Eine Mords- Mops- Geschichte
„So! Jetzt reicht es ! Was bildet die sich ein? Ich hole meine Waffe aus dem Handschuhfach und knall die fette Schnecke ab! Diese geldgierige, machtbesessene Schachtel treibt es einfach zu weit!“.
Mit diesen Worten, die Natascha, der Besitzerin der russischen Pudelhündin Roxanna galten, bewegte sich Monique Renό, Marvyns Frauchen, wütend zu ihrem Wagen.
Währenddessen versammelte sich die aufgebrachte Menge der diesjährigen Lucky-Dog-Fashion um den Mops Marvyn, der reglos am Boden lag.
Mops Marvyn war seit 4 Jahren im Hunde - Modellgeschäft. Er wuchs im Herzen von Paris auf, wo er als einer von 3 putzigen Welpen in einer kleinen französischen Bäckerei auf die Welt kam. Mit seinen perfekten Maßen war er der Liebling aller Hunde-Modedesigner. Er war immer nur in die feinsten Stoffen der Haute Couture aus Rom, Paris und Mailand gehüllt. In einem teuren Louis- Vuitton-Täschchenen wurde der verwöhnte Liebling von seinem Frauchen Monique immer und überall umher getragen, damit er sich nur nicht die Pfötchen verletzen konnte.
Jedoch gab es ein Problem.
Marvins Schattenseite - sie ging weiter Gassi, als wir uns das vorstellen würden.
Er konnte einfach nicht treu sein. Er war ein Gigolo, wie ihn die Welt sich nicht besser vorstellen könnte.
Und er verlor schnell die Nerven, wenn er abblitzte oder seinen Willen nicht bekam. Dann geriet er in Rage, zerbiss Kostüme, die auf der Stange hingen. markierte überall sein Revier und sein Gesichtsausdruck wurde noch mürrischer.
Während sich hinter den Kulissen der Modenshows jeder um sein Aussehen kümmerte, hatte der Mops nur einen Gedanken:
„Welche dieser feinen Hundedamen schnappe ich mir heute?“.
Sein Blick fiel dabei auf die kleine Chica, die ebenfalls zu ihm blickte.
Doch an diesem Abend erinnerte er sich wehmütig an Roxanna:
„Oh Roxanna, das letzte Mal als wir uns nahe waren, brannte in mir eine Leidenschaft, die ich noch nicht an mir kannte. Was hast du mit mir gemacht? Dein schneeweißes Fell, deine stolze Haltung – das macht mich rasend. Ich werde Vater Roxanna. Das ist das größte Geschenk in meinen Leben. Wenn nur dein Frauchen nicht ständig aufpassen würde. Ich will es von dir selbst erfahren! Ich kann es immer noch nicht glauben.“.
Gefüllt mit sehr viel Liebe in seinem kleinen Mopsherzen begann Marvyns letzte Show.
Die Gäste waren gespannt, sie hatten ihre Plätze eingenommen.
Wie jedes Jahr findet in Paris eine dieser großartigen Lucky – Dog - Fashion statt.
Hunde aller Rassen führen die neuesten Kreationen der angesagtesten Dog-Designer vor.
Nicht nur Mäntelchen und Umhänge, auch Halsbänder und andere Accessoires sollten reiche Hundebesitzer aus aller Welt dazu animieren, ihr Geld für ihre Lieblinge auszugeben.
Für die Hunde bedeutete die Teilnahme an der Show jede Menge Entbehrungen und Stress: Jeden Tag Fitness, Hungern, Trimmen, Maniküre, Pediküre – das alles mussten die Vierbeiner über sich ergehen lassen, damit Herrchen oder Frauchen glücklich waren.
Besonders Natascha, Roxannas Besitzerin, wollte um jeden Preis, dass das Pudelweibchen ihr noch lange Geld einbrachte.
Nicht mehr weit von ihrem Ziel entfernt, sollte auch die diesjährige Show mit dem entsprechendem Preisgeld ihren Traum wahr werden lassen, auf den sie schon so lange hinarbeitete.
Ihre eigene Hundekollektion sollte eine Wende in ihrem Leben einläuten.
Dabei stand ihr eigentlich nur Marvyns Besitzerin im Wege, Monique Renó, mit der sie seit langer Zeit eine Art Hassliebe verband.
Früher waren sie beste Freundinnen, doch seit der Konkurrenz ihrer Lieblinge auf den Fashion-Shows und der damit verbundenen Aussicht auf Reichtum und Erfolg, neideten sie sich gegenseitig jede Anerkennung.
Jetzt war der Gipfel der schon so lange schwelenden Fehde erreicht.
Für die Schande, die der Mops Marvyn über ihr Pudelfräulein gebracht hatte, wollte sie nur eins und das war Rache!
Deshalb war diese Fashion-Show die allerbeste Gelegenheit.
Revanche für das Unheil, das Marvyn über das Haupt ihrer Pudelprinzessin gebracht hatte, einzufordern.
Mops Marvyn hatte vor einiger Zeit eine der zahlreichen Veranstaltungen genutzt und sich in der Pause, in der alle vor der Show nochmal Gassi gehen, Roxanna in unerlaubter Weise genähert.
Mit seinem Charme ließ er sie alle Vorsicht vergessen: „Roxanna, du schneeweißer Traum. Vergiss die Mäntelchen, die ständige Sorge um deine wunderbare Figur. Ich werde dir das Hundeparadies zeigen!“.
Roxanna zierte sich anfänglich noch, sie wusste, dass Marvyn ein Casanova war. Marvyns Reizen aber konnte sie nicht widerstehen und es passierte, was passieren musste - Roxanna, die Pudelprinzessin, wurde schwanger.
Natascha ahnte Schlimmes, doch sie kam Sekunden zu spät. Sie entdeckte beide Hunde hinter einem Gebüsch, gerade in dem Augenblick als Marvyn sein Werk vollendet hatte, von Roxanna herunter stieg und dabei ein Mopsgrinsen im Gesicht trug, wie es noch bei keinem anderen dieser Rasse zuvor beobachtet worden war. „Du hast ihr die Unschuld gemopst! Jetzt wird sie Mischlinge zur Welt bringen, die die Welt auf gar keinen Fall sehen will, geschweige denn erfahren soll! Es würde meine Pläne zunichte machen. Aus der Traum von meiner Hundekollektion! Mein bisher so hart erarbeiteter Ruf ist dahin!“, raunte sie leise und sehr wütend vor sich hin.
Seit diesen Augenblick schwur sich Natascha, dass sie das süße Leben von Marvyn zunichte machen würde: Koste es, was es wolle „Du widerlicher kleiner fetter Mops! Du bist Geschichte! Dich mache ich fertig!“.
In Natascha wuchs ein Verlangen nach Vergeltung, das sich schnell in einen überaus einfachen Plan verwandelte. Sie wollte Marvyn vor allen bloß stellen. Sie wusste, dass der Mops hysterisch reagierte, wenn etwas nicht nach seinem Willen lief.
Natascha hatte einmal beobachtet, wie ein Visagist zu Monique, Marvyns Frauchen, sagte, während diese das Hündchen auf ihrem Schoß streichelte, dass Marvyn ein wenig zu genommen hätte.
So ganz vorsichtig ohne laut zu werden, sprach der Maskenbildner.
Und da ist Marvyn ausgeflippt, hat sein Kostüm zerbissen und dem Künstler ans Bein gepinkelt.
Ja so war er, Marvyn der Mops, wir werden ihn gut in Erinnerung behalten,
bevor er sich von uns verabschiedet.
Marvyn interessierte das alles nicht. Er hatte quasi keine Ahnung, wie es um ihn bestellt war. In seinem Leben hatte er immer alles bekommen, was er wollte und zum ersten Mal zweifelte er ein wenig: „Wer weiß, ob ich überhaupt der Vater bin? Sie könnte mich auch angelogen haben.“
Das war sein letzter Gedanke, bevor der Moderator die Elite der Dog-Designer ansagte.
An dieser Stelle begann der Anfang für Marvyns Ende.
Und das Ende für die letzten Wörter, die ausgesprochen wurden, damit der Fluch sich in die Tat umsetzte.
Auch Chica, eine kleine mexikanische Hündin, die schon seit langer Zeit in Marvyn verliebt war, befand sich in der Garderobe, als ihr Frauchen mit einer anderen Dame über das neueste Klatschthema des Monats schlechthin tuschelte. Es ging dabei um eine Pudeldame, die letzte Woche eine Abtreibung gehabt haben soll und Chica horchte mit Entsetzen auf, als sie den Namen des vermeintlichen Vaters hörte. Marvyn!
Sie wollte es nicht glauben. Schon lange war sie in Marvyn verliebt und ließ keine Gelegenheit aus, sich ihm zu nähern.
Nachdem Chica erfuhr, was passiert war, schlug ihre Liebe zu Marvyn in Hass um: „Wenn ich ihn nicht haben kann, dann soll er auch nie wieder eine andere bekommen!“ Diese wütenden und beschwören Worte einer abgewiesenen mexikanischen Hündin klangen unheilvoll. Sie verfluchte ihn in einer Sprache, derer unser Verstand nicht mehr mächtig ist. Was ungefähr soviel wie: „Soll er doch tot umfallen!“ bedeuten sollte.
Und das gleiche Ziel hatte auch Roxannas Frauchen.
Unabhängig von einander fassten sie einen folgenschweren Entschluss und das zufällige Aufeinandertreffen dieser Gedanken führte zu einem ungeahnten Ausgang.
Natascha plante Böses, sie wollte Flöhe in die Kostüme von Marvyn platzieren, in der Hoffnung, dass er sich vor allen Gästen mit seinem hysterischen Gehabe blamierte.
Das Unheil war jetzt nicht mehr aufzuhalten.
Natascha nahm eine kleine Plastikbüchse aus ihrem Handtäschchen und passte perfekt den Augenblick ab, als sie die Chance hatte, die Flöhe über Marvyn zu verstreuen.
Leider wurde sie dabei von jemandem angerempelt und die Büchse flog quer durch die Luft und landete in der Nähe von Chica, die dieses Ereignis nicht bemerkt hatte und somit konnte die dreiste Flohbande ungeniert auf ihr Kostüm springen.
Natascha glaubte mit erstarrtem Blick, dass ihr Traum platzen würde. Doch soweit wird es nicht kommen, sie wird selbst überrascht sein, wie es ausgeht.
Im nächsten Augenblick drehte die kleine Mexikanerin ihre Runde auf dem Dog-Walk und kam zurück in die Garderobe.
Geschafft! Sie lief an Marvyn vorbei, der als nächster dran war, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Die dreiste Flohgemeinde nutzte die ungewollte Begegnung und sprang von Chica auf Marvyns Kostüm und nistete sich in seinem Fell ein.
Jetzt war sein großer Auftritt gekommen!
Er nahm die ersten Schritte und schon juckte und nervte es ihn. Er nahm die nächsten Schritte und schon wurde er gereizter. Seine Nerven explodierten.
Beim Betreten des Laufstegs stieg sein Blutdruck, das es in seinen Ohren rauschte. Das ohnehin enge Kostüm wurde noch enger, die Luft wurde knapp.
Die Wut in ihm kollabierte, als er das Ende des Laufstegs erreichte.
„Angekommen.“, sagte er zu sich.
Doch in diesem Moment biss der stärkste der Flöhe in Marvyns Fleisch.
Mit der köstlichen Bemerkung:„Das ist doch mal etwas anderes. Hmm, lecker Mopsfleisch!“.
Jetzt reichte es. Marvyn flippte aus. Dieser Schmerz war unerträglich.
Er zerriss vor den Zuschauern wie wild, fast panisch sein Kostüm.
Alle waren begeistert. Amüsiert glaubten sie, es gehöre zur Show und applaudierten.
Doch was niemand ahnte.
Marvyns Herz blieb plötzlich stehen. Die Luft war raus. Er hatte seinen letzten Atemzug gehechelt.
Er fiel zur Seite. Alles was für ihn zählte, war abgelaufen: Gutes Aussehen, die süßen Gassirunden vor der Show, Luxus, die Hoffnung auf ein Stückchen mehr Zeit, um seine Erfolge zu feiern und in die Augen seiner ungeborenen Welpen blicken zu können.
Als der Rausch der applaudierenden Menge ihren Höhepunkt erreicht hatte, wandten sich die Blicke von Monique Renó wieder ihrem Liebling Marvyn zu, der an der Leine neben ihr zusammen gebrochen war.
Plötzlich schrie sie auf: „Was ist passiert? Marvyn, mein Liebling, was hast du?“. Marvyn konnte diese Worte schon nicht mehr wahrnehmen. Regungslos lag er am Boden. Sie zog kurz an der Leine, doch er blieb regungslos.
Und plötzlich verstummten alle Geräusche. Alle blickten zu Marvyn und Monique, die plötzlich klar sah, als sie Nataschas Blick wahrnahm, die wie die anderen aus der Garderobe heraus geeilt kam. Da schrie sie zornig in sich los:
„Ich knall sie ab!“.
Tag der Veröffentlichung: 14.04.2009
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