Atmende Schatten
Sie war auf dem Rückweg von einer Halloweenparty. Sie hatte nicht viel getrunken aber sie lief trotzdem lieber zu Fuß. Es war eine kalte, wolkenlose Nacht und der Mond stand groß und klar am Himmel. Amy spürte den Wind als leichten Zug in ihrem Rücken. Sie glaubte nicht an Halloween, für Amy war das nur ein Tag an dem sich irgendwelche Kinder möglichst gruselig zu verkleiden versuchten.Jetzt dachte Amy über die Party nach, die Stimmung war super gewesen. Dabei hatte sie eigentlich erst garnicht mitkommen wollen, aber hinterher hatten ihre Freunde sie dann doch mit geschleppt. Ihre Füße trugen sie dabei weiter, ohne das sie genau darauf achtete wo sie hinlief. Als Amy schließlich aufschreckte merkte sie das sie schon an dem kleinen Kiefernwald vorbei ging. Sie freute sich bald würde sie zu hause sein. Plötzlich begann der Wind stärker zu wehen, ließ die Bäume sich biegen und brachte die Blätter zum Flüstern. Dunkle Wolken türmten sich auf und verschluckten mit ihren Schatten das klare Licht des Mondes. Amy beschleunigte ihre Schritte und schaute sich immer wieder hektisch um. Es war unheimlich, es schien ihr als würde sich das knarrende Klagen der Bäume und das Flüstern der Blätter zu vielen Stimmen vermischen, die alle Worte wisperten die die Schwärze der Schatten nur noch zu vertiefen schienen. Sie meinte eine schemenhafte Gestalt hinter sich zu erkennen. Amy begann zu rennen, laut trommelten ihre Füße über den Asphalt. Dabei versuchte sie nicht daran zu denken wer, oder was, da hinter ihr her war. Dann spürte sie einen starken Ruck an ihrem Knöchel. Amy spürte wie sich kleine Steinsplitter in ihre Hände stachen, als sie versuchte ihren Sturz abzufangen. Sie blickte zurück, es schien als hätten sich die Schatten hinter ihr verdichtet und wären zu etwas lebendigem, atmendem geworden. Und ein Teil dieser Schatten hatte sich wie eine eiskalte Fessel um ihren Fuß gelegt. Das Wesen aus Schatten kam näher, sie spürte es mehr als das sie es sah. Die Kälte die es ausstrahlte war überwältigend, sie merkte wie sie nicht mehr denken konnte. Etwas dunkles schien ihren Kopf auszufüllen. Amy versuchte sich dagegen zu wehren aber sie wusste das es keinen Sinn mehr hatte. Die Schatten kamen unaufhaltsam näher. Sie erkannte gerade noch das das Wesen Augen hatte, rote Augen,in ihnen erkannte Amy Hass, Wut aber auch eine Kälte die sie nicht zu deuten wusste. Dann entglitten ihr ihre Gedanken und sie sank in eine Leere aus samtener Schwärze.
Als Amy erwachte fühlte sie sich als hätte sie stundenlang auf hartem Boden gelegen. Sie spürte spitze Steine die sich in ihren Rücken bohrten. Vorsichtig richtete sie sich auf und öffnete die Augen. Sie befand sich auf einer von hohen Tannen umgebenen Lichtung. Die Wolken am Himmel hatten sich verzogen und der Mond spendete zögerlich Licht. In der Mitte der Lichtung lag ein schwarzer See, er schien tief zu sein. Eine leichte Böe ließ die Oberfläche des Sees sich kräuseln. Erst jetzt viel ihr ein was vorgefallen war. Verstört blickte sie sich um und versuchte durch die undurchdringliche Dunkelheit der Bäume etwas zu erkennen. Amy blieb noch eine weile stehen und lauschte auf die Geräusche des Waldes. Dann blickte sie wieder in die Richtung des Sees, aus irgendeinem Grund fühlte sie sich von der dunklen Schwärze angezogen. Mit schweren Schritten näherte sie sich dem Gewässer. Von oben konnte Amy nicht erkennen wie tief der See war. Sie streckte die Hand aus und berührte das Wasser. Es war eiskalt. Amy betrachtete ihr Spiegelbild ihr braunen Haar war zerzaust und zahlreiche Kletten hatten sich darin verflochten. Ihr Gesicht war blass und aus einer kleinen Wunde an der Schläfe floss ein dünnes Blutrinsal. Da sah sie es wieder, Schatten ballten sich hinter ihr zusammen und flossen auf sie zu. Nach vorne konnte sie nicht dort war der See, also versuchte sie zur Seite auszuweichen. Doch das Wesen verfolgte beinah spielerisch jede ihrer verzweifelten Bewegungen. Sie wich zurück, spürte wie das kalte Wasser des Sees nach ihr Griff. Dann stolperte sie und viel rückwärts in den See. Die kälte war überwältigend es war als würden sich tausend Nadeln in ihren Körper bohren. Das Wasser schien nach ihr zu greifen, sie nach unten zu ziehen als hätten sich selbst die dunklen Fluten mit den Schatten verbunden. Verzweifelt versuchte Amy wieder an die Oberfläche zu gelangen, aber irgendetwas hinderte sie daran. Langsam merkte sie wie ihr die Luft ausging, lange würde sie nicht mehr durchhalten. Ein letztes Mal versuchte sie sich zu wehren dann strömte eiskaltes Wasser in ihre Lungen und löschte die letzten Gedanken des Überlebens aus. Von oben hörte Amy das kalte lachen des Schattens
Amy öffnete die Augen und sah weiß, alles war weiß. Von irgendwoher erklang ein monotones Pipsen und sie lag auf einem eher unbequemen Bett. Sie überlegte warum sie überhaupt hier war. Ein Man betrat den Raum auch er war ganz in weiß gekleidet. Er fragte sie ob sie wisse was in der letzten Nacht passiert sein. Doch sie hatte nicht die geringste Ahnung. Der Mann erklärte ihr, dass ihre Freunde sie gestern vermisst und gesucht hätten. Nach einigen Stunden hätte man sie halb ertrunken und erfroren in einem Waldsee gefunden. Doch Amy hatte noch immer keine Erinnerung. Als sie ein Paar Tage später wieder nach Hause kam und in ihrem Zimmer stand, schienen die Erinnerungen zum greifen nah. Amy blickte aus ihrem Fester in den halb verwilderten Garten. Bäume reichten sich darin aneinander und bildeten einen kleinen Wald. Ihr Blick schweifte über den Bach, den das Mondlicht in ein silbernes Band verwandelte. Sie drehte sich vom Fenster weg und atmete tief durch. Alles, dachte sie würde gut werden. Was sie aber nicht bemerkte war der dunkle Schatten der durch die Sicherheit der Bäume glitt und mit seinem kalten Atem die Gräser erfrieren ließ und die Vögel zum verstummen brachte.
Tag der Veröffentlichung: 25.03.2012
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