Manche würden es Teich nennen, aber wir haben weder Technik verbaut noch die üblichen Verdächtigen beherbergt, keine Kois und auch nicht die von mir eigentlich heiß geliebten Störe. Im Vergleich mit den meisten Teichen hier in der Umgebung ist unserer schon ein See. 4 mal 6 Meter mit einer kleinen Bucht und rundherum einem Sumpfgraben. Global gesehen ist es allerdings eher eine Pfütze, deshalb sage ich lieber: wir haben Wasser im Garten.
Als wir das Ganze angelegt haben, hatte ich eine Vision von vielen Pflanzen rundherum und Fröschen und anderem Getier im Wasser.
Wir haben eine Stufe angelegt, 20cm unter der Wasseroberfläche und dort allerlei angepflanzt. Von Sumpf-Calla über Wasserminze und Blutweide zu Hechtkraut und Sumpfdotterblumen und einiges mehr an heimischen Sumpf- und Wasserpflanzen. Was wir nicht haben ist Kies. Ich kenne in der Natur keine Teiche und Tümpel mit Kies drum herum und natürlich sollte es ja werden. Ein Biotop für Pflanzen und Tiere.
Ein Jahr später grünte und blühte es schon und man konnte erkennen, was daraus werden sollte. Die Pflanzen auf der Stufe gediehen und wir waren glücklich, dass sich der Aufwand gelohnt hatte.
Im Juli des Jahres bekamen wir Grisu. Ungeachtet seines Namens ist Grisu weder ein Drache noch eine sonstige Echse sondern ein langhaariger, großer, 6 Jahre alter Husky.
Wie das so mit langhaarigen, großen Huskys ist, ihnen ist im Sommer reichlich warm. Da wir viel mit ihm im Garten toben, sucht er sich Abkühlung und was ist da eher geeignet als ein Loch im Boden mit reichlich Wasser darin? Prinzipiell fanden wir es toll, dass unser Hund sich wohl fühlte und tobte, jedoch trauerte ich um die Pflanzen, die Grisu - ohne mit der Wimper zu zucken – auf seinem Weg ins kühle Nass einfach platt trampelte.
Da er eine bestimmte Seite des Teichs für seine Bademomente bevorzugt, waren dort bald keine Pflanzen mehr und wir nahmen das Ganze mit einem "Irgendwas ist ja immer" Achselzucken hin. In der Natur werden Tümpel und Teiche ja auch von Tieren heimgesucht.
Wir besorgten uns ein Päckchen Wasserflöhe - ganz einfach im Aquarienfachhandel erhältlich - und "impften" das Wasser damit, da wir ziemlich mit Algen zu kämpfen hatten. Bei der Bepflanzung hatte ich mich an die vorgeschriebene Menge von Pflanzendünger gehalten, was sich jetzt furchtbar rächte. Täglich fischte ich Unmengen von Fadenalgen aus dem Wasser und verwendete sie als Dünger für meine Tomaten, immer mit einem schlechten Gewissen, weil in der Natur steht auch keiner da und – Sie wissen schon.
Täglich kontrollierte ich, ob auch noch genug Wasserflöhe da wären, anfangs sah man sie selten, mittlerweile weiß ich, wie man sie findet. Sie wuchsen und vermehrten sich, schön getreu nach dem Bibelspruch.
Wir haben nun 2 Arten von Wasserflöhen im Wasser. Wo die anderen herkamen? Keine Ahnung, Natur eben. Jedenfalls haben wir nun den gemeinen Wasserfloh und den großen Wasserfloh.
Was daran so interessant ist? Also der gemeine Wasserfloh ist nicht wirklich gemein, aber als badender Mensch könnte man da anderer Meinung sein. Er ist nämlich fast durchsichtig – ergo kaum zu sehen – und einfach überall. Es gibt quasi in Teichen und Seen nicht einen Zentimeter Wasserfläche ohne diesen Floh. Wenn Sie das nächste Mal in ein solches Gewässer gehen, sollten Sie nicht daran denken.
Das Gute für Badende und das Schlechte für den Floh: Außerhalb des Wassers ist er in Nullkommanix abgestorben. Man kann ihn einfach abspülen.
Nach jedem Bad unserer Hunde frage ich mich, wieviel Tausende Flöhe nun ihr Leben lassen mussten. Ja tatsächlich, ich mag für Sie verrückt sein, aber ich habe auch ein Herz für Wasserflöhe. Sie fressen die Algen aus dem Teich, sind Futter für Libellenlarven, sie sind extrem nützlich.
Im Gegensatz zum gemeinen Wasserfloh ist der große Wasserfloh rötlich und hat ein komplett anderes Verhalten. Sie werden kaum versehentlich einen erwischen. Sie sind schwarmbildend und kaum zu übersehen.
Morgens mit dem ersten Sonnenstrahl auf dem Wasser schwärmen sie zu dem nun wärmeren Wasser ins Licht, sie bilden Strukturen unterschiedlichster Art und innerhalb dieser Strukturen bewegen sie sich teils spiralförmig umeinander. Die Struktur wird dabei nicht aufgegeben. Manchmal sind es wolkenähnliche, manchmal fast geometrische Figuren, die sie dort bilden. Im Sonnenlicht stehe ich am Teichrand und bewundere diese fast schon elegante Lebensweise.
Mitten im Jahr sieht man sie plötzlich nicht mehr, als wären sie ausgestorben. Im ersten Jahr nahm ich Wasserproben und machte mir schreckliche Sorgen, aber da sich das jedes Jahr wiederholt, nehme ich es nun als „Natur halt“ hin. Erst wenn der Sommer fast vorbei ist, sind sie plötzlich wieder da.
Wussten Sie, dass Wasserflöhe dem Menschen um 10.000 Gene voraus sind? Was auch erklärt, dass sie sich so überaus gut anpassen können, im Gegensatz zu uns, die wir stets gezwungen sind unsere Umgebung an uns anzupassen.
Ich frage mich, was aus uns Menschen geworden wäre, wenn wir das nicht könnten und stattdessen gelernt hätten, uns anzupassen. Wie viel friedlicher wäre doch die Welt. So wie in unserem Gartenteich.
Nun ja, friedlich ist wohl etwas übertrieben.
Während ich hier sitze und schreibe, werde ich von Großlibellen umschwärmt. Plattbäuche. Im Gegensatz zu anderen Libellen haben sie einen kurzen, gedrungenen Körper. Die Männchen haben einen blauen Hinterleib, die Weibchen eher unscheinbar braun, erkennen kann man sie aber an der Form.
Ein Männchen ist hier, umschwärmt und paarungsbereit für 4 Damen. Die allesamt über den Teich fliegen, kurz anhalten um ihren Hinterleib ins Wasser zu stupsen und ihre Eier dort ablegen. Die Weibchen versuchen sich gegenseitig abzudrängen und verfolgen sich, keine gibt aber auf, zu groß ist der Instinkt die Art zu erhalten und unser Teich ist der einzige Teich der Umgebung ohne larvenfressende Kois, Goldfische etc.. Oh ich vergaß. In unserem Wasserloch.
Zudem ist es das einzige künstlich angelegte Wasserloch, das zuverlässig das ganze Jahr über Wasser hat und keinerlei Technik. Und irgendwie glauben sie jedes Jahr wieder, der Teich sei frisch angelegt. Denn Wikipedia und anderen Quellen zufolge, sind das die bevorzugten Ablageplätze für Plattbäuche.
Also friedlich ist das natürlich nicht. In der Natur geht es prinzipiell nicht friedlich zu, für uns sieht das nur oberflächlich betrachtet so aus. Man steht auf einer Waldlichtung, an einem See, auf einer Wiese, schaut sich um, atmet tief ein und denkt: "Ist das friedlich hier!"
Würde man ein wenig genauer hinsehen, so würde bald klar werden, dass überall Kämpfe auf Leben und Tod stattfinden und jede Art, ob Pflanze, Tier, Pilz oder was sonst noch kreucht und fleucht, einen immerwährenden Kampf um die Erhaltung ihrer eigenen Art ausficht.
Während in anderen Teilen Deutschlands gerade nahezu die Welt untergeht, ist hier herrlicher Sonnenschein, ein laues Lüftchen und der von uns so oberflächlich angesehene Frieden auf Erden.
Ich bedauere die Menschen, die derzeit unter diesen massiven Unwettern leiden, unendlich, während ich gleichzeitig fasziniert bin von den Kräften der Natur. Gibt es ein fantastischeres Bild als ein von dunklen Wolken überzogener Himmel, aus dem Blitze peitschen, der Donner grollt und schier endlose Wassermassen fallen? Wunderschön, bittersüß, Elend verbreitend. Dann nach dem Gewitter dieser frische Geruch, die süße Luft, die uns wieder sagen und denken lässt: "Ist das schön!"
Hervorgerufen aus den Dingen, die uns Angst machen und das "Hoffentlich ist das bald vorbei" Gesicht aufsetzen lässt.
Währenddessen sammeln Honigbienen fleißig Wasser. Unser Nachbar hat einige Völker und sie kommen zu uns und sammeln das Wasser für ihren Stock. Ein Gesummse und Gebrummse und ein Auf und Ab von Flügeln.
Wir haben unsere Teichfolie am Rand mit einer Ufermatte ausgelegt – ein Naturagart System (ja, hier mache ich gerne Werbung für) - und dort Teich- bzw. Sumpfpflanzen ausgesät. Moos, Kuckucks-Lichtnelken, Bachwurz und Co machen sich hier breit und bieten den Bienen Halt und Schutz. Auch ein paar Hornissen, ich schätze es sind drei, kommen hier zum Wasserholen. Da jede in eine gegensätzliche Richtung nach Hause fliegt, liege ich damit vermutlich nicht so falsch.
Bienen und Hornissen sitzen hier nebeneinander und trinken. Die Bienen zeigen keinerlei Scheu, der schlechte Ruf der Hornisse als Bienenkiller ist wohl – wie so vieles andere – ein Schauermärchen. Oft genug habe ich am Teichrand gesessen und die Füße ins Wasser gehalten, während unzählige Libellen, Käfer, Bienen und Hornissen mich umschwirrten, ignorierten und ihren wichtigeren Geschäften nachgingen.
Während die Plattbäuche sich im Flug in der Luft paaren, was sehr schnell passiert, quasi als Quickie, und das Plattbauchmännchen den Rest der Arterhaltung den Frauen überlässt, ist der Liebestanz anderer Libellen länger, ausdauernder und gut zu beobachten.
Rote, blaue, gescheckte und grüne Libellen sind bei schönem Wetter den ganzen Tag damit beschäftigt sich zu umwerben und ihre Eier im Wasser zu versenken.
Ich könnte jetzt alle mit dem Namen ihrer Art aufzählen, aber vermutlich würde sie das langweilen. Oder nicht? Okay, für die Neugierigen unter Ihnen:
Die Hufeisen-Azurjungfer, die zarte Rubinjungfer, die blaugrüne Mosaikjungfer, die große Königslibelle und natürlich der Plattbauch. Dann noch einige, die wir bisher nicht eindeutig bestimmen konnten.
Die große Königslibelle ist wahrhaftig königlich anzusehen. Nicht weil sie so bunt wäre aber sie ist – im Gegensatz zu den anderen Libellen - riesig. Sie ist auch die schwerste aller Libellen und man fragt sich, wie sie sich mit ihrem Wahnsinnsgewicht von fast 1 Gramm überhaupt in der Luft halten kann.
Für die Libellen haben wir überall im Garten an sonnigen Plätzen lange, schmale Stöcke in den Boden gesetzt, dort sitzen sie, breiten ihre Flügel aus und lassen sich von
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Corina Halbich
Bildmaterialien: Corina Halbich
Cover: Corina Halbich
Tag der Veröffentlichung: 31.08.2016
ISBN: 978-3-7396-7138-3
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dieses Buch widme ich meinem Ehemann, der mir bei all meinen Kapriolen und Sonderwünschen "das muss aber ohne Technik gehen" oder "das muss aber rund werden" stets zur Seite steht.