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Inhalt

 

TTIP – vorher und nachher

In dieser satirischen und allegorischen Erzählung von einem Mann und seiner Partnerin "Europa" wird auf anschauliche Weise dargestellt, was Europa von der "Transatlantic Trade and Investment Partnership", dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, zu erwarten hat.

 

Studien zufolge

Haben wir uns vom Aberglauben weiterentwickelt hin zur Wissenschaft oder nur hin zu einer neuen Form des Aberglaubens? Hierzu eine ironisch-satirische Antwort. Die im Text angedeuteten Sachverhalte beruhen auf Fakten. Namen und Orte mussten aber geändert werden.

 

denn die Hoffnung stirbt nie

Dies ist eine Parodie auf das Buch "... denn die Hoffnung stirbt zuletzt" von Vera K. Die Hauptperson Georg ist wirklich ein heißer Typ, einer, in den alle Frauen sich verlieben. Aber was passiert, wenn er sich mal verliebt?

 

Rache ist Blut- oder Leberwurst

Diese teils komische, teils tragische Geschichte zeigt, dass, wenn es um Männer geht, auch das Verhältnis zwischen "besten" Freundinnen in die Brüche gehen kann.

 

Die Rache der kleinen Frau

Nach vielen Jahren in untergeordneter Stellung, unter einem autoritären Chef, bekommt die Buchhalterin Frau Kleinau die Chance ihres Lebens. Finanzkrisen können auch gute Folgen haben.

 

Ich bin Polänte, das Mastschwein

Die merkwürdige Welt der Menschen, aus der Sicht eines intelligenten Schweines, das auf einem Cruise-Schiff gelandet ist. Eine Geschichte, in deren Absurdität sich die Wahrheit über den Menschen offenbart.

 

Die Schwestern Boleyn

Die Opernsängerin Maria Engvasson identifiziert sich allzu sehr mit der Rolle der Mary Boleyn und verliebt sich in den Darsteller des Königs Heinrich VIII. von England. Sie wird desperat bei dem Versuch, seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Schließlich lässt sie sich zu einer ungewöhnlichen Tat mitten vor den Augen des Publikums hinreißen...

 

Liebe deine Feindin

Die alte Feindschaft zwischen dem jovialen und liberalen Lehrer Stocker und seiner strengen und trockenen Kollegin Aberle wird auf eine neue Ebene gehoben, als Aberle zur Rektorin ernannt wird. Das kann ihn seinen Job kosten. Aber Lehrer Stocker weiß sich zu wehren, dank früherer Recherchen, die er über Frau Aberle und ihre Verfehlungen angestellt hatte.

TTIP - vorher und nachher

 

Eigentlich führten wir ein ganz gutes Leben, meine Frau Europa und ich. Sie fand sich zwar immer ein bisschen „pummelig“ und war deswegen unzufrieden, aber ich liebte sie so, wie sie war. Leider stand sie oft vor dem Spiegel, betrachtete ihr Gesicht und ihre Figur und fand ständig etwas an sich auszusetzen. Das war schlimmer geworden, seitdem sie eine neue Freundin bekommen hatte. Diese neue Freundin mit dem fremdartigen Namen „Amerika“ hatte es offenbar darauf abgesehen, Europas beste Freundin zu werden. Ich sah das gar nicht gerne, denn je länger die beiden sich kannten und je intensiver ihr Austausch wurde, umso mehr belästigte meine Frau mich mit diesen „Vorher-Nachher“-Bildern. Wer kennt sie nicht, diese Bilder, die zum Beispiel zeigen, wie füllig eine Frau vor der Schlankheitskur aussah und wie schlank danach. Oder es gibt auch diese Bilder einer Negativentwicklung, zum Beispiel von Menschen vor Beginn ihrer Rauschgiftsucht und dann einige Jahre später. Oder auch diese Bilder von geglückten oder missglückten Schönheitsoperationen: vorher und nachher.

Ich saß gerade mit Europa beim Frühstück und machte mir ein Brot mit „Allgäuer Emmentaler“, wobei ich zu meiner Überraschung feststellen musste, dass dieser Emmentaler Käse nicht aus dem Allgäu kam, sondern aus Chattanooga in dem amerikanischen Bundesstaat Tennessee. Da erzählte mir meine Frau freudestrahlend, dass sie heute in das neu umgebaute Schwimmbad in unserem Ort gehen wollte, und zwar mit ihrer besten Freundin Amerika. Hört, hört, dachte ich, jetzt ist sie also ihre beste Freundin!

„Na, ist doch schön!“ antwortete ich gelassen.

„Ja, nicht wahr?“, sagte sie und lächelte, „dann kann ich Amerika zeigen, wie schlank ich schon geworden bin.“

Stimmt, schlank war sie geworden, sehr zu meinem Leidwesen. Diese Vorher-Nachher-Bilder hatten ihre Wirkung getan. Sie hatte begonnen, die Ernährung umzustellen, zu joggen und zu trainieren, und hatte sogar ein zehnwöchiges Marathon-Fitness-Trainingsprogramm durchgeführt, das eigentlich nur für amerikanische Elitesoldaten gedacht ist. Auf diese Weise hatte Europa ihre sympathischen Pummelpfunde verloren und war nun so schlank und rank und sexy wie ein Garderobenständer. Apropos Garderobe, man kann sich vorstellen, wieviel Kleiderkäufe Europas neue Figur mit sich brachte und wie auf diese Weise auch mein Geldbeutel gleichzeitig verschlankt wurde.

Was übrigens das Schwimmbad betraf, so hatte es unser örtliches Bauunternehmen fast an den Rand des Konkurses gebracht. Denn seit dem Inkrafttreten des europäisch-amerikanischen Freihandelsabkommens – kurz TTIP genannt, sprich Titipp – konnten amerikanische Baufirmen in gleicher Weise um den Erhalt öffentlicher Aufträge konkurrieren wie deutsche. Anfangs hatte unser deutscher Bauunternehmer die Konkurrenz ausgehalten, indem er seine Preise erheblich herabsetzte, als aber bei dem Auftrag für die Renovierung des Schwimmbades eine amerikanische Firma aus San Francisco mitkonkurrierte, musste er aufgeben. Damit hatte er einen großen Auftrag verloren. Es hätte ihm sicher gutgetan, diese Gewinne einzustreichen, aber die gingen nun nach San Francisco und an ein Dutzend Billiglohnarbeiter aus Weiß-der-Teufel-Wo oder Knows-the-Devil-Where, wie mein Sohn das übersetzen würde.

Das Schlimmste war, dass diese amerikanische Baufirma sich mit einer amerikanischen Lebensmittelfirma mit dem Namen „Good-Food“ zusammengetan hatte. Mit dieser zusammen hatten sie also ausgetüftelt, wie sie das im Badewasser enthaltene Chlor auf zweifache und damit doppelt billige Weise ausnutzen könnten. Das Verfahren war relativ einfach. Jeden Abend nach Schließung der Schwimmhalle kamen die Arbeiter von Good-Food und schmissen einen Haufen Hähnchen und Hühnchen in das chlorierte Wasser, um sie auf diese Weise zu desinfizieren. Am nächsten Morgen lagen diese Hähnchen-Hühnchen dann bei uns im Supermarkt. Und abends hatte ich sie auf dem Teller.

Meine Frau hatte sie gekauft, weil sie billiger waren und angeblich bakterienfreier als die Hähnchen und Hühnchen unseres örtlichen Schlachters. Wunderbar! Ich aß sie und schmeckte, na was schon? Einen Hauch von Fleisch von Hähnchen-Hühnchen aus Massentierhaltung, die in ihrem kurzen Leben nie einen natürlichen Lichtstrahl gesehen hatten, dazu einen starken Hauch von Chlor, ja, und der undefinierbare Restgeschmack war vermutlich auf Badeschweiß oder Ähnliches zurückzuführen.

Am nächsten Morgen beim Frühstück – ich war gerade dabei, mir wieder ein Brot mit Chattanooga-Emmentaler-Käse zu machen – kam meine Frau mit einem neuen Vorschlag. Sie meinte, ihre Nase sei nicht schön genug und deswegen wolle sie sich einer plastischen Operation unterziehen. Ich erschrak, denn ich fand Europas Nase sehr schön und konnte absolut nicht verstehen, wie ihre Nase verschönert werden könnte. Als Gegenargument führte ich an, dass sie vielleicht das Geruchsvermögen verlieren würde, und es wäre doch schade, wenn sie nicht mehr den Geruch von frischen Brötchen und Kaffee, von Apfelsinen und Tomaten empfinden würde. Daraufhin meinte sie:

„Ach, seit dem Wegfall der Gesundheitsstandards durch die neuen Vereinbarungen der TTIP riecht ohnehin nichts mehr. Gentechnisch veränderte Tomaten riechen nicht mehr nach Tomaten, das Gleiche gilt für Apfelsinen und Knoblauch.“

„Na wunderbar“, sagte ich, ironisch lächelnd, „ich hoffe nur, dass uns der Geruch von faulen Eiern erhalten bleibt für den Fall, dass wir unsere Politiker damit bewerfen wollen.“

„Nein“, meinte Europa, „auch das wird sich ändern, denn die neuen, genveränderten Hühner legen jetzt Eier, die man ein ganzes Jahr lang aufbewahren kann. – Kurzum, ich brauche meinen Geruchssinn nicht mehr.“

Europa war nicht aufzuhalten. Die plastische Operation wurde durchgeführt, und ich war enttäuscht, als ich meine Frau wiedersah. Ihre neue Nase war gerade, regelmäßig, steif und unpersönlich. Aber Hauptsache, sie war glücklich damit. Und ich war glücklich, dass ich jetzt jeden Tag Knoblauch essen konnte, ohne dass ich aus dem Mund roch.

Aber meine Frau war immer noch nicht zufrieden. Ihre beste Freundin Amerika zeigte ihr stets neue Vorher-Nachher-Bilder. Diesmal handelte es sich um die Lippen. Und eines Morgens – ich war gerade dabei, mir fäulnisfreie Eier zu kochen – erzählte mir meine Frau, wie toll es jetzt sei seit dem Wegfall der Lebens- und Lippenmittelstandards durch TTIP. Jetzt könne man Brot kaufen, das nur noch zu einem Bruchteil aus echtem Mehl sei, stattdessen bestehe es hauptsächlich aus Fischmehl. Es gäbe jetzt Olivenöl, das aus dem Mineralöl hergestellt werde, welches in der Autowerkstatt beim Ölwechsel anfalle, Kartoffelchips aus Knochenmehl, Camembert aus Kokosmilch, Cola aus Abwässern, Kokosmakronen aus Sägespänen, Schokolade aus Braunkohle, Lakritz aus alten Autoreifen und Gummibärchen aus alten Kondomen.

Ich muss gestehen, dass mir leicht schlecht wurde und ich den Appetit auf meine fäulnisfreien Eier verloren hatte.

„Aber was hat das mit den Lippen zu tun?“ fragte ich vorsichtig. Ich wollte ja keinen Ehestreit riskieren, und das Glück meiner Frau hatte natürlich oberste Priorität.

Zuerst begann sie irgendwas von freier Einfuhr und Ausfuhr über die Lippengrenzen zu faseln, worauf ich vergeblich versuchte, sie darauf aufmerksam zu machen, dass da wohl von den Landesgrenzen die Rede sei. Dann meinte sie, da ja sowieso alles irgendwie mit dem Mund zu tun habe, habe man in der TTIP die Lebensmittel und die Lippenmittel unter einem Paragraphen zusammengefasst, so dass man jetzt auch die Freiheit habe, bei Lippenoperationen nicht nur Botox einzuspritzen, sondern auch Xeresit. Das sei viel billiger.

„Was?“, schrie ich, „den Fugenmörtel, den ich bei unseren Fliesen im Badezimmer verwendet habe?“

„Ja, Mann, reg dich nicht auf. Das ist ein hochflexibler Stoff, dessen gesichtsplastische Verwendbarkeit schon von mehreren wissenschaftlichen Studien beschrieben worden ist.“

„Bitte, tu das nicht.“ sagte ich leise und inständig.

Aber wieder ließ sich Europa nicht aufhalten. Amerikas Einfluss war zu stark.

Am Abend, nachdem meine Frau in der Klinik für plastische Operationen verschwunden war, dachte ich, dass ich mich in dieser misslichen Lage mit einem guten Zwiebelkuchen und einem echten Federweißer trösten könnte. Ich holte einen fertigen Zwiebelkuchen aus dem Tiefkühlfach und einen Federweißer aus dem Getränkefach, den meine Frau noch an demselben Tage gekauft hatte. Beim Essen wunderte ich mich über den Geschmack sowohl des Essens, wie des Getränks und schaute auf der Packung nach. Der Zwiebelkuchen kam aus Chicago und der Federweißer aus Miami. Beides schmeckte nach Luft und Wasser. Na, dann hol ich mir halt die echte Frankfurter grüne Soße, dachte ich, und kipp die darüber, damit es wenigstens nach etwas schmeckt.

Man muss wissen, dass ich ein Fan von der „Frankfurter Grünen“ bin, weil sie diesen herrlich intensiven Kräutergeschmack hat. Doch als ich sie rausholte, war sie eher blaugrün als grün, und als ich sie schmeckte, erinnerte mich der Geschmack an eine Mischung aus Grünalgen und Blauschimmel. Ich war gar nicht überrascht, als ich auf dem Glas las, dass diese Frankfurter grüne Soße aus Omaha in Nebraska kam und dass bei ihrer Herstellung Naphtalene verwendet worden waren.

„What the hell is that?“,  rief ich aus. Sofortige Studien im Netz ergaben, dass es sich hier um einen grünen Farbstoff handelte, der wegen seiner antiseptischen Wirkung unter anderem auch in Pissoir-Einlagen verwendet wird. Daraufhin empfand ich einen starken Würg- und Kotzreiz und aß nichts mehr.

Nach zwei Tagen kam meine geliebte Europa aus der Klinik zurück. Die Lippen sahen irgendwie aufgeschwollen aus, und von hoher Flexibilität konnte nicht die Rede sein. Sie schaffte es kaum, ordentlich zu reden. Ihr Lächeln wirkte irgendwie gespenstisch und, was das Küssen betraf, so hatte sie nicht die Fähigkeit dazu und ich nicht die Lust. Sie meinte, sie müsse irgendwie die Flexibilität ihrer Lippen zurückgewinnen, indem sie schwierige Wörter ausspräche. Daraufhin schlug ich vor, sie solle doch die volle Bedeutung der Abkürzung TTIP aussprechen, was sie dann auch tat. So kam ich dann in den Genuss, einige hundert Male am Tag „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ zu hören.

Unter der Einwirkung dieses Mantrams begann ich, mich eingehender mit diesem Freihandelsvertrag zwischen der EU und den USA zu beschäftigen. Ich las alles, was ich darüber fand. Am meisten stutzte ich über den Passus der „Deregulierung des Finanz- und Fressmarktes“. Wenn ich das richtig verstand, waren nun alle neu eingeführten Regulierungen der Banken nach der Finanzkrise 2008 wieder aufgehoben worden. Jetzt konnten die Banken also wieder ihre faulen Kreditpakete verkaufen und sich gegenseitig fressen, wenn es passte. Das bedeutete, dass man mit ziemlicher Gewissheit auf den nächsten Bankenkollaps zusteuerte und damit auf die nächste Finanzkrise. Aber denen, die „too big to fail“ waren, würde das ja sowieso nichts ausmachen.

Die Deregulierung des Fressmarktes nahm meine Frau sehr wörtlich. Seit der Lippenoperation, mit der sie offenbar unzufrieden war, hatten sie angefangen, Unmengen von „Schwarzwälder Kirschkuchen“ zu essen. Ich machte mir nicht die Mühe nachzuschauen, ob dieser Kirschkuchen wirklich aus dem Schwarzwald kam, sondern ging davon aus, dass er aus den Rocky Mountains kam. Schon nach einem Monat hatte meine Frau Europa so zugenommen, dass ich sie nicht nur „pummelig“, sondern „dick“ nennen musste.

Es dauerte nicht lange, da kam meine Frau mit einem Vorschlag, der sich auf die Entschärfung der Umweltschutzstandards bezog, wie er in TTIP vereinbart worden war.

„Wovon redest du denn jetzt?“ fragte ich sie.

„Na ja, ich meinte“, begann sie zögernd, „nachdem ich so fett geworden bin und das Fracking nicht mehr verboten ist, kann ich das ja mal an mir ausprobieren.“

„Wie bitte? Was meinst du?“

„Na, das ist ein ganz neues Verfahren. Da werden Löcher in die Haut gebohrt, besonders da, wo man fett ist, also am Hintern zum Beispiel, dann werden fettauflösende Chemikalien eingespritzt und dann wird das Ganze abgesaugt. Das nennt man „personal fracking“.“

„Aha“, reagierte ich erstaunt und lernbegierig, „und welche Vorteile hat das?“

„Ist doch klar“, antwortete meine Frau unmittelbar, „ich werde wieder so schlank wie zuvor und darüber hinaus kann man das abgesaugte Fett in Öllampen oder Teelichtern wiederverwenden.“

„Ach.“ sagte ich nur, und dann stand irgendwie alles bei mir still, ich meine, bei mir im Kopf. Alles, was ich noch denken konnte, war, dass ich jetzt ein echtes, bayerisches Weihenstephaner Hefeweißbier brauchte, um mich zu beruhigen oder auch nur zu betäuben. Ich holte eine Flasche aus dem Kühlschrank und leerte sie auf einen Zug. Dann starrte ich auf das Etikett, von wo mich der Herstellungsort „Kansas City“ anlachte. Oder auslachte, wie man es nimmt.

Gesagt, getan, Europa ließ sich fracken. Schlank und gut gelaunt kam sie aus der Klinik zurück. Teelichter aus ihrem Arschfett hatten wir seitdem genug.

Na ja, man gewöhnt sich an alles. Ich saß beim Frühstück, las die Zeitung und aß dazu eine Scheibe Brot mit Chattanooga-Emmentaler-Käse.

Meine Frau aber schaute mich bedeutsam an und fragte:

„Sag mal, magst du mich nicht mehr?“

„Doch, natürlich, mein Schatz.“, sagte ich, während ich in der Zeitung über den vereinbarten Investitionsschutz als einer Konsequenz aus der TTIP las. Demnach konnten also Firmen und Konzerne einen Staat verklagen, wenn sie meinten, dass ihnen durch irgendwelche Umwelt- oder Lebensmittelstandards in diesem Staat Gewinne verlorengegangen seien, weil ihre Produkte diesen Standards nicht entsprochen hätten und damit nicht verkäuflich gewesen seien.

„Du hast aber schon lange nicht mehr mit mir geschlafen.“ sagte Europa traurig.

„What the fuck does that mean!“ rief ich aus, wobei ich an den Investitionsschutz dachte und nicht an das, was meine Frau gerade gesagt hatte.

Sie erschrak. „Also du findest mich nicht mehr begehrenswert?“, fing sie an zu jammern und zu heulen.

„Was ist los? Wovon sprichst du?“ Erst jetzt begriff ich das Missverständnis.

„Nein, mein Schatz. Natürlich finde ich dich begehrenswert.“, versuchte ich sie zu trösten. Aber es war zu spät.

Wenige Tage später hatte sie einen Termin in der Klinik, um sich ihre Brüste vergrößern zu lassen.

Indessen las ich, dass eine Welle von Klagen den deutschen Staat überschwemmt hatte, und zwar von Firmen, die sich auf die Investitionsschutzklausel in TTIP beriefen. Die Prozesse wurden nicht vor einem ordentlichen, übernationalen Gericht geführt, sondern nur vor einem Komitee von drei Advokaten. Die Gerichtsurteile, die auf diese Weise zustande kamen, ähnelten den auferlegten Reparationszahlungen nach den Weltkriegen. Es war von Milliarden Euro die Rede.

Meine Frau kam mit Riesenbrüsten aus der Klinik zurück.

„Wie war’s?“ fragte ich sie.

„Es war toll!“, sagte sie freudestrahlend, „ich habe mir nicht nur Silikon, sondern gleichzeitig auch noch Investitionsschutz in die Brüste spritzen lassen.“

„Wie bitte?“ fragte ich, „Hast du da nicht was falsch verstanden? Du meinst nicht etwa Infektionsschutz?“

Nein, sie bestand darauf, dass sie nicht Infektionsschutz, sondern Investitionsschutz in den Brüsten hätte.

Wahrscheinlich hatte sie Recht. Denn mit jedem erfolgreichen Prozess der amerikanischen Firmen gegen den deutschen Staat wurden Europas Brüste kleiner und schlapper.

Am Ende waren sie nicht nur so klein wie vorher, sondern überhaupt ganz unscheinbar.

Das Schlimmste war, dass die versprochenen Vorteile der „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ sich als Illusion herausstellten.

Die Löhne fielen, die Arbeitslosigkeit nahm zu, und schließlich erwischte es auch mich. Ich verlor meinen Job.

Da saß ich nun, hatte kein Geld mehr, konnte mir noch nicht mal mehr Chattanooga-Emmentaler-Käse leisten, neben meiner Frau Europa, die, mager wie ein Garderobenständer, mit steifer Nase, entstellten Lippen und investitionsreduzierten Brüsten, begonnen hatte, depressiv zu werden.

„Oh“, dachte ich, „diese TTIP, diese „Transatlantic tyrannical and idiotic partnership“!

 

© JHD Spreemann 2015

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Studien zufolge

 

Eine Reise in das Reich der Wissenschaft

Nein, ich glaube nicht an so etwas, natürlich nicht. Ich bin doch nicht abergläubisch. Es war damals in Nordnorwegen, in einem einsamen Ferienhaus, von den Norwegern „Hütte“

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: JHD Spreemann
Bildmaterialien: expired
Tag der Veröffentlichung: 22.01.2015
ISBN: 978-3-7368-7312-4

Alle Rechte vorbehalten

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