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„Gute Nacht Mama. Gute Nacht Papa.“ Sagte ich und drückte den beiden noch jeweils einen Kuss auf die Wange, bevor ich nach oben ging.
„Gute Nacht Schatz.“ Riefen die beiden wie im Chor hinterher.
Ich ging noch mal kurz in das Zimmer meines kleinen Bruders Niklas. Er ist gerade mal sieben und wir zwei lieben uns abgöttisch. Streit zwischen uns gibt es nie, er ist einfach ein Engel.
Schnell drückte ich Ihm noch einen Kuss auf die Stirn.
„Gute Nacht Niklas und schöne Träume.“ Flüsterte ich, bevor ich in mein eigenes Zimmer verschwand. Ich zog mir mein Schlafzeug an, dass aus einer schwarzen Boxershorts und einem rosa Top besteht, dann schlüpfte ich unter die Decke.
Es dauerte nicht lange da war ich auch schon im Land der Träume.

Etwas ließ mich, mitten in der Nacht, wach werden. Müde rieb ich mir die Augen. Als sich meine Sinne wieder etwas geschärft hatten hörte ich ein komisches Geräusch aus dem Zimmer neben meinem. Niklas Zimmer!
Schnell stand ich auf um zu ihm zu gehen. Vielleicht Träumt er schlecht? Das ist schon mal vorgekommen, da habe ich ihm so lange Geschichten erzählt bis er wieder ein geschlafen ist. Er sagt immer er liebe meine Geschichten, da ich sie mir selbst ausdenke. Mich freut es sehr das sie ihm gefallen, schließlich möchte ich später einmal Autorin werden!
Noch etwas Schlaftrunken öffne ich die Tür, was ich zu sehen bekomme lässt mich kurzzeitig erstarren. Schon im nächsten Moment stürze ich mich auf den Mann, dessen Gesicht sich am Hals meines Bruders befindet. Was er dort tut ist mir Schleierhaft.
Der Mann ist so überrascht das er Niklas los lässt um sich mir, die ich an seinem Rücken hänge, zu zuwenden. Niklas fällt zurück auf sein Bett, wo er Regungslos liegen bleibt. Blut fließt aus einer großen Wunde an seinem Hals.
Der Kerl löst mit Leichtigkeit meinem Klammergriff von Seinem Hals und wirft mich mit Wucht gegen die nächst gelegene Wand.
Schnell rappelte ich mich wieder auf und versuchte mich zu orientieren. Vernebelt bekam ich mit das er auf mich zu kam.
Angst kroch mir in die Glieder, lähmte mich. Doch noch wollte ich nicht aufgeben, weshalb ich aufstand und als er nach mir Griff wich ich schnell aus. Ich rannte zu Niklas und rüttelte an Ihm.
„Komm schon Niklas!“ Rief ich. „Wir müssen hier weg! Schnell!“ Mein Bewusstsein wusste schon längst was los ist, dass Niklas nicht aufstehen würde, doch das wollte ich nicht wahrhaben. Niklas würde aufstehen, er würde mit mir gehen!
Doch auch weiterhin regte er sich nicht, blieb still und als ich zitternd nach seinem Puls tastete spürte ich...Nichts. Niklas hatte keinen Puls mehr!
„Nein.“ Es war ein kaum wahrnehmendes Flüstern. Immer und immer wieder, bis ich es schrie. Mit einem Wutschrei drehte ich mich um und stürzte mich wieder auf den Kerl. In diesem Moment dachte ich nicht nach, ich handelte einfach.
Wieder schmiss er mich mit Leichtigkeit weg und wieder ging ich auf Ihn los. Als ich zum wiederholten male am Boden lag wurde mir klar das es keinen Sinn hat.
Schnell stand ich wieder auf, doch statt wie er dachte mich auf Ihn zu stürzen, lief ich so schnell ich konnte aus dem Zimmer nach unten. Als ich durch den Flur rannte stolperte ich über etwas und fiel. Als ich mich nach diesem etwas umsah entrann meiner Kehle ein Schrei. Meine Mutter. Meine Mutter lag dort auf dem Boden, Ihre Kehle, wie die meines Bruder, weit aufgerissen. Mit Tränen in den Augen stand ich auf und taumelte zurück. Ich drehte mich um in der Hoffnung diesen Anblick zu vertreiben, doch was mich nun erwartete war nicht besser. Mein Vater lag ebenfalls mit offener Kehle auf dem Boden. Seine weit aufgerissenen Augen starrten zu mir auf. Mir drehte sich der Magen.
Von hinter mir kam ein Laut den ich nicht identifizieren konnte. Ich traute mich kaum mich um zudrehen. Der Mann stand dort und erst jetzt musterte ich Ihn genauer. Er war sehr groß, dunkel gekleidet. Seine Augen waren strahlend gelb, noch nie sah ich so eine Augenfarbe, doch war es nicht das seltsamste an Ihm. Aus seinen Mund ragten zwei Fangzähne, sie waren riesig und voller Blut. Mit Grauen wurde mir klar das er damit meiner Familie die Kehlen aufgerissen haben muss. Ich schluckte einmal trocken und wich ein paar schritte nach hinten aus. Die Leiche meines Vaters lag jedoch auf meinem weg; ich stolperte.
Ängstlich und wissend das ich nun sterben würde blieb ich einfach liegen und wartete ab. Er kam mit einem grinsen, dass die riesigen Fänge offenbarte auf mich zu. Er streckte seine Hand nach mir aus und fasste mich am Arm.
Schreiend zog er ihn zurück. Zitternd und verwirrt starrte ich Ihn an. Brüllend griff er wieder nach mir und ich kniff die Augen zusammen. Wieder wich er brüllend zurück. Er warf mir irritierte Blicke zu und verschwand dann.
Geschockt blieb ich sitzen und verstand nicht was da gerade passiert ist. Man sollte meinen mir würde der Kopf vor Fragen nur so schwirren, doch das Gegenteil herrschte. Mein Kopf war leer. So leer wie noch nie. Dann rollte ich mich einfach zusammen und ließ mich auf den Boden gleiten.

Ich hatte mein Zeitgefühl vollends verloren; es konnten Stunden, aber auch nur Minuten vergangen sein als plötzlich ein Schrei von der Tür her kam. Ich schaute nicht einmal auf um zu sehen wer geschrien hat, dazu fehlte mir die Kraft.
„Lilith!“ Rief eine hysterisch klingende Stimme. Jemand kniete sich vor mich hin und zog mich an sich, mein Kopf wurde auf einen Schoß gebetet. „Josch! Ruf die Polizei und einen Krankenwagen!“ Rief wieder die hysterische Stimme. Kurz darauf sind schnell weglaufende schritte zu vernehmen. Eine weile verging in der man mir sanft über die Haare strich und beruhigend auf mich einsprach. Zumindest glaubte ich das, denn ich verstand nichts von dem was gesagt wurde.
Wieder hörte man schritte die sich näherten. Eine weitere Person kniete sich neben mich und erst jetzt konnte ich erkennen um wen es sich handelt.
Es war Josch und seine Ehefrau Tatjana, unsere Nachbarn. Beide waren Sie schon in Rente.
„In spätesten zehn Minuten sind sie hier.“ Sagte Josch jetzt. Ein hektisches nicken folgte von Tatjana.
„Oh mein Gott! Was ist hier bloß geschehen?“ Kam es dann aus Ihr.
„Ich weiß es nicht.“ Antwortete Josch und legte mir eine Hand auf den Rücken, sanft streichelte er über ihn. „Aber was auch immer geschehen ist, es ist schlimm.“ Er seufzte auf. „Wir sollten Sie von hier weg bringen.“ Schlug er dann vor.
„Meinst du es ist gut Sie jetzt zu bewegen? Vielleicht sollten wir besser auf den Krankenwagen warten.“ Sprach Tatjana Ihre Sorgen aus. Josch hatte schon anfangs seinen Kopf geschüttelt.
„Wir können Sie unmöglich hier lassen, bei...“ Seine Stimme versagte Ihm. Kurzes schweigen setzte ein, dann standen Sie beide auf. Josch hob mich auf seine Arme, still ließ ich es geschehen. Er trug mich aus der Wohnung und dann vollends aus dem Haus. Das Haus bestand aus zwei Marionetten Wohnungen die neben einander bestanden, es war also kein Wunder das meine Eltern und sich mit dem älteren Ehepaar befreundet hatten, des öfteren waren Sie schon bei uns gewesen.
Als wir nach draußen traten schien mir die Sonne entgegen und blendete mich, leicht kniff ich die Augenlider zusammen.
Also musste wohl doch schon eine ganze weile vergangen sein, während ich dort auf dem Boden lag.
In nicht all zu weiter ferne hörte ich die Sirenen eines Krankenwagens, darunter auch von Polizeiwägen. Nur Sekunden später wurden sie ausgeschaltet, da sie bei uns angekommen sind. Zwei Männer in Rettungswesten standen plötzlich um mich und Josch herum. Beide ließen sie die Blicke über mich streifen, willenlos ließ ich es geschehen.
„Mark! Will! Holt die Trage!“ Kommandierte einer der beiden. Kurz darauf kamen zwei noch etwas jünger aussehende Männer mit einer Trage angelaufen, vor uns blieben Sie stehen. Auch die beiden trugen Rettungswesten und ließen Ihre Blicke Fachmännisch über mich gleiten. Der Mann der zuvor schon Befehle gegeben hatte richtete sich nun an Josch. „Legen Sie sie vorsichtig darauf. Ich kann zwar keine äußerlichen Wunden entdecken, doch das bedeutet gar nichts.“ Sprach er mit autoritärer Stimme. Josch tat wie Ihm gesagt und legte mich sanft auf die Liege. Sobald ich darauf lag wurde ich auch schon von den beiden jüngeren Männern zum Krankenwagen getragen. Im inneren des Wagens befestigten Sie die Trage an einem Gestell. Bevor die beiden Männer den Wagen verließen warf mir einer von Ihnen noch ein aufmunterndes Lächeln zu. Erwidern konnte ich es nicht.
„Sie lag einfach am Boden und hat sich seit dem auch nicht einmal gerührt, geschweige denn gesprochen.“ Sagte Josch gerade zu dem Mann der die Befehle erteilt hatte. Beide kamen Sie in den Wagen, wobei Josch am Fußende des Gestells stehen blieb.
„Mein Name ist Dr. Johnson. Kannst du mich hören?“ Fragte der ältere Mann mich. Seine Stimme war jetzt nicht mehr so hart, sie klang fast schon sanft.
Ich versuchte zu nicken was mir nach mehrfachen versuchen auch gelang. Ein leichtes Lächeln umspielte nun Dr. Johnsons Lippen, doch waren in seinen Augen noch Panik zu lesen.
„Gut. Kannst du sprechen oder tut dir etwas weh?“ Fragte er weiter.
Ich schüttelte den Kopf, was mir dieses mal schneller gelang. Die Panik verschwand langsam aus Dr. Johnsons Augen. Als ich jedoch zu sprechen versuchte und es mir nicht gelingen wollte kehrte sie zurück, und nicht nur bei Ihm auch ich bekam Panik. Wieso konnte ich nicht sprechen und so wieso, außer meinen Kopf konnte ich nichts bewegen. Keines meiner Körperteile. Hilflos blickte ich zu Dr. Johnson auf der mein Problem zu verstehen schien.
„Keine Sorge Kind. Du stehst wahrscheinlich unter Schock. Auch wenn dein Bewusstsein weiß das nun alles in Ordnung ist muss nicht dein Körper ebenfalls das verstanden haben. Es könnte sogar sein das es noch ein paar Stunden dauert bis du dich wieder bewegen kannst.“ Erklärte er mir ruhig.
Ich fing an mich innerlich wieder zu beruhigen. Dr. Johnson ging ein paar schritte von mir weg und deutete Josch an Ihm nach draußen zu folgen.
Ich blieb alleine zurück, was mir eigentlich nur recht war. Ich brauchte zeit zu Nachdenken und dazu musste ich alleine sein.
Ich verstand immer noch nicht wirklich was in dieser Nacht passiert ist. Das was ich gesehen hatte konnte unmöglich der Wahrheit entsprechen, schließlich gibt es keine gelbäugigen Monster mit Fangzähnen! Und wenn es so etwas nicht gibt konnte meine Familie auch nicht...Ich konnte dieses Wort nicht einmal denken, denn tief in mir wusste ich das das was ich gesehen hatte Wirklichkeit ist. Was hieß Mom, Dad und Niklas...Sie sind Tot! Meine geliebten Eltern so wie mein kleiner Bruder sind nicht mehr am Leben.

Der Rest der Prozedur ging einfach an mir vorbei, ich bekam kaum mit wie Dr. Johnson mir noch ein paar fragen stellte. Wie man mich schlussendlich ins Krankenhaus fuhr und dort in ein Einzelzimmer verlegte. Selbst das man meine Oma anrief um Sie über die Situation zu informieren realisierte ich erst nachdem meine Oma hier angekommen war.
„Oh Lilith!“ Schluchze meine Oma und nahm mich stürmisch in die Arme. Immer noch konnte ich mich nicht bewegen, was mir langsam aber sicher ziemlich unheimlich wurde. „Geht es dir gut? Tut dir etwas weh? Du kannst auch noch Schmerzmittel bekommen.“ Plapperte meine Oma auch schon drauf los. Oma Hannelore ist die einzige die ich außer meinen Eltern und meinen Bruder habe, oder jetzt hatte. Meine Eltern waren beide Einzelkinder was erklärt das ich weder Tante noch Onkel habe und mein Vater hat seine Eltern schon sehr früh verloren. Oma Hannelores Mann hat sich aus dem Staub gemacht als meine Oma mit meiner Mutter Schwanger war.
Meine Oma redete immer noch vor sich hin, wobei manchmal sogar sinnloses Zeug heraus kam. Wahrscheinlich wollte Sie sich bloß von der Tragödie ablenken, dachte ich.
„Lilith?“ Fragte meine Oma dann, da Sie wusste das ich Ihr nicht wirklich zu gehört hatte. Fragend blickte ich zu Ihr auf. „Die Polizei wartet draußen. Sie würden gerne mit dir sprechen.“ Eindringlich sah Sie mich an. „Falls du irgendetwas gesehen hast musst du mir das sagen!“
Ich verneinte mit einem Kopfschütteln, komischerweise konnte ich das sehr wohl. Sie seufzte und ging dann in Richtung Tür. Bevor Sie sie öffnete wand Sie sich noch einmal an mich.
„Ich werde die Herren jetzt zu dir lassen. Es dauert bestimmt nicht lange.“ Aufmunternd schaute Sie mich an. Ich lächelte nur kläglich zurück.
Fünf Minuten später kamen auch schon zwei Uniformierte Männer hinein, beide hatten Sie ein freundliches lächeln aufgesetzt. Sie kamen beide zu meiner rechten Bettseite, wobei sich einer einen Stuhl heran zog. Der andere blieb hinter Ihm stehen.
„Also, Lilith. Richtig?“ Fing der Sitzende an zu sprechen.
Ich nickte zur Bestätigung.
„Dr. Johnson hat uns schon mit geteilt das dein Körper wahrscheinlich in einem Schockzustand steckt und du deshalb nicht sprechen kannst. Aber uns würde es schon weiter bringen wenn du zur Bestätigung nickst und als Verneinung deinen Kopf schüttelst. In Ordnung?“
Wieder nickte ich.
„Du bist dreizehn Jahre alt, oder?“ Fragte er. Der stehende Mann sah ungeduldig zu sitzenden, doch dieser ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und widmete sich ganz mir.
Ich nickte Ihm zur Bestätigung zu.
„Und die Frau eben ist deine Oma?“
Wieder nickte ich.
„Magst du Sie, habt Ihr ein gutes Verhältnis?“ Fragte er weiter.
Leicht lächelnd nickte ich. Meine Oma und ich wir waren ein Team!
„Also hättest du nichts dagegen etwas länger bei Ihr zu bleiben?“
Ich schüttelte den Kopf. Bei Oma würde ich es Jahre aushalten. Sie war mit mir und Niklas immer geduldig und stand stets auf unserer Seite. Das hatte Mom und Dad mehr als nur einmal zur Weißglut gebracht.
„Gut.“ Kurz herrschte Stille, dann sprach er sehr sanft weiter. „Du warst doch letzte Nacht zu Hause, nicht wahr?“
Ich nickte leicht. Die schrecklichen Bilder der meiner Eltern wie ich Sie später gesehen hatte kamen wieder hoch. Besonders das von Niklas traf mich.
„Weißt du was passiert ist?“ Riss mich die Frage des Polizisten aus meinen Gedanken.
Ich nickte.
„Hast du gesehen wie es geschah?“ Nun schien der andere Polizist, der ungeduldig wirkende, auch neugierig zu sein.
Sollte ich es Ihnen sagen? Würden Sie mir überhaupt glauben oder mich als verrückt abstempeln? Hätte ich es nicht mit eigenen Augen gesehen würde ich es mir ja selber nicht glauben!
Ich musste mich entscheiden, schließlich warteten die beiden auf meine Antwort. Innerlich seufzte ich, aber ich wusste Sie würden es mir nicht glauben. Deshalb...
...schüttelte ich den Kopf.
„Also hast du es erst später gesehen? Als es schon vorbei war?“ Fragte er weiter.
Ich Bestätigte es mit einem nicken.
„Gut. Das war es auch schon. Wir werden kurz mit deinem Arzt sprechen, damit er weiß was du durchgemacht hast. Und dann schicken wir noch deine Oma wieder herein.“ Erläuterte mir der nettere Polizist sein Vorhaben und stand auf.
Ich nickte als Zeichen das ich verstanden hatte. Somit verließen die beiden den Raum und ich blieb allein zurück.
Es dauerte länger als ein paar Minuten, doch dann kam meine Oma wieder in Zimmer geeilt. Sie hatte einen erleichterten Gesichtsausdruck.
Fragend schaute ich zu Ihr auf. Sie bemerkte es und setzte sich geschwind zu mir.
„Ich habe gerade mit den beiden Polizisten gesprochen, zumindest ist jetzt geklärt das du zu mir kommst sobald du dich wieder bewegen kannst und dich von allem erholt hast.“ Sagte Sie mit einem kleinen lächeln im Gescht.
Es war wie ein Stich ins Herz. Natürlich freute ich mich das ich zu meiner Oma konnte und nicht in irgendein Heim gesteckt werde, aber es erinnerte mich wieder daran das ich nicht nach Hause kann. Nie wieder würde mich meine Mutter in die Arme nehmen, nie wieder würde ich gemeinsam mit Papa zu einem Autorennen gehen. Papa hatte es immer geliebt, diese schnellen Autos zu sehen und mich hatte er damit angesteckt, ich kannte fast alle Autos mit Namen. Er hatte immer gesagt das wir beide irgendwann einmal zusammen in so einen Rennwagen sitzen würden. Mama hatte mit so was nie viel am Hut gehabt. Sie hatte nie eine Achterbahn betreten, während Papa und ich nicht genug davon bekommen hatten. Alles was schnell ist ist gut, lautete unser Motto.
Das alles gehörte jetzt der Vergangenheit an, es würde nie wahr werden.
Niklas, schoss es mir durch den Kopf. Ich würde nie wieder etwas mit Ihm unternehmen können. Nie wieder dumme Streiche aushecken oder gemeinsam an den See fahren. Er würde mir nie wieder sagen wie sehr er meine Geschichten liebt, dass ich Ihm noch eine erzählen soll! Nie wieder wren wir uns gegenseitig wieder aufbauen.
Tränen wollten in mir aufsteigen, doch ich unterdrückte sie. Ich würde nicht weinen, dass hätten Sie nicht gewollt. Sie hätten gewollt das ich weiter mache; Lebe!
Und das würde ich auch tun, dass nahm ich mir fest vor. Und Sie würden dabei sein, bei allem werden Sie mich unterstützen. Daran glaubte ich fest!
„Ist das nicht gut meine kleine? Dann werden wir viel mehr Zeit haben um irgendetwas zu machen! Ist das nicht schön?“ Redete meine Oma drauf los.
Schön

war, finde ich, dass falsche Wort. Doch Sie hatte mich wieder in die Gegenwart gebracht und dafür bin ich Dankbar. Mit nun mehr Interesse widmete ich mich ganz Ihrer Erzählung.

Als der Abend einbrach und es draußen dunkel wurde musste meine Oma gehen, Sie sagte Sie würde sich auch gleich nach einer etwas größeren Wohnung erkunden. Wir hatten, oder besser gesagt Sie hatte mich die ganze Zeit zu getextet über alles mögliche. Ich wusste Sie wollte mich einfach ablenken und es hatte funktioniert!
Nun lag ich jedoch alleine in diesem Krankenzimmer, draußen auf dem Flur hörte ich ab und zu schritte von, wahrscheinlich, Schwestern.

Er stand vor mir, seine strahlend gelben Augen fixierten mich. Mit einem Grinsen das die riesigen Fangzähne enthüllte kam er auf ich zu. Angst kroch mir durch die Glieder. Er würde mich töten! Nie wieder würde ich die Sonne sehen, er würde mich umbringen wie zuvor meine Familie!
Er streckte seine riesige Hand nach mir aus, wollte nach mir greifen, um mich zu töten. Immer näher kam er mir und dann...



Nach Luft schnappend wachte ich auf. Mit vor Panik erstarrten Gliedern richtete ich mich schnellstmöglich auf.
Ein Alptraum, nur ein Alptraum! Doch das war eine Lüge, schließlich war es die Wahrheit, es ist wirklich geschehen.
Erst jetzt registrierte ich das ich nicht lag, sondern aufrecht saß! Ich hatte mich bewegt!
Langsam hob ich die Hand vor mein Gesicht und dann noch die andere.
Ich konnte mich wieder bewegen, was hieß der Schock musste sich aufgelöst haben.
Ich hatte es nie so wirklich wahr genommen, doch jetzt bemerkte ich wie selbstverständlich man es doch immer hin nahm seinen Körper bewegen und steuern zu können. Dass würde ich nie wieder tun, alles konnte sich so schnell ändern!
Ich ließ mich wieder zurück aufs Bett sinken und schloss die Augen.

Gähnend öffnete ich die Augen, Licht schien durch das Fenster in den Raum und erhellte ihn. Ich musste wohl wieder eingeschlafen sein, stellte ich fest. Nun ja, dachte ich, wenigstens verging so die Zeit!
Eine Schwester betrat das Zimmer als Sie sah das ich wach bin lächelte Sie mir zu.
„Morgen Lilith. Hast du gut geschlafen?“ Fragte Sie mich und es klang ernst gemeint. Es gibt ja auch Haufen weise Schwestern die das nur zur Routine sagen, doch Sie schien ernsthaft daran interessiert. Ich lächelte leicht zurück.
„Es ging so. Ein Alptraum.“ Erklärte ich kurz.
Sie schien kein bisschen verunsichert, weil ich wieder sprechen konnte.
„Ja. Dass wird wohl nicht der letzte bleiben. Aber nach einiger zeit legt sich so etwas wieder.“ Sagte Sie Aufmunternd. „Ich werde deinem Arzt Bescheid geben das sich dein Zustand gebessert hat. Und wer weiß, vielleicht wirst du ja heute oder morgen entlassen.“ Sagte Sie nett, ich mochte Sie schon jetzt. Ihre Art und wie Sie mit einem Umging; einfach alles.
Sie schenkte mir noch ein lächeln, dann verließ Sie den Raum. Ich sah Ihr noch kurz nach, bevor ich mich dem Fenster zu wand, dass sich, mit etwas Abstand, links von mir befand.
Es dauerte nicht lange bis Dr. Johnson in den Raum trat.
„Morgen.“ Sagte er kurz.
„Morgen.“ Erwiderte ich.
„Also deine Sprache hast du schon mal wieder, wie sieht es mit der Bewegung aus?“ Fragte er höchst erfreut, wie man Ihm ansah.
Ich stand auf und ging ein paar schritte um Ihm zu zeigen das es mir besser ging, schließlich wollte ich so schnell es ging wieder hier raus!
„Das sieht schon mal ganz gut aus!“ Lächelte er. „Du kannst dich wieder setzen. Hast du schmerzen oder ist dir schwindlig?“ Fragte er weiter.
„Nein. Weder noch.“ Antwortete ich kopfschüttelnd.
„Na gut. Dann sieht ja alles soweit gut aus! Ich schätze wir werden uns dann auch nicht mehr sehen. Ihre Oma werde ich persönlich benachrichtigen und ja...das war es auch schon.“ Lächelnd streckte er mir seine Hand aus.
Lächelnd ergriff ich diese.
Kurz schrie er auf und zog sie in Rekordgeschwindigkeit zurück.
„Meine Güte, dass war mal ein Stromschlag.“ Versuchte er Seinen Schock und Schmerz mit einem Lächeln zu überspielen.
Ich selber hatte nichts gespürt.
Immer noch sich seine Hand reibend verließ er das Zimmer.
Müsste ich nicht eigentlich auch etwas gespürt haben, fragte ich mich.
Komisch.

Es dauerte noch über eine Stunde bevor meine Oma im Krankenhaus ankam um mich abzuholen. Zuerst sprach Sie noch mit einer Schwester, die ich nicht kannte, bevor Sie dann zu mir kam um gemeinsam das Krankenhaus zu verlassen. Sie sah aus als wäre Sie im Stress. Nicht mal umarmt oder so hatte Sie mich.
Meine Oma selbst hatte auch ein Auto es war ein B5 RS4 "Outlaw" in orange. Die Farbe was richtig grell, aber Sie wollte halt kein Silber oder schwarz wie es andere haben.
Wir fuhren eine ganze weile schweigend bis ich es nicht mehr aus hielt.
„Du wirkst ziemlich gestresst, ist irgendetwas?“ Fragte ich Sie.
„Ach ich hab mich nur wegen Wohnungen und so weiter informiert. Eine ganz in meiner nähe wäre Frei und nicht zu teuer. Es ist eine drei Zimmer Wohnung.“
„Aber so schnell geht das doch gar nicht!“ Protestierte ich.
„Tja, ich habe dem Herren unsere Situation erklärt und er hatte Verständnis.“ Erzählte Sie.
„0h.“ Ich räusperte mich kurz. „Nun ja. Und...wie genau soll das gehen? Ich meine mit der Schue, du wohnst schließlich ein ganzes Stück von uns...“ Ich stockte kurz, doch schnell fing ich mich wieder. „...wäre ja sonst ein fast drei stunden weg.“ Beendete ich.
„Nun ja...“ Sie zögerte. „...die müsstest du dann wohl wechseln.“ Nachdem ich nicht antwortete sagte Sie: „Wir können uns natürlich auch eine in der nähe deiner -“ Ich unter brach Sie.
„Nein, nein. Das geht schon.“ Versuchte ich zu lächeln.
Somit war dieses Thema dann wohl beschlossene Sache, doch wenn ich so darüber nachdenke ist es vielleicht auch besser. Könnte ich denn wirklich weiterhin in der Gegend Leben wo ich mit meiner Familie gelebt hatte? Weiterhin auf die gleiche Schule gehen, wo jeder meiner Freunde meine Eltern und auch meinen Bruder kennt, und man mir Fragen stellen und vielleicht sogar Bemitleiden würde.
Ich zweifelte daran! Ich wollte kein Mitleid, schließlich wollte, nein würde, ich weiter Leben. Und das so normal wie möglich, wenn es denn überhaupt noch möglich ist.
Die Fahrt verlief weiterhin schweigend. Nach ungefähr 2 ½ Stunden waren wir dann endlich da. Meine Oma hatte eine sehr kleine Wohnung und da Sie so weit von uns weg wohnte waren wir auch nicht gerade häufig bei Ihr. An Feiertagen, Geburtstagen und wenn jemand einen besonderen Anlass dazu hatte, z.B. wenn mein Vater Befördert wurde. Ansonsten waren wir eher selten bei Ihr, aber wenn dann waren es mehrere Tage, also in Ferien. Das war dann immer besonders Lustig, während meine Eltern sich die alte Kautsch ausklappen mussten schliefen Niklas und ich dann draußen im Garten in einem Zelt. Das war wirklich lustig, bis 0:00uhr wach bleiben, Geschichten und Witze erzählen, das Knabber zeug nicht zu vergessen.
Und es würde nie mehr so sein, rief ich mir ins Gedächtnis. Nie mehr, erst jetzt wurde mir der Begriff wirklich klar. Es war nicht nur eine gewisse zeit, es war für immer.
Gemeinsam stieg ich mit meiner Oma aus und wir betraten Ihre kleine Wohnung. Es war alles so anders als sonst. Kein Niklas der zusammen mit mir rein stürmte um gleich darauf im Garten mit mir das Zelt aufzubauen. Keine Eltern die sagten wir sollen langsam machen.
Überall standen Kisten, Kisten und noch mehr Kisten. Oma war so wie es aussah schon ziemlich fleißig gewesen und hatte alles zusammen geräumt.
„Morgen werde ich noch einmal zu eurem Haus fahren um deine Sachen zu holen.“ Riss mich die Stimme meiner Oma aus meinen Gedanken.
„Kann ich mit?“ Kam es mir über die Lippen ohne das ich darüber nach dachte.
„Natürlich.“ Sagte Sie verwundert. „Aber du musst nicht, ich kann das auch alleine machen.“ Beteuerte Sie mir.
Ich schüttelte nur den Kopf um ich dann geschafft auf die alte Kautsch zu legen. Die Kautsch wo meine Eltern mehr als einmal übernachtet haben.

„Gute Nacht Mama. Gute Nacht Papa.“ Sagte ich und drückte den beiden noch jeweils einen Kuss auf die Wange, bevor ich nach oben ging.
„Gute Nacht Schatz.“ Riefen mir die beiden wie im Chor hinterher.
Ich ging hoch zu Niklas und drückte Ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Gute Nacht Niklas und schöne Träume.“
Plötzlich änderte sich die Szene.
Ich sah Niklas in den Armen eines Fremden Mannes, dass Gesicht an Niklas Kehle gedrückt, Blut läuft hinunter und tropft auf Niklas Bett.
Wider ändert sich das Bild.
Ich knie vor Niklas, schüttle Ihn.
„Komm schon Niklas!“ Rief ich. „Wir müssen hier weg! Schnell!“ Doch er bewegte sich nicht. Langsam raffe ich mich dazu durch seinen Puls zu fühlen, doch ich fand keinen. Niklas hatte kein Puls! Er war...



Schweißgebadet wache ich auf, der Schrei bleibt mir in der Kehle stecken. Hecktisch sah ich mich um, doch entdeckte ich niemanden.
Keinen Fremden.
Kein Niklas.
Kein Blut.
Tief sog ich die Luft ein und hielt sie sekundenlang an, bis ich sie langsam wieder Ausstoß. Tränen wollten mir in die Augen steigen, doch ich unterdrückte sie mit dem Wissen das er es nicht gewollt hätte. Niklas hatte es gehasst wenn ich weinte.
Ich legte mich wieder zurück auf mein improvisiertes Bett und bemerkte erst jetzt das Oma mich zugedeckt haben musste. Ich wickelte mich enger in die kuschelige Wolldecke und versuchte weiter zu schlafen. Was sich ziemlich schwierig gestaltete, wenn man angst davor hat seine Augen zu schließen! Ich wollte nicht wieder diese schrecklichen Bilder vor mir sehen!

Letzten endlich musste ich wohl doch wieder eingeschlafen sein, denn als ich die Augen öffnete schien die Sonne hinein. Nachdem ich mich einmal ausgiebig gestreckt hatte stand ich langsam auf um mich ins Badezimmer zu quälen.
Ich nahm mir die Zahnbürste aus dem Schrank, Oma hatte immer für Niklas und mich eine da, und fing an mir die Zähne zu putzen. Dann suchte ich mir ein Seif lappen und schrubbte mir übers Gesicht. Schnell bürstete ich mir noch meine langen schwarzen Haare durch, bevor ich das Badezimmer wieder verließ.
Oma Hannelore fand ich in der Küche sitzend mit einem Kafee in der Hand. Sie lächelte als ich in den Raum kam, doch Ihr vorher trauriger und bedrückter Blick ist mir dennoch nicht entgangen.
„Morgen Engelchen. Hast du gut geschlafen?“ Fragte Sie.
„Ging so. Und du?“ Erwiderte ich, Sie musste nicht wissen das ich einen Alptraum hatte; schon wieder!
„Muss doch!“ Ihr Standard Satz. „Also willst du immer noch mit kommen?“
Ich musste nicht überlegen, ich wusste sofort was Sie meinte. Kräftig nickend antwortete ich: „Ja. Ich muss, sonst...ich weiß auch nicht. Ich möchte mich nur irgendwie...von allem verabschieden. Verstehst du?“ versuchte ich zu erklären. Sie nickte gedankenverloren. „Ich vermisse Sie so.“ Flüsterte ich dann. Ihr Blick schnellte zu mir.
„Ich weiß. Ich hatte mich schon gefragt ob du es denn überhaupt verstanden hast. Aber wir zwei schaffen das schon. Nicht war?“
Ich nickte gezwungen. Es gab ja auch keine andere Lösung.
Sie stand auf.
„Na gut. Ich werde mich dann mal fertig machen, damit wir los können!“

Zwanzig Minuten, einen Kakao und eine Marmeladen Brotscheibe später saßen wir dann im Auto auf den weg nach Hause. Oder besser: Auf den weg zu meinem alten zu Hause!
Als wir endlich angekommen waren stiegen wir aus und gingen Zielstrebig auf das Haus zu. Im inneren waren alle Spuren der Nacht entsorgt worden, wofür ich sehr dankbar bin, noch einmal diesen Anblick und ich wäre umgekippt.
Während meine Oma in mein Zimmer ging und meine Klamotten zusammen räumte ging ich etwas durch die Räume. Es trieb mich in Niklas Zimmer wo ich erst einmal auf der Türschwelle stehen blieb. Ich schaute in jede Ecke bevor ich mich endlich hinein wagte.
Vor einem Regal blieb ich stehen. Dort stand ein Foto es war von Niklas und mir. Wir waren am Strand und standen soweit im Wasser das es Ihm bis zur Hüfte ging. Ich hatte mich zu Ihm hinunter gebeugt und einen Arm um seine Hüfte gelegt, während sein Arm um meinen Schultern lag. In etwas weiteren Abstand sah man ein Segelboot, die Sonne war schon am untergehen. Es war ein klasse Tag gewesen und wir hatten sehr viel spass gehabt. Am ende hatten wir alle einen Riesen Sonnenbrand, trotz Sonnencreme! Aber das war es uns wert gewesen.
Seufzend sah ich mich weiter um, prägte mir alles genau ein, jede Kleinigkeit. Ich würde dieses Zimmer, dieses Haus, nie mehr betreten.
Durch jeden Raum lief ich einmal, bis ich bei letzten angekommen war. Das Schlafzimmer meiner Eltern. Ihr Duft hing noch im Raum, in der Decke, den Kissen.
Ich setzte mich auf die Hälfte in der mein Vater immer geschlafen hatte. Neben dem Bett auf ein kleinen Schränkchen stand ein Bild wo wir alle drauf sind. Ich nahm es in die Hand und starrte einfach darauf, dass musste minutenlang so gehen, bis mir etwas anderes einfiel.
Ich stand, mit dem Bild in der Hand, auf und ging auf die Seite meiner Mutter. Sie hatte ebenfalls ein kleines Schränkchen auf Ihrer Seite, auf dieser stand eine Nachttischlampe, wovor eine Kette lag. Sie war Silbern und hatte ein Herzförmigen Anhänger. In dem Anhänger war ein Foto von Niklas und mir.
Ich schloss die Faust um die Kette und verließ den Raum dann mit dem Foto und der Kette. Ich würde das Bild in der Kette austauschen mit einen von meinen Eltern und auf die andere Seite eins von Niklas. Den Bilderrahmen mit dem Foto von uns allen würde ich behalten.
Als ich nach unten ging wartete meine Oma schon auf mich mit zwei Koffern neben sich stehend.
„Alles in Ordnung?“ Lächelte Sie mich an.
Ich nickte bloß.
Als ich neben Ihr stand legte Sie mir eine Hand auf die Schulter, zog sie aber ebenso schnell wieder zurück.
Fragend blickte ich zu Ihr.
„Ich muss wohl irgendwie statisch aufgeladen gewesen sein. Bloß ein kleiner schock.“ Winkte Sie ab.
Ich sah aber wie Sie sich auf den weg nach draußen die Hand schüttelte.
Musste wohl doch stärker gewesen sein als Sie mir gesagt hatte. Was ist bloß los, dass selbe ist doch auch dem Arzt, Dr. Johnson, passiert als er mir die Hand gab!
Schulterzuckend dachte ich an andere Sachen und packte dieses Thema ganz nach hinten in mein Gedächtnis.

Die nächsten Tage verliefen eigentlich ganz ruhig und entspannt. Ich hatte mich etwas mit Berührungen zurück gehalten, da ich mir einbildete das diese Schocks die alle hatten meine schuld waren.
Mittlerweile hatte meine Oma schon angefangen Kleinigkeiten in der neuen Wohnung zu erledigen. Ich hatte Ihr mehrere male angeboten Ihr beim Putzen und auch beim streichen zu helfen, doch jedes mal lehnte Sie ab, mit der Begründung ich müsse mich noch ausruhen.
Momentan zog ich mich gerade um für die Beerdigung, die heute Nachmittag stattfinden sollte.
Ich zog mir eine schwarze Hose, schwarze, langärmlige Bluse und sogar schwarze Handschuhe an. Es waren nur ganz dünne, also nicht wegen der Kälte oder so.
Nein. Ich wollte etwas ausprobieren, doch ob es klappen würde oder einfach nur schwachsinnig ist weiß ich nicht.
„Lilith, Schätzchen? Bist du fertig?“ Rief meine Oma.
Schnell schnappte ich mir noch meine schwarzen Turnschuhe und zog sie mir beim Laufen über.
„Schon unterwegs!“ Sagte ich dabei.
An der Tür angekommen stand meine Oma schon fertig, nervös knetete Sie Ihre Hände. Beruhigend legte ich meine Behandschuhte Hand auf Ihre. Und sehe da, es geschah nichts.
Kein zurück zucken.
Kein Aufschrei.
Einfach nichts.
„Alles wird gut.“ Sprach ich beruhigend auf Sie ein.
Es klappte Sie hörte auf Ihre Hände zu kneten und straffte leicht die Schulter.
„Du hast recht. Bringen wir es hinter uns.“
Nickend stimmte ich Ihr zu und so verließen wir die Wohnung und fuhren mit dem Auto zum Friedhof.

Es war einfach schrecklich gewesen, zu sehen wie man Sie alle drei zu Grabe trug. Am liebsten wäre ich weg gerannt! Weit, weit weg.
Doch das wäre Ihnen nicht gerecht gewesen, also bin ich geblieben und habe alles über mich ergehen lassen.
Es waren sehr viele Freunde, Kollegen und sogar die Arbeitgeber von meinen Eltern da gewesen. Ich wusste das die Beiden Ihre Arbeit geliebt hatten und mit allen gut aus gekommen waren, doch das Sie so beliebt waren hatte ich nicht gewusst.
Ein paar von Niklas Freunde waren auch da, zusammen mit deren Eltern. Ich kannte die meisten von seinen Freunden und somit auch die Eltern.
Des öfteren bin ich mit Ihm und seinen Freunden zu irgendeinen Spielplatz gegangen. Er durfte ja noch nicht alleine. Später gab es meist noch ein Eis.
Seufzend kam ich wieder aus den Gedanken raus, zurück in die Gegenwart.
Momentan liege ich auf der Kautsch von meiner Oma, es ist Abend. Der Tag ist endlich vorbei, ohne zwischen fälle. Alle hatten Sie mir Ihr Beileid ausgesprochen und mir die Hand gedrückt. Keine Umarmungen, davor hatte ich mich gescheut.
Was sollte ich auch tun? Ich hatte angst das, sobald Sie meine Haut irgendwie berührten, Sie einen Schock bekommen würden!
Aber sicher war ich ich mir noch immer nicht, dazu müsste ich es erst noch einmal ohne Handschuhe probieren!
Anfang nächste Woche würde ich dann auf die neue Schule gehen. Meine Oma hatte gemeint es sei noch zu Früh, doch ich konnte nicht noch länger nichts tun. Ich brauchte Ablenkung!
Morgen, hatte Oma gesagt, würden die Möbelpacker kommen und alles in die neue Wohnung bringen. Dann hätte ich also wieder ein richtiges Bett.
Müde schloss ich die Augen und lies mich in den Schlaf gleiten, keine Lust zum Denken hatte ich mehr.

„Wann kommen Sie denn endlich?“ Fragte ich meine Oma bestimmt schon zum dutzenden male.
„Geduld Lilith. Sie werden jeden Moment da sein!“
„Und wann ist jeden Moment?“ Drängte ich weiter. Meine Oma seufzte tief.
„Für eine sechs jährige kannst manchmal ziemlich Hartnäckig sein.“
Ich kicherte nur. Dann hörte ich wie das Auto meines Vater in die Auffahrt gefahren kam.
Sofort rannte ich zur Haustür. Hibbelig wie ich war, hüpfte ich die ganze Zeit auf und ab. Und dann endlich wurde sie geöffnet.
Zuerst trat mein Vater ein, meine Mutter dich hinter Ihm.
Beide strahlten Sie um die Wette.
„Ich will Ihn sehen, ich will Ihn sehen!“ Rief ich.
Sie Lachten sich beide an, bevor mein Vater mich schwungvoll auf seine Arme nahm. Von seinen Arm aus schaute ich zu dem kleinen Wesen das meine Mutter im Arm hielt. Meine Augen wurden immer größer.
„Ooh. Ist der süß!“ Sagte ich Begeistert. „Und er ist wirkliche mein Bruder?“ Fragte ich noch einmal um sicher zu gehen.
„Ja mein kleiner Engel.“ Sagte mein Vater und beobachtete mich genau. „Das ist dein kleiner Bruder. Niklas.“
„Niklas.“ Sagte ich ehrfurchtsvoll. „Darf ich Ihn auf den Arm nehmen?“ Fragte ich leise.
Mein Vater nickte und setzte mich wieder auf den Boden. Vorsichtig nahm er meiner Mutter Niklas ab und überreichte Ihn mir dann.
Ich wog Ihn hin und her.
„Na Niklas. Ich bin jetzt deine große Schwester und ich werde auf dich acht geben.“ Versprach ich Ihm. „Ich werde immer für dich da sein, solange ich da bin wird dir niemals jemand etwas tun!“ Die Worte waren mehr die einer Erwachsenen, als das sie zu einer sechs jährigen passten. Auch die Eltern waren überrascht mit was für eine ehrfurchtsvollen und doch liebevollen Stimme Lilith das sagte.
Doch stimmte es und Sie hielt sich immer daran. Hatte Ihr kleiner Bruder je sorgen kam er zu Ihr und Sie half Ihm. Sie beschützte Ihn. Immer.



Als ich am Morgen wach wurde, konnte ich es nicht mehr verhindern. Ich brach in Tränen aus. Sie liefen als würden sie nie mehr damit aufhören wollen. Doch meine Gedanken waren nur die Einen. Ich hatte mein versprechen gebrochen! Ich hatte Ihn nicht Beschützt! Warum Lebe ich noch, aber Niklas, mein kleiner Bruder, nicht mehr?

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Tag der Veröffentlichung: 26.06.2010

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