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Immer wieder Donnerstags




Mittwoch 17.35 Uhr.

Morgen ist es wieder so weit. So langsam merke ich wie sich der wöchentlich wiederkehrende Schmerz in meinem Kopf anfängt breit zu machen.

Durch die geschlossene Schlafzimmertür höre ich meine Kinder.

Es dröhnt in meinem Kopf.

Morgen.

Die Angst nimmt zu.

Ich weiss ja, das es mir hilft doch noch meine Kinder erwachsen werden zu sehen.
Mir ist klar, das dies meine letzte Rettung ist.

Aber ich will nicht mehr.


Bücher über Krebs gibt es wie Sand am Meer. So viele hab ich die letzten 4 Jahre gelesen.

Leben will ich. Klar. Aber um welchen Preis?

Keine Haare auf dem Kopf. Der Körper unförmig geworden durch die vielen Medikamente.
Das bin doch nicht ich. So will ich nicht sein. Wer will schon so aussehen?

Stark muss ich sein. Aber wie, wenn das Leben einem nicht mehr lebenswert erscheint?

Selbstbewusst muss ich dieser Krankheit entgegentreten. Aber wie, wenn man im Spiegel sich selbst nicht mehr erkennt.

Ich halte es nicht mehr aus.

Ich schreie laut, doch keiner hört mich. Stumm weine ich.

Meine Stärke wird von anderen immer bewundert.

Mein Galgenhumor. Mein Wille zum Überleben. Stolz seien meine Freunde auf mich.

Immer wieder höre ich, sie wären immer für mich da, wenn ich sie bräuchte.

Mein Freund, seine Eltern, meine Freundinnen, selbst die Mütter der Freundinnen meiner Töchter.

Doch wollen sie wirklich hören wie es mir wirklich geht?

Wollen sie wirklich hören, das ich sie hasse dafür das sie gesund sind?

Das ich ihre Gesichter nicht ertragen kann in denen sie versuchen ihr Mitleid zu verstecken?

Das ich es ihnen nicht gönne unbeschwert zu sein?

Das ich Angst habe?

Das ich einsam bin?

Das ich nicht mehr leben will?

Das ich mich nur hinter meinem Humor verstecke und am liebsten jedes mal weinen möchte, wenn ich lache?

Das alles keinen Sinn mehr für mich macht.


Nein, das kann ich ihnen nicht sagen. Ich will nicht das auch ihre Seifenblase platzt. Das sie hart auf den Boden geschleudert werden, um dann auch noch weiterleben zu müssen. Mit dieser Angst. Mit all dem Hass.

Ich hasse meinen Körper und das was er mir angetan hat.

Ich will sterben, dann hab ich es hinter mir.

Doch ich bin feige und schwach.

Ich gebe dem Leben eine neue Chance, denn morgen ist Donnerstag.

Chemo-Tag

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Tag der Veröffentlichung: 24.02.2010

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