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Südlich der Hurricaines

Frida

 

Sein Kopf wirkt massig und der lange Hals reckt sich zum Himmel. In der Abenddämmerung erscheint er wie ein Drache aus grauer Vorzeit. Erst als ich den Wagen in der Einfahrt abstelle, erkenne ich ihn als das, was er ist: ein Bagger, ein Werkzeug.

Das alte Haus soll nun doch abgerissen werden. Vom Dachstuhl ist schon nichts mehr zu sehen, die Fenster und Türen fehlen, nur die Mauern stehen noch als Ruine inmitten von mannshohem Unkraut. Erster Frost liegt in der kalten Novemberluft und es riecht nach schwerer westfälischer Erde.

Abriss, ausradieren, ja, das ist wohl das Beste.

 

Das Haus lag auf meinem Schulweg. Gebaut war es aus diesen kleinen roten Klinkersteinen, mit weißem Holzgiebel, welcher sich in der Sonne leuchtend abhob von den Dachziegeln. Im Garten davor standen lange Stangen für die Bohnen, Drahtgerüste der Erbsen, Gemüsebeete und Kräutersträucher waren überall verteilt. Im Sommer schlug mir der Duft dieses Gartens schon entgegen, lange bevor ich das Grundstück erreichte.

Die älteren Leute versuchten uns Kinder zu erschrecken. Sie erzählten, in dem Haus habe einmal eine alte Frau gelebt, die habe sich eines Tages einfach in ihr Bett gelegt und sei nie wieder aufgestanden. Man habe ihr Skelett erst Jahre später gefunden.

Geglaubt habe ich das damals nicht.

 

Jeden Tag kam ich an dem Haus vorbei, und ab dem dritten Schuljahr gesellte sich Frida zu mir.

Sie lebte mit ihren Eltern dort. Ihre Mutter hatte während des Krieges bei den Bauern der Gegend gearbeitet, der Vater kämpfte derweil für das Großdeutsche Reich, bis ihm eine russische Granate

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 30.01.2020
ISBN: 978-3-7487-2793-4

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