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Ich wachte auf, so wie auch jeden Morgen. Ich guckte auf den Wecker und mit Schrecken musste ich feststellen, dass ich verschlafen hatte. 10:00Uhr war es schon. Dabei hatte ich doch meiner Mutter versprochen um Punkt 9:00Uhr vor dem Haus zu stehen. Ich eilte zu meinem Schreibtisch, auf dem meine Kleidung lag. Schnell zog ich sie mir über und kämmte ein paarmal durch meine langen, lockigen Haare. Sie waren wie Seide. So weich, so glänzend. Dann joggte ich aus meinem Zimmer. An der Schlafzimmertür von meinem Bruder vorbei zu der Haustür. Aber was war das? Die Zimmertür von meinem Bruder war einen Spalt offen. Ich schlich noch mal dort hin, um zu sehen, was los war. Als ich die Tür noch ein winziges Bisschen öffnete sah ich, dass mein Bruder noch in seinem Bett lag. Wollte der nicht auch helfen? Aber ich kannte meinen Bruder. Er war oft unpünktlich. Also machte ich mir nichts daraus. Ich lief wieder zur Tür und öffnete diese. Sie knallte lautstark hinter mir zu. Ich guckte mich um, aber keiner war zu sehen. Die waren bestimmt schon arbeiten. Also lief ich über den Hof um zu gucken, wo sie sind. Doch ich fand keinen. Auf einmal ging die Haustür auf und meine ganz verschlafenen Eltern guckten mich fragend an „Was machst du schon so früh auf dem Hof? Und überhaupt: Was knallst du die Tür so?“ Sie klang ein bisschen böse. „Wie meinst du das, Mama? Es ist schon 10:15Uhr. Und das mit der Tür war nicht meine Absicht. Es tut mir leid.“ Ich war ein bisschen verwirrt. Doch dann lachte meine Mutter „Mein Schatz. Es ist 7:00Uhr. Was meinst du denn mit 10:15Uhr?“ Wieder guckte sie mich fragend an. Ich wusste nicht, wie sie das meinte. War es wirklich erst 7:00Uhr? Und wieso zeigte dann mein Wecker 10:00Uhr an? „Aber wenn wir ja schon einmal wach sind, können wir doch frühstücken“, sie lächelte. Etwas fraglich lief ich ihnen hinterher.
Am Frühstückstisch guckte mich mein Bruder so schadenfroh an. Als wüsste er, was los war. Meine Mutter fand, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit am Tag ist. Sie meinte, ohne es kann man sich nicht konzentrieren und versagt von oben bis unten. Ich fand das etwas komisch, aber sie war durch und durch komisch. Dann fing meine Mutter an zu reden. Es war selten, dass wir beim Frühstück reden, denn sie meinte, wir sollen es genießen und das kann man nun mal nicht beim Reden. Irgendwo hatte sie schon Recht, aber es nervte mich immer wieder, wenn ich etwas Wichtiges sagen wollte. Mein Vater sagte immer „Sag es nach dem Frühstück!“ Doch da hatte ich es schon längst wieder vergessen. Alle guckten sie an, als sei es das achte Weltwunder, das sie redet. Ihr Mund verzog sich zu einem leichten lächeln „Ich habe euch allen etwas mit zu teilen! Ihr wisst doch sicher, dass ich einen Patienten an der Ostsee habe?“ Meine Mutter war Tierärztin. Sie hatte viele Patienten. Auch welche, die weiter weg wohnen. Wir nickten. „Und der hat sich ein neues Pferd gekauft. Sein Name ist Magic. Er ist ein Hannoveraner. Ein wundervolles Tier. Leider kommt Herr Kleis mit ihm nicht klar. Er hat uns eingeladen, ihn mal an zu gucken. Ich habe gesagt, wenn einer von uns mit Magic zurechtkommt, kaufen wir ihn.“ Ich strahlte über das ganze Gesicht. Wir hatten einen Reiterhof, der genau an der Nordsee lag. Leute konnten hier gedehnte Ausritte am Strand machen, Kinder konnten aufregende Reiterferien machen oder man konnte sich ein Zimmer mieten, um nah am Strand zu sein. „Aber leider fehlt Herr Kleis dann ein Pferd für seine Strandausritte. Ich habe beschlossen, dass wir tauschen. Ich würde vorschlagen wir nehmen ihn, wenn alles gut geht und er bekommt Hácàr.“ Hácàr war unsere kleine Islandstute. Sie wohnte schon seit drei langen Jahren bei uns. Sie hat schon so viel mit uns erlebt. Ich erinnerte mich noch an den Ausritt, wo wir ein Fohlen entdeckten, dass einsam zwischen den Felsen kauerte. Wir haben es großgezogen. Jetzt ist es schon dreieinhalb Jahre aus und steckt mitten in der Ausbildung. Arbeiten macht dem kleinen Racker viel Spaß und er zeigt immer vollen Elan. Er steht noch immer seit den drei Jahren mit Hácàr auf einer Wiese. Hácàr und er kamen immer an, wenn ich zur Wiese lief. Sie schnaubten immer, wenn sie mich sahen. Ich konnte mir nicht vorstellen, das nicht mehr zu haben. Aber noch ist nichts entschieden. In einer Woche sollte es losgehen. Denn in da fingen die langersehnten Sommerferien an. Als wir mit dem Frühstück fertig waren, war es schon viertel nach acht. Ich half meiner Mutter noch den Tisch ab zu decken und dann ging ich in mein Zimmer. Meine Uhr zeigte voller Stolz 12:05Uhr an. Erst bemerkte ich es nicht. Als ich es dann bemerkte dachte ich mir „Ach lass. Egal. Mach ich später!“ Ich wollte noch dringend gucken, ob ich eine neue E-Mail bekommen hatte. Tatsächlich! Meine beste Freundin Ellen hatte mir geschrieben: „Hallo meine Liebste Freundin Mia. Ich hatte den Drang dir zu schreiben. Also wollte ich dich fragen, ob du heute mit mir ausreiten willst? Ich hätte mal wieder dringenden Redebedarf. Schreib mir doch zurück, deine Ellen“ Es freute mich immer, E-Mails zu bekommen. Also schrieb ich ihr genauso freudig wieder zurück: „Hallo Ellen. Schön, dass du mir schreibst. Sicherlich können wir reiten, aber dann musst du mit helfen bei dem Koppelaufbau. Wir wollen heute die neue Wiese umzäunen. Da kommen dann Pablo Picasso und André drauf. Wen hast du denn vor zu reiten? Du kannst so um zehn Uhr kommen. Liebe Grüße, deine Mia.“ „Abschicken“ murmelte ich vor mir hin und drückte auf den Button. Nach ein paar Minuten kam wieder eine Mail. Ich öffnete sie und las: „Geht klar. Kann ich Balu reiten? Der ist so cool. Reiten wir am Strand lang? Ich helfe euch versprochen, dann geht es schneller. Freu mich schon auf nachher, deine Ellen.“ Ich antwortete noch: „Du kannst Balu reiten. Ich weiß noch nicht, wen ich nehme. Ja, wir reiten am Strand. Bis dann.“ Und als die Mail abgeschickt war, machte ich meinen Computer aus. Ich guckte auf meine Uhr, die ich immer noch nicht gestellt hatte. Sie zeigte mir freudige 11:24Uhr an. Ich erinnerte mich daran, dass sie nicht richtig ging und rechnete. Ich kam auf das Ergebnis, dass es bereits viertel nach acht war. Da ich noch ein bisschen Zeit hatte, zog ich mir meine Arbeitshose an und lief zum Stall. Dort begrüßte ich erst einmal alle unsere 26 Pferde und besonders meinen kleinen Araber Wallach Cookie. Er war nicht besonders groß, aber sehr liebenswürdig. Wir hatten ihn damals vor dem Schlachter gerettet, denn der Vorbesitzer hatte ihn nicht mehr gewollt, weil er unglücklicherweise ein Tunier verloren hatte. Da er seine letzte Changs war, seine Schulden zu bezahlen, verkaufte er den Hof und seine letzten beiden Pferde zum Schlachter. Cookie konnten wir retten, denn er war gesund und in top Form, aber sein anderes Pferd Kapitän war nicht mehr zu retten. Er war schon alt und sehr abgemagert. Seine Hufen waren total kaputt und einen Tierarzt hatte er wohl schon lange nicht mehr gesehen. Es war sehr schade um Kapitän, aber jetzt kam er in den Himmel und musste nicht mehr leiden.
Ich ging in Cookies Box und umarmte ihn. Er war das Beste, was mit passiert war. Mein Bruder war dagegen nicht so emotional und hatte es auch nicht so mit Pferden. Er fand immer: „Pferd ist Pferd. Sie unterscheiden sich nur in der Farbe, in der Größe und Geschlecht.“ Das klang für mich wie eine Beleidigung den Pferden über. Sie unterschieden sich nicht nur darin, jedes Pferd hatte einen eigenen Charakter. Und kein Pferd hatte genau den gleichen Charakter wie ein anderes. Jedes Pferd war einzigartig. Aber mein Bruder war so oder so das glatte Gegenteil von mir: Er hasste es, auf einem Pferdehof zu leben; ich liebte es. Er hasste es, zu helfen; ich mochte es. Ich packte immer fleißig an, wenn Hilfe gebraucht wurde. Er stand hingegen daneben und gab Anweisungen. Aber nicht einmal das bekam er hin; einmal hat er uns in eine Matschgrube gelotst. Aber doch fand er immer wieder, dass es Vorteile hatte, auf einem Reiterhof zu leben: Alle Mädchen lieben Jungen, die reiten und das genoss er. Er ließ sich den ganzen Tag von ihnen helfen und bewies immer wieder, wie viel Kraft er hatte und wie gut er reiten konnte. Einmal war er sogar vom Pferd gefallen und alle Mädchen rannten sofort zu ihm, um ihm hoch zu helfen. Das war sehr lustig, denn er ist genau in einer Matschpfütze gefallen. Danach beschwerten sich die Mädchen bei meinen Eltern, dass der Platz ausgesprochen gefährlich sei, ihr Sohn sei vom Pferd gefallen, weil dieses ausgerutscht ist in einer Pfütze. Natürlich war das nicht so! Er hat einfach nur den großen gespielt und nicht darauf geachtet, was sein Pferd unter ihm tut. Dieses vergnügte sich sehr und als es die Changs sah, dem zu entfliehen, nutzte er sie. Schnell wie der Blitz stürmte er auf die niedrige Hecke zu und sprang darüber. Da aber mein Bruder nur Dressur beherrschte und noch nie in seinem Leben gesprungen ist, ließ er sich einfach fallen. Zu seinem Unglück genau in eine Pfütze. Meine Eltern nahmen die Vorwürfe der Mädchen sehr zu Herzen. Sofort ließen sie unseren Platz erneuern. Er hat jetzt einen neuen Zaun und keine Hecken mehr.
Meine Mutter betrat den Stall. Hinter ihr stand ein großer Hund. Nein, ein Pony. Ein kleines Pony. Das klackern der Hufe wurde immer lauter. Bis es plötzlich erstarrte. Es war sehr nah bei mir, aber nicht direkt neben mir. Leider konnte ich es nicht zuordnen. Nachher wollte ich den Stall nach dem neuen Pony durchsuchen. Ich guckte auf meine Armbanduhr und erschrak. Es war bereits fünf vor neun. Ich wollte doch eigentlich um neun Uhr fertig vor der Haustür stehen. Aber ich wollte meine Reithose anziehen, weil ich danach gleich mit Ellen reiten wollte. Also rannte ich, so schnell ich konnte, in mein Zimmer. Aber das war sehr anstrengend, denn es lag im dritten Stock des Hauses und ich musste zwei Treppen besteigen, um hoch zu kommen. Endlich angekommen zog ich so schnell wie möglich meine Reiterhose an und guckte auf den Wecker und der zeigte mir 12:02 an. Und schon wieder vergaß ich, ihn zu stellen. Ich rannte wieder runter und stolperte fast über eine Tasse Caffé, die mein Vater auf die Treppe gestellt hatte, weil er gerade Pause machte. Er war Architekt und gerade sammelte er Ideen für den neuen Speisesaal für die Ferienkinder, die hier ihre Ferien machten. Es musste alles bereit sein, denn ab der zweiten Ferienwoche sind auch auf unserem Hof Reiterferien. Eigentlich sollte auch die erste Woche Reiterferien sein, aber meine Mutter sagte sie ab, da wir nicht da waren. Die Leute, die sich für diese Woche angemeldet hatten, wurden auf die anderen Wochen verteilt.
Ich lief weiter bis zu unserer Haustür und öffnete diese mit viel Schwung. Ganz vorsichtig machte ich sie zu, denn ich wollte keinen Ärger riskieren. Meine Mutter saß auf unserer Eingangstreppe und guckte sich den Plan von Papa an, den er am besten findet. Ich lunste an ihr vorbei auf den Plan. Es sah sehr schön aus, aber die Möbel auf den Bildern, die mein Vater dazu gelegt hatte passen nicht zu dem Stil. Der Raum sollte bunt und hell sein, aber auch nicht so aufdringlich. „Na mein Schatz. Wie gefällt es dir?“ Mama hatte mich bemerkt, sah mich aber nicht an. „Gut Mama. Welche Farben will Papa verwenden?“ „Hm. Ich glaube, er hatte etwas von Blau und Lila gesagt. Vielleicht wollte er auch die Wände wie eine Wiese mit Pferden anmalen. Vielleicht sollen aber auch die Kinder aus diesen Sommerferien ihre Handabdrücke darauf machen. Das mit bunten Farben sieht echt gut aus!“ Ein leichtes Lächeln huschte durch ihr Gesicht. „Was ist denn los Mama? Ich merke doch, das etwas ist.“ Ich setzte mich zu ihr und gab ihr ein Küsschen auf die Wange. „Mein Schatz. Ich kann nicht glauben, dass wir vielleicht bald keine Hácàr mehr haben. Sie war so liebenswürdig. Aber wir sehen mal. Reitest du nachher?“ Jetzt schaute sie mich an. „Ja, sicher. Ich reite mit Ellen aus. Wir wollen am Strand lang reiten. Wieso denn?“ „Könntest du vielleicht Leo reiten?“ Leo war das Deutsche Reitpony. Er war sehr viel wert, denn er hat schon viel L-Springen in seinem Leben gewonnen. Ich hatte mein erstes Springtunier der Klasse A auf ihm gewonnen. Und seit dem reite ich sehr viele Tuniere mit ihm. Er ist also mein Tunierpony und Cookie ist mein Freizeitpony.
Zusammen gingen wir zu der neuen Wiese. Alle unsere Wiesen hatten Namen, damit man ich besser merken kann, wo sie sind. Diese sollte den Namen „Sonnenwiese“ tragen. Ich durfte mir den Name aussuchen und fand, es passt zu dem Wetter. Zusammen reparierten Mama und ich die Zäune. Ich merkte gar nicht, wie die Zeit verflog. Aber dann stand Ellen hinter mir und stieß ein freundliches „Hallo“ heraus. Ich erschrak, denn ich war so vertieft in meine Arbeit, dass ich nicht merkte, dass sie hinter mir stand. Ich drehte mich um und sie hatte ein breites Lächeln auf dem Mund. Bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, sprach ich: „Erst helfen!“ Sie wusste genau, was ich meinte, denn sie wollte gerade einen Satz formen, der so ungefähr wie „Fertig zum Reiten?“ klang. Sie guckte mich durchschauend an, wiedersprach mir aber nicht und machte sich an die Arbeit. Nach einer halben Stunde waren wir fertig. Es machte sehr viel Spaß, mit Ellen und meiner Mutter die Zäune zu machen. Zusammen mit Ellen ging ich in den Stall. Da sie jetzt freien Lauf hatte und ich sie nicht hindern konnte, redete sie ohne Punkt und Komma: „Wusstest du schon, dass Vanessa mit Tom zusammen ist? Ich weiß ja nicht. Ob das klappt? Sie benutzt ihn doch nur und sie ist seine erste Freundin. Aber denk dir mal, was der dann für ein Bild von uns Mädchen hat? Der will danach doch nie wieder eine andere?! Ach so. Meine Mutter meinte ja neulich, wir müssten mal was zusammen unternehmen. Dann meinte ich, dass wir ja mal zusammen reiten gehen können, meine Mutter und ich, aber sie fand das eine schlechte Idee. Seit dem redet sie nicht mehr mit mir. Was mei..“ sie konnte den Satz nicht beenden, denn mein Bruder stürmte in die Stallgasse und fing an zu reden: „Mia, Ellen. Das neue Pony ist weg. Habt ihr das gesehen?“ Er klang sehr aufgeregt. „Nein. Wieso? Sonst interessierst du dich doch auch nie dafür?!“ „Schon, aber ich sollte die kleine Dame raus bringen und habe nicht aufgepasst und dann ist sie abgehauen. Und Mama meinte, wenn ich sie nicht finde, bekomme ich drei Wochen Hausarrest und Computerverbot. Er ist ein Notfall!“ Daher weht also der Wind. Der feine Herr bekommt also Verbot, wenn er das Pony nicht wiederfindet. „Nein. Tut mir leid. Aber wenn wir reiten, können wir ja mal gucken, ob wir sie finden. Wie war gleich ihr Name? Shelly?“ Mein Bruder nickte schnell und rannte wieder aus dem Stall. „Seltsam. Wo kann es hin sein?“ Ellen guckte mich an. „Egal. Sein Problem. Soll er doch seine Strafe bekommen; er hat es verdient!“ Mir war das egal. Er hat es verdient, denn er spielte mir immer Streiche und meine Mutter machte nichts dagegen. Wir sattelten noch schnell Balu und Leo und liefen mit ihnen auf den Hof. Dort gurteten wir noch einmal zur Sicherheit nach und stiegen auf.
Wir ritten am Strand entlang. Es sah so schön aus, wen die Sonne sich auf der Wasseroberfläche spiegelte. Dann kamen wir näher an das Waldstück heran und als wir davor waren, beschlossen wir, einen kleinen Wettbewerb zu machen: Wer am schnellsten bei dem Försterhochstand war hatte gewonnen. Der Verlierer musste ein Eis ausgeben. Wir machten uns eine Startlinie aus Stöcken und legten ein paar Äste auf den Weg, über die unsere Pferde springen sollten. Dann ging es los. Ellen führte, aber sie hatte auch das größere Pferd. Dafür konnte Balu nicht so gut springen. Den ersten Sprung schaffte er noch gut, aber bei dem zweiten verweigerte er. Das war ein Vorteil für mich, denn mein Pony überflog das Hindernis mit links. Erst mit viel Überzeugungskunst und nach dem dritten Versuch sprang Balu dann auch. Doch ich war schon einhundert Meter weiter vorne. Nicht mehr lange, und ich müsste den Wassergraben überspringen. Balu kämpfte gegen uns an. Seine großen Schritte waren mächtig und bereiteten mir Angst, wenn ich dagegen die von Leo sah. Ich sprag über den Wassergraben und auch den schaffte er mit links. Balu hatte da seine Schwierigkeiten. Denn er fand, Wasser ist zum Planschen da, und nicht zum Überspringen. Also lief er durch. Ellen erfreue das wenig, denn sie war danach nass, wie ein Eisbär nach dem Schwimmengehen. Balu dagegen sah es ehr als eine Erfrischung. Aber da hatte er Recht, denn es war sehr heiß. Ich guckte hinter mich und sah die fluchende Ellen. Sie guckte mich mit einem Blick an, der ausdrücken sollte: „Pass bloß auf! Wieso hab‘ ich bloß Balu?“ Aber das war ihr Problem, denn schließlich hatte sie sich ihn ausgesucht. Wir waren auf den letzten fünfzig Metern, als ich etwas Schwarzes im Busch entdeckte. Ich wollte zwar das Rennen gewinnen, aber ich musste wissen, was das war. Ich bog kurzerhand ab und Ellen guckte mir zwar verwundert hinterher, ritt aber weiter. Ich musste genauer hinsehen, um es zu identifizieren. Das war doch Shelly, die da hinter dem Buch verstecken spielt. Und tatsächlich hatte sie noch das kleine rosa Halfter an, mit dem rosa Strick. Ich stieg ab und ging zu ihr. Langsam nahm ich den Strick in die Hand. Ich guckte in ihre Augen und sah Angst. Pure Angst. Ich beschloss, wieder zu Ellen zu reiten. Also stieg ich wieder auf und hielt den Strick weiter in der Hand. Im Schritt lief mir Shelly hinterher. Als ich bei Ellen ankam, guckte sie mich verdutzt an: „Ist das Shelly? Hast du sie gefunden?“ Ich stieg ab und duckte mich zu ihr. „Ja, ich habe sie hinter einer Hecke gefunden. Sie sieht total verängstigt aus. Lass uns lieber nach Hause gehen!“ Ich stieg wieder auf und zusammen ritten wir den Rest des Weges noch bis nach Hause.

Impressum

Texte: (c) Bild von Bob Langrish
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2011

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