Im Sommer fuhr man ans Meer. Das wusste ich schon seit ich ein kleiner Junge war, der noch nicht über die Tischplatte in der Küche blicken konnte. Schon damals hatte ich fleißig Postkarten gesammelt, die die Eltern meiner Freunde uns schickten: Aus Griechenland, Spanien und Italien. Eine nette Geste, dachte ich immer! Dabei hatte Postkartenverschicken viel mit Prahlerei zu tun! Guck hin, da waren wir! Denn wir können uns einen Urlaub am Strand leisten!
Leider waren meine Eltern – Gott hab sie selig – nie reich gewesen. Eine Tatsache, die damals noch recht traurig war, mir heute aber zugutekommt. Ich war daher nämlich keinen Luxus gewohnt und so konnte ich auch jetzt, in schwierigen Zeiten, leicht darauf verzichten. Und die Zeiten waren schwierig. Verdammt schwierig. Sparen war angesagt. Die ganze Welt musste sparen, denn alles ging uns aus, nur nicht das Plastik.
Mein letzter Freund hatte mich einen Öko-Fuzzi genannt, mit dem man nicht zusammenleben konnte, weil er einen Knall hatte. Er, nein, ich hatte einen Knall. Laut ihm! Dabei verstand er nur nicht, dass man sich im Leben für die wirklich wichtigen Dinge engagieren musste. Wie zum Beispiel CO2 sparen oder sich vegetarisch ernähren. Oder Müll recyceln. Vor allem Plastikmüll recyceln. Mein wunderbarer Ex-Freund hatte nicht kapieren wollen, warum ich meine Kunststoffe besser kannte als seine Verwandten. Eine herkömmliche PET-Flasche bestand meist aus zwei verschiedenen Plastikmaterialien: Polyethylen und Polypropylen. Da musste man die Verschlusskappe doch ganz anders recyceln, als die Flasche! Das hatte er nicht begriffen. Als ich unseren Bürgermeister deswegen anschrieb, ihm den Vorschlag unterbreitete, Aufklärungsarbeit in Sachen Plastikmüllrecyceln zu betreiben, schämte sich mein ach so angepasster Freund doch tatsächlich für mich.
Aber so war ich nun mal. Ich kämpfte immer an vorderster Front, oft auch mit fragwürdigen Mitteln. Ich war keiner, der sich in seinen vier Wänden versteckte und zuließ, dass die Welt vor die Hunde ging.
Momentan saß ich im Garten, um mir eben diese wunderschöne Welt anzusehen. Es war Hochsommer und eigentlich hätte ich, wie alle meine Nachbarn, bei den Griechen auf deren Strand liegen sollen. Ober an den Stränden der Italiener. Einmal war ich sogar am Strand gewesen … Aber als ich dann klitzekleine schwarze, rote und in vielen anderen Farben leuchtende Teilchen im Sand gefunden hatte, die sich zwischen meine Zehen schoben und nach genauer Analyse als Plastikteilchen herausstellten, war es aus mit dem entspannten Sommerurlaub. Im Meer gab es mittlerweile mehr Plastik als Plankton!
Damals war ich mit meinem Ex unterwegs gewesen: Simon hieß er. Ein schöner Name und ein schöner Kerl war’s auch. Aber ich hatte ihn vergrault, weil ich einen an der Klatsche hatte, mit meinem Umweltschutzgeplärre und so. Ja, Geplärre hat er es genannt! Weil ich nicht ins Wasser gehen wollte, weil fünfzig Jahre lang ganz Europa seinen Atommüll ins Meer gekippt hatte und die Franzosen taten es doch heute noch. Fünfhundert Millionen radioaktive Abwässer ließen sie jährlich ins Meer laufen. Und in dieser Atomsuppe sollte ich baden? Nein, danke, sagte ich da nur. Simon hatte dafür kein Verständnis. Der glaubte an die Wissenschaft und an den Fortschritt und daran, dass der Mensch für alles eine Lösung fand. Eigentlich ging’s ihm nur darum, weiterhin mit seinem geilen Auto frei von Schuldgefühlen durch die Gegend düsen zu können, zweimal täglich zu duschen – vom Wassersparen hielt er auch nichts – und sich später in ein warmes Bett zu kuscheln. In mein Bett. Aber das war ihm nie warm genug gewesen. Heizkosten sparen war mir nämlich mindestens genauso wichtig, wie meine geplante Recycelkampagne.
Simon und ich – das war zum Scheitern verurteilt. Da konnte man nichts machen. Ignoranz war eine Sache, die ich gar nicht mochte. Eigentlich hatten wir uns nur deswegen getrennt, denn ansonsten klappte alles wunderbar zwischen uns. Vor allem der Sex. Ganz besonders der Sex. Der war der geilste gewesen, den ich bis dahin je erlebt hatte.
Meine große Zehe juckte. Eine kleine Biene hockte darauf, also kein Wunder, dass ich ein Kitzeln spürte. Ich saß in meinem Liegestuhl – aus Holz, wohlgemerkt – und trug eine Badehose – in einem Second Hand Shop gekauft – und dazu Flipflops. Ich liebte Flipflops und trug im Sommer nichts anderes. Wenn die Dinger ausgedient hatten, konnte man die Sohlen zusammenkleben und wunderbare Figuren daraus schnitzen. Simon hatte regelmäßig den Kopf geschüttelt, wenn er mich beim Schnitzen beobachtete. Andere frisierten oder reparierten ihre Mofas, guckten Fußball oder Pornos, lasen Zeitschriften oder sammelten Kochrezepte: Ich schnitzte Figuren aus alten Flipflops, die ich dann auch brav in unserem Schlafzimmer aufstellte. Simon hatte mir gesagt, er fühle sich von diesen bunten Fischen, die ich da schnitzte und die noch nach Schweißfüßen stanken, geradezu verfolgt! Der Idiot! Aber ich hatte diesen Idioten echt geliebt. Weil er lustig war und … ein richtig toller Kerl, zumindest wäre er einer gewesen, wenn er sein Auto öfter in der Garage gelassen hätte und mal mit dem Rad gefahren wäre. Oder wenn er nicht immer ein Steak zum Mittag verlangt, sondern mal einen leckeren Salat mit mir gegessen hätte.
Mein Zeh kitzelte wieder. Ich blickte hinab, die kleine Biene hockte immer noch darauf. Ich liebte alle Tiere dieser Welt und konnte keins davon töten. Simon hatte immer die Spinnen in unserem Schlafzimmer zertreten. Ein Mensch soll im Schlaf im Schnitt zehn Spinnen in seinem Leben verschlucken, hatte er mal irgendwo im Internet gelesen. Das fand er verdammt eklig. So einen Quatsch hatte er sich gemerkt und für bare Münze gehalten, während er meine gut recherchierten Informationen bezüglich dem Ozean und seiner Funktion als größte Müllhalde der Welt für ein Ammenmärchen hielt. Oder die katastrophalen Folgen des Teersand-Abbaus in Kanada fürs Klima.
Er war ein Idiot, ein richtiger Idiot. Aber ein liebeswerter Idiot … Ach, meine Gedanken liefen im Kreis, sie drehten sich und drehten sich wie ein Kreisel … ich musste den Kreislauf durchbrechen. Genau das tat ich im Moment. Ich saß nicht nur im Garten, um die Sonne zu genießen, die meine Haut kaum erreichte, weil ich mich mit Sonnenschutzfaktor 50 eingecremt hatte, sondern ich beobachtete. Ich beobachtete meine Nachbarn. Eigentlich beobachtete ich das Nachbarhaus. Noch genauer: Ich beobachtete die Handwerker, die gerade die hölzernen Balkonbretter austauschten, um ihnen einen neuen Schliff zu verpassen. Glücklicherweise war es ziemlich heiß und Arbeiten in der sengenden Hitze war natürlich ziemlich anstrengend. Einer nach dem anderen, es waren drei an der Zahl, hatte sich bereits seines Hemdes entledigt. Nur mit Shorts bekleidet, halfen sie mir beim CO2 sparen. Diese Show war besser als jedes Erwachsenenfilmchen, das ich mir im Internet ansehen könnte, wofür ich Strom bräuchte, bei dessen Produktion viel zu viel Kohlenstoffdioxid freigesetzt wurde und somit die Umwelt belastete. Das hier war live. Und echt. Und heiß und sexy und … wieder kitzelte mein Zeh. Eine zweite Biene hatte sich dazugesellt. Vielleicht kam noch eine dritte? Ich hatte in meinem kleinen Garten ein Bienenhäuschen aufgestellt. Vor zwanzig Jahren hieß es noch: Rettet die Wale! Ich träumte davon mal mit Greenpeace die Meere zu erkunden und mich waghalsig den Walfängern mit ihren riesigen Harpunen in den Weg zu stellen. Heute hieß es: Rettet die Bienen! Ich rettete gerne, egal was. Ob’s die Bienen waren, die Mücken oder die Elefanten. Das hatte Simon an mir gemocht. War er auch der geschickteste und unbarmherzigste Spinnentöter gewesen, den ich je kennengelernt hatte, so wusste er es doch sehr zu schätzen, dass mein Herz butterweich war. Dass ich alle Lebewesen auf dieser Welt liebte. Ihn am meisten.
Ja, ich liebte jeden Menschen. Manche mehr, manche weniger. Die drei sexy Kerle mit den durchtrainierten Körpern, die ein Balkonbrett nach dem anderen abmontierten, liebte ich im Moment ganz besonders. Es juckte ein wenig im Schritt. Woran das wohl lag? Kurz fragte ich mich, ob eine kleine Biene den Weg in meinen Urwald gefunden hatte. Das wäre ziemlich blöd! Ich hielt einen Schmöker in der Hand, um den Anschein zu erwecken, ich würde mich in der Sonne lesend entspannen und nicht einen Gratisporno genießen. Das Buch senkte ich ein wenig, um meine Badehose kurz unbeobachtet anzuheben. Kein Getier konnte ich bei meinem Gemächt ausmachen. Alles gut! Kein Problem! Aber mein bestes Stück war aufgewacht … Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die verschwitzten Körper dieser Männer meine Fantasie ankurbelten. Ich stellte mir vor … ja, was eigentlich? Simon fiel mir wieder ein. Sein nackter Körper … der war verdammt geil gewesen.
Die Sonne brannte bestialisch vom Himmel. Mir war heiß. Oder lag das gar nicht an der Hitze? Ich hatte mich heute vor allem aus einem Grund in den Garten gesetzt, nämlich damit ich nicht mitkriegte, wie Simon seine Sachen zusammenpackte. Genau das tat er im Moment. Ich hatte ihm das Feld überlassen. Er sollte alles einpacken, was ihm gehörte oder wovon er glaubte, er hätte ein Recht es mitzunehmen. Ich hielt nichts von materiellen Besitztümern. Kurz blickte ich über meine Schulter zurück. Ich konnte in die Küche sehen, ein Schatten huschte dort vorbei: Simon. Er hielt etwas in der Hand. Ich kniff meine Augen zusammen, um besser sehen zu können. Die Sonne blendete. Es war ein Fisch, den ich aus Flipflops geschnitzt und daran paar Haken angebracht hatte, sodass ich verschiedene Küchenutensilien, vom Schneebesen bis zum Topflappen, dort aufhängen konnte. Er starrte meinen hübschen Fisch eine Weile lang an, dann hängte er ihn wieder dorthin, wo er hingehörte. Natürlich würde er nichts Selbstgeschnitztes von mir haben wollen! Das erinnerte ihn doch an mich. Er beabsichtigte sicher, jede Erinnerung an den anstrengenden Öko-Fuzzi aus seinem Gedächtnis löschen. Ich wollte das auch. Ich war gerade dabei. Einer der drei Kerle blickte zu mir. Er lächelte kurz, ich lächelte zurück, während ich mir ausmalte, wie es mir dieser Typ ordentlich besorgte. Ich stellte mir vor, wie er meine Hüfte umfassen, mir die kurzen Shorts vom Hintern ziehen würde und dann …!
Wieder sah ich zur Küche. In meinem Schritt juckte es erneut, auf dem Zeh auch. Mit Simon hatte ich es häufig in der Küche getrieben. Er guckte mich oft so an, als wäre ich ein Stück Sahnetorte. Dann trat er an mich heran, umarmte mich von hinten, seinen Unterleib gegen meinen gepresst, leckte an meinem Ohr und flüsterte mir schmutzige Dinge zu. Er streichelte mit seiner Hand meinen Nacken, nur um mir den Kopf gleich darauf vorsichtig nach unten auf die Tischplatte zu drücken. Dann fickte er mich in den Arsch. Aber so richtig.
Simon war oft zum Tier geworden. Ich hatte mich nie beschwert!
Die Küche war leer, ich konnte ihn nicht mehr sehen. Wir hatten es in diesem Haus schon überall getrieben. Auch vor der Couch. Bis heute wusste ich nicht, warum wir es noch nie auf der Couch getan hatten. Sogar im Garten hatten wir schon rumgemacht. Unter freiem Himmel. Wir kuschelten uns auf eine Decke, ich hatte ein Picknick vorbereitet. Simon wollte anfangs nicht. Es missfiel ihm, dass uns beim Ficken die Hühner zusahen. Ich besaß einen kleinen Hühnerstall, vier Stück Federvieh legte täglich meine Eier. Somit wusste ich wenigstens, wo mein Frühstück herkam, das ich jeden Morgen in die Pfanne haute: Es stammte aus dem Arsch meiner Henne! Nicht direkt aus dem Arsch, eigentlich, aber Simon hatte es so formuliert. Ein Öko-Fuzzi, dem einer abgeht, wenn er zusehen kann, wie aus dem Arsch seiner Henne ein Ei rausschlüpft! Ich liebte nun mal das Wunder Leben und hatte schon daran gedacht, mir einen Gockel zuzulegen und ein Küken aufzuziehen. Dann war Simon abgehauen. Weil es ihm zu viel wurde. Alles. Vor allem das mit mir.
Ein länglicher Schatten tauchte meinen Körper ins Dunkel. Ich legte das Buch zur Seite, da ich es eh nicht las und guckte hoch. Simon stand hinter mir. Wie immer sah er gut aus. Sehr gut. Zu gut. Viel besser als die halbnackten Kerle da drüben, die unfreiwillig dazu beigetragen hatten, dass sich in meinen Shorts mittlerweile eine Beule befand, die so groß war wie ein Truthahn-Ei.
„Was ist?“, brummte ich verstimmt. „Was nicht gefunden?“
Er blickte mich an, dann fuhr er völlig unerwartet durch mein blondes, gelocktes Haar. Mein Haar war das Beste an mir, dicht und weich. Simon hatte es immer gemocht.
„Hockst du hier, um dich aufgeilen zu lassen?“, fragte er und nickte in Richtung der Handwerker.
Ich verzog mein Gesicht. Er kannte mich gut. Er wusste, dass ich gerne starrte. Starren war immer erlaubt gewesen, aber betrogen hatte ich ihn nie! Warum auch? Simon war heißer als zehn Sonnen.
„Meinst du, wegen dem da …?“ Ich deutete auf die Beule in meiner Badehose. „Das war die Sonne. Bei Hitze bläht sich das Ding immer auf.“
Ein Lachen stolperte aus Simons Kehle.
„Du bist irre, Timo“, sagte er.
„Das mochtest du doch immer an mir, oder nicht?“ Eher nicht. Eigentlich hat er mich ja deswegen verlassen: weil ich irre war. Und auch wegen der Bienen und dem Gestank nach Hühnerstall in unserem Garten.
„Wo ist das Federtier?“, fragte er.
„Hab ich weggegeben“, erwiderte ich kleinlaut. An den Hühnern hatte ich keine Freude mehr gehabt. Sie waren Mitschuld gewesen, dass Simon abgehauen war. Das große Frühstück, das ich allmorgendlich für uns beide zubereitet hatte, mit frischen Hühnereiern, machte mich nur traurig.
„Ach? Weggegeben? Hm …“, meinte er. „Kann ich einen deiner Fische mitnehmen? Die Flipflop Fische?“
„Willst du denn einen?“
„Ja.“
„Warum?“
„Keine Ahnung, du hast jedenfalls noch genug davon.“
Ich murrte vor mich hin, dann warf ich noch einmal einen letzten Blick auf die heißen Kerle, die nun ihre Arbeit erledigt hatten. Wenn Simon nicht dagewesen wäre, dann hätte ich mich jetzt ins Schlafzimmer verkrümelt und ordentlich gewichst.
Aber leider war Simon da. Und wichsen ging im Moment nicht.
Ich stand widerwillig auf. Meine Erektion konnte sich sehen lassen und Simon grinste ein wenig hämisch.
„Um dich scharf zu machen, ist nicht viel nötig, hm?“
„Hey, hast du die Typen da drüben gesehen? Nicht von schlechten Eltern, sag ich dir!“
Simon schüttelte den Kopf. Schließlich war er solche Sprüche schon von mir gewohnt.
„Komm schon, beeil dich!“, sagte er und klopfte mir doch tatsächlich auf den Hintern.
„Lass das! Anfassen ist nicht mehr erlaubt!“, erwiderte ich brüsk, bevor ich mir die Arschbacke rieb. Er hatte ziemlich fest zugeschlagen. Im Bett hatte er auch schon oft mal zugeschlagen, dass meine Backen ganz gerötet gewesen waren. Ich stand auf so etwas. Ja, ein wenig Spannung und Schmerz taten manchmal richtig gut.
„Was hältst du von einem letzten Fick?“, fragte er, während ich ins Schlafzimmer ging und er mir auf den Fersen war.
„Nichts“, log ich. Mein Herz hatte die letzten drei Tage, seitdem mir Simon verkündet hatte, dass er die Beziehung beenden wollte, mehr geblutet, als ein armes Schweinchen, dem man bei der Kastration die Hoden einfach abschnitt – ohne Betäubung! Ja, der Schmerz war vergleichbar bestialisch gewesen. Nicht, dass ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn einem die Hoden abgerissen wurden, oh nein! Meine Hoden waren immer sehr liebevoll umsorgt worden, gestreichelt und gekrault, geleckt und …! Simons Hände und Zunge konnten wirklich Wunder vollbringen, daran bestand kein Zweifel.
Wir hatten das Schlafzimmer erreicht. Überall standen geschnitzte Flipflop Figuren. Nicht nur Fische, sondern auch andere Tiere, sogar kleine Dosen, worin man etwas aufbewahren konnte, alles made by me. Simon betrachtete das Kunststoff-Getier, als würde er es zum ersten Mal sehen. Er schnappte sich dann einen besonders gut gelungen Fisch und ich wollte schon protestieren, ließ es aber bleiben. Er sollte das schönste Teil ruhig mitnehmen. Vielleicht ließ es ihn ab und zu schmunzeln, wenn er an den dummen Öko-Fuzzi dachte.
„Ich nehme den. Das war’s dann. Ich hab alles zusammengepackt.“
„Okay, ciao. Vielleicht sehen wir uns im nächsten Leben“, brummelte ich, während ich auf meine Fische starrte, die sich einer an den anderen reihten. Sie kamen mir lächerlich vor. Worum ging’s hier überhaupt? Um Bienen, Flipflop Fische und den Hühnerdreck? Mein geflügeltes Haustier hatte nämlich immer die Veranda vollgeschissen. Dieser weiß-schwarze klebrige Dreck ließ sich leider nur schwer beseitigen.
„Ja … im nächsten Leben. Wenn’s dann die Welt noch gibt, bei all den Umweltproblemen“, sagte Simon. Machte er sich über mich lustig? Nein, sah nicht so aus. Er lächelte sanft und dann …
Dann strich er mir wieder durchs Haar.
„Ich werde diesen Haarschopf vermissen. Ist nicht zu bändigen, so wie alles an dir.“
Mein Herz hämmerte wie wild. Und mein Blut pochte in der unteren Körperregion.
„Sicher, dass du keinen letzten Fick willst?“, fragte er wieder.
„Hm … die Frage ist viel eher, warum du so hartnäckig bist? Hast du es dir anders überlegt? Ist der Öko-Fuzzi doch nicht so … doof?“
Simon lächelte erneut. Da war ziemlich viel Liebe in seinen Augen.
Er kam auf mich zu, drückte mir einen Kuss auf den Mund. Es war schön, richtig schön und ach, so schön und überhaupt … ich war scharf wie eine Granate. Ein letzter Fick? Warum nicht? Dann hatte er nicht nur den Fisch als Erinnerung, sondern auch noch meinen sexy Körper, der ihn doch immer so scharf gemacht hatte.
Ich lächelte lasziv, dann zog ich mir die Badeshorts langsam von den Hüften. Nackt stand ich vor ihm und blickte ihn herausfordernd an. Simon ließ sich nicht zweimal bitten. Er strich meine Seiten entlang, leckte sich über die Lippen, während er meinen nackten Körper begaffte.
Ich fuhr mit meinen Händen unter das dünne T-Shirt, das er heute trug. Ich streichelte seine nackte Haut, zog ihm das Shirt über den Kopf. Dabei musste ich mich auf die Zehenspitzen stellen. Simon war größer als ich. Alles an ihm war größer. Die Hände, die Füße, sein Schwanz. Ich mochte seinen Schwanz. Ich hatte schon einige Schwänze in mir drin gehabt, aber der von Simon war mir am liebsten gewesen. Wir passten anatomisch perfekt zueinander!
Während ich mich an seinem Hosenbund zu schaffen machte und den Reißverschluss seiner Jeans öffnete, massierte er meine Arschbacken. Er knetete daran, verpasste ihnen auch den ein oder anderen Schlag. Mein Schwanz war mittlerweile hart, wie die Harpune eines bösen Walfängers und meine Hand wühlte sich unter Simons Unterwäsche. Ich griff nach seinem Teil, das bei mir bislang immer Zufriedenheit ausgelöst hatte und genoss es, seine Erregung in meiner Faust zu fühlen. Es war ein vertrautes Gefühl. Er küsste derweil meinen Hals, biss mir ins Ohrläppchen und schließlich fuhr er mit seinen Fingern an meinen Lippen entlang, bevor er sie mir vorsichtig in den Mund schob. Ich leckte daran, machte sie richtig feucht. Schließlich wusste ich, was als nächstes kam. Mit den nun glitschigen Fingern, die ich brav mit Speichel angereichert hatte, fuhr er mir zwischen die Arschbacken. Mein Schwanz zuckte ein wenig, als er mich an dieser empfindlichen Stelle streichelte. Dann küsste ich ihn. Auf den Mund. Ich wollte ihn schmecken. Küssen war auch vertraut. Und wie vertraut das Küssen war! Mit Simon war ich schließlich drei Jahre zusammen gewesen. Das war eine lange Zeit. Und eigentlich … war‘s auch eine verdammt schöne Zeit.
Mit Gewalt riss ich mich von ihm los und legte mich aufs Bett. Ich zog meine Beine an und er verstand sofort. Er wusste immer, was ich wollte. Daran hatte sich auch in den letzten drei Tagen nichts geändert. Während ich den Kopf ins Kissen drückte und erlebte, wie kleine Sternchen meine Sicht trübten, da Simon sich mittlerweile zu mir aufs Bett gesellt hatte und seine Zunge mich untenrum so wahnsinnig gut verwöhnte, fragte ich mich, ob weniger Flipflop Fische, weniger Bienen und weniger Hühnerscheiße auf der Veranda unser Beziehungsproblem lösen konnten.
Ich hatte ein Bein auf seiner Schulter abgestützt und genoss seine Liebkosungen. Er leckte und saugte an meinem Schwanz, fuhr mit seinen Fingerkuppen vorsichtig über meine Hoden, bevor er eben diese wunderbaren Finger in meinem Arsch versenkte. Das war seine Vorstellung von Vorspiel.
„Du bist immer noch so wahnsinnig sensibel“, sagte er plötzlich unnötigerweise. Ich stöhnte und schnaufte, bewegte das Becken, rieb selber an meinem Schwanz und ließ der Lust freien Lauf. Wir hatten schon seit drei Wochen keinen Sex mehr gehabt, denn seit drei Wochen kriselte es zwischen uns. Als ich ihm erzählte, dass ich von Haus zu Haus marschieren wollte, um eine Petition unterschreiben zu lassen, worin ich von der Gemeinde eine besser Plastikmülltrennung einforderte, war das Fass wohl übergelaufen. Simon lebte nach dem Motto: Nur nicht auffallen! Das einzige schwule Paar zu sein, in einer Gemeinde mit zweitausend Einwohnern, war für ihn genug unfreiwillige Berühmtheit.
Er hatte sich zwischen meinen Beinen platziert und war gerade dabei, seinen Schwanz dorthin zu schieben, wo er hingehörte: nämlich in meinen Körper.
„Kannst du dir das nicht noch mal überlegen?“, fragte ich und zeigte erstmals Schwäche. Ich war für meinen Dickkopf bekannt.
„Was überlegen? Willst du doch nicht?“ Er blickte irritiert auf meinen nackten Körper und die Erektion, die sich sehen lassen konnte.
„Nein, nein … nicht das …“ Natürlich wollte ich ficken! Und wie ich wollte! Ich hatte das Gefühl, mein Hintern dehnte sich vor lauter Vorfreude schon ganz von alleine!
„Ich meine … das Beziehungsaus … ich verspreche dir, es wird keine Petition geben und auch keinen Hühnerdreck auf der Veranda.“ Simon ging ganz gerne barfuß in den Garten. Das ein oder andere Mal war er schon in Hühnerscheiße reingetreten.
„Und die Bienen …“, fuhr ich fort.
„Ist gut. Keine Petition und kein Hühnerdreck. Damit bin ich zufrieden.“ Er lächelte breit.
„Echt?“ Mir fiel ein Stein vom Herzen. Mein ganzer Körper entspannte sich augenblicklich. Ich zog meine Beine weit auseinander und wartete nur darauf, dass Simon mich in den Himmel schickte. Und das tat er auch. Er fickte mich, als gäbe es kein Morgen. Es hatte sich in den letzten drei Wochen in uns beiden viel Leidenschaft aufgestaut. Und Liebe. Denn da war Liebe, sehr viel Liebe sogar. Beides musste raus.
Er beugte sich zu mir runter und küsste mich.
Ich erwiderte den Kuss, ohne die Augen zu schließen. Ich schielte auf den Flipflop Fisch, der neben mir im Bett lag. Dann kickte ich ihn auf den Boden.
Ich würde meine Flipflopschnitzerei ein wenig einschränken, aber dafür würde ich mir wieder mindestens eine Henne zulegen. Alles war verhandelbar!
Fröhlich löste ich mich von seinen Lippen.
„Was grinst du so?“, fragte Simon mürrisch.
„Es ist nichts …“, erwiderte ich siegessicher.
„Du liebst mich doch, gib’s zu“, sagte ich.
„Ich hatte gerade einen gigantischen Orgasmus und du willst wissen, ob ich dich liebe? Im Moment würde ich jeden lieben!“
Beleidigt boxte ich ihn in die Seite, während ich ihn von mir runterschob.
„Ich liebe dich jedenfalls“, sagte ich ernst und drehte ihm den Rücken zu.
„Mehr als deine Fische?“, fragte er.
„Nein, das nicht“, log ich grinsend.
Er umarmte mich von hinten, drückte seinen nackten Körper gegen meinen und sagte: „Ich liebe dich auch. Dich muss man lieben, mit all deinen Macken und Spinnereien und …“
Wieder boxte ich ihm in die Seite. Umweltschutz war keine Spinnerei. Ich würde auch Simon noch bekehren können! Aber nicht heute. Morgen war schließlich auch noch ein Tag.
Heute musste ich ihm vorerst beim Auspacken helfen.
Mit einem Lächeln im Gesicht döste ich ein, während Simons warmer Atem meinen Nacken kitzelte und ich von Fischen träumte … in allen möglichen Farben und Formen. Einen hatte ich an der Angel. Als ich ihn mir genauer ansah, verwandelte er sich in meinem Traum in Simon.
Ja, ich hatte Simon an der Angel. Und diesen Fisch würde ich nie wieder gehen lassen.
Tag der Veröffentlichung: 29.03.2015
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