anders verhalten.“ Sagte jetzt Sam und setzte sich auf.
„Ich weiß nicht worans liegt, ehrlich. Aber ich versuche mich zu bessern.“ Fügte sie kleinlaut hinzu.
Kyle stand wieder auf, er schien ein klein wenig unruhig zu sein.
„Ich hab dich ein paar mal provoziert, weil ach keine Ahnung warum. Ich wusste, dass es nicht richtig war.“ Dann drehte er sich zu ihr um.
„Wie wärs. Wir fangen von vorne an. Vergessen wir das, was bisher passiert ist. Vergessen wir den Zusammenstoß in dem Waschraum, den in der Bar, auf dem Fußballplatz und den in der Umkleidekabine. Alles geht auf Anfang.“ Sagte er und sah sie erwartungsvoll an. Doch Sam schüttelte den Kopf.
„Ich glaube das wird auch nichts bringen. Offenbar kommen wir zwei miteinander einfach nicht zurecht…“
„Na dann wird’s aber sehr schwierig für uns in der nächsten Zeit. Schließlich arbeiten wir nicht nur zusammen, sondern wir leben noch dazu im selben Haus!“ sagte Kyle ruhig und Sam musste ihm Recht geben.
Sie stand mit einem Ächzen ebenfalls auf und musste jetzt wohl oder übel eine Entscheidung treffen.
„Diese Wohnung werde ich nicht aufgeben. Aber ich werde zu Anthony gehen und ihm mitteilen, dass das mit den Sportartikeln nichts wird…“ Kyle sah sie vollkommen überrascht an, wollte etwas sagen doch Sam unterbrach ihn.
„Ich meine, ich kenne mich mit Fußball doch sowieso überhaupt nicht aus. Ich habe keine Ahnung, was ich in diesen bescheuerten Artikel reinschreiben soll. Ich habe noch niemals zu den Menschen gehört die scharf darauf waren 22 Typen dabei zuzusehen wie sie auf einem Rasen einem Ball hinterherjagen. Ich verstehe ja noch nicht einmal weshalb da so ein Hype um euch veranstaltet wird.“ Sagte sie und schmiss ihre Arme in die Luft um auszudrücken wie ratlos sie war. Schon wieder wollte Kyle etwas sagen, doch jetzt hatte Sam damit begonnen ihm ihr Herz auszuschütten. „Weißt du, von Anfang an hab ich in euch Jungs eine Bedrohung gesehen und ich weiß nicht einmal weshalb. Noch niemals habe ich mich von irgendwas oder irgendwem unterkriegen lassen und dann kommt ein Haufen Chaoten daher und platsch…“ sie klatschte mit den Händen aufeinander und Kyle sah verwirrt auf diese dann wieder in ihr Gesicht „ich bin vollkommen ratlos. Uns verbindet einfach nichts, deswegen muss ich es lassen. Ich werde es schon irgendwie anders schaffen, meinen Abschluss zu machen.“
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Sam wanderte nervös im Wohnzimmer auf und ab, während Kyle dastand und sie lediglich beobachtete. Hatte sie jetzt irgendwie einen Nervenzusammenbruch? Seltsamerweise hatte Kyle es immer gehasst, wenn ein Mädchen mehr als zehn Worte aneinanderreihte und ihn damit zulaberte, doch diesesmal fand er es eigentlich ganz interessant Sam dabei zuzusehen wie sie durch Zimmer wütete und nicht mehr damit aufhörte zu reden. Doch irgendwann, hielt er es doch für notwendig sie zu unterbrechen, denn jetzt fing sie an sich reinzusteigern. „Ich bin vollkommen unfähig. Meine Brüder hatten immer recht und ich hätte auf sie hören sollen…“ bei diesen Worten legte Kyle ihre seine Hände auf die Schultern und brachte sie zum stehenbleiben.
„Sam, jetzt beruhige dich doch endlich einmal. Ich bin hierhergekommen weil ich mich bei DIR entschuldigen wollte. Also halt jetzt endlich die Klappe!“ sagte er und versuchte ihr klar zu machen, dass er nicht wütend auf sie war und auch nicht von ihr verlangte ihr ganzes Leben umzukrempeln.
„Und jetzt komme ich zum eigentlich Grund warum ich da bin. Ich wollte dich fragen, ob du nicht Lust hast uns in die Bar zu begleiten?“ fragte er ruhig und sah Sam dabei direkt an. Sie blinzelte einige Male und schüttelte schließlich den Kopf.
„Ich kann nicht. Ich muss doch diesen bekloppten Artikel fertig schreiben und ich verstehe doch gar nichts davon!“ sagte sie und nahm Kyles Hände von ihren Schultern um sich auf dem Sofa niederzulassen.
Kyle hatte diese Sache gut überlegt. Noch in dem Raum bei den Umkleidekabinen hatte er sich dazu entschlossen, sich bei Sam zu entschuldigen, denn egal welche Begründung er auch hatte: Es war nicht in Ordnung so mit einem Mädchen umzugehen. Er war noch niemals der Kerl gewesen, der Frauen herablassend behandelte und er hatte sich gefragt weshalb er dies dann bei Sam ständig tat. Sie würden wohl niemals Freunde werden, soviel war klar, doch sie konnten das Beste aus der Situation machen. Jetzt war ihm auch klar, weshalb Sam sich geweigert hatte ihm zu verraten, weshalb sie beim Training aufgetaucht war, denn sie hatte gewusst, dass Kyle diese Schwäche nutzen würde um sie erneut damit zu provozieren.
„Dann lass uns einen Kompromiss machen.“ Hörte er sich sagen. Er hatte eigentlich ganz eindeutig etwas besseres zu tun als das hier, doch würde dies vielleicht den Weg in eine etwas bessere Zukunft zwischen den beiden bereiten.
„Ich helfe dir mit dem Fußballzeug, meinetwegen auch bei diesem bekloppten Artikel wie du es so schön gesagt hast, dafür versuchst du mich nicht noch einmal zu schlagen, in Ordnung?“ fragte er und ging vor ihr in die Hocke wo sie ihn überrascht ansah. Sie wollte sich jedoch ihre Schwäche offenbar nicht eingestehen denn sie antwortete „Klärst du auch noch die Sache mit Jungs. Ich meine, sagst du ihnen, dass niemals etwas zwischen uns gelaufen ist?“
Dies schien sie offenbar wirklich zu beschäftigen nur verstand Kyle nicht so ganz warum. Jedes andere Mädchen würde alles dafür tun Bestandteil von Gerüchten mit ihm zu sein und Sam? Sie sah aus, als wäre dies der pure Albtraum. Kyle schüttelte langsam den Kopf.
„Selbst wenn ich das zu den Jungs sagen sollte, Schätzchen, so werden sie mir ja doch nicht glauben.“
Sam ließ resigniert den Kopf hängen und sagte nach einigen Sekunden „In Ordnung. Dein Angebot möchte ich dennoch gerne annehmen. Auch wenn ich dich immer noch nicht leiden kann, so brauche ich doch dringend deine Hilfe!“
Und so war es beschlossene Sache und die beiden machten sich ans Werk, während die restlichen Spieler in der Bar auf die Ankunft ihres Captains warteten und sich zu Recht fragten, was der nur wieder trieb.

11. Kapitel: „Du hast dich verändert und das gefällt mir gar nicht…“


„Das kann doch wirklich nicht so schwer zu verstehen sein!“ schimpfte Kyle und sah auf die Figuren (eigentlich waren es ja Kuscheltiere, doch wer sah da schon so genau hin?), die er auf dem Tisch verteilt hatte um Sam zu erklären was ein Abseits war. Den Artikel hatten sie vor einer halben Stunde abgeschlossen und Kyle hatte ihr angeboten, ihr noch schnell das Abseits zu erklären, doch bis jetzt hatte Sam es immer noch nicht verstanden.“
In diesem Moment befindet sich der Teddybär im Abseits, weil er hinter dem letzten Verteidiger unserer Mannschaft steht!“ sagte Kyle und nahm den Teddybären in seine Hand und klopfte damit auf den Tisch.
„Aber was ist mit der Giraffe? Die ist doch auch noch da!“ beschwerte sich Sam, die noch vor einigen Sekunden der festen Überzeugung gewesen war, endlich verstanden zu haben, was Kyle ihr da weiß machen wollte.
„Die Giraffe ist der Torwart!!!“ sagte Kyle mit aller Vehemenz.
„Die haben wir doch extra dafür genommen, weil sie so riesig ist!“ fügte er hinzu und beobachtete Sam ob bei ihr der Groschen fiel.
Ihre Augen weiteten sich, doch dann schüttelte sie den Kopf.
„Nope, keine Ahnung wovon du sprichst…“ sagte sie dann entschlossen und sah auf den Tisch.
„Das geht mir dermaßen auf die Nerven!“ schimpfte Kyle und warf den Teddybären, den er immer noch in der Hand hielt auf den Boden.
„Hey, der hat dir nichts getan, okay?“ sagte Sam beleidigt und stand auf um ihren Leopold (ja der Teddy hieß Leopold!) zu retten.
Bevor Kyle etwas darauf entgegnen konnte klingelte sein Handy und während er die Augen verdrehte fischte er in seiner Hosentasche danach.
„Es ist Dennis!“ sagte er verwundert und ignorierte Sams Einwand, er solle ja nicht sagen wo genau er war.
„Ja?“
„Alter!!! Wo bleibst du? Hier ist der Teufel los…Einige Mädels warten hier auf dich um dir zu unserem grandiosen Auftackt zu gratulieren!“ schrie Dennis in den Hörer rein, so dass Kyle das Handy von seinem Ohr weghalten musste, damit sein Trommelfell heil blieb. Er hörte im Hintergrund die Musik und auch Frauenstimmen und Gelächter.
Sam gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er nichts sagen sollte.
„Ich bin bei Sam. Wir sitzen noch über dem Artikel!“ sagte Kyle, weil er nicht verstand was Sam da für Verrenkungen machte und drehte sich weg. Dafür kassierte er einen Punch auf die Schulter.
„Hey…was soll das denn bitte?“ sagte er während er das Handy vom Ohr weghielt zu Sam.
„Was glaubst du sollte das wohl heißen???“ sie fuchtelte mit ihrer Hand an ihrem Hals herum.
„Keine Ahnung?“ sagte Kyle unschuldig.
Sie tat er erneut. „DAS hier, ist das weitbekannte und überall gekannte Zeichen für: Halt ja deinen Mund, verdammt!“ zischte sei ihm zu.
„Kyle? Alles klar bei dir? KYLE!!“ schrie Dennis in den Hörer und Kyle hielt ihn sich wieder ans Ohr.
„Was?“ fragte er seinen Kollegen.
Er hörte im Hintergrund jemanden fragen, wo Kyle steckte und Dennis schrie durch die ganze Kneipe (naja zumindest hörte sich das so an) dass Kyle noch bei Sam feststeckte. Er kniff die Augen zusammen, jetzt war es wohl zu spät Dennis zu sagen er solle ja den Rand halten darüber wo Kyle war.
„WAS??“ fragte Sam und machte auf sich aufmerksam, indem sie an seinem T-Shirt zupfte. Er scheuchte ihre Hand weg und stand dann auf um sich ein wenig zu bewegen.
„Also, lass die Schnecke jetzt dort wo ihr grad seid und beweg deinen Hintern in die Bar!“ sagte Dennis und lachte dabei.
„Ich kann nicht, wir sind noch nicht fertig!“ sagte Kyle.
„Dann beeil dich, du brauchst doch sonst nicht so lang!“ sagte Dennis als wäre dies ganz einleuchtend. Erst nach ein paar Sekunden verstand Kyle wie dies bei Dennis angekommen war.
„Alter, ich versuch ihr grad Nachhilfe in Fußball zu geben!“ zischte Kyle, weil er nicht wollte, dass Sam mitbekam was da am Telefon abging. Doch Sam stand hinter ihm und fragte immer wieder „Über was genau sprecht ihr eigentlich?“
„Pscht…“ sagte Kyle und machte eine wegwerfende Bewegung die Sam zeigen sollte, sie solle bloß den Mund halten.
„Ach Fußball nennt man das heutzutage!“ sagte Dennis und Kyle hörte weibliches Gelächter.
„Wo bleibt er?“ hörte er irgendjemanden fragen, dann hörte er wie Dennis antwortete „Er gibt der Reporterin Nachhilfe!“ woraufhin noch mehr Gelächter zu hören war. Kyle kniff die Augen zusammen, oh mann, das konnte ja noch was werden.
„Egal bei was auch immer du der Reporterin grade Nachhilfe gibst, beweg deinen Arsch hierher, wir sind alle nur wegen dir hier!“
Dann legte Dennis auf und Kyle sah auf den Display der jetzt schwarz leuchtete.
„Was genau…“ Kyle drehte sich zu Sam um, die mal wieder in ihrer üblichen Art da stand, Hände in den Hüften, Beine breitbeinig auseinander.
„Ist da gerade am Telefon passiert?“ fragte sie und vermutete wohl schon ganz richtig, dass Kyle Mist gebaut hatte.
„Gar nichts?“ shit, das war mehr als Frage heraus gekommen.
„Sam, mach dich fertig wir gehen!“ fügte er schnell hinzu um Sam von dem Thema abzulenken doch Sam wäre nicht Sam, wenn sie nicht doch noch mal nachhaken würde.
„Was genau denken die Jungs gerade, was du treibst?“ fragte Sam und Kyle musste sich ein lächeln verkneifen. In Gedanken formulierte er seine Antwort ‚Treiben ist der passende Ausdruck!‘ doch er war ja schließlich nicht blöd und so sagte er „Na sie denken, dass ich dir in Fußball Nachhilfe gebe. Was für eine blöde Frage ist das denn, du hast doch gehört was ich zu Dennis gesagt habe!“
Sie kniff misstrauisch die Augen zusammen und sagte dann „Wieso nur, glaube ich dir nicht?“ dann wandte sie sich ab und schritt auf den Tisch zu, wo ihre Kuscheltiere verteilt lagen. Als Kyle diese gesehen hatte, hatte er einen blöden Scherz auf den Lippen gehabt, doch das mit Sam hatte er gerade erst irgendwie gekittet, das konnte er nicht gleich wieder versauen. Sie war kein Kerl! Sie würde das nicht verstehen.
„Machst du dich jetzt fertig oder was?“ fragte Kyle und sah auf die Uhr.
„Heiliger Strohsack…es ist schon fast elf!!“ dann sah er auf die Uhr, die in Sams Wohnzimmer hing, nur um sicher zu gehen. Wie in Gottes Namen war die Zeit so schnell vergangen?
„Nein, danke. Ich bleibe zuhause. Ich bin absolut nicht in Stimmung, heute noch großartig zu feiern. Viel Spaß und bleib artig!“ sagte Sam und packte einige ihrer Kuscheltiere zusammen und trug sie in ihr Schlafzimmer. Auch Kyle packte sich ein paar von den Viechern (von denen einige ziemlich niedlich waren nur er war ein Kerl! Und Kerle würde solche Worte niemals in den Mund nehmen!) und ging Sam hinterher. Als diese sich ihm jedoch in den Weg stellte, blieb er fragend stehen.
„Was ist los?“ fragte er irritiert.
„Nun also…“ sagte Sam und blickte hinter sich.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“ fragte Kyle genervt.
„Du darfst hier nicht rein!“ sagte sie kurz und bündig und nahm ihm die Sachen aus den Armen.
„Warum nicht?“ fragte er und streckte den Kopf doch hinein.
Doch Sam klatschte ihm mit einem Stoffschwein ins Gesicht und schob ihn nach draußen.
„Weil ich mir geschworen habe, dass kein Kerl der so gut aussieht wie du jemals mein Schlafzimmer sehen wird!“ sagte Sam bevor sie darüber nachdenken konnte und schloss hinter sich die Tür.
„Kein Kerl der so gut aussieht wie ich? Was soll das denn?“ fragte Kyle und führte mit seiner Hand das pinke Stoffschwein von seiner Wange weg.
Sam lief ein klein wenig rot an und hoffte, dass der Player vor ihr ihr das nicht ansah.
„Eine meiner Regeln. Schluss basta aus!“ sagte sie und ging auf ihr Sofa zu, auf welches sie sich prompt schmiss und dann den Fernseher einschaltete.
„Kommst du jetzt ernsthaft nicht mit, oder was?“ fragte Kyle sie mit zusammengezogenen Brauen und setzte sich auf den Sessel, als wäre es sein eigener. Der war aber auch wirklich bequem.
„Nope, ich bleib zuhause. Aber danke für die Einladung!“
Kyle sah sie einige Sekunden an, doch Sam hatte ihren Blick stur auf den Fernseher gerichtet.
„Ok..“ er zuckte mit Achseln und erhob sich.
„Dann will ich mal nicht länger stören!“ er schnappte sich seine Jacke und Sam stand auf um ihn zur Tür zu begleiten.
An der Tür angelangt, öffnete Kyle sie und drehte sich dann nochmal zu Sam um.
„Danke für deine Hilfe. Das war wirklich nett von dir…“ sagte Sam jetzt außergewöhnlich schüchtern und Kyle fragte sich, was denn schon wieder schief lief, bis gerade eben war alles noch in Ordnung gewesen. Naja gut, sie hatten sich die meiste Zeit doch wieder in die Haare bekommen, aber zumindest war es dieses mal nicht jedes Mal ausgeartet und niemand war beleidigt abgezischt oder verletzt worden.
„Und sorry nochmal, wegen dem Kinnhaken!“ sagte sie und deutete bei sich auf die Stelle an der sie ihn verletzt hatte.
Er fuhr mit dem Finger über seine eigene Wunde und sagte dann „Halb so schlimm. Es wird sowieso niemals jemand davon erfahren schließlich gibt ein Kerl ungern zu, dass er von einem Mädchen vermöbelt wurde!“ und dabei lächelte Kyle Sam an um ihr damit zu signalisieren, dass er es ihr nicht weiter übel nahm. Sie verschränkte ihre Arme hinter dem Rücken und sagte dann „Sag niemals nie…Das hast du doch bei unserem ersten Treffen gesagt oder?“
Sie lächelte ihn das erste Mal so richtig an, es war nichts boshaftes darin versteckt, es war nichts ironisches.
Kyle lachte auf und sagte „Gut gekontert. Wir sehen uns!“ drehte sich um und ging.
Sam stand noch einige Sekunden in der geöffneten Tür, bevor sie sie schloss und sich dagegen lehnte. War das alles gerade wirklich passiert?
Sie ging zum Computer, wo ihr fertiger Zeitungsartikel immer noch geöffnet war. Kyle und sie hatten das wirklich gut hinbekommen, das musste sie zugeben. Sie hatten sich die meiste Zeit gestritten, ja, aber irgendwie hatten sie es geschafft auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Vielleicht, und das vielleicht war groß und in fetten Buchstaben geschrieben, war Kyle Thompson nicht ganz so ein übler Kerl wie Sam immer angenommen hatte. Sie ging in ihre Wohnzimmer, wo auf dem Tisch immer noch die Giraffe lag und sie erinnerte sich daran, wie Kyle ihr versucht hatte weiszumachen, der Teddybär wäre der Angreifer und das rosa Schweinchen der Verteidiger. Im Nachhinein war das äußerst komisch, wenn man sich Kyle, mit seinem über und über tätowiertem Arm und männlicher als so mancher Superheld, mit Kuscheltieren in den Händen vorstellte, mit welchen er versuchte ein Abseits zu erklären.
„Ha, vielleicht ja tatsächlich nicht“ murmelte Sam vor sich hin und schmiss sich dann auf ihr Sofa, wo sie sich für den Rest des Abends nicht mehr wegbewegen würde.
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Auf dem Weg zur Bar hing Kyle seinen Gedanken hinterher. Vielleicht war Sam ja doch gar nicht sooo übel wie er sie eingeschätzt hatte. Er hatte sogar richtig Spaß gehabt und er hatte eine gute Tat begangen. Außerdem war die Zeit rasend schnell vergangen, was er bisher mit einem Mädchen nur dann erlebt hatte, wenn er sich mit ihr zwischen den Laken vergnügt hatte. Da sah mal einer hin, vielleicht wurde er ja langsam erwachsen.
Er hoffte nur, dass Sam niemals jemandem erzählen würde, dass er versucht hatte ihr mithilfe dieser lächerlichen Kuscheltiere beizubringen, was ein Abseits war. Lieber noch würde er zugeben, dass sie ihn niedergeschlagen hatte, als zuzugeben dass er das andere getan hatte.
Fünfzehn Minuten später betrat er die Bar und wurde vom Biergeruch und Parfüm, welches in der Luft hing, fast überwältigt.
Hier war einiges los, die Bar war gesteckt voll und jeder tanzte mit jedem.
„Kyle!!! DA bischt du ja ändlisch!“ sagte Simmons, der gerade in seiner Nähe getanzt hatte und schmiss ihm seinen Arm um die Schultern um ihn dann zu ihrem Tisch zu bringen. Wie erwartet tümmelten sich dort fünf heiße Frauen, die offenbar jetzt da Kyle da war, wieder ihre Energie fanden zu lächeln. Sie standen allesamt auf und gaben Kyle einen Kuss auf die Wange.
„Hey…“ sagte er zu einigen seiner Kollegen und winkte ihnen kurz bevor er die nächste Knutschtirade über sich ergehen ließ. Diese Mädchen sahen irgendwie so falsch aus. So zu viel von allem. Ihre Duftwolke umgab ihn direkt und ihm wurde leicht übel.
„Entschuldigt mich kurz. Ich geh mal schnell pissen!“ und ohne ein weiteres Wort verließ er den Platz wieder und steuerte auf die Toiletten zu. In diesem Gang war es wesentlich ruhiger und so konnte er auch das Geklapper von Absätzen hinter sich hören und drehte sich um. Das hätte er mal lieber lassen sollen, denn Jenniffer stand hinter ihm um griff nach seiner Jacke, um ihn gegen die Wand zu drücken.
„Hey, mal ganz langsam mit den Pferden!“ sagte Kyle und hob abwehrend die Arme.
„Kyle, Kyle, Kyle. Ich warte seit geschlagenen drei Stunden auf dich. Ich denke ein anständiger Begrüßungskuss ist das mindeste was du mir geben kannst!“ sagte Jenniffer und kam ihm immer näher. Kyle sah an ihr hinunter und bemerkte, dass sie gut wie gar nichts trug. Ein Top welches ihre Brüste nur spärlich bedeckte und noch hinzu so sehr puschte, dass man Angst haben musste, dass jeden Moment eine von den Dingern den Weg nach draußen fand. Ein Rock der nur knapp länger war, als ihr Arsch und High Heels, bei denen man direkt Angst bekam.
„Jenniffer, ich glaube du bist betrunken!“ schaffte Kyle noch zu sagen, bevor Jenniffer ihren Mund auf den seinen senkte und ihm so die Luft zum atmen nahm. Und zwar tatsächlich!
Sie ließ ihr Bein an dem seinen langsam nach oben fahren, bis sie genau dazwischen angekommen war. Kyle versuchte minimal zurück zu weichen. Jetzt war Fingerspitzengefühl gefragt, denn Jenniffer befand sich da mit ihrem Knie an einer äußerst sensiblen Stelle. Wenn er jetzt was falsches tat, dann würde er das zweite Mal an einem Tag von einem Mädchen niedergeschlagen werden.
Jenniffer ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten, womit Kyle, so wie mit dem anderen Zeug auch, überhaupt nicht einverstanden war und so drückte er sie sanft an den Schultern weg und platzierte dann seine Hand auf ihrem Bein.
„Jenniffer, ich fühle mich ja wirklich geehrt…“ nein das tat er ganz und gar nicht!
„Aber ich bin heute einfach nicht in Stimmung!“ und er drückte ihr Bein langsam von seinem wichtigsten Körperteil weg und drehte sie dann zur Wand hin, so dass er zurück treten konnte.
Jenniffer schürzte die Lippen und sah äußerst enttäuscht aus.
„Ach komm schon Kyle. Du hast es versprochen auf der Party vor zwei Monaten!“
Was hatte er? Hatte er da irgendwie was falsches geraucht?
„Sorry Jenniffer, aber daran würde ich mich erinnern! Und jetzt entschuldige mich bitte!“ und er trat einige Schritte zurück um endlich abhauen zu können.
„Kyle, mich lässt man nicht einfach so abblitzen ohne dass man es früher oder später bereut!!“ sagte Jenniffer und sah ihn abschätzend an.
Er hingegen zuckte mit den Schultern und sagte nur
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es nicht bereuen werde. Schönen Abend noch!“ und dann machte er sich schleunigst aus dem Staub.
Als er die Herrentoilette betrat, fragte er sich ernsthaft, was nur mit den Frauen nicht stimmte? Hatten die sich so verändert, oder er? Denn früher schien es ihm nichts auszumachen, wenn die Frauen ihn so befielen, nein er hätte sie in die nächste Ecke gezerrt und sie gleich dort genommen. Also was zum Teufel war mit ihm los. Es war ja schön und gut, dass er sich ein wenig zurück nehmen musste, doch musste er wohl kaum Abstinent leben.
Er drehte den Wasserhahn auf und schüttete sich erst einmal eine Ladung des kalten Wassers ins Gesicht, bevor er sich im Spiegel betrachtete und sich langsam ernsthaft frage, was mit ihm nicht stimmte?
Die Tür ging auf und knallte gegen die Wand. Kyle drehte sich langsam um und sah Dennis hinter sich stehen.
„Hast du gerade Jenniffer Collins zurückgewiesen? Alter, was gehtn mit dir ab?“ fragte sein Kumpel betrunken und kam auf ihn zu.
Kyle schloss genervt die Augen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht.
„Ich habe sie nicht zurückgewiesen. Ich hatte einfach keinen Bock auf einen Fick mit ner besoffenen! Was geht dich das überhaupt an?“ fragte er und nahm die Hände wieder runter.
„Was mich das angeht?“ Dennis legte sich die flache Hand auf die Brust und zeigte mit dem anderen Arm nach draußen.
„Das ist die heißeste Braut hier auf dem College!“ Dennis schien ernsthaft schockiert zu sein.
„Und?“ fragte Kyle genervt. Er hätte gar nicht erst herkommen sollen. Einmal hätte er vernünftig sein und zuhause bleiben sollen.
„Was geht mir dir ab? Es liegt doch nicht etwa an dieser Sam Raven, oder?“ fragte Dennis schockiert, so als wäre bei ihm der Groschen gefallen. Bei Kyle war er es offensichtlich noch nicht, denn er sah seinen Freund fragend an.
„Von was bitte, sprichst du da eigentlich?“ fragte Kyle ihn ernsthaft interessiert.
„Zwei Abende hintereinander Kyle. Das ist nicht normal für dich! Du hast uns ihretwegen beinahe versetzt!“ sagte Dennis und er war tatsächlich sauer. Nur verstand Kyle immer noch nicht warum. Vielleicht lag es auch einfach am Alkohol.
„Da läuft nichts zwischen mir und Sam. Bist du bekloppt Alter? Ich hatte einfach nur keinen Bock! Und selbst wenn, was wäre denn daran so schlimm?“
Dennis wurde langsam rot im Gesicht, ein sicheres Zeichen für Kyle, dass er langsam die Beherrschung verlor.
„Da läuft nichts? Jetzt lügst du mich auch noch an? Du hast es doch heute in der Kabine selber gesagt. Und am Telefon! Oder glaubst du etwa ich glaube dir den Quatsch von wegen Nachhilfe im Fußball?“ Dennis kam einen Schritt auf ihn zu.
„Ich HABE ihr Nachhilfe im Fußball gegeben!“ sagte Kyle wahrheitsgemäß doch Dennis sah ihn skeptisch an.
„Du denkst echt ich bin total bescheuert oder? Wieso solltest du dir Zeit nehmen und so einer wie Sam erklären um was es in Fußball geht? Sie ist eine verdammte Sportreporterin!“ sagte Dennis und wurde immer lauter.
„Aber vorher war sie keine und sie hat eben keine Ahnung davon!“ entgegnete Kyle und verstand wirklich dieses Theater nicht.
„Laber doch keinen scheiß, das ist doch nur eine Ausrede. Wenn du was mit ihr hast, okay. Aber belüg uns nicht und fang ja nicht damit an uns an zweite Stelle zu stellen!“ sagte Dennis mit erhobenem Finger, was eigentlich lächerlich wirken müsste, doch Kyle erkannte genau die Wut die aus seinem Freund sprach.
„Du hast dich verändert und das gefällt mir gar nicht! Gestern bei der Party schon, warst du mit den Gedanken ständig woanders. Du schmetterst die Weiber nur noch so ab, da muss was dahinter stecken!“ sagte Dennis.
„Und was ist dabei, wenn ich mal für eine Woche nichts mit den Weibern hier habe? Die gehen mir einfach nur noch auf den Sack, also warum lässt du mich nicht mein Leben so leben wie ich will?“ schrie jetzt Kyle, weil er das ganze Theater nicht nachvollziehen konnte.
„Ich lasse dich dein Leben so leben wie du willst, solange du dich nicht veränderst. Ich weiß nicht was mit dir los ist, aber es gefällt mir nicht in welche Richtung du dich entwickelst. Denk nur darüber nach, wer deine wahren Freunde sind. Und sollte deine Veränderung mit dieser Reporterin zusammenhängen, dann denk daran dass sie nur so lange da ist, wie sie uns braucht. Die ist schneller wieder weg wie du Amen sagen kannst!“ dann drehte sich Dennis um und verließ den Waschraum.
Wie zum Teufel war auf einmal Sam schuld daran, dass er sich veränderte? So ein Schwachsinn hatte er ja noch nie gehört! Er kannte sie erst seit knapp einer Woche und in dieser Woche waren sie nur übereinander hergefallen! Also was sollte der Scheiß? Wenn sein bester Freund ihm nicht glauben wollte, dann wusste er auch nicht was er noch machen sollte. Noch weniger verstand er jedoch, weshalb Dennis überhaupt so ausgerastet war! Es war doch seine eigene Sache ob und vor allem mit wem er in die Kiste sprang!
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Dennis stürmte aus den Toiletten heraus und bemerkte jedoch nicht, die Gestalt die im Dunkeln des Ganges der Unterhaltung gelauscht hatte und mit diesen Informationen absolut nicht glücklich war. Sam und der Fußballspieler? Das würde die Person zu verhindern wissen.

12. Kapitel: „Weil ich dich vermisst habe…“


Sam stand angespannt in der Redaktion und wartete darauf, was Anthony zu ihrem bereits gedruckten Artikel sagen würde. Er hatte die Redaktion am gestrigen Tag seinem Stellvertreter überlassen und so nicht mehr die Möglichkeit gehabt vorher über den Artikel zu schauen. Sam stand nervös da, schließlich war das ihr erster Sportartikel und sah sich in der Gegend um, wo alle geschäftig ihrer Arbeit nachgingen. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass Kyle ihr gestern bei diesem Artikel geholfen hatte. Er war äußerst gut darin gewesen Formulierungen zu finden und eigentlich so banale Dinge wie einen Freistoß, als halben Thriller darzustellen. Gestern Abend hatte Sam eine neue Seite von Kyle kennengelernt und sie war sich noch nicht so ganz sicher, ob sie das gut oder schlecht finden sollte. Kyle sollte keinesfalls denken, dass sie ihm ab sofort aus der Hand fraß, doch wollte sie eigentlich auch nicht, dass er dachte sie sei eine unausstehliche Zicke. Sie ging ans Fenster und hatte den Artikel vollkommen vergessen. Stattdessen blickte sie auf den Campus hinunter wo nur vereinzelt Studenten umherwanderten. Wahrscheinlich nur diejenigen die was essen wollten, oder diejenigen die noch in die Bücherei mussten. Die meisten von den Studenten waren nach Hause gefahren und Sam beneidete sie auf eine bestimmte Art und Weise. Denn sie hatte kein Zuhause mehr. Sie hatte keinen Ort mehr, an den sie zurück kehren konnte um sich dort geborgen zu fühlen. Klar sie hatte endlich ihre eigene Wohnung, für die sie auch noch keine Miete zahlen musste, doch fehlten darin die ihr wichtigen Menschen um das Glück perfekt zu machen. Sie liebte ihre Wohnung, doch noch mehr würde sie sie lieben, wenn sie jemanden hätte mit dem sie sie teilen könnte. Noch vor ein paar Jahren hätte sie sich selbst für diesen Gedanken in den Hintern getreten, doch es hatte sich einiges verändert. Seitdem ihre Eltern gestorben waren, fühlte sie sich alleine und der großen weiten Welt auf eine Art und Weise ausgeliefert, wie sie es nicht beschreiben konnte.
„SAM!“ In dem Moment in dem ihr Name ertönte, hatte sie gerade den Vorhang in der Hand gehabt, weil sie diesen zur Seite hatte schieben wollen um ihr Blickfeld zu erweitern. Sie erschrak jedoch so sehr, dass sie den Vorhang beim umdrehen direkt mitnahm und so die gesamte Konstruktion zum zusammenbrechen brachte. Den Vorhang, den hatte sie immer noch in ihrer Hand.
„Jesus Maria…was ist denn mit dir los?“ fragte Anthony vollkommen verständnislos und blickte sie einige Momente fragend an. Sam sah auf ihre Hand in welcher immer noch der Zipfel des Vorhangs lag und ließ ihn schnell los. Sie würde einfach so tun, als wäre rein gar nichts geschehen.
„Und?“ fragte sie Anthony, der mit der Zeitung in der Hand dastand und die herunterhängende Vorhangstange anstarrte. Die Blicke der anderen wollte sie gar nicht sehen und so starrte Sam stur nach vorne. Wie peinlich war das denn? Immer musste so ein Müll genau ihr passieren.
Anthony schüttelte den Kopf und sagte schließlich „Ähm, genau. Der Artikel. Ja der ist wirklich ziemlich gut geworden. Hast du nicht gesagt, dass du keine Ahnung von Fußball hast?“ fragte Anthony sie immer noch ein klein wenig irritiert. Das merkte sie daran, dass sein Blick doch immer wieder zu der Stange glitt, die jetzt auf Halbmast hing.
„Hab ich auch nicht…“ sagte Sam ein klein wenig unüberlegt, denn sofort erschienen auf Anthonys Stirn die tiefen Furchen, die signalisierten, dass ihm das was gerade geschah vollkommen missfiel.
„Was soll das bedeuten?“ fragte er vorsichtig und trat einen Schritt auf sie zu. Schnell Sam. NACHDENKEN! Los!
„Ähm, ja, also Janines Bruder Jamie hat mir die Regeln erklärt. Der Artikel hat wirklich Eeewigkeiten gedauert, aber ich habs schließlich doch noch hinbekommen!“ naja, nur die Hälfte war gelogen, immerhin. Anthonys Gesichtszüge entspannten sich wieder und er ging an Sam vorbei, klopfte ihr einmal auf die Schulter und sagte „Weiter so!“ dann ließ er sie mit der kaputten Vorhangstange, zwischen all den anderen Redakteuren alleine zurück. Wieso nur hatte sie ein schlechtes Gewissen dabei, wenn sie verheimlichte, dass Kyle ihr bei dem Artikel geholfen hatte?
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„Alter schau mal, der Artikel von der kleinen Reporterin!“ sagte Simmons gerade zu Danny, der vor seinem Schrank stand und sich sein Shirt überzog. Der Trainer hatte die Jungs zu zwei Einheiten am heutigen Tag verdonnert, weil mehr als die Hälfte der Jungs einen solchen Kater gehabt hatte, dass sie gar nicht richtig teilnehmen konnten bei der ersten Einheit. Kyle hatte Coach K sehr selten so wütend gesehen, doch das bedeutete nur, dass er es diesesmal absolut ernst meinte. Noch einmal solch eine Aktion und der Coach würde erbarmungslos die Spieler aus der Mannschaft schmeißen und die Ersatzspieler ran lassen. Dennis hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht mit Kyle gesprochen, doch Kyle bezweifelte stark, dass das am gestrigen Streit lag. Dennis war einfach zu sehr verkatert und schleppte sich von Minute zu Minute durch den Tag.
Kyles Blick wanderte wieder zu Danny, der gerade den Artikel überflog und schließlich meinte
„Der ist gar nicht mal so übel!“ dann gab er ihn weiter an Goalie, der den Schrank neben ihm hatte. Auch Goalie überflog den Artikel und sagte schließlich das selbe. Als er den Artikel Kyle reichen wollte, lehnte dieser ab, denn er kannte den Artikel beinah auswendig so oft waren sie ihn am gestrigen Abend noch durchgegangen.
„Was ist los mit dir? Willst du ihn nicht lesen?“ fragte Goalie ihn ein klein wenig misstrauisch. In diesem Moment hatte Kyle das Gefühl, dass er seinem Freund lieber nicht mitteilen sollte, dass er den ganzen Abend mit Sam daran gearbeitet hatte. Dennis war gestern ziemlich betrunken gewesen bei dem Telefonat, so wie eigentlich der Rest der Leute die in der Bar gewesen war. Vielleicht wussten die alle gar nicht mehr, was Dennis durch die Bar geschrien hatte. Vielleicht hatten sie ihn nicht einmal richtig verstanden? So wie die anderen Jungs Kyle gerade ansahen, wussten sie jeden falls nichts davon und so entscheid sich Kyle es ersteinmal dabei zu belassen. Denn er hatte keinerlei Lust erneut eine solche Diskussion wie mit Dennis gestern zu führen. Die Jungs würden ja doch sagen, Kyle hätte sich Sam gekrallt, obwohl er weit davon entfernt gewesen war. Also wieso sich Probleme bereiten, wenn es doch soo einfach war, ihnen aus dem Weg zu gehen?
„Hau rüber!“ sagte Kyle und streckte Goalie den Arm entgegen. Anscheinend kaufte Goalie ihm die Show ab, denn er zuckte mit den Schultern, schmiss Kyle die Zeitung zu und zog sich dann seine Hose aus um seine Trainingshose anzuziehen. Interessiert überflog Kyle den Artikel. Alles war noch genauso wie gestern Abend, als er und Sam ihn das letzte Mal durchgelesen hatten und er gefiel ihm auch noch genauso sehr wie gestern. Er hätte niemals gedacht, dass ihm schreiben so viel Spaß machen könnte. Wahrscheinlich hatte er auch genau aus dem Grund die Zeit vergessen und war so spät erst in der Bar angekommen. Nur wusste er immer noch nicht so genau, wie er ab heute mit Sam umgehen sollte. Schließlich hatten sie sich ja eigentlich wieder vertragen, nur war er sich irgendwie sicher, dass der Frieden nicht so lange währen sollte. Er legte die Zeitung zur Seite und zog sich als letztes seine Fußballschuhe an, um dann mit den anderen gemeinsam auf den Sportplatz zu gehen, wo die Cheerleader gerade ihr Training beendeten. Als er zu den Tribünen sah, bemerkte er Sam wie sie mit Block und Stift bewaffnet dort saß und sich bereits Notizen zu machen schien. In der Früh war sie beim Training nicht dabei gewesen, doch er wusste nicht weshalb ihm dies überhaupt aufgefallen war. Jetzt hingegen saß sie da und als sie die Spieler entdeckte, die sich bereits auf der Bank vor ihr niederließen, grüßte sie den ein oder anderen. Goalie blieb vor ihr stehen, doch Kyle war noch zu weit entfernt um zu verstehen über was die beiden sich unterhielten. Er schüttelte den Kopf und schmiss so diese dummen Gedanken aus seinem Kopf, dann joggte er los, da er ziemlich weit zurück gefallen war. Als er bei der Spielerbank ankam, ging er diese entlang und kam Sam so immer näher. Sie lächelte gerade wegen irgendwas, was Goalie sagte und als sie Kyle dabei erblickte, sagte sie schnell „Hallo“ und konzentrierte sich dann wieder auf Goalie.
„Hallo…“ entgegnete Kyle und ging an den beiden vorbei ans Ende der zweiten Bank, wo er sich schließlich niederließ und auf den Coach wartete. An Sam verschwendete er keinen Gedanken mehr.
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Man, war das eine seltsame Situation gewesen. Sam wusste nicht, wie sie jetzt mit Kyle umgehen sollte. Überhaupt mit den Jungs, denn schließlich war das Eis ja im Grunde gebrochen, doch irgendwie war es doch wesentlich einfacher gewesen, als die Jungs sie noch standhaft ignoriert hatten.
„Jedenfalls, schade dass du gestern nicht mit dabei warst. Du gehörst ja jetzt irgendwie zum Team dazu. Das nächste Mal kommst du nicht so einfach davon!“ sagte Goalie und lächelte sie an. Meine Güte war dieser Junge charmant. Er sah wundervoll aus, hatte einen Körper der so manche Frau zum sabbern bringen würde und noch dazu gute Manieren und war freundlich. Der eigentlich perfekte Mann, doch Sam spürte keinerlei kribbeln, wenn er mit ihr sprach. Nicht das es wichtig wäre, was sie spürte, denn sie bezweifelte stark, dass Goalie irgendwas anderes beabsichtigte außer nett zu sein und ihr den Einstieg leichter zu machen und dennoch fragte sie sich, was mit ihr bloß nicht stimmte. Sie war zwischen den heißesten Typen des Colleges und alles wofür sie sich interessierte waren die Artikel und ihre Abschlussarbeit. Klar hin und wieder geisterte ein Kyle in ihrem Kopf herum, was aber wohl mehr daran lag, dass sie so oft aneinander geraten waren. Und dass sie festgestellt hatten, dass er unter ihr wohnte. Und dass er ihr gestern geholfen hatte. Sie stellte fest, dass sie sich ziemlich häufig über den Weg liefen, seitdem sie die Artikel schreiben musste und sie fragte sich unweigerlich, ob sie je wieder das Leben führen würde, welches sie geführt hatte, bevor alles so gewaltig schief gelaufen war. Denn selbst wenn sie ihre Arbeit endlich beendete, und sie konnte es kaum erwarten, dass diese drei Monate um waren, so war sie dennoch dazu gezwungen mit ihm in einem Haus zu leben. Im Moment mochte es vielleicht gut laufen, doch wer wusste schon was morgen passieren sollte. Vor lauter Gedanken, hatte sie beinahe vergessen auf Goalies Aussage zu reagieren.
„In Ordnung. Nächstes Mal bin ich mit am Start.“ Was sie auch nur deshalb sagte, weil der Coach den Jungs verboten hatte, in der nächsten Zeit zum trinken zu gehen. Naja, sie hatten es gestern nicht eingehalten, aber trotzdem war sich Sam sicher, davon zu kommen. Die Waffen einer Frau würden ihr dabei behilflich sein. Wenn also einer der Jungs sie fragte und sie wollte nicht, so würde sie irgendwas von Krämpfen erzählen, die meisten Kerle wurden davon so sehr abgeschreckt, dass sie sofort das Weite suchten. Der Coach betrat das Spielfeld von der anderen Seite und er sah nicht sonderlich fröhlich aus. Goalie suchte sich schnell einen Platz, verabschiedete sich jedoch vorher noch bei Sam, und sah dann erwartungsvoll zum Trainer hinauf. Dieser marschierte die Bankreihe entlang auf und ab und schien zu überlegen, was er mit diesem Haufen von Nichtnützen nur anfangen sollte. Nicht, dass das Sams Gedanken waren, sie interpretierte nur seinen Gesichtsausdruck. Die Stimmung war so angespannt, dass sogar Sam Angst hatte, jeden Moment Opfer seiner Wut zu werden und so machte sie sich, wie früher in der Schule auch wenn man die Antwort nicht kannte, so klein wie nur möglich und sah auf den Boden.
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Kyle hatte seine Arme auf den Beinen abgestützt und bewegte seine Füße auf und ab, denn er wollte loslegen, nicht dumm in der Gegend rum sitzen und auf die Strafpredigt des Coaches zu warten. In der Früh, war er einfach zu wütend dafür gewesen, Kyle kannte ihn mittlerweile ganz gut. Gefährlich wurde es bei ihm immer ein paar Stunden später, denn dann hatte er die Möglichkeit sich in Gedanken Stück für Stück auszumalen, was er den Jungs antun würde. Kyle hob seinen Blick vom Boden und blickte kurz hinter sich, wo Sam ein paar Meter weiter rechts saß. Sie schien irgendwie nervös zu sein, doch ihm war vollkommen schleierhaft weshalb.
„Ich hatte jetzt ein wenig Zeit über euch Vollidioten nachzudenken…“ begann der Trainer im ruhigen Ton und Kyle wandte seinen Blick von Sam ab. Wenn der Coach zu ruhig begann, dann konnte es nur noch schlimmer werden.
„und ich habe beschlossen.“ Er schloss die Augen und verschränkte die Arme hinter dem Rücken.
„DAS ICH JEDEM EINZELNEN VON EUCH EINEN TRITT IN DEN ALLERWERSTESTEN GEBE. WIE KÖNNT IHR ES WAGEN MICH SO BLOß ZU STELLEN!!!“ und so ging es eine ganze Weile weiter, doch Kyle schaltete auf Durchzug, denn ausnahmsweise, galt diese Rede nicht für ihn. Er war nämlich gestern Abend, nach dem Zoff mit Dennis schön brav nach hause gegangen um weiteren Anmachversuchen und Streitereien aus dem Weg zu gehen und war so, um halb eins, vollkommen nüchtern in sein Bett gefallen und sofort eingeschlafen. Heute Morgen war er topfit aufgewacht. Neben ihm rutschte Simmons nervös hin und her und wünschte sich offenbar, an einem anderen Ort zu sein. Kein Wunder. Kyle hatte gestern feiern wollen, ja, aber er hatte nicht das beabsichtigt was dabei rausgekommen war. Als er die Bar verlassen hatte, waren alle vollkommen besoffen gewesen. Die Typen standen in den Ecken mit irgendwelchen Weibern und ließen sich abschlabbern, während die anderen gerade eine Schlägerei begannen, was auch Kevins blaues Auge erklärte. Die anderen waren bereits halb auf den Tischen gelegen und hatten gepennt. Das hatte mit Spaß nichts mehr zu tun gehabt und so hatte Kyle sich aus dem Staub gemacht. Der Coach schien sich langsam aber sicher ein wenig zu beruhigen. Kyle hatte schon Angst, dass sein Herz jeden Moment aussetzte, wenn er so weiter machte. Der Coach war ja schließlich nicht mehr der jüngste.
„Zum Schluss…“ sagte der Trainer außer Atem und sah auf die Tribüne, wo eigentlich nur Sam alleine saß. Weshalb sollte denn Sam bitte Anschiss kassieren, sie hatte ja wohl nichts falsch gemacht.
„Möchte ich mich noch bei Sam für den fabelhaften Artikel bedanken. Nicht einmal dein Vorgänger hat es geschafft ein so übles Spiel, so spannend darzustellen, dass wir am Ende als die armen Lämmchen herausgegangen sind. Gute Arbeit Mädchen!“ und da war er plötzlich wieder butterweich. Kyle drehte sich zu Sam um und sah, wie sie mit hochrotem Kopf auf der Tribüne saß und „Nichts zu danken!“ dahinmurmelte. Dass der Trainer sie tatsächlich verstanden hatte, bezweifelte Kyle stark und wie er vermutet hatte, fuhr der Trainer bereits wieder fort ohne darauf einzugehen.
„Und jetzt, gibt es für euch Jungs zwanzig Runden um den Platz, damit ihr endlich diesen ekelhaften Alkohol aus eurem Blut herausbekommt. Wer schlapp macht, kriegt noch mal zehn dazu. Ihr dürfte erst aufhören, wenn ihr fertig seid!“ Kyle sah das Grinsen im Gesicht des Trainers, Mann war der bösartig. Er wusste genau was er den Jungs damit antat, doch der Coach war angepisst und so einen Schwachsinn wie die Jungs geliefert hatten, würde er nicht einfach so durchgehen lassen.
„Ach bevor ihr beginnt. Denkt dran, in zwei Tagen setzen wie uns in den Bus nach Elbourne. In drei Tagen findet dann das Spiel statt, bis dahin erwarte ich höchste Konzentration! Los geht’s!“ er scheuchte die Jungs mit einer schnellen Armbewegung von den Bänken und alle liefen, mehr oder weniger, los. Kyle setzte ein lockeres Tempo an, so dass er die zwanzig Runden relativ schnell, mit so wenig Aufwand wie nur möglich, hinter sich brachte. Schnell zeigte sich, weshalb der Coach genau diese Übung ausgesucht hatte, denn die Jungs fielen sehr schnell hinter Kyle zurück und einige Runden später, schaffte er es sogar sie zu Überrunden. Er entdeckte Kevin, wie er sich an einem der Tore festhielt und offenbar kurz davor war, sich zu übergeben. Das gab dann wohl zehn weitere Runden für ihn. Der Coach war kein Mensch, der leere Drohungen aussprach. Er war einfach richtig angepisst und irgendwie tat es Kyle leid, dass er derjenige gewesen war, der die Jungs in die Bar bestellt hatte. Andererseits waren das alles große Männer und sie mussten doch mittlerweile selber wissen wo ihre Grenzen lagen.
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Es glich einem Schlachtfeld. Überall auf dem Rasen verteilt lagen Spieler und keuchten oder übergaben sich. Die hatten es letzte Nacht wohl ziemlich krachen lassen der Laune des Trainers zu urteilen. Zum Glück hatte sie sich gegen die Bar und für ihre Couch entschieden. Nur Kyle schien ziemlich fit zu sein, naja und Goalie, zumindest im Vergleich zu den anderen. Doch Kyle erschien ihr in keinster Weise so, als hätte er einen Kater.
Kurze Zeit später kam Kyle in ihre Richtung angelaufen und setzte sich anschließend neben sie auf die Tribüne.
„Was tust du?“ fragte sie, während sie ihn ein wenig angewiedert ansah. Er war voller Schweiß, seine Klamotten klebten direkt an seinem Körper.
„Ich ruhe mich aus?“ fragte er, so als würde er nicht so ganz verstehen, was sie schon wieder von ihm wollte.
„Und die zwanzig Runden?“ fragte sie irritiert.
„Hab ich gerade hinter mich gebracht!“ antwortete Kyle und stützte sich mit seinen Armen auf der Sitzlehne ab.
„Ernsthaft?“ fragte Sam schockiert. Es war höchstens eine halbe Stunde vergangen seitdem sie mit dem laufen begonnen hatten.
„Ja klar. Ich weiß, nicht meine Bestzeit, aber immerhin.“
Sag mal verarschte der Junge Sam gerade? Der machte sich doch lustig über sie, oder etwa nicht?
„Du willst mir erzählen, dass du knapp sieben Kilometer in etwas mehr als einer halben Stunde gelaufen bist?“ fragte Sam und wandte ihm ihren Körper zu. Er sah sie ein wenig irritiert an und fragte sich, wahrscheinlich sogar zurecht, was die nur schon wieder von ihm wollte.
„Schätzchen, das ist normal für mich. Soll ich es dir vorrechnen oder was?“ fragte er und setzte sich auf.
Schnell wandte sie ihr Gesicht wieder nach vorne und sagte, vielleicht ein klein wenig schnippisch, und das überraschte sie selbst mehr, denn sie war niemals schnippisch „Nein Danke!“
Sie hörte Kyle neben sich auflachen und sah ganz unauffällig in seine Richtung.
„Du bist echt strange Mädchen. Ich hab noch nie so eine wie dich kennengelernt. Bei dir weiß man einfach nicht woran man ist. Also wie wärs. Ich springe schnell unter die Dusche und dann machen wir und auf den Heimweg…“ sagte er als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. Sie saß mit geöffnetem Mund da und starrte ihn an.
„Was genau hast du gestern genommen?“ fragte sie ihn und wandte ihren Körper nun doch wieder in seine Richtung.
„Was meinst du?“ fragte er, es schien als würden zwischen den beiden immer nur die selben Fragen fallen, da sie offensichtlich immer aneinander vorbei redeten.
„Du warst gestern unterwegs, bist aber im Gegensatz zu deinen Teamkollegen Topfit. Du bist irgendwie seltsam drauf und möchtest mit mir auch noch nachhause laufen?“ fragte sie ihn und beobachtete ihn, ob ihm da irgendwas seltsam daran vorkam.
„Also, jetzt mal langsam mit den Pferden Süße. Ich war gestern in der Bar, ja. Da ich aber keine Lust hatte mich von irgendwelchen Weibern abschlabbern zu lassen und da der Rest der Jungs sowieso schon so besoffen war, dass sie nichts mehr mitbekommen haben, dachte ich mir ich haue lieber schnell wieder ab und so bin ich gestern, vollkommen nüchtern und alleine, in mein Bett gefallen und habe mich ausgeruht! Also gehen wir jetzt zusammen nach hause oder nicht?“ fragte er ein klein wenig genervt.
„Wieso?“ fragte Sam ohne nachzudenken und wunderte sich immer mehr über Kyle. Irgendwie war er auf eine bestimmte Art und Weise so ganz und gar nicht das, was sie erwartet hatte.
Er beugte sich immer weiter in ihre Richtung, nutzte den Überraschungsmoment und flüsterte ihr dann ins Ohr „Weil ich dich vermisst hab!“ Sam blinzelte einige Male bevor sie verstand was hier gerade geschah, doch Kyle sprang bereits die Tribüne hinunter und sagte zu ihr „Bis gleich!“ erst in diesem Moment riss es Sam aus ihrer Erstarrung.
„Du Schuft!!“ rief sie ihm nach, doch sie hörte nur noch sein lachen. Der Junge hatte sie doch tatsächlich eiskalt mit seinem Charme um den Finger gewickelt und sie sprachlos gemacht. Das würde sie ihm heimzahlen, denn er war nicht der einzige der das konnte. Dennoch entschloss sie sich auf ihn beim Ausgang zu warten, denn sie hatte schon einen Plan, wie sie ihn einspannen konnte.

13. Kapitel: „Hast du schon mal Saw gesehen…?“


Kyle kam gerade auf Sam zu, die an das Tor gelehnt auf ihn wartete. Er hatte nicht gedacht, dass sie nach dieser Aktion tatsächlich mit ihm gemeinsam nach hause gehen würde, denn er hatte sie wirklich mies verarscht. Doch in dem Moment hatte er einfach nicht anders gekonnt. Sie hatte ihn so verständnislos angeblickt, dass er sich diesen Scherz einfach erlauben MUSSTE, ganz egal was danach geschah. Doch hatte ihn seine eigene Reaktion auf Sams Nähe dann doch kurz irritiert. In dem Moment in dem er zu ihr gesagt hatte, er hätte sie vermisst, hatte er ihren Duft eingeatmet und festgestellt, dass sie gegen jede Erwartung, genauso roch, wie eine Frau riechen musste. Er hatte sie für einen kurzen Moment anziehend gefunden, hatte sich jedoch schnell klar gemacht wer da vor ihm saß. Sam Raven, war für einen Mann wie ihn, ganz und gar NICHT anziehend.
„Hey du hast ja ewig gebraucht!“ sagte sie an ihn gewandt, während er seine Trainingstasche über seinen Kopf schmiss damit sie bequemer zum tragen war. Dazu trug er sein Sweatshirt und seine gammligen blauen Jeans, die schon einige Risse aufwies. Doch er liebte diese Jeans einfach, da zwickte nichts, da störte nichts.
„Schwachsinn, ich hab mich extra beeilt!“ entgegnete Kyle und legte seine Mütze über den Kopf, da es ziemlich windig war draußen. Um ehrlich zu sein, hatte er sich heute die Haare und den Körper sogar zwei mal eingeseift nur um Sam ein wenig zu ärgern. Er war sich zwar nicht sicher gewesen, dass sie tatsächlich auf ihn wartete, doch einfach zur Sicherheit, hatte er sich Zeit gelassen. Als er bei ihr ankam, setzte sie sich automatisch mit ihm in Bewegung.
„Das kann ich nicht glauben, dann brauchst du echt ziemlich lange!“ sagte Sam als Antwort auf seine Aussage und Kyle musste kurz überlegen, was sie meinte. Erst gestern hatte Dennis ihm vorgeworfen auf einmal sehr lange zu brauchen.
„Hä?“ fragte er und sah zu ihr hinab. Sie wirkte ziemlich klein und zerbrechlich und wenn man sie nicht kannte, dann ging man auch fest davon aus, dass sie das war. Stattdessen glich sie eher einem Pitbull, der bereit war über jeden herzufallen, der ihr auf die Nerven ging.
„Beim duschen? Sag mal wo bist du denn mit deinen Gedanken?“ fragte sie amüsiert und sah wieder nach vorne. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Kyle schüttelte den Kopf, was war denn heute mit ihm los?
„Ach ja, klar. Passt schon…“ entgegnete er und ärgerte sich kurz darauf über diese Antwort. Was war das denn für ein Schwachsinniger Satz?
„Geht’s dir nicht gut?“ fragte Sam ihn jetzt besorgt, denn er benahm sich vollkommen bescheuert.
„Nein, nein alles klar. Lass uns einfach das Thema wechseln!“ sagte er genervt. Sein Verhalten glich dem eines Verrückten. So als wäre er mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen und müsste jetzt mit den Nachwirkungen klar kommen. Der letzte Satz war vielleicht ein wenig schroff rüber gekommen, doch wollte er von seinen Gedanken abgelenkt werden, die ihn ein klein wenig irritiert hatten. Eigentlich war Sam ganz in Ordnung, klar sie war auch irgendwie ne Zicke und noch dazu irgendwie verrückt, aber was sollte er sich darum auch den Kopf zerbrechen. Das „verrückt sein“ traf ja in letzter Zeit auch auf ihn irgendwie zu.
Statt das Thema zu wechseln, senkte sich jetzt eine peinliche Stille über die beiden, die bisher noch niemals entstanden war. Irgendwie hatten die beiden immer gewusst worüber sie reden konnten, doch in diesem Moment hatte Kyle mit seiner Art das Gespräch beendet. Fieberhaft überlegte er was er sagen konnte, doch reden war eigentlich nie so wirklich sein Talent gewesen. Vor allem nicht mit Frauen, da hatte er im Grunde genommen immer was anderes im Sinn gehabt.
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Der Typ benahm sich ja noch seltsamer als sonst, oder bildete Sam sich das ein? Sie ging, immer wieder zu ihm rauf blickend, neben ihm her und vermied es etwas zu sagen, was ihm vielleicht missfiel. Auch er schien keinen Drang zu sprechen zu verspüren, denn er hatte sich die Kapuze über den Kopf gezogen und ging mit dem Blick nach vorne gewandt stetig weiter. Sam musste ein klein wenig eilen um mit ihm Schritt zu halten, doch das war schon immer so gewesen, da sie einfach kleiner als normal war. Wobei was war denn auch schon normal?
Kyle schien heute ein klein wenig neben der Spur zu sein, das stand fest. Doch Sam kannte ihn einfach zu schlecht um irgendwie zu sagen, was mit ihm nicht stimmte und so sagte sie sich selbst, dass sie es lassen sollte. Wenn er nicht begann zu sprechen, dann würde sie das auch nicht. Auch wenn die Stille zwischen den beiden doch sehr anstrengend war, so würde sie ihren Vorsatz nicht brechen. Auf gar keinen Fall!
„Also, ich habe letztens in der Zeitung gelesen, dass Kopfverletzungen dazu führen können, dass man nicht mehr man selbst ist. Man benimmt sich seltsam, redet viel Stuss…“ verdammt, keine zehn Sekunden hatte sie es ausgehalten.
Kyle sah sie entgeistert an. „Willst du mir damit sagen du hast dir den Kopf gestoßen?“ fragte er sie irritiert, doch Sam schüttelte den Kopf. Dieser Tölpel…nicht sie hatte sich den Kopf gestoßen, sondern offensichtlich ER!!
„Meinst du die Frage jetzt etwa ernst? Wer stammelt hier denn die ganze Zeit undurchschaubares Zeug?“ fragte sie ihn und verdrehte dabei die Augen. Dieser Typ war echt unglaublich.
„Ich weiß nicht wieso, aber ich habe das Gefühl, dass wir irgendwie die ganze Zeit aneinander vorbei reden…“ sagte Kyle und sah wieder nach vorne. Es waren ziemlich wenige Menschen auf den Straßen, wahrscheinlich aus dem selben Grund, weshalb wenige Leute auf dem Campus gewesen waren. Es waren Semesterferien und diese Stadt bestand zum größten Teil aus Studenten. Wenn diese also fast alle nach Hause fuhren, so war die Stadt jedes Mal wie leer gefegt. Nur diejenigen, die in den Semesterferien Jobs oder einfach Verpflichtungen hatten blieben in der Stadt.
„Irgendwie schon…“ murmelte Sam und dachte darüber nach, wie sie das ändern konnte. Außerdem durfte sie ihren Plan nicht vergessen.
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Laberte sie da einfach mal drauf los von Kopfverletzungen. Was genau hatte sie ihm damit jetzt eigentlich sagen wollen? Irgendwie schaffte er es nicht, sie zu durchschauen. Sie war so vollkommen anders, als alle anderen Frauen die er bisher kennengelernt hatte. Wie sollte man denn da wissen, was man sagen und tun durfte? Sagte er was falsches, war sie beleidigt. Sagte er das Richtige, das gefiel ihr aber nicht, war sie wieder beleidigt oder schlug einen sogar nieder. Sagte man gar nichts, erzählte sie einem etwas von Kopfverletzungen. Wenn man darauf reagierte, dann war sie schon wieder beleidigt. Von den Handlungen wollte er mal gar nicht anfangen zu sprechen, doch das Schema, das wäre das selbe. Vielleicht musste er mal von seinem Muster abweichen. Sam war keine normale Frau, also sollte er sich auch nicht so behandeln.
„Hast du schon mal Saw gesehen?“ fragte er sie, weil er die Stille beenden wollte. Jetzt war sie diejenige die ihn entgeistert anstarrte.
„Wie kommst du denn jetzt auf einmal auf diesen Film? Wir haben gerade noch darüber gesprochen, dass wir aneinander vorbei sprechen und du fängst mit Saw an? Nein ich habe Saw noch nicht gesehen, dieser Film ist absolut abartig.“ Sagte sie vehement und hielt dann kurz inne bevor sie „Nun ja, hab ich mir sagen lassen…“ hinzufügte.
Ok, sie interessierte sich also nicht für Psychotische Horrorfilme. Vielleicht war ja Action eher ihre Sparte.
„Ok, wie steht’s dann mit der Stirb Langsam Reihe?“ fragte er sie hoffnungsvoll. Bei diesen Worten blieb sie stehen.
„Was ist eigentlich los mit dir? Nein ich stehe nicht auf Actionfilme, stehst du vielleicht auf Dear John, oder Notebook?“ fragte sie ihn direkt. Hä, von was sprach die denn da?
„Siehst du. Ich bin eine Frau, ich mag vielleicht nicht unbedingt so rüber kommen, aber ich bin eine und ich stehe nicht sonderlich drauf, mich alleine in meine Wohnung zu setzen und mir Horrorfilme oder schwachsinnige Actionfilme anzusehen. Also, lass uns dieses Palaber jetzt endlich hinter uns bringen, denn langsam wird das anstrengend.“ Sagte Sam und, Kyle musste es nicht mal beschreiben, natürlich hatte sie ihre Standardhaltung eingenommen, die immer bedrohlich wirkte wenn er saß. Jetzt wo er stand, fand er sie eher niedlich.
Er hob abwehrend die Arme und sagte „Ok, ok. Ich wollte doch nur diese Stille füllen!“ und setzte sich wieder in Bewegung. Die Hälfte der Strecke hatten die beiden bereits geschafft, doch Kyle war schon fix und fertig. Noch niemals war der Heimweg so anstrengend gewesen.
„Außerdem versteh ich dich nicht. Zuerst würgst du mich vorhin ab, sagst wir sollen das Thema wechseln. Dann wechsle ich das Thema, doch es gefällt dir nicht. Stattdessen schwafelst du etwas von, wir reden aneinander vorbei…“
„Ja ist ja gut. Ich habs verstanden. Ich bin nicht so gut in diesen Dingen, ok?“ sagte Kyle und war, schon wieder, leicht genervt.
„In welchen Dingen? Im Sprechen?“ fragte Sam ihn verwirrt.
„Naja, im sprechen mit…“ er zeigte hilflos mit den Händen auf Sam. „Ja du weißt schon.“
„Du meinst im sprechen mit Frauen!“ sagte sie trocken und fügte dann hinzu. „Ich verstehe, die die du kennst beherrschen ja oftmals unsere Sprache nicht sonderlich!“
„Ha du bist auch nicht recht viel besser darin, mit mir ein Gespräch zu führen!“ entgegnete Kyle in klein wenig gekränkt.
„Was daran liegt, dass du dir generell einen Spaß mit mir erlaubst oder einfach von Dingen sprichst, die ich nicht verstehe! Ich komme im übrigen sehr gut zurecht mit Kerlen. Ich bin mit drei Brüdern aufgewachsen!“ Sam wandte ihren Blick nach vorne und erhöhte ihr Tempo, bis ihr einfiel, dass sie immer noch keinen Schritt voran gekommen war in dem was sie tun wollte.
„Ok, Ok. Ich hab schon verstanden. Ich bin das Problem!“ sagte Kyle. „Aber mal ganz ehrlich? Ich werde aus dir auch nicht unbedingt schlau!“
„Dann haben wir ja endlich eine Gemeinsamkeit gefunden!“ sagte Sam lächelnd. Diese Situation war aber auch zu seltsam. „Stimmt, da hast du recht…“ stimmte Kyle ihr zu und lächelte ebenfalls. Gestern war das bei weitem nicht so schwierig gewesen ein Gespräch mit ihr zu führen. Gestern hatten die beiden aber auch etwas zu tun gehabt, während sie jetzt nur gerade aus gehen mussten. Da fiel so etwas viel mehr auf.
„In Ordnung. Dann beginnen wir jetzt einfach noch mal von vorne, zum tausendsten Mal!“ sagte Sam und fragte Kyle dann „Und, was hast du heute noch so vor?“ Jetzt verstand Kyle auch, wie man ein Gespräch begann. Auf die Frage hätte er aber auch selbst kommen können. Er zuckte mit den Schultern und antwortete „Keine Ahnung, wahrscheinlich ein wenig ausruhen.“ Dann fügte er hinzu, weil er das Gespräch natürlich in Gang halten musste. „Und du?“ Und genau das war es, was Sam gebraucht hatte.
„Ach, naja…“ sie machte eine kurze theatralische Pause und atmete hörbar aus. „Ich hab noch so viel zu tun, wegen dem Umzug und so…Ich werde wahrscheinlich vor zwölf gar nicht ins Bett kommen.“
„Ach ja, was denn?“ fragte Kyle neugierig und sah einige hundert Meter entfernt bereits das Wohnhaus. Bald geschafft.
„Naja, Kisten auspacken, Regale aufstellen, so ein Kram halt!“ sagte Sam so beiläufig wie nur möglich.
„Soll ich dir vielleicht irgendwie helfen?“ fragte Kyle, weil er sich im Grunde sicher war, dass Sam „Nein“ sagen würde, doch da hatte er offensichtlich aufs falsche Pferd gesetzt, denn Sam antwortete „Oh mann, das wäre wirklich genial. Ich hab da so ein kleines Problem mit Schraubenzieher und Hammer…“ Er sah zu ihr hinunter, sah in ihre glänzenden Augen, die ihn vor Freude anstrahlten und so konnte er nicht anders als „Klar, ich komm gleich mit rauf.“ Zu antworten.
Sam versuchte ihr lächeln zu vertuschen und sagte „Danke, das ist wirklich wirklich nett von dir!!“ in ihrem Inneren jedoch dachte sie sich nur: STRIKE!!
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„Willst du mir nicht vielleicht mal zur Hand gehen, Sam?“ fragte Kyle, der gerade von einem widerspenstigen Brett von oben attackiert wurde. Dieses Regal war vollkommen idiotisch. Die Bauanleitung war auf Japanisch oder so und so musste er nur mit den Bildern arbeiten. Als die beiden die Wohnung betreten hatten, hatte Sam ihm gleich die Bretter und Holzgestänge gezeigt, die zum Schluss ein Regal ergeben mussten. So einfach und unschuldig hatte es ausgesehen, so dass Kyle gedacht hatte, er wäre hier in fünf Minuten fertig. Wäre er vermutlich auch, wenn Sam mal ihren Hintern hierher bewegen würde. Sie hingegen saß vor einem anderen Regal und räumte ihre Bücher ein! Und zwar akribisch nach Größe!
„Sofort, ich bin hier noch nicht fertig!“ entgegnete Sam und würdigte ihn keines Blickes. Erst jetzt fiel Kyle sein fataler Fehler auf: Sam hatte ihn ausgetrickst. Sie hatte genau gewusst was sie sagen musste um ihn hierher zu locken und ihn dazu zu bringen dieses Monsterteil aufzubauen. Sam war wirklich hinterlistig und er wollte sich am liebsten in den Hintern treten dafür, dass er sie nicht vorher durchschaut hatte. Sie war eine kleine unauffällige Person, die einen ohne Skrupel von hinten attackieren würde. Sam war BÖSE!!

14. Kapitel: „Sagen wir einfach wir sind quitt…“


Es war eindeutig nicht in Ordnung von Sam gewesen, Kyle so hinterlistig in ihre Wohnung zu locken und ihm dann nicht einmal zur Hand zu gehen. Das wusste sie ganz genau, doch das was sie vorher zu ihm gesagt hatte, nämlich dass sie nicht mit Hammer und Schraubenzieher umgehen konnte, stimmte tatsächlich. Sie mochte vielleicht sonst in sämtlichen Lebenslagen nicht wie eine Klischee Frau rüber kommen, doch dass sie handwerklich nicht begabt war, das war bewiesen. Einmal hatte sie sich den Daumen gebrochen, weil sie einen winzigen Nagel in die Wand hatte schlagen wollen um ihr O-Town Bild aufzuhängen. Zugegeben, das war mit vierzehn Jahren geschehen, doch sie bezweifelte ganz stark, dass sich an diesen Fähigkeiten etwas geändert hatte. Als sie auf der High School einmal im Werkunterricht eine Holzfigur schleifen sollte, hatte sie sich die ganze Hand blutig geschürft, am Holz hatte sich jedoch seltsamerweise nichts getan. Sie hatte also einfach nur kein Risiko eingehen wollen.
Jetzt wo sie Kyle jedoch zwischen den Brettern so dasitzen sah, eines würde ihm wohl jeden Moment auf den Kopf fallen, fragte sie sich jedoch dennoch, ob sie nicht vielleicht einfach jemand anderen hätte fragen sollen. Dieses Regal hatte sie im Internet bestellt und so war ihr nicht klar gewesen, dass die gesamte Beschreibung auf Japanisch war. Nun gut, sie hatte es zu dem Zeitpunkt, in welchem sie Kyle dazu überredet hatte ihr zu helfen, schon gewusst aber zu ihrer Verteidigung war zu sagen, dass sie wirklich nicht der Meinung gewesen war, dass er sich so schwer tun würde.
Im Moment versuchte sie noch äußerst beschäftigt zu wirken, doch sie wusste auch so, dass sie dieses Spiel nicht mehr lange spielen konnte. Als er eine geschlagene dreiviertel Stunde später immer noch nicht weiter gekommen war und sie gerade das letzte ihrer Bücher einordnete gab sie sich geschlagen und stand auf, um auf ihn zuzugehen. Ein bisschen was hatte er zwar zusammen geschraubt, doch dieses bisschen sah so unförmig und schief aus, dass sie stark daran zweifelte ob dies der Richtigkeit entsprach.
„Kann ich dir vielleicht irgendwie behilflich sein?“ zwang sie sich ihn zu fragen.
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Hatte sie ihn tatsächlich gerade gefragt, ob sie ihm irgendwie behilflich sein konnte? Hatte er nicht etwa, seit einer geschlagenen Stunde nach ihrer Hilfe gefragt und das in regelmäßigen Abständen?! Er sah langsam nach oben zu ihr, wo sie wieder mal wie der Captain einer Spezialeinheit da stand und das was er bisher geschafft hatte, kritisch beäugte! KRITISCH! Er räusperte sich erst einmal bevor er anfing zu sprechen, damit sie nicht noch auf die Idee käme er wäre irgendwie sauer, auch wenn er das voll und ganz war. So etwas war ihm noch nie in seinem ganzen Leben passiert. Er wurde hintergangen, ausgenutzt und zum Affen gemacht, von einer einzigen Person! Noch dazu eine Person, die wesentlich kleiner als er war und die dem weiblichen Geschlecht angehörte. Normalerweise war ER immer derjenige gewesen, der das mit den Frauen machte. Er musste dringend die Kontrolle in diesem Spiel zurück erobern!
„Ja das wäre nett!“ zwang er sich zu sagen und quetschte dann, auch wenn ihm ganz und gar nicht danach war, ein Lächeln heraus welches sie nicht einmal beachtete, denn sie ging sofort in die Knie und rüttelte an dem Regal. Er hörte es einmal knacken, dann wackelte das Regal verdächtig und schließlich fiel es in sich zusammen.
Hatte diese blöde Kuh etwa tatsächlich die Arbeit einer gesamten Stunde vernichtet???
„Uups…sorry.“ Sagte sie und lächelte ihn an, so als wäre das was eben geschehen war, keine verdammte Katastrophe.
Erneut räusperte er sich, atmete dann einmal beruhigend ein und aus und entgegnete schließlich.
„Ist doch kein Problem. Du konntest ja nichts dafür!“ UND OB SIE DAS KONNTE!
Am liebsten hätte er ihr das auch an den Kopf geschmissen, doch gerade eben hatte er ja beschlossen die Kontrolle zurück zu gewinnen und die würde er nur bekommen, wenn sie in ihm den charmanten jungen Mann sah, den die anderen Frauen auch immer in ihm sahen. Keinesfalls war es sein Ziel bei Sam irgendwie im Bett zu landen! Denn abgesehen von der Tatsache, dass er sie in keinster Weise anziehend fand (den kurzen Augenblick vor etwa zwei Stunden mal vollkommen außer Acht lassend) so war er sich sicher, sollte er auch nur eine kleine Andeutung in diese Richtung machen, so würde er schneller hier rausfliegen als er Amen sagen konnte. Und dass sie ihn vorher noch verprügeln würde, konnte er nicht ausschließen.
Aber er musste zugeben, dass er Sam sehr interessant fand und schließlich war sie ja auch immer noch die Person, die die Artikel über ihn verfassen sollte. Mal ganz abgesehen von dem Portrait, bei dem er immer noch nicht so recht wusste, ob er das überhaupt wollte.
„Schauen wir uns doch die Beschreibung noch einmal genauer an!“ sagte Sam und beugte sich über seine Beine um an die, etwas zerknitterte, Anleitung zu kommen. Er lehnte sich ein wenig zurück, damit sie dabei nicht noch mit ihm kollidierte. Vor allem jedoch, weil er ihr keinesfalls zu nah kommen wollte. Sie strich sie ihre Haare hinters Ohr, die ihr ins Gesicht fielen und ergatterte schließlich die Anleitung, legte sie ungefähr fünf Zentimeter von seinem linken Bein entfernt auf den Boden und beugte sich anschließend darüber. Mit der rechten Hand, fuhr sie über das Blatt, so als verstünde sie dann besser was da stand, mit der linken hingegen, hinderte sie ihre Haare daran ihr erneut ins Gesicht zu fallen. Kyle nutzte die Zeit, die sich Sam nahm um sich ein Bild von der Situation zu machen, um sie genauer zu betrachten.
Sie war wirklich ziemlich klein und noch dazu sehr schmal gebaut. Wahrscheinlich existierte an ihr kein Gramm Fett, oder wenn doch, dann wusste er nicht an welcher Stelle. Selbst ihre Brüste waren zu klein um als solche durchzugehen! Wie groß war sie wohl? Einen Meter fünfzig? Er konnte so was immer ganz schwer einschätzen, da er mit seinen etwas mehr als 1,80 den Rest immer sehr gut überragte. Naja die Mädchen zumindest. Ihre Hände waren ebenfalls winzig und leichte blaue Äderchen waren, jetzt da sie mit der Hand über das Blatt fuhr, zu erkennen. Sie wirkte so schwach und so unschuldig.
„Also, du nimmst jetzt den Schraubenzieher und schraubst dieses Teil genau hier an! Ich halte solange das Brett damit es nicht verrutscht!“ sagte sie plötzlich und sofort zerfiel das Bild von ihr, welches er einige Sekunden zuvor noch gehabt hatte, in sich zusammen. Sie hielt ihm bereits den Schraubenzieher mit einer Schraube und das „Teil“ vor die Nase, während sie ihn selber gar nicht ansah. Stattdessen war ihr Blick immer noch auf das Blatt gerichtet.
„Jawohl Sir!“ murmelte er und nahm den Schraubenzieher und das Brett stöhnend entgegen.
„Hast du was gesagt?“ fragte sie und richtete ihren Blick schließlich doch endlich auf ihn. Ihre Augen wirkten ebenfalls unschuldig, schwach jedoch nicht mehr. Es war eine Entschlossenheit darin zu sehen, die er ziemlich beeindruckend fand. Auch zeigte das warme Braun, dass Sam auch noch eine andere Seite hatte. Die hatte er selber nur noch nicht entdeckt.
„Nein nein. Studier du nur weiter das Blatt, ich mach mich mal an die Arbeit!“ und schon stand er auf und streifte dabei ihren Arm, den sie auf dem Boden abgestützt hatte. Sie gesellte sich kurze Zeit später zu ihm und tatsächlich schafften sie es, ohne größere Schwierigkeiten, das Teil dort anzubringen, wo es Sam ihrer Ansicht nach auch hingehörte.
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„Ich sags dir. Die waren alle total besoffen! Jenniffer hat sich an mich ran geschmissen, als gäbe es kein Morgen mehr!“ sagte Kyle und hob abwehrend die Arme, während Sam sich bei dieser Vorstellung schlapp lachte. Kyle hatte ihr vorhin sehr genau erklärt, was Jenniffer mit ihm gemacht hatte und was er zu ihr gesagt hatte. Die Vorstellung, Kyle Thompson wäre von einer Frau überwältigt worden und hätte sich zunächst nicht getraut sich zu wehren, gekoppelt mit der Tatsache, dass ausnahmsweise nicht ER derjenige gewesen war, der vollkommen betrunken gewesen war, waren einfach zu komisch. Vielleicht lag es auch an den paar Bieren, die sie spendiert hatte, da Kyle wirklich bis zum letzten Nagel an diesem Regal gestanden und es zusammen gebaut hatte.
„Ach komm schon! Sag mir nicht, du hättest das nicht auch irgendwie genossen!“ sagte Sam und stand auf um die leeren Flaschen zu entsorgen und neue zu holen.
„Normalerweise würde ich dir wirklich zustimmen, doch ich sags dir. Die Frau ist mir einfach nur auf die Nerven gegangen!“ sagte Kyle und nahm das Bier dankend entgegen. So schwer es heute Nachmittag auch gewesen war sich mit ihm zu unterhalten, so leicht fiel es den beiden in diesem Moment. Vor kurzem hatten sie sich eine Pizza bestellt, da ihr Magen knurrte und auch diese war Sam gewillt zu bezahlen, denn schließlich hatte Kyle ihr wirklich sehr geholfen. Auch wenn sie dies ihm gegenüber niemals zugeben würde!
„Kann ich mir fast nicht vorstellen, aber wenn du das sagst dann glaube ich dir das einfach mal!“ sagte Sam und ließ sich auf ihrem Sofa nieder. Kyle saß in dem Sessel, in welchem er auch die letzten Male gesessen hatte und irgendwie irritierte es Sam, wie gut er hier in ihre Wohnung hineinpasste. Als es an der Tür klingelte sprang sie auf.
„Na endlich! Ich bin schon halb am verhungern!“ sagte sie und ging auf ihren Geldbeutel zu, der auf der Kommode gleich neben der Tür lag. Sie ließ ihn jedoch liegen und öffnete erst einmal die Tür und als sie Wayne, den Pizzaboten, sah lächelte sie.
„Wayne, wie immer bist du der einzige den ich in diesem Moment sehen möchte!“ sagte sie freudestrahlend und drehte sich um, um ihren Geldbeutel zu holen. Gerade eben wollte sie ihn öffnen, als Kyle in ihr von hinten wegnahm und sagte
„Die Pizza geht auf mich. Du hast das Bier bezahlt!“
Kurz sah sie ihn ziemlich verwirrt an, bevor sie ihren Geldbeutel aus seiner Hand nahm und erwiderte.
„Ach was, ich bezahl sie. Du hast mir mit dem Regal geholfen, da ist das das Mindeste!“
Kyle hingegen schien nicht überzeugt und nahm ihr den Geldbeutel erneut aus der Hand, hielt ihn dann über seinen Kopf damit sie nicht mehr dran kam.
„Ich sagte doch, ich bezahl sie. Jetzt lass dich einfach einladen und hör auf dich zu beschweren. Wie viel macht das?“ fragte er mit einem Kopfnicken in Waynes Richtung, der verdattert in der Tür stand und das Geschehnis zwischen den beiden beobachtet hatte.
„Ähm, 15 Dollar!“ sagte Wayne und übergab Sam, die nicht sehr begeistert zu sein schien, ihre Pizza.
„Hier, den Rest kannst du behalten und schönen Abend noch!“ sagte Kyle und schloss anschließend die Tür, während Sam sich mit der Pizza bereits ins Wohnzimmer begab.
„Ich sagte doch, ich hätte die Pizza schon zahlen können!“ beschwerte sich Sam, während Kyle die Augen verdrehte und ihr ins Wohnzimmer folgte.
„Und ich sagte doch, dass du bereits das Bier gezahlt hast. Was ist dein Problem?“ fragte Kyle sie und ließ sich wieder auf dem Sessel nieder. Sam holte in der Zwischenzeit Teller und Servietten, schaltete anschließend den Fernseher ein und setzte sich dann um den Karton besser öffnen zu können. Der köstliche Duft von geschmolzenem Käse stieg ihr in die Nase und sie hörte ihren Magen knurren.
„Ich habe gar kein Problem…“ entgegnete sie und nahm sich währenddessen ein Stück. „Ich meinte nur, dass du mir geholfen hast und dafür wollte ich dich ein klein wenig entschädigen!“ dann biss sie genüsslich in ihr Stück hinein. Kyle beobachtete sie fasziniert. Normalerweise hatten Frauen in seiner Nähe sich immer darum bemüht besonders elegant zu wirken. Außer seiner Schwester, hatte er noch nie eine so genüsslich essen sehen. Sam schlang ja beinahe schon.
„Sagen wir einfach wir sind quitt, in Ordnung? Du bist mir also nichts schuldig…“ sagte er und nahm sich ebenfalls ein Stück. Sam hingegen hielt jetzt in ihrer Bewegung inne.
„Wieso sagst du das?“ fragte sie ihn skeptisch. Kyle stöhnte auf und legte sein Stück wieder hin, dann wandte er seinen Körper in ihre Richtung.
„Mann Sam, werd mal locker. Ich habe dir meine Hilfe freiwillig angeboten, auch wenn du miese Tricks benutzt hast um diese Hilfe zu bekommen, dass sollten wir beide uns eingestehen. Wie dem auch sei, ich bin drauf reingefallen und hab dir meine Hilfe angeboten, du hast sie angenommen, fertig. Du bist mir dafür nichts schuldig. Ich weiß doch, wie sehr es dir widerspricht irgendjemandem etwas schuldig zu sein! Also iss die Pizza, trink dein Bier und lass diese Diskussion endlich sein!“ dann nahm er sein Stück wieder in die Hand und biss nun endlich ebenfalls ab.
Wie recht Kyle hatte, konnte er jedoch nicht einmal erahnen. Denn Sam hasste es wirklich, jemandem etwas schuldig zu sein. Vor einiger Zeit, sie war in ihrem letzten Jahr auf der High School gewesen, hatte ein Typ ihr geholfen. Sie hatte die Hilfe dankend angenommen. Doch er hatte dafür eine Gegenleistung gefordert die sie nicht hatte geben wollen. Nie wieder sollte ihr so etwas passieren. Sie versuchte ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken und beschloss, auf neutrales Terrain umzusiedeln. Ein Terrain, bei dem nicht die Gefahr bestand, dass sie zu viel von sich preisgab.
„Hey, wie lange sind wir eigentlich nach Elbourne unterwegs?“ fragte Sam Kyle. Sie hasste Busfahrten, da ihr meistens ziemlich schlecht dabei wurde und hoffte, dass es nicht allzu lange dauern würde und sie sich damit eine weitere peinliche Vorstellung bei den Jungs ersparen konnte.
Kyle zuckte mit den Schultern.
„Kommt auf den Verkehr drauf an. In der Regel fahren wir jedoch um die fünf Stunden mit Pausen!“ sagte er und sah weiter auf den Fernseher, wo sie gerade irgendeinen Film spielten, in dem es um kämpfende Roboter ging.
„Fünf Stunden?“ fragte sie entgeistert. Da müsste sie definitiv vorsorgen und sich noch ein paar Pillen gegen die Übelkeit besorgen.
„Und wenn wir dann dort sind, was machen wir dann solange? Ich meine wir sind beinahe drei Tage dort.“ fragte Sam Kyle weiter. Sie hatte es sich schon beim Training gedacht. Was zum Teufel wollten die Jungs denn bitte drei Tage lang dort machen? Klar verstand sie, dass die Mannschaft sich nach fünf Stunden Busfahrt erstmal ausruhen musste, doch wieso fuhren sie nicht direkt nach dem Spiel wieder zurück?
„Wenn wir dort ankommen beziehen wir unsere Zimmer und trainieren dann anschließend. Am Abend ist es verboten noch irgendwo in der Stadt herum zu geistern und so gehen wir in der Regel sehr früh schlafen. Am nächsten Tag gibt’s dann noch mal ein kurzes Lauftraining, am Nachmittag findet das Spiel statt. Der Trainer hat mit der Mannschaft ein Ritual. Immer wenn wir ein Spiel gewinnen, schleppt er uns alle in eine Bar der Stadt, dort feiern wir alle noch ein wenig, bevor es dann am nächsten Tag in der Früh wieder nach hause geht.“ Antwortete Kyle ohne Umschweife.
Nun gut, dann musste Sam eben ihren Artikel im Hotel fertig schreiben. Vielleicht war das auch die passende Gelegenheit endlich mit den Jungs näher in Kontakt zu kommen. Bisher hatte sie außer mit Goalie und Kyle mit keinem der Spieler ein längeres Gespräch geführt, doch wäre das nötig um endlich ein Schema für ihre Portraits zu entwickeln. In knapp einer Woche musste sie dann mit ihren Interviews beginnen, damit sie im Zeitplan blieb.
„Na das klingt doch ganz ok. Bin gespannt auf den nächsten Artikel und wie ich den hinbekomme…“ murmelte Sam und sah auf den Fernseher.
„Wenn das wieder ein Trick sein soll, damit ich dir helfe, dann vergiss es. Ich lass mich von dir nicht mehr einlullen!“ sagte Kyle vehement.
„Trick?“ fragte Sam unschuldig, doch sie wusste schon jetzt, dass Kyle sie durchschaut hatte.
„Spiel keine Spielchen mehr mit mir Sam. Ich kann dich ganz gut leiden, dass kann jedoch auch schnell ins Gegenteil umschwanken!“ sagte Kyle und betrachtete sie eindringlich.
„Ich spiele keine Spielchen. Du bist derjenige von uns beiden, der hier immer seine Spielchen spielt. Ich schlage nur mit meinen eigenen Waffen zurück!“ sagte Sam empört. Noch niemals hatte ein Mann ihr unterstellt, sie würde mit ihm Spielchen spielen. Klar, sie hatte ein zwei Mal seitdem sie Kyle kannte ihre Waffen eingesetzt, und Ja, sie hatte ihre Spielchen gespielt, doch noch niemals hatte sie ein Kerl dabei durchschaut! Außerdem war Kyle auch nicht ohne, schließlich hatte er sie desöfteren provoziert, so dass sie darauf irgendwie hatte reagieren müssen. Er war der Teufel hier!
„Mir kann man nicht so einfach was vormachen! Wenn du meine Hilfe brauchst, dann sag es einfach. Noch mal falle ich jedenfalls nicht auf dich rein, damit das klar ist!“ entgegnete Kyle und lächelte dabei jedoch. „Obwohl ich sagen muss, ich habe dich unterschätzt!“ fügte er dann hinzu.
„Tja, das war dein Fehler. Sam Raven sollte man niemals unterschätzen, denn ich bin immer für eine Überraschung gut!“ erwiderte Sam und nahm einen tiefen Schluck von ihrem Bier.
‚Das glaube ich dir aufs Wort!’ dachte sich Kyle und sah Sam dabei zu, wie sich noch ein Stück Pizza nahm.
Er wusste wirklich nicht weshalb und erklären konnte er es auch nicht, aber aus irgendeinem Grund war er bereits seit drei Stunden mit Sam in ihrer Wohnung und genoss die Zeit. Sie verging wie im Flug, wie beim letzten Mal auch schon und er hatte in keinster Weise das Bedürfnis in seine eigene Wohnung zu gehen, die unten auf ihn wartete. Trotzdem wusste er, dass er bei Sam vorsichtig sein musste: So schnell wie sie, hatte ihn noch keine Dame um den Finger gewickelt und hinters Licht geführt.

15. Kapitel: „Ich könnte mich daran gewöhnen…“


Oh Gott war ihr schlecht. Sam saß mit den anderen zwanzig Jungs der Fußballmannschaft plus dem Trainer in einem Bus in Richtung Elbourne wo das Spiel gegen die dortige Collegemannschaft stattfinden würde. Eigentlich hatte sie sich ja mit allem eingedeckt, was man zum Busfahren brauchte, nur an eine Tüte hatte sie nicht gedacht. Doch genau diese bräuchte sie ganz dringend, denn sie hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen. Seit zwei Stunden saßen sie jetzt im Bus und Sam hatte kein Wort gesprochen. Seit zwei Stunden versuchte sie sich auf etwas anderes als die Übelkeit in ihrem Magen zu konzentrieren.
Sie hatte sich dummerweise einen Platz ziemlich weit hinten gesucht, naja wohl eher in der Mitte. Doch es wäre ihr zu peinlich jetzt aufzustehen und sich nach vorne zu setzten, wo Kevin und Maver saßen und sie dann darum zu bitten Platz zu machen, weil ihr übel war.
„Hey Sam, alles in Ordnung mit dir?“ hörte sie eine tiefe Stimme fragen und zwang sich nach oben zu schauen. Neben ihrem freien Nachbarssitz stand Goalie und sah sie besorgt an.
„J…Ja, klar. Alles super!“ antwortete Sam und vermied es ihn zu lange anzusehen. Nur kleinen Kindern wurde schlecht in Bussen und Sam war kein kleines Kind mehr.
„Du siehst aber ziemlich blass aus!“ sagte Goalie weiterhin besorgt.
„Alles in Ordnung, echt!“ sagte Sam und hielt sich dann die Hand vor den Mund. Gleich wäre es soweit und sie würde sich erneut vor der gesamten Mannschaft blamieren.
„Coach, vielleicht sollten wir eine Pause machen? Sam geht’s nicht gut!“ rief Goalie nach vorne. Sam hätte im Erdboden versinken können, war Goalie jedoch gleichzeitig sehr dankbar für seine Hilfe.
„Was hat sie denn?“ rief der Coach nach hinten, tauchte jedoch einige Sekunden später selbst neben ihr auf. „Ihr ist wahrscheinlich schlecht, zumindest schaut sie so aus!“ sagte Goalie, als wäre Sam gar nicht da.
„Ok, wir steuern den nächsten Parkplatz an. Meinst du du hältst so lange durch, Sam?“ fragte der Coach besorgt. „Klar!“ sagte Sam, bewegte sich jedoch nicht unnötig.
„Hat jemand ne Kotztüte dabei, nur für den Fall?“ rief der Coach durch den gesamten Bus. „Ja ich…“ rief einer der Spieler den Sam nicht zuordnen konnte.
„Warte sie bekommt die hier! Simmons du brauchst die vermutlich noch selbst!“ hörte sie eine Stimme, die ihr wiederum sehr bekannt vor kam. ‚Oh bitte nicht…’ dachte sich Sam doch es war zu spät. Jetzt stand auch noch Kyle neben ihr und reichte ihr eine Tüte. Sie sah langsam nach oben und bemerkte, dass er anstatt eines amüsierten einen eher besorgten Blick hatte und so nahm sie die Tüte dankend entgegen. Ein Lächeln jedoch, schaffte sie nicht aufzubringen.
„Ich bleib hier neben ihr, bis wir beim Parkplatz ankommen!“ sagte Kyle plötzlich und offensichtlich bemerkten weder der Coach noch Goalie, Sams Kopfschütteln, denn sie entfernten sich nach ein paar weiteren Worten wieder.
„Kyle verschwinde. Ich meine es ernst! Das könnte echt eklig werden…“ sagte Sam schwach und versuchte ihren Drang, den Magen zu entleeren, zu widerstehen.
„Ach komm. Ich habe eine kleine Schwester, ich habe so was schon Tausende Male gesehen. Warum hast du denn nicht gesagt, dass es dir schlecht geht?“ fragte er sie und sie sah, dass er tatsächlich besorgt war und dass es ihm tatsächlich nichts auszumachen schien, wenn sie jeden Moment loskotzte. Statt auf seine Frage zu antworten, lehnte sie ihren Kopf hinten an und schloss die Augen. Ihr gesamter Körper drehte sich, zumindest kam es ihr so vor. Sie nahm neben sich eine Bewegung war und spürte kurze Zeit später, wie Kyle sie zu sich zog, damit sie ihren Kopf an seine Schulter lehnte. Sie wollte es nicht zugeben und sie wollte auch nicht ruhiger werden, doch sie musste es. Denn diese Position war so viel bequemer und sofort schien es ihr ein wenig besser zu gehen. Sie ließ die Augen geschlossen und konzentrierte sich auf ihren Atem und schon bald verfiel sie in einen Dämmerzustand, in welchem sie sich endlich besser fühlte.
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Dieses Mädchen war wirklich unglaublich! Seit Stunden quälte sie sich mit der Übelkeit herum und traute sich nicht, irgendwas zu sagen. Kyle wusste genau wie es ihr ging, denn auch er hatte Anfangs Probleme damit gehabt. Heute noch, hatten einige der Spieler dasselbe Leiden und so wusste der Coach eigentlich immer, dass mit Verzögerungen zu rechnen war. Eigentlich hatte Kyle geglaubt, dass das Verhältnis zwischen ihm und Sam besser geworden war und, dass sie an einem Punkt angelangt waren, bei welchem Sam ihm gesagt hätte, dass es ihr schlecht ging doch offenbar war er vollkommen daneben gelegen.
Als er in den Bus gestiegen war, hatte er sich einen Platz in der hinteren Hälfte des Busses gesucht. Sam hatte sich noch von ihrer Freundin verabschiedet, die beide hergebracht hatte und als sie eingestiegen war, hatte sie sich einige Reihen vor ihn gesetzt. Einerseits war er ja wirklich froh darüber, seine Ruhe zu haben während der Fahrt, doch andererseits, hatte es ihn ein wenig gewurmt, dass sie vor den anderen immer so tat, als würde sie ihn nicht kennen.
Er sah zur Seite auf das Häufchen Elend, dass an seiner Schulter schlief und lächelte. Er hatte sie mehr aus Instinkt heraus an sich gezogen, hatte jedoch eigentlich mit einem gezielten Schlag in die Rippen gerechnet. Stattdessen hatte sie ihre Augen geschlossen gelassen und war kurze Zeit später in eine Art Halbschlaf gefallen. Es fühlte sich irgendwie gut an eine Frau an seiner Schulter liegen zu haben, die mal nicht mit ihm im Bett gewesen und dann plötzlich auf Kuschelkurs war. Wirklich angenehm.
„Alter, wie geht’s ihr?“ fragte Goalie und setzte sich auf die Sitze gegenüber von Kyle und Sam.
„Keine Ahnung, ich glaube sie schläft jetzt…“ sagte Kyle und er fragte sich wie lange es dauern konnte, einen Parkplatz zu finden.
„Zumindest hat sie die Tüte nicht gebraucht!“ sagte Goalie lächelnd und sah Sam gleichzeitig an. Kyle hatte das seltsame Gefühl, dass Goalie vielleicht etwas von Sam wollen könnte, denn er bemühte sich, seitdem er sie kennengelernt hatte, sehr stark um sie. Er setzte sich für sie ein und begann regelmäßig Gespräche mit ihr. Doch Kyle hütete sich davor, irgendwas zu sagen.
„Frag mal den Coach bitte, wann wir endlich halten? Sie braucht frische Luft!“ sagte Kyle und machte eine Kopfbewegung nach vorne.
„Ich glaube, das was sie braucht hat sie im Moment!“ sagte Goalie und sah immer noch Sam an. Kyles Herzschlag setzte einen Moment aus. Was meinte Goalie damit?
„Der Schlaf wird ihr gut tun!“ fügte Goalie hinzu und Kyle entspannte sich wieder. Natürlich hatte Goalie den Schlaf gemeint und nicht Kyle. Wie kam er nur auf solche Schnappsideen?
„Ja da hast du vermutlich auch wieder Recht.“ Murmelte Kyle und sah jetzt ebenfalls zu Sam. Sie wirkte so friedlich wenn sie schlief, so als könne sie keinem Menschen etwas zu Leide tun. So als wäre sie die liebenswürdigste Person der Welt. Doch der Schein trügte, denn Kyle wusste genau was sich hinter dieser Maske befand. Er musste sich jedoch eingestehen, dass wenn er sie so an seine Schulter gelehnt sah, er gar nicht mehr genau wusste, weshalb er der festen Überzeugung war, er müsse sich vor ihr in Acht nehmen.
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„So jetzt setz dich am besten gleich hier vorne hin, ich räume dann mal meinen Platz!“ sagte der Coach einfühlsam. Der Mann war ja richtig nett, wenn er nicht gerade wütend auf seine Spieler war, das musste Sam zugeben. Sie hatte sich nach dem kleinen Nickerchen beinahe wie neu geboren gefühlt, doch der Coach wollte kein Risiko eingehen und hatte gesagt, sie solle sich nach der kleinen Pause lieber nach vorne setzen, so wie immer die kleinen Kinder, wenn ihnen übel wurde im Bus. Doch Sam war ihm äußerst dankbar und sagte „Danke, das ist wirklich nett!“
„Kein Problem Sam. Und versprich mit bitte, beim nächsten Mal etwas zu sagen!“ er legte ihr die Hand kurz auf die Schulter und lächelte sie an, bevor er seinen Blick im Bus umherschweifen ließ.
„Thompson, bleibst du bei Sam?“ rief der Coach und Sams Magen verzog sich wieder. Dass Kyle wegen ihr jetzt zurück stecken musste, war das letzte was sie wollte.
„Klar kein Problem!“ sagte Kyle und machte sich auf den Weg nach vorne.
„Ich kann mich auch zu ihr setzen, wenn du willst!“ sagte Goalie zu seinem Kumpel doch dieser erwiderte „Ich sagte doch, kein Problem!“ Goalie verzog keine Miene und sagte „Ok, alles klar!“ und wandte sich dann ab. Irgendwie erschien es Sam jedoch so, als wäre da eine leichte Spannung zwischen den beiden.
Als Kyle bei ihr vorne ankam sagte sie sofort „Du musst das nicht tun. Hier vorne geht’s bestimmt besser!“ doch Kyle schien ihr gar nicht zuzuhören sondern setzte sich neben sie auf den Platz und blickte nach vorne.
„Wieso glaubt nur jeder, wenn ich Kein Problem sage, dass ich es nicht so meine?“ fragte er ein klein wenig angepisst. Daraufhin entschloss sich Sam einfach ihren Mund zu halten.
Es war ihr schon ein wenig peinlich gewesen, als sie aufgewacht war und entdeckt hatte, dass sie an Kyles Schulter eingeschlafen war. Er hatte sie geweckt, weil sie einen Rastplatz gefunden hatten und so hatte sie sich bei ihm bedankt und sich dann schnell aus dem Staub gemacht. Wenn man es so betrachtete, war Kyle also eigentlich tatsächlich ganz in Ordnung. Es war auch wirklich nett von ihm gewesen die Pizza für beide zu bezahlen, obwohl sie ihn doch eigentlich reingelegt hatte und in ihre Wohnung gelockt hatte. Das Bier und die Pizza hätten als Dankeschön dienen sollen, doch da Kyle so sehr darauf bestanden hatte, hatte sie sich nicht weiter mit ihm streiten wollen. Es war irgendwie so einfach seine Zeit mit diesem Schönling zu verbringen und das schockierte sie irgendwie, denn eigentlich hatte sie sich ja vor einigen Jahren geschworen diesen Typen aus dem Weg zu gehen.
„Geht’s dir besser?“ fragte Kyle sie nach einigen Minuten des Schweigens und blickte sie an.
„Ja, es geht tatsächlich besser!“ antwortete Sam. „Das kleine Nickerchen hat wirklich gut getan!“ sagte sie und lächelte ihn an.
„Das war übrigens eine Premiere!“ sagte Kyle und setzte dieses Lächeln auf, welches nichts gutes bedeutete.
„Was meinst du?“ fragte Sam ihn skeptisch.
„Du bist die erste die auf mir geschlafen hat, ohne vorher Bettspielchen mit mir zu spielen!“ sagte Kyle, sein Lächeln war noch breiter. Das hätte sie sich doch gleich denken können, dass solch ein Spruch kam. Warum nur hatte sie nicht damit gerechnet?
„Nun ja, ich werde vermutlich auch die einzige bleiben betrachtet man deine Statistik!“ sagte sie schlagfertig und lächelte ebenfalls. Mit keinem Typen hatte sie vorher so gesprochen, es war also für beide irgendwie eine Premiere!
„Na mal sehen, ich könnte mich daran gewöhnen!“ konterte Kyle und sah sie verschmitzt an. Doch sie würde ihm nicht mehr in die Falle gehen und so entgegnete sie „Ob sich dafür jetzt noch jemand finden lässt, ist nur noch die Frage!“ Kyle lachte auf und antwortete „Da habe ich eigentlich keine Zweifel!“
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Es war so einfach sich mit Sam über irgendeinen Unsinn zu unterhalten. Zum einen, weil sie nicht sofort beleidigt davon zischte, zum anderen weil sie wirklich schlagfertige Antworten drauf hatte, die ihn zum lachen brachten. Eine ganze Stunde unterhielten sie sich über jeden Blödsinn und die Blässe in ihrem Gesicht verschwand mit jeder Minute mehr.
„Über was lacht ihr?“ hörte er jetzt Simmons hinter ihm sagen und er drehte sich um.
„Ach über dies und jenes!“ sagte Kyle, weil er nicht wollte, dass Simmons erfuhr, dass sie gerade über den Vorfall in der Umkleide gesprochen hatte, bei welchem Sam ihn niedergeschlagen hatte. Es war seltsam, dass zwischen heute und dem Tag nur ein paar Tage lagen. Es hatte sich definitiv einiges geändert. Als die Jungs merkten, dass irgendwie die Party jetzt ganz vorne stattfand gesellten sich nach und nach immer mehr Spieler zu ihnen und bald entbrannte eine heftige Diskussion, in welche Bar der Coach die Spieler am morgigen Tag wohl einladen würde und was für Frauen dort zu finden wären. Der Coach selber schlief im hinteren Teil des Busses und bekam nichts von den Plänen seiner Männer mit.
Kyle hörte seinen Freunden zu, gab jedoch selber keine Kommentare von sich, denn immer noch hatte er keine Lust, sich einfach mal auf einen One Night Stand einzulassen, der ja doch zu nichts führte.
Er blickte zu Sam hinüber, die sich so selbstverständlich in die Diskussion mit einbrachte, dass es ihn überraschte wie gut sie in diese Mannschaft passte. Gerade schmiedeten die Jungs mit ihr den Plan, sie als Lockvogel einzusetzen.
„Sorry Jungs, aber komme nicht sehr gut an bei Frauen. Auch nicht bei Männern, wenn ich darüber nachdenke…“ sie legte den Finger an ihre Lippe und schien nachzudenken. „Wenn ich es mir recht überlege, komme ich im Allgemeinen nicht sehr gut bei meinen Mitmenschen an …“ daraufhin entbrannte eine neue heiße Diskussion darüber was mit Sam nur nicht stimmte. Sie brachte bei dieser die besten Argumente, auch wenn Kyle nicht alle teilen konnte.
„Jetzt hast du ja uns…“ hörte er seinen Teamkollegen Maver sagen, der ziemlich begeistert von Sams spontanen Aussagen zu sein schien.
„Ja einen Haufen von Typen, die zu den begehrtesten des ganzen Colleges gehören. Damit weiß ich ehrlich gesagt nichts anzufangen!“ sagte Sam und lachte, während auch einige der Jungs mit einstimmten.
Noch niemals hatte es eine Frau, die offensichtlich nicht dem Beuteschema der Jungs entsprach, geschafft diese so sehr zu unterhalten und auf einer Wellenlänge zu sein. Dafür musste Kyle sie wirklich bewundern. Irgendwas hatte Sam, dass die Jungs dazu brachte ganz natürlich zu sein und sich nicht die ganze Zeit darauf zu konzentrieren, das Richtige zu sagen. Sam war einfach wie ein guter Kumpel, mit dem man Schwachsinn labern konnte ohne sich danach zu fragen, was sie jetzt von einem hielt. Nach so kurzer Zeit und trotz anfänglicher Schwierigkeiten, befand sie sich inmitten dieses Haufens, mit dem sie doch eigentlich nichts anfangen konnte, und hatte Spaß. Endlich war sie aus sich herausgekommen und endlich war sie lockerer denn jetzt konnte der Spaß endlich beginnen

16. Kapitel: „Bin ich wirklich so übel, oder wie…“


Als Sam alleine in ihrem Hotelzimmer saß, welches sie erhalten hatte, begann sie darüber nachzudenken, was während der Busfahrt so geschehen war. Sie schmiss sich zunächst auf ihr Bett und schloss dann die Augen, sah genau Kyles grünen Augen vor sich und wie diese sie besorgt angesehen hatten. Sie spürte direkt schon seine Berührung an ihrer Schulter, als er sie an die seine gezogen hatte und sie spürte die Wärme die sich in ihr breit gemacht hatte, nachdem sie die Augen geschlossen hatte und es ihr endlich ein wenig besser gegangen war. Sie fragte sich nur, weshalb Kyle das alles tat? Er wollte sie ja wohl kaum ins Bett bekommen, soviel stand fest, aber wieso dann? Bisher hatte sie von allen Frauen, mit denen sie irgendwie gesprochen hatte, nur schlechtes über ihn gehört, doch ihr gegenüber war er wirklich nicht gerade übel gewesen. Da kam das Warum wieder zurück. Sie musste sich wohl oder übel noch weiter gedulden bis sie herausfand, was genau in dem Kopf dieses Mannes vor sich ging.
Sie konnte eigentlich solche Typen noch niemals wirklich leiden. Schönlinge, zu sehr von sich selbst überzeugt. Nein, mit sowas konnte sie nichts mehr anfangen.
In der High School hatte sie zwar immer zu den Mädchen gehört, die sich in der Bibliothek rumtummelten, doch war sie noch niemals schlecht anzusehen gewesen. Sie hatte einfach nur nichts mit dem ganzen Trara ums Teenager Dasein am Hut gehabt. Sie hatte sogar noch etwas aus sich gemacht, hatte sich zumindest ein wenig geschminkt und darauf geachtet, was sie anzog. Dann war sie Logan begegnet und innerhalb von nur ein paar Wochen hatte sich alles verändert und sie war am Ende mit einer Vorstrafe dagestanden. Ja Logan hatte ihr das Leben zur Hölle gemacht und Logan war auch einer von diesen Kerlen gewesen, die eigentlich jede hätten haben können. Doch irgendwas hatte in seinem Kopf offenscheinig nicht gestimmt. Er war nicht einmal mehr Schüler an der High School gewesen, während sie erst die 11. Klasse besucht hatte. Nein sie hatte noch nie jemanden geküsst, doch sie war geküsst worden und dies hatte zur Katastrophe geführt.
„Sam?? Bist du da?“ jemand klopfte an die Tür und sie hörte wie jemand erneut mit der Faust dagegen hämmerte und rief. Wie lange das schon so ging wusste sie nicht, doch sie schwang ihre Beine über den Rand des Bettes und schlenderte auf die Tür zu. Sie war noch nicht einmal dazu gekommen auszupacken und schon störte wieder jemand ihre wohlverdiente Ruhe.
„Sam??“ hörte sie eine andere Stimme und so runzelte sie die Stirn. Was wollten die denn jetzt von ihr?
Sie öffnete die Tür schwungvoll und ertappte Goalie mit erhobenem Arm, offenbar bereit erneut gegen ihre Arme Tür zu hämmern.
„Ja?“ fragte sie mit einer Engelsgleichen Stimme auch wenn sie im Moment wirklich ihre Ruhe wollte. Die Erinnerung an Logan hatte sie ganz schön angestrengt und sie wünschte sich, dass sie nicht in diese Richtung abgeschweift wäre mit ihren Gedanken.
„Hey! Wir dachten, wir fragen mal nach, ob du nicht Lust hast mit uns zum Pool runter zu gehen! Es sind kaum Gäste da und wir hätten ihn für uns allein!“ sagte diesmal Martin und sah die anderen fünf Jungs, die in ihrer Tür standen Hilfe suchend an. War sie wirklich so furchteinflößend? Oder vielmehr war sie wirklich so nett rüber gekommen, dass diese heißen Typen in ihrer Tür sie tatsächlich zum schwimmen überreden wollten?
„Bevor du jetzt irgendwelche falsche Gedanken bekommst, wir wollen wirklich einfach nur ein wenig Spaß haben und da du ja quasi zum Team gehörst, dachten wir wir holen dich auch dazu. Die Cheerleader sind in der Regel auch immer dabei!“ sagte Goalie, bemerkte jedoch schnell, dass dies wohl das falsche Argument gewesen war, denn Sam hob eine Augenbraue an und sah ihn skeptisch an.
Irgendwie fühlte sie sich ja geehrt, wusste jedoch nicht was sie sagen sollte. Sie war wirklich nicht das, was die Jungs gewohnt waren, doch andererseits, musste sie ja auch gar nicht ihrem Idealbild entsprechen. Sie hatte sich wirklich sehr gut mit ihnen im Bus verstanden und ihr war klar geworden, dass sie diese Jungs immer nur unterschätzt hatte. Sie waren eigentlich alle gemeinsam schwer in Ordnung und so sollte sie ihnen vielleicht tatsächlich eine Chance geben und ihre Scheu vor solchen Kerlen endlich überwinden.
Als sie lächelte, sah sie wie die Jungs sich sichtlich entspannten und so blieb ihr gar nichts anderes übrig als „Ja Ok. Ich bin gleich unten!“ zu sagen.
„Hey super! Siehst du, sie schlägt uns keine runter für den Vorschlag!“ sagte Martin zu Danny, den sie ja vorher bereits aus der Redaktion gekannt hatte.
Bei diesem Satz musste sie laut loslachen und sie richtete das Wort an Danny.
„Bin ich wirklich so übel, oder wie?“ Sie hatte ja gewusst, dass sie eine Art Schutzmauer um sich herum aufgebaut hatte, aber dass es so schlimm war, hatte sie nicht gedacht. Jetzt hatten sogar gestandene Fußballspieler schon Angst vor ihr!
Danny sah sich so wie Martin vorhin noch hilfesuchend um.
„Ich weiß wirklich nicht, was ich darauf antworten soll, kann mir da jemand behilflich sein?“ fragte er angstvoll und bei diesem Anblick musste nicht nur sie loslachen, sondern auch der Rest seines Teams.
„Damit hast du wohl alles gesagt!“ sagte Goalie und klopfte seinem Kumpel behutsam auf den Rücken, so als wolle er ihn beruhigen.
„Ok, wir sind dann unten! Und nicht, dass du denkst dass du uns so abwimmelst, dann jedoch nicht auftauchst. Wir schicken Danny zum nachsehen, falls du in zwanzig Minuten nicht unten auftauchst!“ sagte Maver und sah seinen Kumpel an.
„Echt nicht komisch!“ sagte dieser in einem trockenen Ton.
„Bevor Danny uns noch umkippt, gehen wir mal lieber! Wir sehen uns unten!“ sagte Goalie und schon wandten sich die Jungs ab und gingen auf ihre Zimmer zu, die überall in diesem Stock verteilt waren.
‚Was für ein seltsamer Haufen!‘ dachte sich Sam und schüttelte lächelnd den Kopf. Seltsamer an dieser Sache war, dass sie sich so ungewohnt wohl zwischen ihnen fühlte.
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„Alter dein Blick war wirklich zum schießen!“ sagte Goalie zu Danny, während sie gerade auf Kyle zutraten, der es sich bereits in einer der Liegen gemütlich gemacht hatte.
Die anderen um sie herum lachten und Kyle runzelte die Stirn.
„Hab ich irgendwas verpasst?“ fragte er seine Teamkollegen, während die einen sich bereits zum Sprung ins Wasser bereit machten und die anderen sich auf die Liegen legten.
„Wir waren gerade bei Sam und Danny hat sich beinahe in die Hosen geschissen vor Angst.“ Sagte Goalie lachend und sah zu Danny hinüber, der etwas zerknirscht dasaß.
„Leute, ich kenne Sam ja mittlerweile seit drei Jahren. Normalerweise ist die nicht so locker drauf. Sie hat schon mal irgendsoeinen Typen aus der Redaktion zu Boden geschmissen, weil er sie aus Versehen angerempelt hat!“ sagte Danny schockiert. „Den Typen haben wir danach nie wieder gesehen. Wir sind uns bis heute nicht sicher, ob Sam ihn zum Abendessen verspeist hat, oder ob er einfach nur das College gewechselt hat, weil er ihr aus dem Weg gehen wollte…“ erzählte Danny weiter und schüttelte dabei leicht den Kopf. „Ich sags euch, die Alte hatte früher nicht alle Tassen im Schrank. Warum die jetzt so locker ist, kann ich mir nicht erklären!“ schloss Danny seine Rede ab.
Kyle hielt wohlweißlich den Mund, denn er hatte am eigenen Leib erfahren, wie sauer Sam werden konnte und er zweifelte keine Sekunde lang die Story von Danny an, während Goalie anscheinend noch nicht so überzeugt war.
„Ach komm. Sam ist doch kaum größer als, wieviel 1, 50 oder 1, 60? Wie soll sie denn einen Typen k.o. schlagen?“
Kyle verschränkte die Arme vor der Brust und wandte seinen Blick ab, damit Goalie seinen Ausdruck nicht sah. Schließlich hatte Sam IHN ja k.o. geschlagen.
„Ich sags euch, ich rede keinen Scheiß. Irgendwas ist offenbar mit ihr passiert, denn noch vor drei Jahren war sie ganz anders drauf. Ich mein, ok, ich hab echt nicht viel mit ihr am Hut gehabt, doch sie hat niemals wirklich was getan, damit sie einem sympathisch war.“ Sagte Danny und stand dann auf.
„Wie dem auch sei, ich werd jetzt baden gehen!“ und schon nahm er Anlauf und machte eine Arschbombe ins Wasser und spritzte so alle, sich in der Nähe befindenden Spieler, an.
„Was wohl mit Sam passiert ist?“ fragte Goalie, wohl mehr sich selbst als Kyle, doch dieser fühlte sich dennoch angesprochen und zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung, ist nicht unser Problem!“ sagte er so beiläufig wie nur möglich, doch innerlich zerfraß ihn die Frage beinahe, was Sam wohl zugestoßen war, dass sie so geworden war, wie sie war. Irgendwas musste geschehen sein, so viel stand fest. Doch was? Er bekam ein seltsames Gefühl in der Magengegend und versuchte sich abzulenken indem er sich eine „Mens Health“ packte und die neuesten Tipps zum Muskelaufbau studierte. Kein einziges Wort merkte er sich, doch immerhin sah er beschäftigt aus und konnte sich so seinen Gedanken widmen.
Ihm war der Gedanke vorher gar nicht gekommen, dass Sam vielleicht irgendwas in ihrem Leben erlebt hatte, was sie so hatte werden lassen, doch jetzt da Goalie es angesprochen hatte, konnte dies durchaus möglich sein. Seltsamerweise fiel ihm in diesem Moment genau der Augenblick ein, in welchem sie ihm den Zutritt zu ihrem Schlafzimmer mit den Worten „Weil ich mir geschworen habe, dass kein Kerl der so gut aussieht wie du jemals mein Schlafzimmer sehen wird!“ verwehrt hatte.
In diesem Moment fasste Kyle einen Entschluss, er würde Sam dieses Geheimnis entlocken!
„Ich weiß echt nicht, was auf einmal alle mit dieser Sam haben!“ sagte Dennis der sich jetzt an Dannys Stelle auf die Liege schmiss. Seit dem Streit in der Bar, hatten Kyle und er kaum ein Wort miteinander gesprochen und Kyle war sich ziemlich sicher, dass diese Aussage als Seitenhieb für ihn galt.
„Sie ist ja eigentlich ganz cool drauf!“ sagte Goalie und zuckte mit den Schultern. Kyle sagte absichtlich nichts dazu, denn Dennis wollte ihn nur provozieren.
„Na wie auch immer, die Alte tickt definitiv nicht ganz sauber, aber das werdet ihr schon noch alle sehen!“ sagte Dennis und verschränkte dann die Arme hinter seinem Kopf während er die anderen beobachtete.
In diesem Moment staute sich eine nicht erklärbare Wut in Kyles Magen an. Was hatte Dennis denn für ein Problem? Vor einigen Tagen war er noch derjenige gewesen, der sich darüber beschwert hatte, dass er nichts mit der neuen Reporterin anfangen durfte und jetzt? Er hatte Sam auf jeden Fall auf dem Kicker nur konnte Kyle sich nicht erklären warum.
„Ach laber doch keinen scheiß…“ murmelte Goalie, doch Dennis sagte nichts mehr darauf. Kyles Blick wanderte zu ihm hinüber, wurde jedoch durch eine Frau abgelenkt, die gerade durch die Tür nach draußen trat. Sie trug einen weißen Badeanzug, nicht mal einen Bikini, was irgendwie nicht überraschend war für Sam und dennoch. Sie sah klasse aus. Wenn sie einmal nicht ihren normalen Fummel anhatte, der eher zum Putzen geeignet war, merkte man, dass ihre Figur gar nicht so übel war, wie er bisher gedacht hatte. Sein Blick wanderte von unten nach oben, glitt über ihre Beine die nur leicht gebräunt und schlank waren, eigentlich zu schlank, doch zu ihr passten sie. Über ihre Hüften, die die perfekte Form für ihren sowieso sehr schmalen Körper hatten und ihren Bauch, der vollkommen vom weißen Stoff des Badeanzuges bedeckt war. Als Kyles Blick bei Sams Brüsten angelangte schluckte er einmal, denn plötzlich sah er, dass dort wo er gemeint hatte, dass kaum was existierte, doch was war und das gar nicht so wenig. Klar, sie waren nichts im Vergleich zu dem was er bisher gewohnt war, doch Sam da jetzt auf einmal zu sehen und festzustellen, dass sie doch alle Merkmale einer Frau hatte schockierte ihn irgendwie. Noch mehr schockierte ihn, dass er sich davon zu sehr begeistern ließ.
„Hey Sam!“ rief Goalie zu ihr hinüber und sie ging langsam den Weg zu ihnen entlang. Dennis stand schnell auf und machte sich mit verdrehten Augen aus dem Staub, während Kyle immer noch wie bescheuert Sam anstarrte und seinen Blick nicht von ihr reißen konnte.
‚Idiot! Du machst dich lächerlich!‘ dachte sich Kyle.
„Hey, ihr seid ja schon voll dabei!“ sagte Sam mit dem Blick auf die Jungs im Wasser, lächelnd.
„Ist hier noch frei?“ fragte sie Kyle und Goalie, doch nur Goalie war offenbar im Stande zu sprechen.
„Ja klar, setz dich ruhig!“ und wies auf die Liege.
„Kyle, wollen wir ins Wasser?“ fragte Goalie seinen Kumpel nach einiger Zeit des peinlichen Schweigens. „Du weißt doch, wir haben noch eine Rechnung mit Simmons und Johnson offen!“ fügte er hinzu weil er sich offenbar ein wenig blöd vorkam, Kyle als Verstärkung mitnehmen zu wollen. Als Kyle nicht antwortete, sondern immer noch Sam anstarrte, versetzte Goalie ihm einen Stoß mit dem Ellbogen.
„Alter, aufwachen! Gehst du jetzt mit?“
Kyle schüttelte den Kopf und sagte schließlich „Ja, ja klar!“ dann riss er seinen Blick endlich los. Was war nur in ihn gefahren? Eine Frau im Badeanzug (!) sollte ihn wohl kaum sprachlos machen. Noch dazu Sam im Badeanzug, das wohl erst recht nicht. Einen kurzen Augenblick nahm er sich um Sam erneut anzusehen und als ihr Blick den seinen traf und er darauf ein Lächeln sah, stockte kurz etwas in ihm, bevor sich die Zeit weiter zu drehen schien.
„Kommst du mit?“ fühlte er sich verpflichtet zu sagen, auch wenn er Sam am liebsten er einmal ganz weit weg von sich halten wollte. Was war nur los mit ihm?
„Nein, ich komme dann später nach!“ sagte Sam und fügte dann hinzu „Aber viel Spaß beim fertig machen!“ dabei sah sie zu Simmons und Johnson ins Wasser.
„Hä?“ fragte Kyle. Er folgte ihrem Blick und sah, dass Goalie bereits voll dabei war, den einen am Kopf zu packen und dann diesen unter Wasser zu drücken.
„Ach so, ja. Danke!“ man wie bescheuert er doch war. Ganz ehrlich…irgendwas stimmte doch in seinem Kopf nicht.
„Ok, dann bis später!“ sagte er und hob kurz die Hand bevor er sie wieder fallen ließ. Ein Blick auf ihren mittlerweile bedeckten Körper (sie hatte sich ihr Handtuch über die Beine gelegt, auch irgendwie typisch für sie) beruhigte ihn auch in keinster Weise und so drehte er sich um und hielt Ausschau nach einem Platz, wo er ins Wasser eintauchen konnte.
Als er ihn erspähte rannte er ohne weiteren Kommentar los, sprang mit dem Kopf voran in den Pool und genoss die Kühle die seinen Körper einhüllte. Als er unter Wasser die Augen schoss, sah er vor seinem inneren Auge erneut Sam, wie sie auf sie zugesteuert war in ihrem weißen Badeanzug.
‚Was ist los mit dir? Reiß dich mal zusammen du Weichei!‘ sagte er sich selbst und als er dann schließlich auftauchte, glaubte er die Antwort auf seine Fragen zu haben. Er war nur so überrascht gewesen, dass unter all dem hässlichen Stoff und hinter der bisher sehr taffen Fassade von Sam, eine ganz normale Frau zu stecken schien. Eine Frau, die sich langsam aber sicher zu sehr in sein Leben schlich!

17. Kapitel: „Sorry…“


Hatte Sam sich das eingebildet oder hatte Kyle sie gerade angestarrt? Sie hatte gewusst, sie hätte nicht den weißen Badeanzug anziehen sollen, doch der andere hätte wirklich zu sehr an eine Großmutter erinnert und Sam wollte sich ja schließlich nicht lächerlich machen! Vorsorglich hatte sie zwar beide mitgenommen, doch hatte sie eigentlich eher weniger gedacht, dass sie mit der ganzen Meute des Teams am Pool landen würde.
Im Moment las sie in der New York Times einen Artikel und versuchte die anderen Gedanken alle irgendwo hin zu verbannen, wo sie nicht mehr auftauchten. Dies war jedoch schwierig, wenn sie immer wieder von dem Geschrei der Jungs abgelenkt wurde. Einmal hatte sie sogar schon gedacht, dass die Spieler gerade einen von ihnen ertrinken ließen, dies hatte sich jedoch nur als Scherz herausgestellt. Glücklicherweise! Denn sie wusste wirklich nicht, ob sie in diesem Fall als Mittäterin verurteilt werden würde, nur weil sie nicht geholfen hatte!
„Hey willst du nicht ins Wasser kommen?“ rief ihr Goalie zu, der sich gerade am Beckenrand mit den Armen abstützte. Sie musste ja wirklich zugeben, dass die meisten Jungs hier wirklich gut anzusehen waren und sie verstand auch immer mehr deren Wirkung auf die Frauenwelt. Einer nach dem anderen spazierte mit nur einer Badehose bekleidet an ihr vorbei und einer nach dem anderen sah besser aus. Alle waren sie sehr gut gebaut, die einen kleiner die anderen größer, dennoch überragten sie Sam alle um Längen.
„Ne ich warte noch ein wenig, bis sich die Lage beruhigt hat!“ sagte sie mit einem Nicken in die Richtung, wo sich die Jungs gerade eine erbitterte Wasserschlacht lieferten.
Goalie drehte sich in die angedeutete Richtung und lachte.
„Kann ich ja irgendwie verstehen!“ dann wandte er sich ab und schwamm auf die Meute zu.
Sams Blick glitt über das Wasser und so entdeckte sie auch Kyle der etwas Abseits des riesigen Pools seine Bahnen schwamm. Seine Bewegungen waren geschmeidig und eingeübt und sie war sich sicher, dass er dies desöfteren tat. Wie sie ihn da so beobachtete, brachte sie zu ihrer ursprünglichen Frage: Warum hatte Kyle sie so angestarrt? Er wusste ja mittlerweile, wohl am besten von den ganzen Jungs, dass Sam keine begnadete Modegöttin war. Warum also hatte er so überrascht gewirkt?
Ein Schwall Wasser unterbrach ihre Gedanken erneut und sie fand sich vollkommen durchnässt auf der Liege wieder. Sie blickte um sich herum, wer das gewesen war, doch die Quelle war schnell gefunden: Die Schlacht zwischen dem Rest der Spieler wurde immer heftiger und jetzt war niemand mehr, der sich in der Nähe dieses Pools befand, sicher vor ihnen. Sie lächelte vor sich hin und fragte sich, was wohl Janine sagen würde, wenn sie Sam hier in mitten dieser Jungs sehen würde. Sie wusste es auch so, denn Janine wäre begeistert.
Als Sam vor einiger Zeit dieses Thema für die Abschlussarbeit erhalten hatte und noch dazu die Artikel über die Spiele schreiben musste, hatte Sam gedacht, das wäre eine Katastrophe. Mittlerweile war sie sich jedoch sicher, dass es eine Chance war, die sie nutzen musste. Es war eine Chance dafür, endlich aus ihrem Schneckenhaus, in welchem sie sich seit beinahe fünf Jahren verkroch, herauszukommen und den Menschen zu zeigen, wer sie genau war. Obwohl sie sich nicht einmal selbst mehr sicher war, was genau sie war, so hatte sie doch irgendwie das Gefühl, dass diese Jungs vielleicht auf irgendeine Art und Weise dazu führen könnten, es herauszufinden. Ihr Blick gelangte wieder zu Kyle, der sich im Moment lässig am Rand des Beckens befand und sie gerade selber betrachtet hatte. Ihr Herz setzte einen kurzen Schlag aus, denn sie fühlte sich irgendwie beobachtet und so zog sie ihr Handtuch ein klein wenig höher und lächelte ihm dann zu damit er nicht merkte, in welchem Zwiespalt sie gerade steckte. Sie hatte während sie Kyle vorhin beobachtet hatte seine Tattoos entdeckt. Nein entdeckt war falsch ausgedrückt, denn sie waren ihr durchaus bereits vorher aufgefallen, nur war ihr nicht aufgefallen (wahrscheinlich weil sie bisher nicht die Gelegenheit gehabt hatte, Kyle oben Ohne zu sehen) dass sich diese Tattoos über seine gesamte Schulter und die rechte Brust zogen. Es waren unterschiedlichste Motive, die Sam von so weit weg nicht wirklich sehen konnte, doch eines war ganz eindeutig: Eine Kanone befand sich inmitten der vielen Einzelnen Tattoos. Es war ein beeindruckendes Tattoo, denn der Künstler hatte die Kanone irgendwie so positioniert, dass es so aussah als wäre sie auf Kyles Herz gerichtet. Es befand sich auch ein Einschussloch in der Nähe, was Sam ein wenig nervös machte. Mit Kanonen hatte Sam noch nie etwas anfangen können und sie fragte sich, was dieses Tattoo für ihn zu bedeuten hatte. Vielleicht war es eine blöde Wette gewesen oder er war betrunken gewesen, als er sich dieses hatte stechen lassen, denn wer würde sich schon eine solche Verletzung tätowieren lassen?
Andererseits, woher nahm Sam sich das Recht darüber zu urteilen, ob eins von seinen Tattoos passend war oder nicht? Sie wollte sich ja verändern und vielleicht sollte sie dann nicht mehr ganz so engstirnig sein. Sie sah noch einmal verstohlen zu Kyle hinüber, der gerade seinen Blick abwandte. Kyle, würde wohl seinen eigenen Teil zu ihrer Wandlung beitragen, doch welchen konnte Sam zu diesem Zeitpunkt nicht einmal erahnen.
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Da saß sie und lächelte ihn unschuldig an.
Während er seine Bahnen geschwommen war, hatte er über diese ganze „Sam-Sache“ noch einmal nachgedacht und ihm war ein Gedanke gekommen: Er schien der Einzige im Team zu sein, der sich so viele Gedanken über Sam machte. Doch warum?
Er hatte bei seinen Bahnen jedoch auch einen Entschluss gefasst, den er Sam früher oder später noch mitteilen musste, denn er hatte sich dazu entschieden, das Portrait ersteinmal nicht zu machen. Er hatte sowieso schon sehr viel von sich preis gegeben und er würde einen Teufel tun und ihr womöglich noch intime Fragen beantworten. Er konnte Sam gut leiden, ja, aber er wollte nicht dass diese Sympathie dazu führte, dass er erneut auf sie reinfiel. Sie hatte auf jeden Fall zwei Seiten und die eine hatte er ganz klar schon kennengelernt: Sie konnte gut manipulieren um ihre Ziele zu erreichen und Kyle war sich nicht sicher, ob diese ganze Show, die in den letzten Tagen ablief, tatsächlich echt war, oder ob Sam sie alle an der Nase herumführte.
Er zwang sich dazu den Blick von Sam abzuwenden, denn er kam sich mittlerweile ziemlich blöd vor, weil er ihr viel mehr Aufmerksamkeit zu schenken schien, als sie ihm. Das war ihm seit der High School nicht mehr passiert und er würde bestimmt nicht bei Sam erneut damit beginnen.
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Beim Abendessen waren die Spieler schon ziemlich müde von der langen Busfahrt und der ausgearteten Wasserschlacht. Irgendwann war ein Angestellter des Hotels gekommen und hatte die Männer ganz vorsichtig darauf angesprochen, dass die paar Gäste die da waren sich gestört fühlten. Daraufhin hatten die Jungs beschlossen, die Schlacht auf den morgigen Tag zu verschieben und waren in ihre Zimmer gegangen. Sam war keine einzige Minute im Wasser gewesen und Kyle fragte sich, weshalb sie überhaupt runter gekommen war, wenn sie gar nicht hatte schwimmen wollen.
„Willst du das echt alles essen?“ fragte Martin Sam gerade beeindruckt. Sie saß einige Plätze weiter auf der gegenüberliegenden Seite des riesigen Tisches und zog jetzt sämtliche Blicke auf sich. Sie hatte ihren gesamten Teller voll mit verschiedensten Köstlichkeiten des angebotenen Italienbuffets vollgeschaufelt und auch Kyle war sich nicht sicher, wie sie das alles schaffen sollte.
„Klar! Wieso nicht?“ entgegnete Sam unschuldig und zuckte mit den Schultern, bevor sie ihre Gabel aus der Serviette wickelte und dann damit begann reinzuhauen. Sie spießte gerade irgendeine seltsame, verschnörkelte Nudel auf und schloss dann ihre Lippen genüsslich um die Gabel.
„Wahnsinn ist das lecker! Wieso könnt ihr es euch eigentlich leisten in einem solchen Hotel unterzukommen? Das Essen hier ist der absolute Wahnsinn!“ sagte sie in die Runde und die Jungs in ihrer Nähe richteten ihre Blicke von der Gabel ab. HA, Kyle war also nicht der einzige, der begeistert davon war, wie genüsslich Sam essen konnte. Naja, die Jungs kannten schließlich auch nur denselben Schlag an Mädels und die, wie bereits erläutert, waren nicht die größten Fans vom Essen. Er musste jedoch in diesem Moment auch zugeben, dass die Mannschaft immer nur auf die offenscheinlichen Argumente gestanden und den „normalen“ Mädels keine Chance gegeben hatte. Langsam begann Kyle damit, sich zu fragen, ob dies nicht ein Fehler gewesen war.
„Es ist so, dass das College den größten Teil von den Kosten übernimmt, denn man muss ja auch ganz klar sagen, dass wir dem College ein Heidengeld einnehmen!“ erklärte Danny, der sich offenbar mittlerweile gefangen hatte und sich endlich traute mit Sam zu sprechen, ohne Angst davor zu haben verspeist zu werden.
„Aber durch was denn? Ich dachte immer die Spiele sind kostenlos?“ fragte Sam verwirrt.
Goalie schüttelte den Kopf. „Nein die Spiele sind in der Regel nicht kostenlos, es gibt meistens einen Kartenvorverkauf!“ antwortete er.
„Aber ich, Janine und Jamie sind beim letzten Spiel vollkommen kostenlos reingekommen!“ sagte Sam und legte ihre Gabel kurz zur Seite um einen Schluck zu trinken.
„Naja, du bist ja auch sowas wie ein VIP, ich meine Reporter zahlen doch nie etwas, wenn sie über ein Spiel berichten, oder?“ fragte Goalie zurück.
„Und Janine und Jamie?“
„Meine Güte, nimm es doch einfach hin und hör auf es so blöd zu hinterfragen oder willst du das für deinen Artikel wissen?“ fragte Kyle sie und erst als die Worte raus waren, bemerkte er wie ekelhaft und bissig sie rausgekommen waren.
„Alter, was geht mit dir ab? Sie hat doch nur gefragt!“ sagte jetzt Martin. Kyle wusste selber, dass es übertrieben gewesen war, doch als er Sam ansah und ihren Ausdruck sah, der irgendwie ein klein wenig verletzt schien, war das für ihn wie ein Schlag in die Magengegend. Fuck.
„Das nervt einfach!“ sagte Kyle und stand auf, denn ihm war der Hunger gehörig vergangen. „Bin dann mal weg!“ und schon verschwand er schnell vom Tisch und schritt durch die Eingangstür zum Speiseraum. Was für ein Feigling er doch war. Statt sich dafür zu entschuldigen lief er davon! Nein er war kein Feigling, er benahm sich wie ein gottverdammtes Mädchen!
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„Was ist denn mit ihm los?“ fragte Sam und sah Kyle hinterher, der mit festen Schritten den Speiseraum verließ. Sie musste zugeben, dass sie ziemlich verletzt war wegenn seiner Reaktion. Was hatte sie ihm denn nur getan? Sie hatte eigentlich das Gefühl gehabt, dass sich ihre Beziehung gebessert hatte, hatte heute sogar klar zugegeben vor sich selbst, dass Kyle schwer in Ordnung war und jetzt? Mutierte er zum Arschloch!
„Keine Ahnung, Ich glaub seine Pussyseite kommt wieder zum Vorschein!“ sagte Goalie Schulterzuckend. Sam hätte sehr gerne gewusst, was denn eine „Pussyseite“ war, doch sie traute sich nicht mehr zu fragen, denn sie wollte dem Rest der Jungs natürlich nicht auch noch auf die Nerven gehen. Sie stocherte jetzt in ihrem Essen herum und dachte an Kyle und seinen Blick. Er schien heute tatsächlich ein wenig neben der Spur zu sein, doch wegen was? Was war schon großartig geschehen, dass ihn so austicken ließ?
Ihr fiel der Vorfall im Bus ein, als sie sich an seine Schulter gelehnt hatte, vielleicht hatte es ihm doch mehr ausgemacht als er zugeben wollte? Oder…Nein, sie würde den Fehler jetzt nicht bei sich suchen, schließlich hatte Kyle einen Fehler gemacht! Jahrelang hatte sie immer den Fehler in ihrer Person gesucht und damit wollte sie endlich aufhören!
Wenn Kyle meinte, mir ihr so umgehen zu können, dann sollte er doch denken, denn sie würde einen Teufel tun und sich auf dieses Niveau herablassen!
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„Idiot!“ schrie Kyle und schlug mit der Faust gegen seine Hotelwand. Desto länger er über das nachdachte, was geschehen war, desto mehr wollte er sich selbst dafür eine mitgeben. Sam war endlich lockerer geworden, hatte sich sogar mit den Jungs verstanden und erst im Nachhinein wurde Kyle bewusst, was ihn so sehr gestört hatte. Und diese Erkenntnis störte ihn weitaus mehr! Sam hatte sich fast den gesamten Tag den Jungs gewidmet, ihn jedoch weitestgehend ignoriert. Mit Goalie schien sie sich bestens zu verstehen und das störte ihn beinahe am meisten! Er war verflucht nochmal eifersüchtig!! ER!
Kyle hatte versucht seine Gedanken zu ordnen und war zu dem Entschluss gekommen, dass diese Empfindung wohl am besten auf das zutraf was er empfand, doch wusste er nicht weshalb er eifersüchtig sein sollte?! Als er länger darüber nachgedacht hatte, hatte er sich soweit eingeredet, dass es daran lag, dass er in Sam sowas wie eine kleine Schwester sah und er wollte nicht, dass sie sich mit einem dieser Typen einließ denn er kannte sie alle nur zu gut! Er gehörte selber zu diesem Schlag und für Sam würde dies nur unnötige Verletzungen bedeuten. Sam brauchte einen anständigen Kerl! Also war er gar nicht eifersüchtig, sondern besorgt! JA!
Bei dieser Erkenntnis entspannte er sich wieder und so beschloss Kyle sich auf den Weg zu Sams Zimmer zu machen, weil er sich dringend bei ihr entschuldigen wollte! Er musste sogar, wenn er die Freundschaft die sie bisher aufgebaut hatten, nicht zerstören wollte.
Er packte sich seinen Schlüssel und verließ sein Zimmer, keine Minute später hämmerte er gegen das von Sam. Als sie jedoch nicht öffnete sah er auf die Uhr und stellte fest, dass es bereits nach zehn war. Wo war Sam also alleine oder vielleicht war sie gar nicht alleine?
Er stellte sich in den Aufzug und drückte den Knopf der den Aufzug Richtung Lobby schicken würde. Im Speiseraum war niemand mehr und so wandte er sich an die Rezeption und fragte den Herren, der dahinter saß und gelangweilt im Computer nach etwas suchte, ob er Sam gesehen habe.
„Keine Ahnung wen sie meinen!“ sagte er ohne aufzublicken.
Kyle erklärte ihm wie Sam aussah und fügte dann hinzu „Die einzige Frau in diesem Laden, die die fünfziger Marke noch nicht überschritten hat!“
„Ach ja, jetzt wo sies sagen. Sie hat vorhin gefragt, ob wir einen Fitnessraum haben!“
Kyle wartete einige Sekunden geduldig, als der Herr jedoch nichts weiter dazu sagte, wurde Kyle langsam sauer.
„Und? Habt ihr einen?“ er trommelte mit seinen Fingern auf die Theke und der Mann erhob seinen Blick endlich vom Computer.
„Ja. Mit dem Aufzug in den Keller und die zweite Tür links!“ und schon stürmte Kyle davon. Jetzt da er beschlossen hatte sich zu entschuldigen, wollte er es so schnell wie nur möglich hinter sich bringen.
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Die Tür stand offen und Kyle blickte in den teilweise verdunkelten Raum hinein. Irgendwo flackerte eine Lampe, was ziemlich bedrohlich aussah. Doch er hörte Sam ganz genau und es hörte sich so an, als würde sie in diesem Moment auf irgendwas einschlagen! Er ging einige Schritte in den Fitnessraum hinein und als er um die Ecke sah, entdeckte er Sam, die gerade einen Boxsack vermöbelte. Er hielt in der Bewegung inne, denn Sam wirkte äußerst beeindruckend. Gezielt versetzte sie dem Boxsack mehrere feste und entschlossene Schläge. Kyle fragte sich unwillkürlich, warum Sam so viel Wut in sich drin hatte? So wie sie zuschlug zumindest, war er sich ziemlich sicher, dass sie das nicht das erste Mal tat. Sie hatte ihn noch nicht bemerkt und er war sich nicht sicher, ob er überhaupt wollte, dass sie ihn bemerkte. Denn sein Gefühl sagte ihm irgendwie, dass Sam auch auf ihn solch eine Wut hatte und um ehrlich zu sein, konnte er es ihr noch nicht einmal verübeln. Er benahm sich wie ein Vollidiot!
„Sam?“ wagte er nun doch zu sagen, doch Sam hörte ihn anscheinend nicht, denn sie reagierte in keinster Weise.
„Sam?“ sagte Kyle etwas lauter und packte Sam an der Schulter, was er wohl lieber nicht hätte tun sollen, denn Sam erschrak und platzierte den Schlag der gerade noch für den Boxsack hätte gelten sollen in seinem Gesicht. Der Schmerz kam mit einer Sekunde Verzögerung doch dann geballt.
„Oh Fuck!!!“ schrie Kyle und hielt sich an die Nase. Tränen schossen ihm in die Augen doch er spürte nichts anderes mehr als den Schmerz in seiner Nase, der niemals enden wollte, zumindest kam es ihm so vor.
„Shit!!“ fügte er hinzu und ließ sich auf den Boden sinken, wo er seinen Kopf nach hinten hielt da er wie wild aus der Nase blutete.
„Verdammt…“ flüsterte Sam und holte schnell ihr Handtuch, kniete sich neben Kyle auf den Boden und hielt es ihm an die Nase.
„Zwei mal innerhalb nur weniger Tage. Das ist definitiv ein Rekord!“ versuchte Kyle zu scherzen, doch Sam sah im Moment nicht so aus als wäre sie zum scherzen aufgelegt.
„Was suchst du auch überhaupt hier unten? Ich dachte du bist irgendein kranker Perverser! Ich hab den Schock meines Lebens bekommen!“ sagte Sam empört und stand auf um zu ihrer Tasche zu gehen, die etwa zwei Meter weiter vorne stand. Daraus zog sie eine Flasche Wasser und kam wieder auf Kyle zu, dessen Schmerz langsam nachließ.
„Gib mal her!“ sagte sie etwas genervt und riss ihm das Handtuch aus der Hand. Sie schüttete Wasser darauf und hielt es ihm dann an die Nase und wischte das Blut weg.
„Du kannst nicht einfach so hinter mir auftauchen, wenn ich meine Übungen mache Kyle. Das ist gefährlich!“ sagte Sam während sie sich auf seine Nase konzentrierte.
„Du machst also tatsächlich Kampfsport, oder? Das sah nämlich eben ziemlich professionell aus!“ sagte Kyle, weil er Sam zeigen wollte, dass er ihr keine Vorwürfe machte.
„Kickboxen…“ antwortete Sam und ihr Gesicht kam dem seinen näher. Sie zog konzentriert die Augenbrauen zusammen und näherte ihr Gesicht noch ein wenig, während sie vorsichtig versuchte, die Reste des Blutes zu entfernen.
Kyle hingegen, war währenddessen vollkommen damit beschäftigt, Sam näher zu betrachten. Wenn man sie von so nahem sah, entdeckte man kleine, ganz helle Sommersprossen auf ihrer Nase. Ihre Haut war makellos, glatt und er fragte sich, wie sie sich anfühlte.
„Das nächste Mal, halt dich einfach fern von mir, ok? Und überhaupt ich hab dich gefragt was du hier unten gemacht hast!“ sagte Sam, die nichts von diesem etwas seltsamen Moment für Kyle mitbekommen hatte.
Er räusperte sich kurz und entschloss, ein wenig Platz zwischen sich und ihr zu schaffen also nahm er ihr das Handtuch aus der Hand und rutschte weiter nach hinten, wo er sich gegen eine Bank lehnte.
„Ich habe dich gesucht weil…“ Sam hatte sehr wohl bemerkt, dass er Abstand brauchte und so stand sie auf und ging erneut auf ihre Tasche zu.
„Ich wills gar nicht wissen. Oder doch, warte! Wahrscheinlich willst du dich entschuldigen, oder? Für den dummen Spruch vom Abendessen, aber jetzt hör mir mal zu. Ich bin ein Mensch, der nur sehr schwer jemandem vertrauen kann. Du hast es geschafft innerhalb von nur einer Woche mein Vertrauen zu gewinnen und es dann wieder zu verlieren! Ich weiß ja nicht was dein Problem ist Kyle, aber du solltest es schnellstmöglich hinter dich bringen denn ich bin kein Mensch den man sich holen und wieder wegschubsen kann, wie man gerade möchte. Ja das heute Abend hat mich verletzt, es ist schon eine Leistung für mich das überhaupt zuzugeben, aber es hat mich nicht so sehr verletzt, dass ich sofort wieder angekrochen komme, nur weil du dich entschuldigst! So einen Scheiß kannst du dir bei mir jedenfalls sparen!“ sie schulterte ihre Tasche und trat auf den Ausgang des Fitnessraumes zu. Kyle wusste nicht, was er darauf entgegnen sollte außer „Sorry…“ doch da war sie schon aus der Tür raus und ließ Kyle im Raum zurück.
Sie hatte doch eigentlich so Recht. Was war nur in ihn gefahren? Er wusste es selbst nicht, denn den Bullshit von vorhin, Sam sei für ihn wie eine Schwester, den glaubte er selbst nicht.

18. Kapitel: „Ich hoffe ihr hattet euren Spaß…“


Das Spiel am nächsten Tag verlief ohne größere Komplikationen, auch wenn Kyle sich dessen bewusst war, dass er nicht unbedingt am Höhepunkt seiner Fußballkarriere stand. Er war schon mal wesentlich besser in Form gewesen! In diesem Moment verließen die Spieler seines Teams und die des gegnerischen, das Spielfeld und Kyle kam an der Spielerbank vorbei, wo Sam saß und sich angeregt mit den Auswechselspielern unterhielt und sich gleichzeitig Notizen machte. Es ärgerte ihn immer noch, wie er sich gestern verhalten hatte und er hatte so das Gefühl, dass er sich was wirklich Gutes einfallen lassen musste, damit Sam wieder mit ihm sprach. Er wusste nicht, was mit ihr geschehen war, doch er war sich sicher, dass da etwas war. Kein Mensch verhielt sich so wie Sam es tat, wenn doch eigentlich alles in Ordnung war! Er hatte gestern noch lange Zeit darüber nachgedacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass Sam wohl ziemlich stark verletzt worden war in der Vergangenheit. Wahrscheinlich von irgendeinem Ex-Lover, der sie betrogen hatte oder ähnliches. Sie hatte es gestern selber gesagt: Sie vertraute niemandem schnell! Jetzt hatte er dieses Vertrauen missbraucht, auch wenn er sie in keinster Weise betrogen hatte, und musste zusehen, dass er den Scheiß den er sich eingebrockt hatte, wieder wett machte.
„Geiles Spiel Jungs!“ sagte Danny und klopfte Kyle beim vorbeigehen auf die Schulter.
Die Stimmung in der Kabine war ausgelassen und alle freuten sich über den Sieg den sie erzielt hatten. Alle außer Kyle, denn ihn beschäftigte eine ganz andere Sache. Mehr als die Frage, was er tun sollte um es wieder gut zu machen, war es die Frage, was mit Sam geschehen war!? Doch er würde das eine nicht erfahren, wenn er das andere vorher nicht schaffte, denn wenn man es mal ganz realistisch betrachtete, so standen die Chancen äußerst schlecht, dass Sam ihm bei einem lockeren Gespräch alles über ihr Leben erzählte, während sie eigentlich wütend auf ihn war.
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Sam war immer noch stinkwütend. Vor allem auf sich selbst! Wieso nur hatte sie gestern zu Kyle gesagt, dass sie so schnell niemandem vertraute? Wieso hatte sie irgendwie zugegeben, dass sie es bei Kyle getan hatte? Dieser Schönling wusste sowieso schon viel zu viel von ihr, er war ihr näher gekommen als jeder andere Mann in den letzten vier Jahren! Sie musste wirklich aufpassen und nicht zu viel von sich preisgeben, denn Kyle war ein Mensch, der nur mit Vorsicht zu genießen war.
Als er heute in der Früh zum Aufwärmtraining aufgetaucht war, hatte sie gesehen, wie alles um seine Nase herum (die Nase natürlich eingeschlossen) ziemlich blau angelaufen war. Die Jungs hatten ihn gefragt was geschehen war, doch er hatte einfach keine Auskunft gegeben, so dass sie sich mit der Vermutung zufrieden gegeben hatten, er wäre wohl gestern noch in eine kleine Schlägerei verwickelt gewesen. Als Sam Kyle in der Früh gesehen hatte, hatte ihr Herz einen Schlag ausgesetzt. Sie war noch nicht bereit gewesen, ihm gegenüber zu treten doch Kyle hatte sie nur einmal angeblickt und sie dann nicht weiter beachtet. Wieso nur, war mit diesem Typen alles so kompliziert?
„Wann soll ich in deinem Hotelzimmer sein?“ fragte Goalie der neben Sam stand. Alle befanden sich im Moment in der Umkleidekabine und ließen sich über das Spiel aus. Kyle stand einige Meter weiter weg und unterhielt sich mit Martin. Jetzt da Sam zu ihm blickte, stellte sie fest, dass auch er sie gerade beobachtet hatte.
„Am besten um acht. Bis dahin müsste ich den Artikel fertig geschrieben haben. Dann können wir mit deinem Interview beginnen!“ sagte sie lächelnd und Goalie klatschte in die Hände. „Ok, ich werde da sein!“ dann zwinkerte er ihr zu und ging auf seinen zugeteilten Spind zu. Damit die Jungs sich endlich duschen konnten, entschloss Sam die Kabine zu verlassen und sich an den Artikel zu machen. Beim letzten Mal hatte sie Hilfe von Kyle bekommen, diesesmal musste sie das alles selber schaffen.
„Sam…warte!“ hörte sie die Stimme von demjenigen, der sowieso schon zu viel in ihrem Kopf herumgeisterte.
„Sam, bleib doch bitte mal stehen!“ sagte Kyle erneut. Sam blieb stehen und drehte sich, mit vor der Brust verschränkten Armen, um.
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Kyle gefiel es gar nicht, wie Sam ihn ansah. Er hatte sich an ihr Lächeln gewöhnt und an den lockeren Umgang mit ihm. Jetzt hingegen, erinnerte sie ihn an ihr Erstes Treffen, bei welchem sie ihn hatte abblitzen lassen und bei welchem sie mit ihrer kalten kühlen Art gezeigt hatte, dass sei kein Mädchen war, welches seinem Profil entsprach. Er wollte ihr Lächeln wiederhaben.
„Was ist?“ fragte Sam direkt und mit kalter Stimme.
„Ähm, ich wollte noch mal mit dir über gestern sprechen!“ sagte Kyle verunsichert und legte sich in seinem Kopf die Worte zurecht. Dies war der erste Versuch, sich wieder mit Sam auszusöhnen, denn irgendwie wollte er nicht dieses Gefühl haben, mit ihr auf Kriegsfuß zu stehen, während alle anderen sich prächtig mit ihr verstanden.
„Es tut mir Leid, du weißt schon, wegen deiner Nase!“ sagte sie und deutete dabei auf ihre eigene. Das war auch so eine Eigenart an ihr.
„Das ist es nicht, worüber ich sprechen wollte. Wahrscheinlich habe ich das sogar verdient…“ entgegnete Kyle und sah die kleine taffe Frau vor sich an, die im Moment wie ein unbezwingbarer Berg erschien.
„Ich wollte mich bei dir entschuldigen, für das was ich gestern gesagt habe!“ fügte er hinzu und wartete ein klein wenig ab.
„Ok, angenommen!“ sagte Sam und drehte sich um um weiter zu gehen, doch Kyle war sich irgendwie nicht so sicher, dass das gerade wirklich richtig abgelaufen war.
„Dann ist zwischen uns wieder alles in Ordnung?“ fragte er Sam und berührte dabei ihren Arm um sie am weglaufen zu hindern. Er hörte einen entnervt scheinendes aufstöhnen und sie drehte sich wieder um.
„Ja klar, alles wieder in Ordnung. Kann ich jetzt gehen?“ fragte Sam ihn mit gleichgültiger Miene.
Etwas verunsichert, fuhr Kyle fort. „Äh, ja dann hast du ja heute Abend vielleicht Lust mit uns feiern zu gehen?“ fragte er weil er dadurch hoffte, Sam dazu zu bringen wieder normal mit ihm zu sprechen.
„Sorry, das geht nicht. Ich muss den Artikel fertig schreiben!“ sagte Sam kurz und knapp.
„Dabei kann ich dir ja wieder helfen!“ sagte Kyle hoffnungsvoll.
„Brauchst du nicht, wenn ich irgendwelche Probleme habe, dann frage ich Goalie danach. Er kommt um acht sowieso zu mir, weil wir noch was zu erledigen haben.“ entgegnete Sam auf Kyles Vorschlag hin.
Bei diesen Worten spürte Kyle, wie etwas in ihm wuchs, was er nicht benennen konnte.
„Goalie? Was will der denn bei dir?“ fragte er ein klein wenig gereizt.
„Ist es für dich unvorstellbar, dass einer der Jungs freiwillig seine Zeit mit mir verbringen will? Ich weiß nicht was dein Problem ist, Kyle, aber heute habe ich einfach keine Zeit weil ich bereits etwas anderes geplant habe, ok?“ sagte Sam resolut.
„Klar, dann viel Spaß mit Goalie…“ weil er sich zurückgewiesen und umgangen fühlte kehrte ihr den Rücken zu, ohne noch ein weiteres Wort an sie zu richten. Goalie! Langsam aber sicher, nervte ihn der Keeper!
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Sollte Kyle doch denken was er wollte. Sam sah nicht ein, weshalb sie ihm irgendwas noch sagen sollte. Goalie kam zu ihr weil er ihr ein Interview geben wollte für das Portrait, doch das hatte sie Kyle nicht gesagt. Ihr war durchaus bewusst, dass es sich in seinen Ohren so anhören musste, als würde sie Goalie aus ganz anderen Gründen treffen, doch schließlich ging es ihn eigentlich ja auch gar nichts an. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass einer der Spieler irgendwas mit einer der Frauen um sie herum anfing. Dennoch schien Kyle ein klein wenig verärgert gewesen zu sein und zu ihrer Überraschung, gefiel Sam diese Tatsache ganz gut.

„Willkommen in meinem Reich!“ sagte Sam mit ausgestreckten Armen und wies Goalie an, herein zu kommen. Dieser lächelte und sah sich im Zimmer um.
„Sieht genauso aus, wie bei mir auch!“ entgegnete er lächelnd und zog sich dann seine schwarze Stoffjacke aus, um sie aufs Bett zu schmeißen. Sam folgte der Flugbahn der Jacke und sah sie dann schließlich einige Sekunden lang an. Das dachte Kyle, dass sie machten. So einfach war das! Er war der Meinung, Sam würde heute eine heiße Affäre mit dem Keeper der Mannschaft starten. Dass er ihr dies überhaupt zutraute, wurmte sie wohl fast noch mehr, als die Tatsache, dass er sie gestern so böse angefahren hatte.
„Bist du fertig geworden mit dem Artikel?“ fragte Goalie sie, nachdem er sich in einen der Sessel gesetzt hatte, die in dem Hotelzimmer zu finden waren. Sam zuckte mit den Schultern und hob ein wenig unwissend die Arme. „Keine Ahnung. Ich denke schon, ich weiß nur nicht, ob ich alles mit reingebracht habe was wichtig ist!“ sagte sie und ließ sich resigniert auf den zweiten Sessel fallen, der dem von Goalie gegenüber stand. Sie ärgerte sich innerlich, dass sie Kyles Hilfe heute ausgeschlagen hatte. Er konnte sehr gut mit Worten umgehen und er hätte ihr helfen können, bei den Formulierungen. Doch sie war immer noch sauer gewesen und hatte ihren Stolz einfach nicht runterschlucken können.
„Komm ich schau mal drüber. Ich bin zwar kein großer Freund von geschriebenen Worten, aber vielleicht fällt mir ja was auf!“ sagte Goalie und stand auf.
„Der Artikel ist in meinem Laptop gespeichert, ich muss ihn nur schnell hochfahren!“ erwiderte Sam dankbar und ging zu ihrem Computer. Da er nicht mehr der neueste war, dauerte das Hochfahren einige Minuten, die Goalie nutzte um sie ein wenig auszufragen.
„Sag mal, Sam. Ist bei dir und Kyle eigentlich alles in Ordnung?“ fragte er sie vorsichtig. Goalie war kein Idiot und so wusste er genau, wann er ein Thema sensibel anpacken musste. Nur in seinem eigenen Leben wusste er noch nicht so genau, was er tun sollte, doch in dem Leben der anderen, da kannte er sich immer bestens aus.
„Ja klar, wieso fragst du?“ Während sie sprach, hatte Sam sich kurz zu ihm umgedreht, danach jedoch wandte sie sich gleich wieder zum Laptop, bei welchem sie jetzt ihr Kennwort eingeben musste.
„Ich weiß nicht, irgendwie hängt ihr zwei viel miteinander ab. Seit gestern, versucht ihr euch jedoch aus dem Weg zu gehen, kann das sein?“ fragte Goalie sie abermals vorsichtig.
„Ach was. Kyle und ich sind einfach nur Nachbarn. Im Grunde genommen, haben wir rein gar nichts miteinander zu tun…“ entgegnete Sam beiläufig, während sie stur auf den Bildschirm sah und den sich drehenden Kreis beobachtete, der zeigte, dass der PC arbeitete.
„Ach erzähl mir doch nichts Sam. Er spricht recht häufig von dir!“ sagte Goalie und setzte sich auf das Bett, da dies dem Laptop am nächsten stand. Er lehnte sich zurück und wartete auf Sams Reaktion. Eigentlich, vermied Kyle es oftmals über Sam zu sprechen und genau das war es, was Goalie aufmerksam machte. Normalerweise hatte Kyle gar kein anderes Gesprächsthema als die Frauen in seinem Leben. Nur über seine Mutter und seine Schwester verlor er selten ein Wort und diese Frauen, waren die Einzigen in seinem Leben die ihm wichtig waren. Goalie wusste genau, dass Sam und Kyle relativ viel Zeit miteinander verbracht hatten, zumindest für Kyles Verhältnisse, dennoch sprach er nur sehr selten über sie. Er schimpfte nicht, wie die anderen, als diese Sam noch nicht gekannt hatten und er beteiligte sich jetzt auch nicht, an den Lobeshymnen die sie veranstalteten. Er hielt sich einfach raus und das, war ganz klar untypisch für seinen Freund. Es schien beinahe so, dass es ihm nicht einmal zu gefallen schien, wenn Sam zu sehr in den Fokus der Jungs rückte.
„Ach was, Blödsinn. Und selbst wenn, Kyle hat gar kein anderes Gesprächsthema als Frauen!“ sagte Sam, die vollkommen unbeeindruckt schien. Goalie kannte Sam noch viel zu schlecht um zu sagen, ob sie dies tatsächlich so meinte, oder einfach nur vorschob, damit man ihr nicht zu sehr in die Seele blicken konnte.
„Naja, er hatte auf jeden Fall keine Neue mehr in den letzten paar Wochen. Scheint fast so, als hätte es Klick gemacht bei ihm!“ sagte Goalie und beschloss es dann dabei zu belassen. Er wollte Sam nicht auf die Nerven gehen, da er dann befürchtete, dass sie auf stur schaltete. Bisher, hatte er ein ziemlich gutes Verhältnis zu ihr aufgebaut und dieses wollte er keinesfalls zerstören.
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Goalie, dieser Vollidiot. In diesem Moment befand er sich wahrscheinlich gerade in Sams Zimmer und verstieß gegen die Regeln. Wenn Goalie dabei erwischt werden würde, wie er sich mit Sam zwischen den Laken amüsierte, dann würde er fliegen. So hatte es der Coach gesagt! Dann hätten sie ihren besten Keeper verloren! Wie konnte dieser Arsch nur so ein Risiko eingehen? Wieso ließ er sich überhaupt mit Sam ein, denn schließlich konnte er ja jede haben!
Kyle befand sich in seinem Zimmer und starrte die kalte, weiße Decke an. Sam und Goalie, wollten ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen und das ärgerte ihn am meisten. Er hatte scheiße gebaut und Goalie nutzte sofort die Chance um sich an Sam ranzumachen. War ja klar gewesen! Goalie hatte schon immer auf etwas unauffälligere Mädels gestanden, doch auf solche wie Sam? Die war ein ganz anderes Kaliber und Goalie wäre ziemlich sicher, ziemlich schnell überfordert mit ihr!
Kyle schwang seine Beine über den Bettrand und ging an die Tür, an welche jemand klopfte.
„Alter kommst du jetzt endlich?“ fragten ihn Danny, Martin und Simmons gleichzeitig. Sie schienen schon ein wenig vorgeglüht zu haben und vollkommen heiß darauf zu sein, endlich loszuziehen. Kyle wollte in diesem Moment sagen, dass er nicht mitwollte, sah jedoch vorher noch auf die Uhr. Es war bereits 10 Uhr am Abend.
„Ich glaube, ich bleibe heute mal im Hotel…“ sagte er lustlos und wollte die Tür gerade schließen.
„Ach nun komm schon. Die anderen sind alle schon versammelt!“ sagten die Jungs, deren Augen vor Vorfreude erstrahlten. Heute Nacht würden mit ziemlicher Sicherheit ein paar Frauenherzen gebrochen werden.
„Nein ehrlich, ich hab Kopfschmerzen…“ sagte Kyle, doch die Jungs wussten, dass das nur eine Ausrede war. „Mutierst du jetzt zu ner Pussy oder was? Kopfschmerzen, das habe ich bisher nur gehört, wenn meine Freundin ihre Ruhe haben wollte und ich jedoch geil war!“ sagte Martin. Martin war der Einzige in der Mannschaft der eine feste Beziehung hatte, die auch noch intakt zu sein schien. Seine Freundin war wirklich klasse, sie machte ihm niemals eine Szene und besuchte jedes Spiel, sofern es denn zuhause stattfand und unterstützte ihn wo sie nur konnte. Im Gegenzug, hatte Martin bisher noch nicht einmal dran gedacht, sie zu betrügen. Die ganzen Spieler waren ständig von heißen Frauen umgeben und obwohl Martin immer zu einem Scherz aufgelegt war und den Frauen nicht einmal aus dem Weg ging, blieb er treu. Und das würde auch in Zukunft so sein, da war sich Kyle sicher, denn dieser Schweinehund hatte das Glück, seine große Liebe gefunden zu haben. Wenn er so über sie sprach, war das nur als Show für die Jungs, denn Martin respektierte seine Freundin und würde alles für sie tun, das wusste Kyle.
„Jetzt komm, beweg deinen Arsch. Sogar Goalie ist schon da!“ sagten die Jungs und zwinkerten sich gegenseitig zu. Goalie war da? Hatte er etwa nur eine schnelle Nummer geschoben und sie dann zurück gelassen? Kyle wollte nicht nachfragen, ob Sam auch da war, doch er entschied sich einfach mitzugehen und dann Goalie, wenn möglich ein klein wenig auszufragen.
„Ok, ich schnapp mir schnell meine Jacke dann kanns los gehen!“
Fünf Minuten später, kamen alle vier Jungs unten in der Lobby an, wo der Rest der Mannschaft, einschließlich Coach und sogar Sam wartete. Sie war also auch hier. Kyle hätte sie gar nicht so eingeschätzt, dass sie nach dem ersten Sex mit einem Mann gleich mal wieder los zog. Eher hätte er gedacht, dass sie wohl zu der Sorte gehörte, die danach noch kuschelte und dann Arm in Arm einschlief. Aber naja, so konnte man sich irren.
Er beachtete Sam einfach nicht, doch es war ihm dennoch aufgefallen, dass sie neben Goalie stand und sich gerade köstlich über irgendetwas amüsierte. Ihre Hand lag auf seiner Brust. Kyle schüttelte den Kopf und ging stur auf den Rest der Mannschaft zu. Das war wahrscheinlich doch keine gute Idee gewesen heute Abend mitzugehen. Er konnte es nicht verhindern, sich zu fragen, ob es überhaupt das erste Mal bei Sam und Goalie gewesen war. Die beiden gingen von Anfang an, sehr vertraut miteinander um. Vielleicht führten sie schon etwas länger eine Affäre? Es schien ihnen auf jeden Fall nichts auszumachen, in der Öffentlichkeit zu turteln! Sein Hass auf seinen ehemaligen Freund wuchs von Minute zu Minute und Kyle schwor sich, sollte Goalie Sam auf irgendeine Art verletzten, so würde er ihm in den Arsch treten!
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Ok, Sam versuchte wirklich sich nicht darüber zu freuen, dass Kyle da saß als hätte er einen Stock im Arsch. Doch die Tatsache, dass er sie standhaft nicht beachtete (zumindest versuchte er es) und dass er auch mit Goalie kein Wort sprach, weil er der Meinung war, die beiden hätten was miteinander gehabt, machte sie irgendwie glücklich. Sie dachte keinesfalls, dass Kyle eifersüchtig war. Doch sie wusste, dass es ihm nicht passte wenn sie ihre Zeit mit Goalie verbrachte, weshalb auch immer. Sie hatte ihm eins reingewürgt! Doch musste sie dieses Spielchen schnell beenden, denn sie wollte keinesfalls die Freundschaft der beiden auch noch aufs Spiel setzen.
Sie erhob sich und ging in die Richtung, in der sie die Toiletten vermutete. Es war ein schöner und gemütlicher Abend. Die Frauen strömten zwar nur so an ihren Tisch, aber wen wunderte es schon? Sie genoss einfach die Gespräche mit den Jungs (solange sie da waren) und wandte sich dann den nächsten zu. Das Interview mit Goalie war wirklich schnell gegangen und vor allem sehr interessant gewesen. Goalie stammte ursprünglich aus einer kleinen Stadt in Texas, also war er eigentlich ein kleiner Cowboy. Da er aber so weit wie nur möglich von dort hatte verschwinden wollen, war er auf das Staten College gegangen, wo er sich voll und ganz entfalten konnte. Warum er unbedingt aus seiner Heimatstadt hatte wegziehen müssen, wollte er nicht sagen und Sam hatte auch nicht weiter nachgehakt. In seiner High School Zeit, war Goalie sowohl in der Mathe AG und dem Chemie Club, als auch in der dortigen Fußballmannschaft gewesen. Es hatte so was wie Nerds oder die Obercoolen nicht gegeben. Die Schule hatte im Allgemeinen aus insgesamt nur 200 Schülern bestanden, worunter sich alle kannten und eigentlich auch verstanden. Also eigentlich war er vollkommen behütet aufgewachsen. Das gab alles sehr schönen Stoff für sein Portrait her. Neben der Vergangenheit hatte er ihr auch über seine jetzigen Vorlieben erzählt, dass er immer noch gerne lernte und aus diesem Grund auch Kriminologie studierte. Er hatte gemeint, sollte das mit dem Fußball nichts werden, wovon er ausging, hätte er noch ein weiteres festes Standbein. Polizist zu werden, war wohl ein geheimer Traum von ihm, den er sich mit diesem Studium erfüllen wollte.
„Na? Ich hoffe ihr hattet euren Spaß?“ fragte Sam eine Stimme hinter ihrem Rücken und als sie sich umdrehte entdeckte sie Kyle dort. Er war ihr hinterhergegangen! Sie konnte sich leider ein Lächeln nicht verkneifen doch sie entschied sich, diese Sache jetzt aufzulösen.
„Kyle, ich weiß nicht was du denkst, aber er hat mir lediglich ein Interview gegeben, für das Portrait, welches ich über ihn schreibe. Martin ist morgen dran!“ sagte sie schulterzuckend und wollte weiter gehen.
„Du kannst mir ja sonst was erzählen. Wahrscheinlich hast du jetzt Angst, dass du einen Ruf als Mannschaftsschlampe bekommst und versuchst jetzt, noch schnell dein Image aufzupolieren!“ sagte er und hielt sie mit seinen Worten auf. Sam konnte sich ein abwertendes Auflachen nicht verkneifen.
„Ha. Hörst du dir eigentlich zu, wenn du sprichst?“ fragte sie ihn und drehte sich doch noch einmal um. Sie hätte echt auflachen können. Sie und eine Mannschaftsschlampe! Sie hatte noch nicht mal einen richtigen Kuss gehabt, wie sollte sie da als Mannschaftsschlampe enden?
„Ich weiß ja nicht, was du heute genommen hast, aber nein ich habe keine Angst als Mannschaftsschlampe dazustehen. Wie dir vielleicht aufgefallen ist, interessiert sich keiner der Jungs auch nur ansatzweise für mich! Du spinnst dir da irgendwas zusammen und langsam fängt das an, mir auf die Nerven zu gehen. Selbst WENN ich mit Goalie geschlafen hätte, was eigentlich mehr als nur absurd ist, da ich so was nicht tue, würde es dich einen Scheißdreck angehen! Ich weiß wirklich nicht, was mit dir los ist Kyle aber langsam aber sicher, verscherzt du es dir mit mir! Bezeichne mich noch einmal als Schlampe und ich schlag dich Grün und Blau! Wir beide wissen genau das ich das kann!“ sagte sie und lachte noch einmal auf.
„Ha ich und eine Mannschaftsschlampe, wenn du wüsstest!“ sagte sie noch und verschwand dann in der Toilette und ließ Kyle zurück. Was zum Teufel war nur in ihn gefahren?? Er hatte gesehen, wie Sam sich mit Goalie unterhalten hatte, wie sie gemeinsam mit den anderen gelacht und wie sie ihren Spaß gehabt hatten, ohne Kyle mit einzubeziehen. Dann hatte er gesehen, wie Sam sich erhoben hatte und zu den Toiletten gegangen war und irgendwie hatte es Klick gemacht und er war ihr gefolgt. Er hatte ihre diese Sachen gar nicht an den Kopf werfen wollen, doch irgendwie schien sein Gehirn im Moment nicht richtig zu funktionieren. Hatte er sie tatsächlich gerade als Schlampe bezeichnet?? Er hatte noch niemals einer Frau so was an den Kopf geworfen und jetzt tat er das genau bei Sam?? Sie sollte ihn vielleicht tatsächlich grün und blau schlagen, weil dann vielleicht endlich sein Verstand wieder richtig funktionieren würde.
Er musste endlich wieder der Alte werden und sich nicht von einer Scheiße in die nächste reiten. Es konnte doch nicht sein, dass er es nicht schaffte mit Sam klarzukommen! Er war bisher immer mit allen klar gekommen, verdammt! Er schwor sich in dieser Minute eine Sache: Er würde es schaffen sich mit Sam zu vertragen und dann die Freundschaft, die bestand, beizubehalten! Er hatte keinen Bock mehr, sich wie ein Kleinkind aufzuführen und das würde er somit auch nicht mehr tun!

19. Kapitel: „ Klar, wieso auch nicht…“


Endlich war sie wieder zuhause. Es waren anstrengende drei Tage gewesen, die sie erlebt hatte. Natürlich hatte sie auch ihren Spaß gehabt, sie hatte aber auch schlechte Erfahrungen gemacht und Kyles wahren Charakter kennengelernt. Er hatte ja vollkommen verrückt gespielt die letzten Tage und Sam konnte sich nicht erklären, was mit ihm nicht stimmte. Wieso nur, war er wenn sie vollkommen alleine waren so einfach? Er war charmant, witzig, sie konnte sich wirklich mit ihm amüsieren und er brachte sie zum lachen. Sobald jedoch andere in der Nähe waren, oder sie einfach in einer anderen Situation waren schien er vollkommen aus der Bahn zu geraten.
Das war jedoch nicht mehr ihr Problem. Er hatte es gewagt, sie nachdem er sowieso schon Mist gebaut hatte, als Schlampe zu bezeichnen. Wie konnte er das nur tun? Ihr war natürlich schon auch klar, dass sie ihn absichtlich auf die falsche Fährte hatte locken wollen, doch dass er sie als Schlampe bezeichnen würde, das hatte sie nicht erwartet. Sie hatte ihn nur ein wenig aus der Fassung bringen wollen doch er war natürlich wieder mal vollkommen über das Ziel hinaus geschossen. Was sie aber am allermeisten an dieser ganzen Sache störte war, dass es ihr so viel ausmachte, dass er sie dermaßen falsch eingeschätzt hatte. Noch niemals war es ihr wichtig gewesen, was die anderen von ihr dachten und jetzt scherte sie sich um die Meinung eines Schönlings, der ihr doch eigentlich den Buckel runterrutschen konnte.
Ihr kam die Idee, dass Kyle vielleicht von Anfang an so über sie gedacht hatte und sich nur aus einem bestimmten Grund so viel mit ihr beschäftigt hatte, doch ihr fiel nicht ein weshalb genau er das getan haben könnte. Was könnte er von ihr wollen, dass er sich das antat und die Zeit mit ihr verbrachte?
„Ach das hat doch alles gar keinen Sinn!“ sagte sie und schmiss das Tuch, mit welchem sie gerade ihr Geschirr abgetrocknet hatte hin. Sie musste endlich auf andere Gedanken kommen. Es waren ja schließlich auch schöne Dinge geschehen in den letzten paar Tagen. Sie dachte an die Jungs, die vor ihrer Tür gestanden waren, an den gestrigen Abend in der Bar. Abgesehen von dem Zwischenfall mit Kyle, war der sehr entspannt gewesen und sie hatte sich mit den Spielern besser angefreundet. Nachdem sie aus der Toilette gekommen war, war Kyle bereits verschwunden gewesen und so hatte sie den restlichen Abend verbringen können, ohne sich mit Kyle herumzuschlagen.
Sie ging durch ihr Wohnzimmer, öffnete die Balkontür und trat durch die Tür. Es wurde bereits langsam dunkel und Sam ging an die Brüstung und legte ihre Hände ab. Sie atmete einmal tief ein und schloss dabei kurz die Augen. Was war nur mit ihrem Leben los? Sie wusste es ganz genau, zwanzig Männer der Marke „Hände weg“ stellten es vollkommen auf den Kopf.


Immer noch wütend auf sich selbst, schmiss sich Kyle auf die Couch und schaltete den Fernseher ein. Sam hatte kein Wort mehr mit ihm gesprochen seit dem gestrigen Vorfall und Kyle bereute es zutiefst, dass er ihr solch böse Dinge an den Kopf geschmissen hatte. Er wusste selber, dass Sam wohl die letzte Frau auf Erden war, die man als Schlampe bezeichnen konnte. Sie war ein von Grund auf anständiger Mensch, klar ein bisschen schwierig, aber genau das machte sie doch so interessant. Er wusste genau, dass sie niemals jemandem etwas Böses antun oder wünschen würde, sie würde wahrscheinlich sogar ihr letztes Hemd für jemanden geben, auch wenn sie dies niemals zugeben würde. Nach außen hin versuchte sie zwar die toughe Powerfrau zu spielen, doch Kyle hatte das unwiderrufliche Gefühl, dass es in ihr drinnen ganz anders aussah. Er musste es einfach sagen wie es war, er war vollkommen durchgedreht und wusste selbst nicht einmal genau warum! Nur eine Sache wusste er ganz genau, nämlich die, dass er sich noch niemals so bekloppt aufgeführt hatte! Er hörte sein Telefon klingeln und ging ran, ohne vorher auf das Display zu sehen.
„Ja?“
„Hallo mein Schatz! Wie geht es dir?“ hörte er seine Mutter in den Telefonhörer flöten. Ah sie war also heute gut drauf, das war gut. Besser als andersherum.
„Hey Mom. Na wie geht’s dir?“ fragte er, so wie er es immer tat, obwohl er immer schon an ihrer Stimme hörte, wo sie sich gerade befand.
„Gut geht’s mir! Wie geht es meinem kleinen Engel? Erzähl, was gibt es neues?“
Daraufhin begann Kyle seiner Mutter alles über die letzten Tage zu erzählen, was es zu erzählen gab so wie sie es immer gerne hatte. Sie erfreute sich immer sehr daran, wenn Kyle diese Dinge mit ihr teilte, auch wenn er ihr immer nur die positiven Dinge erzählte, um sie ja nicht aus der Fassung zu bringen.
„Außerdem haben wir eine neue Reporterin in unserem Team!“ erzählte Kyle und fragte sich im gleichen Augenblick, warum genau er es eigentlich für wichtig hielt, seiner Mutter diese Information mitzuteilen.
„Ach eine Frau?!“ fragte seine Mutter überrascht.
„Ja eine Frau. Sie schlägt sich bisher nicht schlecht…“ plötzlich hatte Kyle gar keine Lust mehr, weiter darüber zu sprechen.
„Und?“ fragte seine Mutter und er hörte eine bestimmte Erwartung dahinter.
„Was und?“
„Na mein Schatz, jetzt tu doch nicht so als wüsste ich nicht, was du so alles treibst. Hast du dich mit dem Mädchen schon angefreundet?“ fragte sie vergnügt. Sie war sich offenbar sicher, dass dies der Fall war.
„Naja, ich hab da ein paar Startschwierigkeiten…“ murmelte er ins Telefon und setzte sich an den Tresen.
„Startschwierigkeiten?“ fragte seine Mutter etwas skeptisch. Als ob diese Frage ausschlaggebend war, begann Kyle damit, seiner Mutter alles über Sam zu erzählen, was er bisher mit ihr erlebt hatte und desto länger er darüber sprach, desto mehr stellte er fest, dass es verdammt gut tat diesen ganzen Mist irgendwo abzuladen. Seine Mutter war, wenn sie einen guten Tag erwischte, schon immer eine sehr gute Zuhörerin gewesen, doch ihre Reaktion auf Sam überraschte ihn.
„Das Mädchen hört sich ja wirklich interessant an!“ sagte sie, nachdem er mit seinen Erzählungen abgeschlossen hatte.
„Interessant?? Mom sie hat mich zwei Mal K.O geschlagen!“ sagte er empört und stand dabei auf.
„Ach Schatz, ich bin zwar deine Mutter und ich liebe dich wirklich über alles, aber blind bin ich deswegen bestimmt nicht. Beim ersten Mal hast du es verdient und beim zweiten Mal, auch wenn das nur ein Versehen war, ebenfalls! Wie kannst du nur so unhöflich zu einer Frau sein?“ fragte seine Mutter ihn ein wenig enttäuscht.
Zerknirscht antwortete er „Ach keine Ahnung. Wenn ich wüsste, warum ich das alles gesagt habe, dann hätte ich es ja vermutlich gelassen oder?“
„Mein Schatz, normalerweise stellst du dich nicht so dumm, aber wie dem auch sei das bekommst du bestimmt wieder hin.“
„Wie normalerweise stell ich mich nicht so dumm?“ fragte er irritiert.
„Schatz, früher oder später wirst du schon wissen was du tun musst!“
„Ok, naja. Wie geht’s denn Susan?“ Susan war Kyles kleine Schwester und er liebte sie abgöttisch. Er würde alles für sie tun und das wusste sie auch. So hatte sie ihn schon einige Male an der Nase herumgeführt, was er ihr jedoch nicht übel nahm denn so war das nun mal unter Geschwistern.
„Oh ihr geht’s sehr gut, in der Arbeit läufts auch super!“ antwortete seine Mom.
„Du Schatz, es tut mir Leid, aber ich muss auflegen. Da klopft es gerade an der Tür. Wir telefonieren, in Ordnung?“ ohne das Kyle noch etwas erwidern konnte, legte seine Mutter auf und hinterließ nur noch den stetigen Ton der Leitung.
Er nahm das Telefon vom Ohr weg und blickte darauf. Seine Mutter. Schüttelnd drückte er ebenfalls den Auflegeknopf und stellte dann das Telefon zurück in die Ladestation. Anschließend machte er sich auf den Weg zu seinem Balkon, öffnete die Tür und blickte auf die Stadt. Was hatte seine Mutter nur damit gemeint, dass er sich normalerweise nicht so dumm stellte? Diese Aussage wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf. Am Telefon schien seine Mutter von Sam ziemlich begeistert gewesen zu sein, was sie genau genommen noch niemals von einer Frau war. Naja, man musste aber auch sagen, dass Kyle äußerst selten von welchen erzählte und wenn dann solche Geschichten, die seine Mom sofort abwürgte. Er benutzte diese Geschichten meist dafür, damit seine Mutter nicht nachfragte wie es in der Liebe so lief. Insgeheim hoffte sie wohl immer noch auf eine Schwiegertochter.
Kyle hörte, wie über ihm die Balkontür geöffnet wurde und wie Sam dann offenbar auf den Balkon trat. Sein Herz schlug sofort ein wenig schneller und bevor er nachdenken konnte, über das was er tat, wich er einige Schritte zurück, so dass Sam ihn nicht sehen konnte. Er hörte wie sie kurz angestrengt aufstöhnte und dann war es still.


Sam war es gar nicht gewöhnt, so viel freie Zeit zu haben. Jetzt seitdem Semesterferien waren, hatte sie nur noch die Interviews und die Artikel zu schreiben, ansonsten konnte sie frei über ihre Zeit verfügen. Sie setzte sich in einen der Korbsessel, die auf ihrer Terrasse standen und genoss den angenehmen Abend. Sie hatte ihr Pensum für diese Woche bereits geschafft. Zwei Interviews mit Spielern, dann noch den Artikel. Der nächste Artikel wäre erst in fünf Tagen wieder fällig, denn da fand das nächste Spiel statt. Sie schloss die Augen und dachte daran, wie sie im Bus gesessen war, an Kyles Schulter gelehnt. Sofort öffnete sie sie wieder und musste sich zeitgleich eingestehen, dass sie seine rabiate und ehrliche Art irgendwie vermisste. Sie war bei weitem noch nicht bereit dazu ihm zu verzeihen, auf gar keinen Fall würde sie das, doch sie hatte sich irgendwie an ihn gewöhnt. Und jetzt da sie wusste, dass die beiden gestritten waren, fiel es ihr schwer nicht an ihn zu denken. Darin vermutete sie zumindest den Grund.

Nach dem Training am nächsten Tag, wurden die Spieler von den Cheerleadern begrüßt, die aufgrund eines Footballspiels welches zeitgleich stattgefunden hatte, nicht bei dem Fußballspiel hatten dabei sein können.
„Ahh!! Ihr habt gewonnen! Wir haben aber auch nichts anderes erwartet!“ schrie Sherry und sprang Kyle von hinten auf den Rücken. Dieser legte automatisch seine Arme um sie um das Gleichgewicht zu halten.
„Ja haben wir! Klar!“ sagte er grinsend und drehte sich zu ihr um. Sam stand ein wenig Abseits und beobachtete das ganze Spektakel. Überall waren Cheerleader zu sehen, die sich auffällig an die Spieler ran schmissen. Mit den Cheerleadern war sie noch nicht so wirklich warm geworden und irgendwie fühlte sich sofort tatsächlich ins Abseits verdrängt. Eines der Mädels, sie glaubte dass ihr Name Jenniffer oder so ähnlich war, ging auf Kyle zu und drückte ihm, obwohl er gerade vollkommen in ein Gespräch mit Sherry verwickelt gewesen war, einen Kuss auf die Lippen. Vollkommen perplex stand er ersteinmal da, bevor er einen Schritt zurück ging und dann zu Sherry sagte sie solle bitte runter. Dann packte er Jenniffer am Arm und ging mit ihr davon. Sam hatte alles ganz genau beobachtet und ärgerte sich gerade zutiefst darüber. So ein Vollidiot! Wenn hier jemand die Mannschaftsschlampe war, dann ja wohl eindeutig ER oder etwa nicht? Sam stand von der Tribüne auf und ging die paar Stufen nach unten, dann ging sie an den Spielern und Cheerleadern vorbei und verließ das Stadion genau in die andere Richtung, in welche Kyle und Jenniffer verschwunden waren.
„Wo gehst du denn hin?“ hörte sie hinter sich Martin fragen, der sich ein wenig abgekapselt hatte von der ganzen Euphorie.
„Naja, ich steh nicht so auf Gang Bang!“ sagte Sam lächelnd.
„Ha, Gang Bang, das war gut! Aber eigentlich ist es immer dasselbe. Wenn die Mädels nicht dabei waren bei einem Spiel, dann gratulieren sie uns eben im Nachhinein.“ Sagte Martin schulterzuckend.
„Und warum bist du dann nicht dort?“ fragte Sam ihn und lehnte sich an die Tribüne.
„Gute Frage. Es geht mir irgendwie auf die Nerven, wenn sie das tun!“ sagte er lachend und strich sich dann mit der Hand durch die Haare.
Seitdem die beiden gestern Nachmittag das Interview gemacht hatten, hatte Sam das Gefühl, dass sie sich wesentlich besser verstanden als vorher. Martin war eigentlich schwer in Ordnung, tat zwar oftmals so als wäre er im Grunde genommen der gleiche Player wie die anderen, doch das war er nicht. Er hatte ihr von seiner Freundin erzählt, von ihren Plänen zu heiraten (er hatte sie jedoch darum gebeten, dass nicht in ihrem Artikel zu erwähnen) und noch vieles mehr. Alleine von den Erzählungen her, konnte Sam seine Freundin richtig gut leiden.
„Weißt du, die meisten Mädels von den Cheerleadern sind gar nicht übel. Irgendwie haben sie jedoch immer das Gefühl, sie müssten sich hinter irgendeiner Fassade verstecken. Verstehst du was ich meine?“ fragte Martin und lehnte sich ebenfalls an die Tribüne.
„Ja das verstehe ich!“ sagte Sam nachdenklich. Sie versteckte sich auch hinter einer Fassade. Sie tat immer so als wäre sie starke Frau, auf die sich alle verlassen konnten, das musste sie ja schließlich auch, doch in ihr drinnen sah es oftmals ganz anders aus.
„Ich muss jetzt wirklich gehen!“ sagte Sam zu Martin und verabschiedete sich noch schnell von ihm, bevor sie sich abwandte. Martin hatte vermutlich Recht mit der Aussage, die Mädchen würden sich hinter einer Fassade verstecken, doch Sam fragte sich, weshalb sie sich unbedingt diejenige aussuchen mussten, die sie zu den wahren Schlampen in dieser Geschichte machte. Sei bezweifelte stark, dass Kyle Jenniffer oder Sherry jemals als Schlampe bezeichnet hatte, sie aber schon! ‚Schluss und vorbei mit diesen blöden Gedanken!!’ sagte sich Sam und ging schnurstracks in den nächsten Supermarkt, rief ihre Freundin an und vereinbarte mit ihr ein Treffen. Heute war es mal wieder Zeit, für eine Flasche Rotwein und richtig schönen, gepflegten Frauenklatsch!

„Er hat was??“ fragte Janine ihre Freundin, die bereits bei ihrem dritten Glas Rotwein war. Sam hatte ihr erst einmal alles drum herum erzählt, von den Jungs, von dem Spiel, hatte jedoch das Thema Kyle vermieden. Erst nachdem Janine nachgefragt hatte, war es aus ihr herausgeplatzt.
„Ja und jetzt ärgere ich mich so darüber, dass ich ihn nicht mehr aus meinem Kopf herausbringe! Ständig sehe ich ihn vor mir stehen, wie er mich als Mannschaftsschlampe bezeichnet. Wie er mich mit seinem kühlen Gesichtsaudruck ansieht. Sag mal ehrlich Janine, was hab ich getan? Ich muss ja wohl wieder irgendwas falsch gemacht haben, oder?“ fragte Sam ein klein wenig angetrunken. Ihre Freundin saß ihr auf dem Sofa gegenüber und schwenkte ihr Weinglas. So viel sie auch darüber nachdachte, ausnahmsweise war sie der Meinung, dass Sam sich vollkommen fehlerfrei verhalten hatte. Außer sie verheimlichte ihr was, doch das hatte Sam noch niemals getan.
„Tatsächlich bin ich der Meinung, dass du gar nichts falsch gemacht hast!“ teilte Janine ihrer Freundin mit, die sich entspannte.
„Oder? Das hab ich mir auch gedacht!“ sagte Sam und nickte dabei um ihre Aussage zu verstärken.
„Naja, zumindest hast du ihn dafür ein zweites Mal niedergeschlagen!“ sagte Janine lachend.
„Eigentlich finde ich das gar nicht komisch. Eigentlich wollte ich ihn nicht schlagen, ich hab mich nur erschreckt. Er war zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort!“ sagte Sam etwas zerknirscht.
„Und dass der Typ vielleicht doch was von dir will?“ fragte Janine vorsichtig, denn sein Verhalten erinnerte sie einzig und allein an das Verhalten, welches Henry an den Tag gelegt hatte, als sie beide noch nicht zusammen gewesen waren.
„Ach Schwachsinn. Heute erst ist er mit Jenniffer abgezischt! Janine ich brauche einen ehrlich Rat von dir!“ sagte Sam. „Ich komme mit dem Typen einfach nicht mehr zurecht!“


Ok, er musste nur logisch überlegen. Was würde eine Frau hören wollen, wenn ein Mann sich bei ihr entschuldigte?? Er saß in seiner Wohnung und dachte tatsächlich darüber nach, wie er sich bei Sam entschuldigen konnte. Diese eisige Stille zwischen den beiden, stresste ihn mehr als er erwartet hatte. Beim Training hatte er sich heute ein wenig ablenken können. Auch hatte er sich über die Glückwünsche der Mädels gefreut, naja bis auf den von Jenniffer, die mal wieder vollkommen über die Stränge geschlagen hatte, aber so war sie nun mal. Er hatte sie sich heute noch mal zur Brust genommen und ihr klipp und klar gesagt, sie solle ihn endlich in Ruhe lassen, weil er das langsam aber sicher nicht mehr lustig fände. Da sie bei diesem Mal nicht betrunken gewesen war, war sie sogar relativ einsichtig gewesen, auch wenn sie ihn zuerst schnippisch gefragt hatte, ob er eine Freundin hätte, da er sich anscheinend ihrer Meinung nach, total seltsam benahm.
„Natürlich hab ich keine Freundin, wie kommst du nur immer auf so einen Müll? Nur weil ich keinen Bock darauf hab, mit dir unter der Tribüne ne schnell Nummer zu schieben, denkst du da steckt ne andere dahinter?“ hatte er sie gefragt.
„Genau das ist es ja Kyle. Du hattest bisher IMMER Lust, eine schnelle Nummer zu schieben!“ hatte sie ihm geantwortet, dann war ihr Blick nach unten gewandert „Oder hast du etwa Probleme damit ihn hochzukriegen?“ Sie hatte Mitleid mit ihm gehabt, das hatte er in ihren Augen gesehen! Bei dieser Aussage hatte er hingegen laut auflachen müssen.
„Oh Mann Jenniffer, du hast echt keine Ahnung!“ Sie hatten noch ein paar Minuten weiter gesprochen, in diesen hatte er ihr versichert, dass er bestimmt KEINE Probleme damit hatte ihn hochzukriegen außerdem hatten sich beide darauf geeinigt, dass Jenniffer sich einen anderen suchte und Kyle erstmal tabu war.
„Es ist zwar schade drum, aber was solls. Auch andere Mütter haben heiße Söhne!“ hatte sie ihm zum Abschied zwinkernd mitgeteilt und war dann davon getänzelt. Das war auf jeden Fall einfacher gewesen als gedacht.
Als er zurück gekommen war, war Sam bereits verschwunden gewesen und auch die Hälfte seines Teams hatte sich bereits in der Kabine befunden. Auf dem gesamten Heimweg hatte er dann darüber nachgedacht, was Jenniffer gesagt hatte. Er hoffte stark, dass sie nicht noch auf die Idee kam irgendeinen Blödsinn rumzuerzählen. Er und eine Freundin! Das war ja beinahe noch absurder als die Behauptung, er hätte Erektionsschwierigkeiten. Seitdem er jedoch in seiner Wohnung angekommen war, überlegte er, wie man sich nur bei einer Frau entschuldigte. Er hätte einfach Jenniffer fragen sollen doch er war sich sicher, dass sie sich dann in ihrer Vermutung bestärkt gefühlt hatte, also war er im Endeffekt froh es gelassen zu haben.
Ok, über was hatten sich Sam und Kyle denn so unterhalten die letzten Tage über? Er ging sämtliche Begegnungen durch und blieb dann schließlich, bei einer hängen. Als sie zusammen nachhause gegangen waren, hatten sie über irgendwas gesprochen, was er benutzen konnte, das hatte er im Gefühl. Nach einigen Minuten des Grübelns, kam ihm der rettende Einfall und er sprang auf, zog sich seine Jacke über und verließ seine Wohnung. Jetzt wusste er, was er tun konnte!!


Mittlerweile ziemlich beschwipst saßen die beiden Freundinnen in Sams Wohnung und lachten über das was Sam erzählte.
„Dann standen sie zusammen vor meiner Tür und Danny hat sich beinahe in die Hosen gemacht! Ich glaube ich muss echt mal überdenken, wie ich mit Menschen umgehe, ich meine bin ich wirklich so schrecklich?“ fragte Sam, obwohl sei bei dem Gedanken an das Zusammentreffen kichern musste. Ja sie kicherte!! Man musste aber auch dazu sagen, dass dies nur geschah, wenn sie ein wenig zu tief ins Glas schaute.
„Ach was Sam. Das ist doch das was dich ausmacht! Anders wärst du ja langweilig. Und mal ehrlich, solchen Playern wolltest du ja noch nie gefallen, oder?“ fragte Janine sie und beobachtete dabei ganz genau den Gesichtsaudruck ihrer Freundin.
„Nein das nicht, aber ich will auch nicht, dass die Menschen Angst vor mir haben um ehrlich zu sein!“ entgegnete Sam.
„Das haben sie auch nicht, wenn dann haben sie Respekt vor dir und das ist auch gut so. So etwas wie damals mit Logan, sollte nicht noch mal passieren!“ sagte Janine und augenblicklich, war die Stimmung im Keller.
„Du darfst dich aber auch nicht immer von dieser Sache beeinflussen lassen Sam. Du musst endlich wieder lernen zu vertrauen! Ja ich weiß, Kyle hat Mist gebaut, aber mein Gefühl sagt mir, dass er das nicht so gemeint hat. Also vielleicht überlegst du dir, ihm einfach zu verzeihen? Du bist wohl die Erste die wissen müsste, dass man aus Dummheit manchmal auch Dinge sagt, die so nicht gemeint sind. Wenn du ihm noch eine Chance gibst, hab ich irgendwie das Gefühl, dass er sie nutzen wird. Dir geht’s doch schlecht, weil ihr gestritten seid, gibs zu! Denk einfach noch mal darüber nach…“ in dem Moment ertönte die Klingel an der Tür und die beiden sahen sich irritiert an.
„Wollte Henry noch vorbei kommen?“ fragte Sam Janine, die jedoch schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab eigentlich gesagt, ich rufe ihn an wenn er mich abholen kann!“ sagte sie und sah zur Tür. Erneut klingelte es und beide standen auf.
„Jamie kanns auch nicht sein, oder?“ fragte Sam, doch als Janine den Kopf schüttelte klingelte es ein drittes Mal.
„Na jetzt geh schon und öffne die Tür!“ sagte Janine und machte eine wegscheuchende Geste.
„Sofort!“ rief Sam in Richtung Tür und setzte sich sogleich in Bewegung. Wer konnte das nur sein?
Als sie die Tür öffnete stand sie ersteinmal ziemlich perplex da. Was wollte der denn hier?
„Kyle??“ fragte sie irritiert und drehte sich dann nach hinten, wo Janine stand.
„Hey Sam.“ Sagte Kyle ein klein wenig unsicher. Er hatte sich jedoch sehr genau überlegt was er sagen wollte und er würde sich daran halten, damit nicht schon wieder so ein Mist wie beim letzten Mal rauskam.
„Bevor du jetzt die Tür vor meiner Nase zuschlägst hör mir bitte kurz zu. Ich glaube ich war die letzten drei Tage irgendwie auf Drogen, denn ich kann mir nicht vorstellen, warum sonst ich mich wie der größte Vollidiot aufgeführt habe, den es wohl gibt. Du hattest vollkommen Recht mit dem was du gesagt hast, mit allem und ich entschuldige mich jetzt ganz offiziell noch mal bei dir dafür. Ich wollte dir wirklich nicht weh tun, aber ich weiß auch nicht, irgendwie war ich seltsam drauf. Ich verspreche dir, wenn du mir noch mal eine Chance gibst, dass ich der beste Freund sein werde den du haben kannst! Ehrlich!“ Kyle hatte seine kleine Rede nur so runtergerasselt und als er endete, lehnte sich Sam gegen den Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Und was ist, wenn du mal wieder auf so nem Trip bist? Ich hab echt keine Lust dauernd deinen Boxsack zu spielen Kyle. Ich habe nichts Falsches getan, das habe ich mir sogar bestätigen lassen, und trotzdem warst du so! Also wenn du mir nicht erklären kannst, was los war, dann glaube ich nicht, dass ich dir verzeihen kann!“ entgegnete Sam.
Ok. In seinem Kopf drehte sich alles, sämtliche Rädchen waren in Bewegung auf der Suche nach einer richtigen Erklärung. Natürlich wollte sie wissen, warum er so gewesen war, aber wenn er es doch selbst nicht so wirklich wusste, wie sollte er es ihr dann erklären?? Angestrengt dachte er nach, er wusste nicht wie lange er da im Flur stand, doch Sam dauerte es anscheinend zu lange, denn sie bewegte sich und nahm die Tür in die eine Hand. Langsam begann sie damit sie zu schließen, doch Kyle stoppte sie in der Bewegung und Sam sah noch einmal zu ihm hoch.
„Ok, ich glaube ich war eifersüchtig, ok? Du tust, sobald die Jungs in der Nähe sind, immer so als würden wir uns gar nicht kennen und das geht mir ziemlich auf den Sack! Und die Sache mit Goalie…da….ach was solls. Ich wollte mir einfach nicht vorstellen, dass du mit Goalie schläfst! Ich glaube weil ich befürchtet habe, dass er dich verletzen könnte!“ Kyle war vollkommen außer Atem, denn so viel Gefühlsduselei war zu viel für ihn.
Sam schien noch ein wenig skeptisch und sagte „Warte bitte kurz einen Moment!“ dann wandte sie sich ab und sah in die Wohnung hinein. Er hörte sie flüstern, was genau sie sagte verstand er jedoch nicht.


Ok, Sam musste zugeben, dass sie solch eine Ansprache nicht erwartet hatte und im Moment fand sie es ziemlich mutig von ihm so ehrlich zu sein, denn sie hätte es wahrscheinlich nicht sein können.
„Warte bitte kurz einen Moment!“ sagte sie zu Kyle und wandte sich dann ab um Janine zu fragen, was sie davon hielt. Janine war eine Meisterin in Sachen Wahrheit oder Lüge, sie würde wissen ob Sam Kyle noch eine Chance geben sollte.
„Was denkst du?“ fragte sie ihre Freundin. Normalerweise hätte sie solch eine Entscheidung natürlich selber gefällt, da sie jedoch ein klein wenig beschwipst war, war sie sich nicht sicher, ob sie als vollkommen zurechnungsfähig galt und nur aus diesem Grund wollte sie sich absichern.
Janine zeigte mit dem Daumen nach oben und flüsterte ihr dann zu „Wenn du die Entschuldigung nicht annimmst, dann bist du bescheuert!“
‚Na Danke’ dachte sich Sam und sah dann wieder zur Tür hinaus.
„Ist da jemand in deiner Wohnung?“ fragte Kyle sie verunsichert und versuchte einen Blick hinein zu erhaschen.
„Nein, wie kommst du darauf??“ fragte Sam vollkommen unschuldig.
„Ok, wie auch immer. Als Friedensangebot hab ich noch was dabei!“ sagte Kyle und jetzt schien er ein klein wenig aufgeregt. Kyle Thompson und aufgeregt! Das brachte Sam zum lächeln. Kyle griff auf den Boden und hielt eine Schachtel Pizza in der Hand, mit der anderen Hand zog er aus seiner Jacke eine DVD.
„Was ist das??“ fragte Sam ihn neugierig. Sie fand die Geste alleine schon echt süß, doch als Kyle ihr mitteilte, welchen Film er geholt hatte, war sie vollkommen überzeugt.
„Du hast da mal was von nem Film namens „Notebook“ erwähnt. Ich dachte, den sehen wir uns zusammen mal an…“ sagte er und wirkte dabei so schüchtern, dass Sam nicht mehr anders konnte als ihn anzulächeln.
„Du hast mir also tatsächlich zugehört…“ sagte sie anstatt ihm eine Antwort zu geben.
Verwirrt legte er die Stirn in Falten und fragte „Klar wieso auch nicht?“
Sam zuckte mit den Schultern und entgegnete „Klar wieso auch nicht…“ und nachdem sie erneut in einen kurzen Blick in die Wohnung warf, öffnete sie die Tür komplett und sagte „Ok, komm rein!“
Sam war selbst überrascht, wie schnell sie ihm verzeihen konnte, doch wie sie bereits festgestellt hatte, sie hatte ihn und seine Art irgendwie vermisst. Für sich hatte sie also irgendwie beschlossen, dass sie es noch einmal versuchen würde und zwar auch bevor er vor ihrer Tür gestanden war.
Kyle hingegen konnte sein Glück kaum fassen! Er hatte es geschafft! Jetzt musste er nur noch dafür sorgen, dass er es sich nicht noch einmal mit ihr verdarb, das konnte doch wohl kaum so schwer sein.

20. Kapitel: „Danke noch mal…“


Als Kyle durch die Tür trat und die Frau die dort stand erblickte, hatte er das Gefühl er hätte sie bereits einmal gesehen. Ja klar, sie war doch die Freundin von Sam, die schon bei einem Spiel mit dabei gewesen war. Verwirrt sah Kyle zu Sam hinüber, die vollkommen unschuldig, mit den Armen hinter dem Rücken verschränkt, da stand und auf Kyles Reaktion achtete.
„Ähm ja hallo. Ich bin Kyle!“ sagte er so höflich wie nur möglich und streckte der Frau die Hand entgegen.
„Janine, aber wir kennen uns bereits. Obwohl, du kannst dich wahrscheinlich nicht daran erinnern…“ sagte sie ein klein wenig trocken. Es erschien ihm so, als wolle sie ihn auf die Probe stellen. Er kramte in seinem Kopf nach einer weiteren Erinnerung, kam jedoch nicht darauf, was sie meinen konnte. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, er hatte mit Sicherheit einmal mit Janine geschlafen und sich danach nicht mehr bei ihr gemeldet. Oh verdammt, kein Wunder, dass er sich so schwer tat bei Sam.
„Es tut mir wirklich Leid, dass ich mich nicht gemeldet habe.“ Sagte er ein wenig eingeschüchtert und sah erneut zu Sam hinüber, die jetzt die Stirn kraus gezogen hatte und ihn etwas fragend betrachtete.
Auch Janine schien ihm nicht folgen zu können.
„Äh wie bitte?“ fragte Janine und trat einen Schritt auf ihn zu. Er hob abwehrend die Arme, denn für ihn schien diese Geste so, als wolle sie ihm jeden Moment eine runterschlagen und er wollte mit Sicherheit nicht schon wieder Prügel von einer Frau kassieren.
„Na, du weißt schon. Nach dem Sex…“ fügte er beinahe flüsternd hinzu und hoffte, dass Sam es nicht mitbekam. Doch natürlich tat sie das und da prustete sie auf einmal los. Kyle drehte sich zu der Verrückten um und sah dann wieder zu Janine, die ihn jetzt ebenfalls lächelnd betrachtete. Dann setzte sie sich in Bewegung.
„Also Süße, ich verschwinde. Hab Henry schon angerufen, das er mich bitte holen soll. Und so hässlich wie du gesagt hast, ist der Kerl doch gar nicht!“ sagte Janine mit einem Augenzwinkern in Sams Richtung, verschwand dann durch die Tür und ließ die beiden schweigend zurück.
Hässlich??? Was ging denn hier ab?
Sam räusperte sich und ging an Kyle vorbei ins Wohnzimmer, er folgte ihr sogleich und entdeckte die Überreste der Zweierfete die die beiden gefeiert hatten. Eine Tüte Chips, die auf dem Tisch lag, ein Teil des Inhalts über diesen verstreut, eine leere Weinflasche, die andere bereits bis zur Hälfte ausgetrunken. Ah ja, die beiden waren also ein klein wenig betrunken gewesen!
„Ähm, hab ich vorhin eigentlich was falsches gesagt?“ fragte Kyle, weil er Sam langsam auf den Zahn fühlen wollte. Er musste wissen, woher er Janine kannte.
„Was meinst du?“ fragte sie, während sie schnell die Kissen auf dem Sofa richtete und die Chipskrümel in ihre offene Hand schaufelte.
„Ach komm schon, ich weiß doch, dass da irgendwas nicht ganz rund gelaufen ist!“ sagte Kyle und ging zu dem Tisch, nahm die leere Weinflasche und trug sie in die Küche, dann packte er sich den Pizzakarton und legte ihn auf den Tisch. Sogleich schmiss sich Sam auf ihren gewohnten Platz, öffnete die Schachtel und packte sich das erste Stück. Nachdem Kyle nicht locker ließ und Sam einen Blick entgegenwarf, der eindeutig sagte „Na los, erzähl schon!“ legte Sam das Pizzastück wieder zurück und sah ihn lächelnd an.
„Ok, was brennt dir auf der Seele!“ sagte Sam und zog ihre Beine an, um sich im Schneidersitz hinsetzen zu können.
„Janine, ich kenne sie irgendwo her, woher??“ fragte Kyle sie und dachte noch einmal an seine Vermutung, er hätte mit Janine Sex gehabt. Doch irgendwie entsprach sie so gar nicht seinem Typ. Nicht das er sie nicht heiß fände, aber er war sich ziemlich sicher, dass SIE nichts mit IHM anfangen konnte.
„Ok, weißt du noch, als du total besoffen vor meiner Tür aufgetaucht bist und im Badezimmer aufgewacht bist?“ fragte Sam und musste sich ein Lachen verkneifen.
„An diesem Tag war Janine auch da gewesen und hatte mir dabei geholfen, dich ins Bad zu schaffen. Sie hat dich übrigens auch vor einem Kübel Wasser gerettet, denn ich wollte dich sofort loswerden!“ sagte Sam und fing dann an zu lachen.
„Es ist einfach zu komisch, dass du sofort der Meinung warst, ihr hättet was miteinander gehabt!“ und erneut lachte sie los. Kyle saß mit den Ellbogen auf den Oberschenkeln da und brachte ein trockenes „Haha“ heraus. Doch er musste eine Sache zugeben: Es tat so gut, Sam beim lachen zuzusehen und sie lachte ausnahmsweise über ihn! Sie war nicht mehr wütend auf ihn sondern entspannt wie eh und je, was natürlich auch am Rotwein liegen konnte.
„Ich find das gar nicht so komisch!“ fügte Kyle hinzu, falls Sam noch nicht verstanden hatte, was er damit hatte aussagen wollen. „Ich schon!!“ entgegnete Sam und kugelte sich mittlerweile auf dem Sofa.
„Lass dir ruhig Zeit!“ sagte Kyle erneut trocken und richtete seinen Blick auf den Fernseher, der nebenher stumm lief.
„Obwohl wenn ich es recht überlege, fühlst du dich nicht ziemlich schäbig, wenn du meinst du hättest eine deiner Affären vergessen?“ fragte Sam ihn, nachdem sie sich langsam beruhigte.
Kyle zuckte mit den Schultern und erwiderte „Ich hab mich geändert!“, nahm jedoch seinen Blick nicht vom Fernseher.
„Ja klar. Wann denn?“ fragte Sam jetzt und packte sich ihr bereits angebissenes Stück Pizza.
„Ach keine Ahnung. Seit ein paar Wochen schon habe ich keinen Bock auf irgendwelche sinnlosen Affären!“ sagte Kyle und stellte fest, dass ihm dieses Thema nicht ganz geheuer war. Erst heute hatte Jenniffer ihm nur weil er das gesagt hatte, unterstellt er hätte Probleme damit seinen Schwanz hochzukriegen und von Sam wollte er das auf keinen Fall ebenfalls hören.
„Seit ein paar Wochen?“ fragte Sam ihn interessiert, hörte sich jedoch bei weitem nicht so beeindruckt an, wie sie sollte.
„Das ist alles?“ fügte sie dann hinzu und zog so Kyles Blick wieder auf sich.
„Was soll das denn heißen?? Klar, das ist mein persönlicher Rekord seit meinem 16. Lebensjahr!“ sagte er etwas zerknirscht.
„Kyle, nur weil du ein paar Wochen kein Verlangen verspürst mit jeder in die Kiste zu hüpfen, heißt das noch lange nicht du hättest dich geändert. Außerdem willst du mir doch wohl nicht erzählen, dass du nichts mit Jenniffer hattest heute hinter den Tribünen, oder?“ fragte sie ihn etwas neckisch. Es machte ihm wesentlich mehr aus, dass es ihr nichts auszumachen schien, als das sie nicht sonderlich beeindruckt war von seinem Rekord.
„Nein Sam, ich hatte nichts mit Jenniffer. Ich habe ihr lediglich mit freundlichen Worten mitgeteilt, dass sie mich endlich in Ruhe lassen soll!“ sagte Kyle und fuhr sich mit der rechten Hand durch die immer länger werdenden Haare.
„Zum zweiten Mal abserviert. Das muss weh tun…“ murmelte Sam und sah dann Kyle genauer an.
Schließlich gab sie zu bedenken „Vielleicht Kyle, hast du dich gar nicht verändert, sondern nur dein Beuteschema. Du hast festgestellt, dass diese Mädchen dir nicht mehr ausreichen. Da du aber nur von solchen umgeben bist, kannst du dieser Theorie gar nicht nachgehen, denn du lernst ja sonst keine Frauen kennen. Vielleicht sollten wir zwei irgendwann mal zusammen in ne Bar gehen, dann suche ich dir eine aus und die wird die Richtige sein!“ sagte Sam und strahlte, also ob sie gerade den Einfall schlechthin gehabt hätte.
„Klar, das machen wir…“ erwiderte Kyle erneut trocken. Wieso nur, machte es Sam nicht mal im Geringsten etwas aus, mit Kyle darüber zu sprechen, welche Frau zu ihm passte?
„Und umgekehrt, suchst du mir einen Kerl aus. Goalie empfindest du ja offensichtlich als nicht gut genug. Ich will schließlich auch nicht alleine sterben…“ sagte Sam verträumt.
„Klar, ok…“ murmelte Kyle doch in seinem Inneren war gar nichts Klar oder OK. Er wollte auf gar keinen Fall mit Sam in eine Bar gehen und ihr irgendeinen Typen beschaffen! Doch warum nicht?
Bevor Kyle weiter darüber nachdenken konnte, sprang Sam auf und schnappte sich die DVD, die Kyle neben den Pizzakarton gelegt hatte und legte sie in den DVD-Player ein. Schon starteten die Trailer und Kyle lehnte sich zurück um seine Jacke auszuziehen. Sam hatte sich zwischenzeitlich wieder aufs Sofa geworfen und sagte dann „Du kannst dich auch hierher setzen, wird sonst bestimmt ungemütlich, wenn du den Kopf immer so drehen musst!“ sagte Sam und klopfte mit der flachen Hand auf den Platz neben sich. Sehr viele Frauen vor ihr hatten das bereits getan und Kyle hatte immer gewusst, was sie damit hatten aussagen wollen, doch Sam sah ihn dabei dermaßen unschuldig an, dass er sich sicher war, dass sie solche Gedanken gar nicht kannte.
„Ok, in Ordnung!“ sagte Kyle und zuckte mit den Schultern, eine Sekunde später ließ er sich neben Sam auf dem Sofa nieder. Wenn sie so nebeneinander saßen, erschien es Kyle wieder so, als wäre Sam so klein und zerbrechlich er hingegen im Vergleich dazu, groß wie ein Riese. Er legte seinen Arm auf die Kopflehne und ab da schwiegen sie beide und sahen sich nur noch den Film an, der von einer Liebe erzählte, die sämtliche Hürden genommen hatte.

Kaum zu glauben, dass er hier saß, mit Sam die an seine Schulter gelehnt schlief und schnarchte!! Während er selber sich den Film ansah und kaum die Augen davon losbrachte. Wie konnte eine Liebe so lange überstehen, obwohl doch sowohl Menschen als auch das Schicksal einige Dinge getan hatten um sie zu verhindern! Ein Mann, der obwohl er nicht wusste, ob er jemals die Frau seiner Träume wieder sehen würde, das Haus für sie anfertigte. Nach ihren Wünschen, in der Hoffnung irgendwann mit ihr dort leben zu können?
Für Kyle waren dies alles Aspekte, die er noch niemals so kennengelernt hatte. In diesem Moment, die zwei Hauptpersonen befanden sich gerade auf einem kleinen Bootsausflug, schnarchte Sam einmal laut auf und drehte sich dann auf die andere Seite, wo sie sich kurze Zeit später niederließ und dann weiter schlief. Kyle lächelte bei dem Anblick von Sam und freute sich darüber, dass es für sie vollkommen normal zu sein schien zu schlafen, während er daneben saß. Er stand auf, ging auf den Hocker beim Fenster zu und packte sich eine Decke, die er kurze Zeit später über Sam legte und sie somit zudeckte. Dann setzte er sich wieder auf seinen vorherigen Platz und blickte wieder zum Fernseher, wo die zwei Protagonisten gerade übereinander herfielen und schlussendlich zusammen im Bett landeten. Sie wurden von der Liebe füreinander getrieben, von der Anziehung zwischen ihnen. Sam rührte sich erneut neben ihm und streckte dann ihre Beine aus, so dass diese plötzlich auf seinem Schoß lagen. Er musste zugeben, das war wieder einmal eine Premiere, eine Frau die friedlich neben ihm schlief ohne irgendwelche Zusatzgedanken. Er musste auch zugeben, dass ihm dies gefiel. Dieses Gefühl, dass sich jemand in seiner Gegenwart geborgen fühlte, obwohl er doch so viel Mist gebaut hatte. Er lehnte seinen Kopf nach hinten und sah sich weiter den Film an doch schon bald konnte auch er nicht mehr und schlief, mit Sams Beinen in seinem Schoß ein.
Wo war sie? Sam öffnete ihre Augen und stellte fest, dass sie ihm Wohnzimmer eingeschlafen war. Sie hatte nicht einmal die erste halbe Stunde durchgehalten, was mit ziemlicher Sicherheit an dem Rotwein gelegen hatte, der sie immer sehr schläfrig machte. Sie spürte neben sich auf dem breiten Sofa eine Bewegung und erstarrte. Sie sah an sich herunter und stellte fest, dass Kyle sie wohl zugedeckt hatte. Sie stand auf und entdeckte Kyle mit dem Kopf an der anderen Seite des Sofas, während seine Beine an ihrem Körper entlang, gestreckt waren. Sam lächelte einmal kurz und fragte sich, seit wann es für sie in Ordnung war, dass ein beinahe Fremder mit ihr gemeinsam auf einer Couch schlief. Sie hatte sich wirklich verändert in den letzten Wochen. Langsam stand Sam auf und ging in die Küche, wo sie den Filter der Kaffeemaschine wechselte nur um gleich einen nachzulegen und den Kaffe hineinzufüllen. Sie schaltete die Maschine ein und ging ins Badezimmer, wo sie sich die Zähne putze, dann die Haare kämmte. Sie würde später duschen, denn das war dann doch zu viel des Guten. Während ein Mann in ihrer Wohnung war, würde sie das vermeiden.
Als Sam fertig war, ging sie wieder ins Wohnzimmer zurück, doch Kyle schlief immer noch also änderte sie ihre Richtung und goss den Kaffee in zwei Tassen, brachte sie ins Wohnzimmer und holte anschließend noch Milch und Zucker. Nachdem sie den DVD-Player ausschaltete, dessen Bildschirmschoner immer noch über den Fernseher jagte, sprang der Fernseher automatisch um und schon ertönten die ersten Klänge ihrer Lieblingsserie. Auf dem Sofa rührte sich etwas und ganz langsam stand Kyle schließlich auf und blickte sich im Raum um.
„Sorry, bin wohl eingeschlafen!“ sagte er verschlafen und rieb sich die Augen.
„Ich hab Kaffee für dich gemacht…“ sagte Sam und nickte in die Richtung in der die Tasse stand.
„Danke.“ Sagte Kyle, der eine äußerst kratzige Stimme hatte. Sam wusste nicht was sie sonst noch sagen sollte, also konzentrierte sie sich auf den Fernseher, während neben ihr Kyle ruhig da saß und erstmal genüsslich seinen Kaffee trank.
„Der Film gestern der war für ne romantische Sülze gar nicht mal so übel.“ Sagte Kyle nach einigen Minuten des Schweigens.
„Leider hab ich das Ende nicht mehr mitbekommen. Sorry übrigens noch mal, dass ich eingeschlafen bin. Nicht, dass du denkst ich wollte über dich herfallen oder so!“ sagte er mit dem Blick in Sams Richtung. Sie stellte fest, dass er Angst davor hatte, schon wieder etwas falsch gemacht zu haben.
Sam lächelte und antwortete „Also Bitte. Ich glaube unsere gemeinsame Vergangenheit hat gezeigt, dass du nicht mal im Ansatz die Chance hättest über mich herzufallen!“ „Stimmt auch wieder, wie komme ich nur auf solche Ideen?“ fragte er lachend und stand dann jedoch auf.
„So ich geh jetzt mal, ich muss dringend unter die Dusche!“ sagte er etwas verlegen und kratzte sich mit der Hand am Hinterkopf. Sam nickte und stand auf „Ja klar, in Ordnung. Danke noch mal für die Pizza und den Film, auch wenn ich leider nicht recht viel davon mitbekommen habe!“ In diesem Moment waren beide ein wenig gehemmt, wahrscheinlich wegen der neuen Situation, doch beide wussten, dass diese Hemmung nicht lange anhalten würde. Gemeinsam gingen sie zur Tür und Kyle öffnete sie, schritt hindurch und drehte sich noch einmal zu Sam um.
„Danke noch mal, dass du mir den Mist den ich verbockt habe verziehen hast!“ sagte er schließlich, so als hätte ihm dieser Satz schon die ganze Zeit auf der Zunge gebrannt.
„Ja, da musst du wohl vor allem Janine danken. Sie hat ein gutes Wort für dich eingelegt…“ sagte Sam wahrheitsgetreu und blickte dann in ein überraschtes Gesicht.
„Janine? Sie kennt mich doch gar nicht!“ sagte Kyle verdutzt, dankte der Freundin jedoch im Stillen dafür.
„Naja, ich glaube obwohl sie dich nicht wirklich kennt, kann sie dich ganz gut leiden!“ erwiderte Sam ein wenig nachdenklich. „Ok Kyle, wir sehen uns dann!“ fügte sie schließlich hinzu und schloss dann die Tür, während Kyle sich auf den Weg zu seiner Wohnung machte. Seine Mutter konnte Sam anscheinend auch ganz gut leiden, obwohl sie sie nicht kannte. Woran das wohl lag? Als er bei sich in der Wohnung ankam und sie betrat, fühlte er sich irgendwie einsam. Er dachte noch einmal über Janine nach, die sich für ihn bei Sam eingesetzt hatte. Bei der nächstbesten Chance, würde er sich bei ihr dafür bedanken, denn er musste eine Sache zugeben: Bevor er Sam kennengelernt hatte, hatte er sich immer ein wenig alleine gefühlt. Klar er war immer umgeben von Menschen, von Frauen, von Trainern und Dozenten, doch niemand hatte sich wirklich für IHN interessiert. Wenn dann interessierten sich die Menschen für sein Talent, für sein Wissen, für seinen Körper. Keiner von ihnen wollte mit ihm als Komplettpaket etwas zu tun haben, Sam hingegen schon irgendwie. Naja, sie war offensichtlich überhaupt nicht an seinem Körper interessiert, sein Talent war ihr schnuppe, sein Wissen egal. Doch das waren die Dinge die ihn ausmachten, also warum genau hatte sich Sam entschieden, einem Vollidioten wie ihm zu verzeihen und es noch einmal zu versuchen? Im Endeffekt war es ihm auch egal, wenn er es recht überlegte, denn es stimmte. Bevor er Sam kennengelernt hatte, hatte er sich alleine gefühlt. Seitdem Sam jedoch irgendwie in sein Leben gestolpert war fühlte er sich irgendwie komplett.

21. Kapitel: „Ist es das was ihr glaubt…“


Auch die nächsten zwei Spiele gewann das Team mit links und Sam freute sich mittlerweile mit ihnen mit, anstatt nur über sie zu berichten. Die Artikel über Goalie und Martin waren eingeschlagen wie eine Bombe und hatten die verkaufte Stückzahl ihrer Zeitung nach oben getrieben. Wie erwartet, liefen vor allem die Frauen des Colleges, jedoch auch diejenigen die bereits fertig waren damit, mit der Zeitung in der Hand rum. Einige der Studentinnen die Sam kannten, sprachen sie darauf an, fragten wie es war mit solchen heißen Männern unterwegs zu sein. Sam hatte jedoch die Fragen mit einem Schulterzucken abgetan, denn für sie war es erstens, nichts besonderes und zweitens, sah sie nicht die heißen Kerle in ihnen die sie waren, sondern sie sah sie immer mehr als Freunde. Die Jungs kamen mittlerweile sogar schon zu ihr, wenn sie irgendwelche Probleme hatten. Mit Frauen, mit Freunden und mit den restlichen Dingen die Männer so beschäftigten.
Sam merkte sehr genau, dass die Frauen des Colleges ihr nicht nur bewundernde Blicke zuwarfen, sondern auch missbilligende. Sie waren eifersüchtig, ganz klar, doch konnte Sam dafür rein gar nichts. Sie war in diese Sache irgendwie mit rein gerutscht und versuchte sich nur anzupassen. Dass sie auch noch gut klar kam mit den Jungs, war reiner Zufall. Sie glaubte es selbst nicht, wie leicht es war mit ihnen zu sprechen und die Zeit zu verbringen, doch es war als wären all diese gutgebauten und teilweise äußerst notgeilen Jungs, ihre Brüder. Denn genauso verhielten sie sich auch in Sams Gegenwart. Sie hatten es endlich aufgegeben, nicht mehr zu fluchen, Gespräche über Frauen einzuschränken, oder unangemessene Gesten zu unterlassen. Nein sie verhielten sich ganz natürlich, was den Umgang untereinander wirklich sehr stark vereinfachte. Nur Dennis schien ein Problem mit ihr zu haben und distanzierte sich zusehends von der Gruppe, doch konnte sie sich nicht erklären was sein Problem war. Sie hatte ihm nie was getan, nicht einmal mit ihm gesprochen, doch sie sah es ihm direkt schon an, dass er ein Problem mit ihr hatte. Mittlerweile jedoch war es ihr schon egal, denn wenn er etwas von ihr wollte, dann solle er zu ihr kommen, sie würde den ersten Schritt mit Sicherheit nicht machen.
Somit waren es mit Dennis und Kyle bereits zwei, die bei dem Portrait nicht mitmachten. Ja Kyle hatte ihr in einem vier Augen Gespräch mitgeteilt, dass er lieber keinen Artikel von sich allein in der Zeitung haben wollte. Sie hatten heftig diskutiert, doch Sam hatte eingesehen, dass es seine Entscheidung war und ihn somit in Ruhe gelassen. Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun und Sam stellte immer mehr fest, dass Kyle und sie tatsächlich Freunde sein konnten. Sie gingen immer gemeinsam nach Hause und sprachen in dieser Zeit über Gott und die Welt, er hing oft bei ihr rum und sie sahen sich irgendwelche DVDs an, mittlerweile hatte Kyle sogar Janine und Henry kennengelernt und sich seltsamerweise prächtig mit ihnen verstanden. Über zwei Wochen waren jetzt seit dem Abend, an welchem Kyle vor ihrer Tür gestanden war, vergangen und Sam fragte sich, wo die Zeit nur blieb. Als nächstes würden die Portraits von Simmons und Danny erscheinen, die hatte sie bereits fertig. Heute nach dem Spiel würde sie den Artikel verfassen, wohl wieder mit Kyles Hilfe und danach hatte sie den Jungs versprochen sie in ihre Lieblingsbar zu begleiten und mal anständig mit ihnen zu feiern. Das war sie ihnen schuldig, denn sie erleichterten ihr das Leben ungemein. Sie waren Stützpfeiler auf die sie sich verlassen konnte, auch wenn das seltsam klang, denn wer konnte sich schon auf Player verlassen?
„Woah Shit, das war knapp!“ sagte Danny, der auf der Ersatzspielerbank direkt neben ihr saß und gerade kommentierte was auf dem Platz geschah. Die Jungs lieferten sich gerade ein Match gegen die Phillipes Soccers, so nannte sich die Collegefußballmannschaft, und taten sich überraschend schwer dabei. Eigentlich galten die Soccers als eine äußerst unauffällige Mannschaft, doch sie kämpften auf dem Platz was das Zeug hielt. Es stand 2:1 und es waren noch rund fünf Minuten zu spielen. Kyle tauchte in Sams Blickfeld auf, dieser schrie gerade einem Teamkameraden zu, dass er frei stehe. Sie hatte einmal bemerkt, dass Kyle bei den Spielen immer ein langärmliges Oberteil trug um seine Tattoos zu verdecken. Als sie darauf angesprochen hatte, hatte er ihr erzählt, dass wohl der Vorsitzende dieses Turniers ein ziemlich reservierter Mann war und somit dies angeordnet hatte. Normalerweise reichte es die Tattoos abzukleben, doch bei Kyle würde dies nichts helfen, da sein gesamter Arm voll damit war. Bis jetzt hatten die beiden jedoch noch nicht über die Bedeutung gesprochen und Sam hatte das Gefühl, dass sie auch nicht einfach so fragen konnte. Sie hatte nämlich festgestellt, dass Kyle einige Themen hatte, über die er überhaupt nicht sprechen wollte. Zu diesen gehörte vorwiegend seine Familie. Egal was man ihn fragte, ob über seine Mom, seine Geschwister, seinen Dad, er blockte ab und wechselte das Thema. Im Gegenzug jedoch wollte auch er nichts darüber wissen, was Sam ganz lieb war, da sie nicht wusste wie sie ihm erzählen sollte. Vielleicht, dass ihre Eltern bei einem Autounfall gestorben waren und ihre Brüder beschlossen hatten, ihre eigenen Leben zu leben und sie dabei zu vergessen? Seit Monaten hatte keiner von ihnen angerufen und Sam hatte auch nicht das Bedürfnis es zu tun. Im Moment war sie mit ihrem Leben so glücklich wie es war und da brauchte sie niemand anderen. Sie hatte ihre Brüder vielleicht auf eine Art und Weise verloren, doch hatte sie das Gefühl, 19 neue dazu gewonnen zu haben. Dennis ließ sie absichtlich außen vor, denn nicht nur dass er nicht mit ihr sprach, er hasste sie regelrecht den Blicken nach zu urteilen.
„Wuhu!!!“ schrien auf einmal alle los und Sam blickte sich überrascht um. Als sie jedoch sah, wie die Spieler das Feld verließen wurde ihr klar, dass sie gewonnen hatten. „Strike!“ murmelte sie und klatschte dann einen der Spieler ab, der auf sie zukam und beide Hände nach oben hielt.
„Sehr gut Jungs!“ sagte sie lachend und fühlte sich in keinster Weise bedroht von den 20 Männern, von denen die meisten sie um mindestens einen Kopf überragten. Plötzlich wurde sie von ihren Beinen gerissen und beinahe schon in der Luft umhergeschleudert, bevor sich zwei feste und starke Arme um ihren Rücken legten und sie an den dazugehörigen Körper aus Stahl zogen.
„Hast du das gesehen! Zwei Tore Baby, das ist Saisonrekord von mir!“ jubelte Kyle ihr ins Ohr, während er sie immer noch an seine Brust gedrückt festhielt und ihr beinahe schon die Luft zum atmen nahm. Obwohl er geschwitzt hatte und klatschnass war, stellte Sam für sich fest, dass sie in keinster Weise ekelerregend fand. Im Gegenteil!
„Ich hab nicht alles gesehen, aber ich freu mich auf jeden Fall für dich!!“ sagte Sam lachend und genoss die Umarmung, war jedoch auch froh als er sie wieder sicher auf dem Boden absetzte. Er legte beide Hände auf ihre Schultern und sah sie an „Sam Raven, du bist mit Sicherheit unser Glücksbringer!“ Kyle war ja vollkommen außer sich, stellte Sam fest und lachte einfach, anstatt ihm zu widersprechen. Goalie kam auf die beiden zu und legte seinen Arm um Sams Schultern und sagte „Da stimme ich dir voll und ganz zu Thompson! Seid sie dabei ist läuft alles noch besser als normal!“ Sam sah zu dem knapp eins neunzig großen Riesen hinauf und sagte „Ich glaube eher das ist Zufall, oder glaubst du etwa ich und meine Engelsgleiche Ausstrahlung sorgen dafür, dass ihr gewinnt?“ Sie verzog ihr Gesicht so, dass es aussah als wäre sie gerade äußerst genervt.
„Nein nicht deine Engelsgleiche Ausstrahlung!“ sagte plötzlich ein dritter hinter ihr und alle drei sahen in die Richtung „Einfach deine Art!!“ sagte Simmons und stellte sich zu ihnen.
„Na da seid ihr euch ja anscheinend einig!“ sagte Sam und hob eine Augenbraue nach oben. Sie sah sich kurz um und entdeckte die Frauen die um die Spieler herum verteilt bereits auf dem Rasen standen und ihr einen giftigen Blick zuwarfen. Naja, wer konnte es ihnen auch verübeln? Nach Kyle waren wohl Goalie und Simmons die begehrtesten, danach kam der Rest der Mannschaft so ziemlich auf dem gleichen Platz.
„Gut herausbekommen Miss Marple und vergiss nicht, dass du uns was versprochen hast!“ sagte Simmons und zwickte ihr kurz in die Wange bevor er sich entfernte und ins Getümmel stürzte. Im Vergleich zu Goalie, der im Allgemeinen nicht so schlimm wie die anderen Jungs war und Kyle der, wie er sagte, seine ruhige Phase hatte, hielt sich Simmons in keinster Weise zurück bei den Frauen und genoss seine momentane Pole Position.
„Der Junge ist einfach unverbesserlich!“ sagte Goalie kopfschüttelnd und auch Kyle sah ihm lachend hinterher.
„Naja, glaubt mir, den wird’s bald erwischen, das hab ich irgendwie im Gefühl!“ sagte Sam mit dem Blick auf Simmons, sicher. „Wie kommst du darauf?“ fragte Goalie sie und ließ dabei ihre Schultern los, um sich auf Kyles Seite zu stellen. Mit dem Blick, der immer noch auf Simmons gerichtet war, antwortete sie „Naja, Simmons ist nun mal ein Bad Boy und die erwischts ja bekanntlich immer als erstes!“ dann zuckte sie mit den Schultern, wandte sich ab und ließ die beiden Jungs einfach mit ihren Gedanken alleine stehen.


„Naja, Simmons ist nun mal ein Bad Boy und die erwischts ja bekanntlich immer als erstes!“ sagte Sam und rührte dabei in Kyle etwas, was er noch nicht so ganz verstand. Bei dieser Aussage hatte sein Herzschlag auf jeden Fall ein wenig zugenommen und er hatte Sam einfach nur angesehen und darauf gehofft, dass sie irgendeine Erklärung von sich gab. Doch das tat sie nicht, stattdessen drehte sie sich um und ließ ihn und Goalie alleine stehen. „Was meint sie damit?“ fragte Goalie verwirrt, doch da Kyle ebenfalls keine Ahnung hatte, zuckte er nur mit den Schultern und sagte „Keine Ahnung!“ während er Sam dabei beobachtete, wie sie zu Danny ging und ihm dann was sagte. Sam hatte einen frischen Wind in die Truppe gebracht, das mussten beide Jungs zugeben doch sie und ihre Weisheiten, verstand nicht jeder auf Anhieb.
„Ich glaube die Mädels haben ein Problem mit Sam…“ sagte Goalie zu Kyle, der immer noch neben ihm stand und Sam beobachtete.
„Wie kommst du darauf?“ fragte Kyle ihn und wandte sich in seine Richtung.
„Shirley ist letztens zu mir gekommen und hat mich gefragt, was denn die langweilige Kuh eigentlich die ganze Zeit bei uns macht. Als ich sie gefragt habe, wen sie meint, sagte sie, dass Sam nicht zu uns passen würde. Dann hat sie mich gefragt, ob sie vielleicht jedem kostenlose Dienste anbiete, denn sie könne nicht verstehen, was wir an der finden!“ erzählte Goalie. Bei diesen Worten wurde Kyle wütend. Wie konnten Frauen nur so sein? Schon bald würde sich wahrscheinlich auf dem gesamten Campus das Gerücht verbreiten, Sam wäre eine Schlampe die sich die Freundschaft zu den Spielern erkaufte.
„Eine andere meinte, dass eine so unscheinbare Person wie Sam nicht für dieses Leben gemacht sei…“ fügte Goalie hinzu und beobachtete Sam jetzt ebenfalls, diese ging gerade auf die Ersatzbank zu und holte ihren Rucksack.
„Wie für ‚dieses Leben’?“ fragte Kyle ihn. „Ich denke, die Frauen sind der Meinung, dass Sam vom Typ her einfach zu unwichtig erscheint, um tatsächlich Fuß zu fassen in unserer Gruppe. Ich bin zwar nicht ihrer Meinung, denn Sam passt wie die Faust aufs Auge hier rein, doch die Frauen fangen jetzt schon an gegen sie zu keifen. Ich denke wir sollten ein Auge auf Sam behalten, denn du weißt wie grausam eifersüchtige Frauen sein können!“ sagte Goalie, der sich offenbar wirklich Sorgen machte.
Oh ja das wusste Kyle, doch er hatte keine Zeit darauf noch etwas zu erwidern, denn er entdeckte Sam inmitten der Menschenmenge die gerade auf eine direkte Konfrontation mit den noch kurz vorher genannten Personen zusteuerte. Shirley, Jenniffer und Abby warteten bereits auf sie.
Sam war sichtlich erleichtert, dass die Jungs gewonnen hatten, machte sich jetzt jedoch langsam auf den Heimweg, da sie unbedingt mit dem Artikel beginnen wollte. Sie wollte nicht nur, sie musste sogar, wenn sie tatsächlich heute noch mit den Jungs in die Bar gehen wollte. Sie verstaute die letzten Dinge unterm gehen in ihrem Rucksack und blieb dann jedoch abrupt stehen, da ihr jemand im Weg stand. Als sie nach oben blickte, standen Shirley, Jenniffer und Abby vor ihr. Drei der Mädels, mit denen sie überhaupt nicht zurecht kam.
„Hallo…“ sagte Sam freundlich und wollte um sie herum gehen, doch die Mädels ließen ihr keine Möglichkeit vorbei zu kommen und so blieb Sam entnervt stehen.
„Kann ich euch irgendwie behilflich sein?“ fragte sie während sie ihren Blick auf die drei richtete. Alle drei waren gute 10 cm größer als sie, doch einschüchtern ließ sie sich dadurch nicht.
„Weißt du Saam…“ Shirley hatte das Wort ergriffen und zog Sams Namen in die Länge, so als wolle sie damit zeigen, dass sei weniger Wert war, als der Boden auf dem Shirley lief.
„Du gehst uns langsam ein wenig auf die Nerven!“ beendete sie ihren Satz. Shirley hatte diesen Satz ausgesprochen, als wäre es ein Kompliment gewesen, lächelte dabei sogar noch! Sam stand teilnahmslos da und blickte sie einige Sekunden lange einfach nur an.
„Weißt du Shirley…“ auch Sam zog ihren Namen ein wenig in die Länge „Das ist mir scheißegal!“ Erneut wollte sie sich an den dreien vorbei drücken, doch sie ließen es nicht zu und langsam aber sicher kam sich Sam so vor, als befände sie sich in der High School. Was für ein Kindergarten.
„Mädels, lasst mich vorbei und es passiert nichts.“ Sagte Sam mittlerweile vollkommen genervt und sah die drei erneut an. „Was hast du den Jungs geboten, dass sie so scharf auf dich sind? Bläst du ihnen nach den Spielen immer einen?“ fragte jetzt Abby, die ja anscheinend vollkommen bekloppt war.
„Vielleicht? Eifersüchtig?“ fragte Sam sie schnippisch. Mit dieser indirekten Zustimmung hatte Abby wohl nicht gerechnet und geriet kurz aus dem Konzept. Natürlich sprang Jenniffer in die Bresche.
„Also wenn dem so ist, kann ich es nicht nachvollziehen. Ein so unwichtig erscheinender Mensch wie du es bist hat keinerlei Qualitäten die die Spieler auch nur annähernd interessant finden könnten…“ sagte Jenniffer und wickelte sich dabei eine Haarsträhne um den Finger.
„Ja du bist flachbrüstig, hast keinen Arsch…“ sagte Shirley, doch Sam unterbrach sie und sagte nachdenklich „Mache nicht sofort die Beine breit, wenn danach verlangt wird…“ während sie sich dabei den Zeigefinger an die Oberlippe legte. „Wisst ihr was Mädels, es interessiert mich wirklich einen Scheiß was ihr von mir haltet. Ich mache hier meinen Job und fertig aus. Ihr seid doch nur eifersüchtig, weil ihr zu dumm seid um zu verstehen, dass mit jedem Spieler ins Bett zu hüpfen euch zu genau dem macht, was ihr mir hier unterstellen wollt. Ihr seid nur ihre Betthäschen, nicht mehr und nicht weniger. Also lasst mich jetzt durch, denn dieser Kinderkram geht mir gewaltig auf die Nerven. Und das nächste Mal, wenn ihr mit mir sprechen wollt überlegt euch vorher was ihr sagen wollt, denn diese Unterhaltung hat mich mehr als nur gelangweilt!“
Ein drittes Mal drückte sich Sam jetzt an den drei Grazien vorbei und schaffte es auch, da sie sich nicht mehr zurückhielt. Sie ging einige Schritte, als sie einen kleinen Aufschrei hinter sich hörte. Als sie sich umdrehte, sah sie Kyle wie er Jenniffers Hand in der seinen hatte und sie nach oben hielt. Was war denn jetzt los?
„Wage es ja nicht, nocheinmal zu versuchen ihr von hinten etwas drüber zu schütten, hast du mich verstanden?“ fragte Kyle sie wütend. Sam sah auf den Boden, wo eine Coladose lag, die langsam auslief und so einen dunklen Fleck auf dem Rasen hinterließ. Der kleine Streit erregte langsam die Aufmerksamkeit der restlichen Leute die auf dem Platz noch standen und einige der Spieler gesellten sich zu Sam, die noch nicht so ganz wusste, was da gerade geschah.
„Lass mich los Kyle!“ sagte Jenniffer und riss ihren Arm aus seinen Fängen, dann rieb sie sich die Stelle am Handgelenk die er noch einige Sekunden zuvor fest in seiner Hand gehabt hatte.
„Was geht ab?“ fragte Simmons, der gerade dazu gestoßen war.
„Die liebe Jenniffer hier, war der Meinung, sie könnte Sam eine Dose Cola drüber schütten, während diese ihr den Rücken zugedreht hatte…’“ sagte Kyle mit verschränkten Armen. Sein Blick jedoch war auf Sam gerichtet.
„Was habt ihr eigentlich für ein Problem?“ fragte Sam plötzlich in die mittlerweile vorherrschende Stille hinein. „Ich mache lediglich meine Arbeit und verstehe mich gut mit den Jungs, also was ist euer Problem?“ fragte sie jetzt in die Runde. Kyle erkannte, wie einige der Mädels den Blick abwandten. Mit Sicherheit hatten auch sie geeifert, nur hatten sie sich im Vergleich zu den anderen Mädels zurück gehalten.
Eine tiefe dunkle Stimme zerschnitt die Stille und Coach K trat in die Mitte. „Was zum Teufel ist hier los?“ er sah zuerst Sam an, die doch mitgenommener aussah als sie wahrscheinlich zeigen wollte und dann zu Jenniffer, die immer noch ihr Handgelenk in der Hand hielt.
„Kyle hat mich verletzt!“ sagte Jenniffer bevor auch nur eine weitere Person etwas sagen konnte. Der Blick vom Coach glitt von Jenniffer zu Kyle, der sich nicht verteidigte, der eigentlich gar nichts tat außer dazustehen und Sam anzusehen.
„Kyle, stimmt das?“ fragte der Coach seinen besten Spieler schockiert.
„Blödsinn!“ sagte Dennis plötzlich, was wohl alle am meisten überraschte.
„Kyle hat Jenniffer nur aufgehalten weil sie ihr eine Dose Cola drüber schütten wollte. Weil Sam meint rumhuren zu müssen, treibt sie einen solchen Keil zwischen die Gruppe. Wenns nach mir geht, hättest du Jenniffer einfach mal machen lassen sollen!“ sagte Dennis und kehrte dann allen den Rücken. Kyle erkannte seinen Freund nicht wieder. Was war nur los mit ihm?
„Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.“ Sagte der Coach mit gerunzelter Stirn. Da Sam lieber ersticken würde, als Kyle die Schuld auf sich nehmen zu lassen, entschied sie die Sache aufzuklären und dann zu verschwinden. Der Tag hatte so gut begonnen nahm jetzt langsam jedoch einen katastrophalen Lauf.
„Jenniffer ist wohl ein wenig sauer, weil ich zu viel Zeit mit den Jungs verbringe, oder so. Keine Ahnung. Anscheinend hat sie die Fassung verloren und wollte mir eben diese Coladose überschütten, doch Kyle hat sie aufgehalten. Er hat also nichts getan und da ich keinen Anlass sehe, hier noch weiter rumzustehen, werde ich jetzt gehen!“ sagte Sam schließlich und ließ die Meute hinter sich zurück.
‚Warum nur musst du immer so tun, als wäre es dir egal?’ fragte sich Kyle in diesem Augenblick, ließ sie jedoch ziehen, denn er wollte noch eine Sache klar stellen und so drehte er sich zu Jenniffer, die ihn aus finsteren Augen ansah, um.
„Solltest du noch mal ein Problem mit Sam haben, dann komm das nächste Mal lieber zu mir. Und noch was, wenn du Sam auch nur die geringste Chance geben würdest, dann wüsstest du, dass sie wirklich nicht übel ist!“ sagte Kyle und ging dann davon.
„Du hättest mich nicht aufhalten sollen Kyle! Das ist eine Sache zwischen mir und ihr, verstanden!?“ bei diesen Worten lachte Kyle laut auf und drehte sich doch noch mal zu Jenniffer um. „Ach Liebes, wenn du wüsstest. Du hast nicht einmal den Hauch einer Chance gegen Sam!“

‚Oh dieses Miststück! Wie konnte sie nur meine Rolle im Team einnehmen??’ Jenniffer rauchte vor Wut. Sie wollte am liebsten auf etwas oder jemanden einschlagen. Sie hätte auf Sam einschlagen sollen! Seitdem diese blöde Sau aufgetaucht war, lief nichts mehr so wie vorher. Kyle wehrte sich immer noch gegen die ihr versprochene Nacht, die anderen Jungs schienen immer beschäftigt zu sein, keiner hatte mehr Zeit und zu allem Überfluss, sprachen sie auch noch ständig von dieser Schlampe! Jenniffer hatte Sam noch niemals wirklich leiden können, schon als sie kurzzeitig in der Redaktion gearbeitet hatte und für die Bilder zuständig gewesen war. Sam dachte wohl, sie wäre irgendetwas Besseres und genauso ging sie mit ihren Mitmenschen um. Sie war kühl, distanziert und sprach kaum mit einem. Doch ganz plötzlich kam sie aus sich heraus und begann mit den Jungs zu sprechen, zu feiern, ihnen Tipps zu geben! Eine verrückte Wandlung? Das glaubte Jenniffer nicht, da steckte mit Sicherheit mehr dahinter! Die führte irgendwas im Schilde und Jenniffer würde herausbekommen was. Sobald sie das hätte, würde sie Sam den Schlag verpassen den sie benötigte um ihr blödes Mundwerk zu halten!


„Sam komm schon, mach die Tür auf!“ rief Kyle der seit einer Minute an ihre Türe hämmerte. Neben ihm standen Goalie, Danny, Martin und Simmons die ebenfalls nachsehen wollten, ob es Sam einigermaßen gut ging.
„Oh Mann die wird sich doch nichts angetan haben, oder?“ fragte Simmons, der gerade wohl dabei war den Teufel an die Wand zu malen.
„Ernsthaft, Mann?“ fragte Martin ihn mit einem abfälligen Blick, bevor er selber die Hand erhob und gegen die Tür klopfte.
„Naja, wer weiß das denn schon mit Sicherheit? Vielleicht hat sie eine Depression und liegt jetzt im Badezimmer, hat sich Pillen eingeschoben oder die Arme aufgeschlitzt…“
„Alter, das Psychologie Fach tut dir nicht gut!“ brachte Goalie seinen Kollegen zum verstummen.
„Wenn was dran ist und ihr habt nichts getan, dann werdet ihr meine Freunde an mich denken!“ sagte Simmons ein wenig beleidigt und schritt einen Schritt zurück. Die restlichen vier sahen sich gegenseitig an und erhoben dann gleichzeitig die Arme um erneut gegen die Tür zu hämmern.
„Sam!“ riefen sie in regelmäßigen Abständen doch es tat sich nichts. Gerade als sie besprachen, wie sie am besten die Tür eintreten könnten, öffnete sie sich doch keiner bekam es wirklich mit.
„Jungs?“ fragte Sam sie vollkommen überrascht und starrte die fünf an, die sich in einen Kreis gestellt hatten und gerade den Plan schlechthin ausheckten.
„Sofort!“ sagte Simmons mit einer wegwerfenden Bewegung in ihre Richtung. Sam verzog die Augenbrauen und lächelte. Was taten die da nur?
„Jungs??“ sagte sie erneut, jetzt jedoch etwas lauter und sofort wendeten sich die Blicke der Fußballer in ihre Richtung.
„SAM!!“ sagten sie alle auf einmal und kamen auf sie zu.
„Dir geht’s doch hoffentlich gut oder?“ fragte Martin, während Simmons ihre Hände bzw. ihre Handgelenke genauer inspizierte.
„Was tut ihr hier?“ fragte sie die fünf, ohne genauer auf Simmons zu achten, da sie ihn wohl noch am wenigsten von allen einschätzen konnte. Irgendwas in seinem Kopf war nicht richtig verkabelt, was genau wusste sie nicht.
„Ähm, ja…“ sagte Kyle und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
„Also…“ sagte Danny und wandte dann seinen Blick auf den Boden.
„Wir dachten dir geht’s vielleicht nicht gut?“ sagte, beziehungsweise fragte Martin sie vorsichtig.
„Warum zum Henker sollte es mir nicht gut gehen? Was tust du da eigentlich?“ Sam fühlte sich mittlerweile verpflichtet Simmons das zu fragen, denn er war gerade dabei ihr langärmliges Shirt an den Armen nach oben zu schieben.
„Ich suche nach Schnittverletzungen!“ sagte Simmons, so als wäre es das logischste der Welt.
„Ok?!“ Sam wusste nicht was sie dazu sagen sollte.
„Ist es das was ihr glaubt? Dass ich mich in meine Wohnung zurück ziehe und mich selbst verstümmle?“ fragte sie jetzt ein wenig erbost.
„Nein, auf keinen Fall!“ sagte Danny vorsichtig und Kyle rettete die Situation, indem er einfach ihr die Schuld in die Schuhe schob.
„Warum hast du nicht aufgemacht? Wir hämmern hier seit bestimmt zehn Minuten gegen die Tür!“ sagte er vorwurfsvoll.
„Entschuldige bitte? Ich habe den Artikel geschrieben und dabei Musik gehört, mit Kopfhörern!!“ sagte Sam und stemmte ihre Arme in die Hüften, was wie die Jungs wussten, nichts gutes verheißen konnte.
„Oh…“ sagte Kyle und blickte sich in der Runde um, schließlich hatte er den wahren schuldigen gefunden.
„Siehst du Simmons, wir haben doch gleich gesagt, dass alles in Ordnung ist!“ sagte Kyle und stemmte jetzt ebenfalls die Hände in die Hüften. Wenn es bei Sam bedrohlich wirkte, dann ja wohl bei ihm erst Recht, oder?
„Entschuldige bitte? Wer ist denn gekommen und hat gesagt ‚Meint ihr ihr geht’s gut? Sollen wir nicht vielleicht lieber mal nach ihr sehen??’ Du hast dich wie eine Pussy aufgeführt!“ sagte Simmons zu Kyle, der ein klein wenig rot anlief.
„Schwachsinn Mann! Außerdem warst du der Erste der sich gemeldet hat mitzukommen!“ sagte Kyle.
Sam merkte sehr wohl, dass diese Diskussion wohl ins Nichts führen würde und wandte sich dann an die anderen drei, die relativ unschuldig herumstanden. „Ihr wolltet also nach mir sehen ja? Hier bin ich, mir geht’s gut und jetzt muss ich weiter machen, sonst wird das heute nichts mehr mit dem Artikel!“ bei diesen Worten verstummten die anderen beiden und sahen sie an.
„Wir helfen dir dabei!“ sagte Simmons begeistert und hatte schon einen Fuß in der Tür. Bevor Sam sich versah, standen fünf Riesenkerle in ihrer Wohnung und machten es sich auf dem Sofa und den beiden Sesseln gemütlich. Sie schloss hinter sich die Tür und ging auf das Wohnzimmer zu, wo bereits nach nur einer Minute, Jacken auf dem Boden lagen, Füße auf dem Sofatisch und Kissen herumgeschleudert wurden. Und dennoch schaffte sie es nicht, die Jungs wegen ihrer übermäßigen Sorge zusammen zu pfeifen, denn schließlich hatten sie es nur gut gemeint! Sie war sich ziemlich sicher, dass sich nicht einer dieser Jungs jemals Gedanken um die Gefühle einer Person gemacht hätten und jetzt saßen sie hier, in ihrem Wohnzimmer und es schien beinahe so, als würden sie genau hier her gehören!
Niemals würde sie ihnen sagen, dass Sam diese Sache die geschehen war doch etwas mehr zu schaffen machte, als sie zugab. Doch ihr Innenleben ging niemanden etwas an! Sie würde nicht das schwächliche Mädchen spielen, nur um das Interesse der Jungs warm zu halten! Sie verstand jedoch immer noch nicht, wo genau Jenniffers Problem eigentlich lag und sie hatte natürlich auch einen großen Teil der letzten zwei Stunden darauf verwendet zu überlegen, wie sie den Mädchen zeigen konnte, dass man sie lieber nicht unterschätzen sollte! Wie sie den Mädchen zeigen konnte, dass sie doch im Grunde genommen auch eine von ihnen war. Vor einer Stunde hatte sie Janine angerufen und sie zu sich bestellt, denn sie wollte heute Abend in der Bar einen Auftritt hinlegen, der den Mädchen zumindest zeigen würde, dass mehr in ihre steckte als nur das kleine unscheinbare Mauerblümchen, welches sie in ihr vermuteten.

22. Kapitel: „Wie läuft es eigentlich mit Kyle…“



„Alter das kannst du so nicht schreiben!“ sagte Simmons entsetzt, als er den Satz sah, den Kyle gerade tippte.
„Warum zum Henker denn bitte nicht?“ fragte Kyle und drehte sich auf dem Stuhl nach hinten, wo Simmons und die anderen Jungs standen und sich richtige Formulierungen überlegten. Sam war zwar größtenteils schon fertig gewesen mit dem Artikel aber es fehlte noch der Schluss, den hatten die Jungs gesagt, würde sie übernehmen. Eine absolute Fehlentscheidung, stellte Sam gerade fest. Sie stand nämlich in der Küche und holte gerade jedem ein Bier, während sich die Jungs voll und ganz dem Artikel widmeten. Sam hoffte nur inständig, dass ihre Wohnung heil blieb, denn die Spieler waren bekannt dafür, eine etwas rabiate Form des Umgangs an den Tag zu legen, wenn sie sich uneinig waren.
„Darum, das hört sich ja vollkommen beschissen an!“ antwortete Simmons und ging auf den Stuhl zu.
„Komm, hau ab, ich schreibe weiter!“ Da Kyle offenbar nicht in Streitlaune war, zuckte er mit den Schultern und stand auf, während die anderen drei Jungs etwas betreten dastanden und sich offenbar Formulierungen überlegten die passen könnten. Eigentlich sollte ja Danny, wenn die Jungs mal ganz logisch überlegten, diesen Part übernehmen, da er selber bei der Zeitung war, doch darauf waren die Jungs noch nicht gekommen. Sam brachte ihnen ihr Bier und kurz darauf klingelte es an der Tür.
„Ah Janine ist endlich da!“ sagte sie erfreut und ging auf die Tür zu. Sie wusste jetzt schon, wie Janine reagieren würde, wenn sie die Jungs in Sams Wohnung entdecken würde, doch wenn die einmal drin waren, dann würden sie so schnell wahrscheinlich nicht mehr abhauen.
„Hey!“ sagte Sam fröhlich, als sie ihre Freundin in der Tür stehen sah. Sie war voll beladen mit Anziehsachen, Henry ihr Verlobter ebenfalls.
„Hey, ich musste mitkommen, da meine Liebste ansonsten unter dem Gewicht ihres Kleiderschranks zusammen gebrochen wäre!“ sagte er und betrat als erstes die Wohnung.
„Von Ladies First, hast du wohl noch nie was gehört!“ rief im Janine hinterher und trat anschließend ebenfalls ein. Sam schloss die Tür hinter den beiden und stellte fest, dass ihre Wohnung heute ganz schön voll war. So viele Menschen, waren noch niemals hier gewesen. Sam musste lächeln, weil ihr dieser Anblick mehr als nur gefiel.
„Weißt du Sam, wenn du etwas mehr Klamotten in deinem Kleiderschrank hättest, mit denen man auch was anfangen kann, dann hätten wir diese Sachen alle gar nicht mitnehmen müssen!“ beschwerte sich Janine weiter.
„Aber mit den Lumpen die du besitzt, könnte man ja nicht einmal im Ansatz ein zauberhaftes Outfit zau…“ in diesem Moment brach Janine ab, als sie die fünf Fußballspieler in Sams Wohnzimmer entdeckte, die sich gerade alle über Simmons Schulter hinweg lehnten um einen besseren Blick auf den Bildschirm zu haben.
„Hallo…“ sagte Janine verdattert und sah dann zu Sam hinüber. Sie sagte nichts, doch ihr Blick sagte alles ‚Was tun diese ganzen Jungs hier in DEINER Wohnung??’
Sam zuckte mit den Schultern und nahm Janine dann den Haufen Klamotten ab.
„Du hättest aber nun wirklich nicht gleich alles mitnehmen müssen!“ sagte sie gleichzeitig und ging dann in ihr Schlafzimmer, wo sie die Sachen auf das Bett legte.
„Was wollt ihr denn mit dem ganzen Kram?“ fragte Kyle, der offenbar aufmerksam geworden war auf die Neuankömmlinge. Gerade als er einen Schritt ins Schlafzimmer machen wollte, hielt ihn Sam auf.
„Du weißt doch Kyle, dass du nichts in meinem Schlafzimmer zu suchen hast, verdammt!“ und schob ihn rückwärts wieder hinaus.
„Was hast du Angst, ich könnte jeden Moment über dich herfallen oder was?“ sagte er mit einem gespielt lüsternen Blick doch Sam ging nicht weiter auf den Scherz ein.
„Du hast einfach nichts zu suchen da drinnen, ich hab es dir schon einmal gesagt!“ bei diesem Punkt würde Sam standhaft bleiben.
„Wo soll ich die Klamotten hinlegen?“ fragte Henry, dem anscheinend der Berg langsam zu schwer wurde.
„In mein Schlafzimmer bitte!“ antwortete Sam freundlich und machte ihm die Tür gleich wieder auf, während er wie selbstverständlich hineinging.
„Irgendwas läuft hier doch gerade schief, oder?“ fragte Kyle, der fassungslos daneben stand und Henry dabei zusah, wie er die Klamotten auf das Bett legte.
„Wieso darf er und ich nicht?“ fragte Kyle und richtete seinen Arm auf Henry, der gerade wieder herauskam.
„Weil ER im Vergleich zu dir, ein anständiger und gesitteter Mann ist!“ beantwortete Sam Kyles Frage und lächelte ihm dabei frech ins Gesicht.
„Du weißt schon, dass deine Logik zum in die Tonne hauen ist, oder?“ fragte Kyle Sam, während diese langsam die Tür schloss. „Für dich vielleicht schon, für mich definitiv nicht!“ entgegnete sie und ging anschließend in die Küche zurück.
„Janine, Henry, wollt ihr was trinken??“ fragte sie ihre Freunde.
„Klar ich nehme ein Bier!“ sagte Henry und Janine hingegen erwiderte „Nein ich will nichts. Das einzige was ich möchte ist jetzt mit dir in dieses Schlafzimmer zu gehen und dich mal richtig umzustylen!“
„Umstylen?“ bei diesem Wort waren die Jungs plötzlich alle beim Thema und wandten sich um.
„Wer lässt sich umstylen?“ fragte Martin.
„Unsere liebe Sam hat beschlossen, heute mal ein wenig was aus ihrem Typ zu machen!“ verkündete Janine stolz, während Sam unbehaglich die Arme vor der Brust verschränkte.
„Ach ja??“ fragte Kyle sie mit einem neugierigen Blick.
„Aber warum?“ fragte hingegen Goalie, der gar nicht begeistert zu sein schien. Simmons hingegen hatte nur ein einziges Wort darauf „GEIL!!“
Nur Danny enthielt sich eines Kommentars und nutzte stattdessen die Aufregung, um schnell ein paar Zeilen zu tippen, bevor die Chaoten wieder an den Artikel dachten.
„Macht jetzt kein großes Drama daraus. Wenns mir am Ende nicht gefällt, dann mach ich mich selbst fertig, wenn schon, dann kann man sich halt ausnahmsweise mit mir in der Öffentlichkeit blicken lassen!“ erwiderte Sam auf die Aussagen der Jungs, woraufhin Kyle sagte „Das kann man auch so…“ sich dann jedoch mit weiteren Kommentaren zurück hielt.
„In Ordnung los geht’s!“ sagte Janine, während sie motiviert in die Hände klatschte und dann Sam am Arm packte um sie ins Schlafzimmer zu bringen.
„Ähm Henry, pass du bitte auf die Chaoten auf, ok?“ sagte Sam solange sie noch konnte. Sie hörte nur noch die empörten Rufe der Spieler, dann schloss sich die Tür.
„Wofür braucht Sam überhaupt ein umstyling?“ fragte Kyle Henry, der auf der Couch saß und gemütlich sein Bier trank.
„Keine Ahnung, auf jeden Fall hat sie Janine angerufen und gemeint, sie bräuchte ihre Hilfe. Ich find es gar nicht so schlecht, dass Sam aus ihrem Schneckenhaus ausbrechen möchte…“ erwiderte dieser Schulterzuckend und trank erneut einen kräftigen Schluck.
„Schneckenhaus?“ fragte jetzt Simmons. Mittlerweile saß Danny alleine am PC, was vermutlich auch ganz gut war, dann konnte eigentlich nicht viel schief laufen.
„Ja Sam war nicht immer so in sich gekehrt, hat Janine erzählt!“
„Wie meinst du das?“ fragte jetzt Martin, der sich auf den Boden niedergelassen hatte.
„Naja, Sam war früher anscheinend ganz anders. Nach dem Tod ihrer Eltern ist es wohl ziemlich bergab gegangen mit ihr…“ sagte Henry wie selbstverständlich, während alle anderen plötzlich mucksmäuschenstill waren.
„Tod ihrer Eltern?“ fragte schließlich Kyle, den es mit dieser Offenbarung kalt erwischt hatte. Warum hatte Sam nie was erzählt?
„Ja, als Sam 18 war waren ihre Eltern gerade auf dem Weg, sie von ihrem Abschlussball abzuholen, als sie in einen furchtbaren Autounfall verwickelt wurden und noch an der Unfallstelle starben.“ Sagte Henry, so als müssten die Jungs diese Story eigentlich kennen.
„Da ihre Brüder wohl ziemliche Idioten sind, hatte Sam damals schon alle Vorbereitungen für die Beerdigung selber tragen müssen, das und noch einige andere Dinge haben sie wohl gezeichnet.“ Henry erzählte und erzählte und Kyle wollte mehr wissen, doch plötzlich sah Henry auf.
„Das wusstet ihr doch bestimmt schon, oder?“ fragte er jetzt ein wenig erschrocken. Offenbar war ihm gerade klar geworden, dass er über Sam aus dem Nähkästchen plauderte.
„Ähm nein, das wussten wir nicht!“ sagte Simmons betreten und sah dabei auf den Boden.
„Verdammt…“ murmelte Henry und fügte dann hinzu „Das wisst ihr nicht von mir, verstanden??“ dann stand er auf und brachte seine leere Flasche in die Küche.
„Wusstest du das?“ fragte jetzt Goalie Kyle und auch die anderen Jungs, Danny eingeschlossen, sahen zu ihm hinüber.
Kyle schüttelte langsam den Kopf und sagte „Nein, ich hatte keine Ahnung!“
Die Jungs die in der Regel nichts als Unfug im Kopf hatten, saßen alle stillschweigend da und dachten über das nach, was sie gerade erfahren hatten. Kyle hingegen fragte sich, warum nur Sam sich ihm nicht anvertraut hatte. Vielleicht war sie dafür noch nicht bereit? Er hatte ihr schließlich auch nichts von seiner Familie erzählt. Vielleicht hatte sie den richtigen Moment, den richtigen Ort die richtige Zeit abwarten wollen?!
„Wir dürfen sie nicht darauf ansprechen, ok? Und erzählt das ja nicht weiter!“ sagte er schließlich, als ihm klar wurde, dass Sam wenn sie bereit wäre schon von selbst zu ihm kommen würde. Wenn er oder einer der anderen sie jetzt darauf ansprechen würde, könnte es passieren, dass sie etwas zerstörten was noch gar nicht richtig begonnen hatte.
„Alter, kein Wunder, dass sie manchmal etwas strange ist…“ sagte Simmons und fügte dann hinzu „Klar Kumpel, wir sagen nichts, oder?“ Er sah die anderen drei Jungs an, die betreten zu Boden schauten und fragte noch mal etwas lauter „Oder??“
„Ja klar!“ und andere Zustimmungen waren zu hören und Kyle atmete erleichtert aus. Die Arme Sam. Ihre Eltern waren gestorben, als sie sie hatten holen wollen. So wie Kyle Sam bisher kannte, würde sie sich unglaubliche Vorwürfe deswegen machen, obwohl sie doch eigentlich nichts dafür konnte.


„Sag mal spinnst du? Das ziehe ich keinesfalls an!“ sagte Sam und drückte das pinke, bauchfreie Top von sich weg, als wäre es Gift.
„Ein einfaches NEIN hätte auch genügt…“ sagte Janine ein wenig beleidigt, schnappte sich jedoch gleich das nächste Teil und hielt es vor Sams Körper.
„Sag mal, was macht eigentlich die halbe Fußballmannschaft hier?“ fragte sie so beiläufig wie nur möglich, doch Sam lächelte da sie nur darauf gewartet hatte, dass Janine das Thema anschnitt.
„Keine Ahnung, die standen plötzlich vor meiner Tür weil sie sich „Sorgen“ gemacht haben!“ antwortete Sam. Sie glaubte nach wie vor nicht so ganz, dass das der wahre Grund war. Warum sollten sich die Jungs denn auch Sorgen machen? Sam war stark, sie konnte mit den Dingen um sich herum durchaus umgehen.
„Das ist dann aber wirklich nett von ihnen, oder nicht?“ fragte Janine, während sie ihr das nächste Teil vorhielt.
„Ich weiß nicht, sie sind im Allgemeinen so ganz anders, als ich erwartet hatte. Eben normale Menschen…ich weiß hört sich komisch an!“ sagte Sam und zuckte mit den Schultern, doch Janine schüttelte den Kopf, während sie das nächste Teil packte.
„Ne ich bin da eigentlich deiner Meinung. Wenn man die Spieler so in den Matches oder auf der Straße sieht, umzingelt von Frauen und „Fans“ dann kann man sich schlecht vorstellen, dass hinter diesen Fassaden doch tatsächlich normale Männer stecken.“ Erklärte Janine und traf damit im Grunde genommen die Ansicht, die auch Sam vertrat.
„Wie läuft es eigentlich mit Kyle?“ fragte Janine und tat so, als wäre dies ein mehr als nur langweiliges Thema, doch Sam wusste genau worauf sie hinaus wollte. Aus irgendeinem verrückten Grund, war Janine der Meinung, dass Kyle auf Sam scharf war und dass Sam sich auf ihn einlassen sollte, doch dagegen wehrte sich Sam strickt. Erstens war Kyle nicht auf SIE scharf, zweitens sie nicht auf IHN und drittens: Naja ganz einfach, wenn die beiden ein Paar wären in irgendeiner verrückten Parallelwelt dann mit Sicherheit nicht sehr lange, denn bereits nach kurzer Zeit würden die beiden sich wahrscheinlich zerfleischen. Sie stritten nach wie vor sehr viel, nur lernten sie langsam damit umzugehen. Sam wusste mittlerweile, dass sie nicht jedes Wort von Kyle auf die Goldwaage legen durfte und Kyle wusste, dass Sam manchmal äußerst schlecht drauf war und ihn dann auch mal desöfteren aus der Wohnung schmiss. Er ging zwar nie, wenn sie das tat, aber zumindest konnte sie dann weiterhin Dampf ablassen, während Kyle mit betretendem Gesicht dasaß und die Tortur über sich ergehen ließ.
Kyle war der erste Mensch, der längere Zeit mit Sam verbringen konnte ohne danach schreiend davon zu laufen. Naja geschrien hatte noch niemand, doch davongelaufen waren viele.
„Ganz gut…“ sagte Sam, ebenfalls so beiläufig wie möglich und beantwortete damit Janines Frage, die immer noch im Raum stand.
„Ganz gut kann vieles heißen. Ganz gut, aber er geht mir auf die Nerven. Ganz gut, aber er ist schwul, oder Ganz gut, vor allem im Bett??“ fragte Janine neugierig und verschwunden war die Beiläufigkeit, denn jetzt befanden sich die Frauen genau bei dem Thema, bei dem Janine ankommen wollte.
„Janine verdammt. Du weiß genau, dass ich noch niemals…na du weißt schon.“ Sagte Sam und machte eine wegscheuchende Bewegung. Bei anderen konnte Sam ohne Probleme über Sex und andere Dinge sprechen, doch sobald es sie selbst betraf, wich sie dem Thema aus.
„Du weißt schon ist aber eine ganz natürliche Sache. Und wenn nicht einmal Kyle Thompson Fantasien in deinem Inneren anregt, DANN junge Dame, stimmt was nicht mit dir!“ sagte Janine und hielt ein rotes Kleid nach oben.
„Bitte, hör auf Janine. Bei mir und Kyle geht es um alles andere, nur nicht um das. Ich bin nicht sein Typ und er ist nicht meiner!“ entgegnete Sam und stöhnte dabei entnervt auf.
„Naja, da gibt es ja geteilte Meinungen!“ sagte Janine und wusste anscheinend, dass sie an diesem Punkt das Thema lieber wechseln sollte. Stattdessen konzentrierte sie sich jetzt auf das rote Kleid, welches über zwei Bänder am Nacken zusammengebunden wurde und ansonsten die Schultern und den Rücken frei ließ.
„Ich glaube wir haben dein Outfit gefunden…“ sagte sie entschlossen und hielt es Sam entgegen.
„Auf gar keinen Fall werde ich das…“ weiter kam Sam nicht, denn Janine fiel ihr ins Wort.
„Rot steht dir aber fantastisch und das Kleid bringt deine Figur mit ziemlicher Sicherheit zur Geltung. Außerdem ist es nicht zu auffällig, also für einen entspannten Abend in einer Bar durchaus angemessen. Und den Jungs wird die Kinnlade runterklappen…“ sagte Janine entschlossen, fügte jedoch bei Sams skeptischem Gesichtsausdruck noch hinzu „Zieh es an, wenn es zu heftig ist, dann suchen wir dir was anderes, ok?“ Ein Kompromiss, in Ordnung, damit war Sam einverstanden und so schnappte sie sich genervt das Kleid und fragte sich, warum zum Teufel sie sich das selbst eingebrockt hatte.


„Wie kann man nur so lange brauchen, um sich fertig zu machen?“ fragte Simmons, der bereits voller Eifer auf dem Sofa saß und nur noch darauf wartete, dass es endlich losging. Kyle saß in seinem üblichen Sessel und hatte die Hände ineinander verschränkt. Wie Sam wohl aussah, wenn sie mal etwas aus ihrem Typ machte? Dass Sam eine doch ganz ansehnliche Figur hatte, wusste Kyle ja bereits von ihrem letzten Trip, als er sie im Badeanzug gesehen hatte, aber was er auch tat, er konnte sich nicht vorstellen, dass Sam was anderes trug als ihre zerschlissenen Jeans und einem mehr oder weniger passenden Shirt dazu.
„Also so lange dauert das ja noch gar nicht!“ sagte Martin und sah dabei auf die Uhr.
„Meine Freundin braucht oftmals sehr viel länger…“ fügte er dann hinzu.
Kyle hatte noch einige Zeit über das eben erfahrene nachgedacht und hatte sich dabei ertappt, dass er Mitleid mit Sam gehabt hatte. Doch woher nahm er sich das Recht, Mitleid mit ihr zu haben? Würde er von ihr Mitleid haben wollen, wenn sie erfahren würde, wie es um seine eigene Familie stand? Eher nicht! Deswegen hatte er beschlossen, diese Sachen so weit nach hinten zu schieben, wie nur möglich und Sam ganz „normal“ gegenüber zu treten.
„Na endlich!“ sagte Simmons und sprang auf.
„Sie sind fertig…“ sagte Danny und schien erleichtert zu sein. Kyle sah auf und entdeckte, dass die Tür einen Spaltbreit geöffnet worden war, dann trat Janine nach draußen und schloss sie hinter sich wieder.
„Ok, sie ist fertig und sie sieht fabelhaft aus!“ sagte sie mehr zu Henry als zu irgendwem sonst und plötzlich spürte Kyle eine leichte Aufregung in sich aufsteigen. Sam war eigentlich Sam und er mochte sie auch so wie sie war. Er war sich in diesem Moment wirklich nicht sicher, ob er überhaupt wollte, dass sie ihr Aussehen veränderte, doch es war jetzt sowieso schon zu spät. Die Tür ging auf und als Sam nach draußen trat, schnappten die Jungs nach Luft, während Kyle ein zweites Mal seitdem er Sam kannte, das Gefühl hatte, ihn hätte ein Fausthieb in den Magen getroffen.
„Sam, das ist ja der Wahnsinn…“ sagte Martin und ging auf sie zu um sie näher zu betrachten und auch die anderen Jungs ließen es sich nicht nehmen.
„Das ist doch mit Sicherheit zu viel des Guten…“ murmelte sie beschämt und Kyle sah wie sie langsam rot wurde.
„Nein absolut nicht!“ versicherte Simmons, der sie gerade betrachtete als wäre sie ein Stück Fleisch und er auf Beutejagd.
Alle anderen sagten das selbe, nur Kyle saß stocksteif da und konnte sich kaum rühren. Sam trug ein rotes, knielanges Kleid, welches ihre Figur so perfekt zur Geltung brachte, wie ein Kleid das nur konnte. Ihre Schultern waren nicht bedeckt und er sah, wie zerbrechlich sie plötzlich wirkte. Sie trug ihre Haare offen und anscheinend hatte Janine sie dazu überreden können, ihr Locken in die Haare zu drehen und sie zu schminken. Ihre Augen strahlten und nahmen Kyles sämtliche Aufmerksamkeit in Anspruch. Was geschah nur mit ihm? Wieso nur, schaffte er es nicht aufzustehen und ihr zu sagen, dass sie einfach nur genial aussah? Wieso saß er da wie ein Vollidiot und starrte sie lediglich an? Die wohl wichtigste Frage lautete jedoch, warum zum Teufel er das Gefühl hatte, dass in seinem Inneren gerade eine Achterbahn fuhr?

23. Kapitel: „Kannst du bitte da bleiben…“


Das erste Mal seit Jahren schlotterten Sam die Knie bei dem Gedanken einen Raum zu betreten. Sie fühlte sich ein wenig unbehaglich, wenn auch trotzdem unwiderstehlich in diesem Outfit. Was sie jedoch wusste war, dass das hier nicht sie war. Sam war ein genügsamer Mensch, hatte nicht viele Bedürfnisse und auch bestimmt keine Eitelkeiten und das führte wohl auch zu dem Gefühl des Unbehagens. Was sie jedoch auch zugeben musste war, dass sie sich darauf freute, die Blicke der anderen die sie mittlerweile kannte, zu sehen und vor allem deren Reaktionen. Die Jungs waren in ihrer Wohnung offensichtlich begeistert gewesen und dies hatte Sam dazu gebracht sich wirklich geschmeichelt zu fühlen. So umgarnt wurde sie noch niemals in ihrem Leben und nach diesem Abend würde es wohl auch nicht mehr geschehen. Sie hatte sich selbst nämlich das Versprechen abgenommen, sich wenn dann nur für sich selbst und nicht mehr für andere zu verändern. Heute hatte sie dieses Versprechen ausgesetzt, doch ab Morgen würde das normale Leben weiter gehen. Sie hatte auf der High School die Schüler und Schülerinnen stets beobachtet und verachtet. Verachtet dafür, dass sie ihre eigene Persönlichkeit über Bord warfen, nur um den Vorstellungen der anderen Menschen zu entsprechen. So hatte sie niemals sein wollen und sie würde es auch nie.
Nach dem die Euphorie um die „neue Sam“ versiegt war, hatten die Jungs sich schnell auf den Weg nach Hause gemacht um sich selbst umzuziehen und beschlossen, dass sie sich mit Sam und Kyle in der Bar treffen würden. Die beiden saßen gerade stillschweigend nebeneinander und blickten aus dem Fenster des Taxis mit dem sie auf dem Weg in die Bar waren. Die relativ hohen Schuhe die Sam trug, hätten sie sonst mit größter Sicherheit, nicht bis in die Bar getragen. Kyle war still, schon eine ganze Weile lang und Sam fragte sich unweigerlich, was er wohl von dem Outfit hielt. Ohne nachzudenken sprach sie die Worte aus.
„Es ist doch ein wenig zu viel des Guten, oder?“ und sah dabei nach links, wo Kyle sofort aufsah und seinen Kopf dann in ihre Richtung wandte.
„Was meinst du?“ fragte er geistesabwesend, offenbar war er selber gerade sehr tief in seinen Gedanken versunken gewesen.
Sam blickte an sich hinab und strich das Kleid, welches ihr beinahe bis zum Oberschenkel hinauf gerutscht war, glatt.
„Na dieses Outfit…“ sagte sie vorsichtig und fragte sich gleichzeitig, weshalb ihr Kyles Einschätzung überhaupt wichtig war.
„Ach Quatsch, du siehst einfach fantastisch aus!“ sagte er ruhig und ließ den Blick einmal über ihren Körper gleiten. Sam war sich sicher, er wollte sie nur noch einmal richtig betrachten um auch keinen Blödsinn zu erzählen.
„Meinst du wirklich?“ fragte sie unsicher. Sie war normalerweise nicht so, doch irgendwie brachte sie dieses neue Styling dazu, neue Verhaltensweisen an den Tag zu legen.
„Ja wirklich!“ antwortete Kyle schließlich lächelnd, fügte dann jedoch hinzu „Auch wenn ich dich auch klasse finde, wenn du kein Kleid und irgendwelche High Heels oder wie die Dinger heißen, anhast!“
Sams Herz zog sich in diesem Moment ein wenig zusammen und sie war froh über Kyles Aussage, denn sie wollte so angenommen werden wie sie nun einmal war.
„Meiner Meinung nach, hättest du auch in deinen normalen Klamotten in die Bar gehen können, aber so wirst du es den Mädels mit Sicherheit zeigen!“ redete Kyle weiter.
„Mädchen?“ fragte sie gespielt verwirrt.
Kyle legte den Kopf ein wenig schief und lächelte. „Ich weiß doch warum du das hier tust. Ich kenne dich mittlerweile gut genug um zu wissen, dass du wenn du solche drastischen Maßnahmen in Anspruch nimmst, jemandem einen Arschtritt verpassen willst. Nur solltest du dich von diesen Mädchen nicht fertig machen lassen, denn die haben keine Ahnung!“
Sam war überrascht zu erfahren, dass Kyle sie mittlerweile doch so gut durchschaut hatte. Wann hatte er das denn geschafft?
„Ok, du hast Recht. Aber ich wollte das von heute Nachmittag einfach nicht so auf mir sitzen lassen! Woher nehmen sich diese Weiber überhaupt das Recht über mich zu urteilen? Mich als weniger Wert einzustufen, als sich selbst?“ fragte Sam und spürte, wie die Wut von vor einigen Stunden, langsam wieder hochkroch.
„Sei doch froh, dass die Menschen denen was an dir liegt, anders denken!“ sagte Kyle schulterzuckend.
„Ja ich weiß. Janine würde niemals so was denken, aber sie kennt mich auch! Sie weiß wie und wer ich bin! Doch die Cheerleader geben mir gar keine Chance und das nervt. Wir werden vermutlich auch mit ihnen wesentlich mehr Zeit verbringen, jetzt da die Footballsaison vorbei ist, also wie soll ich deiner Meinung nach diese Zeit überstehen, ohne dass ich mich ständig blöd anmachen lassen muss?“
„Nicht nur Janine denkt so, Sam. Wir sind mittlerweile Freunde und ich weiß auch warum ich es schaffe mit dir befreundet zu sein, während ich das mit allen anderen Mädchen vorher nicht geschafft habe. Obwohl wir uns ständig in die Haare kriegen und uns eigentlich niemals einig sind, sind wir doch irgendwie sehr gleich! Du bist zwar ziemlich kompliziert, aber wenn man sich mal die Zeit nimmt und sich damit auseinandersetzt entdeckt man jemanden, der einfach nur so ist wie er nun mal ist. Du verstellst dich nicht, tust nicht die Sachen die man von dir erwartet und setzt einfach deinen eigenen Kopf durch! Und das ist es was dich ausmacht. Und die Sache mit den Cheerleadern in den nächsten Wochen? Wir Spieler sind ja auch noch da und ich bezweifle, dass die anderen, die ja mittlerweile einen Narren an dir gefressen haben, irgendwie zulassen werden, dass dich die Mädels fertig machen!“
Kyles Worte beruhigten Sam und verursachten gleichzeitig ein leichtes Schwindelgefühl in ihrem Körper. Kyle hatte genau die Dinge als Sams Stärken ausgezeichnet die all die Menschen vor ihm oftmals als ihre Schwächen dargestellt hatten. Sie spürte die tiefe Dankbarkeit für ihn in diesem Moment und sagte
„Kyle Thompson, du bist doch eigentlich ein von Grund auf anständiger Kerl, nicht?“ und lachte dabei. Auch Kyle lachte jetzt los und antwortete „Tja schön, dass das endlich jemand bemerkt!“
Den Rest der Fahrt genossen die beiden die Ruhe, die in einigen Minuten gestört werden und wohl den ganzen Abend nicht zurück kehren würde.


Was für ein dummes Geschwätz war das denn eben gewesen? Wieso veranlasste Sam Kyle nur dazu, immer irgendwelche Schnulzigen Dinge von sich zu geben? Wenn die Jungs das alles gehört hätten, dann wäre er das Gespött der Truppe gewesen und das für mindesten zwei Wochen! Doch als Sam die nächsten Worte sprach, lösten sich diese Gedanken in Luft auf.
„Kyle Thompson, du bist doch eigentlich ein von Grund auf anständiger Kerl, nicht?“ sagte sie lachend und gab Kyle damit ein seltsam befreiendes Gefühl. „Tja schön, dass das endlich jemand bemerkt!“ erwiderte er und sah dann nach einigen Sekunden wieder aus dem Fenster. Wie leicht es war seine Zeit mit Sam zu verbringen, wusste er ja mittlerweile. Wie leicht es jedoch war in Sam tatsächlich eine Frau zu sehen und keine Schwester, so wie er es sich bisher hatte einreden wollen, das war neu für ihn und schockierte ihn auf eine Art und Weise, die er nicht in Worte fassen konnte. Was war nur los mit ihm? Er hatte schon wesentlich heißere Frauen gesehen und das einzige was er sich gewünscht hatte war, sie auszuziehen und in sein Bett zu locken. Als er jedoch heute Abend Sam erblickt hatte, war sein einziger Wunsch gewesen, sie ins Schlafzimmer zu bringen und sie dazu zu zwingen, ihre alten gewohnten Klamotten wieder anzuziehen. Nicht weil ihm das was er sah nicht gefiel, in keinster Weise, sondern weil er Simmons hungrigen Blick, Goalies bewundernden und Dannys begehrenden Blick gesehen hatte. Er konnte nur erahnen, wie es in der Bar dann werden würde und ihm war dies ein Dorn im Auge. Sam sollte wieder so unscheinbar sein wie vorher und nur auf diese Art und Weise, die Aufmerksamkeit erregen. Eine Aufmerksamkeit, die absolut nichts mit sexuellen Fantasien zu tun hatte, sondern eher einen Beschützerinstinkt hervorrief und einen dazu veranlassste, mit Sam ein Fußballspiel ansehen zu wollen.
„15$ Bitte!“ sagte der Taxifahrer als er schließlich Halt vor der Bar machte und durchschnitt so die Stille. Sam hielt ihm gerade die fünfzehn Mäuse hin, als Kyle seine Hand auf die ihre legte und sie dann wegschob. Er reichte dem Taxifahrer siebzehn und sagte „Stimmt so!“ dann sah er zu Sam hinüber und meinte „Du kannst es nicht lassen, oder?“
Sie zuckte mit den Schultern und antwortete „Naja, es ist ja nicht deine Aufgabe mich ständig einzuladen, oder?“
„Du wirst schon sehen, die erste Runde geht auf mich!“ und dann lachte er, als er sah wie Sam gerade protestieren wollte. Er hielt seine Hand nach oben und signalisierte ihr so sie solle einfach still sein, fügte dann hinzu „Keine Widerrede!“ und stieg aus. Sam öffnete die Tür und setzte ihre Beine draußen auf den Boden. Sie war es nicht gewohnt mit einem Kleid irgendwo auszusteigen oder sich überhaupt in einem zu bewegen und so zupfte sie, als sie schließlich draußen stand und die Tür zugeschlagen hatte, erneut an ihm rum und zerrte es nach unten, damit es wieder so wie gedacht knapp über dem Knie endete.
Kyle hatte sich für eine schlichte hellblaue Jeans und ein weißes, kurzärmliges Hemd entschieden. Als er bei Sam ankam und sah, wie sie an sich herumzerrte, legte er ihr seine Hand auf ihren Rücken. „Jetzt komm schon, du siehst toll aus, also hör auf an dir herumzuzerren. Das macht das Bild irgendwie kaputt!“ sagte er verschmitzt und führte sie dann standhaft in die Bar, wo bereits ein großer Teil der Mannschaft und der Cheerleader (und natürlich einige andere, die weder Kyle noch Sam kannten) ordentlich feierten. Kyle erblickte den Coach und war froh darüber, dass er dabei war. Mit dem Coach konnte man noch am besten einen Sieg begießen.
Kyle führte Sam durch die Menschenmenge an den üblichen Stammplatz der Mannschaft, wo sich bereits um die 35 Menschen, dicht aneinandergedrängt, zulaufen ließen.
„Hey Leute!“ sagte Kyle und wunderte sich darüber, dass sie ihn trotz der lauten Musik und dem Gerede der Barbesucher, gehört hatten. Ihre Blicke richteten sich auf ihn, blieben jedoch nicht lange an ihm haften, denn kollektiv wanderten die Blicke zu der neu entstandenen Schönheit an seiner Seite.
„Hallo!“ sagte Sam lächelnd. Für jemanden der sie nicht kannte, würde diese Begrüßung freundlich klingen, doch Kyle wusste genau, dass Sam gerade aufgeregt war wie noch mal was. Auf diese Konfrontation hatte sie gewartet und jetzt war sie da.
Alle starrten lediglich und Kyle wurde bewusst, dass er die Stimmung irgendwie auflockern musste. „Ich hab gedacht, ich leihe Sam mal mein kleines rotes Kleid, ich hatte das Gefühl, dass sie darin vielleicht besser aussehen könnte als ich!“ sagte er und hob seinen rechten Arm um sich am Hinterkopf zu kratzen. Was Besseres war ihm nicht eingefallen, doch es hatte ausgereicht um das Eis zu brechen.
„Sam du siehst ja echt super aus!“ sagten die Spieler beinahe im Chor, während die Mädchen über Kyles dummen Scherz lachten, um sich höchstwahrscheinlich bei ihm einzuschleimen und Punkte zu erzielen. Was Kyle jedoch am meisten freute waren die bewundernden jedoch auch eifersüchtigen Blicke der Cheerleader. Die einen wollten Sam wahrscheinlich am liebsten gerade aufspießen, doch andere Mädels hingegen gingen auf sie zu und meinten „Was für ein geiles Kleid! Wo hast du das her?“ Sam lächelte und meinte „Hat mir eine Freundin geliehen!“
Ab diesem Zeitpunkt war die Stimmung gelöster denn je und alle feierten gemeinsam den grandiosen Sieg. Sie stießen auf die bereits hinter sich gebrachten und die zukünftigen Spiele an, tanzten ausgelassen und tranken was das Zeug hielt.
Kyle und Sam setzten sich irgendwann nebeneinander auf die Bank, die im Grunde genommen eigentlich schon voll war, doch Sam hatte zu Martin und den anderen gewollt, also hatten sie wohl oder übel ein wenig zusammenrutschen müssen. Die Bedienung kam an den Tisch um die neuesten Bestellungen entgegen zu nehmen. Ein Mädchen nach dem anderen bestellte einen Cosmo oder andere Dinge, die Kyle nicht mal aussprechen konnte, die Jungs bestellten natürlich Bier, wie sich das für einen Mann so gehörte.
„Ein Bier bitte!“ sagte Sam höflich.
„Bier? Wie kannst du das nur trinken? Das ist bitter und hinterlässt immer einen absolut ekelhaften Geschmack im Mund!“ sagte Beth, die einige Plätze weiter saß.
„Keine Ahnung, ich trinke meistens Bier oder Rotwein. Aber Bier ist mir in einer Bar lieber. Das süße Zeug vertrage ich nicht.“ Sagte Sam beiläufig und Kyle sah genau einige bewundernde Blicke der Männer, die sich wohl genauso wie er sich beim ersten Mal auch, dachten dass es solche Frauen wohl nicht allzu oft gab. Desto ausgeflippter der Name, desto süßer und angesagter war der Drink und desto mehr Frauen waren scharf auf ihn. Alle unterhielten sich mit jedem, Witze wurden erzählt und Anekdoten ausgetauscht. Als es ein wenig zu eng wurde, wollte Kyle sich ein wenig ablenken und so beugte er sich zu Sam hinüber, die gerade mit Johnson über irgendwas diskutierte und flüsterte ihr ins Ohr „Hast du Lust zu darten?“ Sam sah lächelnd zu ihm hinüber und nickte lediglich, was dazu führte, dass eine ihrer Locken ihr ins Gesicht fiel.
„Ok dann los geht’s!“ sagte Kyle und versuchte das Gefühl welches sich in ihm breit machte, zu ignorieren. Johnson stand auf, um die beiden raus zu lassen und sie gingen gemeinsam zu der Dartscheibe, die im hinteren Teil der Kneipe hing.
„Aber nicht weinen, wenn du verlierst, ok?“ sagte Kyle und schnappte sich drei Dartpfeile, die er dann Sam reichte. Anschließend nahm er sich selbst noch welche und sagte „Du darfst anfangen!“
„Ok!“ sagte Sam und tat dabei ganz unschuldig, als sie jedoch die ersten drei Pfeile abfeuerte, hatte sie bereits knapp 80 Punkte erreicht. Sie zuckte mit den Schultern und meinte nur „Hach, wahrscheinlich hatte ich Glück!“ als sie Kyles Blick sah, doch Kyle beschlich das Gefühl, dass er sie mal wieder falsch eingeschätzt hatte. Und natürlich hatte er das, denn sieben Runden später, hatte Sam ihn abgezockt und zwar Haushoch. Er selber hatte noch über hundert Punkte auf seinem Konto.
„Der Verlierer zahlt die nächste Runde oder?“ sagte Sam lachend. Ach jetzt auf einmal wollte sie also, dass Kyle sie einlud?
„Ich hab die erste und zweite doch auch schon gezahlt!“ sagte er gespielt empört und ging dann auf die Bar zu, wo er erneut zwei Bier bestellte. Als er zurück kam, reichte er wie selbstverständlich Sam das zweite Bier. Beim zweiten Dartspiel, hatte Sam ein paar Schwierigkeiten und brauchte zwei Runden mehr, aber abgezockt hatte sie ihn dennoch schon wieder. Die anderen Spieler waren auf das Match aufmerksam geworden und einige kamen zu ihnen in den hinteren Teil, um ihnen zuzusehen und vor allem um Kyle auszulachen.
„Dann probier du es doch Simmons, wenn du schon so ein großes Maul hast!“ sagte er lachend und reichte seinem Kumpel die Pfeile. Doch Simmons hatte keine Chance und so erhielt Sam auch ihren vierten Drink gratis, diesmal von Simmons spendiert. Einige weitere Jungs probierten es, verloren jedoch ohne auch nur den Hauch einer Chance. Nachdem Sam ihr fünftes Bier geleert hatte, entschuldigte sie sich und ging zu den Toiletten. Er sah, wie einige der Blicke der männlichen Barbesucher ihr folgten und stellte so für sich fest, dass sie wohl im Allgemeinen Aufsehen erregte heute Abend. Als Sam jedoch auch nach ein paar weiteren Minuten nicht von der Toilette zurück kehrte bekam Kyle ein ungutes Gefühl und ging ihr nach. Als er im, etwas ruhigeren Gang, ankam entdeckte er Sam, wie sie von einem wildfremden Typen an die Wand gepresst wurde. Irgendwas regte sich in Kyle doch diesesmal war es eher Zorn. Was wollte dieser Lackaffe von ihr?
„Komm schon, jetzt stell dich doch nicht so an Süße!“ sagte er mit seiner schmierigen Stimme und seiner Hand unter ihrem Kleid.
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Sam machte sich auf den Weg zu den Toiletten und entdeckte eine Gruppe von Männern an einem der Stehtische, die sie betrachteten. Weil sie nicht wusste, wie sie damit umgehen sollte lächelte sie sie einfach nur an und ging weiter. Als sie fertig war stellte sie sich vor den Spiegel im Waschraum und während sie sich die Hände wusch, betrachtete sie sich darin. Janine hatte heute Abend wirklich ein Meisterwerk vollbracht, das musste Sam wirklich zugeben. Ihre Augen erstrahlten richtig, ihre Haare sahen fantastisch aus. Janine hatte für solche Dinge schon immer ein Händchen gehabt. Sie stellte das Wasser ab und nahm sich die Papiertücher um sich abzutrocknen. Dabei gerieten ihre Gedanken zu Kyle, den sie gleich zweimal abgezockt hatte. Als er ihr ins Ohr geflüstert hatte, hatte sie seinen Atem an der Wange gespürt und ihr Herzschlag hatte sich ein wenig beschleunigt, was wahrscheinlich daran lag, dass sie so was nicht gewöhnt war. Sie schmiss die Papiertücher in die Mülltonne und ging wieder nach draußen. Der Geruch von Alkohol und Parfüm stieg ihr sofort in die Nase und langsam machte sie sich auf den Rückweg. Plötzlich jedoch packte sie jemand von hinten und drückte sie an die Wand und sie entdeckte den Typen von vorhin, der am Tisch gestanden war.
„Entschuldigung? Kann ich dir irgendwie behilflich sein?“ fragte Sam höflich, obwohl sie ein ungutes Gefühl hatte.
„Ja Süße, das kannst du indem du zurück in den Waschraum gehst und für mich erst mal dein Kleid loswirst!“ sagte er und schien sich dabei äußerst anziehend vorzukommen. Was für ihn eine Traumvorstellung war, widerte Sam lediglich an und sie sagte
„Nein Danke!“ als sie gerade losgehen wollte, packte er sie erneut und drückte sie an die Wand, hielt sie jedoch diesesmal mit seinem eigenen Körper dagegen gepresst. Sie roch in seinem Atem den Alkohol und die Zigaretten die er konsumiert hatte und ihr wurde übel. Doch noch etwas anderes verursachte ihr Übelkeit, nämlich die Erinnerung. Eine Erinnerung die sie am liebsten für immer aus ihrem Kopf verbannt hätte. Ihr Körper war mit einem Mal starr vor Angst und sie sah die Geschehnisse von vor sechs Jahren vor ihrem inneren Auge. Sie spürte die Hand des Widerlings vor ihr an ihrem nackten Bein und wie sie langsam nach oben strich, konnte sich jedoch immer noch nicht rühren sondern stand lediglich mit aufgerissenen Augen da.
„Komm schon, jetzt stell dich nicht so an Süße!“ sagte der ekelhafte Kerl vor ihr doch fünf Sekunden später war er verschwunden und Kyle lag auf ihm, während er ihm immer und immer wieder einen Schlag verpasste. Irgendeiner der Spieler musste offenbar aufmerksam darauf geworden sein, denn plötzlich stürmten mehrere nach hinten und zogen Kyle von dem Mann herunter, ansonsten hätte er ihn womöglich noch tot geprügelt. Sam hingegen konnte sich immer noch nicht bewegen und hielt sich stattdessen jetzt die Arme vor den Körper.
„Alter was geht mit dir ab? Was ist passiert?“ sagte Simmons der seinen Kumpel zurück hielt, auf den am Boden liegenden Mann loszugehen.
„Lass mich los, dieser Wichser wollte…“ doch Kyle beendete seinen Satz nicht, sondern sah kurz zu Sam hinüber, die vollkommen verstört zu sein schien.
„Mann, lass mich los!“ schrie Kyle jetzt regelrecht, doch Simmons gab nicht nach. Martin ging zu dem Mann der auf dem Boden lag und zerrte ihn nach oben. Er sah Kyle vollkommen schockiert an und meinte dann „Du bist ja krank Alter!“ bei diesen Worten, riss sich Kyle los, doch Goalie und Danny konnten ihn gerade noch aufhalten, bevor der Mann erneut einen Schlag kassierte.
„Du verschwindest hier jetzt lieber!“ sagte Martin an ihn gerichtet, da er offenbar genau verstanden hatte, was geschehen war. „Los!“ schrie er ihn jetzt an und der Widerling machte sich aus dem Staub, doch nicht ohne Sam noch einmal zuzuzwinkern und „Vielleicht beim nächsten Mal!“ zu flüstern. Sam überkam ein Gefühl der Übelkeit und sie schlug sich die Hand vor den Mund. Endlich schaffte sie es, die Macht über ihren Körper zurück zu erlangen und stürmte in den Waschraum.


„Jetzt lasst mich endlich los verdammt. Der Typ ist schon weg!“ beschwerte sich Kyle, der sich langsam wieder beruhigt hatte. Seine Freunde erkannten wohl, dass er Recht hatte und erfüllten ihm endlich den Wunsch.
„Was zum Teufel ist passiert?“ fragte Goalie ihn erneut und Kyle drehte sich zu ihnen um. Er sah blass aus und strich sich nervös mit der rechten Hand, die Wunden von dem Zusammenstoß aufwiesen, durch die Haare.
„Der Kerl hat sich an Sam rangemacht…“ erklärte er als würde das alles erklären. Die anderen jedoch sahen sich gegenseitig an und Danny fragte schließlich „Und?“
„Alter sie wollte es nicht, er hätte was weiß ich was mit ihr gemacht, wenn ich nicht gekommen wäre! Fuck, wo ist sie überhaupt?“ Kyles Hände zitterten bei dem Gedanken an das was hätte passieren können und er fragte sich, warum Sam sich nicht gewehrt hatte. Nervös blickte er hin und her. Sie hätte den Typen schneller platt gemacht, als Kyle es gekonnt hätte, also was zum Teufel war geschehen?
„Er hat was??“ fragten die anderen gleichzeitig und sahen sich um, doch der Kerl war bereits längst verschwunden.
„Ihr hättet mich ihn einfach umbringen lassen sollen…“ schimpfte Kyle und fragte dann erneut „Wo zum Teufel steckt Sam??“
„Sie ist im Waschraum!“ sagte Martin und schien vollkommen unbeteiligt. Doch dem war nicht so, er sah lediglich ein, dass in dieser Situation niemand von den Jungs helfen konnte. Niemand außer Kyle selbst. Martin war durchaus bewusst, dass zwischen den beiden ein ganz andres Ding lief, als zwischen dem Rest der Jungs und Sam, nur bezweifelte er dass die beiden das wussten. „Geh und sieh nach ihr und bring sie dann am besten nach Hause. Sie sah nicht gut aus!“ fügte er dann hinzu und führte nach einigem guten Zureden und weiteren Minuten, die restlichen Jungs zurück in die Bar und ließ Kyle alleine vor dem Waschraum zurück.
Kyles Hände zitterten immer noch, auch nachdem die Jungs verschwunden waren und ihn alleine im Gang zurück gelassen hatten. Er hatte das Bild vor Augen, wie Sam mit angstgeweiteten Augen an die Wand gepresst dagestanden war, an die Hand dieses Wixers, die ihren Oberschenkel entlang nach oben gefahren war und die Wut überkam ihn erneut! Er stand vor der Tür zum Waschraum und versuchte sich zusammen zu reißen, dann öffnete er die Tür langsam und ging hinein. Er fand Sam in einer der Toilettenkabinen. Sie saß einfach nur da und starrte gerade aus, sie schien wie in Trance.
„Sam?“ fragte Kyle vorsichtig und öffnete die Tür ein kleines Stück weiter. Ihr Blick schoss in seine Richtung, erschrocken, doch als sie verstand wer da vor ihr stand, klärte er sich ein wenig.
„Ach du bist es…“ sagte sie, doch sie klang diesesmal tatsächlich schwach und zerbrechlich und Kyle fragte sich, was nur los mit ihr gewesen war.
„Alles klar bei dir?“ fragte er und betrat die Kabine, dann ging er anschließend vor ihr in die Hocke und nahm ihre Hand in die seine. Zuerst zuckte sie kurz, doch dann ließ sie es zu.
„Ich konnte mich einfach nicht bewegen…“ murmelte sie lediglich und starrte nach vorne. Kyles Brust zog sich zusammen und er wollte sich am liebsten in den Arsch treten dafür, dass er nicht schon vorher gekommen war.
„Es ist ja jetzt vorbei!“ sagte er so ruhig wie möglich. Sam sah ihn nicht an, starrte lediglich. Kyle führte seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf ein wenig an, damit sie ihn endlich ansah.
„Komm ich bring dich nach Hause!“ Sam sagte nichts darauf, nickte lediglich und ließ sich dann von Kyle nach oben ziehen. Er ließ sie nicht los, hatte ihre Hand immer noch in der seinen. Er führte sie nach draußen und dann zum Hintereingang. Als sie in die kühle jedoch angenehme Abendluft traten, schwiegen beide. Kyle wusste gar nicht, was er hätte sagen können um Sam aufzumuntern. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und rief ein Taxi, welches einige Minuten später auch schon erschien. Er half Sam beim einsteigen und setzte sich direkt neben sie und erst da spürte er, dass sie zitterte. Ohne darüber nachzudenken, nahm er sie in seine Arme und drückte sie an sich, während der Taxifahrer stumm zu ihrer Wohnung fuhr.
Als sie schließlich vor Sams Wohnung ankamen, schloss sie die Tür auf und merkte, dass sie immer noch Kyles Hand fest in der ihren hatte.


Wieso hatte sie sich nicht gewehrt? Sie war wie zu Eis gefroren, hatte sich nicht bewegen können, sich nicht wehren können. Kyle hatte sie gerettet und zwar tatsächlich, denn sie hatte schon eine Ahnung worauf dies hinaus gelaufen wäre. Einzig und alleine Kyles Nähe in diesem Moment hielt sie davon ab zusammen zu brechen. Sie war so dumm gewesen! Eng an ihn geschmiegt saß sie im Taxi und atmete tief ein und aus und jedes Mal sog sie Kyles Geruch ein, der eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Sie lag an seiner Brust und lauschte seinem Herzschlag und versuchte an nichts anderes mehr zu denken, als daran. Kyle würde ihr nichts tun, niemals würde er das, er war ihr Freund und mittlerweile Retter und Stützpfeiler, alles zugleich. Sie merkte kaum, wie sie aus dem Taxi ausstiegen, wie er sie nach oben führte, oder wie sie die Tür aufschloss. Erst als sie in der offenen Tür stand bemerkte sie, dass sie Kyles Hand immer noch fest umklammert hatte. Sie hatte Angst davor alleine zu bleiben, in ihrer Wohnung zu sitzen und bei den Erinnerungen an jetzt und an damals zusammenzubrechen. Sie blickte auf die ineinander verschlossenen Hände und dann zu Kyle hinauf. Der verstand auch ohne, dass sie etwas sagen musste und betrat mit ihr die dunkle, leere Wohnung. Im Gang legte sie ihren Schlüssel auf die Kommode und drehte sich dann zu ihm um.
„Dankeschön Kyle, wirklich. Ohne dich…“ sie brach ab, wusste nicht was sie sagen sollte und so trat Kyle einen Schritt auf sie zu und zog sie an sich.
„Ich werde immer da sein!“ sagte er beruhigend und sie schloss die Augen. Wie lange sie so in dem dunklen Gang standen wusste keiner doch Sam wollte keinesfalls alleine bleiben.
„Kannst du bitte da bleiben?“ fragte sie ihn, es war nur ein nuscheln da sie immer noch an seine Brust gepresst wurde, doch er verstand sofort.
„Natürlich!“ sagte er lediglich und so kam es, dass Kyle das erste Mal Sams Schlafzimmer betrat wo er die ganze Nacht neben ihr lag und ihr beim schlafen zusah und Gott tausendfach dankte, dass er rechtzeitig gekommen war.

24. Kapitel: „Ich hab ne Überraschung für dich…“


Die ganze Nacht über war Kyle dagelegen und hatte Sam beim schlafen beobachtet, was in ihm etwas berührt hatte was er nicht in Worte fassen konnte. Bevor ihm am gestrigen Abend überhaupt bewusst geworden war, was da geschah war er wütend gewesen. Er hatte diesen Typen gesehen, wie er seine schmierigen Hände an Sams Oberschenkel gehabt hatte und bereits da hatte ein Schalter in ihm umgelegt. Jetzt da er darüber nachgedacht hatte, während Sam friedlich neben ihm gelegen war, war ihm bewusst geworden, dass es um die Tatsache ging, dass jemand seine Hände an ihr hatte. Doch er konnte sich nicht erklären, warum ihm diese Tatsache so gegen den Strich gehen sollte.
Desto länger er die Situation in seinem Kopf durchgespielt hatte, desto mehr war ihm bewusst geworden, dass Sam ebenfalls nicht so gehandelt hatte, wie sie es sonst getan hätte und Kyle fragte sich immer mehr, woran dies nur lag.
Irgendwann mitten in der Nacht hatte Sam sich gerührt und sich in seine Richtung gedreht, ihr Gesicht war einige Zentimeter von dem seinen weggelegen und er hatte ihre feinen Gesichtszüge beobachten können. Wie sich ihr Mund immer wieder leicht öffnete, während sie ruhig ein und ausatmete. Ihre Haare waren ihr irgendwann einmal ins Gesicht gefallen und automatisch hatte Kyle seine Hand erhoben und sie ihr wieder hinters Ohr gestrichen, bevor ihm klar geworden war, was er da gerade tat. Er hatte es auf die Vorkommnisse geschoben, hatte irgendwann seine Augen geschlossen und war kurze Zeit später selber eingeschlafen.


Sam spürte den Druck der auf ihrem Oberkörper lastete zuerst nur sehr schwach, doch desto wacher sie wurde, desto mehr wurde ihr bewusst, dass da irgendetwas auf ihr drauf lag, was dort nicht liegen sollte. Langsam öffnete sie die Augen und sah sich kurz in ihrem vertrauten Schlafzimmer um, dann wandte sie ihren Kopf zur Seite, wo sie Kyle entdeckte, der tief und fest schlief. Es war seltsam, doch Sam empfand es nicht als unangenehm hier neben Kyle aufzuwachen und das verstörte sie beinahe mehr, als das was am gestrigen Abend geschehen war. Kyle hatte im Schlaf seinen Arm auf sie gelegt und hatte sie näher an sich gezogen, zumindest vermutete Sam das, denn sie war nur einige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und hatte so das erste Mal die Möglichkeit, Kyle von so Nahe zu betrachten. Er hatte sehr gerade, dennoch markante Gesichtszüge, die ihn zu einem der heißesten Typen dieser Stadt machten. Seine blonden Haare, die vom Schlaf ganz durcheinander waren, fielen ihm leicht in die Stirn und Sam musste dem Drang wiederstehen, sie ihm wegzustreichen. Sie atmete tief ein und aus und nahm dann Kyles Arm in die Hand, um ihn von ihrem Oberkörper zu entfernen. Als sie dies geschafft hatte, stand sie mit einem Kopfschütteln auf und war verwirrt über ihre Reaktion auf Kyle. Er war ihr ein solch guter Freund gewesen die letzten Tage und Wochen, vor allem jedoch gestern Abend. Ohne ihn wüsste sie nicht was geschehen wäre. Als sie auf der Bettkante saß drehte sie sich noch einmal zu ihm um. Kyle hatte sich für sie geprügelt und das hatte bisher noch nie jemand getan. Niemand hatte sich jemals so für sie eingesetzt, wie Kyle es letzte Nacht getan hatte und das schmeichelte sie zutiefst. Doch noch etwas rührte dieses Geschehnis in ihr, verursachte ein Bauchkribbeln und das Gefühl einer Leichtigkeit, die sie schon Ewigkeiten nicht mehr verspürt hatte. Sie wandte ihren Blick schnell wieder ab und stand auf, um in die Küche zu gehen und erst einmal Kaffe zu kochen. Erst auf halbem Wege fiel ihr ein, dass sie das Kleid immer noch trug und eilte schnell ins Badezimmer, wo sie den Reißverschluss öffnete und es dann zu Boden gleiten ließ. Ihr war durchaus bewusst, dass nicht dieses Kleid das was gestern geschehen war verschuldet hatte, doch irgendwie machte sie es dennoch verantwortlich. Hätte sie nicht so ausgesehen, wie sie ausgesehen hatte, wäre es niemals soweit gekommen. Wäre sie die gute alte Sam gewesen, dann hätte sich niemand für sie interessiert. Wenn sie sich doch nur nicht so provozieren lassen hätte von den dummen Cheerleadern. Erst als das Kleid in einem Kreis um ihre Füße auf dem Boden lag merkte Sam, dass ihre Hände leicht zitterten. Sie hatte sich geschworen sich niemals wieder als Opfer zu sehen und doch war sie es gestern gewesen und das nur, weil sie sich nicht hatte bewegen können. Sie stieg aus dem Ring zu ihren Füßen hinaus und trat nur in Unterwäsche vor den Spiegel, stützte sich mit den Händen auf dem Waschbecken ab und betrachtete sich. Der Mascara war unter ihren Augen verlaufen und hatte dicke schwarze Spuren hinterlassen. Ihre Wimpern waren verklebt, ihr Gesicht bleich, ihre Haare wirr. Sie drehte den Wasserhahn auf und ließ das kalte, kühle Nass in ihre Hände fließen, anschließend schüttete sie sich die Ladung ins Gesicht. Anstatt umzudrehen und in die Küche zu gehen, drehte sie sich zur Dusche und drehte sie auf, entledigte sich ihrer Unterwäsche und stellte sich unter den Strahl um die Schwäche, die sie gestern umnebelt hatte, von sich abzuwaschen.


Kyle hörte ein Rauschen und öffnete langsam seine Augen. Im ersten Moment wusste er nicht so Recht wo genau er sich eigentlich befand und befürchtete schon, er wäre in alte Muster verfallen doch sehr schnell drangen die Geschehnisse vom gestrigen Abend in sein Bewusstsein und verursachten ihm so einen Knoten im Magen. Er lag in Sams Schlafzimmer, während Sam selber nicht mehr da war. Das erklärte das Rauschen, denn offensichtlich gönnte sie sich eine Dusche. Langsam drehte sich Kyle auf den Rücken und streckte dann seine müden Muskeln. Er wusste gar nicht, wann er das letzte Mal vollkommen angezogen in einem Bett geschlafen hatte und stellte fest, dass er nicht ganz ausgeruht war. Es war wirklich nicht sonderlich bequem in seinen Klamotten zu schlafen.
Er setzte sich langsam auf und strich sich dann mit der flachen Hand durch die Haare, dann schwang er seine Beine über den Bettenrand und stand auf. Zunächst wanderte er ein wenig ziellos durch Sams Zimmer bis er seine Chance erkannte. Er war das erste Mal in ihrem Zimmer, ohne dass sie daneben stand. Er konnte sich also ungestört ein wenig umsehen.
Er ging auf eine der Kommoden zu, wo er ein Foto fand auf welchem Sam mit drei Jungs abgebildet war. Sam war wahrscheinlich um die 11 Jahre alt gewesen, als dieses Foto geschossen wurde und Kyle vermutete, dass die anderen drei Jungs wohl ihre Brüder waren, die allesamt älter als Sam zu sein schienen. Sein Blick wanderte weiter und er entdeckte ein Foto von Janine und Sam. Die beiden kannten sich tatsächlich schon ein wenig länger, denn auf diesem Foto war keine der beiden älter als 14. Man erkannte genau die ersten Versuche Make Up zu benutzen und der knallige Lidschatten auf den Augenlidern der beiden.
„Was tust du da?“ ertönte eine Stimme hinter ihm und er ließ das Bild, welches er in die Hand genommen hatte schnell fallen, weil er sich ziemlich ertappt fühlte.
„Gar nichts?“ entgegnete er. Eilig versuchte er das Durcheinander welches durch das heruntergefallene Bild entstanden war zu ordnen, gab es jedoch wieder auf, da Sam sowieso schon wusste was er da getan hatte. Sie war ja schließlich nicht bescheuert.
„Kyle warum stöberst du in meinen Sachen herum?“ fragte Sam und Kyle drehte sich schließlich doch zu ihr um. Seine Antwort blieb ihm jedoch im Halse stecken, als er Sam nur in einem Handtuch bekleidet vor sich stehen sah. Er schluckte einmal schwer und ermahnte sich endlich zu antworten. Das war ja schließlich nicht das erste Mal, dass er Sam so sah. Bei ihrem ersten Zusammentreffen, war es genauso gewesen.
„Ich stöbere nicht, ich schaue!“ sagte er schließlich und schluckte erneut, als Sam langsam ins Schlafzimmer trat. Erneut konnte Kyle es nicht verhindern, dass er ihre Beine bewunderte, die unter dem Handtuch zu sehen waren, schnell jedoch wandte er seinen Blick wieder auf ihr Gesicht. Sam hingegen schien rein gar nichts zu bemerken, denn sie kam auf ihn zu und sah sich dann das Bild an, welches Kyle kurze Zeit zuvor noch in Händen gehalten hatte.
„Ach, Janine und ich. Das ist jetzt 9 Jahre her, dass dieses Bild gemacht wurde.“ Erklärte Sam ohne gefragt worden zu sein. Seltsamerweise war sie nicht sauer auf Kyle, so schien es, sondern sie wirkte eher ein wenig melancholisch.
„Alles klar bei dir?“ fragte Kyle sie und Sam stellte das Bild schnell hin, so als wäre sie gerade bei etwas ertappt worden.
„Ja alles klar. Könntest du jetzt bitte rausgehen, damit ich mich umziehen kann?“ lenkte sie eilig ab und Kyle nickte.
„Ich mach uns solange Kaffee, was meinst du?“
Sam drehte sich noch einmal zu ihm um und nickte schließlich, ohne auch nur ein weiteres Wort zu sagen.
Als Kyle ins Wohnzimmer trat, schloss er hinter sich die Tür zum Schlafzimmer, auch wenn es ihm ein wenig schwer fiel und ging anschließend in die Küche, wo er den versprochenen Kaffee kochte. Während das Wasser durchlief ging Kyle ins Wohnzimmer, wo er den Fernseher einschaltete. Er verspürte nicht im Geringsten den Drang nach Hause zu gehen und sich dort einen gemütlichen Tag zu machen. Heute stand ausnahmsweise kein Training, keine Besprechung, rein gar nichts an und so sah er einem freien Tag entgegen, den er seltsamerweise am liebsten hier in dieser Wohnung bei einem guten Film, oder auch zwei, verbringen wollte.
Die Tür zum Schlafzimmer ging auf und Sam trat hinaus, entdeckte Kyle auf „seinem“ Sessel und gesellte sich zu ihm. Sie saßen stillschweigend im Wohnzimmer und keiner der beiden vermochte die Situation mit lockeren Worten zu entschärfen. Kyle hatte Angst davor, etwas Falsches zu sagen während Sam sich mittlerweile ihrer Schwäche am gestrigen Abend wegen schämte. Nach einigen Minuten stand Sam auf und ging in die Küche, wo sie Kaffee für beide in eine Tasse schüttete und dann das Schweigen brach in dem sie Kyle „Zucker oder Milch?“ zurief. Dieser stand jedoch anstatt zu antworten auf und ging selbst in die Küche, die doch eigentlich nur durch eine Theke vom Wohnzimmer abgetrennt wurde.
„Beides…“ sagte er und nahm Sam die Tasse aus der Hand, während er den Kühlschrank öffnete und die Milch herausholte.

Sam sah Kyle fassungslos zu. Es schien so normal zu sein, dass sei beide gemeinsam hier in ihrer Küche standen, er sich selbst bediente und sich vollkommen wie zuhause fühlte. Dennoch erdrückte sie das Schweigen langsam und sie ging mit ihrer Tasse wieder ins Wohnzimmer. Kyle brauchte noch eine Weile und kam zwei Minuten später nach, setzte sich hin und richtete sich dann auf um in Sams Richtung zu sehen.
„Ok, ich habs. Was hast du heute Abend vor?“ fragte er sie plötzlich und Sam, überrascht von der unerwarteten Frage, antwortete „Nichts, wieso?“
Auf Kyles Gesicht breitete sich ein Lächeln aus und er klatschte in die Hände.
„Gut, dann reservier ihn für mich, ok? Ich hab ne Überraschung für dich.“
Das Eis war gebrochen und Sam war Kyle unsagbar dankbar, dass er die Sache von gestern nicht erwähnte.
„Was für eine Überraschung denn?“ fragte sie neugierig und fragte sich selbst gleichzeitig, weshalb sie überhaupt eine Überraschung verdient hatte.
„Naja, wenn ich es dir sage, dann ist es keine Überraschung mehr, oder?“ fragte Kyle sie. Er schien sich bereits darauf zu freuen und so entschied Sam einfach zuzustimmen und die Sache auf sich zukommen zu lassen.
„Ok, du solltest aber wissen, ich hasse Überraschungen.“ Entgegnete sie.
Kyle zuckte mit den Schultern und antwortete „ Wundert mich zwar irgendwie gar nicht, aber ich verspreche dir, diese wird dir gefallen. Sie ist auch nicht kitschig, oder so etwas in der Art. Ich weiß ja, dass dir davon übel wird.“ Sagte Kyle und sein Grinsen verbreitete sich.
Sam lächelte jetzt ebenfalls und antwortete „In Ordnung. Wenn sie jedoch trotzdem kitschig sein sollte, dann hab ich nen Schlag frei!“
Kyle nahm diese Forderung gelassen und entgegnete lediglich „Aller guten Dinge sind drei, oder?“ dann stand er auf und wandte sich zum gehen.
„Was machst du denn jetzt?“ fragte Sam ihn überrascht und Kyle wandte sich ein letztes Mal zu ihr um. „Naja, ich muss die Überraschung erst einmal vorbereiten. Falls es nicht klappt, dann fahren wir zu Burger King und schlagen uns die Bäuche voll, ok?“
„Du sagst mir du hast eine Überraschung und hast sie noch nicht einmal vorbereitet?“ fragte Sam ihn lächelnd, erwartete jedoch keine Antwort mehr, denn Kyle ging ohne auch nur ein weiteres Wort. Als er jedoch bei der Tür ankam rief er Sam noch einmal zu „Um acht hole ich dich ab!“ und verließ dann die Wohnung schnell.
Seine Kaffetasse stand unberührt auf dem Tisch und Sam sah sie an, während sie sich die Frage stellte, was zum Teufel nur in Kyle gefahren war.
Doch sie war ihm zu tiefem Dank verpflichtet und so hatte sie sich dazu entschieden, egal was er auch vorhatte, mitzumachen. Sie war sich ziemlich sicher, dass seine Idee von Überraschungen nicht mit den Ihren harmonierten, doch würde sie ihm zu Liebe heute mal ihre Meinung für sich behalten und einfach mitmachen bei dem Spaß, der sie doch, da war sie sich sicher, von dem Scheiß um sie herum ablenken würde.

Punkt acht Uhr stand Sam in einfachen Jeans und einem Shirt in ihrem Wohnzimmer und wartete darauf, dass Kyle endlich kam. Sie hatte noch ein weiteres Mal mit ihm telefoniert weil sie wissen wollte, was sie zu besagter Überraschung anziehen sollte. Es wäre ja wohl mehr als peinlich gewesen, wenn sie in ein schickes Restaurant gegangen wären und sie in Jeans aufgekreuzt wäre, aber Kyle hatte ihr versichert, dass ihr üblicher Stil absolut angemessen wäre. Sam hatte die Arme vor der Brust verschränkt, klopfte jedoch nervös mit der einen Hand auf dem anderen Arm herum. Sie war es nicht gewohnt überrascht zu werden, vor allem nicht positiv. Die letzte Überraschung war Janines Verkündung gewesen, dass sie und Henry heiraten würden. Darüber hatte Sam sich auch sehr gefreut, doch Janine hatte ihr gleichzeitig eröffnet, dass Sam natürlich oberste Brautjungfer sein würde, was Sam eher weniger erfreut hatte.
Ein Klingeln riss sie aus ihren Gedanken und sie stürmte, vielleicht ein wenig zu schnell, zur Tür und riss sie auf. Kyle stand frisch geduscht, das erkannte sie an seinen noch nassen Haaren, in ihrer Tür. Er trug ein schlichtes dunkelblaues T-Shirt welches seine muskulöse Brust und seine Oberarme zur Geltung brachte. Aus dem rechten Ärmel des T-Shirts schlangen sich Kyles Tattoos den gesamten Arm hinab. Zu dem Shirt trug er schlichte helle Jeans und Sam atmete erleichtert auf. Puh, es ging also tatsächlich in kein schickes Restaurant oder ähnliches.
„Hey…“ sagte er und wirkte dabei beinahe ein wenig schüchtern.
„Hey!“ entgegnete Sam und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Und verrätst du mir jetzt, wo es hingehen soll?“ fragte sie ihn doch er schüttelte, ebenfalls lächelnd, den Kopf.
„Nein jetzt komm einfach mit!“ sagte er und nahm sie bei der Hand, was sich so normal anfühlte, dass es beinahe schon wieder seltsam war. Nach dem gestrigen Abend hatte Sam das Gefühl, dass sich etwas verändert hatte. Vielleicht lag es daran, das Kyle bei ihr übernachtet hatte, vielleicht aber auch daran, dass er sich so eingesetzt hatte für sie. Vielleicht lag es aber auch daran, das Kyle Sam anscheinend mittlerweile so gut kannte, dass er wusste, dass Sam keinesfalls über den gestrigen Abend sprechen wollte. Vielleicht aber waren es auch alle Dinge gemeinsam und gleichzeitig. Wie auch immer, Sam entschied sich, den heutigen Abend einfach nur zu genießen und nicht zu viel nachzudenken, so wie sie es sonst tat und damit immer alles ruinierte.
Sie gingen nach draußen, wo ein Wagen stand den Sam nicht kannte.
„Woher ist das Auto?“ fragte sie als Kyle sie genau auf dieses zuführte.
„Hab ich mir ausgeliehen.“ Sagte er lediglich und öffnete der überraschten Sam die Tür. Sie stieg kommentarlos ein und schnallte sich an, kurz darauf setzte sich Kyle auf den Fahrersitz und startete den Motor.
„Ach bevor ichs vergesse. Falls Clarisse fragt, du bist ne lesbische Freundin die von ihrer großen Liebe verlassen wurde!“ und schon legte er den ersten Gang ein als hätte er gar nichts gesagt und brauste los. Sam war zunächst sprachlos, besinnte sich jedoch gleich wieder und entgegnete „Will ich wissen, warum ich das sagen sollte, wenn Clarisse fragt?“
Sie ließ bewusst außer Acht, dass sie keine Ahnung hatte, wer Clarisse überhaupt war.
„Vertrau mir einfach, so wäre es besser. Ansonsten könnte ich mir die Überraschung wahrscheinlich sonst wohin schieben!“
„Ok?!“ sagte Sam und richtete ihren Blick nach vorne. Sie fuhren stillschweigend durch die mittlerweile dunkel werdenden Straßen von Hilton und Sams Aufregung stieg langsam weil sie keine Ahnung hatte, was Kyle nur vorhatte. Sie kannte ihn mittlerweile ebenfalls so gut, dass sie wusste, dass er desöfteren ziemlichen Mist im Kopf hatte. Was also war, wenn besagte Überraschung tatsächlich vollkommen fehlerhaft war? Nun ja, Sam hatte sich ja bereits dazu entschieden, dass sie egal was auch immer es war, sich darauf einlassen würde, doch wusste sie nicht wie sie reagieren würde, sollten sie beispielsweise in ein Pornokino fahren, oder zu einem Monster-Death-Match. Beide Dinge entsprächen jedoch vollkommen Kyles Interessen.
Sie fuhren immer weiter und desto länger sie unterwegs waren, desto mehr dachte Sam auch an eine andere Möglichkeit: Was war, wenn Kyle sie loswerden wollte? Sie in einen Wald bringen und dort, nun ja, jeder wusste was in Horrorfilmen immer so geschah.
Als die beiden jedoch vor einer Bowlingbahn zum stehen kamen, schämte sich Sam bereits beinahe für ihren Gedanken und sah überrascht zu Kyle hinüber.
„Eine Bowlingbahn?“ fragte sie ruhig. Sie hatte es zwar schon ein paar mal probiert, damals als Teenager, doch es hatte ihr nie wirklich gefallen.
„Eine Bowlingbahn!“ bestätigte Kyle, schnallte sich ab und stieg aus dem Wagen. Sam tat es ihm gleich und als sie beide vor der verschlossenen Tür standen sah sie zu Kyle hinüber und sagte „Du hättest lieber mal abklären sollen ob sie geöffnet hat, heute ist Ruhetag!“
„Du glaubst echt ich bin bescheuert, oder?“ fragte Kyle sie ein klein wenig gekränkt. Kurz darauf wurde die Tür geöffnet und eine kleine blonde Frau trat nach draußen. Sie musste ungefähr im gleichen Alter wie Sam und Kyle sein, war etwas größer als Sam selber und hatte dunkelbraune, ziemlich vertrauenserweckende Augen.
„Kyle Süßer, da bist du ja endlich!“ sagte sie und schritt mit einem Hüftschwung auf Kyle zu, den Sam noch nicht einmal immitieren könnte, so perfekt war er. Die Frau legte Kyle ihre Arme um den Hals und gab ihm zur Begrüßung zusätzlich noch ein Küsschen auf die Wange.
Sam räusperte sich und wandte ihren Blick ab „Soll ich euch vielleicht alleine lassen?“ fragte sie ein wenig zu giftig und zog so die Aufmerksamkeit von beiden auf sich.
„Sam das ist Clarisse, Clarisse das ist Sam!“ sagte Kyle und deutete zwischen den beiden hin und her. Sam wollte Clarisse gerade die Hand entgegenstrecken als diese, mit mitleiderfülltem Blick auf sie zugestürmt kam und sie in die Arme nahm.
„Oh du Arme. Ich kann mir nur im Entferntesten vorstellen wie es ist, von seiner großes Liebe verlassen zu werden und das auch noch so kurz vor der Hochzeit!! Vergiss Lola Süße, sie ist es nicht Wert!“ und so redete Clarisse noch einige Sätze lang weiter, während Sam verwirrt die Stirn kraus zog und zu Kyle hinüber sah, der peinlich berührt da stand.
Sie bewegte ihre Lippen und teilte ihm so mit, dass er das büßen würde, während Kyle ein stummes „Sorry“ von sich gab. Sam wurde an den Schultern gepackt und von Clarisse weggedrückt. Die stand vor ihr, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
Irgendwann sah Kyle anscheinend, dass man diese Sache abkürzen müsse und mischte sich ein.
„Ähm Clarisse, danke für den Schlüssel. Ich bring ihn dir dann morgen wieder vorbei, ok?“ Clarisse wandte sich von Sam an und nickte wie wild.
„Alles klar kein Problem. Habt Spaß…“ sie wandte sich ab und ging einige Schritte bevor sie sich erneut zu Sam umwandte und sagte „Auch auf dich wartet da draußen jemand, ganz sicher!“
Sam nickte und sagte „Ja ich auch…“ Zufrieden mit Sams Aussage, wandte sich Clarisse ab und ging ihres Weges, während Sam und Kyle vor der Tür stehen blieb.
„Willst du mir das erklären?“ fragte Sam Kyle, der sich gerade unruhig am Hinterkopf kratzte.
„Nicht, wenn es nicht unbedingt sein muss…“ murmelte er und Sam drehte sich zu ihm.
„Ok, dann nicht. Was ist jetzt? Gehen wir rein oder wie?“ fragte sie ihn weil sie entschied, ihm noch ein wenig Schonfrist zu geben.
„Ja, ja klar.“ Sagte dieser erleichtert und öffnete die Tür. Es war stockfinster und nur ein paar Notausgangschilder boten ein wenig Licht, an dem man sich orientieren konnte.
„Warte ich bin gleich da…“ sagte Kyle und schon stand Sam alleine in dem dunklen Raum.
Während sie da so einsam stand, hatte sie Zeit darüber nachzudenken was Clarisse gesagt hatte. Obwohl sie offenbar ziemlich naiv gewesen war, so hatte sie doch mit einem Ausspruch irgendwie Recht gehabt. Auch auf Sam wartete da draußen jemand. Mal sehen ob Clarisse damit Recht behalten sollte.
Sam hörte ein knacken, dann noch eins und plötzlich ging ein Licht nach dem anderen an. Neonlichter, Schwarzlichter und eine Discokugel, die in diesem Szenario äußerst unpassend wirkte, beleuchteten ungefähr 15 Bowlingbahnen. Obwohl es nichts Besonderes war, so war es für Sam doch etwas Großes. Durch den ganzen Raum zuckten Lichter, die von Lichtmaschinen hergestellt wurden, Bilder erschienen die von irgendwelchen Sprayern anscheinend an die Wand gesprüht worden waren und die unpassend erscheinende Discokugel legte eine seltsame jedoch vollkommen angenehme Atmosphäre über den Raum. Es schien so, als wäre Sam in einer anderen Welt gelandet und zum zweiten Mal an diesem Tag, breitete sich eine wohlige Wärme in ihrem Inneren aus.
Sie bekam nur am Rande mit, dass Kyle zurück gekehrt war da sie damit beschäftigt war sämtliche, liebevoll gestalteten Einzelheiten in diesem riesigen Raum zu entdecken.
„Es ist wirklich genial..“ murmelte sie und sah schließlich doch noch zu Kyle hinüber.
Der hatte sie offenbar beobachtet denn er wandte in dem Moment seinen Blick schnell ab.
„Hat schon seinen Reiz, wenn man hier alleine ist, oder?“ fragte er und ging auf einen der Tische zu. Sam folgte ihm und nickte, zu spät wurde ihr bewusst, dass Kyle das ja nicht sehen konnte, da er mit dem Rücken zu ihr stand. Schnell fügte sie hinzu „Ja da hast du Recht…“ und setzte sich dann an den Tisch.
„Kann ich ihnen etwas zu trinken bringen, meine Gnädigste?“ fragte Kyle und tat so, als wäre er ein Kellner. Obwohl es eigentlich doch lächerlich war und überhaupt nicht dem entsprach, was Sam in der Regel gefiel, so sah sie Kyles Bemühungen darin und lächelte. „Ja ein Bier bitte…“ sagte sie und sofort zog Kyle davon, nur um fünf Minuten später mit zwei Bier und einigen Knabbereien zurück zu kehren.
„Hab die Bar geplündert, ich hoffe Clarisse bekommt deswegen keinen Stress.“ Sagte er und legte alles auf den Tisch.
„Apropos Clarissse…was sollte das vorhin?“ fragte Sam, die ihre Chance sah.
„Ich weiß nicht was du meinst…wollen wir spielen?“ lenkte Kyle ab und zeigte lässig auf die Bowlingkugeln.
„Nicht bevor ich keine Erklärung von dir bekommen habe.“ Sagte Sam standhaft. Sie war einfach zu neugierig, was genau Kyle Clarisse angeboten hatte, damit sie ihm den Schlüssel einfach so überließ.
„Ok, ok in Ordnung. Also Clarisse ist, wie soll ich sagen…“
„Du hast einmal mit ihr geschlafen…“ sagte Sam statt seiner trocken und Kyle nickte.
„Ja genau. Naja wir verstehen uns auch heute noch gut und haben uns danach noch ein paar Mal getroffen. Da sie aber ziemlich naja anhänglich ist, musste ich ihr irgendwie erklären warum ich genau mit dir hierher wollte, also hab ich gedacht ich tische ihr eine Story auf, in der sie dich nicht als Bedrohung ansieht.“ Kyle sah Sam nicht an während er sprach, erst als Sam die nächsten Worte aussprach, richtete er seinen Blick wieder auf sie.
„Und warum wolltest du genau mit mir hierher?“ fragte sie ohne auf den Rest einzugehen. Sie war zu neugierig. Kyle hatte bisher in seinem Leben nichts ohne Hintergedanken getan und Sam stellte sich in der letzten Zeit häufiger die Frage, warum er ihr gegenüber so anders war als all den anderen Frauen gegenüber.
„Keine Ahnung, ich dachte das würde dich vielleicht aufheitern!“ sagte er und hatte offenbar Angst davor, gefährliches Terrain damit zu besteigen. Er hatte Recht. Bei diesen Worten zog sich Sams Herz für kurze Zeit zusammen und ihr kamen die Bilder vom gestrigen Abend wieder hoch. Sie verdrängte sie jedoch schnell wieder und sagte stattdessen „Danke Kyle, dafür dass du mir gestern geholfen hast!“
Kyle fühlte sich irgendwie benommen, es war so leicht mit Sam ehrlich zu sprechen. Er hätte ihr sonst eine Geschichte auftischen können, doch bei ihr hatte er immer das Gefühl, dass sie ihn sowieso sofort durchschauen würde und so entschied er sich immer für die Wahrheit. Als Sam sich in diesem Moment bei ihm bedankte, ihn auf diese bestimmte Art und Weise ansah, bildete sich ein leichter Knoten in seinem Magen.
Er räusperte sich kurz und wandte dann den Blick ab, bevor er sprach.
„Weißt du, ich hab es wirklich ernst gemeint, was ich gestern gesagt habe. Ich werde immer da sein, solange du mich brauchst. Du bist mir wichtig geworden…“
Warum sagte er so etwas? Weshalb brachte Sam ihn immer dazu, so einen Müll von sich zu geben? Natürlich stimmte es, doch hätte er vorher solche Worte niemals ausgesprochen, zumindest vor keinem anderen als seiner Mutter, seiner Schwester oder…
„Danke Kyle, das bedeutet mir wirklich viel. Aber jetzt lass uns mit diesen Trauermienen aufhören und endlich spielen. Ich mache dich platt!“ sagte Sam, unterbrach damit seine Gedanken und klatschte in die Hände, während sie aufstand und eine Bowlingkugel in die Hand nahm.
Kyle war überrascht von dem plötzlichen Gefühlsumschwung und war sich sicher, dass Sam nur so tat, doch er ließ es erst einmal einfach auf sich bewenden, denn er wusste, dass wenn sie nicht weiter über ein Thema sprechen wollte, dies auch nicht geschehen würde.


Sie spielten einige Zeit lang, doch Sam war, überraschenderweise grottenschlecht.
„Oh mann Sam. Ich dachte du bist sportlich?“ fragte Kyle sie als die Kugel erneut anstatt seine Ziele zu treffen, im Aus landete.
„Hey, ich kann Kampfsport, aber alles was mit Bällen zu tun hat ist ein Rotes Tuch für mich!“ sagte sie ein wenig gekränkt und veranlasste Kyle so aufzustehen und ihr zu Hilfe zu eilen. Er packte sich eine Bowlingkugel und reichte sie ihr.
„Ich zeig dir jetzt mal, wie man das macht, ok?“ fragte er und sie nahm die Kugel nickend entgegen.
„Ok, aber wehe ich stelle fest, dass du mir Müll erzählst nur um als Gewinner hier raus zu gehen…“ sagte sie und versuchte dabei bedrohlich zu wirken.
Kyle konnte sich ein Lachen nicht verkneifen und entgegnete „Das tue ich auch so, wie es bis jetzt aussieht.“
„Jetzt zeig es mir schon endlich, anstatt blöd rumzulabern!“ sagte Sam und drehte sich mit dem Rücken zu ihm. Kyle trat von hinten auf sie zu und sagte
„Du musst Anlauf nehmen, den Arm gerade halten und die Kugel schwungvoll nach vorne fahren lassen.“
Er half ihr bei den Bewegungen und sagte dann „Jetzt los lassen!“
Sam tat wie geheißen und lies die Kugel los. Beide standen da und beobachteten sie, wie sie kurz vor den Pins doch noch im Aus landete.
„Verdammt!“ murmelte Sam und schnappte sich die nächste Kugel.
Es dauerte eine Weile, doch mit jedem Wurf wurde sie besser und als sie schließlich eine Stunde später endlich einen Strike erzielte, kreischte sie kurz auf und drehte sich um.
Kyle hatte sie in der Zwischenzeit stets beobachtet und festgestellt, dass sich etwas verändert hatte. Er sah Sam mittlerweile mit ganz anderen Augen, als noch vor ein paar Wochen. Hatte er damals noch gesagt, dass Sam vollkommen gewöhnlich war und nichts Besonderes an ihrem Aussehen hatte, so konnte er heute nicht mehr nachvollziehen, wie er so etwas nur hatte denken können. Vor ein paar Wochen, war er auch noch der Meinung gewesen, dass Sam äußerst anstrengend war, heute jedoch war sie die Person mit der er seine Zeit am liebsten verbrachte. Hatte er noch vor ein paar Wochen gesagt, dass Sam absolut nicht seinem Typ entsprach, so fragte er sich heute wieso sie auf einmal vollkommen das zu sein schien, was er wollte.
Er war schockiert gewesen von dieser Einsicht, die ihm am Nachmittag gekommen war, als er Martin gefragt hatte, ob dieser ihm sein Auto leihen könnte. Martin hatte natürlich wissen wollen, wofür Kyle es brauchte und Kyle hatte ihm von seinen Plänen erzählt. Martin hatte ihn nur seltsam angesehen und dann gesagt „Klar Mann, kein Problem. Aber warum tust du das?“ Martin kannte Kyle schon seit seinem ersten Collegetag und obwohl sie nie wirklich viel gemeinsam gehabt hatten, so war Martin doch zumindest einer von jenen gewesen, mit denen man sprechen konnte, ohne dass fünf Minuten später das ganze College Bescheid wusste. Nachdem Kyle ihm gesagt hatte wieso er das tat, nämlich weil er Sam ein wenig ablenken und ihr was Gutes tun wollte hatte Martin nur folgendes gesagt „Wer hätte das gedacht!“ hatte sich dann lächelnd abgewandt und Kyle schließlich seinen Schlüssel zugeworfen.
„Ich erwarte ihn unversehrt zurück zu bekommen!“ hatte er abschließend gesagt und war dann in seinem Wohnunghaus verschwunden ohne Kyle genauer zu erklären, was er damit gemeint hatte. Kyle war jedoch selber darauf gekommen und jetzt saß er da und fragte sich, wann es geschehen war, dass er von „Sam interessant zu finden“ zu „Ohne Sam nicht mehr zu können“ gewechselt war.
Fuck…
„Hast du das gesehen??“ rief sie ihm mit strahlenden Augen zu und wirbelte dann in seine Richtung, als sie den Strike erzielte.
„Ja hab ich. Super!!“ sagte er und versuchte zu vertuschen, dass er ganz und gar nicht mehr abgeneigt war von der Vorstellung, sich mit Sam zwischen den Laken zu amüsieren.
Er schob es schnell auf die bloße Tatsache, dass er jetzt seit einigen Wochen keinen Sex mehr gehabt hatte und dass Sam nun mal die ganze Zeit in der Nähe war, also die einzige weibliche Konstante in seinem Leben bot. Da war es doch nicht verwunderlich, dass er scharf auf sie war, oder? Die anderen Dinge konnte er sich zwar nicht erklären, doch er hielt diese Sachen auch eher für nebensächlich. Dennoch war ihm bewusst, dass er sich so schnell wie möglich eine kleine weibliche Ablenkung suchen musste, da er sich sicher war, es sonst zu versauen. Er würde Mist bauen, ganz klar, vor allem wenn er auch in Zukunft so viel Zeit mit Sam verbringen würde.
Er war an den Tisch gelehnt da gestanden und Sam war auf ihn zugekommen um ihn vor Freude stürmisch zu umarmen. Er hatte seine Arme um ihren Rücken gelegt, hatte sie dann nachdem sie sich wieder von ihm entfernt hatte angesehen, das Strahlen in ihren Augen entdeckt.
Das was dann geschah, konnte er sich nicht mehr erklären, denn obwohl er ein wenig vorher noch beschlossen hatte, diesen Drang nach ihr zu unterdrücken, zog er sie plötzlich an sich. Sam Blick hatte sich verändert. Von Freudestrahlend zu überrascht und auch Kyle war mehr als nur überrascht, als seine Lippen auf die von Sam trafen und in seinem Inneren ein Feuerwerk zu explodieren schien, welches er vorher noch niemals verspürt hatte. Etwas hatte sich ganz eindeutig verändert.

25. Kapitel: „Ich hab dir doch gesagt er steht auf dich…“


Sam wusste gar nicht, was hier in diesem Moment geschah. Eben noch, hatte sie sich gefreut und sich in Kyles Arme geschmissen um diese Freude mit ihm zu teilen und im nächsten Moment sah er sie so an. Dieser gewisse Blick, den sie noch nie bei einem Mann gesehen hatte, wenn er Sam selbst betrachtet hatte. Irgendwas hatte sich verändert und zwar in den letzten zwei Minuten. Etwas, dass sie selbst nicht verstand. Als Kyle seinen Kopf langsam senkte, spürte Sam wie ihr Herz wie wild zu schlagen begann. Wollte sie das was Kyle vorhatte überhaupt? Nein bestimmt nicht. Aber warum nicht? Weil Kyle ihr Freund war, nicht mehr und nicht weniger! Aber wieso spürte sie plötzlich diese Schmetterlinge in ihrem Bauch, wieso konnte sie sich vor Überraschung nicht rühren? Und wieso, hielt sie Kyle nicht davon ab das zu tun, was er gerade tun wollte? Es war ein seltsamer Moment, irgendwie fremd, doch kein Wunder. Sam war geküsst worden, doch sie selber hatte es damals nicht gewollt.
Obwohl ihr Verstand ihr doch eigentlich sagte, dass das nicht geschehen durfte und obwohl dieser Verstand ansonsten eigentlich immer ganz gut funktionierte, schaffte er es dennoch nicht sie dazu zu bringen ihren Kopf wegzudrehen oder einen Schritt zurück zu machen. Nein. Stattdessen hielt sie ihr erstarrter Körper an Ort und Stelle und schmolz dafür umso schneller dahin, als Kyles Lippen auf die ihren trafen.
Sie hatte die Augen geschlossen, dachte kurzzeitig, es wäre nur ein Traum. Doch dann fühlte sich dieser Traum verdammt gut an. Es schien so, als würden Milliarden Schmetterlinge durch ihren gesamten Körper schwirren und ein Prickeln auf ihrer Haut verursachen. Oft hatte sie sich die Frage gestellt, wie sich ein solcher Kuss anfühlen würde, so jedoch, hatte sie ihn sich niemals vorgestellt. So einnehmen und so wundervoll.
Sie widerstand dem Drang, ihre Arme um Kyles Nacken zu legen, ließ den Kuss einige Sekunden zu, bevor ihr schlagartig bewusst wurde, was sie da gerade taten! Kyle war ihr Freund! So etwas würde eine Freundschaft nur zerstören!
Mit einem Mal erlangte sie die Kontrolle über ihren Körper zurück und tat das einzig Richtige, obwohl sie zugeben musste, dass der Kuss ihr gefallen hatte. Sehr sogar.
„Was tust du da??“ fragte sei den ebenfalls überrascht erscheinenden Kyle der die Augen aufgerissen hatte und sie geschockt ansah.
„Keine Ahnung!“ sagte er nach einigen Sekunden und schüttelte dann den Kopf.
„Keine Ahnung???“ schrie sie jetzt beinahe und fasste sich dann kurzzeitig an die Lippen bevor sie die Hand schnell zurückzog, so als hätte sie sich verbrannt.
„Wie kannst du keine Ahnung haben, Kyle?? Du hast mich geküsst!!“ fügte Sam schockiert hinzu. Sie wusste nicht was sie sagen und auch nicht was sie tun sollte, doch ihr Verstand sagte ihr, sie solle die Flucht ergreifen und genau das tat sie. Sie brauste an Kyle vorbei, holte ihre Tasche und Jacke, und lief schnell davon.
Verdammt was war das nur gewesen? Wieso hatte Kyle das getan?


„Fuck!!“ rief Kyle und wanderte kurzzeitig unentschlossen im Raum umher. Wieso zum Teufel hatte er das nur getan? Es war der Augenblick gewesen! Klar.
Er registrierte erst mit einen Sekunden Verzögerung, dass Sam gar nicht mehr vor ihm stand und so machte er sich schnell auf den Weg ihr hinterher. Weit konnte sie ja nicht gekommen sein, schließlich waren sie gemeinsam hierher gefahren. Wie konnte ein so schöner Abend nur so katastrophal enden?
Kyle brauchte dringend weibliche Ablenkung, ansonsten würde er noch durchdrehen, wie der eben geschehene Vorfall doch eindeutig bewies.
„Sam warte!“ rief er ihr nach, als er sah, wie die Tür gerade zufiel. Er sprintete los und versetzte der Tür einen solchen Schubs, dass sie wild aufschwang nur um ihm gleich wieder entgegenzukommen, doch er schaffte es problemlos noch nach draußen zu treten.
„Sam, bitte. Jetzt warte doch!“ sagte Kyle und kam einige Meter hinter ihr zum stehen.
„Ich will nicht warten verdammt. Kyle, was geht in deinem Kopf vor? Hast du mich deswegen hierhergebracht? Weil du mich flachlegen wolltest?“
Hä, was?
„Spinnst du jetzt? Natürlich nicht. Ich wollte dir eine Freude machen!“ antwortete Kyle durcheinander. Wie kam sie denn jetzt auf diesen Müll?
„Und der Kuss, war der auch von Anfang an geplant? Wolltest du mir damit auch eine Freude machen?“ fragte sie ihn ein wenig giftig.
Ok, natürlich wollte man jemandem eine Freude machen mit einem Kuss, dachte sich Kyle, doch er würde sich hüten davor das zu sagen weil er sich ziemlich sicher war, dass Sam das (absichtlich oder auch unabsichtlich, da war er sich bei den Frauen immer nicht so sicher) missverstehen würde.
„Nein, der war natürlich nicht geplant. Keine Ahnung, es war wohl ein Versehen…“ sagte er schulterzuckend, jedoch etwas schwerer atmend als üblich.
„Ein VERSEHEN??“ fragte Sam ihn und kam jetzt einige Schritte auf ihn zu. Jetzt da sie es wiederholte, hörte es sich gar nicht mehr so plausibel an, wie gerade eben noch in seinem Kopf.
„Äh, ja?“ er wusste nicht, was er noch sagen konnte und was nicht, denn er war sich ziemlich sicher, dass er sich, wenn er nicht bald die Kurve kriegte, eine fangen würde.
„Kyle, wie zum Teufel kann man jemanden aus Versehen küssen?“ fragte sie und stemmte dabei ihre Arme in die Hüften. Seltsamerweise gab Kyle diese, früher durchaus bedrohlich wirkende, Geste Sicherheit. So kannte er Sam.
„Ähm, also.“ Begann Kyle seine Argumentation, doch fiel ihm einfach nichts ein. ‚Es wird Zeit Kumpel, dass du was Vernünftiges sagst!’ sprach er zu sich selber.
„Ja?“ fragte Sam und beinahe erschien es so, dass sie ungeduldig mit dem rechten Bein wackelte.
„Also, es war einfach dieser Moment.“ Sagte er schließlich und fragte sich, ob sie sich damit zufrieden geben würde, doch bezweifelte er das stark.
„Was jetzt? Ein Versehen oder der Moment?“
„Man, ich weiß es nicht, ok? Keine Ahnung! Es ist einfach so passiert! Können wir das nicht einfach irgendwie vergessen und von vorne anfangen?“ fragte er und warf dabei hilflos die Arme nach oben. Wieso nur, hatte er diesem Verlangen nachgegeben? Er wusste doch, dass so etwas einen generell nur in Schwierigkeiten brachte, vor allem dann, wenn es einem nicht egal war was aus der Person werden würde.
„Das wäre dann der wievielte Neustart zwischen uns beiden?“ fragte Sam und zog dabei eine Augenbraue nach oben.
„Keine Ahnung, aber die anderen haben doch auch alle wundervoll funktioniert!“ entgegnete Kyle und lächelte dabei.
„Oh nein, du lässt dein Hundert Watt Lächeln jetzt mal schön weg. Damit kannst du vielleicht andere beeindrucken, aber nicht mich!“ sagte Sam und kam ihm dabei mit ihrem ausgestreckten Finger gefährlich nah. Schnell erlosch das Lächeln auf seinen Lippen wieder, doch jetzt kam er sich ein wenig blöd vor, weil er nicht wusste was er machen durfte und was nicht. Schließlich entschied er sich für die Wahrheit.
„Ok Sam, hör zu. Es tut mir Leid, in Ordnung? Es war wirklich nur irgendwie dieser Moment, keine Ahnung was in mich gefahren ist, aber ich verspreche dir es wird nicht wieder passieren, ok?“ fragte er und setzt dieses Mal seinen Dackelblick auf. Da Sam gerade jedoch nachdenklich auf den Boden starrte, musste er ein wenig in die Knie gehen, um ihr in die Augen sehen zu können.
„Ok?“ fügte er noch mal ein wenig kleinlaut hinzu und in dem Moment erhob Sam ihren Blick. Er sah etwas darin, was er bisher noch nicht gesehen hatte, doch würde er sich davor hüten jetzt irgendwelche Vermutungen anzustellen. ‚Einfach cool bleiben Junge’, sprach erneut sein Verstand zu ihm.
„Wieso bemühst du dich überhaupt so? Ich verstehe es nicht…“ sagte Sam jetzt ebenfalls kleinlaut und es hatte sie offenbar einiges an Überwindung gekostet diese Frage zu stellen.
„Warum?“ fragte Kyle, weil er nicht wusste auf was sie hinaus wollte.
„Ja warum!“ fragte Sam, dieses Mal ein wenig standhafter.
„Na weil wir Freunde sind. Du bist mir wichtig…“ Wichtiger als du denkst fügte er in Gedanken hinzu.
Sam dachte kurz darüber nach, sah in Kyles Augen, dann wieder auf den Boden. So unentschlossen kannte er sie gar nicht.
Doch endlich sprach sie die erlösenden Worte aus, auf die er gehofft hatte.
„Ok, vergessen wirs einfach.“ Sie klang zwar nicht zu hundert Prozent überzeugt, aber dennoch sah Kyle seine Chance.
Er streckte ihr die Hand entgegen und sagte „Freunde?“
Nur widerwillig nahm sie sie in die ihre und antwortete „Freunde!“

Wieso nur war es Sam so wichtig, dass sie weiterhin befreundet blieben? Klar Kyle hatte ihr gestern geholfen, war für sie dagewesen. Nicht nur gestern, die letzten Wochen im Allgemeinen. Dennoch spürte sie ganz genau, dass sie selber sich bereits verändert hatte. Früher hätte sie Kyle eine runtergeschlagen oder mehr, wenn er es gewagt hätte ihr zu Nahe zu kommen. Hatte sie ihm nicht noch bei ihrem ersten Treffen damit gedroht?
Heute genoss sie seinen Kuss und nahm dann bereitwillig seine Entschuldigung an, tat so als wäre nichts gewesen, nur damit sie ihn nicht verlor.
„Freunde!“ antwortete sie schließlich und erkannte dabei sofort, wie sich Kyle entspannte. Als sie zu ihm hinauf blickte, entdeckte sie das altbekannte Lächeln und spürte wie ihr Herz leicht zu flattern begann doch ließ sie sich nichts anmerken.
„Ok, willst du noch spielen, oder möchtest lieber nach Hause?“ fragte Kyle sie während er sich mit der rechten Hand durch die sowieso schon zerwühlten Haare fuhr.
„Nach Hause bitte.“ Antwortete Sam ein wenig kleinlaut. Sie spürte wie ihre Beine ein wenig zitterten, in ihrem Kopf schien nur Nebel zu herrschen und sie wollte diesen Abend hinter sich bringen.
„In Ordnung. Du kannst schon mal zum Auto zurück, ich mach schnell die Lichter aus und sperr wieder ab.“ Zur Bestätigung nickte Sam und drehte sich um.
Keine Minute später stand sie, ans Autor gelehnt, da und genoss die frische Luft, die den Nebel ein wenig lichtete und ihre verkrampften Muskeln ein wenig lockerte.
Ihr erster Kuss. Heute Abend hatte sie ihren ersten wahren Kuss bekommen, von einer Person mit der sie niemals gerechnet hatte. Von einem Player.


Als Kyle in der Bowlinghalle ankam atmete er erleichtert auf. Das war ja gerade noch mal gut gegangen. Beinahe hätte er, so wie er es sich prophezeit hatte, alles ruiniert nur weil er sich nicht am Riemen reißen konnte. Doch er musste sich eingestehen, und das tat er nicht gerne, dass er diesen Kuss genossen hatte. Er war so anders gewesen als alles anderen die er vorher erlebt hatte. Er hatte so unschuldig gewirkt und dennoch hatte er sofort seine Reaktion darauf wahrgenommen. Dieses Feuerwerk in seinem Inneren. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Wer hätte auch gedacht, dass Sam darin so gut war? Er auf jeden Fall nicht.
Schnell räumte er die Sachen die sie benutzt hatten auf, schaltete schließlich die Lichter und alles aus und machte sich dann auf den Weg zur Tür. Davor blieb er noch einmal im Schutz des Dunkels stehen und sah zu Sam, die am Auto angelehnt dastand, auf dem beleuchteten jedoch verlassenen Parkplatz und Steine mit dem Fuß wegkickte. Sie schien nachdenklich, kein Wunder. Er dachte selber zu viel nach in letzter Zeit und genau das, hatte ihn in diese Situation gebracht. Warum genau Sam? Weshalb weckte sie seine Lust auf ein Abenteuer, jedoch nicht die ganzen Mädchen die tagtäglich um ihn herumschwirrten?
Er schüttelte den Kopf um seine Gedanken zu verscheuchen und ging, so lässig wie nur möglich, auf das Auto zu. Als Sam ihn hörte blickte sie auf. Eine leichte Nervosität machte sich in ihm breit, doch er versuchte dennoch so ruhig wie möglich zu wirken. Solange er Sam weis machen konnte, dass er es tatsächlich vergessen konnte, würde sie sich nicht von ihm zurück ziehen. Da war er sich sicher.
Wenn sie jedoch mitbekommen würde, an was er heute des Öfteren gedacht hatte, wenn er an Sam gedacht hatte, dann wäre sie so schnell weg, wie er Amen sagen konnte. Er kannte Sam und mit so etwas konnte sie nichts anfangen. Er zugegebenermaßen auch nicht, denn normalerweise dachte er, wenn er an eine Frau dachte an eine schnelle Nummer. Doch bei Sam konnte er sich das nicht vorstellen. Klar, er wäre nicht abgeneigt Sex mit ihr zu haben, ganz und gar nicht, doch wollte er seine Freundschaft mit ihr nicht aufgeben und das wäre ja dann zwangläufig die Folge, oder?
Er sperrte die Tür auf und ohne auch nur ein Wort miteinander zu sprechen, fuhren sie dunklen und leeren Straßen von Hilton entlang. Beide hingen ihren Gedanken, Vorstellungen und Wünschen hinterher die sich doch so ähnlich waren. Zugeben, würde es jedoch keiner der beiden.

„Danke für diesen, aufregenden, Abend!“ sagte Sam, weil ihr nichts Besseres einfiel, womit sie ihn ansonsten beschreiben könnte. Sie wandte sich von Kyle ab und ließ ihn alleine zurück, was ihm auch ganz Recht war, denn er brauchte seine Ruhe und vor allem Zeit, das was geschehen war in seinem Kopf zu sortieren. Während der gesamten Autofahrt hatte er an den Kuss gedacht und war schließlich an einem entscheidenden Punkt angelangt: Sam hatte es zugelassen.
Sie hatte es zugelassen, dass er sie küsste, hatte sich nicht abgewandt und hatte sogar einige Sekunden genossen (zumindest hoffte er das) bis sie sich abgewandt hatte. Außerdem hatte sie zunächst gar nicht wütend geklungen, sondern eher überrascht oder entsetzt. Aber auf eine verwirrte Art und Weise. Er konnte es sich noch nicht mal selber erklären, wie also sollte er es jemand anderem erklären können?
Gar nicht, denn niemand würde von diesem Kuss erfahren. Nicht nur, weil er ihn selber nicht verstand, sondern weil ihm niemand glauben würde, dass es nur bei diesem Kuss geblieben war. Und wenn alle einmal fest davon überzeugt waren, dass zwischen ihm und Sam etwas lief, dann wäre er seinen Platz im Team los, denn dann würde zwangsläufig auch der Coach etwas erfahren und würde ihn für die restliche Saison einfach von den Spielen ausschließen. Vorher war es einfach gewesen selbst so ein Gerücht in die Welt zu setzen, denn vorher war auch nichts geschehen. Doch er würde jetzt niemals mehr so gut Lügen können und diesen Kuss abstreiten können, dafür war er ihm auf eine besondere Art und Weise einfach zu wichtig.
„Ach verdammt…“ murmelte er, als er seine Wohnungstür aufschloss, denn Schlüssel auf die Kommode schmiss und feststellte, dass er nie und nimmer Ordnung in seinen Kopf bringen könnte. So etwas war er nicht gewohnt. Normalerweise war alles ganz einfach, fressen oder gefressen werden. Er hatte sich bisher für die erste Variante entschieden, denn das hatte sein Leben wesentlich einfacher gemacht. Bis jetzt. Denn in diesem Moment saß er in seinem dunklen Wohnzimmer und ertappte sich dabei, wie er die Augen schloss und diesen kurzen jedoch einzigartigen Kuss noch einmal im Kopf durchging. So einen Scheiß machten nur Weiber! Er musste dringend mal wieder raus.

Als Sam alleine in ihrer Wohnung ankam fühlte sie sich leer an. Nicht nur ihre Wohnung sondern auch sie selbst. Sie hasste dieses Gefühl, welches sich gerade in ihr breit machte. Sie vermisste es, Kyle neben sich sitzen zu haben. Ein Bier zu trinken. Pizza zu essen, einen Film zu sehen und zu…oh nein den Part vermisste sie auf gar keinen Fall!
Sie ging in die Küche, holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank und setzte sich anschließend ins Wohnzimmer.
Weder zum Bier trinken, noch zum Film schauen brauchte sie Kyles Unterstützung, basta! Sie war bisher ganz gut alleine zurecht gekommen, das würde sie auch wieder schaffen. Als ihr Telefon klingelte stand sie auf und ertappte sich dabei, dass ein leichter Hoffnungsschimmer in ihr aufkeimte. Als sie jedoch auf ihr Display sah, entdeckte sie Janines Nummer und ging ran.
„Hey Du!“ sagte sie so fröhlich wie möglich ins Telefon. Sie wollte Janine nichts von diesem Kuss erzählen. Von dem Versehen.
„Hey na du? Alles klar?“ sie hatten heute bereits miteinander telefoniert und Sam hatte ihr erzählt, was am gestrigen Abend passiert war. Janine war schockiert gewesen und hatte gesagt, wenn Kyle gerade in diesem Moment vor ihr gestanden wäre, sie hätte ihm einen dicken fetten Kuss aufgedrückt. Kuss. Schnell schüttelte Sam ihre Gedanken fort und antwortete auf Janines Frage.
„Ja alles klar. Wir waren beim Bowlingspielen…“ erzählte sie so beiläufig wie möglich. Offenbar zu beiläufig.
„Bowlingspielen, ha? Ist das das Codewort für irgendwas anderes?“ fragte Janine und Sam hörte genau den neckischen Ton in ihrer Stimme.
„Bowlingspielen ist das Codewort für Bowlingspielen. Es ist gar nicht geschehen!“ fühlte sich Sam verpflichtet hinzuzufügen.
„Wieso sagst du das?“
„Was?“
„Na das nichts geschehen ist…“ fragte ihre Freundin jetzt misstrauisch. „Ich hab nur einen Scherz gemacht Sam, so wie immer. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass du versuchst etwas zu verheimlichen!“ sagte Janine und Sam konnte sie genau vor ihr sehen, den Telefonhörer zwischen Ohr und Schulter festgeklemmt, in einer Bewegung inne haltend, misstrauisch schauend.
„Nein, absolut nicht.“ Sagte Sam und versuchte dabei lässig zu klingen.
„Ok, wenn du nicht gleich mit der Sprache rausrückst, dann komm ich rüber. Wenn ich schon am Telefon höre, dass etwas nicht stimmt, dann bekomm ich es erst recht aus dir heraus wenn ich vor dir stehe, also?“
Verdammt. Sam konnte nicht gut Lügen, zumindest nicht wenn es Janine betraf. Verdammt.
„Janine ehrlich, es war nichts…“ plötzlich hörte sie den Ton eines aufgelegten Hörers und starrte auf das Display. Janine hatte einfach aufgelegt. Sie würde doch nicht etwa, oder doch?
Die Frage beantwortete sich von selbst als es zwanzig Minuten später klingelte. Sam stöhnte entnervt auf und erhob sich erneut vom Sofa, wankte auf die Wohnungstür zu und öffnete diese schließlich nur um eine Freundin vorzufinden, die vollkommen aus der Puste war.
„Was zum Teufel tust du hier?“ dann sah sie ihre Freundin genauer an „Und warum schwitzt du so?“ fügte sie hinzu, als sie die Schweißperlen auf Janines Stirn entdeckte.
„Ich bin bei der letzten Ampel ausgestiegen weil mir das zu langsam ging!“ antwortete ihre Freundin schwer atmend und Sam blinzelte einige Male bevor sie es wagte darauf etwas zu entgegnen.
„Und was ist mit dem Auto?“ fragte sie schließlich.
„Henry natürlich du Schussel!“ sagte Janine und wartete ein „Komm doch herein!“ gar nicht erst ab. Sie stürmte in die Wohnung, schob Sam beiseite ging in die Küche und holte sich ein Bier. Dann setzte sie sich auf das Sofa, öffnete die Flasche, legte die Beine übereinander und sagte dann nach einer gefühlten Ewigkeit „So jetzt bin ich bereit, also raus mit der Sprache!“ Sam war mittlerweile ins Wohnzimmer getreten und sah ihre Freundin irritiert an.
„Und wo ist Henry jetzt?“ fragte Sam als Ablenkung.
„Der kommt auch gleich rauf.“ Entgegnete ihre Freundin. Henry würde auch kommen? Verdammt.
„Also entweder du sagst es mir jetzt sofort, oder dann wenn Henry auch da ist. Deine Entscheidung, aber fang ja nicht wieder mit dem Schwachsinn an von wegen es war nichts. Ich seh es ja in deinem Gesicht. Deine Wangen sind rot, du scheinst nervös, fast so als…“ Sie riss die Augen auf und stand auf, wobei sie beinahe ihre Bierflasche umstieß die sie zwischenzeitlich auf dem Sofatisch abgestellt hatte.
„Ihr habt euch geküsst!!“ schlussfolgerte sie und Sam wich erschrocken einen Schritt zurück.
„Nein, haben wir nicht. Wie kommst du darauf?“
„Erzähl mir doch keinen Scheiß Süße, ich weiß wie man aussieht, wenn man seinen ersten Kuss bekommen hat. Und wie war er? Habt ihr noch mehr…“ An dieser Stelle unterbrach Sam ihre Freundin und ließ sich dann resigniert auf den Sessel fallen. Leugnen hatte ja doch keinen Zweck.
„Ok, ich gebs zu. Ja er hat mich geküsst, nicht wir uns! Und nein, es ist natürlich nicht mehr passiert.“ Sie schloss die Augen und legte sie die Finger an die Schläfen, da sie das Gefühl hatte Kopfschmerzen zu bekommen.
„Ja und wie war er? Also der erste Kuss…“ fragte Janine weiter.
Sam sah zu ihr hinüber und konnte es sich plötzlich nicht verkneifen zu lächeln worauf hin Janine ein wenig aufkreischte und sich dann im Raum umsah.
„Boah, zum Glück ist grad niemand hier das wäre peinlich gewesen. Aber jetzt komm, erzähl halt!“ und so erzählte Sam ihrer Freundin, was Kyle sich für sie einfallen lassen hatte, wie glücklich sie gewesen war, wie Kyle sie geküsst hatte und wie sehr ihr dieser Kuss doch gefallen hatte, obwohl er so falsch gewesen war. Ihre Freundin saß nur da, die Beine wieder verschränkt und lächelte.
„Ich hab dir doch gesagt er steht auf dich…“

26. Kapitel: „Ich verschließe mich doch nicht…“


Sam wachte am nächsten Morgen auf und wusste, dass nur noch zwei Tage zwischen jetzt und der nächsten Bustour nach Knoxville lagen. Die Fahrt würde glücklicherweise nicht lange dauern, da Knoxville nur knapp 120 Meilen entfernt von Hiltons lag. Dennoch hatte der Coach sich entschieden am Abend nicht mehr zurück nach Hiltons zu kehren, sondern erst am nächsten Tag die Heimreise anzutreten.
Sam sah sich die neuste Ausgabe der College Zeitung an, in der die nächsten Portraits der Jungs abgebildet waren. In dieser Woche waren zwei Spieler dran gewesen, mit denen sie bisher eher wenig zu tun gehabt hatte. Erik und Mike waren zwei eher unauffällige, nicht immer im Vordergrund stehende Spieler. Erik studierte Literatur, während Mike sich mit Sportwissenschaften auseinander setzte. Die beiden setzten keine große Hoffnung nach ihrem letzten Studiensemester, welches sie jetzt antraten, einen Vertrag für eine der größeren Mannschaften zu ergattern und so konzentrierten sie sich neben dem Fußball stark auf ihr Studium. Viele der anderen Jungs, soviel wusste Sam mittlerweile, studierten nebenbei, während Fußball ihre Hauptleidenschaft war. Die meisten hofften einfach, früher oder später davon leben zu können. Sam hatte irgendwann einmal im Internet recherchiert und herausgefunden, dass nur ein Bruchteil der Spieler, die im Collegefußball erfolgreich gewesen waren, einen festen Vertrag bekamen und dann anschließend von dem Geld leben konnten.
Kyle war ebenfalls einer dieser Spieler der darauf hoffte, irgendwann in seinem Leben ein bekannter Fußballspieler zu werden, doch standen die Chancen eher schlecht als Recht. Gesprochen hatten Sam und Kyle jedoch noch niemals darüber, was ihre jeweiligen Zukunftspläne waren. Warum auch?
Während Kyle, wenn er überhaupt einen Vertrag bekommen würde, wahrscheinlich weit weggehen würde, würde Sam höchstwahrscheinlich erst einmal in der Nähe bleiben und sich mit der Anstellung bei einer kleinen Lokalzeitung zufrieden geben. Sie hatte nicht die illusionsreiche Vorstellung, gleich bei der Washington Post, oder der New York Times anzufangen.
Wenn sie so an Kyle dachte, seine Pläne für die Zukunft, dann drifteten Sams Gedanken automatisch zu dem Kuss ab, der am letzten Abend geschehen war. Sie konnte sich jedoch den Kopf so viel zermartern wie sie wollte, letztendlich würde sie niemals erfahren, weshalb Kyle sie überhaupt geküsst hatte. Die größere Frage, die sie im Moment beschäftigte war jedoch, wie sie ihm nur gegenüber treten konnte. Es war ihr peinlich was gestern geschehen war und noch peinlicher wäre es ihr, zuzugeben, dass es ihr peinlich war. Sie war eine erwachsene Frau, 23 Jahre alt, und würde irgendjemand erfahren, dass sie gestern ihren ersten richtigen Kuss erlebt hatte, einen den sie genossen hatte, dann würde sie wahrscheinlich nur belächelt werden. Doch es war nun einmal so und Sam wusste nicht, wie man sich in solch einer Situation verhielt.
Henry und Janine hatten beide gestern Abend noch versucht, Sam zu beruhigen und ihr zu erklären, dass solch ein Kuss tatsächlich im Eifer des Gefechts geschehen konnte, doch Sam hatte das nicht nachvollziehen können. Wie denn auch?
Außerdem hatte Henry ihr erklärt, sie solle einfach ganz lässig mit Kyle umgehen, so tun als wäre nichts geschehen wenn sie sich sicher war, dass sie nichts für Kyle empfand. Sam war sich in dieser Hinsicht sehr sicher und so hatte sie genickt und dann das Thema gewechselt, da es ihr unangenehm gewesen war, mit Henry und Janine darüber zu sprechen. Die beiden wussten, dass sie sich liebten und würden in ein paar Monaten heiraten! Was wussten die schon von bedeutungslosen Küssen?
Klar wusste Sam genau, wie die Sache mit Janine und Henry angefangen hatte. Die beiden hatten sich gehasst, waren niemals miteinander zu Recht gekommen, bis sie festgestellt hatten, dass sie sich im Bett hingegen sehr gut verstanden. Daraus war dann Liebe geworden. Doch so was geschah sonst nur in Filmen, Büchern oder eben bei Janine und Henry. Selbst ein Blinder hätte damals bereits gesehen, dass die beiden zusammen gehörten.
Es klopfte an Sams Tür und sie erschrak, weil sie nicht mit Besuch gerechnet hatte. Vor allem nicht so früh! Es war gerade mal 8 Uhr am morgen und Sam war gerade dabei gewesen, sich eine Tasse Kaffee einzuschenken, als sie von ihren Gedanken eingenommen worden war. Sie stellte die Tasse, die sie immer noch in der rechten Hand hielt auf den Tresen und ging auf die Tür zu. Im Endeffekt konnte nur eine einzige Person davor stehen, denn sonst kannte sie niemanden, der so ungebeten und spontan, in der Früh vorbei sehen würde. Ihre Vermutung bestätigte sich in der Sekunde, in der sie die Tür öffnete und Kyle mit einer Schachtel in der Hand davor stehen sah. Als er sie erblickte, mit verwüsteten Haaren, einem dicken flauschigen Wollbademantel und ihren Bob der Baumeister Hausschuhen, lächelte er.


Kyle hatte sich dazu entschlossen, voll auf Konfrontation zu gehen. Er kannte Sam gut und wusste, wenn er nicht gleich den ersten Schritt auf sie zumachte, sie sich ihm gegenüber verschließen würde. Er hatte es an ihrem Verhalten gestern Abend gemerkt und wusste es auch von den letzten Malen, bei denen sie sich in die Haare bekommen hatten. Sam war stur. Sie würde niemals nachgeben, also musste Kyle dies selber in die Hand nehmen.
Am Morgen, als er aufgewacht war, hatte er sich selbst immer noch nicht erklären können, was nur in ihn gefahren war, doch er wusste, dass er Sam als Freundin behalten wollte, also war er aufgesprungen, ins Bad geeilt, hatte sich schnell geduscht und war anschließend zum Bäcker um die Ecke gegangen wo er einen ganzen Karton voller Donuts gekauft hatte, die er Sam als Friedensangebot bringen wollte. Natürlich würde er einen Teufel tun und die Sache von gestern noch einmal ansprechen, doch wollte er wieder Normalität in ihre Beziehung bringen. Es grauste ihm davor, sollte er es nicht hinbekommen, dass dieser seltsame, äußerst vorsichtige Tanz umeinander auftauchen könnte, den Menschen veranstalteten wenn sie etwas getan hatten, was ein Fehler gewesen war. So wie dieser Kuss am gestrigen Abend.
Als er vor Sams Tür gestanden war, hatte er gespürt, wie sein Herz ein wenig schneller zu schlagen begonnen hatte doch er hatte die leichte Nervosität heruntergeschluckt und an die Tür geklopft.
Eine vollkommen verschlafene und beinahe verkatert erscheinende Sam öffnete ihm die Tür und sein Blick glitt einmal von unten nach oben. Dann lächelte er und sagte „Guten Morgen, na gut geschlafen?“
Ohne eine Einladung abzuwarten, betrat er die Wohnung und ging prompt in die Küche, wo er sich eine Tasse aus dem Schrank holte, sich Kaffee eingoss und sich dann mit der Tasse und den Donuts auf den Weg ins Wohnzimmer machte. Sam kam schlurfend hinter ihm her.
‚Einfach cool bleiben, Junge…’ sagte er sich selbst und nahm die Fernsteuerung um den Fernseher einzuschalten. Dies würde die drückende Stille ein wenig füllen die unweigerlich irgendwann entstehen würde. Doch nicht jetzt, denn Kyle hatte etwas zu besprechen.
„Wir haben in einer Stunde Training! Was los? Du siehst aus als hätte dich ein Bus überrollt.“ Er sah kurz zu Sam hinüber, die ihn ein wenig misstrauisch begutachtete, jedoch anscheinend nichts Verdächtiges fand, denn sie näherte sich ihm und ließ sich dann auf das Sofa niederfallen.
„Tequilaabend mit Janine!“ teilte sie ihm Kommentarlos mit und Kyle fragte sich, wann zum Teufel Janine noch vorbei gekommen war? Es war ungefähr zehn oder elf gewesen, als er Sam zuhause abgeliefert hatte.
„Oh ok, das erklärt einiges!“ sagte er jedoch stattdessen, denn er konnte sich eigentlich ja auch schon denken, weshalb Janine dagewesen war.
„Und seid ihr zu irgendeiner Erkenntnis gekommen?“ fragte er und zielte mit dieser Frage darauf ab, dass Frauen generell untereinander zur Flasche griffen wenn sie etwas Wichtiges zu besprechen hatten. Damit konnte er jetzt herausfinden, ob sie auch über ihn gesprochen hatten.
Sam zuckte mit den Schultern und sah geistesabwesend auf den Fernseher. Erst jetzt erkannte Kyle die dunklen Augenringe unter Sams Augen.
„Ich weiß nicht wie, aber sie hat mich doch tatsächlich dazu überredet, weil ich doch die erste Brautjungfer bin, eine rosanes, hautenges und noch dazu schulterfreies Kleid zur Hochzeit anzuziehen.“
Kyle hatte gerade einen Schluck von seinem Kaffee genommen und verschluckte sich jetzt daran, weil er sich das Lachen nicht verkneifen konnte.
„Was ist daran so witzig?“ fragte Sam, als Kyle sich von seinem beinahen Erstickungstod wieder erholt hatte, sein Lachanfall hingegen war noch nicht überstanden.
„Du und ein rosanes Kleid…das passt wie die Faust aufs Auge!“ brachte er hervor.
„Die Faust aufs Auge kannst du gleich haben, wenn du nicht die Klappe hältst!“ sagte Sam trocken und erhob sich dann.
„Ich kanns nicht ändern. Janine wünscht sich mich als Brautjungfer und die hat bekanntlich das zu tun, was die Braut möchte. Aber ich sags dir, wenn sie mir auch noch Blumen ins Haar flechten lassen will, dann bin ich raus!“
Ohne auch nur ein weiteres Wort drehte sie um und ging auf ihr Schlafzimmer zu. Kyle sagte nichts und beruhigte sich stattdessen wieder. Sam in einem rosanen Kleid, war ein Witz, das wusste er selber ganz genau, doch in seiner Vorstellung sah sie fantastisch darin aus.
Keine Minute später kam Sam wieder aus dem Schlafzimmer und trottete auf das Badezimmer zu.
„Was machst du?“ fragte Kyle, weil er sich ein wenig überflüssig fühlte, doch Sam entgegnete nur „Duschen!“ und schloss dann hinter sich die Tür. Zwei Minuten später hörte Kyle, wie die Dusche aufgedreht wurde.

Am Abend des nächsten Tages, war es immer noch irgendwie seltsam, mit Kyle alleine irgendwo zu sein, doch der bemühte sich so sehr, die Normalität zwischen ihnen beiden wieder herzustellen, dass Sam gar nicht anders konnte als es zu versuchen. Doch war ihr eine Sache aufgefallen: Sie vermied es Kyle irgendwie anzufassen. Jedes Mal wenn er sie aus Versehen irgendwo berührte, erschien es ihr beinahe so als würde ein kleiner Stromschlag ihren Körper hinauf wandern und ein wohliges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Da sie dieses Gefühl jedoch nicht haben wollte, da sie ganz genau wusste was es zu bedeuten hatte, blieb sie Kyle jetzt immer einige Schritte fern. Dieser hatte wohl gemerkt, dass irgendwas nicht stimmte, doch hütete er sich davor irgendwas zu sagen. ‚Kluger Junge!’ dachte sich Sam.
Im Moment war sie gerade dabei, ihren Koffer für den zwei Tagestrip zu packen und wusste, mal wieder, nicht was sie mitnehmen sollte. Janine saß neben ihr auf dem Bett. Sie hatte darauf bestanden ihrer Freundin zu helfen, wahrscheinlich jedoch nur, weil sie sie aushorchen wollte und weil Henry mal wieder auf Geschäftsreise war. Das bedeutete Sturmfreie Bude für Janine. Seltsamerweise verbrachte sie diese Abende immer in Sams Wohnung.
„Das hier wäre doch niedlich!“ sagte Janine und hielt ein dunkelrotes Korsett nach oben. Sam verdrehte die Augen.
„Für was soll das denn bitte gut sein? Du weißt ich ziehe so einen Schrott nicht an!“ Janine runzelte die Stirn und ließ das Korsett beleidigt in ihren Schoß fallen.
„Sam, das hab ich dir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt!!“ bei dieser Aussage lächelte Sam „Ich weiß. Und du weißt, dass es mir von Anfang an nicht gefallen hat!“
„Hast du schon mal gehört, dass man einem geschenkten Gaul nicht ins Maul sieht?“ fragte Janine beleidigt und packte das Korsett wieder weg.
„Hab ich auch nicht. Ich habe es dankend angenommen und dir höflich mitgeteilt, dass das wohl niemals jemand an mir sehen wird!“ sagte Sam mit zuckersüßer Stimme und ging dann zum Kleiderschrank, wo sie zwei Paar Jeans herausholte.
„Sag mal, ist dir nicht heiß in diesen Dingern?“ fragte Janine sie entsetzt und blickte nach draußen.
„Wir haben im Moment über 30 Grad im Schatten Sam. Zumindest kurze Hosen oder ein leichtes Sommerkleidchen, wären doch wirklich nicht zu viel verlangt!“
Sam hatte ihre Freundin gehört, packte jedoch die beiden Paar dennoch ein.
„Janine du weißt genau, dass ich es hasse solche Dinge zu tragen und jetzt hör auf, ständig an mir herumzunörgeln!“ sagte Sam mit einem Blick auf ihre Freundin, die noch zerknirschter auf Sams Bett saß.
Einige Sekunden vergingen und Sam genoss das Schweigen, prompt wurde es jedoch wieder unterbrochen.
„Ok ich gebs ja zu, ich vermisse Henry!“ sagte Janine und sah auf ihre zusammengefalteten Hände, die sie in ihrem Schoß liegen hatte.
„Wieso das denn? Er ist doch erst den zweiten Tag weg!? Warum genießt du nicht einfach mal die Zeit, wenn er nicht da ist?“ fragte Sam, weil sie nicht nachvollziehen konnte, wie man so abhängig von einem Menschen sein konnte.
„Wenn du einmal den Richtigen gefunden hast wirst du verstehen, was ich jedes Mal durchmache wenn Henry wieder für eine Woche abhaut!“ sagte Janine und wirkte dabei ein wenig genervt.
„Ich weiß, du kannst es nicht nachvollziehen, was Henry und ich haben Sam, aber auch nur weil du dich selbst davor verschließt!“ fügte sie hinzu und brachte so ihre Freundin zum inne halten.
„Was soll das denn bitte bedeuten? Ich verschließe mich doch nicht. Es ist mir nur noch nicht der Richtige über den Weg gelaufen. Da kann ich nichts dafür und das weißt du!“ sagte Sam und bemerkte sehr wohl, den etwas zickigen Tonfall.
„Ach bitte. Vor einigen Wochen hätte ich dir da wohl Recht gegeben. Jetzt aber nicht mehr. Du verschließt nicht nur dich selbst davor jemanden zu finden, sondern auch gleichzeitig deine Augen vor dem offensichtlichen! Ich sage ja nicht, dass du und Kyle gleich heiraten sollt, aber ein kleines Abenteuer, welches dich einfach mal lockerer werden ließe, würde dir gut tun!“ sagte Janine und stand dann vom Bett auf.
„Ein kleines Abenteuer? Janine tickst du jetzt nicht mehr richtig? Ich soll ein kleines Abenteuer mit Kyle erleben? Selbst wenn ich dazu bereit wäre, wäre er selber das noch lange nicht! Wir zwei sind uns durchaus einig, wie wir in Zukunft miteinander interagieren wollen und SEX gehört da sicherlich nicht mit dazu! Du weiß doch genau, dass ich…na du weißt schon. Wie kommst du darauf, dass ich ausgerechnet mit Kyle mein erstes Mal haben möchte?? Arghh….lass mich bitte endlich mit diesem Thema in Ruhe, ich kanns nicht mehr hören!“ Sam schmiss ihren Pulli, den sie in der Hand gehabt hatte und den sie in den Koffer hatte packen wollen, auf das Bett und stürmte aus dem Zimmer und auf den Balkon zu. Sie brauchte jetzt dringend frische Luft.
„Sam jetzt bleib gefälligst stehen! Ich sage doch nicht, dass du gleich mit ihm ins Bett springen sollst, das hast du dir jetzt selber zusammengebastelt. Was ich aber sage ist, dass du dich einfach mehr trauen sollst, ein wenig aus dir heraus kommen sollst. Er tut dir gut, das musst du selber zugeben! Aber du musst es auch zulassen, ihm die Chance geben, dein Leben ein wenig leichter zu machen!“ Sam hatte sich am Geländer festgekrallt und versuchte ruhig ein und auszuatmen. Würde sie jetzt genauer darüber nachdenken, dann wüsste sie, dass Janine Recht hatte. Sam war eingerostet gewesen, verschlossen und einsam. Sie hatte stets Janine gehabt, sich jedoch dennoch immer alleine gefühlt. Seitdem sie regelmäßig Zeit mit den Jungs verbrachte wurde sie lockerer und die Zeit mit Kyle? Sie wusste, dass sie ihr gut tat. Er forderte sie stets auf seine eigene Art und Weise heraus. Kitzelte Reaktionen aus ihr hervor, die sie selbst niemals erwartet hätte.
Sie hatte es sich an dem Tag bereits gedacht, als er sie geküsst hatte und sie war sich nach wie vor sicher: Etwas hatte sich verändert. Denn noch vor einigen Wochen, hätte sie Kyle eine mitgegeben. Jetzt, hatte sie bereitwillig einen Neuanfang gewagt. Dieser Neuanfang hatte jedoch die Erinnerungen nicht vertreiben können. Sie spürte, wie sich ein Arm um ihre Schultern legte und genoss die Nähe ihrer Freundin, obwohl sie doch eigentlich wütend auf sie war.
„Ach Süße…ich meine es doch nicht böse. Ich will nur das Beste für dich und das weißt du. Dieser Mann wäre im Moment einfach das Beste für dich, das musst du nur noch verstehen!“
„Das Beste. Er wäre nicht das Beste für mich. Es ist gut so, wie es im Moment ist. Ich bin es Leid über eine Sache zu diskutieren, bei der ich sowieso weiß, dass es nicht so ist. Janine, du hast dich da in etwas verrannt und so wie ich zugeben soll, dass er mir gut tut, so musst du zugeben, dass du selber keine Ahnung hast, was er will und was er nicht will. Du kennst ihn nicht!“
Sam hatte ruhig gesprochen und ihre Freundin stellte fest, dass es einfach keinen Zweck hatte.
Janine war sich sicher, aus irgendeinem Grund hatte sie das Gefühl, dass an ihrer Vermutung irgendwas dran war, doch ihre Freundin war noch nicht bereit dazu das zu sehen. Janine hatte Sam und Kyle zusammen beobachtet in der letzten Zeit. Sie waren immer vertrauter miteinander umgegangen, hatte sich wie selbstverständlich berührt. Mal an der Schulter, am Arm. Sie wirkten so gelöst, wenn sie beieinander waren, nur anscheinend sahen es die beiden noch nicht und Janine würde einen Teufel tun und sich da einmischen. Sie wusste noch zu gut, aus Henry und ihrer Anfangszeit, dass Kuppler niemals erfolgreich waren und mit viel Pech sogar Dinge zerstörten, die doch eigentlich sein sollten.

Kyle saß auf dem Balkon und hatte bereits gehört, dass sich bei Sam in der Wohnung jemand stritt, doch hatte er nicht verstehen können um was es ging. Als Sam jedoch auf ihrem Balkon auftauchte, zog er sich schnell zurück, damit sie ihn nicht entdeckte. Kurz darauf hörte er Janine und was sie sprach. Die Frauen sprachen über einen Mann, einen Mann für Sam. In Kyles Innerem zog sich irgendetwas zusammen und er ging einige Schritte zurück, bis er schließlich in sein Wohnzimmer trat in welchem es, im Vergleich zum Balkon, angenehm kühl war.
Sam sollte sich einem Mann hingeben? Wen hatte sie denn kennengelernt? Janine war ihm bisher immer sehr sympathisch gewesen, doch wenn sie Sam dazu überreden wollte, mit einem Kerl in die Kiste zu steigen, der nicht gut für sie wäre, dann wüsste Kyle nicht, was er tun würde. Sam war seine Freundin und er wollte nicht, dass sie von irgendjemandem verletzt wurde. Offensichtlich war Sam jedoch, wie immer, bei klarem Verstand, denn sie hatte Janine ja eindeutig gesagt, dass das nichts werden würde. Seltsamerweise war Kyle erleichtert, doch er würde jetzt Augen und Ohren offen halten. Den Typen, der eventuell dabei war, Sam für sich zu erobern, den wollte er gerne kennenlernen.
Doch was war, wenn Janine doch noch erfolgreich sein sollte? Was war, wenn Sam ihren Verstand ausschaltete und auf ihre Freundin hörte? Kyle packte seinen Schlüssel und stürmte aus der Wohnung, lief ein Stockwerk weiter nach oben und klopfte an die Tür, bevor er überhaupt wusste, was er sagen sollte, warum er gekommen war. Doch er wollte Janine daran hindern, weiter auf Sam einzureden. Erst wenn er diesen Kerl kennengelernt und ihn für gut genug befunden hätte, könnte Sam ihn sich krallen. Er wollte ja schließlich nur das Beste für sie.
„Ja?“ fragte eine Stimme, bevor die Tür überhaupt geöffnet wurde und Kyle rief „Ich bins, los komm schon, mach auf!“ Die Tür wurde geöffnet und Sam sah durch den Schlitz, ihre Stirn gekraust.
„Hey!“ sagte Kyle fröhlich und atmete dabei noch ein wenig schwer. Schließlich war er gerade in einem Affentempo die Treppe hinauf gesprintet.
„Kyle was willst du hier? Musst du nicht packen?“ fragte Sam ihn und öffnete dann die Tür ganz. Eine Wortlose Einladung herein zu kommen, wie Kyle mittlerweile wusste. Er nutzte die Chance und betrat den Gang, am Ende entdeckte er Janine die breit grinste.
„Hey Kyle!“ sagte sie und winkte ihm leicht zu, bevor sie merkte wie blöd diese Geste war und ihre Hand schnell hinter dem Rücken versteckte.
„Was treibt dich zu uns?“ fügte sie hinzu und ging dann in die Küche.
„Naja, mir war langweilig. Koffer sind gepackt und ich sitze wie auf Kohlen…ich brauch einfach ne Ablenkung!“ erläuterte er aus dem Stegreif, während Janine wieder aus der Küche trat und ihm eine kühle Coladose überreichte. Kyle nahm sie dankend entgegen und drehte sich dann zu Sam um, die vor der, mittlerweile wieder, verschlossenen Tür stand und die beiden eingehend betrachtete. Dann schüttelte sie den Kopf und ging an Kyle vorbei. Als sie ihn jedoch kurz mit ihrem nackten Arm streifte, war es für Kyle ein Gefühl, als hätte ihm jemand mit der Faust in den Magen geboxt. Er spürte wie sich ein Kribbeln von der Stelle ausbreitete und wie ein Verlangen in ihm aufkeimte, sie am Arm zu sich zurück zu ziehen und…
„So und was machen wir jetzt?“ fragte Janine und unterbrach glücklicherweise die mehr als nur unangemessenen Gedanken. Er schüttelte leicht den Kopf und merkte, dass sich etwas in seiner Hose geregt hatte. Verdammt. Er hoffte stark, dass dies jetzt niemandem auffiel.
„Keine Ahnung, schlag was vor!“ sagte er so ruhig wie möglich und ging schnell in die Küche, wo er sich hinter der Theke verstecken konnte. Verdammt, diesen Trip sollte er dringend dafür nutzen, eine Frau klar zu machen, denn ansonsten würde er noch durchdrehen!
„Wie wäre es damit. Wir sehen uns einen Film an?“ fragte Janine und lächelte ihn und Sam, die mittlerweile in der Tür ihres Schlafzimmers stand, an.
„Oder!“ sagte Sam und hob ihren Finger an „Ihr zwei seht euch den Film an, während ich weiter packe, denn ich bin immer noch nicht fertig!“ und schon drehte sie um und verschwand in ihrem Zimmer, während sie Janine und Kyle alleine zurück ließ.
„Was ist denn mit der los?“ fragte Kyle Janine, obwohl er es doch eigentlich wusste.
„Ach keine Ahnung. Sie scheint ein wenig gereizt zu sein!“ antwortete Janine beiläufig.
„Ja das ist mir aufgefallen. Aber die Frage lautet: Warum?“ Als Kyle merkte, dass sich wieder alles gelegt hatte, schritt er aus der Küche hervor und ging an Janine vorbei auf den Balkon.
„Vielleicht hat sie ja ihre Tage bekommen!“ sagte Janine und Kyle drehte sich misstrauisch um. Warum wollte sie ihm nicht erzählen um was, oder besser gesagt um wen, es wirklich ging?
„Ja vielleicht…“ murmelte Kyle und schwor sich herauszufinden, welcher Kerl gerade dabei war, ihm Sam wegzuschnappen.

Impressum

Texte: Die Rechte dieser Story liegen ganz alleine bei mir!
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2012

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