Mein Freund heißt Günther. Der Name passt zu ihm, denn Günther ist einer, der sein Hemd immer penibel bis zum obersten Knopf schließt und alle zehn Minuten seine dicke Hornbrille hochschiebt, weil sie ihm in regelmäßigen Abständen von der Nase rutscht.
Das Beste an Günther ist zweifellos, dass ich mir sicher sein kann, dass kein anderer Mann ihn mir wegschnappt. Da guckt kein anderer zweimal hin, denn Günther ist in jeder Weise durchschnittlich: in seinem Gesicht sitzt zwar alles an der richtigen Stelle, aber er hat kein markantes, männliches Kinn, keine tiefblauen Augen, keine dichten Haare. Er hat eine dünne Nase, ein schmales Gesicht, dünnes, braunes Haar und einen Körper, der weder Mann noch Frau vor Verzückung aufseufzen lässt. Er ist nicht dick, aber auch nicht dünn. Er sieht normal aus. Seine Haut ist zudem weder schön gebräunt, noch übermäßig blass. An ihm gibt's nichts Aufregendes – bis auf das Muttermal, das genau dort sitzt, wo seine Arschfalte endet. Aber davon weiß nur ich und seine Mama. Denn mir ist die Ehre zuteil geworden, den langweiligen Günther zu entjungfern. Und das ist gar nicht besonders erotisch gewesen, weil Günther permanent vor Scham und Nervosität die Luft angehalten hat, sodass ich schon Sorge hatte, er würde noch blau anlaufen.
Er hat damals auf dem Bett gelegen, nackt, und sein Gesicht im Kissen vergraben, während ich mich an seinem kleinen Hintern zu schaffen gemacht habe. Dabei war er mir in keiner Weise behilflich! Er hat dagelegen wie ein toter Käfer als ich ihn mit Fingern und Zunge stimuliert habe. Hin und wieder hat er nach Luft gejapst, als wäre er ein Fisch auf dem Trockenen. Ich bin dann in ihn eingedrungen, schließlich erregt mich der Anblick eines nackten Mannes, der mir seinen Hintern zum Ficken zur Verfügung stellt, immer, selbst wenn er so teilnahmslos unter mir liegt wie Günther es getan hat. Ich wollte ihn richtig rannehmen, aber irgendwie dachte ich noch, dann würde er anfangen zu heulen. Das alles hat mich ziemlich abgeturnt und dann wollte ich ihn auch gar nicht wiedersehen.
Ich bin ein Arschloch, ich weiß. Aber lieber ein ehrliches Arschloch als ein unehrlicher Gutmensch. Und sich auf jemanden einlassen, mit dem sich nicht einmal gut ficken lässt, ist nicht so meins. Aber da bin ich nicht der einzige. Ich kenne keinen schwulen Mann, der sagt, guter Sex wäre nicht wichtig. Das ist so ein typischer Spruch von den Weibern, die nie zum Orgasmus kommen, aber ganz glücklich sind, wenn sie der Kerl nur irgendwie rammelt und sie sein Ding in sich spüren. Nein! Das ist nichts für mich. Ich war bislang immer froh, am anderen Ufer zu fischen, da beißen die Fische schneller an und schmecken auch besser. Wenn ich meiner einzigen weiblichen Freundin, die heterosexuell ist, Glauben schenken kann, war noch jeder Mann, den sie hatte, eine absolute Lusche im Bett. Da sie aber schon ein paar Dutzend hatte, denke ich, es lag wohl eher an ihr. Also bin ich ganz froh, dass mich die Frauenwelt bislang nicht reizen konnte, sonst wäre ich vermutlich auch einer dieser Luschen, die keine zum Orgasmus bringt. Mit Männern ist das einfacher. Da kennt man sich aus. Da weiß man Bescheid, was wie funktioniert. Hat man den Spielapparat doch selbst seit der Geburt und auch schon ordentlich damit geübt. Wie man Hoden, Penis und Hintern beim Mann stimuliert – das weiß ich.
Von Günther hatte ich also vorerst die Nase voll, auch wenn ich ein wenig Sorge hatte, dass er mir hinterherrennen würde, wie ein verliebtes Hundebaby, schließlich war ich sein Erster und er hat auf mich den Eindruck gemacht, als wäre für ihn Sex eine ganz große Sache. Als hätte das mit Liebe zu tun und so. Also davon verstand ich nichts. Und meine schwulen Freunde verstanden davon auch nichts. Die sagten nur, ich sollte doch die Finger von dem Kerl lassen. Für solche Typen gäbe es die Internetpornografie. Genau für solche Typen! Die sich nicht trauen, aus sich herauszugehen und mal ordentlich zu ficken, sich dafür aber irgendwelche schmutzigen Pornos angucken, wobei ihnen dann ordentlich einer abgeht!
Die Ratschläge meiner Freunde befolge ich meistens, denn die wissen, wovon sie sprechen. Sie sind bald vierzig und noch immer Single. Sie vögeln sich seit über zwanzig Jahren durch alle möglichen Clubs ohne je eine richtige Beziehung gehabt zu haben. Und so wollte ich doch auch sein, oder nicht? Ich war zwar erst dreißig, aber das war doch der Sinn des Lebens, oder nicht? Ein Fick nach dem anderen, vielleicht auch mal mit demselben Kerl, wenn er gut im Bett war und-
Oder nicht.
Günther hat sich nach unserem ersten Sex dann schüchtern an mich gekuschelt und mich auf die Wange geküsst! Es gibt doch diesen Spruch: Wie schwul ist denn das? – wenn etwas ganz, ganz furchtbar kitschig oder peinlich ist. Das war so ein Moment, wo ich mir dachte: wie schwul ist denn das? Mich auf die Wange küssen! Mir wäre lieber gewesen, er hätte mir den Schwanz gelutscht und mich nicht auf die Wange geküsst!
Das wäre mir heute noch lieber, denn Günther hat noch nie Mund an mich gelegt. In den ganzen sechs Monaten, in denen ich mit ihm zusammen bin, hat er mich noch nie oral befriedigt! Wenn ich das meinen schwulen Freunden erzähle, fallen sie in Ohnmacht. Aber nicht nur Klaus und Peter, die zwei Aufreißer, die regelmäßig ins Fitnessstudio gehen und zu deren morgendlicher Körperpflege neben Zähneputzen auch eine Analdusche gehört, würden mich auslachen. Selbst Miriam, meine heterosexuelle, frigide Freundin, die gar nicht so auf Abenteuer steht, weil's ihr eh kein Mann richtig besorgen kann, da kann sie auch immer den gleichen ficken, wie sie sagt, hat mir von einer Beziehung mit Günther abgeraten. Der ist eine drei. Auf einer Skala von hundert. Selbst sie als Frau findet ihn öde, sogar für einen Schwulen, nein, besonders für einen Schwulen! Denn schwule Männer sind in der Regel sehr offen, wenn es um ihre sexuellen Bedürfnisse geht. Günther ist da ganz anders: Der macht's mit mir nur im Dunkeln. Kein Scherz! Er sagt zwar, es ginge ihm ums Strom sparen und später will er einschlafen und nicht nach dem Lichtschalter suchen müssen–
Wer’s glaubt!
Trotzdem sind wir jetzt seit einem halben Jahr ein Paar. Einem halben Jahr! Und seit einem Monat wohnen wir sogar zusammen. Weil Günther ein guter Zuhörer ist und ich bin ein fleißiger Redner. Ich rede gerne und viel und vor allem rede ich oft. Günther nickt dann immer, guckt mich interessiert an, schiebt seine Brille wieder ein wenig höher. Und ich komme mir wichtig vor. Und das brauche ich: mir wichtig vorzukommen. Da ist es mir dann auch egal, was meine Freunde von ihm halten.
Nur eins ist mir nicht egal: was er von mir hält.
Er ist Programmierer und sitzt stundenlang an seinem Computer. Einmal habe ich sein Passwort geknackt, es lautete Marco, mein Spitzname. Eigentlich heiße ich Markus, aber jeder nennt mich nur Marco. In einer Schwulenbar kam das immer gut: Marco klingt exotisch. Außerdem sehe ich tatsächlich ein wenig exotisch aus: dunkle Haare, dunkle Haut (das Sonnenstudio hat nachgeholfen), dunkle Augen. Dass Günther meinen Namen als sein Passwort verwendet, fand ich dann schon wieder… süß. Irgendwie. Jetzt verhalte ich mich wirklich schwul. Dabei bin ich nicht einer dieser rosatragenden Schwuchteln, die beim Reden zu viel gestikulieren, nein, ich bin ein harter Kerl, der harten Sex will mit ähnlich harten Kerlen.
Aber irgendwie bin ich an Günther geraten. Günther, der mich ignoriert. Dabei hat er doch sonst immer ein offenes Ohr für mich. Er muss an einem wichtigen Projekt arbeiten, das sagt er schon seit Tagen, während ich durch die Wohnung schleiche und mich angespannt fühle. Ob er einen anderen hat, denke ich mir dann immer. Aber Günther doch nicht! Den will doch keiner! Weil er nicht sexy ist, nicht geil. Günther hat andere Qualitäten. Er ist ein ziemlich netter Kerl. Hilfsbereit, immer freundlich, auch ziemlich lustig und er interessiert sich für andere. Vor allem für mich. Zumindest bis jetzt.
Ich komme ins Grübeln und das tue ich eigentlich nie. Gerade eben sitze ich in der Küche und starre aus dem Fenster auf die kahlen, dunklen Bäume da draußen. Wir leben außerhalb der Stadt. Hier kann man recht gut laufen gehen und ich achte auf meine Gesundheit und meinen Körper. Ich will fit bleiben für die Männerwelt. Man darf sich als Schwuler nicht gehen lassen. Vor allem nicht, wenn der Freund das Interesse an einem verloren hat. Wenn das nämlich wirklich so ist, was soll ich dann tun? Günther kann ich mit einem stählernen Body nicht beeindrucken. Ich bin nicht so klug wie er. Ich verstehe nichts von Programmcode. Findet er mich langweilig? Ich arbeite in einem Sportartikelgeschäft, das ist nicht besonders spannend. Ich habe mich zwar schon hochgearbeitet, weil ich sehr ambitioniert bin, aber ich bin keiner, der die digitale Welt revolutioniert. Günther hat kürzlich irgendein neues Spiel programmiert, das total gut ankommt. Verkauft sich hervorragend. Wahrscheinlich macht er auch eine Menge Geld damit.
Ich sehe hoch, als Günther endlich sein Arbeitszimmer verlassen hat und nun in der Küche steht, um sich am Kühlschrank zu bedienen. Er holt eine Flasche Orangensaft daraus hervor. Orangensaft! Der Gute trinkt ja auch überhaupt keinen Alkohol! Er greift im Geschirrschrank nach einer übergroßen Tasse, aus der er alles trinkt bzw. isst: vom Kaffee bis zum Müslijogurt. Das spart Wasser, sagt er. Weniger Geschirr zum Abspülen.
„Was ist mit dir?“, fragt er. Typisch Günther. Er fragt immer nach meinem Befinden. Dabei müsste ich ihn fragen, was mit ihm los ist. Sein dünnes Haar ist zerzaust, die Augenringe erinnern an schlechtes Make-up in einem Dracula-Film und sein Hemd ist so zerknittert, als hätte er darin geschlafen. Er ist letzte Nacht nicht einmal zu mir ins Bett gekommen. Dabei tun wir’s ohnehin nie regelmäßig. Nur ab und an und-
Wenn das meine Freunde wüssten! Nicht Günther ist derjenige, der sich regelmäßig beim Pornogucken einen runterholt, sondern ich! Ich brauche nun mal Sex. Am besten mehrmals täglich. Geht nicht? Okay. Dann mindestens viermal die Woche. Aber auch das ist für Günther zu viel. Er ist immer müde. Ich fühle mich mittlerweile schon wie ein Kerl, der über seine Alte drübersteigen will, um ein wenig Dampf abzulassen, die aber immer Kopfschmerzen hat.
„Ich bin schlecht drauf, das ist alles“, brumme ich endlich.
„Warum denn?“ Ich gucke auf. Hat der Typ noch alle Tassen im Schrank? Wir hatten seit zehn Tagen und fünfzehn Stunden keinen Sex mehr. Ich laufe noch die Wände hoch, wenn ich meinen Schwanz nicht in seinem festen Arsch versenken kann.
Er sieht mich skeptisch an, öffnet den Verschluss der Flasche und sagt: „Ist wirklich ein wichtiges Projekt, ich muss Tag und Nacht dran arbeiten.“
Ich stehe auf und sage in verführerischem Ton: „Willst du nicht ein wenig… Abwechslung?“
„Jetzt? Spinnst du? Ich bin so kurz davor, den Fehler im Programm zu finden! Sex lenkt mich doch nur ab!“ Jetzt bin ich verärgert. Und wenn ich verärgert bin, kommt nicht meine beste Seite zum Vorschein.
„Du, wenn das so weiter geht, suche ich mir jemand anderen. Jemand besseren.“
Günther sieht mich fassungslos an.
„Was?“, sagt er.
„Hey, ich bin ein Mann und ich habe Bedürfnisse. Ich habe die Nase voll, permanent betteln zu müssen, dass du mich mal ranlässt. Das habe ich nicht nötig. Es gibt genug Männer, die mir ihren Arsch gerne zur Verfügung stellen. Und mit denen ist es auch aufregender.“
„Aufregender? Was soll das heißen?“, fragt er neugierig. Er schiebt seine Brille ein wenig hoch. Seine Augen blicken in alle Richtungen, nur nicht auf mich.
„Dass du im Bett eine absolute Niete bist. Ich langweile mich mit dir zu Tode. Und mal ehrlich: im Dunkeln ficken? Das hat man seit der Erfindung der Glühbirne nicht mehr getan.“ Ich grinse dreckig, aber Günther sieht verletzt aus. Sehr verletzt. Ich fühle mich scheiße, aber wenn ich mal in Fahrt bin, kann mich keiner stoppen.
„Ich komme mir vor, als würde ich eine Gummipuppe ficken, aber die quietscht wenigstens ab und zu mal, wenn ich sie an den richtigen Stellen anpacke. Nicht so wie du, wo-“
Ich verstumme augenblicklich. Günther hat seine Tasse nach mir geworfen. Es hat mich aber verfehlt und das Fenster hinter mir zerstört. Der Schreck sitzt tief. Auch er ist erschrocken, wie mir scheint. Sofort dreht er sich um und verlässt die Wohnung. Völlig perplex sehe ich ihm vom Fenster aus hinterher, wie er zwischen den knorrigen Bäumen verschwindet. Die Scheibe hat einen Sprung. Er muss die Tasse mit ziemlicher Wucht dagegen geschleudert haben. Sie liegt auf dem Boden in tausend Scherben.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während ich mich mechanisch zum Besenschrank aufmache und nach der Kehrschaufel greife. Beinahe will ich mich verletzten, als ich die Scherben aufhebe. Bluten, denn ich habe es verdient. Ich bin ein Arschloch.
Dabei liebe ich Günther doch. Leider. Das weiß ich. So blöd bin ich nicht. Ich bin gerne mit ihm zusammen. Ich fühle mich einfach wohl. Aber das mit dem Sex klappt irgendwie nicht, wie ich es gerne hätte. Ob ich falsche Vorstellungen habe? Für mich war Sex immer das Wichtigste überhaupt. Der Sex muss gut sein, unbedingt. Vielleicht sind für Günther andere Dinge wichtig? Aber dann passen wir nicht zusammen. Ich bin frustriert, sexuell frustriert.
Die Scherben liegen in der Kehrschaufel und ich setze mich wieder an den Küchentisch. Ich starre auf das zersprungene Glas und stelle mir vor, Günther würde im Bett solche Leidenschaft oder Aggression zeigen. Ich hätte nichts dagegen! Von mir aus könnte er mir auch den Arsch versohlen. Ich stehe drauf. Aber dafür ist er zu brav.
Überrascht sehe ich auf, als er wieder zurückkommt. Ich beobachte ihn durchs Fenster wie er näherkommt. Aufgeregt warte ich, bis er endlich wieder die Wohnung betritt und in der Küche steht. Hat er sich schon beruhigt?
Er kommt mit funkelnden Augen auf mich zu, packt mich am Ärmel meines Shirts und zerrt mich ins Schlafzimmer. Er stößt mich energisch aufs Bett und ich lasse es geschehen. Ich gucke erwartungsvoll hoch zu ihm und kann mein Glück nicht fassen. Ich sehe noch immer die Wut in seinen Augen, aber wenn er sie auf diese Art und Weise verarbeitet, dann soll es mir nur recht sein!
Er zieht sich aus, dabei ist es noch hell! Nicht einmal Nacht. Die Vorhänge sind offen. Tageslicht scheint durchs Zimmer und mein erster Gedanke ist der, dass ich heute wieder sein Muttermal zu sehen kriege, das ich so niedlich finde, weil es an einer so besonderen Stelle sitzt.
Seine Jacke fällt auf dem Boden, dann streift er sich die Schuhe von den Füßen, dann ist die Jeans dran, dann sein Shirt, dann seine Unterwäsche. Er zögert nicht. Aber sein Gesicht ist hochrot. Günther muss der verklemmteste Schwule sein, der je auf Gottes Erde gewandelt ist!
Ich blicke immer noch hoch zu ihm und genieße den Anblick. Der nackte Günther. So etwas sehe ich wirklich nicht alle Tage! Einmal wollte ich mit ihm zusammen duschen und vielleicht noch mehr als das, ein kleiner Fick unter der Dusche ist schließlich nicht zu verachten, aber da hieß es dann nur: keine Zeit! Immer nur heißt es, keine Zeit! Aber jetzt hat er Zeit? Tatsächlich?
Er kommt näher, zieht mir die Schuhe von den Füßen, dann die Socken, dann die Hose, dann die Unterwäsche. Und dann setzt er sich auf meinen Schoß. Mein Schwanz reckt sich in die Höhe wie der Turm von Pisa, ein wenig schief, aber niemand ist perfekt. Wenigstens steht das Ding und knickt nicht um.
Er hebt sein Becken und ich ziehe mein Shirt ein wenig höher. Ich will mich ganz ausziehen, seine nackte Haut auf meiner spüren. Während ich mich versuche aus meinen restlichen Klamotten zu schälen, greift Günther nach meinem Schwanz und will ihn sich in den Hintern schieben. Ich werde ganz kribbelig, überall. Im letzten Moment zögert er und dann-
Er setzt sich auf meine Knie, rubbelt an meinem Penis und öffnete seinen Mund. Ich sehe seine Zunge, die über seine Lippen leckt, bevor sie meine feuchte Spitze erreicht. Ich drücke meinen Kopf zurück ins Kissen und sehe Sterne. Hätte er das nicht früher machen können? Dann hätten wir nicht streiten müssen und ich würde seit sechs Monaten im siebten Himmel schweben! Da fällt mir ein: habe ich ihm je gesagt, dass ich sexuell frustriert bin?
Er öffnet seinen Mund und legt seine Lippen über meine gestandene Männlichkeit. Er ist ein Naturtalent, wie mir scheint. Mein Ding versenkt er so weit in seinem Mund, dass ich schon glaube, es müsste ihm bei seinem Hinterkopf rauskommen. Aber nein. Ich spüre, wie meine Spitze gegen seine weiche Kehle drückt. Ich bin mir plötzlich sicher, dass Günther mich vorhin mit der Tasse erwischt hat – ja, so muss es sein. Er hat meinen Kopf getroffen und nun liege ich bewusstlos auf dem Küchenboden. Hoffentlich hat er schon den Notruf gewählt, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht bin ich tot. Und im Himmel. Das, oder ich träume. Denn so gut kann man sich im echten Leben gar nicht fühlen. Dabei hatte ich doch schon an die tausend Orgasmen in meinem jungen Leben: mit oder ohne Partner. Meine Hände verstehen es, mich zu befriedigen. Aber so gut hat es sich noch nie angefühlt. Und ich kapiere warum: weil es Günther ist, der mir einen bläst. Weil ich diesen blöden Hammel liebe! Und zwar ganz schrecklich. Ich würde mich schlecht fühlen wegen dem Streit vorhin, aber ich bin zu glücklich und zu befriedigt, als dass ich überhaupt eine negative Emotion zulassen könnte.
Er zieht seinen Kopf zurück. Seine feuchte Mundhöhle verwöhnt nicht länger meine harte Männlichkeit. Nein, nun macht er wieder das, was er vorhin hatte tun wollen. Aber vorher verlässt noch ein wenig Spucke seinen Mund, die er penibel auf meinem besten Stück verteilt. Ohne Gleitmittel setzt er sich jetzt auf mich. Ja, er setzt sich auf mich. Er hat seine beiden Füße auf dem Bett, seine Knie gebeugt und setzt sich nun auf mich. Mir schwinden alle Sinne, die ohnehin schon völlig betäubt waren. Als er sich dann noch auf und ab bewegt, ist es um mich geschehen. Ich erhebe mich, umschlinge seinen Körper mit meinen beiden Armen und drücke ihn nach hinten aufs Bett, sodass ICH oben liege.
Ich ficke ihn.
Und ich ficke ihn.
Ich bin berauscht, glücklich, entspannt, ein Damm ist gebrochen. Und dann küsse ich ihn. Kussfaul war er nie – zum Glück!
Völlig erschöpft klettere ich von ihm runter, als wir beide gekommen sind. Mein Sperma habe ich in ihn gespritzt, seins klebt auf seinem und meinen Körper und hat sich dort mit Schweiß vermischt. Das war der dreckigste und aufregendste Sex, den wir je hatten.
„Willst du dir immer noch jemand anderen zum ficken suchen?“, fragt er schwer atmend.
„Spinnst du? Das war doch nicht ernst gemeint“, murre ich beschämt. „Ich war nur frustriert.“
„Warum hast du das nicht früher gesagt?“, will er wissen.
„Hätte das etwas geändert?“
„Klar. Ich dachte, du willst es eher… zahm.“
„Wie kommst du denn darauf?“
Er zuckt nur mit den Schultern. Und ich überlege. Ich war immer sanft zu ihm, sehr sanft. Ich habe nie verlauten lassen, dass ich etwas anderes will.
„Und du? Wie willst du’s?“, frage ich. Da geht’s doch nicht nur um mich.
Er zuckt wieder mit den Schultern.
„Ist mir egal. Hauptsache, ich tu’s mit dir und du tust es mit mir.“ Seine Wangen röten sich.
„Ist das eine Liebeserklärung?“
Er kuschelt sich an mich, schlingt seine Beine um meine. Wir müssen beide duschen.
„Klar liebe ich dich. Das weißt du doch“, sagte er.
Ja, das weiß ich.
„Ich liebe dich auch.“
„Hm… weiß ich doch“, sagt er.
Günther weiß alles, auch deswegen liebe ich ihn. Er ist klug, viel klüger als ich.
Und er ist richtig gut im Problemlösen. Wenn er sein Computerproblem genauso rasch löst wie unser Beziehungsproblem, dann werden wir vielleicht noch stinkreich.
Tag der Veröffentlichung: 19.10.2014
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