Mord, §211 StGB, liegt dann vor, wenn jemand vorsätzlich den Tod eines anderen Menschen verursacht. Es wird mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe bestraft.
Andreas Schäfer war beschäftigt als Maschinenführer der Geisterbahn Anlage Ghost Garden. Auf einem Freizeitpark „Herbstatem“, ein Freizeitpark bei dem es hauptsächlich um gruselige Attraktionen handelte. Die Personen liefen durch ein Labyrinth mit gruseligen verkleideten Darstellern oder aufgestellten mechanisch-beweglichen Objekten mit Sound und Bewegungen ein gruseliger Spaß für die Hartgesottenen. Geister, Skelette der Sensenmann persönlich springen raus und anderes war an den Füßen als würde man von Geisterhand gestreift werden. Mit Ghost Breath und anderen Soundanlagen wurde gegruselt was das Zeug hält. Andreas war kein netter Mensch. Und andere meinten auch er habe seinen Job verfehlt, einen Beruf gewählt zu haben mit Menschen zu arbeiten. Er lebt zurückgezogen in einem Wald mit keinen Nachbarn. Er hasst Menschen einfach. Wenn er Zuhause war, war er im Internet unterwegs. Mit Kryptowährung handelte und verschuldete sich soweit, dass kein Handel mehr möglich war, bis er seine Kosten wieder decken könnte. Das störte ihn nicht. Er ging sogar soweit, dass er auch in diversen Onlinespielhallen sein Gehalt verprasste. Er verlor immer und gewonnen hatte er noch nie. Er war etwa 1,80 groß, krauses blond braunes Haar, eisige graublaue Augen, ein schmales Gesicht, und ein Piercing an der Augenbraue. Er sah sich selber in dem Bild seines Bildschirms wieder. Sein Gesicht war wutverzerrt, ausdruckslose traurige Augen und etwas das aufblitzte. Immer wenn er spielte war er danach noch schlechter gelaunt. Diesmal knallte er mit der flachen Hand auf den Tisch. „Scheiße! Kann nicht auch Mal was richtig laufen?!“ Aus Frust und Aggressionen, schmiss er dabei seinen vollen Kaffeebecher gegen die Wand. Es war nicht die erste Kaffeetasse und wiürde auch nicht die letzte sein. Er beschloss in die nächstliegende Stadt zu fahren um sich billig Bier zu holen. Das war mit seinem alten Moped gerade so möglich der auch schon mit fremdentzweckten Gegenständen gerade so zusammengehalten wird. Er startete den Motor des Mopeds das so krass knatterte und aus dem Auspuff schwarzer Rauch ausstieß. Er röhrte extrem beim Gas geben und hinterließ eine Staub und Rußwolke hinter sich. Ab und zu ein „Pooww“ in dem Moment die ganze Maschine quasi hustete und sich anstrengte mitzuhalten. Am kleinen Laden für kleines Geld, „der lose Pfennigladen“ holte er das Billigbier und eine Flasche Schnaps raus. Er setzte sich an einer Steinmauer und nahm eine Schachtel aus seiner Brusttasche. Lucky Strikes. Nun eine geht doch noch. Er zündete sie an und trank einen Schluck von der Whisky Flasche. Auch andere hatten die selbe Idee 3 Frauen auf ihren Motorrädern führen laut aufheulend auf den Parkplatz vor dem Laden..sie lachten und trietzten einander. „Los geh du rein und hol uns was zu trinken Tess.“ Lachte Jazz. Tess machte nur eine Geste die definitiv dagegen war. Sie bemerkte den fremden auf der Mauer. „ey Jazz Quatsch doch den Fremden da an. Du kannst doch so gut mit solchen… na ja Meeeenschen und musterte Andreas an als sei er eine Kakerlake.“ Jazz guckte rüber und sah ihn den, den sie schon immer Mal treffen wollte. Abgewetzte Jeans, Ledergürtel der schon bessere Tage gesehen hat. Ein hellblaues Hemd und eine schwarze Weste mit mehreren selbstgenähten Pflicken. Lederstiefel. Dazu die eisblauen Augen und das dunkle Blond. „Na schön Laaadys, dann werde ich wohl mal meinen Charme spielen lassen.“ Zwinkerte ihnen zu und Jazz ging auf Andreas zu und lächelte..“Hey Mister, hast du auch eine Zigarette für mich?“ zwinkerte und lehnt sich an der Mauer und schaute ihn seitlich an. Andreas war überrascht, interessiert und neugierig. Er drehte sich auch ihr seitlich zu. Lehnte sich an, holte seine Schachtel raus, machte seine aus und machte eine neue an und blies den Rauch zu ihr. Er musterte sie. Dann ganz langsam nahm er eine weitere raus und gab sie ihr in dem er sie in ihren Mund steckte und die Zigarette auch anzündete. „Bist du nicht ein wenig zu jung Mädchen um eine zu rauchen?. Und was willst du wirklich von mir, dass du eine Zigarette wolltest war ja wohl nur ein Vorwand mit mir zu sprechen ich bin nicht dumm Schätzchen. Ihr wollt Schnaps aber seid noch nicht alt genug richtig? „ Jazz fühlte sich ertappt aber blieb cool „und? Wir wollen was erleben. Tess, Sam und ich wollen in diesen coolen Freizeitpark so extra zum gruseln. aber wir haben uns verfahren. Und bevor wir nun den ganzen Tag nix machen, wäre es doch nur fair wenn du uns hilfst. Gute Tat und so. „ Herzchen, ich bin weder nett noch ist mir gute Taten so ziemlich egal. Gebt mir aber Eier Geld ich nehme etwas davon, für mich und ich wiederum hole raus was ihr braucht. Dann bringe ich euch zu dem verdammten Park den ihr anstreben wolltet. Deal?“ Jazz Nickte etwas bedröppelt. „ okay ich spreche das ab mit Handzeichen werde ich dir dann signalisieren ob die Mädels mit einverstanden sind.“ Andreas nickte und wartete, während Jazz wieder zu den anderen lief und gestikulierte. Andere schauten dabei immer wieder Andreas an. Tess schaute spottende mit Zeigefinger auf Andreas. „ Jazz das kann nicht dein Ernst sein. Er soll uns da den Weg zeigen, uns kippen und Zigaretten raus holen und am Ende sind wir sonst wo. Wir kennen ihn nicht und er sieht nicht aus als würde er es aus Herzensgüte machen.“ Jazz wurde langsam genervt und einfach nur wütend. „ Hey es war deine Idee ein drauf zu machen jetzt bist Du zu geizig ihm etwas mehr Geld als Dienste auszuzahlen? Du bist geizig und oberflächlich.“ Brüllte Jazz heraus. Andreas bekam das mit und lächelte vor sich hin. Tess stemmte ihre Arme in die Hüften und ein Finger wurde in Jazz Brust gepiekst. Aufgebracht schrie sie:“ Ja aber meine Oberflächlichkeit hat mich bisher mein Leben gerettet und dieser Mann ist mir einfach nicht geheuer.“ „Jazz, wir gehen einfach hier weg und wir gehen wo anders hin okay?“ Jazz war fertig mit Tess Aussagen. Sam wusste von allem am wenigsten und hatte Angst sich da zwischen zu drängen. Sie hat sich den anderen distanziert und ging in den Laden rein. Selbstbewusst cool und ließ sie weiter streiten die von allem nichts mit bekam. „ Tess, ich bin fertig mit dir ich kann das nicht mehr, dass du immer vom schlimmsten ausgehst, mich immer retten musst, du willst mich beschützen ich werde von dir erdrückt und ich mache nun meine Erfahrungen selbst. Das Besitz nehmen ist vorbei und ich nehme nun auch an, dass du auch jetzt wieder alles tun willst, um mich aufzuhalten. Schreit Jazz mittlerweile.
Tess gab Jazz eine Ohrfeige die gesessen hatte, auf ihre Motorradmaschine aufsetzte und mit quietschenden Reifen davon fuhr. Sam kam raus, merkte, dass Tess weg war, sprach kein Wort zu Jazz funkelte sie nur böse an und stieg kopfschüttelnd mit allem was sie eigentlich bräuchten auch davon. Jugendschutz nahm der Laden nicht wirklich ernst, das stellte man nun fest. Den Führerschein hatten Tess und Sam sie waren beide volljährig aber die Personalausweise hatten sie vergessen einzustecken. Jazz hatte ihren mit, war aber zu jung und nicht die Erfahrung ein Motorrad fahren zu dürfen. Sie wäre eigentlich mit Tess mitgefahren. Das hat sich nun erledigt. „Hey Mädchen, fahr mit dir mit ich zeig dir die Attraktionen im Park. Ich arbeite dort. Du kommst sogar umsonst rein na wie schaut s aus?“ Jazz zuckte mit den Schultern. „Klar warum nicht.“Beide setzten sich auf das Moped und Andreas fuhr los. Jazz umklammerte dabei Andreas um sich fest zu halten. Das alte Moped sprang erst beim 2. Zünden an und das lauter und knatteriger langsamer. Andreas rief laut, „Sorry Schätzchen, aber ich hab nicht so ein Bike wie es deine Freundin hat. Wenn du doch lieber laufen willst, dann Ruf ich den nächsten Abschlepper an und werden bequem in die nächste Stadt fahren.“ Jazz schüttelte den Kopf und ließ sich noch mehr an ihn kuscheln als Zeichen, dass sie bei ihm bleiben will. Andreas lachte. „Gut wie du willst. Wir sind auch gleich da.“ sie biegen in einen Waldfeldweg ein und nach 100 m folgten weitere Wege zum Personaleingang des Freizeitparks. Bis sie auf einem Parkplatz abgelegen der anderen standen. Die Mitarbeiter im Büro hatten Video überwachte Parkplätze. Aber nicht die der Schausteller ähnlichen weniger Geld verdienen Angestellten. Andreas stieg vom Moped und sicherte es. Dann nahm er Jazz Hand und half ihr beim absteigen. So gingen sie über den Hintereingang in den Park der bereits am schließen war..sie begegneten niemanden und als er ihr dann seinen Arbeitsplatz zeigte, war sie überrascht wie gruselig es wirklich wirkte. Er schaltete seine Maschine an und alles was mechanisch war erweckte zu leben. Ein Sensenmann mit roten Augen leuchteten auf und durch eine Schiene schnellte sie auf Jazz zu. Sie schrie und lachte. Andreas verschwand und Jazz ging weiter hinein in das Labyrinth. Schaurige Musik. Flackernde ausgeschnitten Kürbisse und ein Sarg der aufsprang und ein Vampir als Schaustellfigur raus sprang. Sie zog weiter. Links, rechts gerade aus links. Alle Wege wahren beleuchtet in einem tiefroten Ton. Sie hatte sich verlaufen und wusste nicht mehr wo sie war wo zum Teufel war Andreas und wieso sollte sie erst überhaupt in den Garten gehen. Immer mehr hielt sie die Aussagen von Tess nicht mehr für unmöglich, dass er tatsächlich vielleicht nicht ganz in Ordnung war. Aus einer Ecke heraus sprang ein gekleideter Zombie und es war Andreas der heraus sprang. Und schrie. Jazz war so erschrocken, dass sie Andreas ignorierte und panisch weg lief. Sie schrie dass er aufhören sollte. Sie stolperte und fiel. Sie schlug hart auf und verlor ihr Bewusstsein. Als sie wach wurde, war sie an einem Baum gefesselt, der noch immer im Labyrinth stand.
Sie wachte auf und sah im die kalten Augen von Andreas. Sie war geknebelt und versuchte aus dem Knebel zu schreien. Andreas packte sofort sie an der Kehle und presste ihr über Mund und Nase. „Sei einfach still du wirst noch alle auf dich aufmerksam machen „Shhhhh… shhhh schön still sein, ich will dich bei mir haben. Warum musstest du auch vor mir weg laufen. Alle laufen sie weg. So kannst du nicht weg laufen. Neiiin… sooo nicht.. shhhh.“ Er streichelte sie immer hastig die andere Hand blieb auf Nase und Mund. Ihr Atem wurde flacher. „Ja so ist es gut Schlaf, Schlaf gut für immer. Ich sagte doch ich werde dich behalten.“ Er schnitt ihr eine Strähne ab. Mit einem Taschenmesser, welches er immer bei sich trug. Er schnitt ihr beide Pulsadern auf, dabei war sie schon tot. Er schnitt sie vom Baum ab, beseitigte alles was er fand. Die Strähne behielt er. Und schaltete schnell alles ab und rannte aus dem Park.
Dies ist ein fiktives Werk das keinen Bezug zur Realität nimmt. Es enthält Trigger Warnung.
Evelyn Beck wusste nicht was sie sagen sollte. Einmal mehr hatte sie den Büroraum ihres Chefs betreten und hinter dem Schreibtisch ihren Ex Mann, Joachim, vorgefunden. Dieser hatte nach ihr geschickt. Er wollte etwas wichtiges mit ihr besprechen. Evelyn fragte sich wieso dies jetzt sein musste. Konnte es nicht warten bis niemals. Fragte sie sich und rollte ihre blauen Augen, als sie die Stufen hinter sich gelassen hatte, den Flur hinunter gelaufen war und vor der Eingangstür stehen blieb. Die Sekretärin war nicht anwesend. Es war schon gegen Mittag. Bald würde auch ihr Ex Mann etwas essen. Evelyn atmete tief durch. Sie legte ihre rechte Hand auf die Türklinke, drückte diese hinunter und mit einem Knacken gab die massive Eichenholztür nach. Sie öffnete sich. „Anklopfen wäre höflich!“ rief eine bekannte Stimme aus dem Inneren des Raumes. Evelyn ignorierte dies. Sie tat so als habe sie nichts gehört. Mit einem Mal war die Tür weit offen. Sie brauchte einen Moment um sich auf die Lichtverhältnisse einzustellen. Dann versuchte sie zu lächeln, als sie eintrat und die Tür hinter sich schloss.
Joachim trug einen Dreitage Bart. Er sah ohnehin sehr ungepflegt aus. Normalerweise sah er aus wie aus dem Ei gepellt. Nur heute wirkte dies nicht so. Evelyn runzelte ihre Stirn und musterte ihn gründlich, beschloss ihn jedoch nicht darauf anzusprechen. Sie setzte sich ihm gegenüber auf eine der freien Plätze, schlug ihre Beine übereinander und schaute ihn einen Moment fragend an. „Hast du hier etwa geschlafen?“ wollte sie wissen und Joachim zuckte seine Schultern. „Ich weiß selbstverständlich nicht was du meinst, Evie.“ sagte er mit ruhiger Stimme und winkte ab. Ihr Verhältnis war seit Jahren nicht mehr das Gelbe vom Ei. Irgendwie hatten sich beide nach dem frühzeitigen Tod ihres Sohnes Simon auseinander gelebt. Nun waren sie nur noch berufliche Kontakte. Sie wollte es dabei belassen. Das Leben musste weiter gehen. Etwa einen Monat nach Simons Tod hatte Joachim schon wieder eine Freundin. Eine jüngere Frau. Ihren Namen, daran erinnerte sich Evelyn nicht mehr. Sie wusste nur noch dass die neue Freundin rotes lockiges Haar hatte, schlank war und eine schöne Frau war. Vielleicht hatte Joachim ein Fabel für rothaarige Frauen. Damit konnte sie nicht dienen. Evelyn hatte sich in ihrer Teenagerzeit ihre Haare pink, blau oder grün gefärbt, allerdings niemals rot. Dies passte nicht zu ihr. Hätte sie es getan, vielleicht hätte Joachim sie dann nicht mit ihrer damals besten Freundin Nicole betrogen. Das war damals nach dem Evelyn erfahren hatte das sie schwanger sei. Damals hatte sie dies heraus gefunden. Ursprünglich wollte sie sich trennen und ihr Kind alleine aufziehen. Erst als die schreckliche Diagnose kam, entschied sie sich dagegen. Und während sich Joachim, in seiner Trauer und seinem Schmerz, immer wieder neue Frauen suchte, hatte sie lange keine Beziehung mehr. Evelyn konnte sich emotional nicht mehr so einlassen, wie sie es gerne gewollt hätte. Und so endete auch ihre letzte Beziehung nach nur drei Monaten. Vielleicht war sie dazu verdonnert alleine zu sein. Vielleicht sollte dies auch eine Strafe sein. Damals vor dem Abitur, hatte sie ein kleines Mädchen entbunden und dieses bei einer Babyklappe ausgesetzt. Sie war damals noch sehr jung und naiv. Ihr erster Freund und sein verdammter goldener Schuss. Sie konnte sich nicht anders helfen. Anita hatte sie ihre Tochter genannt. So stand es in der Geburtsurkunde und diese legte sie zum dem kleinen Baby. Dann wandte sie sich ab. Evelyn drehte dem kleinen Baby den Rücken zu und verschwand. Was aus dem Baby, ihrer Tochter, geworden war, hatte sie niemals erfahren. Vielleicht auch ein Gendefekt und die Kleine hatte es nicht bis ins Teenageralter geschafft. Vielleicht ein schrecklicher Unfall. Evelyn wusste es nicht. Sie wusste nur das sie diese Gedanken und Erinnerungen tief in sich begraben musste.
„Hast du mir zugehört, Evelyn?“ erkundigte Joachim sich und riss Evelyn aus ihren Gedanken. Sie hatte vor sich hin ins Nichts gestarrt. Nun brauchte sie einen kurzen Moment um in die Realität zurück zu kehren. „Entschuldige. Was hast du eben gesagt?“ hakte sie nach. Joachim zog eine Braue nach oben. „Früher hast du mir immer zugehört und über meine schlechten Witze gelacht.“ meinte er vorwurfsvoll. Evelyn presste einen Moment lang ihre Lippen aufeinander. „War das bevor oder nachdem du mich mit Nicole betrogen hast, während ich erfahren hatte, dass ich schwanger war?!“ zischte sie und funkelte ihn finster an. Vieles hatten sie niemals besprochen. Vieles war niemals ans Licht gekommen. Über vieles würden sie wohl bis in alle Ewigkeiten diskutieren können. „Ich sehe schon. Deine Laune ist heute wieder nicht die Beste, Eve. Vielleicht solltest du mir sagen wann du mal gute Laune hast und wir sehen uns bis dahin nicht.“ schlug er vor und Evelyn winkte ab. „Erstens ich bin die Ruhe selbst und zweitens habe ich bei dir immer schlechte Laune.“ fauchte Evelyn. Joachim sagte nichts, sondern nickte lediglich. „Das habe ich auch schon bemerkt, Eve. Nur dachte ich mit den Jahren würden meine Vergehen verjährt sein und unsere Beziehung würde sich weiter entwickeln können.“ meinte er und Evelyn schüttelte ihren Kopf. „Das glaube ich nicht, Jo. Ich bin dir immer noch böse. Du hast mich mit meiner besten Freundin betrogen und das wohl schon die ganze Zeit, damals. Und dann hast du mir ein Kind gemacht und hättest mich verlassen, wenn Simon nicht krank gewesen wäre. Das ist nicht die feine englische Art oder? Und dann wundert ihr Männer euch immer, warum wir Frauen so schlecht über euch denken.“ fauchte sie und warf ihm einen finsteren Blick zu. Joachim hob beschwichtigend seine Arme. „Ich möchte darüber mit dir eigentlich nicht sprechen, Eve. Ich entschuldige mich jedoch bei dir und bitte um Verzeihung.“ sagte er und senkte seinen Blick. „Ich verzeihe dir, Jo. Nur möchte ich nur weiterhin beruflich mit dir zu tun haben. Und ich hoffe du hast mich wegen etwas beruflichem zu dir gerufen? Ich habe noch andere Dinge zu tun.“ zischte sie und erinnerte sich daran, erst seit sechs Tagen wieder im Dienst gewesen zu sein.
Nachdem Zusammenprall mit dem wahren Täter des letzten Mordfalls, wurde sie erst beurlaubt und hatte sich danach, zwei Wochen Urlaub, genommen. Sie flog zu ihrer Cousine nach Mallorca. Dort verbrachte sie einen sehr schönen Urlaub, konnte sich etwas sonnen und ausspannen. Ihr Alltag war hektisch genug. Der Dark Man Killer war immer noch da draußen. Ein Trittbrettfahrer war der letzte Täter gewesen. Nur wer war der echte Täter. Ein Serienmörder machte die Bundesrepublik unsicher. Die Polizei war in voller Alarmbereitschaft und versuchte nun alles um dieser Situation, Herr zu werden. Mit mäßigem Erfolg. Evelyn und ihr Kollege Sebastian wollten alles unternehmen um den wahren Killer zu finden. Auch wenn sie dafür jeden Stein umdrehen mussten. Eines Tages sollte es mit Sicherheit so weit sein. Evelyn schüttelte ihre Gedanken erneut ab. Heute war sie immer in Gedanken versunken. Dies konnte sie sich nicht erklären. So war sie nur drauf wenn sich der Todestag ihres Sohnes näherte. Dies lag jedoch schon drei Monate zurück. Damals hatte sie sein Grab besucht und Blumen darauf gelegt. Die Grabpflege übernahm der Friedhof selbst. Dies musste sie bezahlen. Dafür hatte ihr kleiner Simon jedoch ein sehr schönes Grad mit verschiedenen Blumen und Kerzen bekommen. Es war Anfang Oktober. Die Blätter würden bald beginnen von den Bäumen zu fallen und zu Laub zu werden. „Ähm, Evie? Hörst du mir heute gar nicht zu? Oder bilde ich mir das nur ein?“ hakte Joachim verdutzt nach und riss Evelyn erneut aus ihren Gedanken. Sie räusperte sich und gestikulierte das er weiter sprechen konnte.
Evelyn spürte wie ihre Kinnlade hinunter fiel. Sie wusste nicht was sie sagen sollte. Joachim saß nun ebenfalls in seinem Sessel und blickte über seinen Schreibtisch zu ihr. Er wirkte ganz ruhig als er ihr von seiner Bitte erzählt hatte. In ihr brodelte es. Sie war wie ein Vulkan. Kurz vor dem Ausbruch. Sie erhob sich, stemmte ihre Hände in die Hüften und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Ist es möglich zu erfahren, was zum Teufel, du dir eigentlich dabei denkst, Jo?“ forderte sie zu wissen. Joachim wirkte sehr klein als er antwortete. „Ich meine es nur gut, Evie. Das solltest du wissen. Wir kennen uns nicht erst seit gestern.“ sprach er mit ruhiger Stimme. Evelyn schien unbeeindruckt von seinen Worten. In ihr sprudelte der Ärger, die Wut und ihre Verachtung. Jede Faser in ihrem Körper stellte sich auf Widerstand ein. „Du denkst du weißt wie es um meine geistige Verfassung steht, Jo? Das glaube ich wirklich nicht. Ich glaube du und dein Kumpel, der verehrte Polizei Präsident, wollt euch nur absichern um euren eigenen Arsch zu retten. Wahr oder nicht wahr, Joachim?“ donnerte ihre Stimme. Ihr Blick ließ keinen Widerspruch zu. „Der Polizei Präsident und ich gehen vielleicht zusammen zum Golf, sind aber dennoch keine Freunde. Er hat nur Bedenken geäußert und möchte sichergehen das du vollkommen in Ordnung bist. Ein Zusammenprall und Kampf gegen einen Straftäter kann nicht nur körperliche, sondern auch seelische Spuren hinterlassen haben und er möchte ausschließen das sich Langzeitfolgen eingeschlichen haben.“ sprach Joachim mit ruhiger Stimme weiter. „Also haltet ihr mich für bescheuert?“ zählte Evelyn die Fakten zusammen und erstarrte. Joachim schüttelte seinen Kopf. „Nein. Wir wollen lediglich sicher sein das du wieder auf dem Damm bist. Nicht mehr und nicht weniger.“ Er unterbrach sich. „Der Polizei Präsident möchte dich und deinen Kollegen für einen neuen Fall haben. Ein Mord in einem Freizeitpark. Das sollt ihr übernehmen und nicht etwa der Kollege Baumeister. Aber du darfst erst dem Fall nachgehen, wenn du bei der Polizei Psychologin warst und mit ihr geredet hast. Vielleicht werden es mehrere Sitzungen. Nur ich denke es ist die Sache wert.“ erklärte Joachim und spielte sich dieses Mal wirklich als ihr Chef auf. Evelyn hatte bereits ihre Hände zu Fäusten geballt. „Ich bin nicht bekloppt!“ fauchte sie und schlug mit den Fäusten auf die Tischplatte. „Ich würde das etwas anders bezeichnen. Das was du da tust, ist nicht gerade gesund, meine liebe Evie.“ meinte er und zeigte auf ihre Hände. Evelyn biss sich auf die Unterlippe. „Ich bin nicht verrückt, Jo. Ich benötige keine Therapie. Die habe ich nach Simon auch nicht gebraucht. Es geht mir gut.“ sagte sie und erhob sich.
„Du wirst dort hingehen oder du bist entlassen! Ich hoffe das wir uns nun verstanden haben, Frau Beck.“ donnerte nun auch Joachims Stimme und er funkelte sie finster an. Evelyn erstarrte. Niemals zuvor hatte er in einem solchen Ton mit ihr geredet. Joachim hatte wohl doch zwei Seiten. Ebenso wie sein Sternzeichen, die Zwillinge. Dies konnte sie niemals begreifen. Wie ein Mensch zwei Seiten von sich haben konnte. Unglaublich. „Wie bitte?“ entfuhr es Evelyn. „Wie ich schon sagte, Frau Beck. Du wirst dich zur Psychologin begeben und dort deine Stunden absitzen. Wie lange das geht wird Frau Köhler entscheiden. Aber wenn du nicht hingehst, bist du entlassen und wirst niemals wieder eine Polizistin oder gar Politesse sein. Ich hoffe das ist bei dir angekommen. Und jetzt entschuldige mich bitte.“ donnerte seine Stimme und schon wandte ihr den Rücken zu. Evelyn wusste nicht was sie sagen sollte. Sie wusste nur das sie ihn niemals so erlebt hatte. Niemals zuvor. Sie grinste dennoch. Eine neue Seite an Joachim. Vielleicht waren da doch noch einige Gefühle übrig. Sie ermahnte sich im Geiste selbst und wandte sich mit schnellen Schritten ab.
Mit einem lauten Knall flog die Tür zu ihrem Arbeitszimmer zu und schon stand Evelyn im Raum. Sebastian Henning hatte erst gedacht es gab einen Windzug. Zu dieser Jahreszeit nichts ungewöhnliches. Als er genauer hinschaute, bemerkte er seine Kollegin, welche wutentbrannt drein blickte und ihre Hände zu Fäusten geballt hatte. „Was ist denn los?“ fragte er neugierig und fing sich einen vielsagenden Blick ein. „Joachim also.“ zählte er die Fakten zusammen und schon nickte Evelyn zustimmend. Sie setzte sich an ihren Schreibtisch, öffnete die oberste Schublade und holte sich eine Tafel Schokolade heraus. Wenn sie Frust hatte oder wütend war, brauchte Evelyn meist eine ganze Tafel Schokolade. Gut das sie sich viel bewegte und Sport machte oder regelmäßig zur Kontrolle, zum Zahnarzt, ging. Von daher konnte sie fast essen was sie wollte. Sebastian machte dennoch große Augen. „Willst du auch ein Stück?“ fragte sie. „Nein danke. Morgens um neun Uhr mag ich noch keine Schokolade. Ich mag jedoch gerne wissen was zwischen dir und dem Chef besprochen wurde, dass du so wütend geworden bist und eigentlich einen Boxsack benötigst.“ wollte er wissen und Evelyn stöhnte leise. Sie griff zu einem Stück der dunklen Schokolade und steckte es sich in den Mund. Sie kaute dabei sorgfältig. „Ich hätte auch in den Fitnessraum gehen können. Nur wollte ich zu dir kommen und dir mitteilen, was mein lieber Ex Mann und Chef zu mir gesagt hat.“ begann sie und nahm sich ein weiteres Stück Schokolade. Sebastian setzte sich an seinen Schreibtisch und stützte seine Hände auf. „Ich soll zu einer Therapie gehen. Genauer gesagt zu unserer Polizei Psychologin. Warst du mal dort? Bei Frau Köhler? Ist das zu fassen? Ich bin doch nicht die Verrückte. Ich bin diejenige die, die Verrückten, hinter Gittern bringt.“ zischte Evelyn, nahm die Tafel Schokolade und warf sie mit voller Wucht gegen die gegenüberliegende Wand. Sebastian hatte beobachtet wie die Tafel Schokolade durch die Luft flog und wie sie nun endete. Er runzelte seine Stirn. „Findest du nicht dass die Schokolade unschuldig war?“ scherzte er und fing sich einen vielsagenden Blick ein. „Ich weiß ja du bist aufgeregt, Eve. Nur denke ich wirklich es könnte helfen. Ich musste da auch schon hin. Öfters. Kann nie schaden.“ sagte er ruhig und Evelyn winkte ab. „Kennst du ihren Spitznamen?“ erkundigte sich Evelyn und Sebastian nickte zustimmend. „Turboschneck!“ antwortete er und lächelte. „Warum wird sie so genannt?“ „Ich weiß nicht genau. Ich denke weil sie alle Patienten so schnell, mit Turbo, abfertigt und Schneck, oder auch Schnecke, weil sie noch recht hübsch ist.“ erklärte er und Evelyn legte ihre Stirn in Falten. „Eine Ex von dir?“ hakte Evelyn nach. Sebastian wurde rot im Gesicht. „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.“ scherzte er und beide lachten. Sebastian konnte sie immer wieder auf den Boden zurück holen. Das schätzte sie an ihm sehr. „Pia ist eigentlich ganz nett und kompetent. Du wirst mit ihr bestimmt gut auskommen, Eve.“ meinte er und Evelyn schnaufte. „Dein Wort in Gottes Ohren. Ich komme manchmal nicht mit jedem Menschen aus. Ich bin impulsiv, launisch und störrisch.“ sagte sie und Sebastian nickte zustimmend. „Das nennen wir Männer immer typisch Frau.“ scherzte er und entlockte Evelyn ein Lächeln. „Ich gehe erst dorthin und danach komme ich zurück und wir besprechen den neuen Fall.“ meinte sie und Sebastian nickte erneut. „Ich kann es nicht abwarten.“ sagte er. „Du weißt doch bestimmt schon wieder mehr darüber als ich. Oder sehe ich das falsch, Sebi?“ „Nein. Das siehst du schon richtig, Eve.“ sagte er lachend und schon erhob sich Evelyn, ging zur Tür und verließ den Raum.
Mit eher gemischten Gefühlen, betrat am Nachmittag, Evelyn, das Büro von Doktor Pia Köhler oder auch Turboschnecke genannt. In dem Raum stand eine gemütlich aussehende Couch, daneben ein Beistelltisch und eine Pflanze. Doktor Köhler war etwa einen Kopf kleiner als Evelyn. Sie war recht schlank und hatte dennoch breite Schultern. Dunkel blondes, Schulterlanges glattes Haar, blaue Augen und hohe Wangenknochen rundeten das Bild ab. „Ich bin schon einmal für einen Jungen gehalten worden.“ scherzte Doktor Köhler zur Begrüßung, lächelte und reichte Evelyn die Hand. Evelyn erwiderte das freundliche Lächeln. Sie schien sich ein wenig entspannen zu können. „Danke das Sie trotz ihrer Bedenken zu mir gekommen sind, Frau Beck. Ich kann mir vorstellen das es nicht gerade leicht gewesen ist.“ bemerkte Köhler und Evelyn zuckte lediglich ihre Schultern. „Ich wurde vom Chef dazu gezwungen. Er meinte es würde mir gut tun, wenn ich mal mit jemandem über mein Zusammentreffen mit dem vergangenen Täter sprechen kann. Ich bin eher skeptisch. Allerdings möchte ich trotzdem nicht nur meine Zeit hier abreißen. Ich denke das ist auch in ihrem Sinne, Doktor Köhler.“ erklärte Evelyn und Köhler legte ihre Stirn in Falten. „Das so etwas von Ihnen kommt, hatte ich nicht erwartet, Frau Beck. Es freut mich das Sie denken das ich Ihnen helfen kann. Ich möchte über ihre Gefühle und Sorgen sprechen. Nicht wegen Vergangenem sondern mehr wegen dem Zusammenprall mit Ihnen und dem Straftäter. Das ist meine Intention. Ich hoffe auf eine gute Mitarbeit.“ sagte die Polizei Psychologin und Evelyn sah diese fragend an. „An wie viele Sitzungen hatten Sie gedacht?“ hakte Evelyn nach und fiel bei der Antwort fast aus den Wolken.
„An was erinnern Sie sich noch, wenn sie an den letzten Fall zurück denken, Frau Beck?“ wollte die Turboschnecke wissen und sah Evelyn fragend an. Diese lag auf dem Couch und blickte an die Zimmerdecke, welche sehr fleckig war. „Ich erinnere mich daran dass der Täter am Ende hinter Gittern gewandert ist. Fall abgeschlossen.“ antwortete Evelyn genervt und versuchte dennoch ruhig zu bleiben. „Welches Gefühl hat das Urteil bei Ihnen ausgelöst?“ hakte Doktor Köhler nach und Evelyn zuckte ihre Schultern. „Ein gutes Gefühl. Es ist immer ein gutes Gefühl wenn ein Straftäter in den Bau wandert. Das gibt mir ein positives Empfinden und die Gewissheit das meine Arbeit und die meines Kollegen nicht umsonst war.“ entgegnete Evelyn und setzte sich auf. Sie wollte sehen mit wem sie sprach. Doktor Köhler hatte begonnen sich Notizen zu machen. „Und davor?“ wollte Köhler wissen. „Davor hat mich dieses Schwein verhöhnt, mich „Frau Kommissar“ genannt und so getan als wäre er unschuldig. Als ob!“ erzählte Evelyn nun schon etwas hitziger. Evelyn hatte Mühe sich zu beruhigen. Nicht nur diese Sitzung, sondern auch die Tatsache an Dennis Meisinger erinnert zu werden, machte ihr Kopf zerbrechen. Evelyn wollte dies schnell vergessen und weiter machen. „Und das hat sie geärgert?“ fragte Doktor Köhler nach und Evelyn nickte knapp. „Nicht nur einmal. Aber das ist Schnee von gestern und sollte in meinem Leben keine Rolle mehr spielen. Ist ja nicht so als würde dies jeden Tag stattfinden.“ meinte Evelyn und erhob sich. „Danke. Ich fühle mich schon viel besser, Doktor Köhler. Sie haben mich im Herzen berührt mit ihren Fragen. Ich bin mir sicher das ich meinen Alltag nun besser im Griff haben werde.“ meinte Evelyn ironisch und wollte gerade gehen als Köhler eine Hand hob. „Waren Sie gerade ironisch? Ich kann Sie auch jeden Tag, statt nur einmal in der Woche antreten lassen, Frau Beck.“ warnte Doktor Köhler und Evelyn senkte ihren Kopf. „Tut mir leid.“ murmelte sie und Köhler nickte. Sie schenkte der Hauptkommissarin ein freundliches Lächeln. „Dann bis nächsten Montag. Wünsche Ihnen eine schöne und ereignisreiche Woche, Frau Beck.“ rief die Psychologin und Evelyn nickte knapp. „Danke.“ flüsterte sie, wandte sich zur Tür um und wandte sich ab.
Es war schon fast Sechzehn Uhr als Evelyn zurück an ihren Arbeitsplatz kam, die Füße hochlegte und tief durchatmete. Sebastian war immer noch da. Was er in der Zwischenzeit getan hatte, würde sie wohl sobald erfahren und dann konnten sie hoffentlich ihren neuen Mordfall bearbeiten. Das war schon wieder der Montag. Nicht ihr Lieblings Tag der Woche. Sie mochte den Freitag am Liebsten. Eine kurze Schicht bis Vierzehn Uhr und keine Überstunden, es sei denn, sie arbeitete an einem neuen Fall. Auch wenn sie ihre Augen für einen Moment geschlossen hatte, spürte sie die fragenden Blicke ihres Kollegen auf sich. „Was?“ fragte sie genervt ohne ihre Augen zu öffnen. „Wie war es denn bei ihr? Ich hörte sie soll sehr gut sein in ihrem Job.“ entgegnete Sebastian und Evelyn zuckte ihre Schultern. „Ich glaube du verwechselst sie mit deiner Freundin, Sebi.“ warf Evelyn ein, öffnete ihre Augen und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Sebastian wurde rot im Gesicht. „Was hat mich verraten?“ fragte er. Evelyn zwinkerte ihm zu. „Ihr Spitzname! Niemand nennt die Frau wirklich so. Nur du mein Lieber, Sebi.“ erklärte sie und er nickte knapp. „Pia und ich waren sechs Monate zusammen. Ehe sie hier angefangen hat. Damals war sie noch in München tätig. Wir lernten uns im Internet kennen über eine Gaming Plattform namens Glitch. Dort hat sie immer ihrem Lieblingsstreamer zu geschaut und wir kamen irgendwann ins Gespräch und es ging ins Bett. Deshalb auch Turbo, falls du weißt was ich meine.“ erzählte er und Evelyn verzog etwas angewidert ihr Gesicht. „Ich kann es mir vorstellen. Bitte keine Einzelheiten.“ bat sie und er nickte zustimmend. „Und warum war eure Beziehung dann vorbei?“ wollte Evelyn wissen. Sebastian rieb sich seinen Kinnbart. „Ich denke wir waren noch jung und zu weit von einander entfernt. Fernbeziehung das klappt nicht so gut. Zum anderen hat sie immer versucht mich zu analysieren. Das ging so lange bis ich explodiert bin.“ sagte Sebastian und grinste. „Ich glaube du hattest auch mit vielen Frauen schon etwas mit denen wir zusammen arbeiten, Sebi. Echt krass.“ sagte Evelyn und schüttelte ihren Kopf. Sie lehnte sich nun wieder nach vorne. „Der neue Mordfall? Was erwartet uns?“ fragte sie neugierig.
„Von diesem Freizeitpark habe ich noch nie gehört, Sebi.“ ergriff Evelyn, nach etwa zehn Minuten, das Wort und sah ihren Kollegen fragend an. Sebastian stand, wie ein Klassenlehrer, vor einer Tafel und las die gesammelten Fakten vor. Damit setzte er seine Kollegin ins Bild. „Der Autumn Breath Park oder auch Herbstatem, ist ein Gruselpark, etwas außerhalb von München und wurde erst vor sechs Monaten eröffnet. Laut der Homepage habe er viele Fahrgeschäfte, Buden und Attraktionen. Er soll laut den Erfahrungen der Besucher, Ähnlichkeiten zu anderen Freizeitparks in Deutschland haben. Ich kann dazu nichts sagen. Ich war noch nicht dort.“ berichtete Sebastian und Evelyn runzelte ihre Stirn. „Wenn der Park in Bayern ist, sind doch die Kollegen aus München zuständig oder nicht?“ hakte sie nach. „Das schon. Nur handelt es sich vielleicht um eine Verbindung zu einem früheren Fall und den haben nun mal wir bearbeitet.“ antwortete er und Evelyn nickte knapp. „Ich verstehe es auch nicht ganz mit der Zuständigkeit. Aber ich denke wir können das sicherlich vor Ort klären und uns dann an die Arbeit machen. Oder besser gesagt, sollten wir lieber unsere Koffer packen und mitnehmen. Man kann nie wissen.“ „Klingt nach einem Plan.“ kommentierte Evelyn, lächelte und schon machten sich beide auf den Weg in den Feierabend. Für heute gab es genügend Aufregung. Morgen würden sie nach Bayern fahren. Vielleicht auch schon heute Nacht. Es kam ganz auf Sebastian und seine Stimmung an, dachte Evelyn und hob ihre Tafel Schokolade vom Boden auf.
Ursprünglich wollte Sie nur ihre freie Zeit genießen. Daraus wurde jedoch nichts. Sie und ihr Verlobter wurden Zeugen eines grausamen Leichenfunds in der Geisterbahn des Herbstatem Park, welchen Sie mit ihrem Verlobten unbedingt spontan besuchen wollten. Aayana hatte sich ihren letzten Urlaubstag anders vorgestellt. Sie und ihr Verlobter hatten den neuen Freizeitpark besucht, welcher sich etwa eine Stunde Fahrtzeit von München befand und viele Besucher anlockte, die sich mal richtig gruseln wollten. Dazu lud der Park ein. Er hatte mehrere Attraktionen und wurde von einem Mann namens Alfredo Gonzales gepachtet, welcher schon durch die Medien bekannt wurde, weil er einmal einen Freizeitpark in Spanien besessen hatte. Soweit Aayana wusste hatte der Mann spanische und italienische Wurzeln und kombinierte beides auf einmal. Als die Leiche gegen Morgen gefunden wurde, wurde auch der Besitzer informiert und nun versammelte sich eine Gruppe von Schaulustigen vor der Geisterbahn und machten mit ihren Handys Fotos oder Videos. Aayana hatte sich als Hauptkommissarin von der Münchner Kripo ausweisen müssen um noch länger am Tatort bleiben zu können. Normalerweise war sie für andere Delikte zuständig wie Raub oder Diebstahl. Mord gehörte zwar nicht zur Tagesordnung und dennoch würde sie die ersten Indizien sammeln und diese den leitenden Ermittlern vorstellen. Von einem Wachtmeister hatte Sie erfahren das zwei Kommissare aus Niedersachsen den Fall übernehmen sollten. Dies hatte der Polizei Präsident verfügt und Aayana würde sich den Anweisungen fügen. Sie wollte keinen Ärger und schon gar nicht mit dem Chef ihres Chefs. Zu Aayana ihren Eigenschaften gehörte das sie sehr gut analysieren und reflektieren konnte. Kaum jemand konnte ihr entkommen, wenn sie einmal los gelegt hatte. Sie durchschaute so machen Menschen, der versuchte ihr einen Bären auf zu binden. Verantwortungsbewusstsein, fleißig, Zuverlässigkeit, Humor waren nur einige ihrer Eigenschaften. Anfangs wirkte Sie etwas verschlossen und dennoch wenn sie Vertrauen gefasst hatte, war Sie eine tolle Freundin und noch bessere Ermittlerin, welche schon einige Fälle gelöst hatte. Sie war sehr groß, hatte breite Schultern, hatte etwas mehr auf den Rippe, war jedoch nicht übergewichtig. Langes rot braunes Haar, welches Sie manchmal färbte. Das Paar hatte eine Katze. Aayana hatte auch handwerkliche Fähigkeiten. Eine Praktikum bei den Schreinern hatte ihr damals sehr gut gefallen. Wäre nicht etwas schlimmes in ihrer Familie passiert, wäre Sie vielleicht niemals zur Polizei gekommen. Sie erinnerte sich ungerne an damals. Die Vergangenheit sollte vergangen sein. „Erde an Frau Fuchs. Sind Sie noch anwesend oder schon zu den Sternen aufgebrochen?“ fragte eine männliche Stimme und riss Aayana aus ihren Gedanken. Sie blickte sich um und schaute erst auf die Leiche einer jungen Frau und dann zu dem Assistenten des Gerichtsmediziners, welcher sie gerade angesprochen hatte. Ein schmächtiger junger Mann. Auf seinem Namensschild stand R. Laux. „Bitte noch einmal, Herr Laux. Ich war in Gedanken versunken.“ sagte sie und versuchte dabei nicht rot zu werden. Es war ihr schon etwas peinlich. „Sie meinen sie waren Lost?“ fügte er hinzu und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Aayana zuckte ihre Schultern. „Wenn Lost verwirrt bedeutet dann schon. Mein Englisch ist nicht das Gelbe vom Ei. Ist schon zu lange her.“ gestand sie und Laux grinste. „Ich wollte eigentlich nur wissen ob ich die Leiche abtransportieren kann?“ „Ich denke schon.“ murmelte sie und warf einen Blick über ihre Schultern. Aus den Augenwinkeln konnte sie einen Mann und eine Frau erkennen, welche wie zivile Polizisten aussahen und vor der Geisterbahn standen. „Oder Sie warten doch noch einen Moment, Herr Laux.“ wies sie den jungen Mann an, grinste und marschierte auf die Neuankömmlinge zu.
Die Fahrt hatte einige Stunden gedauert. Mit kleinen Pausen zum pinkeln oder sich die Füße zu vertreten, waren Evelyn und Sebastian sehr lange unterwegs gewesen. Sieben Stunden Fahrt und das im Berufsverkehr, da sich schon wieder die Ferien angekündigt hatten. Sebastian war völlig fertig und brauchte eine Portion Schlaf und etwas zu essen. Vielleicht nicht in dieser Reihenfolge. Sie würden noch ins Hotel Herbst Brise einchecken und dort zu Abend essen. Sebastian musste vielleicht dann wieder zurück fahren am nächsten Morgen. Vielleicht auch nicht. Das mussten die beiden Ermittler noch klären. Evelyn rollte ihre Augen und schüttelte mit dem Kopf als sie die vielen Schaulustigen bemerkte, welche sie erst gar nicht durch gelassen hatten. Erst als beide Kommissare ihre Dienstmarken zeigten und sich somit auch bei den Wachtmeistern auswiesen, konnten sie die Gruppe Menschen hinter sich lassen und eintreten. Evelyn biss sich wütend auf die Unterlippe. Am liebsten hätte sie ihre Dienstwaffe gezogen und damit einen Schuss in die Luft abgefeuert, damit alle aus Panik weg laufen. Sie entschied sich dagegen. Ihnen kam eine junge Frau entgegen. Vielleicht Anfang Dreißig und ungefähr im gleichen Alter wie Sebastian, welcher bereits begonnen hatte, die Frau gründlich zu mustern. Diese junge Frau zeigte ihren Ausweis und schenkte beiden Ermittlern ein freundliches Lächeln. „Guten Tag. Mein Name ist Aayana Fuchs. Ich bin Hauptkommissarin aus München. Ich bin eigentlich im Urlaub hier, musste mich ausweisen und wollte mir einen Blick von der Leiche einer jungen Frau machen. Dann habe ich erfahren das zwei Ermittler aus dem Norden kommen würden und wollte warten bis Sie beide eingetroffen sind. Ich habe Informationen über das Mordopfer gesammelt und habe den Assistenten der Gerichtsmedizin gebeten zu warten, damit sie schon einmal vorab, einen Blick auf die Leiche werfen können.“ berichtete Aayana und Evelyn als auch Sebastian nickten zustimmend.
„Bei der toten Frau handelt es sich um eine Jazzica Schwarz. Hier ihr Personalausweis.“ sagte Aayana und reichte Sebastian den Ausweis. Er warf einen neugierigen Blick darauf und machte sich Notizen auf seinem kleinen Block. „Echt krass. In München haben wir unsere Diensthandys mit denen wir uns alles notieren können. Ich habe eine App dafür und nutze sie auch. Der Umwelt zur Liebe.“ sagte Aayana und Evelyn winkte ab. „Ich bin schon in den Vierzigern und kann mit Papier und Stift wesentlich mehr anfangen als mit einem Handy. Mein Handy ist nur zum telefonieren da. Ihr jungen Leuten und eure Technik. Was wenn sie mal versagt? Was tut ihr dann?“ verlangte Evelyn zu wissen, blickte in fragende Gesichter und rümpfte die Nase. „Was noch?“ erkundigte sich Evelyn nach einer Minute des Schweigens. Aayana trat neben die Leiche der jungen Frau und deutete auf ihre aufgeschnittenen Handgelenke. „Der Täter hat wohl im Affekt gehandelt. Die Pulsadern aufschneiden deutet für mich auf eine brutale Tat hin. Oder etwas persönliches.“ meinte Aayana und Evelyn zuckte lediglich ihre Schultern. „Das wird die Pathologie uns genauer sagen können.“ zischte sie und Aayana fühlte sich im falschen Film. „Arbeiten Sie sonst an Mordfällen, Frau Fuchs?“ fragte Evelyn nach. „Eigentlich kommt das sehr selten vor, Frau Beck. Ich kann mich jedoch gut in die Opfer hinein versetzen. Darum ist meine Abteilung auch so erfolgreich und klärt viele Fälle mit Raub und Diebstahl auf. Mit Mord habe ich nur am Rande etwas zu tun. Allerdings kann ich immer etwas dazu lernen, wenn man mich lässt.“ erwiderte Aayana und Evelyn grinste. Ihr gefiel die Aussage der Kommissarin. „Das finde ich ist eine gute Einstellung, Frau Fuchs. Sie werden es bestimmt einmal sehr weit bringen.“ sagte Evelyn anerkennend. Aayana lächelte etwas verlegen. „Hier steht dass das Opfer eigentlich in Wolfsburg lebte. Ziemlich weit weg für ein junges Mädchen.“ murmelte Sebastian und kniete neben der Leiche nieder. „Evie, schau mal da.“ rief er einen Moment später und deutet auf eine Stelle am Hinterkopf der Leiche. Evelyn kniete neben ihm nieder und erstarrte. Ihr fiel die Kinnlade hinunter.
„Das kann nicht wahr sein!“ entfuhr es Evelyn. Sie erhob sich wieder und schlug ihre Hände vors Gesicht. Aayana schaute die beiden Ermittler lediglich fragend an. „Was ist denn los?“ hakte Aayana nach. „Das ist vermutlich das Werk des Dark Man Killers. Ein Mörder der schon einige Frauen auf dem Gewissen hat. Er nimmt immer eine Haarsträhne als Souvenir mit. Wir dachten eigentlich das wir ihn verhaftet haben. Nur kann es ja nicht sein, wenn wieder einer jungen Frau, einer Leiche, eine Strähne ihres Haares fehlt. Dann muss da was nicht stimmen. Hätte mich auch überrascht. Der Dark Man Killer war uns immer einen Schritt voraus und ich denke nicht das wir ihn verhaften konnten. Zumindest noch nicht so schnell.“ erklärte Evelyn und setzte somit Aayana ins Bild. Dieser hatte beginnen sich am Handy mit ihrer App, Notizen zu machen. Vielleicht durfte sie ja etwas zu den Ermittlungen beitragen. „Ich könnte meinen Chef fragen ob ich Ihnen helfen darf. Falls Sie das möchten, Frau Beck.“ schlug Aayana vor und Evelyn winkte ab. „Vielleicht nächstes Mal. Um Mordfälle aufzuklären brauchen Sie ein gewisses Verständnis für die Opfer, dass haben Sie ja und Sie müssen sich in den Täter hinein versetzen können. Außerdem müssen mehr Verhöre geführt werden und Sie müssen versuchen dem Täter eine Falle zu stellen. Haben Sie damit schon Erfahrungen, Frau Fuchs?“ wollte Evelyn wissen und wirkte erneut sehr kühl und abweisend. Dies war Aayana aufgefallen. Vielleicht war es einfach die Art der älteren Kollegin. „Ich habe keinerlei Erfahrung mit einem Mordfall. Aber was nicht ist, kann schließlich noch werden, Frau Beck.“ gestand sie und Evelyn nickte knapp. „Wenn mein und ihr Chef zu stimmt, dann dürfen Sie bei der Untersuchung helfen und mir die Stadt München zeigen. Falls beide nein sagen, akzeptieren Sie es bitte.“ sagte Evelyn und entlockte Aayana ein Grinsen. Sie nickte knapp.
„Kann ich jetzt bitte die Leiche abtransportieren lassen? Die Leiche muss erst nach München in die Pathologie und kommt dann weiter nach Wolfsburg.“ rief Laux und riss Aayana aus ihren Gedanken. Sie blickte fragend zu Evelyn und Sebastian. „Natürlich können Sie die Leiche mitnehmen, junger Mann. Ich fahre mit Ihnen.“ sagte Sebastian und gab Evelyn die Autoschlüssel. „Wie du gehst mit? Warum? Du bist doch ebenso kaputt wie ich und ich denke wir sollten erst etwas schlafen, ehe wir ermitteln.“ meinte Evelyn. Sebastian zuckte seine Schultern. „Ich muss mit. Ich werde unterwegs schlafen und mir mal die Pathologie in München betrachten. Bis dann, Eve.“ sagte er noch und wandte sich zusammen mit dem Assistenten ab. „Und was jetzt?“ fragte Aayana nach. „Jetzt brauche ich etwas zu essen und etwas Schlaf. Morgen kann es los gehen mit den Ermittlungen. Und Sie sollten ohnehin ihren Chef anrufen.“ meinte Evelyn und wandte sich ebenfalls ab.
Aayana griff zu ihrem Handy. Sie erwartete jedoch nicht das sie eine Erlaubnis bekam. Vielleicht sollte sie bei ihrem normalen Fachgebiet bleiben und nur Raub und Diebstahldelikte aufklären. Ein Mord dafür war sie vielleicht noch nicht bereit. Es gab zwar immer ein erstes Mal und dennoch. Sie zuckte ihre Schultern, steckte ihr Handy wieder ein und wandte sich ebenfalls ab. Es war schon kühl am Abend.
Evelyn erwachte im Hotel, drehte sich auf die Seite und schaute einen Moment aus dem Fenster. Die ersten Sonnenstrahlen bahnten sich einen Weg ins Zimmer hinein. Sie erhob sich langsam, ging ins Badezimmer, nahm eine lange Dusche und kehrte frisch angezogen zurück ins gemütliche Zimmer, wo sie einen Blick auf ihr Handy warf. Dreizehn neue Nachrichten. Wenn Sie diese nicht gehört hatte, musste sie wirklich erledigt gewesen sein gestern. Evelyn beschloss etwas frühstücken zu gehen. Die Polizei in Wolfsburg würde für die Rechnung aufkommen und somit der Steuerzahler. Evelyn zuckte ihre Schultern. Heute wollte sie daran nicht denken. Nach ihrem englischen Frühstück, verließ sie das Hotel, welches sich auf dem Parkgelände befand und schlenderte an den verschiedenen Buden und Attraktionen vorbei. Fans die sich ordentlich gruseln wollten, kamen im Herbstatem Park ganz auf ihre Kosten dachte sie und atmete tief durch. Es war ein bisschen frisch. Gut das sie ihre Lederjacke an hatte. Evelyn näherte sich der Geisterbahn – zum wütenden Gockel und warf einen Blick auf die vielen Menschen, welche einen Ganzkörperanzug trugen und dazu die passende Gesichtsmaske. Etwas Abseits stand Aayana Fuchs. Diese hielt einen Becher Kaffee in der rechte Hand und nippte soeben daran. „Guten Morgen, Frau Beck. Ich hoffe Sie hatten eine erholsame Nacht.“ begrüßte Aayana ihre Kollegin aus Wolfsburg und Evelyn schaute verdutzt drein. „Was machen Sie denn hier, Frau Fuchs? Mit Ihnen habe ich nicht gerechnet.“ rief Evelyn und stemmte ihre Hände auf ihre Hüften. „Mein Chef sagte das ich nicht an einem Mordfall mitarbeiten darf, allerdings darf ich Ihnen assistieren und mir eventuell einiges abgucken. Außerdem kenne ich mich in München und Umgebung gut aus. Wir sind nur knapp fünfzehn Minuten Autofahrt von Egglkofen entfernt. Dort könnten Sie auch in ein Hotel einchecken, Frau Beck.“ rief Aayana und Evelyn winkte ab. Sie hatte geglaubt ihre Kollegin erst einmal nicht mehr wieder zu sehen. Nun würde diese dennoch am Fall mithelfen. Vielleicht gar nicht schlecht. Auf diese Weise konnte Evelyn der jungen Frau noch ein bisschen was beibringen. Man konnte schließlich niemals wissen wozu es einmal gut sein konnte. „Hat die Spurensicherung schon durchblicken lassen, was sie gefunden haben?“ erkundigte sich Evelyn. Aayana schüttelte ihren Kopf. „Ich glaube nicht. Ich bin auch noch nicht lange hier. Vielleicht fünf Minuten ehe sie erschienen sind, Frau Beck.“ sagte Aayana und Evelyn nickte knapp.
„Ich kann Ihnen noch nichts genaues sagen, Frau Beck. Wir müssen erst einmal alle Indizien einsammeln, beschriften und ins Labor schicken. Wolfsburg hat die Indizien angefordert. Sie werden also nicht lange in unserem Labor sein.“ verkündete ein groß gewachsener Mann ohne seinen Gesichtsschutz abzunehmen. „Können Sie mir denn nicht wenigstens ein kleinen Hinweis geben?“ hakte Evelyn verbissen nach und der Mann zuckte seine Schultern. „Wir haben bisher nur Indizien gefunden. Ich kann Ihnen nichts konkretes nennen. Es tut mir leid. Sie müssen sich etwas gedulden, Frau Beck.“ sagte der Mann mit ruhiger Stimme, drehte sich um und griff erneut zu seiner Taschenlampe mit welcher er den Boden absuchte. Evelyn stemmte erneut ihre Hände in ihre Hüften und schüttelte ihren Kopf. „Geduld ist nicht ihre Stärke oder?“ erkundigte Aayana sich und Evelyn nickte zustimmend. „Nicht direkt!“ kommentierte Evelyn. „Ich weiß vielleicht wie Sie mit ihrem Kollegen trotzdem zusammen arbeiten können, auch wenn viele Kilometer, Sie beide trennen. Wir haben eine neue Technik mit der dies möglich ist.“ warf Aayana ein und schon hellte sich Evelyns Gesicht auf. „Was ist das für eine Technik?“ fragte Evelyn neugierig nach und Aayana lächelte.
„Das kann echt nicht wahr sein!“ entfuhr es Evelyn. Sie befand sich zusammen mit Aayana auf dem Polizei Revier in München und dort in der technischen Abteilung von Josef Meinhardt. Der junge Mann war ein Genie und hatte eine App entwickelt, mit der es möglich war über ein Tablet mit einem anderen Menschen zu telefonieren und dieser Person überall hin zu folgen. Dazu wurde meist die Warzapp benutzt. Diese war jedoch in die Jahre gekommen und reichte nicht mehr aus. Josef nannte seine App die „Joy“ und damit konnte Evelyn, auch wenn sie sich in München befand, mühelos ihren Kollegen in Wolfsburg zu den einzelnen Stationen ihrer Untersuchung begleiten, ohne wirklich dort zu sein. Dies war sehr praktisch und eröffnete neue Möglichkeiten. „Geil oder?“ meinte Josef und lächelte zufrieden. „Wir nutzen meine App meist um Yana immer auf dem neusten Stand zu bringen, egal wo sie gerade ist und das machen wir richtig gut. Yana war auf diese Weise schon in Wien und hatte dort einen Räuber verfolgt. Mit meiner App haben wir den Fall schließlich zu den Akten legen können und das auch erfolgreich gelöst.“ verkündete Josef stolz und Aayana schmunzelte. „Das ist nicht überall bei der Polizei in der Probephase oder?“ erkundigte Evelyn sich und Josef schüttelte seinen Kopf. „Nein. Die Polizei in München hat das Vorrecht. Außerdem ist ein Patent anmelden, sehr teuer. Dazu muss ich noch einige Jahre sparen. Aber wenn es einmal so weit ist, können alle Polizisten, überall auf der Welt mit einander an einem Fall arbeiten und alles beobachten was passiert. Ich finde ich habe etwas Gutes geleistet.“ rief Josef noch immer stolz und beide Frauen kicherten. „Und warum ist die App nach einer Frau benannt?“ hakte Evelyn nach. „Weil eine Frau alles über einen Mann heraus finden kann, wenn sie dies will. Und weil die meisten Täter nun mal männlich sind. Zählen Sie nur die Fakten zusammen, Frau Beck.“ scherzte Josef. Evelyn wusste was er meinte. Sie hatte damals den Betrug von Joachim mit ihrer besten Freundin auch aufgedeckt. Auch wenn damals eine Welt für sie zusammen brach. Die Wahrheit konnte weh tun. Eine Lüge jedoch noch mehr. Evelyn wusste manchmal nicht welches Vorgehen weise war. Sie versuchte nur stets das Richtige zu tun. Evelyn schüttelte ihre Gedanken ab. „Ich muss erst meinen Kollegen anrufen und fragen wie weit er ist.“ sagte sie und wollte gerade zu ihrem Handy greifen als sich Aayana räusperte. „Ich denke wir haben vorher noch etwas anderes für Sie, Frau Beck.“ sagte Aayana und wirkte geheimnisvoll.
Aayana trat neben Josef, der noch immer hinter seinem Computer saß und dort eine Telefonliste aufgerufen hatte. „Diese Notrufe sind in der Nacht des vermeintlichen Todes eingegangen. Da wir den genauen Zeitpunkt nicht wissen, musste ich raten und das genau überprüfen.“ berichtete Josef und deutete auf die letzte Nummer auf der Liste. Es befanden sich dreißig Nummern auf der Liste. Alle hatten den Notruf gewählt. „Was sind die anderen Nummern?“ wollte Evelyn wissen. „Ich weiß nicht genau. Vielleicht Beschwerden wegen Vandalismus oder Ruhestörung. Dies kommt öfters vor in dieser Großstadt.“ Josef unterbrach und räusperte sich. „Fakt ist. Es wird nicht aufgelistet. Nur ob es die Rufnummer tatsächlich gibt. Wie wir jedoch feststellen konnten, wurde der Notruf, den wir zum Freizeitpark zurück orten konnten, von einem Wegwerf Handy getätigt. Wir haben schon versucht die Rufnummer zurück zu verfolgen, weil wir das sehr verdächtig gehalten haben, aber es geht nicht.“ berichtete Josef und Evelyn lief ein Schauder über den Rücken. Wenn es sich wirklich um den wahren Dark Man Killer handelte, dann musste sie all ihr Können aufbringen um ihn zu überführen. Er durfte nicht schon wieder entkommen. „Ich muss jetzt wirklich mal telefonieren.“ sagte Evelyn, verließ mit schnellen Schritten den Raum und trat auf den Flur hinaus. „Habe ich was falsches gesagt?“ hakte Josef nach und Aayana winkte ab. „Ich denke nicht. Was für Infos haben wir über den Dark Man Killer?“ fragte sie nach und schon war Josef Feuer und Flamme und bereit für die Recherche.
„Ich glaube das es sich definitiv um den Dark Man Killer handelt, Sebi. Was denkst du?“ flüsterte Evelyn in ihr Handy und wartete auf die Reaktion ihres Kollegen. Sebastian war noch immer bei sich zu Hause, hatte sich Frühstück gemacht und war beim Müsli essen, als sie angerufen hatte. „Wieso flüsterst du?“ wollte Sebastian wissen, der ganz normal in das Handy sprach. „Weil ich nicht weiß wer alles mithört. Ich bin in München auf dem Revier und war in der Technik. Dort haben die eine App mit der du mich und dein Tablet zur Pathologie und ins Labor mitnehmen kannst. Sehr praktisch.“ berichtete Evelyn und setzte ihren Kollegen ins Bild. „Ich habe auf dem Rückweg nach Wolfsburg den Namen des Opfers in den Computer eingegeben. Heraus kam das Jazzica Schwarz einige Vorstrafen hatte. Nur Kleinigkeiten wie klauen oder das Rauchen vor der Schule, als öffentliches Ärgernis. Sie war noch recht jung, auch wenn sie nicht so aussah. Ich besuche ihre Eltern. Beide leben in der Innenstadt in einem kleinen Eigentum Haus. Ich denke das schaffe ich auch ohne dich.“ meinte er und Evelyn nickte knapp. Schlechte Neuigkeiten überbringen oder gar traurige Anlässe versuchte sie stets zu meiden. Ein Triggerpunkt, welcher sie immer zu an Simon erinnerte. Sebastian nahm ihr sehr vieles ab. Darüber war sie schon sehr dankbar. „Hast du sonst noch etwas heraus gefunden, Sebi?“ hakte Evelyn nach. „Nur das zwei Frauen, vermutlich Freundinnen sich bei der örtlichen Polizei nach dem Opfer erkundigt haben und diese als vermisst gemeldet haben. Das kann ich allerdings von hier aus nicht untersuchen. Ich denke das ist etwas für dich und deine neue Kollegin.“ scherzte er und schenkte ihr ein freundliches Lächeln. Evelyn, die ihren Kollegen beim telefonieren sehen konnte, rollte ihre Augen. „Wir gehen der Sache nach.“ sagte sie und legte auf.
Sebastian Henning wollte diese neue App einmal ausprobieren und lud er die App auf sein Dienst Tablet und machte sich auf den Weg zur Gerichtsmedizin. Draußen war es kühl. Der Herbst hatte eingesetzt. Es war noch früh im Oktober. Die zweite Woche. Und dennoch recht frisch. In der Pathologie war es angenehm kühl. Sebastian ließ seinen Blick umher schweifen und schaute auf die verschiedenen Schließfächer in denen jeweils eine Leiche für den Abtransport zu finden war. Etwas makaber. Eines Tages würde auch er einmal seinen Platz hier finden, überlegte er und verzog angewidert sein Gesicht. Eine Hand legte sich auf seine Schulter und riss ihn aus seinen Gedanken. Sebastian erschrak sich. Er schüttelte die fremde Hand ab und drehte sich blitzschnell um. „So schreckhaft warst du früher nie, Basti.“ scherzte Doktor Laura Schröder und schenkte ihm ein freundliches Lächeln. Die junge Pathologin mit den langen braunen Haaren und den braunen Augen, welche immer zu leuchten begann, wenn beide sich trafen, schenkte ihm einen Luftkuss und trat an ihren Untersuchungstisch heran. Laura und er waren einmal ein Paar. Dies war schon eine Weile her und noch immer spürte er diese Leidenschaft zwischen ihnen. Wenn es feurig zur Sache ging und sie sich nicht mehr halten konnten. Laura hatte am 10. August Geburtstag gefeiert, ihn eingeladen und nach der Party hatten sie erneut ihren Spaß gehabt. Obwohl bei in einer Beziehung mit jemand anderem waren. Sie konnte ziemlich überzeugend sein, dachte er und versuchte nun ebenfalls zu Lächeln. „Früher hat mir hier auch keine Löwin aufgelauert.“ meinte er und schon musste Laura kichern. „Ich denke wir sollten zur Sache kommen, Laura.“ sagte Sebastian und ermahnte sich im Geiste das er genau das Falsche gesagt hatte. „Du meinst gleich hier in der Pathologie. Auf meinem Tisch? Das klingt verführerisch, Basti. Nur glaube ich das ist nicht der richtige Ort für uns beide.“ sagte sie mit ironischem Unterton in ihrer Stimme. Sebastian blieb die Spucke weg. „Ich...ähm...ich...“ stammelte er und Laura kam demonstrativ einige Schritte näher. Dabei legte sie ihre Hände um seine Hüfte und presste ihn näher an sich heran. Ihre Lippen trafen sich. Ein Kuss entstand der Bände sprach. Sebastian hatte vergessen wie gut sie küssen konnte. Laura löste sich von ihm und er strich ihr sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie trug dezenten Lippenstift und eine dünne Schicht Make Up. Laura hatte eine natürliche Schönheit. Sie sah auch abgeschminkt und mit Grippe noch sehr hübsch aus. „Ich denke wir sollten lieber aufhören, Basti. Du bringst mich immer zum äußersten. Dabei bin ich doch mit meinem Freund glücklich zusammen und du sicherlich mit deiner neuen Freundin. Wie heißt sie noch gleich?“ fragte Laura nach und Sebastian musste selbst einen Moment nachdenken. Wie hieß seine Freundin noch gleich. Nach einer Minute fiel es ihm wieder ein. „Rebecca!“ sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Ich nenne sie meist Becca. Deshalb bin ich nicht mehr gleich auf ihren eigentlichen Namen gekommen.“ log Sebastian und Laura kicherte. „Na wenn du das sagst, Basti. Dann muss es ja stimmen.“ scherzte Laura und warf einen Blick auf das Tablet in seinen Händen. „Hast du dir Arbeit mitgebracht oder schaust du während der Arbeitszeit gerne Disney?“ fragte sie und Sebastian blickte nun ebenfalls auf das Tablet in seiner rechten Hand. Ihm fiel ein was er damit noch einmal vor hatte.
„Oh...“ murmelte er und hob das Tablet in die Höhe seines Gesichts. Evelyn und Aayana schauten ihn fragend an. Sebastian wurde rot im Gesicht.
„Peinlich, peinlich, mein lieber Herr Kollege.“ ergriff Evelyn das Wort. „Ich hatte euch beide vollkommen vergessen. Ich...ähm...ich.“ stammelte er wieder und schon mussten alle drei Frauen lautstark lachen. Sebastian wäre gerne im Boden versunken.
Evelyn befand sich mit Aayana zusammen in deren Büroraum, saß auf einem sehr bequemen Stuhl und lehnte sich zurück. Beide Frauen hatten den Kuss zwischen Laura und Sebastian mitbekommen und kicherten noch immer. „Jetzt sollten wir wenigstens versuchen wieder ernst zu bleiben, Yana.“ schlug Evelyn vor, die sich inzwischen richtig gut mit Aayana verstanden hatte und dieser das Du angeboten hatte. Aayana nickte zustimmend. „Aber es war so schön romantisch zwischen den beiden.“ warf Aayana ein und Evelyn grunzte. „Dennoch muss der Fall weiter gehen.“ erinnerte sie ihre Kollegin und schon wandte sich Evelyn wieder ihrem Kollegen zu. Durch das Tablet konnte sie den sterilen Raum sehr gut erkennen. Sebastian zeigte mit der Tabletkamera auf die Leiche einer jungen Frau. Evelyn spürte, obwohl sie nicht in der Pathologie anwesend war, dennoch ihren Magen. Sie und Aayana hatten inzwischen zu Mittag gegessen und ihr Mittagessen, einen Döner, spürte Evelyn als wäre er in ihrem Magen lebendig. Aayana war komplett weiß im Gesicht. Diese hatte wohl niemals zuvor eine obduzierte Leiche gesehen und war drauf und dran gleich umzukippen. „Ich muss kurz weg.“ stöhnte Aayana leise, nahm sich den grünen Mülleimer und rannte zur Tür. „Wo ist deine Kollegin hin?“ hakte Sebastian nach und Evelyn zuckte ihre Schultern. Sie gestikulierte das es weiter gehen sollte.
Die Leiche wurde von Laura genaustens untersucht. Diese reichte Sebastian, einen Autopsiebericht und dieser stellte erst das Tablet vorsichtig ab und warf danach einen neugierigen Blick hinein. „Hier steht das Opfer, Jezzica Schwarz, hatte ein Herzleiden und ist daran verstorben. Ich dachte immer einen Herzinfarkt bekommen entweder alte Menschen oder Menschen die zu viel Stress auf der Arbeit haben.“ bemerkte Sebastian und sah seine Ex Freundin fragend an. Laura hatte sich inzwischen Latexhandschuhe angezogen und deutete auf die geöffnete Brust des jungen Mordopfers. „Ich habe mich mit dem Hausarzt und dem Kardiologen des Opfers unterhalten. Beide haben bestätigt das Frau Schwarz an einem Herzleiden gelitten hat. Sie musste aufpassen sich nicht allzu sehr zu erschrecken. Deswegen durfte Frau Schwarz auch nicht allzu viel mehr arbeiten. ZU viel Anstrengung wäre gefährlich bis tödlich gewesen. Ihre letzte Krankmeldung sollte noch bis zum 15. Oktober reichen. Danach hätte sie wieder zum Arzt gemusst.“ berichtete Doktor Laura Schröder und Evelyn machte sich ihre Notizen. „Das Opfer wurde somit zu Tode erschreckt, Doktor?“ hakte Evelyn nach und Laura nickte zustimmend. „Das ist korrekt, Frau Beck.“ bestätigte Laura und schon deutete sie auf die Handgelenke des Opfers. Eine tiefe Wunde sorgte dafür das Sebastian sein Gesicht verzog. „Das Opfer hatte keine hohe Lebenserwartung. Allerdings so kurz hätte auch nicht sein müssen.“ murmelte Laura und presste ihre Lippen zusammen. „Sonst noch etwas Auffälliges?“ hakte Sebastian nach. „Die Handgelenke wurden Post Mortem aufgeschnitten. Der Täter hatte wohl vor sein Opfer ausbluten zu lassen. Es sollte leiden. Nur hatte der Täter nicht damit gerechnet dass das Opfer ein Herzleiden hatte und zu Tode erschreckt wurde.“ meinte Laura und Evelyn notierte sich auch dies. „Gibt es eine Verbindung zum Dark Man Killer, Doktor Schröder?“ hakte sie nach. Laura runzelte ihre Stirn. „Das fehlen einer Haarsträhne ist mir aufgefallen. Ich habe es allerdings nicht in meinem Bericht notiert. Könnte sich um den gleichen Täter, aber auch um einen Nachmacher handeln. Jedenfalls ist das alles was ich euch sagen kann.“ meinte Laura, schenkte Sebastian noch ein kleines Lächeln und wandte sich ab. „Ist es möglich das wir den falschen Mann als Dark Man Killer verhaftet haben, Eve?“ fragte Sebastian und Evelyn zuckte ihre Schultern. „Ich weiß es nicht. Ich hoffe nicht.“ gestand sie und spürte wie ihre Kinnlade hinunter fiel.
Nach dem ihr Gespräch mit der Gerichtsmedizin beendet war, wollten Evelyn und Aayana einem Hinweis nachgehen. Zuerst sollten sie beide jedoch noch einmal in die technische Abteilung des Reviers kommen wo Josef, noch immer, an seinem Rechner saß und arbeitete. Evelyn trat neben den jungen Mann. „Was haben Sie noch für uns?“ erkundigte sie sich und Josef deutete auf den Bildschirm. „Ich habe mir die Anruferliste noch einmal genauer angesehen und kann Ihnen nun sagen wer dieses Wegwerf Handy, was eigentlich ein Diensthandy war, benutzt hat. Vielleicht ist es nur ein weiteres kleines Korn in einer riesen Mühle und dennoch wollte ich Ihnen das gezeigt haben.“ berichtete Josef und Evelyn klopfte ihm anerkennend auf die Schultern. „Das war gute Arbeit, Josef. Ich denke sie bringen uns in dem Fall einen Schritt weiter. Josef lächelte. „Sehen Sie sich das an.“ sagte er und schon veränderte sich das Bild und eine Audio Nachricht war zu hören. „Hier ist eine junge Frau. Sie atmet nicht mehr. Ihre Pulsadern wurden aufgeschnitten. Oh mein Gott ich glaube sie ist tot.“ sagte eine männliche Stimme in der Audio und ehe der Beamte am anderen Ende antworten konnte, wurde aufgelegt. Evelyn runzelte ihre Stirn. Sie blickte zu Aayana, welche dies ebenfalls merkwürdig fand. „Können Sie die Stimme irgendwie mit denen anderer Straftäter vergleichen?“ fragte Evelyn nach und Josef schüttelte seinen Kopf. „Nein. Ich glaube so etwas können nicht einmal die Kollegen in den USA. Was ich allerdings versuchen kann, ist das Handy einer bestimmten Person zu zuordnen. Das könnte eventuell funktionieren. Das dauert allerdings einige Zeit.“ sagte Josef und beide Frauen nickten zustimmend. „Könnte ein Mitarbeiter eventuell der Täter sein?“ wollte Aayana wissen und sah Evelyn fragend an, welche ihre Schultern zuckte und ihre Stirn in Falten legte. „Möglich ist alles.“ sagte Evelyn und verengte ihre Augen. „Ich denke wir sollten mit dem Pächter reden.“ schlug Evelyn vor und schon machten sich beide Frauen auf den Weg.
Das war dumm. Sehr dumm. Dachte Andreas und rollte seine Augen. Er hatte sich von dem Dark Man Killer inspirieren lassen, hatte es so aussehen lassen, als sei dieser es gewesen und wollte eigentlich in der Masse untertauchen. Andreas hatte jedoch nicht bedacht das er mit seinem eigenen Diensthandy, einem Prepaid Handy, bei der Polizei angerufen und diesen Notruf getätigt hatte. Nun würde die Polizei dies inzwischen wissen und würde nun nach ihm fahnden. Auch hätte er diese beiden anderen jungen Frauen einrechnen müssen, auch wenn sich diese nicht sonderlich um ihre Freundin gekümmert hatten. Andreas war angespannt. Er hatte nicht damit gerechnet. Im Fernsehen sah alles immer so einfach aus. Dort konnten Mörder der Verhaftung entgehen. Im echten Leben schien er damit wohl keinen Erfolg zu haben. Andreas überlegte fieberhaft was er nun tun sollte. Wie würde die Polizei vorgehen? Was würden sie als nächstes tun? Viele Fragen und keine Antworten. Alles schoss durch seinen Kopf. Ihm musste schnell etwas einfallen. Oder man würde ihn verhaften und Lebenslang ins Gefängnis stecken. Dies wollte er um jeden Preis verhindern. Nur dazu musste er sich einen Plan überlegen.
Gegen Nachmittag waren Evelyn und Aayana in München angekommen. Dort hatte der Pächter des Freizeitparks, Alfredo Gonzales, eine Wohnung als Eigentum und hatte zugestimmt die beiden Kommissarinnen zu empfangen. Da es unmöglich war in der Innenstadt einen Parkplatz zu bekommen, schlug Aayana vor den Dienstwagen, einem BMW, etwas außerhalb in einem Parkhaus zu parken und den Rest des Weges zu Fuß zu bestreiten. Beide liefen neben einander die Straßen entlang und hielten sich dabei auf dem Bürgerstein. Evelyn liebte diesen Moment. Sie war zuvor niemals in München gewesen und konnte somit einen Blick auf die Architektur, die Vorgärten oder die Gebäude werfen, welche sich ihr boten. Aus den Augenwinkeln konnte Evelyn ein Moped erkennen. Sie hörte auch den Sound des Motors. Es war als wanderte sie in Gedanken in ihre Teenager Zeit zurück, als sie mit ihrem ersten Freund, auf dessen Moped gesessen hatte und durch den Ort fuhr. Es war eine schöne Zeit gewesen. Dachte sie und wurde aus ihren Gedanken gerissen als das Moped neben ihr zum stehen kam. Hier war keine Ampel oder ein Stopschild. Evelyn warf einen Blick über ihre linke Schulter, musterte den Fahrer, der einen Helm mit schwarzem Visier und eine Lederjacke passend zur Lederhose trug. Sie stellte sich vor dass der Fahrer sie anlächelte. „Kennen Sie den Kerl?“ erkundigte sich Evelyn und schon im nächsten Moment, scherte das Heck des Mopeds aus, traf sie an ihrer Hüfte und beförderte durch die Luft. Evelyn flog gegen die Scheibe einer Eisdiele, welche unter dem Gewicht zerbrach und in viele kleine Stücke zerbrach. Evelyn verletzte sich dabei an ihrer Stirn, knallte auf das Parkett und blieb einen Moment liegen. Aayana wollte ihre Pistole ziehen, steckte jedoch einen kräftigen Schlag von einem Schlagstock ein, taumelte rückwärts und fiel auf den Asphalt. Der Fahrer drückte aufs Gaspedal und fuhr davon.
„Und es geht dir wirklich gut, Eve? Ich soll wirklich in Wolfsburg bleiben und nicht kommen und dich beschützen? Ich mache das. Ich bin in knapp sieben Stunden da.“ versprach Sebastian via Handy und Evelyn schüttelte ihren Kopf. Ein Kunde hatte das Schauspiel beobachtet und gesehen wie Evelyn durch die Scheibe fiel und hatte den Notarzt angerufen. Seit einer halben Stunde wurden Evelyn und Aayana von den Sanitätern versorgt. Evelyn wurde in dieser Zeit dreimal von ihrem Kollegen angerufen. Ursprünglich wollte er ihr etwas mitteilen. Als Sebastian hörte was mit seiner Kollegin und der anderen Frau passiert war, erstarrte er förmlich und versuchte nun alles damit er sich um sie sorgen musste. Evelyn fand dies schon irgendwie süß. „Du brauchst nicht herkommen. Das würde auch keinen Sinn machen, Sebi. Wir brauchen noch die Erkenntnisse von den Indizien am Tatort und diese sind nun mal in Wolfsburg bei der Forensik zu finden. Oder willst du immer hin und her fahren? Das glaube ich kaum.“ erinnerte sie ihn und Sebastian schien sich zu beruhigen. Er atmete hörbar aus. „Habt ihr wenigstens das Kennzeichen?“ hakte er nach. „Eher net so.“ antwortete Evelyn und rollte ihre Augen. „Ich habe jedenfalls etwas Interessantes gefunden.“ verkündete Sebastian stolz. „Was denn? Das meine Kopfschmerzen nicht mehr verschwinden werden.“ gab Evelyn scherzhaft zurück. „Nein. Gute Besserung dafür, Eve.“ sagte er besorgt und schon wechselte seine Stimmung wieder. „Nun sag schon.“ drängte sie ihn. „Ich war bei den Eltern von Jazzica Schwarz und habe ihnen unser Beileid ausgesprochen. Wir haben geredet und die Eltern meinten das Herr Gonzales verantwortlich sei. Als ich nachfragte, meinte der Vater, dass seine Tochter, seine Minderjährige Tochter, eine Affäre mit dem Pächter des Freizeitparks hatte und sie deshalb nach Egglkofen gezogen sei. Jazzica habe auf dem Gelände bei den Schaustellern gearbeitet und sich mit zwei jungen Mädchen angefreundet. Tess und Sam. Die Nachnamen konnte man mir leider nicht verraten.“ berichtete Sebastian und schon hellte sich Evelyns Gesicht auf. Eine neue Spur tat sich auf.
Alfredo Gonzales wirkt ein wenig gestresst. Er hatte sich bereit erklärt mit der Polizei zu sprechen. Nun da Evelyn und Aayana wusste das er eine Affäre mit einer Minderjährigen hatte, welche ermordet wurde, hatte sich das Blatt geändert. Nun befanden sie sich nicht in seiner Eigentumswohnung, sondern im Verhörraum des Münchner Polizei Reviers. In dem großen Raum, der gut beleuchtet wurde, sich ein Holztisch mit entsprechenden Stühlen befand, saß Gonzales auf einem der Stühle und schaute etwas verlegen drein als Aayana ihm einige Fotos von der Leiche präsentierte. Gonzales hatte weißes schütteres kurzes Haar. Er war groß, schlank und hatte blaue Augen. Er trug einen grauen Hosenanzug und ein dunkel blaues Hemd. Ohne eine Krawatte. Vermutlich hatte er dies nicht mehr anziehen können, als die uniformierten Kollegen ihn zum Verhör abgeholt hatten. Seine Hände waren nicht in Handschellen. Dies schien Evelyn nicht für nötig zu halten. Zumindest noch nicht. Der ältere Mann gestikuliert wild umher. „Ich habe sie nicht ermordet!“ polterte es aus ihm heraus und er schlug mit der geballten Faust auf die Tischplatte. Evelyn als auch Aayana bekamen große Augen. „Das ist eine heftige Reaktion auf meine Frage, Herr Gonzales. Sind Sie sicher das Sie uns nicht doch etwas anderes beichten wollen? Vielleicht doch den schrecklichen Mord an dem jungen Teenager, mit der sie etwas hatten und diese dann plötzlich nicht mehr wollte. Vielleicht haben Sie, Jazzica, ja zum Park gelockt und sie zu Tode erschreckt. Sie als ihr Liebhaber müssten eigentlich von ihrer Herzschwäche wissen.“ warf Aayana ein und versuchte dem Mann ein Geständnis zu entlocken. Gonzales hingegen schüttelte seinen Kopf. „Ich habe Jazz geliebt. Sie wäre in zwei Monaten Achtzehn geworden. Was spielt es für eine Rolle was ich tue oder was nicht?“ meinte er und sah abwechselnd zu den beiden Ermittlerinnen. „Wegen Ihnen ist Jazzica von zu Hause weg gelaufen. Sie haben die junge Frau vielleicht nicht umgebracht und dennoch tragen Sie eine Mitschuld. Und wenn ich Sie nur wegen Beihilfe belangen kann, dann mache ich das.“ mischte sich nun Evelyn ins Gespräch mit ein. „Ich habe mit ihrer Ermordung nichts zu tun. Wie kann es dann Beihilfe sein?“ wollte Gonzales wissen. „Sie haben mitgeholfen das diese Tat überhaupt möglich war in dem Sie das Opfer überredet haben, mit Ihnen nach Bayern zu kommen. Sie tragen somit eine Bringschuld. Außerdem haben Sie etwas mit einer Minderjährigen angefangen und das ist gar nicht gut. Ich kenne einen guten Richter und wenn er gut drauf ist, sind Sie für immer weg, Herr Gonzales.“ donnerte Evelyns Stimme und sie funkelte den Mann finster an. Der Pächter wurde ganz ruhig. Innerlich und äußerlich schien er sich nichts anmerken zu lassen. Vermutlich musste er alles erst einmal sacken lassen. „Was wissen Sie über die beiden Freundinnen von Jazzica?“ erkundigte Evelyn sich und griff zu ihrem Notizblock. Aayana stemmte ihre Hände in die Hüften und trat einige Schritte beiseite. „Sie meinen Tess und Sam oder?“ entgegnete er und Evelyn nickte zustimmend. „Dazu kann ich Ihnen nur sagen das ich gezwungen wurde. Ich konnte mich nicht wehren.“ sagte er und Evelyn hob eine rechte Faust in die Luft. Sie verzog ihr Gesicht und blickte angewidert den älteren Mann an. „Das will ich nicht wissen. Ist nicht relevant für meine Morduntersuchung. Ich informiere allerdings einen Kollegen, der wird sich ihre Aussage notieren und dann können Sie alles sagen was Ihnen auf der Seele liegt.“ meinte Evelyn scharf. „Wir brauchen die richtigen Namen.“ warf Aayana ein und Gonzales nickte knapp. „Theresa Schilling und keine Ahnung wie Sam heißt. Ich kenne die fünfzehn Jährige Sam ohnehin nicht so gut.“ murmelte er und fing sich einen finsteren Blick von Aayana ein. „War wohl doch noch zu jung oder?“ fauchte sie, packte den Mann beim Kragen und zerrte ihn auf die Füße. „Bitte abführen!“ wies sie einen uniformierten Kollegen an und sah zu wie der Pächter abgeführt wurde.
„Sie dürfen unsere Tochter nicht ohne unseren Anwalt befragen, Frau Beck. Ich hoffe das wissen Sie.“ warnte Stefan Schilling, der Vater von Theresa und funkelte Evelyn finster an. Nach dem Gonzales den richtigen Namen von Tess verraten hatte und wo diese zu finden war, waren sie und Aayana schon auf dem Weg gewesen. Sie machten einmal an der Tankstelle halt um sich einen Schokoriegel und etwas zu Trinken zu besorgen, ehe die Fahrt nach Egglkofen weiter ging. Etwas über eine Stunde dauerte die Fahrt. Während dessen telefonierte Evelyn mit Sebastian und setzte ihn über die neusten Entwicklungen ins Bild. Egglkofen wirkte wie ein verschlafenes Nest. Wenig Einwohner, dafür eine Menge Hotels und Sehenswürdigkeiten. Aayana steuerte den Dienstwagen in die entsprechende Straße, beide stiegen aus und suchten das richtige Haus. Die Familie Schilling hatte ein zweistöckiges Haus und einen schönen Vorgarten. Stefan Schilling, ein übergewichtiger Mann in den Vierzigern, öffnete den beiden Kommissaren und bat sie ins Haus. Sie gingen ins Wohnzimmer und setzten sich den Eltern und der jungen Teenagerin gegenüber. Evelyn trug ihr Anliegen vor. Sie berichtete vom Mord an Jazzica. Tess bekam große Augen. Sie erstarrte förmlich und begann kurz danach zu weinen. Während ihre Mutter Stefanie, Tess tröstete, war Stefan Schilling wütend geworden. Evelyn konnte sich dies jedoch nicht erklären. „Das ist mir bewusst, Herr Schilling. Nur wenn wir mit unseren Ermittlungen weiter kommen wollen, brauchen wir nun mal die Hilfe ihrer Tochter und das geht leider nicht anders.“ erklärte Evelyn und ehe Stefan protestieren konnte, meldete sich Tess schniefend zu Wort. „Ich muss Ihnen etwas erklären.“ sagte Tess, wischte sich ihre Tränen ab und legte ihrem Vater eine Hand auf die Schulter. „Wir müssen dazu aufs Revier fahren. Ist das in Ordnung?“ hakte Aayana nach und Tess nickte zustimmend. „Ich rufe dennoch unseren Anwalt an.“ meinte Stefan Schilling und griff zu seinem Handy.
Unter Tränen schilderte Tess den beiden Kommissarinnen was sich vor einigen Tagen in der Nacht abgespielt hatte. Dabei fiel oft der Name eines Mannes. Eines Mannes der wohl dort in dem Freizeitpark zu arbeiten schien. Evelyn hatte sich an den Tisch gesetzt und lauschte ganz entspannt. „Wir wollten eigentlich nicht mit dem Kerl, diesem Verlierer, mitgehen, aber Jazz, stand immer schon auf Verlierer, dabei hatte sie Alf. Sie war immer ein dummes Huhn. Ich habe ihr dann die Freundschaft gekündigt und bin weg gelaufen. Mich hat nicht mehr interessiert was da zwischen den beiden abgegangen ist.“ sagte Tess und ihre Stimme klang vorwurfsvoll. „Ist dir klar, junge Dame, was danach mit deiner Freundin passiert ist?“ warf Aayana ein und Tess schüttelte ihren Kopf. „Das konnte ich doch nicht wissen. Ich wollte nur noch da weg und habe Sam animiert mich zu begleiten. Dieser Kerl war ganz komisch. Ich hatte ein schlechtes Gefühl bei dir Sache. Den Park bei Nacht zeigen und das mit einem Moped. Wie sollte das denn gehen.“ murmelte Tess und schon stellten sich die Nackenhärchen von Evelyn auf. Sie wurde hellhörig. „Sie sagten auf einem Moped sei dieser Andreas unterwegs gewesen?“ hakte Evelyn nach und Tess nickte zustimmend. „Wissen Sie den Nachnamen?“ hakte Evelyn weiter nach. Tess zuckte ihre Schultern. „Als ob ich auf Nachnamen stehen würde. Sie bedeuten nichts.“ zischte Tess und fing sich einen finsteren Blick von Aayana ein. „Meist du, es handelt sich um den Moped Fahrer der uns angegriffen hat?“ wollte Aayana im Flüsterton wissen und Evelyn zuckte ihre Schultern. „Finden wir es doch raus!“ sagte sie und grinste.
„Pass bloß auf, du Vollidiot. Nicht das sie dich noch erwischen, bloß weil du so unvorsichtig warst und hast auch noch zwei Polizistinnen angegriffen. Sag mal, Andi, bist du eigentlich noch zu retten?“ donnerte Ramonas Stimme über Handy und Andreas erschauderte. Er hatte es nicht gerne wenn sie so wahr. Dann konnte es Ärger geben und nicht nur wenig. Andreas saß in seiner Mietwohnung in Egglkofen und hatte sich ein Bier aufgemacht. Er musste den Zusammenprall mit den beiden Frauen von der Polizei, was er erst später durch die Medien erfahren hatte, erst einmal sacken lassen. Nun da es klar war, dass er da vielleicht nicht mehr aus der Nummer heraus kam, wollte er seine Partnerin anrufen, welche sich diesen perfiden Plan damals hatte überlegt. Nur war Ramona nicht begeistert gewesen. Sie fürchtete wohl auch ihn an die Polizei und somit das Gefängnis verlieren zu können. Dennis hatte sie bereits verloren vor einigen Wochen. Dennis hatte viel Drecksarbeit für Ramona erledigt. Er hatte einige Leichen hinter sich hergezogen und Andreas war eigentlich für seinen eigenen Haufen zuständig gewesen. In den vergangenen drei Jahren, seit dem es den Dark Man Killer gab, hatte es sechzehn vermisste Personen, vorzugsweise junge Frauen gegeben. Die Polizei tappte noch immer im Dunkeln. Andreas und Ramona hatten gehofft sie würden Dennis die Schuld daran geben. Sie würden ihn verurteilen und die Polizei würde aufhören nach ihnen zu suchen. Mit seinem Verhalten, dem Mord an diesem jungen Mädchen, der Fahrerflucht und dem anonymen Anruf, hatte er schon einen großen Fehler gemacht. Einen Fehler den er vielleicht nicht mehr rückgängig machen konnte. Einen Fehler der ihn seine Freiheit kosten konnte. Einen Fehler den er nicht mehr bereinigen konnte. „Ich weiß doch was du meinst, Mona. Ich kann es nicht erklären, was mit mir los ist. Ich weiß es einfach nicht.“ sagte er und seufzte. „Hat dir eigentlich jemand in deinen Kopf geschissen? Ein Gehirn kann schließlich keines vorhanden sein. Ist dir und deinem Zettel im Kopf eigentlich bewusst über was wir hier reden?“ donnerte erneut ihre Stimme und er spürte wie sie ihn anblicken würde. „Es tut mir leid.“ sagte er schlicht und tonlos. „Das wird leider nicht reichen, du Depp. Ich muss jetzt erst mal einige Zeit das Land verlassen und zu meiner Schwester nach Wien ziehen.“ sagte sie und holte einmal tief Luft. „Wenn du mich verraten solltest, lieber Andi, dann esse ich dich. Und du kennst mich. Das sind nicht nur leere Worte. Ich hoffe wir haben uns verstanden?“ zischte Ramonas Stimme scharf. Andreas schluckte einen dicken Kloß nach unten. „Ja natürlich.“
Eine kleine Pause entstand. Andreas glaubte bereits sie habe das Gespräch beendet. Dann räusperte sie sich. „Was bist du denn immer noch am Hörer, du Idiot? Du solltest lieber deine sieben Sachen zusammen packen und ebenfalls untertauchen. Falls die Bullen nicht schon zu dir unterwegs sind.“ meinte Ramona und schon fiel die Farbe aus seinem Gesicht. Damit hatte er noch gar nicht gerechnet. Oder darüber nach gedacht. Er legte auf, griff sich seine Reisetasche und begann diese mit Kleidung zu packen. Alles musste sehr schnell gehen. Andreas schaltete den Polizeifunk ein, welchen er immer gehört hatte. Dies hatte ihn immer entspannt. Eine Beamtin sprach in den Funk hinein. „Evelyn Beck hier. Wir sind unterwegs zur Wohnung des Verdächtigen. Erbitte Verstärkung.“ sprach eine weibliche Stimme, die schön klang, Andreas jedoch in Panik versetzte. Die Sirenen kamen näher. Immer näher.
„Sofort aufmachen, Herr Andreas Schäfer. Hier ist die Polizei!“ brüllte Evelyn und donnerte mit ihrer Faust gegen die Eichenholztür an dessen Wohnung. Aus dem Inneren konnten Evelyn und Aayana etwas hören, es jedoch nicht ganz deuten. „Sonst wird es ungemütlich werden, Herr Schäfer.“ fügte Aayana noch hinzu, grinste und griff zu ihrer Pistole. Evelyn zog nun ebenfalls ihre Pistole. Sie ging einen Schritt von der Tür weg, holte aus und trat mit voller Wucht gegen die Türklinke. Das Holz splitterte. Erst beim dritten Tritt gab die Tür nach, sprang auf und ermöglichte den beiden Frauen einzutreten. Mit ihren Pistolen im Anschlag marschierten die beiden Frauen den Flur entlang, bis zu einem größeren Raum, dem Wohnzimmer. Hier wollte sich Evelyn eine Sekunde umsehen als sie von hinten getreten wurde. Sie spürte nicht mal einen Schmerz. Nur diesen Druck der sie nach vorne katapultierte. Evelyn landete unsanft auf einem Glastisch, welcher unter ihrem Körpergewicht nachgab und in viele kleine Teile zersprang. Erst jetzt, als sie auf dem Boden aufgekommen war, stöhnte Evelyn vor Schmerzen auf. Aayana hatte dies beobachtet. Sie richtete ihre Pistole mit zittrigen Händen auf den Verdächtigen, einen Mann der einen Motorradhelm trug und hoffte er würde keine Anstalten machen, sich zu bewegen. „Stehen....sofort...Sie.“ stotterte Aayana. Sie musste niemals zuvor ihre Pistole ziehen oder jemanden direkt verhaften. Der Mann, Andreas Schäfer, hob zwar seine Hände in die Luft, wirbelte dennoch herum und trat ihr die Pistole aus der Hand. Anschließend packte er den Kragen ihrer Bluse, zog sie an sich heran und gab ihr einen Kopfschoß. Aayana sank zusammen und blieb bewusstlos liegen.
Andreas überlegte wohin er nun gehen sollte. Er musste zunächst aus diesem Gebäude fliehen und das sehr schnell. Er marschierte dennoch auf die größere Polizistin zu, trat ihr mit voller Wucht in die Rippen und wandte sich ab. Er wollte gerade seine Wohnung und somit auch die beiden Frauen zurück lassen, als eine Spezialeinheit der Polizei auftauchte und ihn festnahm.
Als die Nachricht von der Verletzung seiner Kollegin eintraf, hatte sich Sebastian, gerade mit seiner Freundin getroffen. Ihm war die Kinnlade hinunter gefallen. Er hatte schon das letzte Mal miterlebt das sie verletzt wurde, wegen einem Straftäter und musste sich nun erneut um sie Gedanken machen. Sebastian küsste seine Freundin, bezahlte die Rechnung und setzte sich anschließend in seinen Dienstwagen, einen Mercedes, startete den Motor und fuhr ohne Umwege auf die Autobahn um schnellst möglich bei ihr zu sein. Seine Haltestelle sollte die Schwabing Klinik in München sein. Diese hatte 650 Betten und konnte sehr viele Patienten versorgen. Die Fahrt dauerte mehrere Stunden. Zwischen durch musste er anhalten, um zu tanzen, etwas zu essen oder wenn er einmal auf die Toilette musste. Sebastian hatte seine Reisetasche, mit seinen Klamotten, im Kofferraum und würde ebenfalls in das Hotel auf dem Freizeitpark Gelände einchecken. Nun galt es jedoch erst einmal ins Krankenhaus zu seiner Kollegin zu fahren und festzustellen wie es ihr ging. Sie hatte sich noch nicht gemeldet. Vielleicht war sie bewusstlos. Vielleicht schlimmer versetzt als es jemand ihm sagen konnte. Sebastian gingen die wildesten Dinge durch den Kopf. Die ganze Fahrt über stand er unter Strom.
„Geht´s dir gut?“ rief Sebastian ohne seine Kollegin zu begrüßen und stolperte ins Zimmer hinein. Sie befand sich zusammen mit Aayana im gleichen Krankenzimmer. Evelyn schaute auf und warf ihrem Kollegen einen vielsagenden Blick zu. Evelyn war gerade dabei ihre Bluse zu zuknöpfen. Sie trug einen Verband um ihre Rippen, hatte eine Platzwunde an der linken Stirn und würde vermutlich eine kleine Narbe an ihrer linken Augenbraue behalten, was sie immer an diesen Zwischenfall erinnern würde. Sie stöhnte leise. Nun würde sie doch noch weiterhin zur Turboschnecke müssen. „Es geht mit den Umständen entsprechend, Sebi. Du hättest nicht extra herkommen müssen. Ein Anruf hätte es auch getan.“ sagte sie und Sebastian winkte ab. „Als ob du nicht auch bei mir sein würdest, hätte es mich im Dienst erwischt. Wir sind Kollegen und stehen für einander ein. Das ist doch fast wie eine Familie.“ sagte er und lächelte. „Eher wie Verwandtschaft, die man sich nicht aussuchen und die immer am Geburtstag, unverhofft, aufkreuzt.“ scherzte sie und biss die Zähne zusammen. Es tat weh wenn sie lachte.
Erst jetzt bemerkte Sebastian auch Aayana als diese sich räusperte. Sebastian wurde rot im Gesicht. Es war ihm schon peinlich das er die neue Kollegin vergessen hatte. Er verzog sein Gesicht und trat zu ihr hinüber. „Entschuldigung. Sie habe ich ganz vergessen, Frau Fuchs. Ich hoffe Ihnen ist nicht allzu viel passiert?“ „Sie brauchen sich nicht entschuldigen, Herr Henning. Dazu gibt es keinen Grund. Ich wollte euch beide nicht stören. Ich glaube da liegt mehr als nur Freundschaft in der Luft.“ scherzte sie und fing sich einen finsteren Blick von Evelyn ein. Aayana winkte ab. „Sind Sie sehr stark verletzt?“ hakte Sebastian nach und Aayana nickte zustimmend. „Ich habe eine Gehirnerschütterung. Ich darf nicht mehr aktiv am Fall mitarbeiten, hat mein Chef mir gesagt und ich soll nach Hause gehen und mich ausruhen. Meine Kollegen, Josef und Co, werden Euch trotzdem helfen, solltet ihr Hilfe brauchen. Aber ich bin raus.“ sagte sie und Evelyn senkte ihren Blick. „Danke das du mit dabei warst, Yana. Du hast viel zum Fall beigetragen. Vielleicht können wir eines Tages noch einmal zusammen arbeiten. Dann vielleicht in etwas anderem als einem Mord. Oder du kommst uns einfach mal besuchen.“ sagte Evelyn freundlich, schenkte ihrer neuen Kollegin ein Lächeln und zwinkerte ihr zu. „So herzlich kenne ich dich gar nicht. Wer bist du und wo ist Evelyn?“ scherzte Sebastian und Evelyn stieß ihm in die Rippen. Alle drei lachten.
„Ich bin drauf und dran dich von den Ermittlungen abzuziehen, Evie. Ich denke dein Kollege schafft das auch alleine. Ich finde du solltest zurück nach Wolfsburg fahren und dich mit der Polizei Psychologin wieder zusammen setzen und dann dich wieder ausruhen. Das ist schon das zweite Mal das du im Dienst angegriffen wurdest. Ich erkenne langsam ein Muster.“ meinte Joachim Beck, ihr Ex Mann, über das Handy und Evelyn rollte ihre Augen. „Das brauche ich nicht, Jo. Ich bin nun einmal an dem Fall und seinen Ermittlungen beteiligt. Ich kann nicht einfach heim gehen und nichts machen. Außerdem gehört es nun einmal dazu im Dienst verletzt zu werden. Ich denke davon können andere Kollegen ein Liedchen singen.“ antwortete sie und fragte sich wieso Joachim auf einmal so liebevoll war. Früher als sie noch eine Beziehung hatten, war er niemals so gewesen. Nicht einmal als sie mit seinem Sohn schwanger war. Joachim spielte ihr nichts vor, dessen war sie sicher und spürte seine Wärme. Und dennoch wollte sie am Fall weiterhin arbeiten und den wahren Täter überführen. Dieses Jahr hatte viele Überraschungen bereit gehalten. Viele Naturkatastrophen, Menschen die sich mit Kleber auf der Straße festklebten oder die, vielleicht, baldige Rückkehr eines Virus was die ganze Welt betroffen hatte. 2023 neigte sich dem Ende entgegen. Zuvor sollte es Halloween geben. Ein Fest mit dem sie nicht wirklich etwas anfangen konnte. Ihr Sohn hätte seine helle Freude damit gehabt, dachte sie und schüttelte ihre Gedanken ab. „Ich denke trotzdem das es besser ist, den Fall, jemand anders zu übergeben und nach Hause zu kommen. Du hast sicherlich noch eine Menge Papierkram dem du nicht nachgegangen bist.“ schlug Joachim vor und schon änderte sich ihre Stimmung. „Wie ich schon sagte, Boss. Ich muss nicht abgezogen werden. Der Arzt hat mich arbeitsfähig geschrieben und ich werde den Mordfall aufklären. Ich bin nicht aus Zucker, lieber Joachim.“ fauchte sie und warf einen vernichtenden Blick zur Wand, wo sie sich das Gesicht ihres Ex Mannes, vorstellte. „Ich meine es nur gut, Evie.“ sagte er nach einigen Sekunden. „Das weiß ich doch, Jo. Nur ist deine Gutmütigkeit hier fehl am Platz. Mein Kollege und ich werden den Fall zusammen abschließen. Wir haben den Verdächtigen bereits in Gewahrsam und brauchen nur noch die Analyse von der Forensik. Vielleicht kannst du mal bei Luise nachfragen wie weit sie schon ist. Das wäre lieb.“ bat sie und obwohl Joachim laut seufzte, wusste sie er würde sich darum kümmern. „Na gut. Du hast gewonnen. Ich kümmere mich um den Papierkram.“ sagte er und legte auf.
Sebastian trat näher und reichte ihr einen Becher mit frischem Kaffee. Evelyn nahm den Becher Kaffee in die rechte Hand, führte ihn zum Mund und nippte daran. Beide befanden sich vor dem Krankenhaus und beide ließen ihren Blick schweifen. Es sah wundervoll aus. Die Bäume und anderen Pflanzen. Die Luft roch nach frisch gemähtem Rasen. „Was hat der Chef gesagt? Darfst du weiterhin am Fall ermitteln oder eher net so?“ wollte Sebastian wissen und nippte ebenfalls an seinem Becher Kaffee. „Ich denke er hat es aufgegeben mit mir zu diskutieren, Sebi. Ich kann sehr überzeugend sein. Außerdem lasse ich mir nicht meinen Fall wegnehmen. Baumeister sucht nur nach einem Vorwand um mich abzulösen. Dann würdest du nicht mehr in meiner Gesellschaft sein.“ sagte sie und nippte an ihrem Kaffee. „Mit Baumeister zusammen arbeiten? Der Mann der von sich so überzeugt ist, allerdings keine hohe Quote hat, was Fälle aufklären angeht? Nee danke.“ entfuhr es Sebastian plötzlich. „Das kann nicht wahr sein.“ murmelte Evelyn und warf einen Blick auf ihr Handy. Sie hatte nicht eine Nachricht von ihrem Freund. Dabei hatte sie ihm als erstes geschrieben während sie noch am aufwachen war. Nun am keine Nachricht. Mehr brauchte sie nicht wissen. Es klang schon nach Schluss machen. Evelyn spürte wie ihr Herz brach. Wieder einmal hatte sie etwas mehr empfunden und wurde enttäuscht. Nächstes, schwor sie, würde ihr dies nicht mehr passieren. Nächstes Mal sollte alles anders werden.
Luise Lichtenstein war im Stress. Sie hatte sich alle Indizien angesehen und untersucht, welche in dem Freizeitpark Herbstatem gefunden wurden. Nicht eine Sache fehlte. Sie konnte mit ihren Kollegen zusammen und ihrer Ausrüstung, die dieses Mal größer war, als jene welche sie noch in diesem Chemieraum gehabt hatte. Zu dem kam sie schnell voran. Immer wenn sich Luise in ihre Arbeit hing, war ihr Privatleben auf der Strecke geblieben und etwas kam zu kurz. So hatte sie nicht viel Zeit für ihren kleinen neun Jährigen Sohn Stefan oder ihre siebzehn Jährige Tochter Veronica. Beide mussten lernen auch mal ohne die Mama zurecht zu kommen. Immer wenn Stefan seine Mutter sah sang er das Kinderlied „Wo ist meine Mama“ und entlockte Luise somit ein freundliches Lächeln. Sie umarmte dann jedes Mal ihren kleinen aufgeweckten Sohn, der schon früh verstanden hatte, was sie beruflich tat war wichtig und half der gesamten Polizei. Veronica wollte ebenfalls eines Tages zur Polizei gehen. Vielleicht nicht auf Streife, aber in eine andere Position. Dies hatte sich Veronica fest vorgenommen. Und während Luise ihr Ex Ehemann sich um die Kinder kümmerte, war sie damit beschäftigt ihrer Arbeit nach zu kommen und sich dem neusten Fall zu widmen. Das bedeutete nicht nur einfache Tage. Seitdem die Indizien aus Bayern eingetroffen waren, hatte ihr Chef sie damit genervt. Sie sollte sich beeilen. Der Polizei Präsident wollte Ergebnisse. „Kruzifix!“ zischte Luise und funkelte ihren Chef finster an. „Ich kann mich nicht wie ein Huhn auf den Computer setzen, Mike. Ich kann auch nur so arbeiten, wie ich denn arbeite und dann dauert es einen Moment. Du wirst mich und meine Leute in Ruhe lassen müssen.“ argumentierte Luise ruhig und warf ihre pinken Haare in ihren Nacken. „Ich kann euch keine Zeit verschaffen, weil ich keine habe, Lu. Ich muss selbst meinen Arsch retten. Der Polizei Präsident erwartet nun einmal Ergebnisse. Es geht hier vermutlich ebenfalls um den Dark Man Killer, auch wenn bisher nichts bestätigt ist und das soll eigentlich den Fall voran treiben.“ erklärte Michael „Mike“ Maurer und stemmte seine Hände in seine Hüften. „Das mag sein, Mike. Nur wenn du und dein Saufkumpel, der Polizei Präsident, glaubt wir Wissenschaftler haben das Rad neu erfunden oder könnten aus Scheiße Gold machen, muss ich dich leider enttäuschen. Es dauert für gewöhnlich so lange wie es eben dauert. Und wenn nicht dieser Dark Man Killer dahinter stecken würde, dann hätte ich auch die Zeit die ich brauchen würde und das werde ich der Gewerkschaft petzen. Forensiker Streik. Das wäre schön.“ zischte sie und Mike schaute sie lediglich fragend an. „Nein das wäre sehr unschön, Lu. Und das würde bedeuten das unsere Arbeit von der Presse in den Vordergrund gedrückt wird. Du weißt doch wir Wissenschaftler haben nicht immer den besten Ruf.“ sagte er und gestikulierte wild. „Aber nur weil wir nicht an Gott und dieses Himmels Gedöns glauben. Ich glaube nun mal an das was ich sehen und analysieren kann. Das ist meine Religion.“ gestand Luise und verschränkte ihre Arme vor der Brust. Sie musterte ihren Chef einen Moment lang. „Was denn?“ hakte Mike nach. „Das frage ich dich, Mike. Was willst du jetzt tun? Willst du mich arbeiten lassen oder mir weiterhin auf die Nerven gehen?“ wollte sie wissen und Mike zuckte seine Schultern. „Wie weit bist du denn, Lu?“ fragte Mike. „Ich denke ich kann den beiden Hauptkommissaren ihre Ergebnisse präsentieren und dann alles an die Kollegen in München verschicken.“ rief sie und Mike runzelte seine Stirn. „Und wieso nicht gleich so?“ hakte er verdutzt nach. Luise trat einen Schritt näher und blickte in seine blauen Augen. „Ich wollte nur sehen wie du dich windest und zitterst, Michael. Damit du weißt wer die Hosen an hat.“ säuselte sie, legte ihre Arme um seinen Kopf und küsste ihn. Mike erwiderte den Kuss seiner temperamentvollen Freundin und schüttelte anschließend seinen Kopf. „Geht nicht einfach oder?“ „Mit mir nicht!“ sagte sie und lächelte.
Die Hauptkommissare Evelyn und Sebastian hatten sich im Polizei Revier in München in Aayanas Büro eingefunden und Evelyn war froh sich endlich hinsetzen zu können. Sie spürte ihre gebrochene Rippe. Sie würde einige Zeit nur auf dem Rücken oder der rechten Seite schlafen können. Aayana hatte ihr Büro für die Ermittlungen zur Verfügung gestellt und auch wenn sie nicht mehr mitarbeitete, war sie irgendwie noch anwesend, dachte Evelyn und lehnte sich auf dem Stuhl ein Stück zurück. Dabei biss sie die Zähne zusammen. „Alles in Ordnung?“ fragte Sebastian besorgt und Evelyn nickte zustimmend. Körperlich würde sie heilen. Seelisch würde es dauern. Vielleicht war es doch wichtig Hilfe von der Turboschnecke anzunehmen. Das ihr Freund sich immer noch nicht bei ihr gemeldet hatte, bedeutete nichts Gutes und würde für ihn nicht gut enden. Evelyn brauchte nicht alle Ritt ins Kino oder zum Essen eingeladen werden. Sie brauchte nur Ehrlichkeit und Vertrauen. Liebevoller Umgang und Sorgfalt. Nur bei ihrem jetzigen Freund suchte sie dies vergeblich. Sie würde vermutlich doch weiter suchen müssen. Vielleicht mal mit Singles mit Niveau suchen, überlegte sie und schon riss das Klingeln des Telefons sie aus ihren Gedanken. Evelyn griff zum Hörer, nahm ab und legte den Griff an ihr rechtes Ohr. „Beck? Kripo Wolfsburgs?“ stellte sie sich vor und wartete einen Moment. Luise Lichtenstein war am anderen Ende der Leitung. Deren Stimme klang fröhlich.
Evelyn stellte das Telefon auf Lautsprecher.
„Hey Leute. Ich schicke euch sonnige Grüße.“ rief Luise und Evelyn runzelte, verwundert, ihre Stirn. „Ich hoffe du hast gute Neuigkeiten.“ ergriff Sebastian das Wort und trat etwas näher an das Telefon heran. Evelyn hatte sich inzwischen aufgesetzt. „Das habe ich doch immer.“ rief Luise und brach ab. „Ich habe mir die Indizien allesamt angesehen und untersucht. Dabei ist mir etwas aufgefallen. Es gibt wirklich Übereinstimmungen zwischen diesem Fall und dem Fall des Dark Man Killers. Es wurde eine Speichelprobe gefunden. Dieser Speichel, also die DNS, sind allerdings nicht im Computer. Was jedoch in der Datenbank ist, ist ein Daumenabdruck, den Doktor Schröder vom Körper des Opfers hatte nehmen können.“ berichtete Luise und schon sahen sich Evelyn und Sebastian fragend an. „Und wieso wissen wir nichts davon?“ hakte Evelyn neugierig nach. „Das ist Doktor Schröder erst später aufgefallen, als sie die Leiche für das Bestattungsinstitut fertig gemacht hatte. Da kam wegen der Leichenstarre und der blassen Haut, ein Daumenabdruck zustande, den ein Kollege abgenommen und mir ins Labor gebracht hatte. Ich konnte den Daumenabdruck in der Datenbank finden.“ berichtete Luise weiter und beide Kommissare machten sich Notizen. „Irgendetwas besonderes?“ erkundigte Sebastian sich. „Ich bin noch nicht fertig, Leute. Da ist noch mehr. Nur bin ich kein D Zug. Kruzifix!“ keuchte Luise und brach ab. Evelyn warf ihrem Kollegen einen fragenden Blick zu. Sie wollte schon das Telefonat beenden als sich Luise räusperte. „Der Daumenabdruck gehört einem gewissen Andreas Schäfer. Er ist vorbestraft wegen Tätlichkeit und Raubes. Lebt irgendwo in München. Die genaue Adresse kann ich euch ebenfalls sagen. Er arbeitet in dem Freizeitpark Herbstatem als Mechaniker und Fährt ein Moped.“ berichtete Luise und Evelyn nickte stumm. An dessen Moped konnte sie sich noch erinnern. „Danke dafür, Lu. Ich denke wir haben jetzt genug belastendes Beweismaterial gegen den Täter.“ meinte Evelyn und Luise schien dies zu gefallen. „Ich schicke euch was wir gefunden haben, als Email und dann könnt ihr euch den Kerl im Verhör vornehmen. Jedenfalls. Viel Spaß euch beiden. Namaste!“ verabschiedete Luise sich und Evelyn legte den Hörer, des altmodischen Telefons, auf. „Ich denke wir sollten mal mit unserem Hauptverdächtigen sprechen.“ schlug Evelyn vor, erhob sich und marschierte aus der Tür hinaus auf den Flur.
„Ich will meinen Anwalt sprechen.“ forderte Andreas Schäfer die beiden Hauptkommissare auf, als diese den Verhörraum betraten und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Evelyn und Sebastian nahmen ihm gegenüber Platz. „Dann sind sie schuldig, Herr Schäfer. Dann können Sie auch gleich ihr Geständnis unterschreiben.“ erinnerte Evelyn den Mann und versuchte eine Reaktion zu provozieren. Andreas Schäfer hielt inne. Für einen Moment sagte er nichts. Er musste wohl überlegen, dachte Evelyn und wünschte sich Gedanken lesen zu können. „Ich weiß nicht wovon Sie da überhaupt sprechen. Ich bin es nicht gewesen, egal was Sie mir vorwerfen.“ sagte Andreas und winkte ab. „Sie mein Freund, haben mich und meine Kollegin in ihrer Wohnung angegriffen und verletzt. Wollen Sie das ebenfalls leugnen?“ donnerte Evelyns Stimme. „Nein. Aber das was Sie mir sonst vorwerfen, habe ich nicht getan und weiß auch nicht was ich hier eigentlich soll. Ich kenne nicht einmal ihre Namen!“ rief Andreas und Evelyn presste ihre Lippen aufeinander. Sie griff in ihre Hose und holte ihren Dienstausweis heraus. „Die Hauptkommissare Beck und Henning.“ stellte sie sich und ihren Kollegen vor und lehnte sich ein Stück weit auf dem Stuhl zurück. „Es tut mir leid das ich Sie angegriffen habe. Ich war in Panik und wollte nur noch weg.“ gestand Andreas und senkte seinen Kopf. Er schaute nun die Tischplatte an. „Warum haben Sie Panik gehabt? Vielleicht weil sie der Kerl auf dem Moped waren, der zwei Frauen auf der Straße angriff und Fahrerflucht beging oder weil sie eine gewisse Jazzica Schwarz auf dem Gewissen haben? Suchen Sie sich etwas aus, Herr Schäfer. Sie werden in all diesen Punkten angezeigt und es wird ohnehin zu einer Haftstrafe kommen.“ donnerte Evelyns Stimme erneut und sie funkelte den Mann finster an. Andreas schien erst jetzt zu begreifen was er eigentlich getan hatte. Oder es war gut inszeniert dachte Evelyn. Sie erinnerte sich noch an Dennis Meisinger. Dieser hatte ihr nichts vorgespielt und war sich seiner sicher gewesen. Sie verengte ihre Augen und musterte den Mann, ihr gegenüber. „Jazz war etwas besonderes für mich. Ich hatte mich in sie verliebt und wollte sie beeindrucken. Ich wollte sie nicht umbringen. Es war ein Unfall.“ rief Andreas und vergrub seinen Kopf unter seinen starken Armen. „Wenn es ein Unfall war, wieso ihr dann die Pulsadern durchschneiden und versuchen das junge Mädchen ausbluten zu lassen?“ hakte Sebastian nach. „Ich weiß nicht was Sie meinen, Herr Henning. Ich kann mich nicht erinnern.“ meinte Andreas und schüttelte seinen Kopf. Evelyn und Sebastian tauschten einen fragenden Blick. Sie wussten in diesem Moment nicht mehr was sie sagen oder denken sollten. Andreas Schäfer war genial. Er versuchte auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren, damit er einer Lebenslangen Freiheitsstrafe entging. Nur würde dies nicht aufgehen, dachte Evelyn und grinste. „Herr Schäfer, bitte erzählen Sie uns keinen Scheißdreck! Wir wissen das sie das Opfer aus Mordlust umgebracht haben. Weil sie ein Sadist und ein kleiner Wurm sind, der das Liebte was er tat.“ fauchte Evelyn und schon begann Andreas laut zu lachen. „Na gut. Sie haben mich überführt und durchschaut, Frau Beck. Ich bin Teil des Dark Man Killers. Wir sind ein Trio und haben alles zusammen geplant. Nur wenn Sie einen Kopf abschneiden ist es nicht unbedingt das Ende. So lange noch einer von uns frei ist, wird das Morden weiter gehen und dieses Mal weiter im Norden. Es wird episch das verspreche ich Ihnen.“ höhnte Andreas und Evelyn lief ein Schauer über den Rücken. „Und jetzt möchte ich bitte meinen Anwalt sprechen.“ forderte er und Sebastian nickte zustimmend. Evelyn war geschockt. Geschockt über seine Aussage und darüber dass der Dark Man Killer noch einmal zuschlagen würde. Sie würden all ihr Können aufbringen müssen, um den Täter oder die Täterin zu finden. Dessen war sie sicher.
Einige Tage später wurde Jazzica Schwarz im Kreise ihrer Familie, Verwandten und Freunde auf dem Friedhof in Wolfsburg beigesetzt. Auch Evelyn und Sebastian nahmen an der Beerdigung teil. Andreas Schäfer wurde erfolgreich des Mordes an Jazzica überführt und zu zweimal Lebenslang verurteilt. Er würde jedoch ins gleiche Gefängnis wie Dennis Meisinger kommen. Dies konnte Evelyn nicht verhindern. Mehr Sorge machte ihr der fehlende Täter, welche noch immer ein Katz und Maus Spiel gegen die Polizei spielte und sich auf freiem Fuß befand. Sie würde nicht ruhen ehe dieser Fall abgeschlossen war. Evelyn schüttelte ihre Gedanken ab, trat an das offene Grab heran und warf eine weiße Rose hinein. „Danke, Frau Beck. Meine Tochter wird jetzt ihre letzte Ruhe finden können.“ flüsterte Herr Schwarz und Evelyn schüttelte seine Hand. Sie war kräftig und stark. „Das war Ehrensache.“ entgegnete Evelyn, grinste matt und wandte sich ab.
„Was denkst du wird uns noch erwarten mit diesem Dark Man Killer, Eve?“ fragte Sebastian, nachdem beide im Dienstwagen saßen und sich angeschnallt hatten. Evelyn zuckte ihre Schultern. „Ich hoffe nicht mehr allzu viel. Es sind schon genug Menschen ums Leben gekommen, wegen dem Sadismus dieser Psychopathen und wir sollten immer auf der Hut sein.“ warnte Evelyn. Sebastian nickte knapp. Das ganze Theater ging auch an ihm nicht spurlos vorbei. Er wollte sich heute Abend mal wieder rasieren und frisch machen.
Ende
Für Lu und Laura. Danke euch vom Herzen.
Vom: 15. bis 18 September 2023
Tag der Veröffentlichung: 18.09.2023
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Lu und Laura sowie Aki. Danke für die liebevolle Unterstützung und eure Inspiration.
Cover: K. Gelbrecht