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1. Los Angeles ich komme




Das Flugzeug landete langsam und die meisten Menschen waren schon voller Vorfreude. Der süße junge Mann neben mir hatte ein breites Grinsen im Gesicht und ich schickte ihm einen Luftkuss. Seine Wangen färbten sich rot und er wandte verlegen sein Gesicht ab. Ich lächelte ihm noch einmal schnell zu, bevor ich mich auch umdrehte und auf das Aussteigen vorbereitete. Nach einigen Minuten landete die Maschine endlich und die Menschen begannen zu drängeln um möglichst schnell zum Ausgang zu kommen. Ich stieg aus dem Flugzeug und amtete alle Gerüche ein. Die Halle war voller Menschen und es war übermenschlich laut. Die Hitze hing nur so über der Menge. Zum Glück konnte ich die Lautstärke reduzieren. Das war ein großes Plus wenn man bedachte, dass ich mich ziemlich oft mit großen Lautstärken konfrontieren musste. Ich konnte alle meine Sinne reduzieren. Ein kleines Mädchen lief an mir vorbei, zu seiner Mutter und umarmte diese fest. Ich lächelte kurz. Dann ging ich voller Selbstbewusstsein mein Gepäck holen und steuerte auf den Ausgang zu. Auf meinem Weg dorthin schaute mir fast jeder Mann nach und ich lächelte jedem von ihnen verführerisch zu. In den nächsten Tagen werden sie sich nur noch fragen wer das schöne Mädchen auf dem Flughafen war. Menschen waren so primitiv. Ich lächelte voller Satisfaktion. Neben einem Mistkübel beim Ausgang stand eine Gruppe von jungen Männern die verblüffende Ähnlichkeit mit Jensen Ackles hatten. Ein wahres Wunder an Mann. Ich lächelte ihnen zu und ging weiter in die Sonne vorbei in die Sonne. Normalerweise hätte ich eine kurze Pause eingelegt um einen von ihnen aufzureißen (man konnte sich doch so eine Gelegenheit, wie Jensen Ackles ähnliche Männer nicht entgehen lassen), aber sie waren alle schwul. Man konnte es an der Haltung erkennen, außerdem hielten zwei von ihnen Händchen. Vor dem Flughafen berührten die straken Sonnenstrahlen meine blasse (aber nicht krankhaft blass, wie man es von Vampiren weis. Auch, dass sie in der Sonne verbrennen ist totaler Blödsinn) Haut und verursachten ein leichtes kribbeln. Ich bemerkte es nach einiger zweit gar nicht mehr. Hier war es noch heißer als auf dem Flughafen, aber eine leichte Brise wehte und das kühlte ein bisschen. Am Straßenrand standen unzählige gelbe Taxis (genauso wie man es in New York sieht, wo ich übrigens vor ein paar Stunden war). Ich stieg in das erstbeste ein. Der Fahrer war ein älterer Mann in einem hässlichen T-Shirt, der mich sogleich anbaggerte. Angewidert stieg ich ohne Wort aus und suchte mir ein Taxi wo eine Frau drinnen saß (was übrigens nicht immer so leicht war wie jetzt. Ich meine, welche Frau fährt schon Taxi?). Sie schien nett zu sein und starrte mir wenigstens nicht auf die Brüste. Auf dem Weg zum Sunset Tower Hotel (das übrigens fünf Sterne hat) bemerkte ich wie hungrig ich war. Im Flugzeug habe ich kaum gegessen. Nur zwei Schlücke von einem Mädchen, dem ich auf die Toilette gefolgt bin. Ich werde halt am Abend etwas jagen müssen. Diese Perspektive gefiel mir. Schließlich bin ich hier her gekommen um mir einen (menschlichen) Freund (oder besser gesagt Spender) zu suchen. Und wenn es mir dann zu langweilig werden würde, wäre er am nächsten Tag ein süßer, junger Vampir oder tot. Die Fahrt verging schnell und ich war schon um13.46 vor dem wunderschönem Hotel. Drinnen angelnagt, kam ich in eine wirklich riesige Lobby wo sich viele Menschen tummelten. Die Klimaanlage machte den großen Raum angenehm kühl und ich atmete erleichter auf. Die Reise war anstrengend bei dieser Temperatur gewesen und ich freute mich schon, dass ich in meine Suite kam und mich endlich frisch machen konnte. Ich checkte schnell ein und das erste was ich in meinem Apartment machte war...den süßen den Mann, der mich zum Zimmer gebracht hat zur Hälfte auszutrinken. Er hatte gerade noch so viel Blut, dass er schnell gehen konnte. Ich löschte kurzerhand seine Erinnerung und gab ihm einen Kuss auf die Wange zum Abschied. Diese wurde sogleich total rot und er verschwand schnell im Lift. „Menschen“, murmelte ich und ging zur Mini-Bar um mir meinen spezial Drink zu machen. Auf dem Weg dorthin sah ich mich erst einmal genau um. Die Wände waren hoch und in einer hellen Cremefabre gestrichen. In er Mitte des Raumes stand ein großes Sofa aus schwarzem Leder. Vor ihm befand sich natürlich ein großer, schwarzer Plasmafernseher. Danach gab es zwei Stufen die zu der Mini Bar und auf den Balkon führten. Auf der rechten Seite gab es noch eine große schwarze Türe, die mit höchster Wahrscheinlichkeit in das Schlafzimmer führten. Links befand sich ein Gang wo es bestimmt ein Badezimmer mit einem Whirlpool und noch etwas gab. Das würde ich dann erkunden. Der Boden war aus hellem Holz. Alles in einem eine wunderschöne und moderne Suite. Aber nichts was ich nicht schon gesehen hätte. Bei der Mini Bar angelangt sah ich mir die Alkohole an. Eine ziemlich große Auswahl. Schnell mixte ich mir meinen spezial Drink und spazierte damit auf den Balkon. Die Aussicht wäre für jeden Menschen umwerfend gewesen für mich aber war sie uninteressant. Gelangweilt schlenderte ich zu meinem Sofa rüber und schaute so aus Gefühl heraus, in meine Brieftasche. Verdammt, ich brauchte Geld. Es würde nicht schwer sein einen meiner Opfer abzuknöpfen. Zudem, dass nur reiche meine Zähne zu spüren bekamen. Aber trotzdem, es war ärgerlich mal wieder eine (fast) leere Tasche zu haben. Ich schüttete den Rest von meinem Drink auf den Boden und ging mich vorbereiten auf den Abend. Ich duschte lange und ausführlich. Dann zog mich an (aber nicht wie eine dieser Nutten mit ihren Silikon Brüsten. Deren Blut schmeckte so furchtbar ausgetrocknete Erde), lies mich von dem pummeligen Hotelführer über gute Clubs beraten und machte mich dann auf dem Weg zu einem Club, dessen Namen ich schon auf dem Weg dorthin vergessen hatte. Die Musik war hörte ich schon auf zwei Kilometer Entfernung. Lust den ganzen Weg zu gehen hatte ich aber keine und deswegen stieg ich in meine Limo. Der Hotelführer und seine Angestellten waren so überaus freundlich zu mir, dass es mir schon zu viel würde. Ich brauchte einen echten Kick. Und den würde ich hoffentlich hier in L.A. finden. Ich war schon ziemlich lange nicht L.A. gewesen (ca. zehn Jahre) und die Zeiten hatten sich geändert. Ich wusste, dass ich für den wirklichen Kick nach Vegas musste und ich hatte es schon vor. Morgen oder übermorgen würde ich in die die große gefährliche Stadt fahren. Meine Limo hielt vor dem Club an und ich stieg aus. Die Musik im Club war verdammt laut (aber gut war sie zum Glück) und die Schlange übermenschlich lang. Ich dachte nicht mal daran mich am Ende von ihr anzustellen, sondern ging gleich auf den schwarzgekleideten und glatzköpfigen (wieso müssen Türsteher fast immer ein Glatze haben?) zu. Ich nahm die Ray Ban ab und lies meine lapislazuli-blauen Augen auf den Mann wirken. Er lies mich ohne Wort rein, aber ich spürte beim vorbeigehen seinen Blick auf mir ruhen. Die grellen Lichter in dem Raum schreckten mich nicht. Ich musste einfach meine verbesserte Sehkraft vermindern. Ich war noch nicht zur Bar gekommen da wären schon zwanzig Männer bereit mir einen Heiratsantrag zu machen. Ich würde heute Abend mit ihnen allen spielen. Und sie würden mich spielen lassen. Einer von ihnen lud mich auf einen Martini an. Gleichgültig nahm ich das Angebot an und begann zu flirten. Von Zeit zu Zeit lugte ich auf den Mann in der Ecke des Clubs (der eine schlechtere Version von Ian Somerhalder war). Er würde meine heutige Krönung sein. Die Zeit verging schnell und ich gesellte mich nach zwei Stunden zu meinem kleinem Ian. Das Mädchen, dass mit ihm tanzte (und sich übrigens sehr an ihn rieb) verscheuchte ich mit einem einfachem Blick. Der Süße betrachtete mich und ich konnte mir schon seine schmutzigen Fantasien die sich in seinem Kopf bildeten vorstellen. Es war einfach so leicht einen Mann um den Finger zu wickeln Ich war schon etwas angetrunken und lies mich von ihm in Tanz leiten. Es vergingen 4 Stunden, da hatte ich meine Zähne in seinem Hals. Es tat wirklich gut mich endlich einmal satt zu essen. Er schmeckte auch nicht übel. Ein bisschen nach Alkohol und Fast Food, aber es störte mich nicht wirklich. Im Bett war er auch gut gewesen. Ich ließ ihn einfach in seiner Wohnung, die über dem Club war. Es würde ihn sowieso niemand vermissen. Und in ein paar Stunden wird er sich an nichts mehr erinnernd, als unmenschliches Wesen aufwachen und Blut brauchen um zu überleben. Ich schmeckte immer noch den widerlichen Scheiß, der auf seinen weichen Lippen war. Zum Glück hatte wer mir nicht die Zunge in den Rachen gesteckt wie es mir schon manchmal passiert war. Er war nicht der ärmste und ich nahm wirklich viel Geld aus seinem Nachtkästchen (zu meinem Vorteil), aber zwei Hunderter habe ich ihm aus Gnade gelassen. Wenn er ein bisschen Hirn hatte, dann würde er spätestens nach einer Woche seine Fähigkeiten nutzen um an Geld zu kommen. Ich war schon etwas ziemlich betrunken(es war verdammt schwer Vampire zu betrinken, aber es ging) als ich dann nach ins Hotel fuhr. Die Angestellten empfingen mich freundlich. Es war schon mindesten drei Uhr in der Nachts und die warteten auch mich? Ich musste daran wirklich etwas ändern.
„Hätten sie gern etwas Kaffee? Brauchen sie etwas? Soll ich sie zu ihrem Apartment begleiten?“
„Nein. Nein. Ich kenne den Weg.“, schwatzte ich zurück. Es irritierte mich wirklich, dass sie so nett, freundlich und höflich zu mir waren. In meinem Zimmer angekommen ging unter die Dusche und wusch mein rubinrotes, seidenes Haar (und mich auch). Dann legte ich mich aufs Bett und schlief schnell ein (oh ja, Vampire müssen schlafen, auch wenn weniger als die Menschen).

2. So schön wie ein Engel (WOOOW!!!)




„Genevieve wo bist du?“
„Komm!
„Genevieve pass auf, dort ist eine Schlucht.“
Ein schallendes Lachen füllte den Wald. Ihre nackten Füße berührten kaum den Boden. Ich hatte auch keine Schuhe an. Der ganze Wald glänzte und ein paar Sonnenstrahlen kitzelten meine Wange.
„Genevieve. Komm gehen wir. Bitte Genevieve, bitte.
Sie hörte nicht auf mich und lief weiter.
„Genevieve pass auf!”
„Komm mit!“
Ihre Stimme war so anders. Ich konnte mich nicht an den Klang gewöhnen. Sie war jetzt bloß ein paar Meter von der Schlucht entfernt. Ich lief ihr nach.
„Genevieve bleib stehen!“
Sie lief weiter auf den Abgrund zu und sprang. Ich blieb unmittelbar vor der Schlucht stehen und schaute hinunter. Die Wellen schlugen gegen die spitzen Felsen, die aus dem Wasser hinausragten. Meine Augen suchten die Wasseroberfläche ab, nach ihr. Doch kein Kopf tauchte aus der Tiefe auf.
„GENEVIEVE!!“
Ich schreckte auf. Wo war ich hier? Erst nach ein paar Sekunden bemerkte ich, dass ich in einem Hotel in Los Angeles war. Es war nur ein Traum. Ein schrecklicher Albtraum. Aber er hatte sich so echt angefühlt. Ich war ganz durchnässt vom Schweiß. Jetzt bloß nicht an Gen denken, so würde es noch ein guter Tag werden. Verschlafen rekelte ich mich auf meinem Zwei-Meter Bett von meiner Seidenbettwäsche umhüllt. Für die nächsten drei Tage brauchte ich nicht mehr zu schlafen. An mein Ohr drang leise angenehme Musik, die wahrscheinlich vom Speisesaal, zwei Stöcke unter mir kam. Ich schaute auf die Uhr. Es war halb zwölf. Ich streckte mich noch einmal genüsslich und stand dann auf. Mein Kopf dröhnte etwas, aber das würde sich in ein bis zwei Stunden legen. Ich rief die Bedienung und lies mir Pfannkuchen bringen (ich hatte einfach Lust darauf) dann zog ich mich an und ging in die Stadt. Ich kaufte ziemlich viel ein. Aber hauptsächlich sah ich mich nach Männern um. Deswegen war ich hier. Ich genoss die Blicke die sie mir zu warfen. Flirtete mit ein paar von ihnen, aber es war keiner dabei der mein Freund (Spender) sein könnte. Sie waren alle gleich und ich nahm mir vor, dass ich morgen ganz sicher nach Vegas fahren würde. Hier gab es überall nur braungebrannte Sunnyboys die immer ein Lächeln auf den Lippen hatten. Und wie schon gesagt ich wollte endlich mal was anderes, was stärkeres. Ich brachte meine neuen Sachen ins Hotel, schmiss sie auf den Boden, nahm meinen schwarzen Bikini und ging mein Glück auf den Strand versuchen. Ich ging nicht auf direktem Weg, sondern durch dunkle, enge Gassen. Hier waren die Männer härter und dunkler. Dieser Teil der Stadt war nicht ungefährlich, aber ich wusste wie man hier zurechtkam. Als ich gerade an einem Club Namens Angel Babys (wie Originell) vorbeiging, sah ich ihn. Niemand hätte ihn auch übersehen können. Jeder Blinde spürte seine gewaltige Aura. Es war ein mindestens 1,90 großer Mann. Er hatte wunderschöne blonde Haare und war verdammt gut gebaut. Man konnte durch sein eng anliegendes, schwarzes T-Shirt die gut ausgebauten Muskeln erkennen. Er war ziemlich jung vielleicht zwanzig und man konnte sich nicht an ihm satt sehen. Er hatte eine nicht zu breite nicht zu schmale Nase und wunderschöne Wangenknochen die ein bisschen hervorstanden. Seine geschwungenen und vollen Lippen waren in einem frechen Grinsen verzogen. Ich hatte fast noch nie ein so perfektes Gesicht gesehen. Den musste ich haben. Er war es. Er war der perfekte Partner für mich. Und eines war klar, so eine Schönheit würde sicher nicht sterben. Jedenfalls nicht direkt. Er könnte mich begleiten als Vampir. Naja, ich müsste mal sehen was er für einen Charakter hatte. Vielleicht war er auch schon weder einer dieser Sunnyboys. Obwohl er nicht wirklich so aussah. Selbstbewusst ging ich zu im rüber und lächelte als er den Kopf hob.
„Sorry, weist du vielleicht wie spät es ist.“
„Halb zwei.“
Gott, er hatte die Stimme von einem Gott. Ich schickte dem kleinen Adonis ein breites und verführerisches Lächeln.
„Gut. Hättest du vielleicht Zeit, mich auf einen Drink einzuladen?“
Er betrachtet mich von oben bis unten und sein Blick war intensiv. Dann sah er wieder in mein Gesicht.
„Zeit hätte ich. Bist du sie auch wert?“
„Das musst du selbst herausfinden. Aber bis jetzt war ich die Zeit von jedem wert.“
Hoffentlich mochte er die arrogante Tour. Wenn nicht musste ich meine Taktik ändern. Aber das würde ich gleich herausfinden
„Schön. Ich glaube ich bin aber nicht einer davon.
Okay, dann versuch ich es eben anders.
„Wirklich nicht. Ich bin wirklich durstig und ein bisschen Gesellschaft würde nicht schaden.“
„Ich bin leider kein guter Geselle.“
Ich war etwas erstaunt. Nicht, dass ich noch nie abgelehnt worden war, aber es kam nicht oft vor. Noch ein dritter Versuch.
„Bitte ich würde dich etwas näher kennenlernen. Außerdem ist es hier nicht sicher allein für ein Mädchen.“
Er sah mich irritiert an.
„Ich sagte: Nein.“
Wow, es war wirklich ganz selten vorgekommen, dass jemand so hartnäckig ((ich glaube nur 7 oder 6 Mal in meinem Leben. Aber bei meinem Aussehen, meiner Überzeugungskraft war das kein Wunder) war. Normalerweise hätte ich es dabei belassen und wäre gegangen, aber ich konnte diesen Mann nicht gehen lassen. Also packte ich ihn einfach an seiner Schulter, zog ihn zu mir und sah ihm in die Augen.
„Du wirst mich in einen Laden führen und mich auf einen Drink einladen.“
Ich sah wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte und er zu lächeln begann. Tja, jemanden zu beeinflussen war eben doch am leichtesten. Er sah mir in die Augen und deutetet mit ihm zu kommen.
„Komm, ich kenn hier in der Gegend einen guten Laden. Sie machen dort fantastische Drinks.
Ich folgte ihm grinsend, als es sich noch einmal umdrehte.
„Übrigens ich bin Samuel. Aber nenne mich Sam. Und wie heißt du?“
„Ariana. Mein Name ist Ariana.“
Er führte mich in eine dunklere Gasse wo sich ein Eingang zu einer großen Bar befand. Sie sah ziemlich gepflegt aus, für diese Gegend und aus ihrem Inneren drang Rockmusik. Wir gingen hinein und setzten uns an die Bar. Ich bestellte mir einen Gin Tonic und Sam einen Whisky. Sam hatte recht gehabt. Obwohl es nur ein Gin Tonic war schmeckte er großartig. Da ein langsam ein Schweigen eintrat versuchte ich es mit Small Talk.
„Was machst du für gewöhnlich?“
„High School.“
Wow. Er ging in die High School. Mit so einem jungen bin ich noch nie ausgegangen. Ich konnte einfach nicht glauben, dass Sam noch in die High School ging. Das war unmöglich, er sah viel zu alt aus.
„Wie alt bist du?“
„22.“
„Hm. 22 also.“
Irgendwie kam ich nicht mit. Hatte er vielleicht wiederholt? Das wäre aber unmöglich. Wenn er wirklich wiederholt hätte, könnte er höchstens 21 sein. Sonst wäre er in einer Sonderschule. Ja wirklich, ich kam nicht mit. Ich sah ihn fragend an und Sam lächelte als er meinen Blick bemerkte.
„Ich gebe dort Nachhilfe.“
Jetzt war alles ziemlich klar. In nahm mit Sam Blickkontakt auf und lies meinen verführerischen Blick auf ihn wirken. Dann biss ich mir leicht und schnell auf die Lippen ließ meine Mundwinkel kurz nach oben zuckend. Er erwiderte meinen Blick halb interessiert und halb lächelnd. Ziemlich lange sah er mir so in die Augen, aber dann wandte er sich ab und nahm einen Schluck von seinem Whisky. Eine kleine und kurze Welle des Erfolgs durchflutete mich. Ich hatte ihn schon fest an der Angel. Er sah wieder auf.
„Und wie alt bist du?“
„20“
Ein breites Lächeln erschien auf seinem Gesicht und schon wieder stand ich wegen ihm vor einem Rätsel.
„Du siehst nicht aus wie 20. Wenn ich dich mit meinen kleinen Schwester vergleiche.“
Und das brachte ihn zum Lachen? Dieser Mann wurde für mich immer mehr zu einem großen Geheimnis.
„Für wie alt sehe ich denn aus?“
Sein Gesicht wurde wieder ernst und er sprach mit einer tiefen, verführerischen Stimme:
„Mehr.“
Als ich diese Stimme hörte, musste ich wirklich große Beherrschung in mir aufbringen, um ich nicht gleich hier und jetzt zu nehmen. Er lächelte mich an und machte den Mund auf um (hoffentlich) endlich wieder zu sprechen. Doch als die Worte aus seiner Kehle kamen, war ihr tiefer und Schauer erzeugender Klang wesentlich kleiner.
„Und? Wie ist das mit dir? Was machst du in deinem Leben.“
„Ah, ich reise viel.“
Er zog seine linke Augenbraue hoch und sah damit so sexy und so sehr Badboy aus, dass ich unwillkürlich leicht feucht zwischen den Beinen wurde. Dann fasste ich mich jedoch ziemlich schnell.
Ich erkunde die Welt. Suche nach Abenteuern. Danach habe ich vor zu studieren.“
„Ah, und was willst du studieren?“
„Journalismus.“
Er nickte langsam und verzog seinen linken Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln nach oben. Der Eindruck war ungefähr derselbe, wie bei der Augenbraue.
„Ariana?”
„Ja?”
„Wollen wir tanzen?“
Und schon wieder zog er seine Augenbraue (diesmal seine rechte) fragend nach oben. Ich könnte ihn so ewig anstarren. Ich schlug wieder meine sexy Stimme ein und hob leicht den Kopf.
„Klar.“
Sam stand auf und hielt mir seine Hand hin. Ich nahm sie und stand auf. Er zog mich ganz nah zu sich und flüsterte mir ins Ohr: „Du musst wissen: Ich führe immer.“ Ich kam ihm noch näher und zischte zurück: „Das lässt sich ändern.“ Während wir zu einem albernem Pop-Lied tanzten ließ ich meinen Charme spüren. Schließlich sollte es ein Date sein. Und dazu gehörte auch ein ordentlicher Flirt. Ich bewegte mich zum Rhythmus der Musik und setzte dabei meinen ganzen Körper ein. Ich ließ meine Hüften kreisen und war ziemlich sexy. Aber nicht zu übertrieben. Ich wollte ja nicht aussehen wie eine oberflächliche Nutte. Ich war mehr diskret sexy und setzte auch meine Blicke ein. Aber auch Sam bewegte sich nicht schlecht. Er war sogar verdammt gut. Auf den Flirt ist er auch sofort eingestiegen und darin war er auch verdammt gut. Fast so gut wie ich. Blicke, Wörter, Bewegungen es war ein Spiel. Bis jetzt konnte ich keine Makle an ihm entdecken. Sam sah gut aus (Was rede ich da?!? Er sah aus wie ein verdammter Gott!), er war offensichtlich kein Sunnyboy (wäre er es, wäre ich wirklich überrascht gewesen), aber sein Charakter war auch nicht zu dunkel. Er konnte sich gut bewegen und überhaupt, er war einfach ein Ideal (dass er es doch nicht war, sollte ich in kürzester Zeit erfahren). Gerade als ich lachend seine Hand nahm und er mich zu sich zog fin mein Lieblingssong an. Und zwar das Original und nicht das was The Black Eyed Peas daraus gemacht haben. In diesem Moment sagte Sam leise und (schon wieder!!) mit dieser tiefen Stimme: „Das ist mein Lieblingssong“, und fing dann an zu singen.
I had the time of my life
No I never felt this way bevore
Yes I sware it´s the truth
And I ow it all to you


Ich hätte mich ehrlich gewundert, wenn er nicht hätte singen können, denn natürlich konnte er das und zwar verdammt gut. Schon wieder etwas, dass er verdammt gut konnte. Jetzt kam mein Teil und ich freute mich, dass mein Gesang auch nicht der schlechteste war. Ich musste zugeben, ich war nicht so gut wie er, aber ich konnte ruhig laut und schön singen, ohne dass jemand lachen würde.
I had the time of my life
No I never felt this way bevore
Yes I sware it´s the truth
And I ow it all to you


Ich fing an zu lachen und er stimmte ein. Nach diesem Lied wusste ich es. Sam war Wachs in meinen Händen. Ich nahm seine Hand und sprach mit geheimnisvollen Stimme.
„Komm mit.“
„Wo willst du denn hin.?
„Komm einfach mit.“
Ich zog ihn aus der Bar und suchte eine dunkle Gasse ohne Fenster. Das war nicht wirklich schwer, denn diesem Viertel der Stadt gab es unzählige davon. Ich ging mit ihm in eine davon und presste ihn gegen die kahle und schmutzige (ich habe eben eine Schwäche für Romantik) Wand. Sam umschlang mich fest mit seinen Armen, denn er schien schon zu wissen was ich vorhatte und ich begann ihn leidenschaftlich zu küssen. Ich spürte den Geschmack von seinen Lippen deutlich auf meinen, aber ich konnte nicht genau beschreiben was es war. Etwas Göttliches und sehr helles. Auf jeden Fall etwas, was ich in meinem Leben bisher gespürt nicht habe. Ich löste mich kurz von seinen Lippen und bereitete mich darauf vor ihm in den Hals zu beißen. Langsam fuhren meine Eckzähne heraus die spitz wie frisch polierte Messerklingen waren. Ich senkte meinen Kopf und begann ihn am Hals zu küssen. Meine Zähne spürten schon seine Haut als ich abrupt weggeschubst wurde. Und plötzlich war Sam weg.

3. Wirklich ein Engel (gut geraten)




Ich sah mich verwirrt um während eine Stimme hinter mir dunkel lachte. Was war eben passiert?
„Hier bin ich.“
Ich drehte mich blitzschnell um und erblickte Sam der höhnisch lachte.
„Ahja Und wer bist du?“
Er hatte inzwischen aufgehört zu lachen und hatte nun ein schiefes und spöttisches Grinsen im Gesicht.
„Du bist wirklich nicht dumm.“
Ich lachte kurz auf, obwohl ich in mir völlig angespannt und fluchtbereit war.
„In dieser Welt ist es nicht vorteilhaft, wenn man dumm ist.“
„Ja. In der Tat.“
„Verratest du mir jetzt wer, oder besser gesagt, was du bist?“
Sam legte seinen Kopf schief und zog (schooon wieder) seine linke Augenbraue nach oben. Es war zwar immer noch genauso anziehend wie vor 2 Stunden, aber ich lies mich nicht beeindrucken, sondern spannte meine Sehnen an und ging einige Schritte zurück um noch einige Meter mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Jetzt trennten uns mehr als 9 Meter. Samuel sah spöttisch auf mich herab.
„Das müsstest du dir doch längst zusammengereimt haben, da du ja so helle bist.“
Ja, er hatte Recht. Ich hatte schon eine Vorahnung. Und ich hoffte wirklich fest, dass sie nicht wahr war.
„Du weißt doch schon ganz genau was ich bin.“
Er lächelte erfolgreich während ich auf ihn zukam.
„Nämlich ein Engel.“
Er war immer näher und sein Schritt wurde immer schneller.
„Und ich nehme dich mit.“
Mit diesen Worten stand er genau einen halben Meter vor mir entfernt und beugte sich nach vor um mich zu packen. Ich holte blitzschnell mit meinem Bein aus schlug damit so fest ich konnte in seine Weichteile. Volltreffer! Er krümmte sich vor Schmerz. Ich drehte mich um und rannte. Rannte so schnell ich konnte. Egal wohin, nur unter Menschen. Dass wäre kein Problem gewesen, wären die Straßen nicht menschenleer gewesen. Renn, renn weiter. Mit aller Kraft rannte ich so schnell, dass wenn mich jetzt ein Mensch gesehen hätte, würde denken, dass es nur ein Schatten war. Doch plötzlich tauchte eine Gestalt vor mir auf. Ich bremste und machte einen Haken nach links. Aber ich war nicht schnell genug. Zwei Hände schlangen sich um meine Hüfte und ich wurde hochgezogen.
„Du bist schnell. Aber hast du vergessen, dass Engel immer schneller sind?“
Nein das hatte ich nicht. Aber was sollte ich sonst machen? Gegen ihn kämpfen. Ha, ha ja sicher.
„Lass! Mich! Los!“
Sam aber breitete seine Flügel aus und von einer Sekunde auf die andere, befanden wir uns in der Luft. Ich begann mich zu fauchen, zu winden und schlug um mich herum. Ich verlängerte meine Eckzähne und fuhr meine Krallen aus (ja richtig, meine Krallen. Sie sind zwar nicht so lang und spitz wie die einer Katze, aber trotzdem). Ich kratzte ihn damit setzte meine Zähne ein wo es nur ging. Er begann zu schwanken und ich sah darin meine Chance. Ich befreite mich aus seinem festen Griff und stürzte in die Tiefe. Au! Ich landete auf harten Mülltonne, von der ich runter rollte. Schnell stand ich auf und sah mich um. Sam war nirgends zu sehen. Plötzlich explodierte in meinem Kopf ein grelles Licht. So hell wie ich es nie zuvor gesehen hatte. Der Schmerz wanderte meinen ganzen Körper herab, bis ich nicht mehr wusste ob der Himmel über mir, oder unter mir war. In meinen Ohren rauschte es und ein heftiger Blitz durchfuhr meinen Körper. Ich stürzte auf die Knie und schrie mir die Seele aus dem Leib. Hatte ich überhaupt noch eine Stimme? Hatte ich noch überhaupt Stimmbänder? War ich überhaupt noch da? Oder gab es mich nicht? Offensichtlich doch, denn das Letzte an was ich mich erinnern konnte war der kalte Boden unter mir und dann Hände auf meinem Rücken.
Ich wachte in einem fahrenden Auto auf. Wie bin ich hier her gekommen? Ich sah mich um. Diese Gegend kannte ich nicht. Neben mir saß Sam und steuerte das Auto.
„Was mache ich hier?“
„Du fährst mit mir im Auto.“
„Sehen kann ich auch. Ich meine, was ich hier soll?“
Erst jetzt merkte ich, dass ich nicht mehr meine durchschwitzten Kleider anhatte, sondern ein rotes Kleid. Auch der BH war ein anderer.
„Du hast mich umgezogen!?“
„Ja.“
Ein nicht wirklich beruhigender Gedanke, dass er mir unters Höschen gesehen hat.
„Mach das nie wieder.“
Er lächelte spöttisch. Ich überging das einfach. Erst jetzt realisierte ich, dass er mich entführt
hatte. Er hatte mich entführt und in einem Auto eingesperrt! Normalerweise konnte mich nichts aus der Ruhe bringen. Doch jetzt konnte ich mich nicht aufhalten. Blind vor Wut stürzte ich mich auf den Engel, der erschrocken versuchte das Lenkrad unter Kontrolle zu halten.
„Du verdammter Bastard! Die miese, dreckige Ratte! Du hast mich entführt! Scheiße Mann, du hast mich entführt!“
Ich schlug auf ihn ein und der Wagen schlitterte auf der Straße, während er versuchte mich abzuschütteln.
„Beruhig dich und lass mich los!“
„Du hast mich gestern auch nicht losgelassen du Arschloch!“
Er hielt Augenblicklich an und stieß mich von sich weg. Dann packte er mich fest an den Schultern und zischte wütend.
„Beruhige dich sofort.“
Er war dabei wirklich überzeugend und ich atmete ein paar Mal durch um mich etwas zu distanzieren. Sam bemerkte das, denn er startete wieder den Motor und fuhr weiter. Ich sah kurz aus dem Fenster, wo gerade eine Reihe von Häusern an uns vorbeizog.
„Was mache ich hier.“
„Ich dachte das hätten wir schon gestern besprochen.“
Was?!? Der Typ regte mich sowas von auf.
„Was besprochen?!? Wir haben nichts besprochen. Du hast geredet und ich bin gerannt!“
Er lachte auf und schien wirklich amüsiert von meiner Reaktion. Langsam bröckelte meine Selbstbeherrschung und wenn er so weiter machte wurde ich mich wieder auf ihn stürzen und es wird ihm, dann nicht wieder so leicht fallen mich zu beruhigen. Sam zog beide Augenbrauen nach oben und sah mich an.
„Was?“, fragte ich, als ich plötzlich zu begreifen begann, „Du bist doch wohl nicht etwa in meinem Kopf? Verpiss dich aus meinem Kopf!“
Er reagierte nicht und ich konnte nicht beurteilen ob er nun verschwunden war oder noch immer meine Gedanken verfolgte. Ich hob den Kopf und gewann langsam meine Ruhe und Selbstbeherrschung zurück.
„Also, was mache ich hier?“, da erinnerte ich mich an den kleinen Vorfall gestern, als ein grausam schmerzendes Licht in meinem Kopf ausgebrochen ist. „Und übrigens, was hast du gestern mit meinem Kopf angestellt?“
„Um deine erste Frage zu beantworten. Ich habe den Auftrag dich in zu meiner Vorgesetzten zu bringen, die, wie du dir ja schon vielleicht denken kannst, im Himmel wohnt. Wir haben also noch einen langen Weg vor uns. Einen ziemlich langen.“, als er das sagte verzogen sich seine Mundwinkel zu einem schmutzigen Lächeln, „Und das Zweite. Ich weiß nicht was du meinst.“
„Oh jetzt spiele nicht den Undschuldigen. Du hast etwas in meinem Kopf verursacht. Und es war nicht sehr angenehm. Das warst du oder?“
„Ein kleiner Trick. Für den Fall, dass man mir nicht gehorcht.“, er lächelte selbstzufrieden.
Was für ein Arschloch. Aber trotzdem, es war also ausgeschlossen irgendwie zu fliehen.
„Versuche es erst gar nicht. Das Auto ist von einem magischen Schutz umgeben. Du kommst nicht raus.“
„Halt dich fern von meinen Gedanken!“
Er lachte schon wieder und ich würde noch wütender als ich ohnehin schon war. Das was du kannst kann ich auch. Ich konzentrierte mich und breitete meinen Geist aus und stieß gleich gegen eine harte Wand. Sam lächelte noch breiter und ich schnaubte verärgert. Dann kehrte ich ihm den Rücken zu und begann mir selbst eine dicke Mauer um meine Gedanken zu machen. Er zog mich an der Schulter wieder zurück
„Eines interessiert mich aber noch. Wieso bist du gleich weggerannt, als ich dir gesagt habe, dass ich ein Engel bin.“
Seine blauen Augen sahen mich dabei intensive an und eine Weile saß ich wie versteinert da, von seinem Blick in den Bann gezogen. Dann kam ich wieder auf die Erde zurück und riss mich aus seinem Griff.
„Engel bedeuten generell nichts Gutes.
„Und das weißt du woher?“
„Es basiert auf eigener Erfahrung.“
Er sagte nichts mehr und ich drehte mich nun endgültig zum Fenster. Die Landschaft war ganz anders als in L.A. Es gab viel mehr Bäume und Wälder, was gleich die Frage auftischte wie lange ich geschlafen hatte.
„Nur zwei Tage. Wenn du schläfst bist du wesentlich süßer.“
Ich warf ihm einen tödlichen Blick zu und begann mir wieder meine vergessene Mauer um meine Gedanken zu machen. Ja, Engel bedeuteten nichts Gutes. Nie. Ich musste unwillkürlich an Genevieve denken. Und an ihren Tod. Gen war meine beste Freundin gewesen. Meine Partnerin. Wir sind durch die Welt gereist. Bis zu einem Abend vor achtzig Jahren (man müsste meinen, dass ich schon darüber hinweg sein müsste. Vielleicht bin ich es wirklich, aber achtzig Jahre sind für mich nicht sonderlich lang). Wir waren in einer Bar und haben Poker gespielt. Sie hat (so wie ich) geschummelt. Wir haben auf diese Weise verdammt viel Geld gewonnen. Besonders einer der Mitspieler hat wirklich viel Geld an uns verloren. Es war ein gefallener Engel, aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich es noch nicht. Auf jeden Fall hat er es herausbekommen, dass wir geschummelt haben. Ich weiß noch genau wie er gesagt hat er würde sich rächen. Zwei Tage danach war Gen verschwunden. Ich habe mir nichts dabei Gedacht, denn wir trennten uns öfters, ohne dem anderen Bescheid zu geben Aber wir haben immer einander wieder gefunden. Und die Drohung hatte ich schon längst vergessen. Hätte ich gewusst, dass es ein Engel war, der uns Rache geschworen hatte, würde ich Gen gleich suchen. Nach zwei Wochen erfuhr ich, dass sie tot war. Einfach so. Ich war verzweifelt und begann den Engel der sie ermordet hat zu suchen. Ich habe ihn dann wirklich gefunden, nur verlief die Rache an ihn wegen seiner Rache nicht wirklich so wie ich sie mir vorgestellt hatte. Der Engel sperrte mich ein. Wie durch ein Wunder habe ich es geschafft zu fliehen. Danach habe ich ihn nie mehr gesehen. War wahrscheinlich auch besser so. Was hätte er dann mit mir gemacht? Ja es war ganz sicher besser, dass ich ihm nicht mehr begegnet bin. Plötzlich kamen die Gedanken, von dem zweiten Teil der Geschichte zurück, doch sie waren viel zu schmerzvoll und ich versuchte sie zu verdrängen. Stattdessen stellte ich mir Genevieves Gesicht vor. Ihre hellbraunen Haare und ihre dunkelgrünen Augen. Und ihre Stimme . Sie hatte eine so wundervolle Stimme. Ich konnte die Männer mit meinen Beinen, meinen Body und vielen anderen verführen. Bei Gen reichte die Stimme. Manchmal war ich eifersüchtig gewesen. Jetzt kam es mir dumm vor. Ja, Genevieve konnte man nicht vergessen. Ich spürte wie meine Augen feucht würden und ärgerte mich darüber. Schnell hielt ich die Tränen auf. Es war dumm zu weinen. Ich versuchte über etwas anderes nachzudenken und kam dadurch auf ein nicht sonderlich besseres Thema.
Ich komme also in den Himmel. Es könnte mich noch freuen, wäre da nicht die Tatsache, dass man mich dort gegen meinen Willen verschleppte. Würde ich dort sterben? Ich hatte keine Angst vor dem Tod. Aber ich wollte auch nicht sterben. Was machten sie mit mir, wenn sie mich doch nicht umbrachten? Wozu wollten sie mich überhaupt? Ich sah Sam an. Er könnte mir die Fragen beantworten. Nur war ich mir fast zu 99 Prozent sicher, dass er mir nicht antworten konnte, wollte, was auch immer. Vielleicht konnte er mir sagen wieso ich dort hin musste, wenn ich nur richtig fragte.
„Wieso muss ich in den Himmel?“
Ja, das war’s dann mit dem richtig fragen.
„Denkst du nur du musst in den Himmel? Nein, wir haben den Auftrag alle Vampire zu sammeln und zu ihr zu bringen. Alle auf der Welt.“
Wenigstens hatte ich eine Antwort. Nicht auf die Frage die ich gestellt hatte, aber jetzt wusste ich ein bisschen mehr.
„Du redest immer von ihr. Wer ist sie?“
„Die Königin.“
„Da wäre ich nicht drauf gekommen.“, meinte ich sarkastisch, „Aber ich meine, wer sie wirklich ist. Hast du sie schon einmal gesehen?“
„Ich darf dir nicht verraten, wer sie ist, aber ich kann dir sagen, dass ich sie schon einmal gesehen habe. Jeder Engel hat sie schon einmal gesehen. Immer bei der Geburt.“
„Da kannst du dich ja bestimmt ganz gut daran erinnern“, murmelte ich, „Du darfst mir also nicht sagen, wer sie ist. Ich denke du wirst mir viele nicht sagen können.“
„Vermutlich hast du recht.“
Ich seufzte. Wie sollte es auch anders sein? Ich schloss meine Augen und versuchte zu an nichts zu denken. Nach ein paar Stunden regte sich Sam.
„Werden wir überhaupt reden, oder soll es für die nächsten zwei Wochen immer so still sein?“
„Zwei Wochen!?“
„Ja“, sagte er ruhig. Mein Hass zu ihm würde dadurch nur noch tiefer.
„Gut, dann kannst du dich ja mit dir selbst unterhalten. Ich habe nichts gegen Schweigen. Besonders wenn es ums Schweigen mit dir geht.“
Ich wollte mich schon wieder umdrehen als plötzlich etwas vor das Auto lief. Ich hatte gar nicht bemerkt wie still es war. Kein einziger Wagen war auf der Straße. Das etwas (ich erkannte an der Haltung, dass es eine Frau war) blieb mitten auf der Straße stehen. Ich schrie noch Sam zu, er solle stehenbleiben, aber es war zu spät. Die Frau knallte mit voller Wucht gegen die Windschutzscheibe so fest, dass ich Glassplitter, die meine Haut zerschnitten, spürte. Dann war sie nicht mehr zu sehen. Wir beide starrten uns beide gegenseitig an, während das Blut der Frau auf den Sitz tropfte.

4. Eine wirklich laaange Reise




Ich bewegte mich als Erste und öffnete die Tür. Sam beugte sich zu mir rüber machte die Tür laut zu.
„Was soll das?!“
„Ich will sehn was passiert ist.“
„Du kannst da nicht raus.“
„Wieso nicht?“
„Weil ich es nicht zulasse. Es ist gefährlich in der Nacht.“
Ich denke, ich kenne mich in der Nacht besser aus als du, dachte ich. Aber ich sagte es nicht laut, seufzte und sank zurück in den Sitz. Sam drehte sich zu seiner Tür um und machte sie langsam auf. Dann schlich er in die Dunkelheit hinaus. Ich verdrehte die Augen und begann zu lauschen. Aber meine Aufmerksamkeit lenkte der Geruch von frischem Blut ab. Ich starrte die Tropfen der Frau an und ein riesiger Hunger überkam mich. Ich beugte mich vor und fing zwei Tropfen auf. Ich führte den Finger zu meinem Mund und leckte das Blut ab. Ein Schauer überlief meinen Körper. Plötzlich sah ich Farben und Formen um mich, so als ob ich High wäre. Sie verschwanden so schnell wie sie gekommen waren und hinterließen nur große Kopfschmerzen. Die Verwunderung stieg in mir auf. Das war kein menschliches Blut. Zum Glück hatte ich nicht mehr davon getrunken, sonst hätte ich den ganzen Abend alles Bunt gesehen und nicht mal reden können. Ich hörte ein Rascheln von Draußen und gleich darauf kam Sam herein.
„Es ist niemand draußen. Ich habe alles abgesucht. Kein Blut, kein abgebrochener Atem, nichts, keine Seele. Und auch keine Schäden. Als ob das alles gar nicht passiert wäre. Ich kann mir auch nicht erklären, wie jemand so fest gegen die Windschutzscheibe knallen konnte, dass sie zerbrochen ist“
„Sam. Esch war kin Mens“, das Blut wirkte immer noch auf mich musste ein paar Mal schlucken, bevor ich wieder normal sprechen konnte, „Es war kein Mensch. Da Draußen. Das war kein Mensch.“
„Was dann?“
„Es war ein Vampir. Ich habe das Blut probiert. Es war definitiv ein Vampir.“
Sam blieb still. Dann schaltete er den Motor an und fuhr weiter. Der Wind, der durch das zerbrochene Fenster wehte, streichelte meine Wange. Es fing an zu regnen. Sam machte kurz die Augen zu und plötzlich erschien statt der zerbrochenen Scheibe eine Ganze. Meine Gedanken kreisten um den Vorfall und schließlich hielt ich die Stille nicht mehr aus.
„Sag doch etwas.“
„Was soll ich sagen?“
„Irgendetwas! Ein Vampir macht nichts ohne Grund. Niemand macht etwas ohne Grund. Und deswegen hatte die Frau auch einen Grund wieso sie sich einfach vor deinen Jaguar gestellt hat!“
„Ich weiß. Aber was soll ich dazu sagen? Dass, es schon nichts bedeuten wird? Du hast es doch gerade selbst gesagt. Es bringt uns nicht weiter darüber zu sprechen. Vielleicht hat der Vampir einfach nur nach Adrenalin gesucht.“
Er zuckte mit den Schultern. Gott, wie ich den Mann hasste. Einfach nicht darüber reden und so machen, als ob alles in Ordnung wäre. Ich schaltete das Radio an und versuchte mich etwas zu entspannen. Aber es schien als wäre gerade alles gegen mich und es lief gerade the time of my life. Schnell schaltete ich das Radio wieder aus. Ich stützte meine Hände auf die Knie und lehnte meinen Kopf dagegen. Plötzlich überkam mich eine Welle der Verzweiflung. Wie konnte nur ein Einziger Abend, dass Leben so plötzlich versauen? Noch vor drei Tagen, war ich mir meiner Zukunft und meinem Leben bewusst und jetzt? Jetzt wusste ich noch nicht einmal, ob die Sachen, die ich anhatte gestohlen, gekauft oder herbeigezaubert waren.
„Es wird einfach alles zu viel.“
Geschockt sah ich auf. Habe ich das gerade laut gesagt? Wieso? Und dann begann Sam etwas, worauf ich überhaupt nicht vorbereitet war. Niemand wäre vorbereitet gewesen. Sam begann zu singen. Und zwar nicht irgendein Lied. Ein Kinderlied. Ich hob den Kopf und starrte ihn an.
„Willst du mich verarschen?“
„Sing einfach mit.“
Hänschen klein, ging allein,
In die weite Welt hinein
Stock und Hut, stehn ihm gut
Ist auch wohlgemut


Ich starrte ihn an als wäre er ein kompletter Idiot. Das war er auch. Total verrückt. Er wiederholte das Lied immer wieder, immer nur den einen Vers. Zuerst versuchte ich mein Gehör so sehr zu reduzieren, dass ich ihn kaum hören könnte. Doch es funktionierte nicht. Auch wenn der Klang seiner Stimm nun ganz leise zu meinem Ohr drang, war es unmöglich sich auf etwas anderes zu konzentriere. Ich musste mitsingen, sonst würde er nicht aufhören. Was ein absoluter Albtraum wäre. Also sang ich mit. Seit drei Tagen hatte ich nicht singen gehört, und doch überraschte es mich wie seine Stimme klang. Jetzt hatte ich zwar eine Erklärung, warum er überhaupt so göttlich war, aber das änderte nichts, dass man seiner Stimme einfach lauschen musste. Wir wiederholten immer das Gleiche und ich musste lachen. Nach dem vierten Mal, hörte ich lachend auf zu singen du sah Sam an. Er erwiderte grinsend meinen Blick.
„Ist es jetzt besser?“
„Hölle, wie ich dich hasse.“
Ich schmunzelte noch etwas, dann nahm ich wieder mein Pokerface an. Die Nacht verging in Schweigen und sehr, sehr langsam. Ich starrte aus dem Fenster, bis die Ersten Sonnenstrahlen den Himmel aufhellten und ich spürte langsam Hunger. Es waren bloß zwei Tage vergangen, aber das Blut des Vampirs hatte mich geschwächt. Aber ich wollte nicht, dass Sam meinen Hunger spürte. Ich seufzte und sah zu dem Engel hinüber. Plötzlich ertönte ein lauter Knall und das Auto blieb mitten auf der Straße stehen.
„Was jetzt?“
Er schnaubte.
„Hey, mit diesem verdammten Auto stimmt etwas nicht. Also was machen wir jetzt?“
„Was meinst du?“
„Es ist also normal das der Motor laut knallt und wir mitten auf der Straße stehenbleiben, wie gerade eben.“
Wie konnte man so dumm sein? Vielleicht aber spielte Sam nur den Dummen. Er stieg wortlos aus dem Wagen und begann ihn zu betrachten. Ich machte es ihm gleich. Gerade machte er die Vorderseite auf und schaute rein. Dann klappte er sie wieder zu und begann das Auto zu schieben.
„Du geh rein und lenke.“
„Wieso?“
„Wir können das Auto nicht mitten auf der Straße reparieren.“
Ich verdrehte die Augen, stieg aber wortlos ein. Nach nicht einmal fünf Minuten, hatte Samuel das Auto weit auf eine kleine Landstraße geschoben. Rechts und links von uns lag ein kleiner Wald bei dem die Bäume ziemlich weit auseinander standen und deswegen kam viel Licht auf die menschenleere Straße
„Okay jetzt können wir anfangen.“
„Woher die Sicherheit, dass nicht vielleicht hier ein Auto durchfahren möchte.“
„Weil das ein Wanderpfad ist. Nach dieser Abbiegung ist eine Abgrenzung, wo keine Autos durchkönnen.“
„Woher weißt du das.“
„Hier war ich schon mal.“
Ich nickte benommen.
„Also was ist eigentlich mit dem Auto los? So ein schöner, neu aussehender Jaguar XK sollte doch nicht so schnell kaputtgehen…“
Tatsächlich, wenn ich mir dieses Auto näher ansah, begann mein Herz etwas höher zu schlagen. Ich hatte eine Liebe für schnelle und überhaupt für geile Autos entwickelt.
Sam begann mir irgendwelchen Fachmist zu erzählen und hörte gar nicht zu. Als er fertig war seufzte ich erleichtert.
„Aha.“
„Du hast mir gar nicht zugehört.“
„Ich hab ja auch keinen Seitenlagen Roman erwartet, sondern nur eine kurze Erklärung. Hörst dich wohl gerne reden Süßer.“
„Ahja.“, seine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen und plötzlich stand er ganz nah bei mir, mit dem Gesicht nach vorne gebeugt, sodass ich gezwungen war ihm in die Augen zu schauen. Erst jetzt bemerkte ich wie intensiv, dass Blau seiner Iris war und wie leicht man sich darin verlieren konnte. Doch so schön diese Augen auch waren, ich bemerkte keinerlei Gefühle ich ihnen. Ich erlaubte mir ein paar Sekunden lang in diese einzutauchen, doch ich tauchte schnell wieder auf und sah ihn grimmig an.
„Und wieso machst du nicht einfach „puf“ machen und, dann geht es wieder?“
„Das funktioniert nichts so Baby. Wenn ich etwas herbeirufe, wird es automatisch von jemandem weggenommen.“
„Du hast es doch auch bei der Windschutzscheibe gemacht.“
„Ja, aber da konnte ich irgendeine Windschutzscheibe nehmen. Doch meine Kraft funktioniert nur auf zwei Kilometer. Und ich glaube nicht, dass es im Umfang von zwei Kilometern hier irgendwo einen Motor von einem Jaguar XK.“
Er sah mich skeptisch an und ich verdrehte die Augen. Tja, nicht jeder konnte sich so ein Prachtstück leisten.
„Außerdem, so werden wir länger brauchen und können mehr Zeit miteinander verbrinngen.
Er lächelte mich ruhig an und ich musste mich mit allem Willen davon abhalten nicht drauflos zu donnern. Er spielt bloß mit dir, beruhigte ich mich. Lass ihn bloß nicht gewinnen. Ich zuckte mit den Schultern.
„Wenn das dein Wunsch ist. Ich habe nichts dagegen, mein Urteil im Himmel hinauszuzögern. Hast du wenigstens eine Zigarette?
Ich hatte schon ziemlich lange nicht mehr geraucht, aber jetzt brauchte ich einfach eine.
„Immer griffbereit Baby.“
Er zog aus seiner Hosentasche eine Packung Marlboro und nahm eine Zigarette heraus. Ich wollte sie mir schon nehmen, da wich er mit der Hand zurück.
„Zuerst aber, musst mich küssen.“
Lass ich nicht gewinnen. Lass ihn nicht gewinnen.
„Dann eben nicht.“
Ich drehte mich um und ging zum Wagen zurück.
„Hey, Baby hier hast du sie.“
Eins zu Null für mich (oder Eins zu Eins, wenn man mitzählt, dass er mich gefangen und festgenommen hat). Ich lächelte ihn von oben herab an und nahm in die Zigarette aus der Hand.
„Feuer.“
„Hier.“
„Danke.“
Ich zog an ihr und blies eine Rauchwolke aus meinem Mund in die Luft.
„Sag mal, Sam. Darfst du das überhaupt: Zigaretten rauchen? Ich meine erlaubt SIE das?“
„Was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.“
Gut zu wissen. Er lächelte mir zu und ich antwortete mit einem total falschen Lächeln. Plötzlich zog Sam sein Unterleibchen aus und zeigte der Welt seinen total sexy Body. Mit ihm auch ein total sexy Tattoo. Es zeigte zwei ineinander verschlungene Drachen mit großen und gefährlichen Flügeln. Sie bekämpften sich. Es war komplett mit Farbe ausgefüllt und ein echtes Kunstwerk. Beeindruckend. Jedoch kannte ich sein Tattoo schon. Das gleiche war auf dem anderen Engel, der Gen getötet hat. Aber seines war in tausende von Splittern zersprungen worden.
„Dieses Tattoo…ist das so etwas wie euer Markenzeichen? Hat das jeder Engel?“
„Jap Baby. Ziemlich beeindruckend was?“
„Ja vielleicht“, ich war jetzt auf etwas anderes konzentriert, „Wies sieht das bei gefallenen Engeln aus?“
Er zog seine linke Augenbraue leicht nach oben.
„Die haben auch eines, aber ihres ist in Splitter geteilt. Wieso fragst du?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Uninteressant.“
Da er offensichtlich mit seinem Tattoo hatte angeben wollen, ließ ich diese Gelegnheit nicht an mir vorbeiziehen. Ich zog mein Shirt aus und mein schwarzer Krönchen BH kam zum Vorschein. Und mein Tattoo. Es war auf meinem Rücken in der Taille und es zeigte zwei wunderschöne Flügel. Sie waren von einem Muster umschlingt und um sie herum war Feuer. Es schaute aus als würden sie aus dem Feuer herauskommen. Alles war in einem kräftigem schwarz. Seines und meines, beide waren atemberaubend. Was für eine Ironie, dass ausgerechnet Engelsflügel auf meinem Rücken waren. Sam musterte mich von oben bis unten. Auch den Rücken. Dann sah er mir in die Augen (und nicht wie ich es gewohnt war, war auf meine Brüste).
„Süß“
SÜß!? Lass ihn nicht gewinnen. Ich zog noch einmal an der Zigarette und blies den Rauch in die Luft. Dann ließ ich sie fallen und zertritt sie mit meinem Fuß.
„Süßer, wenn du das süß findest, dann fällst du sicher bei dem Anblick einer Babykatze in Ohnmacht.“
Er sah mich etwas zornig an zuckte dann aber sogleich mit den Schultern. Ich freute mich über den Sieg. Zwei zu Null. Du solltest dich anstrengen, Sammy. Er sah mich an.
„Verstehst du irgendwas von Autos?“
„Verstehst du irgendwas von mir? Nein? Eben.“
„Sei nicht so schlau. Ich kann es auch alleine.
Wie sich herausstellte wusste Sam nicht viel über Autos. Ich musste für ihn einen Werkzeugkasten aus dem Kofferraum holen, dann begann er etwas (keine Ahnung was) bei dem Auto zu machen. Immer wieder sah er zu mir rüber und ich lächelte (natürlich mit einem falschen Lächeln) aufmunternd zu. Zweimal knallte es wieder laut und dann begann Rauch aus dem Motor aufzusteigen. Ich musste wirklich schmunzeln als er begann das Auto anzuschreien.
„Du bist wohl nicht der Mechaniker, was?“
Wütend schnaubte er auf und sah mich zornig an.
„Mach es doch, wenn du es besser kannst.“
„Kein Problem.“
Ich ging zum Auto und nahm ein paar Sachen aus dem Werkzeugkasten heraus. Dann beugte ich mich über den Motor. Es war mir bewusst, wie sexy ich aussah, nur in BH und Hot Pants über einem geilem Auto gebeugt. Autos waren meine Leidenschaft und dabei ging es nicht nur um Aussehen, Marke oder Qualität. Ich wusste alles über Autos und gab, auch ziemlich gern damit an. Deshalb brauchte ich nur einige Minuten um das, was Sam nicht in zwei Stunden zusammengebracht hatte, zu reparieren. Als ich fertig war richtete ich mich wieder auf und sah den Engel triumphierend an. Etwas zornig sah er mich an.
„Ganz sicher, dass es richtig ist?“
„Probier es doch selber aus.“
Er ging immer noch wütend rein und startete den Motor. Dieser ging natürlich einwandfrei. Sauer zuckte er mit den Schultern und ging wieder aus dem Auto raus.
„Anfängerglück.“
„Das würde ich nicht so nennen.“
„Nenn es wie du willst. Können wir jetzt endlich weiterfahren.“
Ha, das bedeutete drei zu null für mich. Was für ein Tag.
Ich nickte grinsend mit dem Kopf. Sam begann das Auto zu betrachten.
„Es ist schmutzig.“
Ich senkte den Kopf zur Seite und sah ihn fragend an.
„Wir werden dann zu einer Tankstelle fahren und es waschen.“
Er stieg ein und ich folgte ihm mit gewissem Abstand. Als wir beide im Auto saßen bemerkte ich, dass er noch immer kein Shirt anhatte.
„Zieh dir was rüber.“
„Wieso? Ich mein Körper nicht sexy genug, um ihn so zu zeigen?“
Er lachte höhnisch, doch ich zuckte nur mit den Schultern. Wenn es ihm so besser gefiel. Insgeheim freute ich mich ein bisschen, dass er seinen Oberkörper nackt gelassen hatte. Ich meine wie oft hatte ich die Möglichkeit, einen Engelstors zu betrachten. Unauffällig spähte ich zu ihm rüber, doch Sam bemerkte es. Er zog seinen rechten Mundwinkel nach oben und sah mich auffordernd an. Scheiß Engel Sinne. Ich schüttelte den Kopf und sah aus dem Fenster. In diesem konnte ich sein Spiegelbild erkennen, so konnte ich ihn dort ansehen. Die Fahrt dauerte nicht lange, denn die erste Tankstelle mit Autowaschanlage war keine 5 Kilometer entfernt. Dort angekommen stiegen wir beide aus dem Wagen und er Engel führte mich zu einer Anlage. Sam deutete mit seinem Kopf auf den Schlauch. Ich nahm ihn artig in die Hand und wartete bis er sich umdrehte. Dann drehte ich den Wasserschlauch mit voller Kraft auf und richtete ihn auf seinen nackten Oberkörper Er zuckte zusammen und drehte sich zu mir um. Da traf ihn der Wasserstrahl voll ins Gesicht. Ich krümmte mich vor lachen. Aber als ich ihn sah, verging es mir. Das Wasser floss seinen glänzenden Körper hinunter. Es sah so verdammt sexy aus, ich konnte den Blick von seiner Brust nicht abwenden. Deswegen sah ich den Wasserschlauch den er in der Hand hielt nicht. Und deswegen traf mich der kalte Wasserschlauch so überraschend, dass ich zurück taumelte und fiel. Wütend schnaubte ich auf und richtete meinen Schlauch auf ihn. Dann begann ein richtiger Wasserkrieg. Wir bespritzten uns, bis das Wasser nicht mehr floss. Von Kopf bis Fuß waren wir komplett nass und durch mein weißes T-Shirt sah man alles. Egal. Vor eine halben Stunde hatte ich gar kein T-Shirt an. Ich sah in Sams Augen und obwohl er ein fettes Grinsen im Gesicht hatte, konnte ich in seinen Augen keine Gefühle sehen. Sie waren einfach nur kalt und matt.
Plötzlich überkam mich ein riesiger Hunger. Ich hatte seit Tagen nicht gegessen. Sam sah mich an und ich versuchte es zu verbergen. Schließlich wollte ich ja nicht, dass er meine Schwachstelle sah. Ich konnte mich wirklich gut verstellen. Er hob belustigt seine Augenbraue.
„Wofür war das?“
„Generell für alles, aber hauptsächlich fürs Lachen. Und wieso hast du es gemacht?“
„Weil du angefangen hast.“
Schweigen trat ein. Ich war die Erste die es unterbrach.
„Fahren wir weiter.“
„Du brauchst trockene Kleider.“
„Zauber sie doch einfach her“, schlug ich spöttisch vor, „Das Mädchen dort drüben hat einen wirklich guten Geschmack. Aber keine Angst ich kommen auch ohne aus.
„Du schon, aber das Auto nicht.“
Ich verdrehte meine Augen. Samuel schloss seine und keine Sekunde danach hatten wir beide trockene Kleidung an. Seine Hose, war eine alte, schwarze schlabber Jeans. Sein T-Shirt hatte er aber noch immer nicht angezogen und ich dankte dafür. Meine Sachen, hatte ich wirklich von dem Mädchen, dass ich vorgeschlagen hatte. Aus der Tankstelle ertönten aufgebrachte und überraschte Schreie.
„Was ist mit dem Auto? Es ist immer noch schmutzig„
„Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Die Menschen werden sich nicht schlecht wundern, wenn sie sehen, dass wir ihre Sachen tragen“
Mit diesen Worten stieg er schnell in den Wagen hinein und fuhr weg. Ich bemerkte erst jetzt, dass ich keine Unterwäsche anhatte, aber es störte mich nicht sonderlich. Sam grinste breit.
„Gibst du mir mal mein Handy. Es liegt auf dem Rücksitz.“
Ich seufzte auf.
„Das kannst du doch genauso gut selber.“
„Hast du nicht Angst, einen Unfall zu bauen?“
„Ah, dass schaffst du schon so.“
Er verdrehte die Augen und umklammerte mit seinem Fingern fester, das Lenkrad. Plötzlich flog das Handy langsam an meinem Kopf vorbei, bis es in seiner Hand landete.
„Wow, ziemlich beeindruckend.“
„Ah, das ist nur eine kleine Macht. Kann man nicht mit den anderen vergleichen. Außerdem kann ich nur Gegenstände beeinflussen. Nichts Lebendes. Keine Pflanzen, keine Tiere, keine Menschen und dich auch nicht. Auch wenn es manchmal schön wäre. Du bist nicht gerade einfach.“
„Pff. Ich bin aber tot.“
„Nein. Du gehst, du atmest, du spürst Durst und Hunger und du hast Gefühle. Auch wenn dein Herz anders schlägt, als andere. Es schlägt. Also lebst du.“
So hatte ich das noch nie betrachtet. Er starrte auf den Display und seine Finger begangen sich verdammt schnell zu bewegen. Uuuh der SMS König. Woher er das wohl konnte? Nachdem er fertig war flog das Handy wieder auf seinen Platz zurück. Sam sah nicht sehr zufrieden aus.
„Was ist los?“
Er sah mich unglaubwürdig an.
„Es ist bemerkenswert wie du noch immer auf irgendwelche Antworten hoffst.“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Die Hoffnung stirbt immer zuletzt, wie du wahrscheinlich schon einmal gehört hast.“
Er lachte leise und wandte sich wieder von mir ab.
Es vergingen Stunden ohne Wort, aber mich störte es nicht. Wo wir waren wusste ich auch nicht. Da ich aber sowieso keine Antworten erhielt, hielt ich meine Klappe. Die Nacht verging langsam und zog sich wie ein durchgekauter Kaugummi. Manchmal regte sich einer von uns. Ich bemerkte wie Sam immer wieder mit seinem Blick über meine Beine fuhr und sah ihn verständnislos an.
„Was ist jetzt schon wieder los?“
„Hm, wie lange bist du schon ein Vampir?“
„Etwa 700 Jahre. Aber warum?“
Sam zog seine Augenbrauen hoch.
„Tja, ich frage mich nur wie deine Beine so lang sind. Du bist doch sicher mindestens 1,75. Vor 700 Jahren waren nicht einmal Männer so groß, von Frauen ganz z schweigen.
„1,77. Und ich weiß es selbst nicht. Aber solltest nicht du das wissen? Ich meine, du bist doch der Engel.“
„Engel wissen auch nicht alles.“
„Au, echt? Darauf wäre ich nie gekommen. Okay, egal. Ich kann es auf jeden Fall nicht erklären, denn vor 700 Jahren war ich 1,58. Aber nicht, das ich mich beklagen würde.“
Ich lächelte.
„Ja. Wenn ich dich so sehe, kann ich mich auch nicht beklagen.“
Was für ein Arsch. Ich schlug ihm auf den Oberarm und schüttelte den Kopf. Der Engel sagte nichts mehr. Die Fahrt verlief weiter schweigend
Als es dämmerte sah ich zu Sam. Unter seinen Augen lagen lange Schatten und er sah aus, als würde er auf der Stelle, aus Schlaf umkippen.
„Sam.“
Er schreckte auf.
„Was ist?“
„Wann hast du das letzte Mal geschlafen?“
„Vor ein paar Tagen.“
„Wie viel genau.“
„So...zwölf, dreizehn.“
Ich sah ihn ungläubig an.
„Gib mir das Lenkrad.“
„Nein.“
„Gib mir das Lenkrad.“
„Nein.“
„Sam! Wie lange hast du nicht geschlafen? Zwölf, dreizehn Tage? Du kannst nicht fahren!“
„Sicher kann ich fahren. Ich schaff das schon. Außerdem weist du nicht wo wir hin müssen.“
„Hör zu. Ich sag es langsam. Du kannst nicht fahren. Nicht einmal ein Wesen wie du, kann so lange nicht schlafen. Ich will keinen Unfall und ich denke du genauso wenig. Also gib mir entweder das Lenkrad, oder bleib irgendwo stehen. Ich habe nichts gegen eine Rast“
Aber Sam ignorierte mich (oder er war schon zu müde, um überhaupt meine Wörter wahrzunehmen) und fuhr stur weiter. Mir war das zu viel. Ich holte mit dem Fuß aus und drückte mit aller Kraft die Bremse. Bei diesem Vorgang streifte mein Knie seines und ich spürte ein leichtes Kribbeln auf dieser Stellte. Aber ich achtete nicht darauf. Das Auto blieb ruckartig stehen. Sam sah mich irritiert an. Ich antwortete ihm mit einem eiskaltem Blick. Dann nahm ich ihn an den Schultern und begann zu rütteln.
„Sam. Mir ist egal was du denkst oder ob du stur bist. Mir ist egal ob du dich vor mir zum Helden machen willst. Mir ist egal, dass es dir egal ist was mit mir passiert. Aber mir ist es nicht egal, dass du einen Unfall bauen wirst. Ich will keine Aufmerksamkeit. Jetzt nicht.“
Er riss sich von mir los, zündete den Motor und fuhr weiter. Ungläubig starrte ich ihn an. Wie konnte man nur so stur sein? Ich konnte es nicht fassen. Er war einfach unmöglich. In mir stieg Verzweiflung auf. Wieso mir so viel daran lag, dass Auto zu stoppen, wusste ich selbst nicht. Ich unternahm den letzten Versuch und breitete meinen Geist aus. Fast sofort stieß ich auf seinen. Seine Gedanken waren von einer Mauer geschützt. Da er aber müde war, war diese geschwächt. Es reichte ein kleiner Druck und schon war sie eingestürzt. Ich hatte freien Zugriff zu seinen Gedanken. Es war ein ziemliches Durcheinander. Es war es nicht wert darin zu lesen. Stattdessen ließ ich meine Kraft auf ihn einwirken und bald stoppte Sam das Auto, schloss seine Augen und sank in den Sitz hinein. Ich lächelte Selbstzufrieden. Er hatte von dem ganzen Vorgang nichts gemerkt. Dann versuchte ich unsere Plätze zu tauschen. Ich packte ihn an den Schultern und zog ihn zu mir rüber. Als ich dann endlich hinter dem Lenkrad saß kam mir ein Einfall. Sam schlief. Ich konnte fliehen. Warum war mir das nicht früher eingefallen? Ich öffnete die Tür und stieg aus. Dann rannte ich los. Doch schon nach ein paar Schritten, stieß ich mit voller Wucht gegen eine unsichtbare Mauer. Sam hatte das Auto doch mit Schutz belegt. Ich schrie vor Wut auf. Erst jetzt spürte ich wirklich, wie verzweifelt und wie wütend ich war. Ich atmete tief ein und versuchte mich zu beruhigen. Was soll’s? Dann bin ich eben für immer eine Sklavin im Himmel (wenn sie mich nicht vorher töten). Die Sonne stand schon etwas höher am Himmel und meine Haut kribbelte etwas. Ich ging zurück zum Auto und setzte mich hinters Lenkrad. Dann startete ich den Motor, drehte mich um und plötzlich würde alles schwarz.

5. Hilfe?!




Ich wachte in einem dunklen Raum auf und ich konnte kein einziges Glied rühren. Die Luft roch stark nach Eisenkraut und nach noch etwas. Beide Gerüche waren nicht sehr angenehm. Ich wollte meine Nase rümpfen, aber auch so eine kleine Bewegung konnte ich nicht machen. Verdammtes Eisenkraut. Langsam nahm ich meine Kräfte zusammen und versuchte etwas schneller zu denken. Jemand hatte mir Eisenkraut eingespritzt. Viel. Ein Mann. Ich konnte mich an einen Wald erinnern. Und weiter? Wo bin ich hier? Wer hat es drauf angelegt mit zu entführen? Eine Rettung konnte es nämlich kaum sein, oder? Niemand der mich retten wolle, hätte mich geschwächt. Und ich hatte auch niemanden oder mich vermissen könnte. Ich merkte das erst jetzt. Traurig. Aber jetzt musste ich mal rauskriegen...Werwolf! Jetzt wusste ich wieder wonach das Zimmer noch roch. Nach Werwolf. Ich war von Werwölfen entführt worden! Was wollten sie von mir? So viele Fragen drängten sich auf. Hölle...hölle...hölle, machte denken müde. Ich spürte wie mein Körper langsam in einen tiefen, unangenehmen Schlaf fiel.
Ich konnte meine Augen öffnen. Und meine Hände Bewegen. Ich konnte meine Umgebung wahrnehmen. Und das was ich sah gefiel mir gar nicht. Der Raum war schmutzig und alt. In der Luft und auf dem Boden war so viel Staub, dass ich husten musste. Die Wände waren aus, grauem Beton, genauso wie der Boden. Der Raum war wie ein kleines Gefängnis. Obwohl...war es das nicht? Ich würde hier gefangen, also war es schon ein Gefängnis. Aber Raum hörte sich viel besser an als Gefängnis. Er hatte keine Fenster. Nicht mal eine Tür (Wie konnten die hier ohne Tür rein?). Also anders gesagt: Keine Fluchtmöglichkeiten. Außerdem stank es fürchterlich. Nach Eisenkraut. Und nach Gefahr (und nach faulen Eiern). Ich roch auch Werwolf, aber Werwölfe stinken nicht. Sie riechen nur anders. Plötzlich hörte ich ein Geräusch und die Wand vor mir begann sich zu bewegen. Wozu der ganze Rummel? Man könnte mir doch einfach wieder Eisenkraut einspritzen oder sonst was. In der Wand (wie soll ich denn nennen? In der Tür kann ich ja nicht sagen. Jedenfalls war die Wand jetzt weg und jemand stand auf ihrem Platz) stand ein Mann. Ein Werwolf. Er war ziemlich groß, etwas 1,95 und ein großes Muskelpacket. Er hatte ganz kurze hellbraune Haare und seine Augen hatten die gleiche Farbe. Sein Blut pulsierte in seinen Adern und ich spürte wie sehr ich Blut jetzt brauchte. Mein Mund und mein ganzer Körper war ausgetrocknet. Wie lange hatte ich schon nicht mehr getrunken? Der Werwolf zog ein Messer aus seiner Tasche und durchschnitt, der Länge nach, seinen Arm damit. Der Geruch von frischem Blut stieg in meine Nase. Wie sehr ich Werwolfsblut begehrte. Es war köstlich. Er ging zu mir rüber und kniete sich hin. Dann drückte er mir den blutenden Arm auf den Mund. Es überraschte mich, aber ich konnte mich nicht zurückhalten und zog wie verrückt daran. So überraschend wie er mir sein Blut gegeben hat zog er seine Hand auch wieder zurück. Natürlich war ich noch längst nicht satt.
„Wir wollen ja nicht das du austrocknest.“
„Wer bist du?“, für mich war es kein Wunder, dass ich kaum sprechen konnte, so trocken war ich.
„Du kannst mich Tender nennen.“
Aha, Tender. Weil er ja so empfindlich und zart aussah (falls das jemand nicht bemerkt hat, das war Sarkasmus).
„Was mache ich hier?“
„Das erfährst du noch früh genug.“
Ja klar. Neuerdings fanden immer mehr Menschen (Wesen) gefallen mich zu entführen und mir dann keine Antworten zu geben. Mein Leben wird ja immer aufregender. Tender drehte sich um und ging. Die Wand hatte sich schon geschlossen und saß wieder alleine in dem feuchten, dunklen Raum. Nur ein kleiner Spalt gab dem Raum noch etwas Licht (wahrscheinlich konnte man die Wand nicht ganz zumachen). Nicht einmal mein kleiner Finger würde durch passen. Es vergingen viele Stunden, wenn nicht auch Tage, an denen sich niemand blicken ließ. Ich hatte jegliches Zeitgefühl und auch jegliche Hoffnung verloren. Stumm wartete ich nur auf meinen Tod. Mich interessierte die Frage Warum nicht mehr. Mich interessierte gar nichts mehr. So resigniert war ich noch nie gewesen. Nach langer Zeit hob ich meinen Kopf, da ich etwas zu hören geglaubt hatte. Plötzlich sah ich etwas. Durch den Spalt schlich sich ein schwarzer Schatten. Augenblicklich würde es viel kälter im Raum. Ein Dämon. Er schlich zu mir rüber und streckte seine kalten, rauen, schwarzen Finger nach mir aus. Er streichelte meine Arme, meine Beine und mein Gesicht. Ich schauderte, aber ich ließ es mit mir geschehen. Nicht weil ich keine Kraft hatte mich zu wehren (das auch), sondern weil man unbegrenzten Respekt vor ihnen haben musste. Die erste Regel für jeden Unsterblichen. Sie hatten zwar keinen Körper, keine Form, aber eine riesige Macht. Sie konnten Sachen machen, von denen keiner zu träumen wagte. Doch sie benutzten die Macht nur äußerst selten, waren Einzelgänger und Freunde von keinem. Sie waren reines Böse. Ich ließ alles ohne Proteste über mich ergehen. Auch als er begann mit seiner Stimme zu sprechen, zuckte ich nicht zusammen. Es erforderte viel Beherrschung. Jedes seiner Worte zerschnitt die Luft mit einem Messer. Was er sprach verstand ich nicht. Dämonensprache. Wenn der Dämon nicht wollte, das ich es verstand, verstand ich es auch nicht. Als er fertig war, verschwand der Dämon wieder, durch den selben Spalt, durch den er gekommen war. Nach einer Weile atmete ich erleichtert auf. Erschöpfung. Das war eines der Dinge, die Dämonen, wenn sie kamen, ließen. Nach dieser Begegnung jedoch spürte ich auch etwas anderes. Meine Resignation war fast verschwunden und neue Lebenskraft stieg in mir auf. Wo war denn die selbstsichere, stolze Ariana? Ich hatte sie verloren und das dürfte nie passieren. Ich durfte mich selbst nicht verlieren. Stolz hob ich den Kopf und stand auf. Etwas sollte passieren. Ich konnte nicht einfach, den Rest, des Lebens, der mir noch geblieben ist, so verbringen. Meine Hände hämmerten gegen die Wand und ich schrie mir die Seele aus dem Leib, aber bald sah ich ein, das, dass nichts brachte. Es verstrichen Stunden. In dieser Zeit hatte ich jeden Winkel des Raumes erkundet. Wie ich schon vorher erkannt hatte, gab es nicht einmal ansatzweise, eine Fluchtmöglichkeit. Also kauerte ich mich in einer Ecke zusammen und wartete auf den nächsten Besuch. Irgendwann musste er kommen. Ob es Tag oder Nacht war wusste ich nicht. Eine Ewigkeit später, begann sich die Wand wieder zu bewegen. Das schwache Glühbirnenlicht von draußen, verletzte meine Augen, weil ich zu lange im Dunklen gesessen bin. Ich sah den gleichen Mann, der mir vorhin sein Blut gegeben hat. Ich sah ihn mit müden Augen an. Eine Frau stand neben ihm. Ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, weil sie es mit einem Schal verdeckte. Nur ein kleiner Schlitz für ihre Augen blieb. Was war das hier? Eine Gruppe von Werwolf-Terroristen? Ihr Geruch stimmte aber nicht. Sie war kein Werwolf. Sie hatte etwas anderes, was ein Vampir, aber auch ein Mensch sein könnte (beide rochen ziemlich ähnlich, nur ihr Blut schmeckte ganz anders). Ich tippte mal auf einen Vampir. An ihrer Haltung merkte ich, das sie angestrengt versuchte sich von etwas zurückzuhalten. Tender ritzte sich wieder und steckte mir seinen Arm an den Mund. Ich trank genüsslich sein köstliches Blut und wieder viel zu früh, zog er es weg. Ich sah noch mal auf die Frau.
„Ich sehe, du hast Besuch mitgebracht, Tender.“
Ich hätte mir meine verdammte Zunge abschneiden können. In solchen Situationen war Vorsicht, das beste Mittel. Eine vorlaute Göre, hätte keine Chance.
„Das geht dich nichts an.“
Die Wörter sagte er zwar mit Verabscheuung, aber sein Blick zeigte Bewunderung. Als er wieder schaute ich wieder zu der Frau auf. Mir schien, als ob sich in ihrem Auge eine einzelne Träne verloren hätte. Die Wand schloss sich wieder und war allein. Ich fühlte mich aber nicht allein. Erst jetzt bemerkte ich wie allein die letzten achtzig Jahre waren. Wieso? Wieso, fühlte ich mich gerade jetzt nicht allein, wo ich doch alleine in einem dunklen Raum eingeschlossen war. Hier sollte ich mich alleingelassen fühlen, nirgends anders. War es bei mir umgegehrt? Fühlte ich mich nur wenn ich allein war, komplett? Egal. Die nächsten Tage und Nächte verliefen gleich. Jeden Tag (oder Nacht) kam Tender zu mir (an dem wusste ich wann ein Tag verging) und gab mir Blut, damit ich nicht verrottete. Satt wurde ich davon nie, aber es war genug und ich konnte überleben. Die Frau war nie wieder dabei. Ich schlief viel, aber unruhig. Eines Tages (oder Nachts) hörte ich Stimmen vor meiner Wand. Es waren zwei Männer. Ich kroch so leise wie möglich näher und drückte mein Ohre gegen die „Tür“ um besser zu hören.
„Wir müsse sie wo anders bringen. In ein besseres Zimmer. Viel besser. Wie soll sie sich auf unsere Seite stellen, wenn wir sie so behandeln? Wieso wird sie überhaupt so gehalten? Was hat ihr auch dabei gedacht.“
„Wir dachten, sie würde vielleicht weglaufen wollen.“
„Wenn ihr sie so behandelt, dann wird sie das sicher wollen. Sie braucht ein anderes Zimmer.“
„Ja Sir. Sicher Sir.“
„Bringt mich zu ihr.“
Ich konnte gerade noch rechzeitig von der Wand zurückweichen, als sie aufging und ein Mann hereintrat. Er hatte einen langen, schwarzen Mantel an der fast bis zum Boden reichte. Als ich sein Gesicht sah, schrak ich zurück. Vor mir stand Luzifer. Der Herrscher der Hölle, der einst ein Engel war. Und dann gefallen ist. Ich durfte kein falsches Wort sagen, nicht einmal reden. Er könnte mich mit einer Handbewegung umbringen. Er betrachtete mich von oben bis unten und lächelte dann. Ich hielt den Atem an.
„Schönes Gesicht. Und so viel Kraft. Du wirst dich gut bei uns machen. Das heißt natürlich wenn du willst.“
Worüber redet er? Ich betrachtete sein Gesicht. Bisher habe ich es nur von Zeichnungen gekannt. Er war schön. Aber waren das nicht alle Engel, ob gefallen oder nicht? Sein Gesicht war hart, aber man konnte weiche Züge darin entdecken. Es überraschte mich nicht. Etwas musste er von dem Engeldasein mitgenommen haben. Er hatte leuchtende schwarze Haare, die bis zu seinen Schultern reichten. Sein Körper war gut gebaut, perfekt gebaut. Nichts was ich nicht schon kannte. Aber er hatte etwas besonderes. Schon seine Anwesenheit, brachte eine brachte eine dunkle Macht in den Raum. Seine Augen sahen so aus, als hätten sie schon alles durchgemacht, aber könnten noch alles vertragen. Und man sah auch Gefühle darin. Nicht etwa wie bei Sam..
Die Himmel regierte der Gott, die Hölle Luzifer. Beide Reiche hatten genauso viel Macht, wenn sie also Krieg führen würden, wäre er unendlich. Keiner kann gewinnen. Die Verwaltung der Beiden Reiche war zwar anders (Luzifer herrschte allein, während Gott sich um alle anderen sorgte. Obwohl wenn ich es mir recht überlege, sorgt sich Luzifer auch sehr um seine Untertanen. Aber es gibt noch einige andere, kleine Differenzen). Vampire, Werwölfe und Dämonen gehörten der Hölle an. Man konnte nicht wechseln. In den vergangen Jahrtausenden gab es nur einmal einen solchen Vorfall, dass Vampire und andere Höllen-Mitglieder zum Himmel wechseln konnten. Wieso wussten nur Luzifer und Gott. Viele haben gewechselt, würden dann aber nach einigen Jahrhunderten wieder verjagt. Auch wenn man es jetzt könnte, ich würde es nicht tun. Die Hölle war nicht durch und durch böse. Sie hatte viele gute Menschen. Gute Vampire, Werwölfe und andere Wesen, die nichts für ihre Verwandlung konnten und nur deswegen in die Hölle mussten, weil sie das waren, was sie waren. Natürlich war es nicht wirklich angenehm dort. Aber wenn man ein paar gute Ecken kannte, konnte es auch schön werden.
Feen, Hexen und andere solcher Wesen, waren unabhängig. Sie konnten wann immer sie wollten in den Himmel und waren dort immer willkommen. Und natürlich Menschen. Es gab keinen Menschen, der je in die Hölle gekommen ist. Das war einfach unmöglich. Die Menschen wussten gar nicht wie viel Magie es auf ihrer Welt gab.
Luzifer neigte seinen Kopf zur Seite. Er sah in mich hinein. Sein Blick war mir viel zu aufdringlich, doch ich konnte mich nicht abwenden. Abrupt drehte er sich um.
„Geht raus, und bereitet ein Zimmer für sie vor und lasst mich mit mir ihr allein.“
Mir grauste vor seiner Entscheidung, aber ich musste sie akzeptieren. Als die Wand verschlossen war, wandte er sich wieder zu mir um. Er strich mir über das Gesicht, fuhr es nach. So wie der Dämon. Luzifer war das einzige Wesen, das mehr Macht böse Macht hatte als ein Dämon. Ich duldete seine sanfte Bewegung auf meinem Gesicht. Sie würde mir sogar gefallen, wenn ich nicht die dunkle Macht spüren würde, die auf mich überströmte. Doch eigentlich störte es mich nicht. Das dunkle an ihm. Ich fühlte mich vielleicht sogar wohl.
„Also, Kleines, wie heißt du?“
Ich war überzeugt, dass er das schon wusste.
„Ariana.“
„Ariana, ich glaube nicht, dass es dir bis jetzt bei uns gefällt.“
„Nicht wirklich.“
„Tja, das wird sich bald ändern. Weißt du eigentlich das wir dich gerettet haben.“
„Ich würde es bis jetzt nicht so bezeichnen.“
„Du änderst deine Meinung vielleicht noch.“
„Bestimmt nicht.“
Was war mit mir los? Wieso wiedersetzte ich mich dem absolut mächtigstem Wesen, dass ich bisher getroffen hatte? Er sah mich verwundert an.
„Du bist mutig Kleine. Das ist gut.“
Ihn konnte wahrscheinlich nichts so schnell aus der Fassung bringen. Ich fühlte mich aber nicht mehr wohl, nicht wegen seiner dunklen Macht, sondern weil ich wütend und verzweifelt war.
„Ja, vielleicht.“
„Es wird dir bei uns gefallen.“
„Wieso nehmen Sie das so stark an?“, meine Stimme wurde immer lauter, „Ich will nicht mehr, als hier raus aus diesem verdammten Drecksloch! Mich interessiert nicht was alle sagen, nicht einmal das was Sie sagen!“
Hilfe! Wieso konnte man mir nicht einfach die Zunge abschneiden? Ich sah Wut auf seinem Gesicht aufsteigen. Er hob seine Hand und machte eine Bewegung, als würde er mich schlagen wollen. Dann beruhigte sich sein Gesicht wieder und er ließ die Hand sinken. Bevor ich noch etwas verdammt Dummes wie „da haben Sie noch einmal Glück gehabt“ sagen konnte, begann sich die Wand zu bewegen und ein (mir unbekannter) Mann kam in das Zimmer herein.
„Entschuldige die Störung, Sir, aber ist alles in Ordnung?“
Er hatte also auch gehört, wie ich geschrien habe. Luzifer drehte sich nicht einmal zu ihn um, sondern sah mich prüfend an. Dann zischte er:
„Es ist alles in Ordnung.“
Es blieb noch eine Weile stehen dann wandte er sich um.
„Bringt sie in ihr neues Zimmer in ein paar Stunden. Ich gehe jetzt.“
Der junge Mann nickte und führte den Herrscher der Hölle dann heraus.

6. Das war unglaublich




Luzifer ging ohne sich noch einmal umzudrehen. Die Wand schloss sich hinter ihm laut. Ich wartete noch etwas, dann atmete ich erleichtert durch, nur um den Atem wieder anzuhalten, als die Wand sich anfing zu bewegen.
„Könnt ihr mich einfach in Ruhe lassen?“, rief ich und verstummte sofort. Vor mir stand Sam und lächelte spöttisch.
„Du bekommst so viel Aufmerksamkeit, dass du Ruhe haben willst. Echt beeindruckend. Respekt.“
„Was willst du hier? Sie könnten dich erwischen.“, keuchte ich erschrocken.
„Keine Angst. Aber wir sollten doch lieber schnell abhauen.“
„Abhauen?“
„Ja, ich hole dich hier raus.“
Ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
„Was, wenn ich gar nicht gehen will?“
Ja ich weiß, dass das ziemlich dumm ist, aber ich war jetzt einfach zu wütend.
„Dann gehe ich wieder ohne dich. Ich habe mir einfach nur gedacht, es würde dich freuen, dass ich dich hier raushole.“
Ich seufzte. Eigentlich wollte ich ganz schnell hier raus und jede meine Sehne riss sich darum, einfach zu Sam zu laufen und mitzukommen.
„Ich komme mit.“
Ich neigte seinen Kopf zur Seite, so wie es vor ein paar Minuten Luzifer gemacht hat. Nur wenn es Samuel machte, sah er vertrauenswürdig und verdammt gut aus, auch wenn er sich lustig über einen machte. Wenn es Luzifer machte, sah er furchteinflößend und einschüchternd aus. Niederschmetternd. Ich lief leise zu dem Engel hinüber.
„Aber schnell. Du weißt gar nicht wer sich hier aller aufhält.“
„Ich werde aufpassen. Komm mir nach.“
Ich bemerkte einen Schalter an der Wand, mit dem man diese wohl bewegen konnte. Er lief vor und ich hinter ihm. Schon nach ein paar Schritten, brach ich fast zusammen. Wieso hatte ich fast keine Kraft mehr? So lange, war ich doch gar nicht hier, außerdem hatte mich Tender ja gefüttert. Sam drehte sich zu mir um und sah mich verwundert an.
„Was ist los?“
Ich zuckte nur mit den Schultern. Er ging zu mir zurück, half mir auf und legte mir seinen Arm um meine Schulter. Ich genoss die Wärme, die er ausstrahlte. Ziemlich lange habe ich sie nicht mehr gespürt und in seiner Nähe fühlte ich mich sicher, auch wenn es dumm von mir war. In letzter Zeit konnte ich mich verstehen. Sein Arm stütze mich sodass ich nicht hinfiel. Wir gingen schnell und zum ersten Mal (wenn auch nur flüchtig), sah ich was außerhalb, von meinem kleinen Zimmer war. Die Wände waren kahl und der Gang schmal. Alles war herzlos bis wir zu einer weißen Tür kamen. Hinter ihr war alles wunderschön, dunkel und alt gestaltet. Die Wände hatten eine dunkelbraune Tapete der Boden war mit einem großen, alten Teppich ausgelegt, der mit langen, schwarzen Mustern und Zeichen ausgefüllt war. Der Raum war sehr groß mit Fenstern, aber nicht zu vielen, was ich verstehen konnte, schließlich wohnten hier so viel ich wusste, nur Werwölfe, Dämonen und Vampire. Durch die Fenster schien die Sonne, die ich (wie lange musste ich denn eingeschlossen gewesen sein, wenn ich sogar diese schon vermisste?) in den letzen Tagen so sehr vermisst habe. An der Decke hang eine riesige alte Lampe. Obwohl hier alles schon so alt schien, konnte ich keinen Staub entdecken. Was für ein Unterschied zu meinem kleinem Gefängnis. Hier gab es unzählige Türen, durch die man in andere Zimmer konnte. Eine Treppe an der Wand des Raumes führte wahrscheinlich zu anderen Räumen.
„Was ist das hier?“
„Eine kleine Burg. Niemand weiß, dass hier eine ist.“
Außer den Geschöpfen der Nacht. Sam steuerte auf eine Tür zu und machte sie schnell auf. Hinter uns bewegte sich etwas. Ich wandte mich um und sah Tender. Ich schaute uns verwundert an und reagierte im ersten Moment nicht. Dann zuckte er zusammen und ging auf uns los. Sam hatte sich auch schon umgedreht und als er sah, dass Tender uns aufhalten wollte, ließ er mich los und nährte sich dem Werwolf zwei Schritte. Tender schnaubte wütend. Ich konnte mir schon denken, dass er in Gedanken schon die anderen rief (Werwölfe können, so wie jedes andere maische Wesen, sich in Gedanken verständigen. Außer man wollte es nicht. Dann konnte man es blocken). Also hoffte ich, Sam möge schnell machen. Er schloss seine Augen und Tender sank auf die Knie. Ich konnte mir denken was Samuel machte und ich wusste auch was der Werwolf fühlte. Als er endlich in Ohnmacht viel, hörte man schon von oben schnelle Schritte. Sam nahm wieder meine Hand und wir stürzten aus der Tür ins Freie. Um uns war nur Wald. Wie liefen einfach hinein. Wir liefen und wir liefen. Ich konnte kaum noch aufrecht stehen, aber Sam zog mich weiter. Hinter uns waren immer Schritte, mal lauter, mal leise. Man hörte, dass Kleider rissen und das beängstigende Knurren und Heulen der Wölfe, war erstaunlich nahe. Sam lief so schnell, dass ich einfach nicht mehr mitkam. Die Geräusche hinter uns würden immer und immer lauter.
„Schneller. Schneller.“
„Sam, ich kann nicht mehr schneller!“
Irgendwie würde ich immer müder und müder und ich konnte mich nicht mehr aufrecht auf den Beinen halten. Die Bäume um mich begangen zu schwirren und ich hatte das komische Gefühl, dass ich auf den Boden gefallen war. Das stimmte wohl, denn Sam blieb kurz stehen und hob mich wieder auf. Dann lief er los. Er hielt mich fest in seinen Armen und ich klammerte mich an ihn. Die Bäume verwischten sich unter der Geschwindigkeit. Der Wind in meinen Ohren rauschte. Ich war überwältigt von der Schnelligkeit. Die Wölfe waren zwar immer noch hörbar, aber eindeutig leiser. Wir liefen bis es Nacht würde und schließlich verstummten auch die hartnäckigen Schritte hinter uns. Sichtlich erschöpft legte mich Sam unter einem Baum ab und setzte sich selbst neben mich. Wir waren auf dem Rand einer kleinen Lichtung.
„Wo ist eigentlich dein Auto?“
„Wir…wir werden es…suchen müssen.“
Er lehnte sich an dem Baum an und atmete ein paar Mal tief durch. Ich seufzte tief und fuhr mir mit meiner Hand über mein verschmutztes Gesicht. Wie lange hatte ich schon nicht mehr gebadet? Sam rümpfte die Nase.
„Du könntest eine Dusche vertragen.“
„Ach echt?“
Sam zuckte mit seiner Schulter und verstummte. Ich sah ihn an.
„Was?“
„Ich bin immer noch schmutzig.“
Er verdrehte die Augen und schloss sie gleich wieder. Ich roch Lavendel und schon war ich sauber. Ich fühlte mich, als wäre die ganze Angst von mir abgefallen.
„Besser. Aber wem hast du die Dusche gestohlen?“
„Niemandem. Sowas kann ich einfach so machen.“
„Ah.“
„Wie lange war ich eigentlich dort.“
„Hm, ungefähr zwei Wochen.“
„Wow.“
Er lächelte und ich tat es ihm nach. Wir saßen eine Weile im Schweigen bis Sam sich regte.
„Du weißt gar nicht wie schwer es war dich wieder zu finden. Als ich aufwachte, dachte ich zuerst, dass du weggelaufen bist. Aber du könnest das Schutzschild ja nicht durchbrechen. Da hab ich Werwolf gerochen. Dem bin ich gefolgt. Ich musste der Fährte über siebenhundert Kilometer folgen und immer wieder zurückfahren, weil ich zu weit gefahren bin. Dann bin ich ohne Auto weiter gegangen, weil es ziemlich schwer wäre, mit Auto in den Wald hineinzufahren...“
„Wieso?“
„Was wieso?“
„Wieso hast du das gemacht? Wieso hast du mich gerettet? Ich meine, du konntest dir doch einfach einen anderen Vampir finden, du hattest keinen Grund mich zu suchen.“
Sam schwieg eine Weile lange bis er mir antwortete.
„Das habe ich auch am Anfang gemacht. Aber dann...tja, mit dir war die Reise zum Himmel, von den Reisen die ich bisher gemacht habe, die Beste.“
Ich sah in verständnislos an. Sam fuhr sich mit einer Hand übers Haar.
„Es war irgendwie einsam ohne dich.“, er wurde plötzlich lauter, „muss ich mich vor dir rechtfertigen?“
Ich betrachtete sein Gesicht. Seine Züge die jetzt leicht wütend waren.
„Ja. Sonst immer. Aber jetzt nicht.“
Ich weiß nicht was mich dazu verleitet hat mich zu ihm vorzubeugen und leicht seine Lippen mit meinen zu streifen. Jedenfalls habe ich es gemacht. Er war etwas erstaunt, reagiert aber sofort. Sam schlang seine Arme um mich und ich setzte mich auf ihn, um es bequemer zu haben. Wir begannen und zart zu küssen. Mit meiner Zunge bat ich um Einlass und diesen gewährte er mir sofort.
„Wir sollte das nicht machen.“
Sam stöhnte leise, was so sexy klang und mir auch ein Stöhnen entlockte.
„Ja es ist falsch. Wir sollten aufhören.“
Ich fuhr mit meiner Hand durch seine weichen Haare, seinen Hals hinunter, entlang seiner Brust. Er drückte mich noch fester an sich, schien nicht genug zu bekommen. Unsere Küsse würden immer leidenschaftlicher, ich hatte immer mehr Verlangen nach ihm. Seine Lippen lösten sich von meinen und er begann im entlang meinem Hals zu küssen. Ganz zart. Bis er endlich wieder meine Lippen wiederfand. Ich fuhr mit meiner Hand unter sein Unterleibchen und fühlte jeden seiner Muskeln. Seine Haut war heiß, genauso wie meine. Die Luft zwischen uns knisterte und würde immer erregter. Ich konnte die Beule zwischen seinen Beinen deutlich spüren. Mir einer Bewegung zerriss ich es und machte mich an seinen Gürtel ran. Ich wusste nicht wie, aber mein T-Shirt hatte ich auch nicht mehr an. Während des ganzen, schafften wir es, dass sich unsere Lippen nicht voneinander lösten. Unglaubliche Wärme durchfuhr meinen Körper, füllte jeden einzelnen Finger aus. Er zog meine Jeans aus und warf sie hinter sich. Ich hatte den Kampf mit seinem Gürtel gewonnen und konnte ihm auch seine ausziehen. Mein BH fiel irgendwo hin und er begann mit seinen Hände meine Brüste zu liebkosten. Zwischen unseren Küssen flüsterte ich seinen Namen und bald hielt ich es nicht mehr aus. Die dichten Bäume des Waldes und die Nacht verschlang uns, während wir uns küssten...

7. Ein Kapitel für sich




Ich schlug die Augen auf und sah einen wunderschönen, blauen Himmel. Das Gras kitzelte meinen Körper und es roch stark nach Frühling. Ich drehte mich zu Seite und erblickte einen schlafenden Sam. Er war nackt so wie ich auch. Meine Hand fuhr über seine muskulöse Brust, weiter hinauf bis zum Hals. Ich wusste nicht wieso ich das machte, aber meine Hände bewegte sich von alleine. Nachdem ich eine Zeit lang mit meinen Finger über seinen Körper fuhr, stand ich auf uns suchte meine Unterwäsche. Den BH fand ich zehn Meter von dem Höschen entfernt. Okay, das war etwas komisch, aber ich hob die Unterwäsche auf und zog sie an. Meine Hose lies ich auf dem Boden liegen und von meinem T-Shirt waren sowieso nur noch Fetzen übrig. Wir mussten echt geil gewesen sein. Meine Augen erkundeten die Gegend und ich entfernte mich noch ein Stück von dem schlafenden Engel. Ein leichter Wind streifte meine Wange und es war angenehm kühl. Es war eine nicht sehr große Lichtung, aber dennoch schöne Lichtung. Das Gras hatte die Farbe von kraftvollen grün und alles war mit Gänseblümchen übersehen. Ich atmete die frische Luft ein und genoss den Augenblick. Doch ich musste an Gestern denken. Eigentlich dachte ich gern an Gestern. Es war unglaublich gewesen. Sam hatte echt was drauf zwischen den Beinen und ich gab es zu: Das war der fast beste Sex in meinem Leben (der Beste war mit einem Italiener. Ich sag nur WOW). Ich fragte mich woher er das drauf hatte. Schließlich musste er das Können irgendwo erlernt haben. War das nicht gegen die „Himmelsregeln“? Aber ich wusste ja schon, dass er gerne das Gesetz brach. Er rauchte, vögelte durch die Gegend (das nahm ich mal an, sonst hätte er ja nicht drauf) und vögelte seine Gefangene die zudem auch noch ein Vampir war. Ein Geschöpf der Nacht. Was es wohl für eine Strafe dafür gab. Der Fall? Bei dem Gedanken, dass Sam so etwas passieren könnte, zog sich mein Herz kurz zusammen. Plötzlich drang etwas in meinen Kopf ein und ich hörte Sams stimme.
„Noch mal?“
Ich begann sofort eine Mauer um meine Gedanken zu machen. Nur weil wir geilen Sex hatten, hieß es nicht gleich, dass er in meinem Kopf rumspuken durfte. Und zur Frage. Oh ja. Ich wollte ganz sicher es noch mal mit ihm treiben. So atemberaubenden Sex hatte ich seit dem Latino-Lover nicht mehr gehabt. Er drehte mich um schaute auf Samuel. Er war richtig erregt. Ich auch. Nickend kam ich auf ihn und legte mich auf ihn (Ich musste ja oben sein). Er lachte leise und begann mich so wie gestern zu küssen, wenn nicht noch leidenschaftlicher. Dann drehte er mich schnell um, sodass ich wieder unter ihm lag. Ich drückte mich an ihn und stöhnte. Ich stöhnte wegen seiner Küsse. Was hat er bloß mir gemacht? Er liebkoste meinen Körper und da er nackt war und ich nur BH und Höschen anhatte ging es ganz schnell. Es war sogar noch besser als gestern Abend. Nach meinem Höhepunkt ließen wir von uns ab und er viel auf das Gras neben ihm. Wir amteten beide schwer. Als wir uns einigermaßen beruhigt hatten sah er mich an.
„Gefiel es dir? “
Ich lachte.
„Hm. Ich hatte schon besseren.“
Das war ja auch kein Lüge. Ich hatte besseren mit dem Latino gehabt. Sam legte den Kopf schief.
„Echt? Das kam mir aber nicht so vor als du bei deinem Orgasmus „Schneller, schneller. Ja. Oh ja. Mehr” geschrien hast.”
Er stöhnte um seine Aussage zu bestätigen und eine Welle von Lust durchfuhr meinen Körper.
„Sicher hatte ich besseren. Mit Francesco.“
„Wer ist dieser Kerl? Ich bring ihn um.“
Ich grinste. Sam beugte sich zu mir vor und küsste mich zart auf den Mund.
„Und hat es dir gefallen?“
Er lächelte mich an und ich nickte langsam. Dann lagen wir eine Weile in Schweigen. Eine lange Weile. Niemand von uns traute sich die bestimmende Frage zu stellen. Ich hielt die Stille nicht mehr aus und sagte etwas. Irgendetwas.
„Schön ist diese Lichtung.“
„Mmhmm.“
„Magst du Gänseblümchen?“
Okay, ich hatte echt kein Thema drauf.
„Mmhmm.“
„Ich auch.“
Dann war es wieder still. Ich seufzte uns setzte mich auf.
„Sam?“
„Hmm?“
„Was...was machen wir jetzt.“
Sein Gesicht würde ernst.
„Ich weiß nicht.“
Ich seufzte wieder. Was konnten wir machen. Ich kannte einen Weg. Einfach so tun als wäre nichts passiert. Ich wusste nicht wieso, aber mir grauste dieser Weg. Komm schon, versuchte ich mich zu überzeugen. Es war nur Sex. Du magst ihn ja nicht einmal. Das wäre der einfachste Weg. Nicht das ich immer den einfachsten Weg genommen hätte. Das wäre ja sehr langweilig sonst. Aber jetzt hatte ich keinen Grund um den schweren zu nehmen. Also seufzte ich ein drittes Mal und sah auf Sams ausdrucksloses Gesicht.
„Was schon? Wir fahren weiter.“
Er sah mich an und ich sah in seinen wunderschönen, blauen Augen etwas aufblitzen. Das erste Mal seit ich ihn kannte, war etwas in seinen Augen zu erkennen. Eine Gefühlsregung. Bevor ich es aber richtig deuten konnte, war es schon wieder verschwunden. Er nickte langsam und stand auf. Da von seiner Kleidung nichts mehr als Fetzten übrig waren und bei mir, sich nur noch die Hose tragen lies, schloss er kurz die Augen und zauberte etwas neues auf mich und sich. Ich sah auf mich hinab. Mein BH war ein schwarzer Krönchen BH und schwarze String. Sonst hatte ich Hot Pants und ein weißes Unterleibchen an, wo man alles durch sah. Das sah man was Sex aus Männern machte. Ich wunderte mich, woher er all diese Kleidung hatte, aber vielleicht war der Wald nicht so groß und nahe an einer Autobahn. Zwar fand ich e schon irgendwie ekelig, eine Unterhose, von jemand anderem zu tragen, aber ich fand es jetzt nicht gerade passend mich zu beschweren. Er selbst hatte eine schwarze Jeans und ein schwarzes Leibchen an. Mich störte es zwar nicht, dass ich wie eine Prostituierte angezogen war, aber ich wollte nicht das jeder Mann dem wir begegneten, mir auf meine Brüste starrte. Okay, eigentlich war es mir schnuppe.
„Wo hast du ungefähr das Auto gelassen.“
Er zuckte nur mit den Schultern und schien angestrengt über etwas nachzudenken. Dann schüttelte er den Kopf.
„Ich kann es nicht finden, die Verbindung ist zu schwach, aber wir müssen in diese Richtung.“
Er zeigte nach Osten und machte sich auf den Weg. Ich ging ihm nach. Hatte er jetzt eine besondere Verbindung mit dem Jaguar, oder konnte er das einfach so? Sachen aufspüren? Dann wäre ja die ganze Welt so verdammt einfach. Ich versuchte ihm meine Gedanken zu schicken, weil es eigenartig wäre (ich weiß nicht wieso) jetzt etwas laut auszusprechen. Mein Geist stieß gegen ein harte Mauer, aber nach kurzem zögern, ließ er die Gedanken in seinen Kopf hinein. Er schüttelte den Kopf, was für mich so viel hieß wie: Ich kann keine Gegenstände aufspüren. Dazu sagte er aber nichts mehr und ich war noch verwirrter. Wir gingen immer tiefer in den Wald hinein und ich musste die ganze Zeit über den Engel vor mir denken. War er jetzt sauer auf mich? Wieso? War es für ihn mehr als Sex gewesen? War es für MICH mehr als Sex gewesen? Um mal die erste Frage zu beantworten. Ganz sicher ja. Man sah es ihm doch an. Kommen wir zur zweiten Frage. Keine Ahnung. Und die Dritte. Keine Ahnung. Bei der letzten Frage war ich mir aber sicher. Definitiv Nein! Nein, nein, nein. Oder doch? NEIN. Ich bemerkte das Sam auch angestrengt nachdachte und plötzlich wollte ich wissen worüber. Natürlich fragte ich ihn nicht. Wir gingen schweigend und nur alle paar Stunden sagte jemand (hauptsächlich Sam) wie: Da lang oder Pass auf hier ist ein umgefallener Baum. Was sollte das? Ich hatte Augen im Kopf und konnte mich auch gut um mich selbst sorgen. Ja, ich war wütend auf Sam. Wenn er dachte, dass der Sex etwas mehr war, war das sein Problem. Aber der Gedanke wieder zum Auto zu gehen und so zu tun als wäre nichts passiert (was ja meine Idee war), machte mich noch wütender. Ich beschloss nicht weiter darüber nachzudenken. Nach zehn Stunden gehen waren wir immer noch nicht da. Vielleicht gingen wir einfach in die falsche Richtung, denn ich hatte das Gefühl wir würden statt endlich dem Ende zuzugehen, noch tiefer (und wir waren schon verdammt tief) in den Wald hinein dringen. Es würde immer dunkler und ich bekam ein unangenehmes Gefühl. Als ob uns jemand beobachten und uns folgen würde. Ich suchte noch einen anderen Geist, außer meinem und dem von Sam, aber ich konnte niemanden finden. Keine fremden Schritte waren zu hören und ich konnte normalerweise Schritte (und auch andere Geräusche), wenn ich mich konzentriere, auf fünf Kilometer und wenn es richtig still war, auf sieben hören. Ich blieb kurz stehen und drehte mich um. Für einen Augenblick glaubte ich rote Haare hinter einem Busch verschwinden zu sehen, aber ich konnte noch immer niemanden fühlen oder hören. Sam würde auch unruhig und sah sich um. Dann schaute er mich fragend an. Ich zuckte nur mit den Schultern. Was wollte er bitte von mir? Langsam verlor ich die Geduld. Wie lange sollten wir noch in diesem beschissenen Wald herumirren? Als ich schon dachte, ich halte es nicht mehr aus, begann ich Benzin zu riechen. Wir waren schon nah, bei einer Straße und ich atmete erleichtert auf. Schon eine halbe Stunde später standen wir auf einer schwach beleuchteten Straße und schauten uns um. Kein Auto war zu entdecken. Ich konzentrierte mich auf meinen Geruchsinn und roch ganz schwach Autolack.
„Hier lang.“
Ich ging nach Norden und Sam folgte mir wortlos. Das überraschte mich. Seit wann war er so gehorsam? Der Sex mit ihm hat definitiv etwas geändert. Ich hörte wie er hinter mir ging und wiederstand nur schwer dem Drang mich umzudrehen. Wie spät es wohl war. Bestimmt mitten in der Nach, denn der Mond schien stark und die Gegend war in ein tiefes Schwarz getaucht. Ich konnte natürlich alles sehen. Etwas vier Kilometer vor mir stand ich eine schwarze, große Gestalt. Bestimmt Sams Jaguar. Ich lief los und bemerkte wie Sam es mir nachtat. Der Wind durchfuhr meine Haare und schlug gegen meine Wangen. Für einen Augenblick vergaß ich Sam und sein (oder unser) Sex Problem (Nicht das ihr jetzt was Falsches denkt. Ich hat kein Problem mit dem Sex, sondern nach dem Sex mit ihm. Glaube ich jedenfalls) und genoss den Moment. Schon nach einigen Sekunden musste ich stehen bleiben, weil der schwarze Jaguar vor mir stand. Sam ging an mir vorbei und stieg ein. Ich kam wortlos dazu und wir fuhren los.

8. Das war AUCH der Hammer




Wir fuhren durch die dunkle Nacht und jedes Mal wenn mein Blick Sam streifte fuhr mir ein Schauer über den Rücken. Ich wusste, dass er das spürte, doch er ignorierte es. Die Stimmung war angespannt, aber bald schaute ich nur aus dem Fenster und bemerkte Samuel gar nicht mehr. Stattdessen wurde ein Gefühl immer stärker, dass ich schon vorher gehabt hatte, nur unterdrückt habe. Hunger. Sehr großer Hunger. Ich hatte schon Hunger, vor meinem Aufenthalt bei der Werwolf-Vampir-Mafia. Tender hat mir zwar Blut gegeben, aber nur so viel damit ich überleben konnte. Jetzt waren schon zwei Tage vergangen, als mich Sam gerettet hat. Es war überhaupt ein Wunder, dass ich mich nicht schon längst an Sams Hals geschmissen hatte. Sein warmes Blut, das in seinen Adern floss. Wie wohl das Blut eines Engels schmeckte? Es war schließlich das Blut Gottes. Ich musste einen wohligen Schauer unterdrücken. Mein Körper verlangte nach Essen. Ich spürte wie meine Eckzähne lang und scharf wurden. Meine Zunge fuhr darüber und schlitzte sich dabei auf. Ich schmeckte mein Blut und schluckte es schnell hinunter. Wie ekelig. Meine Eckzähne zogen sich wieder ein. Nichts war ekeliger als sein eigenes Blut zu trinken. Ich atmete erleichtert auf. Etwas länger und ich hätte in Sams Hals gebissen. Der Gedanke an Beißen, ließ meine Zähne wieder ein bisschen länger werden. Schnell dachte ich an etwas anderes. Ich brauchte Essen sonst, wäre ich bald nicht in der Lage mich zu kontrollieren. Ein paar Mal atmete ich ein und aus, aber so dass es Sam nicht sah. Es wurde besser. Wenn wir irgendwo halten würden, um ein Pause zu machen, musste ich mir den nächstbesten schnappen und endlich satt werden. Ich sank zurück in den weichen Sitzt und plötzlich würde ich sehr, sehr müde. Bevor ich noch zu Sam sagen konnte, dass er demnächst wo halten soll, war ich schon eingeschlafen.
Ein rütteln weckte mich und ich setzte mich verschlafen auf. Samuel saß noch beim Steuer und sah konzentriert auf die Straße. Was hat mich aufgeweckt? Ich sah mich um und plötzlich rüttelte es noch mal. Irritiert schaute ich durch das Fenster und bemerkte, dass wir statt auf dem Highway zu sein, auf einer holprigen Landtrasse, mit vielen Steinen und Löchern fuhren. Wie verschlafen musste ich sein, dass ich das nicht gleich bemerkt hatte? Die Gegend hatte sich nicht stark seit gestern verändert. Eigentlich gar nicht. Überall war Wald und wenig Wiese. Wenn es Häuser gab, dann nur ganz selten und weit voneinander entfernt. Immer wieder wurde ich geschüttelt, weil Sams Jaguar gerade über einen großen Stein oder in ein großes Loch fuhr. Zudem brannte mein Hals und mein Mund war kurz vom austrocknen. Egal wie viel ich über meine Lippen fuhr, sie wollten einfach nicht feuchter werden. Ich brauchte Nahrung, Jetzt. Sofort. Meine Augen wanderten zu Sam und zu seinem Hals. Ich schüttelte kurz den Kopf und schluckte ein paar Mal.
„Sam. Wir müssen irgendwo anhalten.“
Meine Stimme klang statt dem weiblichen, melodischem Klang, wie die einer alten Oma, die nicht gerne sprach. Samuel nickte kurz und fuhr weiter. Hoffentlich kam bald eine Tankstelle, ein Geschäft, ein Haus oder wenigstens ein kleiner Rastplatz. Es hätte auch nur ein Mensch gereicht. Aber nichts kam. Als ob sich sogar die Hölle gegen mich gestellt hätte. Zwanzig Kilometer fuhren wir, aber es gab keine Anzeichen von Menschenleben. Vierzig Kilometer hielt ich noch aus, dann sah ich zu Sam und konnte nicht mehr. Meine Instinkte hatten Oberhand genommen und rationales Denken war nicht mehr möglich. Ich schmiss mich auf seinen Hals und er riss das Lenkrad zur Seite. Das Auto fuhr in einen Graben und blieb dort. Ich genoss das angenehme Kribbeln, in meinem Oberkiefer und meine Eckzähne wurden länger und spitzer. Gewaltsam entblößte ich seinen Hals und versuchte reinzubeißen. Sam war aber schneller und entwand sich meinem festen Griff. Er riss die Tür auf und sprang aus dem Wagen. Ich folgte ihm. Nach etwas hundert Metern würde er langsamer und ich bekam ich zu fassen. Ich drückte ihn gegen einen Baum und entblößte abermals seinen Hals. Er wehrte sich zwar, aber nur ein bisschen und das breitete mir keine großen Probleme. Ich schloss meine Augen und versenkte meine Zähne in seinem Fleisch. Was danach folgte war unbeschreiblich. Eine saftige, süße und atemberaubende Substanz floss auf meiner Zunge zum Rachen. Ich sah nur blendendes Licht vor meinen Augen und das Licht das mich von innen ausfüllte. Kein einziges Wort hätte es beschreiben können, was ich jetzt fühlte. Alles war verzehnfacht. Einfach nur göttlich. Jede einzelne Zelle meines Körpers hatte sein Blut in sich und wollte davon mehr. Das Licht wanderte von meinem Kopf abwärts zu meinem Bauch, meinen Armen und Füßen bis es jede einzelne Zelle in meinem Körper füllte. Zugleich fühlte ich mich als ob ich von unendlicher Dunkelheit umgeben würde. Ich keuchte und stolperte zurück. Einen Moment lang starrte ich ihn wie versteinert an und wagte es nicht einmal zu atmen. Sam stand da und atmete schwer. Ich beachtete ihn nicht und stürzte mich auf das unglaublich rote Blut, das aus den zwei kleinen Löchern aus seinem Hals floss. Ich hatte noch nie so eine Farbe gesehen. Ganz kurz sah ich in seinen Augen mich. Ich hatte rote Augen, die die Farbe seines Blutes hatten. Dann sollten sie eben rot sein. Aber in seinen Augen, hatte cih auch eine Veränderung bemerkt. Ein Gefühl wieder. Und dieses Gefühl war Zärtlichkeit. Er sah mich allen Ernstes zärtlich an. Doch in diesem Moment war mir das ehrlich gesagt, schnuppe. Als meine Zunge das Blut berührte, drückte ich meinen Körper auf seinen und trank, als ob ich nie etwas anderes in meinem Leben gemacht hätte. Ich wand mich unter Ekstase, keuchte und stöhnte. So oder so, aber das war sehr viel besser als der Orgasmus mit Francesco. Ich hatte das Gefühl, dass Sam es auch genoss, aber ich konnte nicht unterscheiden ob ich und auch keuchten, oder nur ich. Es war wie eine Sucht. Mein Körper platzte schon von seinem Blut und trotzdem fühlte ich mich leer. Und plötzlich war alles aus. Ich spürte nur noch einen Hauch der Ekstase, die ich eben noch vor zwei Sekunden gespürt hatte. Ich realisierte wo meine Hände waren und wunderte mich wie sie dahin gekommen waren. Als ich sie unter Sams Shirt herauszog, bemerkte ich, dass sie voll Blut waren. Ich hatte Sam den Rücken aufgekratzt und das sehr tief. Ich sah, dass er auch zu Besinnung kam und mich von sich weg schob. Dann sah er mich an. Seinen Blick konnte ich nicht deuten. Er hatte eine Mischung aus Verwirrung, Ungläubigkeit und eine (ziemlich große) spur von Verlangen in seinen Augen. Keine Spur mehr von der vorher gesehenen Zärtlichkeit. Meinen Körper füllte unglaubliche Wärme aus und trotzdem zitterte ich und bebte, als ob mir kalt wäre. Ich hatte keine Kraft mehr, aber so ging es mir nur einige Sekunden lang, denn plötzlich bekam ich so viel Kraft und Macht, dass ich jetzt auf der Stelle hundert Bäume (das ist natürlich etwas übertrieben, aber so fühlte ich mich eben) hätte aus der Erde reißen können. Ich hätte hundert Männer leer trinken können und ich hätte trotzdem nicht so viel Kraft. Immer wieder leckte ich mir über meine Lippen, um den Rest des unglaublichen Gefühls zu behalten, aber es funktionierte einfach nicht mehr. Ich war satt und voller Licht. Und das einzige was ich herausbrachte war:
„Fuck. Wow.“
Sam sah mich zuerst an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, lächelte dann aber. Ich zog die Augenbrauen hoch, lächelte aber auch. Er blinzelte mir zu. Ich machte wieder einen Schritt auf ihn zu und stand dann so nah, dass unsere Körper sich fast berührten. Die Wärme die Sam ausstrahlte umhüllte mich und ich beugte mich vor, sodass unsere Nasen aneinander stießen. Dann streifte ich ganz zart mit meinen Lippen, seine. Ich spürte wie ein Schauer über seinen Körper ging. Meine Lippen pressten sich ans seine und ich küsste ihn. Er erwiderte den Kuss. Wir waren ganz zart und doch leidenschaftlich. Dann trat ich zurück. Er betrachtete mich mit seinen blauen Augen von oben bis unten. Schon wieder konnte ich seinen Blick nicht deuten und das irritierte mich. Aber es war unglaublich wie viele Gefühle er in letzter Zeit hatte. Sam fuhr mit seiner über sein Gesicht und durch seine blonden Haare. Die kleinen Löcher auf seinem Hals, waren schon geheilt. In seinen Augen konnte ich mich sehen und bemerkte, dass meine nicht mehr rot waren. Wir standen eine lange Weile so da und sahen uns in die Augen, bis er leicht, fast gar nicht merklich mit den Schultern zuckte und an mir vorbei ging. Der Duft von seinem Blut hing immer noch in der Luft. Ich blieb noch etwas stehen, atmete den Geruch und unterdrückte ein seufzten. Dann drehte ich mich um und ging ihm nach. Sam saß schon im Auto und wartete auf mich. Er sagte kein Wort, also beschloss ich das gleiche zu machen. Der Wagen setzte sich in Bewegung und wir taten als wäre nichts passiert. Schon wieder.

9. Seltsame Begegnung




Je weiter wir fuhren, desto mehr passte es mir nicht, dass wir einfach unseren Weg fortsetzten. So sollte es einfach nicht sein. Ich öffnete das Fenster und stellte das Gesicht in den Wind. Die Sonnenstrahlen, nicht mehr so stark, strahlten auf mein Gesicht und kitzelten es. Ich sah wie wir an einem Wald vorbeifuhren (schon wieder. Gibt es hier eigentlich nur Wälder?) und dazwischen lag ein riesiger See. Das Wasser funkelte in der untergehenden Sonne. Ein Rehherde graste auf der Wiese und die Vögel zwitscherten. Früher hätte ich diese atemberaubende Landschaft gesehen, wäre sie für mich früher uninteressant gewesen. Ich hatte schon die ganze Welt gesehen. Aber jetzt fand ich es einfach umwerfend. In der letzten Zeit hatte ich mich sehr verändert. Nicht das ich nicht mehr ich wäre. War ich ja noch. Aber eben anders. Und plötzlich machte es in mir klick.
„Stop!“
Sam schaute verwirrt auf und bremste den Wagen abrupt. Ich öffnete die Tür und stürmte hinaus. Dann lief ich zu Sams Tür und zog in mit meiner ganzen Kraft aus dem Wagen. Ich umklammerte mit meiner Hand seine und zog in Richtung See. Er leistete keinen Wiederstand, sondern drückte meine Hand ganz fest, sodass wenn ich ein Mensch wäre, wären jetzt meine Fingerkochen gebrochen. Ich zog ihn an den Büschen vorbei weiter zum See und als wir schon dort waren, zog ich ihn weiter. Ich wollte so weit sein, dass wir die Straße nicht mehr sahen, dass nur wir hier alleine waren. Sand und Gras und Steine waren auf dem Boden vermischt und wir gingen so nah beim Ufer, dass ich das kalte Wasser unter meinen Füßen spürte. Ich atmete tief die frische Luft ein und lies Sams Hand los. Irgendwie hatte ich fast vergessen, dass er neben mir stand. Meine Beine rasten alleine weiter auf die schon orangene Sonne zu. Ich drehte mich wie eine verrückte im Kreis und lachte laut. Lachte und schrie gleichzeitig. Abermals drehte ich mich und noch mal und noch mal. Mir wurde ganz schwindlig, aber ich hörte nicht auf. Ich streckte meine Arme von meinem Körper, schloss meine Augen und legte den Kopf zurück und lachte weiter. Hier im Sonnenuntergang bei diesem wunderschönen See konnte ich all meine Sorgen vergessen. Ich begann zu tanzten und wurde nicht müde. Ich wollte mehr. Ich wollte die Sonnenstrahlen auf meinem kribbeln spüren, wollte dass sich die Steine, das Gras und der Sand unter mir, in meine Füße drückten und mir wehtaten. Ich wollte spüren dass ich noch da war und wollte den Moment genießen. Ich wollte das er nie, niemals aufhört, so wie ich lachend unter der Sonne tanzte. Wollte ihn halten. Und ganz bestimmt wollte ich mehr von Sam. Ich drehte mich um sah ihn etwa zwanzig Meter hinter mir stehen. Er strahlte so wie die Sonne auf dem dunkelroten Himmel und beobachtete mich glücklich. Er stand zwar soweit, aber ich konnte das Glück in seinen Augen sehen. Und dieses Mal konnte ich da Gefühl ganz deutlich deuten. In dieser Sekunde war ich auch glücklich. Ich war so glücklich, als ich ihn strahlen sah, dass mir Freudentränen über meine Wangen flossen. Mein Körper bewegte sich von alleine, weil mein Kopf beschlossen hatte einfach nicht mehr zu denken. Meine Arme umschlangen ihn und ich riss uns zu Boden. Wir zitterten vor Lachen. Ich senkte den Kopf und flüsterte in sein Ohr.
„Lass uns ein Wochenende hier verbringen. Bitte, nur dieses eine Wochenende.“
Er nickte und ich lachte. Ich wusste ja noch nicht mal welchen Wochentag wir hatten. Dann begann ich an seinem Ohr zu knabbern und fuhr mit der Zunge über seinen weichen Hals. Ich arbeitete mich zu seinem Mund vor und lies ihn kurz davor warten. Oh ja, ich spürte seine Erregung, ich war ja auch erregt. Dann drückte ich ihm einen kleinen Kuss auf den Mund und rollte zur Seite. Er rollte wieder zu mir und umschlang mich mit seinen großen und weichen Händen. Ich lachte wie ein kleines Mädchen, dass ihren Schlecker bekommen hatte. Sam stahl mir drei wundervoll leidenschaftliche Küsse, bevor ich mich aus seiner Umarmung entwand und ins Wasser rollte. Ich fand es unfair, dass nur ich nass war und spritzte ihn an. Er sprang auf und machte das gleiche mit mir. Wir lachten. Es musste von oben wunderschön ausgesehen haben, wie sich zwei Leute im Sonnenuntergang mit Wasser vollspritzten, lachten und sich küssten. Als ob in diesem Moment nur der andere zählt. Und so war es auch.
Ich lag auf dem Boden und versuchte die Sterne zu zählen, weil ich nicht schlafen konnte. Bei hundertfünfzig gab ich auf. Sam lag neben mir und atmete regelmäßig. Ich drehte mich zu ihm um und schützte meinen Kopf auf meinem Arm. Er schlief friedlich und es war schön ihm dabei zuzusehen. Ich stand auf und streckte mich. Die Nacht war kühl und ich atmete die frische Luft ein. Dann sah ich zum See. Das stille Wasser spiegelte das Licht des Mondes und machte auf diese Art die Umgebung geheimnisvoll und noch schöner, als sie sowieso schon war. Ich machte einige kleine Schritte darauf zu und stand mit den Füßen in dem kalten Wasser. Der See war unglaublich sauber. Hier kamen wohl nichts sehr oft Touristen vorbei. Ich ging von Sam weg und bald sah ich ihn nicht mehr. Es war Vollmond. Ich liebte wenn es Vollmond war. Es war eine magische Zeit. Alles geschah da. Die Hexen sprachen hier ihre mächtigsten Zauber aus, die Werwölfe hatten ihre größte Kraft und die Verlorenen Seelen waren für die ganze Nacht, wenn der Vollmond zu sehen war, sichtbar. Viele bekamen sie aber nicht zu Gesicht, weil sie sich versteckten. Und wenn sie jemand (also genauer gesagt ein Mensch) sah, wurde er auch zu einer Verlorenen Seele. Ja, so war das Leben. Ich bückte mich und fuhr mit meinem Zeigefinger über das Wasser. Der See schimmerte im Mondlicht und es war ganz still. Kein einziges Geräusch. Deshalb nahm ich auch schnell wahr, dass plötzlich jemand hinter mir stand. Ich drehte mich um und war mir sicher in Sams Gesicht zu sehen, doch es war nicht er, der hinter mir stand. Es war eine alte Frau. Sie war ganz dünn, krankhaft blass und ihre grauen, matten Haare wehten leblos im Wind. Unter ihren Augen, lagen tiefe und dunkle Schatten. Sie sah aus als stünde sie unmittelbar vor dem Tod. Was machte eine alte Frau, mitten in der Nacht, in einem menschenverlassenen Gebiet? Ich hätte mich auch gewundert wenn irgendein Mensch jetzt hier wäre, aber eine sehr, sehr alte Frau? Das war ziemlich ungewöhnlich. Ich schätzte sie auf ungefähr neunzig Jahre. Und sie sah nicht nett aus, wie eine dieser Omas aus den Bilderbüchern, sondern eher wie eine die den Kindern: „Ihr Hooligans! Wenn ich auch noch einmal hier sehe, dann ruf ich die Polizei!“, nachruft. Nicht gut. Sie sah so krank aus, dass ich mich, trotz meiner Inneren Stimme, die mir ganz laut verbot zu ihr zu gehen, ihr nährte und meine Hand ausstreckte. Die Oma sah sie an, als hätte ich einen Geist zu ihr rausgestreckt. Eine Weile schaute sie meine Hand an und ich sie, dann zog ich die Hand zurück. Dann eben nicht. Die alte Frau blickte auf und sah mir in die Augen. Ihre Iris war ganz stark grün und spiegelte sich im Mond. Von der Pupille gingen leicht violette Sprengel weg. Solche Augen habe ich noch nie gesehen. Dann fuhr sie Frau, ihre Augen zu schlitzen zusammen und erinnerte mich plötzlich einen Kater, der bereit war anzugreifen. Ich wich wieder etwas zurück, auf meine alte Position. Die Oma öffnete den Mund und zeigte mir weiße und sehr gesunde Zähne. Okay, dass passte jetzt gar nicht. Dann begann sie mit einer trockenen und kalten Stimme zu sprechen.
„Du bist es.“
Was bin ich?
„DU bist es.“
Ja, schön und was bin ich?
„DU BIST ES.“
HALLO? Kann sie eigentlich auch was anderes sagen als: Du bist es.
„Was bin ich?“
Sie ignorierte mich vollkommen.
„Dich erwartet etwas sehr, sehr Böses. Du musst aufpassen Kleine. Pass auf. Traue niemandem. Niemandem. Niemandem. Niemandem. Niemandem...“
Sie weiderholte sich und ich zählte mit. Fünf, sechs, sieben acht... . War sie ein Hexe? Ich roch jedenfalls keine Magie in der Luft. Was meinte sie damit? Dass mich etwas Böses erwartete wusste ich schon. Ich kam in den Himmel und dort würde etwas mit mir geschehen. Und 99% war es etwas Böses. Könnte sie das gemeint haben. Ich glaubte nicht. Wozu sollte mich diese alte Frau vor etwas warnen, was ich sowieso schon wusste? Was war sie überhaupt? Ich vermutete ein Mensch, aber sicher konnte ich mir nicht sein. Vielleicht sollte ich mich von Sam fernhalten? Achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig. Ich konnte nicht mehr und unterbrach sie.
„Niemandem okay. Ich habe es verstanden. Was erwartet mich? Was haben Sie gemeint?“
Sie hörte auf und sah mich wieder an.
„Du musst kämpfen, hörst du? Gib nicht auf.“
Dann sah sie zum Himmel hoch und sprach mehr mit sich selbst, als mit mir (Okay. Nur mit sich selbst. Ich war wieder unsichtbar)
„Sie wird es sowieso nicht schaffen. Oder doch?“
Sie raufte sich durch die Haare und schaute wieder zu mir. Dann streckte sie ihren Finger aus und fuhr mit ihm über meine Wange. Ihre Hände waren trocken und rau. Ich sträubte mich. Sie zog, nach einiger Zeit, ihren Finger wieder zurück
„Mach was du für richtig hältst. Pass auf dich auf.“
Und dann plötzlich war sie weg. Nein doch nicht. Ich bückte mich und nahm die Asche in die Hand. Das war von geblieben. Oder war sie weg und hat die Asche zurückgelassen? Ich wusste es nicht. Ein starker Windstoß blies sie weg (die Asche) und kein Zeichen war mehr da, dass ich hier wirklich eine alte, vielleicht leicht verrückte Frau getroffen habe. Ich schüttelte meinen Kopf. Mein Leben wurde immer mehr zu einem Rätsel.

10. Süüüüüßes Wochenende




Ich wollte noch nicht zurück zu Sam und dachte über die Frau nach. Einige Zeit später, wurde es mir dann aber zu viel und ich verdrängte die Gedanken. Ich beschloss Sam nichts von der Begegnung zu erzählen. Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir und wurde wütend. War es wieder diese Oma?
„Lassen Sie mich in Ruhen!“
Dann drehte ich mich um und sah in Sams verwundertes Gesicht.
„Hattest du Besuch?“
„Nein...ehm...entschuldige.“
Er lächelte.
„Ich bin aufgewacht und da warst du nicht da. Dann bin ich dich suchen gegangen und auf dem Weg ist mir etwas eingefallen. Komm mit.“
Er schien schnell vergessen zu haben, dass ich ihn angefahren habe, obwohl gar nicht er gemeint war. Aber ich folgte ihm und war froh, dass er das Thema nicht weitergeführt hatte. Er ging immer weiter bis einige Klippen zum Vorschein kamen. Ich fragte mich, ob er schon von ihnen gewusst hatte, denn woher sollte er sonst wissen, dass es hier Klippen gab. Als wir die Erste erreichten, kletterte er rauf und ich machte es ihm gleich. Oben angelangt, kletterten wir beide weiter und weiter, bis wir eine der höchsten Klippen erreicht hatten. Er ging vor und stellte sich an die Spitze.
„Was machst du?“
„Komm her.“
Also kam ich, weil ich neugierig war, was er vorhatte, Als ich neben ihm stand, umschlang er mich mit seinem Arm und drückte mich an sich. Dann geschah etwas Wundervolles und magisches und atemberaubendes. Sam breitete seine Flügel aus und lies sich mit mir von der Klippe fallen. Ich sollte keine Angst bekommen, Sam konnte ja fliegen, trotzdem bekam ich sie. Ich klammerte mich fester an Sam fest, hielt aber meine Augen geöffnet. Wir kamen dem Boden immer mehr und ich bekam Panik. Sam lachte leise. Und als wir nur mehr ungefähr einen Meter vom Sand entfernt waren riss und Sam noch oben und wir flogen. Wir flogen zum Himmel hoch und meine Angst war verschwunden. Die Sterne begannen in meinen Augen zu funkeln wie noch nie und der Wind strich durch meine roten Haare. Ich streckte einen Arm in die Luft, mit dem anderen hielt ich mich jedoch noch immer an Samuel fest. Er beugte sich vor und war ganz nah mit seinem Gesicht an meinem.
„Hab keine Angst. Ich halte dich.“
Um das zu bestätigen, drückte er mich fester an sich. Ich vertraute ihm und lies ganz los. Wow, war das ein super Gefühl. Ich war eifersüchtig auf Sam, dass er die Möglichkeit hatte einfach seine Flüge auszubreiten und zu fliegen. Frei zu sein. Samuel flog immer höher und höher und durchbrach die erste Wolke. Ich zog scharf die Luft ein und atmete die langsam wieder aus. Ich musste wieder lachen, so wie unter der Sonne, nur das jetzt Vollmond war rund ich wahrscheinlich den besten Augenblick meines Lebens hatte. Und ich werde ihn genießen. Und ich werde mir die Seele aus dem Leib lachen. Und alles um mich herum vergessen. Und mich fallen lassen. Mich fallen lassen bei Sam. Der Wind der gegen mein gegen mein Gesicht schlug war einzigartig und magisch. Die Welt sah ganz anders aus von hier oben. Fühlte sich anders an. Viel besser. Wir flogen einige Zeit lang bis der Engel wieder zurückflog. Er landete nicht auf der Klippe sondern gleich auf dem Ufer. Keiner sagte ein Wort und wir gingen Hand in Hand zurück. Ich war noch wie betäubt von dem Flug und hielt seine Hand fest umklammert, damit ich mir sicher sein konnte, dass das auch wirklich passiert ist. Dann legten wir uns nebeneinander und ich wollte, dass wir es machten. Jetzt. Aber ich hatte erst einen Kuss geschafft, da schlief ich in seinen starken Armen ein.
Ich wachte durch die Sonne auf. Sie ging geraden auf und leuchtete jetzt schon hell. Wie spät war es? Sechs Uhr? Ein neuer Tag begann. In der letzten Zeit schlief ich immer öfter und immer länger. Eigentlich Zeit Verschwendung. Ich brauchte doch nicht mehr Schlaf als früher. Egal. Mein Kopf lag auf Sams Brust die sich regelmäßig hob und senkte. Musste er eigentlich als Gottes Wesen atmen? Ich musste es. Manchmal. Nicht die ganze Zeit. Vielleicht einmal täglich. Aber ich atmete die ganze Zeit, weil ich es so gewohnt war und außerdem alle Gerüche spüren wollte. Ich rollte von Sam hinunter auf den Boden und sah in an. Er starrte mit offenen Augen in den Himmel. Ich lächelte.
„Hi.“
„Hi.“
„Wie geht’s“?
Er schenkte mir ein strahlendes Lächeln. Aha, ihm geht’s also gut. Mir auch. Ich hatte schon die alte Oma vergessen. Naja, fast. Sam kroch zu mir rüber und malte einen Kreis auf meinen Bauch. Das löste einen wohligen Schauer bei mir aus. Er beugte sich vor und streifte mit den Lippen mein Ohr.
„Und was machen wir jetzt?“
Ich nahm an die Frage bezog sich auf das, was wir jetzt hier bei dem See machen sollen und nicht was wir überhaupt machen sollen. Ich stand auf, zog mein T-Shirt über den Kopf und warf es auf den Boden. Dann kamen meine Hot Pants dran. Er sah mich einige Sekunden an und begann dann den Gürtel seiner Hose aufzumachen. Sam dachte wohl, wir würden jetzt Sex haben. Haha. Okay, vielleicht wollte ich auch vögeln. Jetzt vögeln. Aber ich wollte ihm den Gefallen nicht machen. Ich wollte ihn ein bisschen reizen, provozieren und mit ihm spielen. Als ich nur noch in meiner Unterwäsche vor ihm stand, sah er mich erwartungsvoll an. Jo, jo. Willst mich jetzt wohl ganz schnell nackt sehen. Ich lächelte spöttisch und lies mich wieder auf den Boden fallen. Er zog mich zu sich und gerade als ich ihn von mir wegschieben wollte, hörte ich Schritte. Samuel hörte sie auch. Wir erstarrten Beide und hielten den Atem an. Die Schritte wurden immer lauter und lauter und nach einigen Minuten kamen eine Frau, ein Mann ein kleines Mädchen und ein etwas älterer Junge aus dem Gebüsch. Ich atmete leise, erleichtert aus. Das Mädchen war sehr jung, vielleicht sieben oder acht Jahre alt und hatte lange blonde Haare. Der Junge war schon etwas älter, ein Teenager um die fünfzehn und hatte braune Haare. Man sah aber, dass sie verwand waren. Wahrscheinlich Geschwister. Die Frau war um die dreißig oder vierzig und ging mit dem Mann Hand in Hand, der auch mittleren Alters war. Die Eltern von den zwei Kindern. Sie machten wahrscheinlich einen Familienausflug und sind auf uns gestoßen. Hier gab es also doch Menschen. Und die ganze Familie blieb stehen und schaute uns gebannt an. Hallo? Gibt es hier etwa keine überhaupt Privatsphäre? Das Mädchen reagierte als Erstes. Sie streckte ihren kleinen Finger aus und zeigte auf uns.
„Mami, was machen sie da?“
Die Frau schreckte auf und schien endlich zu bemerken, dass sie hier bei etwas war, was sie nichts angeht. Sie nahm das Mädchen bei der Hand und zog sie weiter. Der Mann schüttelte leicht den Kopf und murmelte leise „Schlampe“. Hätte ich nicht so gut hören können, hätte ich es nicht gehört. „Fick dich“, dachte ich. Du weißt doch überhaupt nichts von mir. Das kleine Kind hat es aber anscheinend auch gehört, denn sie riss sich von ihrer Mutter los und sah sie fragend an.
„Mami, was ist eine Schlampe?“
„Nichts Schätzchen, nichts.“
Sie zwang sich zu einem Lächeln.
„Aber Maaaami, papi hat das doch gerade gesagt.“
„Ich erkläre es dir wenn du größer bist.“
Das Mädchen wurde sauer und begann zu heulen und zu schreien.
„Neeeeeein. Maaaaaami. Was. Ist. Eine. Schlampe.“
Die kleine war wohl etwas unerzogen. Tja, wenn man sein Kind verwöhnte. Der Junge mit den braunen Haaren sah der Szene belustigt zu. Das war wahrscheinlich für ihn der Höhepunkt, von dem Familienausflug. Ich lächelte ihm zu. Die Frau nahm das Mädchen wieder bei der Hand, obwohl es strampelte und sich herausreißen wollte.
„Frank, hilfst du mir bitte mal.“
Sie sah richtig verärgert aus. Ich nahm an sie beschuldigte mich und Sam, wegen dem Ausbruch ihrer Tochter. Der Vater Frank nahm das Mädchen bei der andern Hand und beide zogen sie weiter. Der ältere ging ihnen nach, doch bevor er das tat, zwinkerte er uns noch zu und lächelte. Als die Familie uns nicht mehr hören konnte, prustete ich los. Ich hatte mich schon die ganze Zeit nur schwer zurückgehalten um nicht zu lachen und jetzt hatte ich einen richtigen Anfall. So wie die kleine eben. Wie lustig.
„Da...das war a...abgefahren.“
„Hahahah jaa.“
Wir konnten uns kaum einkriegen. Nach ein paar Minuten herzhaftem Lachen, konnte ich wieder Luft nehmen und Atmen. Sam lag gerade auf dem Rücken und lachte mit geschlossenen Augen. Ich nutzte den Moment aus und schubste ihn kraftvoll in Wasser. Er riss überrascht die Augen auf, konnte aber nicht mehr stoppen und rollte ins Wasser. Ich kriegte mich nicht mehr ein vor Lachen. Sam sah halb verärgert, halb empört und halb belustigt aus. Er stand auf und ging auf mich zu. Oh oh. Nichts wie weg hier. Ich drehte mich und rannte lachend weg. Umdrehen wollte ich mich nicht (um zu schauen wie nah er war), also musste ich auf mein Gehör verlassen (ich meine, dass ich seine Schritte hörte), aber nach ein paar Metern, waren sie nicht mehr zu hören. Ich blieb stehen und drehte mich misstrauisch um. Sam war nirgends zu sehen. Mein Blick wanderte um mich, auf der Suche nach ihm. Keine Spur. Dann fiel mir ein, dass er ja Flügel hatte, doch bevor ich nach oben schauen konnte, hatte er mich schon gefangen. Ich wurde etwas nass, aber noch immer nicht so wie er, und lachte. Dann versuchte ich böse zu klingen.
„Du spielst unfair!“
Weil ich aber immer noch Kichern musste, hörte sich das eher wie ein hohes Piepsen, als Böse an. Keine Reaktion von Sam, obwohl ich bemerkte, dass er das Lachen unterdrücken musste. Er machte einen Kreis in der Luft und flog dann auf das Wasser zu. Ich begriff was er vorhatte und begann mich zu wehren. Dann flogen wir übers Wasser und ich blieb Ruhig. Erstens weil es sowieso keinen Sinn hatte. Sam war etwas (aber nur etwas) stärker als ich und außerdem würde ich, wenn er mich jetzt loslassen würde, so oder so in den See fallen, also wozu sollte ich mich dann wehren? Der Engel hielt mich in seinen Armen und blieb stehen. Seine Flügel schlugen gleichmäßig und beruhigend. Es war jetzt das dritte Mal, dass ich mit Sam flog (wenn man unsere erste Begegnung dazu zählen kann). Einige Sekunden war es ganz Ruhig und er hielt mich fest. Wahrscheinlich um es spannend zu machen. Dann ließ er mich los. Ich schrie kurz auf, bevor ich im kalten Wasser landete. Während ich noch unter Wasser war, hatte ich eine Idee. Gerade noch einen Meter vor der Wasseroberfläche, tauchte ich unter. Ha, ich komme nicht wieder rauf! Wenn du spielen willst, musst du zu mir runter! Ich hatte keinen Zweifel, dass Sam bald genau das machte (also zu mir kommen), aber bis dahin würde ich mich schon längst versteckt haben. Das Wasser war kühl und rein. Man konnte alles sehen. Jede einzelne Wasserpflanzen. Ich persönlich finde diese Algen verdammt ekelig. Sie sind so matschig und grün (obwohl grün und rot ja eigentlich meine Lieblingsfarben sind) und schauen aus wie Kotze. Aber sonst war es unter Wasser wirklich schön. Ganz viele Fische, so viele wie ich es hier nicht vermutet hätte, schwammen umher. Sie waren in vielen verschiedenen Farben, obwohl die meisten doch grau waren. Der Boden war mit nassem Sand bedeckt (welch eine Überraschung). Trotzdem war es einzigartig. Der ganze See und seine vollkommen menschenleere (fast menschenleere) Landschaft war unglaublich schön und magisch. Als ich noch ein Kind war, bin ich immer zu dem See bei unserem Dorf gegangen und habe getaucht. Niemand hat mir das beibringen können, also musste ich es mir selbst beibringen zu schwimmen. Manchmal als ich unter Wasser war, vergaß ich es und begann zu atmen. Das Resultat war, dass mich jede Woche jemand bewusstlos aus dem Wasser fischte. Nach dem fünften Mal, verboten mir meine Eltern zum See zu gehen. Ich war aber schon damals ein unartiges Mädchen gewesen und schlich mich immer wieder heimlich aus. Als ich dann wieder fast ertrunken wäre, hat mich mein Vater geschlagen. Nicht sehr fest und nur drei Ohrfeigen. Das war auch nicht etwas Ungewöhnliches in dieser Zeit. Jeder machte so etwas. Aber ich konnte mich einfach nicht vom See fernhalten. Und dann lernte ich es endlich. Ich war so glücklich gewesen und bin jeden Tag schwimmen gegangen. Nichts konnte mich davon abhalten. Damals konnte ich noch nicht so lange unter Wasser bleiben, weil ich ja noch ein Mensch gewesen war aber es war trotzdem für mich das schönste auf der Welt. Ich hatte keine Angst vor Sirenen, die in dem See wohnten (vor 700 Jahren hat man an sie geglaubt und übrigens: Es gibt sie wirklich. Sie gehören der Unterwelt, also Luzifer, an). Oft habe ich sogar gespielt, ich wäre eine von ihnen. Später als ich schon älter war, bin ich einfach nur tauchen gegangen. Ich wollte nie schwimmen. Das war langweilig. Keinen Tag konnte ich mir ohne den See vorstellen. Bis ich verwandelt wurde. Aber das ich schon etwas ganz anderes. Mann das war schon 700 Jahre her, als ich verwandelt wurde. Eine lange Zeit. Als Vampir bin aber auch oft zu Seen gegangen, wo keine Menschenseele war und bin getaucht. Und jetzt konnte ich auch sehr, sehr lange unter Wasser bleiben. Die ganze Zeit praktisch. Ich schwamm schnell und genoss die Kühle um mich. Das Wasser war so sauber, dass ich jedes Detail erkennen konnte. Nicht, dass es nicht Sand gab, aber ich hatte ja wirklich gute Augen. Bald sah ich schon das andere Ufer, aber ich wollte noch nicht rausgehen. Außerdem wollte ich mit Sam schwimmen. Also bog ich ab und knallte gegen was Weiches. Eine weiche Brust. Sehr weich. Das war ganz sicher nicht Sams Brust. Sams Brust war nicht weich und hatte keine Brüste. Ich schwamm einen Stück zurück um das etwas zu betrachten, gegen was ich geknallt bin. Doch es war nichts zu sehen. Der einzige Beweis, dass jemand hier gewesen war, wer ein einzelnes hellbraunes Haar. Plötzlich war wurde es sehr Still im Wasser. Nichts bewegte sich. Die Zeit schien stehgeblieben zu sein. Kein einziger Fisch war zu sehen. Wer war das? Ich hatte aber nicht lange Zeit darüber nachzudenken, denn plötzlich packten mich zwei kräftige Hände von hinten und zogen mich sich. Ich begann um mich zu schlagen und zu treten. Das erinnerte mich an etwas. So war es genauso wie bei meinem ersten Treffen mit Sam gewesen. Der Angreifer ließ mich los und ich schwamm blitzschnell davon. Ich wollte gar nicht wissen wer das war. Doch wollte ich. Aber ich drehte mich trotzdem nicht um. Nur zu meinem Pech, war mein Verfolger schneller. Er/Sie (es könnte doch auch eine Sie sein) rückte immer mehr auf. Ich machte einen Hacken nach links und schwamm weiter. Aber mein Angreifer kreuzte mir schon nach kurzer Zeit den weg. Als ob er meine Reaktion vorgesehen hätte. Ich stoppte und sah in Sams Gesicht.
Wieso rennst du weg?
Die Stimme von Sam war in meinen Kopf. Mist, ich hatte wieder keine schützende Mauer um meinen Geist gemacht. Wenn wir aus dem Wasser gehen, muss ich mir eine machen. Aber jetzt war es ein ziemlich guter Weg um sich verständigen. Und meine Geheimnisse (wie zum Beispiel das mit der Frau) konnte ich auch ohne Mauer verstecken.
Ein Spiel.
Lüg mich nicht an.
Ich lüge nicht. Ich wollte einfach nur mit dir spielen.
Um das zu beweisen lächelte ich. Sams Blick war aber immer noch skeptisch.
Ich weiß, dass du lügst. Das was du da gemacht hast, war viel zu ernst.
Tja, ich bin einfach nur vorsichtig. Weißt du, seit dem ich von einer Werwolf Mafia entführt worden bin, bin ich eben vorsichtiger.
Ich hoffte ich konnte mit der schnippischen Antwort, meine Lüge noch mehr vertuschen. Er wusste ich würde vor so etwas nie Angst haben, aber ich konnte ja auch ziemlich gut lügen. Er sah mich misstrauisch an und legte den Kopf zur Seite. Ich wusste, dass er mir nicht glaubt. Sam kannte mich einfach gut. Naja, gut genug um zu wissen, dass ich vor so etwas nie Angst haben würde.
Das kauf ich dir nicht ab.
Da sieht man es. Aber Sam war noch nicht fertig.
Gestern warst du auch komisch. Und jetzt schwimmst du in einem gottverlassenen Ort in einem gottverlassenen See weg. Du könntest dir ja denken, dass ich es gewesen bin, außer es war noch jemand vorher mit dir hier. Das hat etwas mit Gestern zu tun. Du hast dort ganz sicher jemanden getroffen.
Bingo! Es war eine alte Frau. Bist du jetzt fertig? Natürlich konnte ich protestieren, aber das hätte wirklich zu nichts geführt. Er hatte ja Recht, aber ich wollte es ihm unter keinen Umständen, dass er von der Frau und von dem komischen Zusammenstoß vorhin erfuhr. Ich wusste auch nicht wieso, aber meistens verlass ich mich auf meine Instinkte und die sagten mir jetzt: Sag es nicht! Also hatte ich nicht viele Möglichkeiten, außer auf ihn zuzuschwimmen und ihn leidenschaftlich zu küssen, damit er keine Fragen stellte. Er erwiderte mir Anfangs den stur Kuss nicht, gab dann aber auf und drückte mich an sich. Es war so toll im Wasser. Tausendmal besser als über der Wasseroberfläche. Ich presste meine Lippen fester an seine und vergaß dabei wieder alles Komische, was gerade so in meinem Leben passierte. Sam zog an meinem BH bis er endlich aufging und auf den Grund sank. Ich hatte es aber nicht so eilig. Meine Hand glitt seinen nackten Oberkörper hinauf und meine Finger krallten sich an seinen Haaren fest. Die andere Hand hielt seine. Ich riss die Lippen von seinen Lippen und schmiegte mich in seine Brust. Er ließ meine Hand los und umarmte mich auch mit dieser.
Du bist mir noch eine Antwort schuldig.
Seine Stimme in meinem Kopf war kaum ein wispern.
Muss ich mich vor dir rechtfertigen?
Ich hatte seine Worte wiederholt, die er zu mir im Wald gesagt hatte und ich spürte wie er lächelte. Um das was ich gesagt habe zu bestätigen presste ich meine Lippen wieder auf seine und gab ihm den leidenschaftlichsten Kuss, den ich je jemandem gegeben habe. Sam stöhnte in meinem Kopf, also nahm ich mal an, dass der Kuss gut war. Der Engel gab mir meinen Kuss zurück und ich musste auch aufstöhnen. Wo hatte er so zu küssen gelernt? Wie konnte überhaupt jemand so küssne? Samuel wollte mir schon das Höschen runterziehen, da wurde ich unruhig. Nicht weil er sich an mein Höschen ranmachte, sondern weil ich die Anwesenheit von jemanden anderen spürte. Und ich wollte nicht wirklich, dass mit jemand mir beim Sex zusah. Sam schien davon nichts zu bemerken, denn er machte ungestört weiter. Ich löste mich nur schwer von ihm, weil mein Verlangen sicher genauso groß war wie seines. Dann schwamm ich auf das Ufer zu. Sam folgte mir aber nicht.
Komm, bitte.
Wiederwillig setzte er sich in Bewegung, schwamm aber sehr langsam, sodass ich das Ufer schneller erreichen konnte. Ich baute mir sogleich eine Mauer, damit er nicht in meine Gedanken eindringen konnte, aber noch so, dass wir uns in Gedanken verständigen könnten. So eine Konversation hatte mir gefallen. Sam sah schlecht gelaunt aus. Nur weil wir keinen Sex gehabt haben? Ich hätte mir mehr von ihm erwartet. Tja, er war eben auch nur eine Mann, auch wenn ein göttlicher. Ich legte mich auf den heißen Sand, rekelte mich in der Sonne und wartete auf ihn. Er zögerte zuerst, legte sich dann aber doch neben mich. Ich wusste eben was Männer wollen.
Jetzt Sex?
Jetzt ist es zu spät.
Was? Das war unfair. Ich stand auf, leckte mir leicht über die Lippen und fuhr mir mit meinen Händen meinen Körper hinunter. Dann sagte ich mit meiner verführerischsten Stimme:
„Bin ich dir etwa nicht sexy genug?“
Sam lachte leise und seine schlechte Laune war verflogen. Er stand blitzschnell auf und hielt mich, ehe ich mich versehen konnte, in seinen Armen. Er beugte seinen Kopf vor und wisperte mit ins Ohr.
„Du bist so sexy, das sollte verboten werden.“
Ich zog meine Augenbraue hoch und wand mich aus seiner Umarmung.
„Ich weiß.“
Er lachte wieder. Ich sah ihn an. Wenn er keinen Sex haben wollte, dann bitte.
„Komm mit wir gehen jetzt Klippenspringen.“
Sam legte den Kopf schief und ich lief los. In die Richtung der Klippen, bei denen wir Gestern schon waren. Fünf Meter vor der ersten sprang ich hoch und landete oben drauf. Sam machte das gleiche. Ich sprang von einer zur anderen, bis ich an der Spitze angekommen war. Es war schien wirklich sehr hoch, was ich Gestern gar nicht bemerkt hatte. Vielleicht sogar 40 Meter. Ich blickte auf den See vor mir. Sam nahm mich an der Hand, wir nahmen Anlauf und sprangen. Es dauerte unglaublich lange, bis wir endlich im Wasser angekommen waren. Der Sand wirbelte auf und verdeckte für einige Sekunden lang die Sicht. Als ich dann endlich wieder klar sehen konnte, bemerkte ich, dass Sam seine Flügel ausgebreitet hatte. Idiot. Jetzt waren sie nass und schwer. Das war aber nicht mein Problem. Ich schwamm aus dem Wasser und sprang wieder alle Klippen hoch. Sam folgte mir diesmal etwas langsamer. Oben angekommen wartete ich auf ihn.
„Wieso sind deine Flügel ausgebreitet?“
„Ich dachte es wäre vielleicht lustig.“
Wie ich schon sagte. Idiot.
„Was ist daran lustig, dass deine Flügel jetzt durchnässt sind?“
Er zuckte mit den Schultern und ich bemerkte wie schwer er es sich mit dem jetzigen Gewicht tat. Wenn es schon für Sam zu schwer war, mussten sie wirklich über drei Tonnen wiegen. Ich ging zu ihm und versuchte einen hochzuheben. Er war zwar schwer, aber ich konnte ihn locker mit einer Hand halten (was übrigens ein Mensch nicht geschafft hätte. Nicht einmal mit zwei Händen). Ich sah ihn fragend an.
So schwer sind deine Flügel wirklich nicht.
Ja für dich, aber für mich haben sie so viel Magie, dass sie schon normalerweise schwer sind.
Wieso spür ich die Magie nicht.
Sie ist nur für mich.
Ist ja bescheuert die ganze Zeit so eine Last mit sich zu tragen.
Was denkst du wieso wir sie einziehen können?
Ich ignorierte den spöttischen Einwurf.
Du bist echt ein Idiot.
Er ignorierte das.
Denn Rest des Tages sprangen wir von der Klippe (am Anfang bin ich nur gesprungen, weil Sam wegen seinen Flügeln nicht konnte. Mit der Zeit wurde es mir aber allein zu langweilig und wir haben geredet und rumgemacht). Es war schön. Es war wirklich schön. Ich könnte sogar sagen, dass es der schönste Tag meines Lebens war, wäre da nicht dieses leichte mulmige Gefühl in meiner Magengrube. Ich schaffte zwar es immer wieder zu verdrängen, aber es war da.
Als es schon dunkler wurde und das springen (und im Wasser rummachen) langweilig geworden waren, gingen wir zu unserem Platz zurück. Dort machten wir ein Lagerfeuer. Eigentlich machte Sam „puf“ und das Lagerfeuer war da. Wir saßen eng umschlungen und betrachteten das Feuer. Ich fragte mich nicht woher er das Lagerfeuer hatte, sondern saß einfach nur das und genoss die Wärme. Keiner sagte etwas, aber es störte mich nicht. Sam drückte mich fester an sich und ich schmiegte mich an ihn. Ich fühlte mich so geborgen wie in meinem ganzen Leben nicht. Und so viel gelacht habe ich an nur einem Tag auch nicht. Außer an den Tagen mit Genevieve oder als ich klein war. Meine Kindheit. Bei diesem See hier kamen viele Erinnerungen zurück. Wie ich meiner Mutter geholfen habe. Wie mein Vater gestorben ist. Aber eigentlich wollte ich darüber nicht nachdenken. Ich wollte die Zeit mit Sam hier genießen und an gar nichts Unangenehmes denken. Samuel kreuzte meine Pläne schon nach einer halben Stunde.
„Wie bist du verwandelt worden?“
„Ehm...“
„Bitte sag es mir.“
Ich schoss in der Zeit zurück und es kam mir so vor, als ob ich immer noch dort wäre. Bei meiner Mutter auf der Hochzeit. Sam küsste mich auf meinen Kopf und wartete. Nach einigen Minuten war ich bereit darüber zu reden.
„Ich bin mit meiner Mutter und meinem Vater in einem kleinen Dorf in Südengland aufgewachsen. Ich hatte nicht viele Freunde, aber ich hatte auch nicht viel Zeit, denn ich musste Arbeiten. Meinen Eltern helfen und die üblichen Sachen halt. Es gab sowieso nicht viele Kinder, mit denen ich hätte Freundschaft schließen können. Es waren alle arme Leute die bei uns wohnten. Auch wir waren nicht die reichsten, aber es ging uns trotzdem eindeutig besser als den anderen Familien. Im Laufe der Jahre wurde das Dorf immer größer und Genevieve zog in meine Heimat. Sie wurde meine beste Freundin. Ihre Familie war zwar auch arm, aber das machte mir nichts aus. Wir machten einfach alles gemeinsam und waren unzertrennlich. Ich war gerade mal zehn Tage lang neunzehn Jahre alt und meine Mutter bereitete das Hochzeitskleid vor. Meine Hochzeit sollte heute stattfinden. Es war schon überhaupt eine Schande, dass ein neunzehnjähriges Mädchen noch nicht verheiratet war. Genevieve war auch schon verheiratet, obwohl sie ihn nicht ausstehen konnte. Da hatte ich schon größeres Glück, denn ich sollte John heiraten, der aus einer der reichsten Familien im Dorf kam. Ich liebte den Kerl nicht, aber das war nicht zur Sache. Mir kam es so vor, als ob meine Mutter ihn auch nicht sonderlich mögen würde, aber er hat sich nun mal angeboten und wir hatten kein Recht abzulehnen. Meine Mutter war damals schon Witwe. Mein Vater war in einer Schlacht gestorben und Witwen hatten es damals nicht wirklich leicht. Seit dem Tod vor meinem Vater lebten wir in totaler Armut, da wir keinen Mann hatten der uns etwas dazuverdienen konnte.
Ich wusste das ich alles durcheinander erzählte, aber ich konnte es nun nicht mal anders.
„Deswegen sollte ich auch John heiraten. Er konnte mir und meiner Mutter Essen und ein Dach über dem Kopf geben. Das war für uns das wichtigste. Ich wusste nicht genau ob er mich liebte, aber er versicherte es mir immer wieder. Wir sollte in einer großen Kirche heiraten und es sollte ein großes Fest werden.“
Ich schluckte ein paar Mal. Sam unterbrach mich kein einziges Mal.
„Ich hatte ein wunderschönes Kleid an mit weißen Rosen verziert. Weißt du was weiße Rosen bedeuten? Ewige Liebe. Mein Vater war ja gestorben und deswegen führte mich meine Mutter zum Altar. John wartete schon auf mich mit einem Funkeln in den Augen. Dieses Funkeln machte mir Angst. Ich ging zum Altar und meine Mutter führte mich an der Hand. Dann nahm mich Johns an der Hand. Seine Hände waren rau und trocken, ganz im Unterschied zu meinen, die warm verschwitzt waren.“
Ich konnte mich jetzt an jedes Detail erinnern und die Umgebung, Sam, alles verschwamm vor mir und ich fand mich dort wieder. Ich sah mein Kleid vor Augen. Ich spürte den starken Geruch von den Blumen in meiner Nase. Ich sah John und meine Mutter und Genevieve die mir zulächelte.
„Ich war nicht wirklich aufgeregt, aber die Menschen um mich schienen zu schwitzen und konnten kaum erwarten bis die Trauung endlich zu Ende ging. Ich hatte das Gefühl, dass alle etwas wusste, was ich nicht wusste. Mein kleiner Bruder brachte uns die Ringe und bald war die Trauung vorbei. Ich wurde immer unglücklicher und wollte nur noch nach Hause. Aber das würde noch lange dauern. Eine Stunde verging und die Hälfte der Gäste war schon betrunken. Zuerst tanzte ich mit John, weil das von uns erwartet wurde, aber dann setzte ich mich in die Ecke. Plötzlich fing jemand zu schreien. Und dann noch einer und noch einer. Panik brach aus und jeder rannte umher. Ich kämpfte mich nach vorn um zu sehen was los war. Gaylord hielt meinen kleinen Bruder in seinen Armen und hang an seinem Hals. Gaylord war mein großes Geheimnis. Ich war, als ich geheiratet habe, nicht mehr Jungfrau. Ich habe meine Unschuld mit Gaylord verloren, den ich eins Tages bei schwimmen kennen gelernt hatte. Niemand durfte es erfahren und er hat mir mit einem Blutsschwur geschworen, er würde es niemandem nie erzählen. Jetzt trank er auf meiner Hochzeit, das Blut meines kleinen Bruders. Ich sah wie sein Körper immer schlaffer wurde und immer lebloser. Dann ließ Gaylord ihn los und mein Bruder fiel tot auf den Boden. Ich starrte auf die Beiden und stürzte mich ohne groß nachzudenken auf Gaylord. Er packte mich an den Schultern und drückte fest, sodass ich aufschrie. Er beugte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: Weißt du wieso ich das mache? Ich schloss fest meine Augen. Er lachte. Nein, du weißt es nicht. Deine Mutter hat mich gebeten es zu machen. Und John auch. Ich habe es gemacht weil sie mir etwas Wichtiges dafür gegeben haben. Das und deinen Bruder. Aber er war nur ein Bonus. Deine Familie will dich nicht Schätzchen. Sie wollte dich nie. Sie wissen was wir zusammen gemacht haben. Und deswegen haben sie dich noch mehr gehasst. Niemand braucht dich. Niemand liebt dich. Nicht einmal deine schmutzige, kleine Mutter und dein toter, feiger Vater. Aber keine Angst Kleine, so ein schönes Ding bringe ich nicht um. Das wäre viel zu schade um so eine süße kleine Schlampe wie dich. Aber wenn du wieder aufwachst, sollst du aus dem Ort verschwinden oder ich töte dich und mir ist egal wie süß du bist. Wir alle bringen dich dann um...
Dann schnitt er sich auf und presste mit sein Blut an die Lippen. Ich musste es schlucken. Was danach geschah weiß ich nicht mehr genau. Wahrscheinlich brach er mir das Genick. Ich wachte in der Kirche neben Genevieve auf. Gaylord hatte auch sie verwandelt. Sie war die einzige, der ich noch trauen konnte und wir zogen gemeinsam aus der Stadt und hielten zusammen. Ich habe nie erfahren, warum mich meine Familie hat umbringen lassen und was Gaylord dafür bekommen hatte. Das war es. Tja, wie schon gesagt ich und Gen hielten zusammen. Bis…“
Weiter wollte ich nicht reden. Sam drückte mich noch fester an sich und vergrub sein Gesicht in meinen Haaren. Er schwieg. Ich spürte wie meine Augen feucht wurden und ich presste meine Lippen aufeinander und schluckte die Tränen hinunter. Sam fuhr mit seiner kräftigen Hand meinen Rücken rauf und runter. Ich schloss meine Augen und lehnte mich zurück. Sein durchtrainierter Körper gab mir Halt und die rhythmischen Bewegungen auf meinem Rücken beruhigten mich. Sam legte sich hin und bettete mich auf seiner Schulter. Langsam fuhr er mir durch meine rubinroten Haare und strich mit einem Daumen über die Wange. Meine Augen wanderten über sein makelloses Gesicht, wie es nur ein Engel haben konnte. Ich schaute ihn nicht zum ersten Mal, aber ich hatte das Gefühl als würde ich es tun. Seine Haare hatten hatte die Farbe des Sandes auf dem wir lagen und seine Augen waren in ein tiefes, dunkles Blau getaucht. Mein Blick wanderte weiter hinunter. Erst jetzt bemerkte ich die kleine Narbe auf seinem Hals. Meine Finger fuhren zart über sie.
„Ich habe sie bei einem Kampf bekommen. Engelsfeuer.“
Er setzte sich auf und krempelte sein Shirt hoch und weitere Narben kamen zu Vorschein. Ich habe ihn doch schon nackt gesehen, wie konnte mir das nicht auffallen? Eine Narbe zog sich quer von seinem Bauch hinauf zu seiner Brust. Sie war die größte von allen und auch dunkler. Ich zeigte auf sie
„Was ist da passiert?“
„Ich...ich weiß es nicht.“
„Hm, dass muss aber ein schlimmer Kampf gewesen sein.“
„Ehm...das ist keine Kampfnarbe. Kampfnarben sehen anders aus. Und da ist noch was...ich habe sie erst seit zwei Tagen“
Ich sah ihn entsetzt an.
„Was ist das dann für eine Narbe?“
„Ich habe noch nie eine solche Narbe gesehen. Aber es gibt Geschichten über sie. Es ist eine Narbe die man bekommt wenn ein Engel eine der schlimmsten Sünden begannen hat. Weißt du, ein Mensch bekommt eine solche Narbe nie. Egal was für schlimme Sünden er begannen hat. Dem Menschen wird verziehen. Er kommt so oder so in den Himmel. Engel sind vielleicht klüger, göttlicher als Menschen. Sie sind besser als Menschen. Besser geschaffen. Aber die Menschen sind für Gott das größte Werk. Alle von ihnen sind so naiv und dumm. Trotzdem sind sie die wichtigsten. Wir Engel sind nur Arbeiter. Und wenn wir einen Fehler machen, dann werden sie dafür bestraft. Manchmal, ganz selten, bekommt man eine Narbe als Warnung. Und dann, wenn man die Warnung nicht beachtet, werden die Flügel gestützt.“
Er zuckte gleichgültig mit den Schultern, aber sein Körper hatte sich angespannt. Erst jetzt bemerkte ich, wie sher Sam die Menschen verachtete. Ich hatte eigentlich erwartet, dass er als Engel, die Menschen liebte. So wie Gott es tat. Doch in echt fühlte er sich verachtet. Er verstand nicht wie Gott so göttliche Wesen erschaffen konnte nur um sie dann zu benutzten und weniger zu lieben, als die Menschen. Ich verstand es. Hat jemand zwei Kinder und das andere ist schöner, stärker und hat mehr an allem, liebt die Mutter es immer noch. Aber sie weiß, dass das Kind es immer schafft. Und deswegen liebt sie das andere Kind mehr. Sie beschützt es mehr und verzeiht ihm auch mehr (ich weiß nicht ob man das gut versteht, aber man liebt den schwächeren immer mehr). So ist es mit perfekten Wesen. Sie werden weniger beachtet, denn man erwartet von ihnen, dass sie es immer schaffen. Aber auch die perfektesten Wesen sind nicht perfekt. Die Narbe ist nur ein Beispiel.
„Was hast du denn für eine Sünde begannen?“
„Bis vor ein paar Tagen dachte ich noch nicht, dass das passiert. Ich dachte ich wäre sicher.
Aber das stimmte nicht.“
Ich spürte wie er mich umarmte.
„Hmm...“
Er roch nach Gras und ich kuschelte mich wieder in ihn hinein. Meine Stimme würde zu einem Flüstern.
„Bereust du es?“
Er atmete tief ein und ich konnte spüren wie er die Augen schloss. Seine Stimme war kaum hörbar, als er wieder sprach.
„Nein.“
Ich schloss meine Augen und dachte was ich jetzt gemacht hätte, wäre ich Samuel nicht begegnet. Wahrscheinlich wäre ich irgendwo in Amerika betrunken und würde unschuldige Männer umbringen. Ich hätte keine Sorgen und könnte mein Leben so Leben wie immer. Aber wäre ich glücklich? Nein. Dir Frage ist, ob ich jetzt glücklich bin. Bin ich es? Mein Leben ist auf jeden Fall aufregender geworden.Aber bin ich glücklich? Ja. Und plötzlich würde mir etwas bewusst. Aber es konnte nicht wahr sein. Ich spürte wie Sam mich fester an sich drückte. Wie er mit seiner Hand durch meine Haare fuhr und leise meinen Namen flüsterte. Es konnte nicht wahr sein. Sams Körper würde langsam schwer und sein Atem tief und regelmäßig. Er schlief ein. Hatte er das gemeint? Hatte er das gemeint, als er sagte, er hätte eine unverzeihbare Tat begangen? Hatte er das gemeint, als er sagte, er hätte es nicht bereut. Aber es konnte nicht wahr sein. Es konnte nicht. Doch was wenn es doch wahr war? Dann müsste ich fliehen, dachte ich. Ich kannte den Schmerz, der damit verbunden war. Und wenn es wirklich wahr sein sollte, dann könnte ich nicht hier bleiben. Und wenn Sam das gleiche meinte, dann würde ich es nicht aushalten hier zu sein. Ich kannte es nur zu gut. Und langsam würde ich mir sicher, dass es das war. Ich rollte mich in Sams Armen zusammen nur um gleich aufzustehen. Es war zu schwer. Ich konnte es nicht. Ich wollte es nicht. Ich musste gehen. Mein Blick wanderte zu ihm und wieder zurück. Ich musste gehen. Wie in Trance nahm ich einen Stock in die Hand und schrieb ihm eine Nachricht in den Sand. Nicht so nah am Wasser, damit er es, wenn er wieder aufwachte, lesen konnte. Dann warf ich den Stock weg und ging zu Sam zurück. Er schlief friedlich. Noch einmal fuhr ich ihm über die dunkle, lange Narbe. Eine Warnung. Wenn Sam das meinte, dann war es besser, dass ich ging. Es ging nicht nur um meine Schmerzen, die ich haben würde, wenn ich dableiben würde. Es ging auch um seine Schmerzen. Ich wusste wie das ist, zu sehen wie jemand leidet und deswegen selbst Schmerzen zu haben. Ich schloss kurz die Augen und plötzlich spürte ich etwas Feuchtes auf meiner Wange. Eine Träne. Das letzte Mal, als ich geweint habe war, wegen Genevieve. Immer mehr Tränen flossen mir die Wange, den Hals hinunter. Ich stand auf, schloss die Augen und ließ die Nacht auf mich einwirken. Die Wellen schlugen leise an das Ufer und ein leichter Nachtwind streifte meine Wangen. Irgendwo in der Ferne hörte ich einen Uhu, eine Maus lief auf dem Boden. Der Geruch von Wald vermischte sich mit dem Geruch von See.. Alles war so ruhig und einsam. Als ich wieder die Augen öffnete, war von dem See und Sam nichts mehr zu sehen. Ich war schon Hunderte Meter entfernt. Alles in mir riss sich danach umzudrehen und die Welt zu vergessen. Doch ich lief weiter. Ich lief, weinte und dachte an die Worte die ich Sam im Sand hinterlassen hatte:
Ich glaube ich liebe dich.


11. Was wird mir das Leben noch geben?




Ich liege neben Sam und sehe ihn an. Mein Finger fährt über seine langen, schwarzen Wimpern. Er lächelt und schlägt die Augen auf. Was? Seine Augen sind rot...Wieso sind sie rot? Sie werden immer intensiver und sein Blick saugt mich auf. Meine Hand zuckt zurück.
„Ariana...“, haucht er.
„Liebling. Liebling ist alles okay?“
Ich strecke meine Hand wieder aus und zucke zusammen. Über meine Finger fließt Blut. Verwirrt und erschrocken schaue ich Sam an und schrecke noch mal zusammen. Aus seinen roten Augen fließt auch Blut. Langsam wird sein ganzes Gesicht rot und blutüberschwommen. Er sieht mich flehend an und ich sehe dass er weint. Er weint Blut. Man kann seine Gesichtszüge nicht mehr erkennen.
„Ariana...i...i…”
„Liebling? Liebling!”
Ich werde hysterisch und weiß nicht was ich machen soll. Und plötzlich wird Sam immer verschwommener und bald kann man nur seine Schatten sehen.
„Liebling! Liebling komm zurück! Bitte komm nur zurück!“
Ich versuche in festzuhalten aber meine Hand bekommt ihn nicht zu fassen. Er entfernt sich von mir. Immer schneller. Ich stehe auf und versuche ihm nachzulaufen doch er ist zu schnell. Etwas zieht ihn. Ich sehe noch, dass er traurig lächelt, bevor ich ihn aus den Augen verliere. Ich renne aber mir kommt es so vor, als würde ich immer langsamer werden. Ich bleibe stehen und schreie seinen Namen, doch ich bekomme keine Antwort. Meine Hände sind immer noch voller Blut und jetzt bemerke ich, dass es sein Blut ist. Wieso habe ich sein Blut auf den Händen? Was habe ich getan? Und plötzlich strahlt ein helles, weißes Licht auf und die ganze Welt beginnt sich zu drehen. Mir wir schwindlig und ich falle hin. Auf dem Himmel erscheint eine weiße Gestalt. Sie leuchtet grell, aber ich erkenne langsam die Details. Es ist eine Frau. Eine sehr schöne Frau mit goldenen, blonden Haaren und vollen roten Lippen. Sie hat auch fließende, goldene Augen mit denen sie auf mich herabschaut. Und hinten auf ihrem Rücken sind Flügel. Große, weiße, mächtige Flügel von denen jede einzelne Feder im Sonnenlicht schimmert. Meine Augen werden groß vor Überraschung. Unter einem dieser Flügle steht Sam gesund und munter. Doch seine Iris ist noch immer rot. Er fängt an zu lächeln, aber es ist nicht mehr dieses traurige Lächeln. Es ist auch nicht ein warmes Lächeln. Nein, er lacht mich aus. Und plötzlich fängt dieser Engel am Himmel auch zu lachen an. Die schallende Stimme hallt in meinen Ohren und ich muss sie mir zudecken, weil ich es nicht ertragen kann. Doch ich höre dieses Lachen noch immer, immer lauter. Ich winde mich auf dem Boden und schreie, doch es hört nicht auf. Vor meinen Augen erscheint das Gesicht von Luzifer. Er lacht auch. Sie wollen mich foltern. Alle wollen mich foltern. Das Bild, das ich sehe verschwimmt in Blut und plötzlich sehe ich nichts mehr...
Ich schlug meine Augen auf. Mein Körper zitterte und ich versuchte meine Puddingbeine unter Kontrolle zu bringen. Vor meinen Augen sehe ich immer noch die Bilder aus dem Traum. Den lachenden Engel, Luzifer, Sams blutverschmiertes Gesicht. Es war nur ein Traum. Nichts davon ist wirklich passiert. Ich atmete einmal tief durch und stand auf. Der Boden war etwas feucht, doch es war das Beste was ich finden konnte. Diese kleine Höhle in dem Wald. Ich lief nun schon seit vier Tagen und noch immer keine Anzeichen von Zivilisation. Keine Menschen, nicht einmal Müll. Nur manchmal eine vereinzelte Flasche und die half mir auch nicht weiter. Nichts, nur dieser Wald. Ich wusste ja nicht einmal in welchem Land ich war. War das hier überhaupt Amerika? Vielleicht war ich in Kanada...oder schlimmer. Wie sollte ich das je herausfinden, wenn es hier keine Menschen gab? Also lief ich einfach weiter, in der Hoffnung auf ein kleines Dorf zu treffen. Ach, was redete ich denn da. Schon eine kleine Landstraße, oder etwas mehr Müll würde mir genügen. Ein Geruch, der von Menschen stammt. Aber es kam nichts. Ich sah mich um, auf der Suche nach was zu Essen. Seit Tagen hatte ich kein Blut mehr im Mund und die Wirkung von Sams ließ allmählich nach. Hinter einem Baum bemerkte ich einen Hasen. Bevor das kleine Wesen realisieren konnte was geschah, trank ich schon dessen Blut. Angewidert verzog ich mein Gesicht und schmiss den toten Hasen weg. Noch nie hatte ich Tier-Blut getrunken und hatte jetzt auch nicht vor, das jemals wieder zu versuchen. Ich hatte mir gedacht, dass das Blut ähnlich schmecken würde, wie das von Werwölfen, aber tja. Falsch gedacht. Dann eben nicht, dachte ich. Irgendwo musste ich doch auf einen Menschen treffen. Ich atmete tief durch auf der Suche nach einem neuen Geruch, aber da war nur der Gestank dieses ekeligen Blutes und Wald. Dann musste ich weiter laufen. Während ich ging kamen mir wieder die Gedanken, die mir schon jeden Tag seit ich Sam verlassen hatte kamen. Wie konnte ich nur zulassen, dass ich mich in einen Engel verliebte? Wie konnte ich es zulassen? Was war an dem Kerl so besonders? Was hatte er was andere nicht hatte? Natürlich außer seinen Flügeln. Aber die Tatsache, dass er ein Engel war, konnte es doch nicht beeinflusst haben, dass ich mich in ihn verliebt habe. Wieso? Er war arrogant und ein vollkommenes Arschloch. Außer am See. Da war er nicht so. Ich konnte es nicht verstehen. Ausgerechnet wieder einen Engel! War das Erste Mal nicht schon genug gewesen? Verzweifelt fuhr ich mit meiner Hand übers Gesicht, dass schon ziemlich schmutzig war. Nicht nur diese Fragen quälten mich täglich. Auch die Erinnerungen an Nathanael. An meinen verdammten Nathanael! Wie konnte ich mich in ihn verlieben? In einen Mörder. Das wäre ja auch nicht schlimm gewesen, wäre er nicht der Mörder von Gen gewesen. Das war der zweite Teil von der Geschichte von Gens Tod. Ich habe ja erzählt, dass ich den Mörder gesucht habe, als ich erfuhr das Gen ermordet worden war. Und da habe ich Nathanael gefunden. Ich weiß noch genau wo das war.
Ich bin gerade in die Stadt gekommen in der man ihn letztens gesehen hat (ich hatte da so meine Kontakte, woher ich das wusste). Es war ein ziemlich kleines Dorf in Kroatien, am Rande einer Provinz. Ich hatte keine Ahnung was er dort gemacht hat, aber es war auf jeden Fall leicht ihn dort zu finden. Ich bin gerade aus dem kleinen Haus gekommen, in dem ich ein Zimmer gemietet hatte und wollte etwas die Gegend erkunden. Da sah ich ihn aus der einzigen, kleinen Bar herauskommen. Zwar hatte ich ihn schon gesehen und wusste wie er aussieht, aber damals war es als hätte ich sein Gesicht zum ersten Mal gesehen. Er hatte kastanienfarbene weiche und kurze Haare. Er war ungefähr so groß wie Sam und hatte einen ähnlich gebauten Körper. Seine Augen hatten die Farbe eines kräftigen, dunkeln Braunes. Sie waren hypnotisierend. Ja ich weiß, dass hört sich an wie echte Liebe, aber das konnte es nicht gewesen sein. Auf jeden Fall bin ich ihm dann gefolgt und habe mich erkundigt wo er schläft und was er macht. Ich hatte aber nicht viel Zeit um die Situation zu analysieren, denn er konnte jeden Tag einfach abreisen. Ich musste schnell handeln. Also habe ich herausgefunden wo er wohnt und bin dann am Abend unter seinem Zimmer gesessen. Ich weiß nicht was ich für einen Plan gehabt habe. Eigentlich sollte man meinen, dass ich meine Strategie genauestens durchplant haben solle, aber das habe ich nicht. Ich dachte es ergibt sich einfach. Und es hat sich ergeben. Nur auf eine andere Weise.
Ich habe mich zu seiner Zimmertür geschlichen und habe auf ein Wunder gehofft. Natürlich hat Nath mich gehört und war vor mir gestanden.
„So, so. Ariana, was führt dich denn hier her?“
Ich war geschockt, denn eigentlich habe ich es mir anders vorgestellt. Aber ich hatte ja ein Eisenmesser in meinem Jackenärmel versteckt und hatte die Gelegenheit. Doch zuerst musste ich ihm, alle an den Kopf werfen.
„Das weißt du genau!“
Er schien wirklich verwundert.
„Nein nicht wirklich, was meinst du denn?“
Dieses Arschloch, das wusste er ganz genau!
„Du hast Gen getötet, du Mörder!“
Ich würde immer wütender und ich war mir sicher das, das Messer bald nicht mehr in meinem Ärmel sein würde. Seine Miene würde plötzlich zuckersüß und er lächelte. Dieses miese Arschloch.
„Ahso, das. Nein ich habe sie nicht getötet.“
Ja, klar. Ich konnte seine süße, sarkastische Stimme nicht mehr aushalten und ich ließ das Messer aus meinem Ärmel in meine Hand fallen und versuchte in seine Brust zu stechen. Doch Nath war schneller und stoppte meine Hand. Verdammt, dass sollte nicht so verlaufen! Scheiße. Nathan lachte laut und zog mich in sein Zimmer.
„Ts, ts ,ts. Das hättest du nicht machen sollen.“
Er hielt mich in seinen Armen und ich versuchte mich rauszureißen. Doch der gefallene Engel war einfach stärker. Er hatte die Tür zu gemacht und hielt mich mit einem eisernen Griff fest, dass ich nach einigen Minuten einfach aufgab und wartete.
„Ich werde dich dafür bestrafen müssen.“
Er legte seinen Kopf schief und lächelte mich an. Ich weiß, das hört sich jetzt an, als ob Nath verrückt gewesen wäre, aber das war er nicht. Oder vielleicht doch. Vielleicht spüre ich einfach eine Anziehung zu Verrückten. Ich zuckte mit den Schultern und wich seinen braunen Augen aus.
„Arschloch“, murmelte ich mehr für mich, doch Nath hatte es auch gehört. Schon wieder lachte er.
„Ich habe schon schlimmeres von mir gehört.“
Seine Hand hielt mich immer noch unglaublich stark fest und er führte mich zu seinem Bett wo er mich brutal drauf drückte und sich selbst neben mich setzte. Ich sah mich kurz im Zimmer um. Es war schön, gepflegt und aufgeräumt. Sein Bett war ordentlich gemacht und hatte einen schlichten weißen Überzug. Es war einfach und ordentlich. Wie ein Zimmer in Kroatien eben. Nathanael sah mich an.
„Du behauptest also du bist hier, weil ich deine Freundin Gen, getötet haben soll. Was ich übrigens nicht gemacht habe. Auch wenn, ihr ziemlich hart geschummelt habt beim Poker. Ihr wart gut, dass muss man euch lassen.“
Ich zog meine Augen zu kleinen Schlitzen.
„Ja, das stimmt. Ich weiß, dass du sie getötet hast!“
Wütend fuhr ich meine Krallen aus und kratzte ihm damit fest über die Brust. Blut begann über sein weißes Armani T-Shirt zu laufen und Nathan sah verärgert aus, auch wenn die Wunden gleich heilten. Er packte mich an meinen Handgelenken und zischte.
„Ich habe sie nicht umgebracht. Vielleicht habe ich sie entführt und hier ziemlich lange gehalten, aber sie ist nicht tot hier rausgekommen!“
„Du dreckiges Arschloch!“
Plötzlich würde aus seinem wütenden und etwas verrückten Gesichtsausdruck ein spöttisches Lächeln.
„Ich weiß zwar nicht wo deine Freundin ist, aber da du schon einmal hier bist, kann ich dich gleich hierbehalten. Schließlich hast auch du geschummelt, Ariana.“
Ich sah ihn wütend an und beschloss zu warten und zu sehen, was er mit mir vorhatte. Großartig viel anderes hatte ich auch nicht zur Auswahl.
Danach ging alles ziemlich schnell. Nathanael sperrte mich in seinem Zimmer ein. Zwei Tage später verreiste er und nahm mich mit. So flogen wir durch die ganze Welt und ihr müsst mir glauben Nathan reißt verdammt viel. Über die ganze Welt bin ich geflogen, war in Rumänien, Polen, Kanada, in vielen bekannten Städten wie Paris, Sydney oder Rom. Und alle von ihnen habe ich nur durch das Fenster gesehen. Anfangs jedenfalls. Am Anfang hatte er mich immer eingesperrt gehalten und ist mich ziemlich oft besuchen gekommen um mit mir zu spielen, oder sich über mich lustig zu machen. Er hatte sie wie ein vollkommenes Arschloch aufgeführt. Gelegentlich brachte er mir auch einen Menschen, damit ich nicht verkrüppelte. Und ich weiß nicht wie, aber ich habe mich langsam in ihn verliebt. Zuerst wusste ich gar nicht was das für ein Gefühl war. Nur eines wusste ich. Es war unglaublich. So wie bei Sam. Auch nach unserem ersten Kuss konnte ich das Gefühl nicht deuten.
Nath hatte mich zuerst geküsst. Wie ein dreckiges Arschloch, zog er mich eines Tages zu sich und steckte mir die Zunge in den Hals. In mir ist so etwas wie ein riesiges Feuerwerk ausgebrochen und ein angenehmes Kribbeln verteilte sich aus meinem Körper. Dieser spannte sich an und würde von einer riesigen Welle Leidenschaft überflutet. Zuerst wehrte ich mich nicht, sondern stand einfach nur starr da. Doch dann kam ich zur Besinnung und knallte ihm so fest ich konnte eine.
„Du perverses Schwein! Was fällt dir ein mich zu küssen?!“
Sein Mund verzog sich zu einem dreckigen Lächeln.
„Ich hatte Lust darauf. Du gefällst mir Ary. Aber wenn du nicht willst kann ich auch gehen.“
„Verschwinde du Idiot.“
Er zuckte mir den Schultern und ging. Seufzend lehnte ich mich an die Wand. Was hatte das zu bedeuten? Dieses Gefühl über ihn herfallen zu müssen. Wieso ging mein Atem jetzt viel schneller, als sonst? Verdammte Scheiße, Ariana! Was ist mit dir los?
Ich wusste jetzt zwar, was das für ein Gefühl war, aber damals war es so stark und so niederschmetternd gewesen. Und wusste einfach nicht was es zu bedeuten hatte.
Nathan kam wieder, am nächsten Tag doch ich ignorierte ihn vollkommen. Oder versuchte wenigstens ihn zu ignorieren. Aber ich schaffte es einfach nicht. Er wollte gerade gehen, als ich zu ihm stürmte und ihn zu mir umdrehte. Was machst du da Ariana?! Er hat Gen umgebracht! Er ist ihr Mörder! Doch ich hörte einfach nicht auf mein Gehirn. Es hatte sich abgeschaltet. Nathan zog mich mit einem Lächeln zu sich, doch diesmal wollte ich erster sein. Ich drückte meine Lippen auf seine und schenkte ihm einen wundervollen, leidenschaftlichen Kuss. Er erwiderte ihn sogleich und wir fielen übereinander her. Nach einem wundervollen Sex hielt er mich in seinen Armen umfangen und wir beide lachten leise. Dann ging er. Und wundersamer Weise schaltete mein Gehirn da wieder ein.
„Scheiße!“
Ich schlug mit meiner Faust stark gegen die Wand.
„VERDAMMT!“
Ich stemmte meinen Kopf gegen meine Hände und vergrub meine Finger in den Haaren. Was war mit mir los? Ich habe gerade mit Genevieves Mörder geschlafen! Wieso um alles in der Welt habe ich das gemacht? Ein Gefühl floss durch meine Adern und machte mich verrückt. Ich erinnerte mich, an ein Buch, das ich mal gelesen hatte. Dort würde auch so ein Gefühl beschrieben. Es war Liebe. Ich hatte mich doch nicht in Nathanael verliebt! Es konnte einfach nicht sein. Nicht ich, Ariana.
Doch es war Liebe gewesen und auch wenn ich es nicht akzeptieren wollte, ich wusste, dass es wahr war. Danach ging alles ganz schnell. Er kam mich immer öfter besuchen und irgendwann sperrte er mich nicht mehr ein. Er hatte viel Zeit für mich und wir besuchten alle Städte. Nicht das er weniger Arschloch gewesen war. Das ganz sicher nicht. Aber das war Nathan und genau in das habe ich mich verliebt. Ich weiß nicht ob er mich auch geliebt hatte, aber das war mir egal. Ich hatte ihn geliebt. Jetzt war ich sicher. Und eines Tages bin ich dann einfach geflohen. Aus verschiedenen Gründen. Erstens, weil er Gens Mörder war. Ich konnte nicht einfach mit dem Mörder von meiner besten Freundin zusammen sein. Und zweitens, es machte mir einfach Angst. Das ganze machte mir Angst.
Ich seufzte laut. Die Wucht der Erinnerungen, überraschte mich. In letzter Zeit (um genauer zu sein, seit ich von Sam weggelaufen bin), dachte ich oft an Nathan. Früher habe ich nie so viel darüber gedacht. Ich habe gar nicht darüber gedacht. Ich spürte wie mir Tränen hochkamen. Das dürfte doch nicht wahr sein. Ich war immer stark gewesen und habe nie geweint. Ich konnte mich immer durschlagen, Und jetzt? Jetzt musste ich sogar wegen einer Erinnerung weinen? Ich schluckte die Tränen runter und suchte die strake, selbstbewusste Ariana in mir. Die Ariana ohne Tränen. Und ich fand sie. Das bin ich. Und ich weine nicht. Mit diesem Entschluss setzte ich meinen Weg fort. Nach einer Stunde roch ich plötzlich Benzin. Benzin! Und wo Benzin war, mussten auch Autos sein. Und wo Autos waren mussten Menschen sein! Ich folgte dem Geruch und kam in zehn Minuten auf eine kleine Landstraße. Meine Rettung. Da und dort waren ein paar Flaschen und anderer Müll. Der Geruch von Menschen erhob sich in der Luft. Ich lief die Straße entlang und bald kamen die ersten Häuser zum Vorschein. Und sogar eine Tankstelle. Auf dem Schild wo stand wie das Dorf hieß stand: Danilkowo. Was ist das für ein Dorf! Wo ist das? Ich betrat die Tankstelle und ging auf den älteren Mann hinter der Theke zu. Mein Gesicht setzte ein Lächeln auf. (hier ein kleiner Einwurf von dem Autor, also von mir Olga: Tut mir leid wenn das Russisch nicht richtig ist, aber ich wisst ja: Google Translator. Okay ihr könnt weiterlesen

)
„Entschuldigen Sie, wo bin ich hier?“
„Ne ponimayu“ (= Ich verstehe nicht.)
Russisch? War ich in Russland? Zum Glück konnte ich etwas Russisch.
„Gde ya?“ (= Wo bin ich hier)?
„Danilkowo.“
„V kakoĭ strane ?” (= Welches Land?)
Der Mann sah mich an, als ob ich geisteskrank wäre. Das sah man wohl nicht jeden Tag. Eine Frau, die nicht wusste in welchem Land sie war.
„Rossiya. Ty v poryadke?” (=Russland. Geht es dir gut?)
„Da. Spasibo.“ (= Ja. Danke.)
Dann schmiss ich mich dem Alten an den Hals. Sein Blut war nicht sehr gut, aber auf jeden Fall besser, als das von diesem Hasen. Ich ließ den Mann leben und löschte seine Erinnerung. Wenn ich hier etwas bleiben sollte, dann durfte es keine Opfer geben. Doch sicher war ich nicht, ob ich hier blieb. Ich verließ die Tankstelle mit einer Packung Chips und Cola und schaute mich etwas um. Das Dorf war nicht sehr groß, aber doch wirklich schön. Auf dem Spaziergang den ich machte, traf ich nur ganz wenige Leute. Das lag wahrscheinlich auf dem Wetter und der Zeit. Es war schon spät am Abend und ziemlich windig. Währe ich in New York oder L.A. dann wäre erst jetzt etwas los, aber hier war es ruhig und abgelegen. Was konnte man schon in diesem Dorf um diese Uhrzeit machen? Hier gab es wahrscheinlich nicht einmal eine gescheite Bar. Langsam sah ich mich nach einer Übernachtung um. Ich wollte ja nicht auf der Straße schlafen. Ich konnte aber nichts finden. Irgendwo musste es hier doch Hotel geben. Okay, vielleicht kein Hotel, aber einfach nur ein Zimmer das ich mieten könnte. Ich hatte schon etwas lange Gesucht, da sah ich ein Schild: ZIMMER ZU VERMIETEN. Kaum sichtbar auf einem Fenster ausgehängt. Ich schaute auf die Uhr (Übrigens auch von der Tankstelle. Zwar keine Rolex, aber egal). Hmm, 23:47 vielleicht schlief der Vermieter schon, aber ich würde trotzdem hingehen. Ich läutete an der Tür und nach ein paar Sekunden kam mir ein alter Mann zu Vorschein. Älter als der an der Tankstelle, er könnte schon größere Enkelkinder haben.
„Kann ich etwas für Sie tun?“
Ich war etwas überrascht, dass er Englisch sprach, denn er sah aus wie ein richtiger Russe. Und das so ein alter Mann überhaupt Englisch konnte war beeindruckend. Er bemerkte wohl meine Verwunderung.
„Ich habe erkannt, dass sie nicht Russin sind. Sie schauen nicht aus wie ein richtige Russin. Mehr wie ein Amerikanerin. Also, kann ich etwas für Sie tun?“
Ja, stolze Engländerin wird Amerikanerin genannt. Der Opa sprach mit sehr starkem Akzent.
„Ja ich möchte das Zimmer mieten.“
In der Tür erschien eine alte Frau im Schlafanzug und legte dem Mann ihren Arm um seine Schulter.
„Kto eto, Dorogoi?“ (= Wer ist das, Schatz?)
„Sie will das Zimmer mieten.“
„Oh, kommen Sie herein.“
Ich trat über die Türschwelle und kam in einen warmen Raum der nach Lavendel roch. Die Wand war mit alten Bildern geschmückt, die Häuser oder Wiesen zeigten. Manchmal auch Portraits. Und in einem Schrank stand, wie zu erwarten, Whisky. Wasser des Lebens. Das bedeutete es auf russisch. In einem anderen Schrank hängten Jacken und Schirme. Die Frau stellte sich neben mich und zeigte mit ihrer Hand auf die Treppe.
„Sie werden da oben wohnen.“
Ich nickte. Die Frau sprach mit weniger Akzent als ihr Mann.
„Wie viel wird das kosten?“
Ich hatte mir aus der Kasse an der Tankstelle das Geld genommen.
„Wir berechnen erst nach dem Aufenthalt.“
„Okay, danke sehr.”
Komisches Ehepaar. Sie haben nicht einmal nach meinem Namen gefragt.
„Ich bin übrigens Ariana. Ariana...ehm...Ridson.“
„Schön sie kennen zu lernen. Wir sind Barbara und Richard Edmons.“
Waren die Namen überhaupt Russisch? Der Nachname war es nicht, da war ich mir sicher. Vielleicht kamen sie ja gar nicht aus Russland, sondern sind hier nur hergezogen. Egal, es war ja nicht von Bedeutung. Richard ging die Treppen rauf und ich folgte ihm. Im ersten Stock gab es nur zwei Türen. Mr. Edmons machte eine von ihnen auf und führte mich in mein neues Zimmer.
„Kein Gepäck?“
„Ja. Ich...ehm...reise gern spontan und ohne jede Verpflichtung.“
„Soso. Hier ist der Schlüssel.“
„Danke.“
Richard ging aus dem Zimmer und ließ mich alleine. Die Wände hatten eine cremefarbene Blümchentapete. In der Mitte des Raums stand ein kleines Bett mit einer Decke und einem Kissen. Beides Braun. Es gab auch ein Nachtkästchen mit einer Lampe. In der Ecke standen ein Schrank und auch ein Spiegel. Ich strich mir die Haare aus dem Gesicht und sah mich im Spiegel an. Kein Wunder, dass der Mann von der Tankstelle gefragt hatte ob es mir gut geht. Ich sah nicht so aus. Meine Kleidung war zerrissen und schmutzig. Auch mein Gesicht war mit Schlamm überdeckt und unter meinen Augen hatten sich weite Ringe gebildet. Die Augen selbst waren rötlich. Ich war viel bleicher als sonst. Aus meinen normalerweise so schönen und glänzenden roten Haaren, hatte sie ein schmutziges Etwas entwickelt. Ja dieses Pärchen war wirklich komisch. Sie hatten mich in ihr Haus gelassen, obwohl ich so aussah, hatten nicht nach dem Namen gefragt und hatten mich sogar jetzt hier wohnen lassen. Ich zuckte mit den Schultern und ging zum Schrank. Darin fand ich eine Jeans und ein Unterleibchen vor. Beides war etwas zu groß, aber ich konnte es mit meinem Gürtel festhalten. Ich duschte gründlich und zog die Sachen an. Dann schaute ich mich wieder im Spiegel an. Jetzt sah ich akzeptabel aus. Da ich noch nicht müde war und es erst 00:33 war beschloss ich einen Spaziergang zu machen. Naja, weniger einen Spaziergang, als rauszugehen und einen rauchen. Als ich zur Tür ging, war keiner da. Wahrscheinlich schliefen sie schon alle. Ich huschte aus dem Haus und lief zur Tankstelle. Ich wollte mir Zigaretten kaufen. Okay eigentlich nicht kaufen, sondern stehlen, ich brauchte ha das Geld. Der gleiche Mann wie vorhin stand hinter der Theke und grinste als ich reinkam. Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf nahm und mir eine Packung Zigaretten. Eigentlich wollte ich nur das machen, aber ich dann erblickte ich im Regal daneben Messer und nahm mir davon ein besonders spitzes. Es landete schnell in meine Hosentasche und ich verschwand natürlich nicht ohne mich noch einmal umzudrehen. Ich sah noch wie sein Lächeln erstarb, als er sah, dass ich mich einfach davonmachte ohne zu bezahlen. Ich lächelte verschmitzt. Würde er die Polizei rufen, könnte ich einfach seine Erinnerung löschen, obwohl ich nicht glaubte dass er das machen würde. Ich huschte in den Wald und zündete sie an. Dann lehnte ich mich an einen Baumstamm an und atmete tief durch. Plötzlich stand vor mir eine Gestalt. Ich erkannte die Umrisse sofort. Meine Augen weiteten sich und die Zigarette viel auf den Boden. Die Gestalt lächelte. Ich hatte fast vergessen wie sie aussah und doch konnte ich mich an alles erinnern. Alles war so fremd und doch so ähnlich. Sie legte den Kopf schief.
„Willkommen in Russland.“
„Genevieve.“

12. Little best friend




Völlig entgeistert starrte ich meine ehemalige beste Freundin an. Ehemalig, weil sie ja ermordet worden ist. So habe ich zumindest gedacht. Das war sicherlich ein Traum. Ich träumte einfach. In echt lag ich sicher noch in den Armen von Samuel und schlief friedlich. Die Traum Genevieve fing an zu lachen.
„Oh mein Gott! Dein Gesichtsausdruck! Hahahaha du müsstest ihn mal sehen.“
Das konnte unmöglich sie sein. Noch immer konnte ich kein Wort herausbringen. Meine Kehle war zugeschnürt.
„Komm schon Ariana. Du solltest dich allmählich vom Schock erholen.“
Ich sah sie verdutzt an.
„Vom Schock erholen?! Ich soll mich, nachdem du plötzlich vor mir stehst einfach so vom Schock erholen?!“
Das war unmöglich. Das konnte nicht Gen sein. Gen war tot. Sie war tot! Und das konnte nichts ändern. Das was hier vor mir stand war nicht Gen. Nie und Nimmer. Was auch immer da vor mir stand, es war ganz sicher nicht meine tote beste Freundin. Ich erwachte aus meiner Starre und reagierte schnell. Meine Finger schnappten nach dem Messer in meiner Hosentasche und ich stürzte mich auf die Gestalt. Das Messer blieb in der Brust stecken und das Gesicht von der Gestalt, die so aussah wie Gen verzog sich schmerzhaft. Sie nahm den Griff des Messers in ihre Hände und zog es raus.
„Wow. Jetzt mach mal halblang. Was sollte das?“
Ich wich drei Schritte zurück.
„Was bist du?“
Sie lachte.
„Ich denke mal ich bin Genevieve. Und ein Vampir.“
Ich wich noch einen Schritt zurück und sah die Kreatur Feindseelig an.
„Genevieve ist tot. Ich möchte jetzt wissen wer und was du bist.“
Sie seufzte.
„Ich bin Gen. Ob du´s glaubst oder nicht. Ich lebe.“
Mein Blick lag misstrauisch auf ihr, während ich mit meinen Händen nach irgendeiner Waffe suchte, nachdem ich ja das Messer schon verloren hatte. Das Wesen sah mich mit einer Mischung aus Freude, Hoffnung und einem kleinem bisschen Verzweiflung an.
„Ich wusste es wird schwer sein es dir beizubringen, aber ich bin es wirklich.“
Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben und sie lächelte mich breit an. Meine Augen wurden zu kleinen Schlitzen.
„Ich glaub dir nicht. Gen wurde ermordet. Sie ist seit 80 Jahren tot.“
Da meine Hände nichts Waffenartiges finden konnte fuhr ich langsam meine Krallen und meine Eckzähne aus. Sie kam mir näher.
„Winter 1833. Wir waren da in Frankreich. Du warst im Gefängnis wegen Mord an…ehm…irgendjemandem. Ich habe dich gewarnt ihn nicht umzubringen, da er eine wichtige Position hatte. Du hast aber nicht auf mich gehört. Da jemand erfahren hatte, dass wir Vampire sind, hatte er dir Eisenkraut eingeflößt. Ich musste deinen Arsch retten und wir musste jedem in der Stadt die Erinnerung löschen, da schon es weitererzählt wurde, dass wir Vampire sind. Frühling 1581. Hexenverfolgung. Du würdest fast verbrannt, nur wegen deiner Haarfarbe. Ich musste dir schon wieder den Arsch retten. Herbst 1312. Genau ein Jahr nach unserer Verwandlung. Du hast zum ersten Mal auf alles geschissen und die Vergangenheit ruhen lassen. Da musste ich deinen Arsch zwar nicht retten, aber ich dachte es wäre gut das zu erwähnen. Willst du noch was wissen? Soll ich etwas erzählen, wo du mir den Arsch retten musstest?“
Kleine Zweifel stiegen in mi auf. Vielleicht war es doch Gen? Aber wie? Das konnte nicht möglich sein. Aber wenn doch? Ich spürte wie ein kleiner Funken Hoffnung in mir erwachte und ich löschte ihn schnell. Wenn es doch nicht Genevieve wäre, wäre es zu viel für mich. Also: Keine Hoffnung. Vielleicht war sie ein Geist. Aber das würde damit nicht zusammen passen, dass ich ihr ein Messer in die Brust rammen konnte. Mit einem Geist hätte ich das nicht tun können.
„Komm schon Ariana. Ich bin´s. Fight Baby, fight baby, it´s only life. Live baby, live baby it´s only fight.
Ich stockte kurz. Scheiße, das war doch einfach unmöglich. Aber sie musste es sein. Der kleine Funken Hoffnung in mir, ist jetzt undlöschbar und wird sogar immer größer.
„Verdammt. Gen?“
Ihre Mundwinkel zogen sich zu einem schiefen Lächeln.
„So gefällt mir das schon besser.“
Ich spürte wie sich ein unglaubliches Glücksgefühl in meiner Brust ausbreitete. Das hier war wirklich Gen. Meine tote beste Freundin.
„Aber…wie kommst du hierher?“
„Ich bin damals nicht ermordet worden. Du hast falsche Information erhalten.“
Und plötzlich ersetzte das Glücksgefühl Wut. Ich würde verdammt wütend auf Gen. 80 verdammte Jahre! 80 Jahre habe ich gedacht sie wäre tot! Und jetzt kreuzt sie einfach so vor mir auf und sagt ich hätte mich geirrt! Sie muss auch bemerkt haben, dass ich plötzlich wütend werde, denn sie ihr Blick wird fragend und sie weicht unsicher einen Schritt zurück.
„Ariana?“
Ich ging auf sie zu, sodass uns jetzt nicht einmal ein ganzer Meter trennte.
„Du Schlampe! Das du es wagst nach 80 Jahren einfach vor mir zu erscheinen und zu sagen, dass du lebst“, ich knallte ihr eine bevor ich weiterredete, „Vielleicht ist dir das nicht in den Sinn gekommen, aber du hättest dich melden können. <Hey Ariana, weißt du ich bin nicht ermordet worden, suche nicht nach Rache und mach dir keine Sorgen>. Das wäre wirklich nett gewesen. Denn weißt du, so etwas machen Freundinnen. Sie geben einander Bescheid, dass sie noch leben.“
In meiner Stimme schwang bei den letzten zwei Sätzen immer mehr Sarkasmus mit drin und ich sah sie giftig an.
„Aber Ariana. Ich konnte nicht. Ich durfte nicht.“
„Was heißt du durftest nicht? Deine Erklärungen interessieren mich einen Scheiß. Ich kann es einfach nicht fassen, dass du den Mut hast hier aufzukreuzen.“
„Ariana bitte. Ich wollte wirklich. Verdammt, du hast mir gefehlt. Ich wollte dich sehen. Aber ich durfte nicht. Das musst du mir glauben.“
„Und jetzt? Nach 80 Jahren, darfst du plötzlich zu mir kommen? Wer ist überhaupt, der der dir das verbieten darf?“
„Jemand ganz wichtiger.“
Sie sagte das mit fester Überzeugung in der Stimme.
„Ah", ich schwieg eine Weile lang, "Verschwinde.“
„Was?“
„Ich sagte: Verschwinde. Ich will dich nicht sehen.“
„Es tut mir so leid, Ariana. Entschulige. Wir sind doch beste Freundinnen. Partnerinnen. Wir halten immer zusammen.“
Ich ballte die Hände zu Fäusten und versuchte angestrengt nicht über sie herzufallen. Plötzlich begannen eine Blätter die auf dem Boden lagen leicht über dem Boden zu schweben. Das war zwar jetzt komisch, aber das ist schon öfter passiert, wenn ich verdammt wütend war und hielt mich nicht davon aber weiter wütend zu sein.
„Wir halten immer zusammen? Du verdammte Schlampe. Das du dich überhaupt traust diese Wörter in den Mund zu nehmen! Wo warst du als ich eine beste Freundin gebraucht habe? Dachtest du ich würde dich einfach umarmen und vergessen was war“, ich lachte finster auf, „Vergiss es. Ich habe es geschafft die 80 Jahre auch ohne dich zu leben. Ich brauche dich nicht. Und jetzt geh mir aus den Augen!“
„Ariana. Du wurdest von einem Engel entführt. Und du verliebst dich auch noch in ihn. Sag mir nicht, dass du mich nicht brauchst.“
Meine Augen weiteten sich. Woher verdammt noch mal wusste sie das?
„Und du stalkst mich auch noch? Nicht zu fassen.“
„Ar…“
„VERSCHWINDE!“, unterbrach ich sie kurzerhand.
Sie zuckte traurig mit den Schultern.
„Du wirst mich nicht los.“
Ich zuckte auch mit den Schultern, aber nicht traurig sondern wütend. Dann drehte ich mich um und lief aufgebracht davon. Es dauerte weniger als 7 Sekunden, da stand ich schon vor meiner Zimmertür und ging hinein. Seufzend lies ich mich aus Bett fallen. Ich war so verwirrt und wütend. Wieso zeigte sich Gen erst nach so vielen Jahren? Sie hatte zwar gesagt, dass es ihr jemand verbieten würde, aber wenn das stimmte, wieso würde es ihr so plötzlich erlaubt. Wer war überhaupt dieser jemand, der ihr das verbieten konnte!? Und wieso verdammt noch mal stalkte sie mich? Ich konnte es überhaupt nicht fassen, dass sie noch lebte. Auch wenn ich wirklich rasend wütend aus sie war, wusste ich, dass ich mich tief in mir drin freute, dass sie noch lebte. Denn ich liebte sie immer noch. Egal wie sehr sie alles verschissen hatte. Aber um ihr zu verzeihen, musste sie doch schon mehr machen, als sich nur zu entschuldige. Hoffentlich wird sie auch mehr machen und jetzt nicht einfach verschwinden. Egal wie wütend und verletzt ich war, jetzt da sie plötzlich wieder da war wollte ich sie nicht verlieren. Ich spürte wie Tränen in mir hoch stiegen. Es waren Tränen vor Wut und Tränen vor Freude. Ich schluckte sie runter und raufte mir durch die Haare. In letzter Zeit weinte ich definitiv viel zu oft. Und bekam definitiv zu oft Kopfweh, von diesem ganzen Chaos, das sich mein Leben nannte. Schnell stand ich auf und gehe unter die Dusche. Das heiße Wasser tat mir wirklich gut und ich konnte mich echt entspannen. Alles einfach von mir abfallen lassen und über nichts nachzudenken. Ich relaxte mich ungefähr eine halbe Stunde lang und stieg dann aus der Dusche. Da ich keine Sache zum Schlafen hatte, zog ich einfach mein Höschen an und schlüpfte dann unter die warme Decke. Das Bett war zwar nicht so weich, wie ich es sonst gewohnt war, aber auf jeden Fall besser als eine Höhle im Wald. Ich schloss langsam meine Augen und schlief ein. Das letzte was ich höre waren Schritte auf der Treppe vor meinem Zimmer.

Ich schlief unruhig und als dann endlich der Morgen kam, kam es mir so vor, als ob ich höchstens 15 Minuten lang geschlafen hätte. Mit dröhnendem Kopf stand ich auf und rieb mir müd die Augen. Plötzlich klopfte es an meine Tür.
„Ja?“, bat ich den jemanden verschlafen herein.
Die Tür ging auf und Richard Edmons kam in mein Zimmer.
„Ich wollte Ihnen nur frische Handtücher bringen, da wir das Gestern…“
Plötzlich stockte er und sah auf mich hinab. Verwirrt blickte ich auch hinunter und erlitt einen großen Schock. Ich hatte nur mein Höschen an. Und keinen BH. Schnell sauste ich wieder unter die Decke und hielt sie fest auf meinen Brüsten. Gott, war das peinlich. Jetzt Mr. Edmons wahrscheinlich, er hätte das Zimmer an eine Schlampe vermietet. Einfach toll.
„Es…es tut mir leid.“
Richards Gesicht lief rot an und er sah mich peinlich Berührt an.
„Ich…ich wollte einfach nur Handtücher vorbei…vorbeibringen. Ich geh schon wieder.“, stotterte er und legte mir die Tücher auf das Bett. Dann ging er schnell aus dem Raum. Ich seufzte und vergrub mein Gesicht in dem Kissen. Das passierte immer nur mir. Egal. Ich konnte mit peinlichen Situationen umgehe. Auch wenn mich die Beiden jetzt rausschmissen, konnte ich mir etwas anderes suchen. Es stand sowieso nicht fest, ob ich überhaupt hier bleiben würde. Ich stand auf, nahm mir ein cremefarbenes Handtuch, das am Rand mit Blumen bestickt war und begab mich unter die Dusche. Dann suchte ich mir etwas zum Anziehen. Meine alten Sachen, waren schmutzig und auch wenn sie sauber gewesen wären, könnte man sie nicht mehr anziehen, so zerfetzt waren sie. War ja aber auch kein Wunder. Vier Tage im Wald hatten zu ihrem jetzigen Zustand beigetragen. Die Kleidung, die ich gestern angehabt hatte lag durcheinander am Boden. Ich seufzte und zog sie an. Heute wurde ich mir sowieso neue Sachen kaufen auf meiner kleinen Erkundungstour durch das Dorf. Schnell band ich mir noch die Haare zusammen, weil ich es satt hatte, dass sie mir ständig ins Gesicht fielen. Dann ging ich hinunter und sah mich um. Mr. Und Mrs. Edmons waren nirgends zu sehen, doch aus der Tür an der linken Wand, drangen Fernsehergeräusche. Ich zuckte mit den Schultern und spazierte durch die Wohnungstür. Die Luft draußen war schon etwas kühler, als noch vor über einem Monat. Langsam begann der Herbst und bald wurden auch die ersten Blätter von den Bäumen fallen. Meine Augen wanderten über die niedrigen Blöcke, die das kleine und schmale Haus der Edmons umgaben. Ich schlug die enge Straße nach rechts ein, denn sie sah als einzige so aus, als würde sie unter Leute und ins Centrum führen. Der Weg war ganz kurz und führte zu einer langen Brücke. Auf dem anderen Ende der Brücke, konnte ich eine Schule erkennen. Außerdem stand dort auch eine Bar. Ich spazierte langsam durch kleine Gasse. An der Brücke angekommen, ließ ich meinen Blick über den Fluss, über den die Brück führte, schweifen. An dieser Stelle war er besonders breit und seine Strömung war stark. Nur sauber sah er nicht wirklich aus. Viel Müll und Schmutz floss mit dem Wasser mit. Ich schüttelte kurz den Kopf, schritt auf die Brücke und begab mich auf den Weg zu der Bar. Das Auftauchen von Gen, verdrängte fast alle Gedanken an Nathanael und vor allem an Sam. Doch nicht ganz. So sehr ich auch von Genevieves zurückkommen schockiert und absorbiert war, wollte mein Gehirn die beiden nicht loslassen.
Wo jetzt Sam wohl war? Und was er gerade machte? Hatte er meine, in den Sand geschriebenen Wort überhaupt gelesen, oder hatte sie der Wind längst vor seinem Aufwachen weggeblasen? Und wenn er sie gelesen hatte, wie war seine Reaktion? Hatte er sie längst genommen? Je länger ich darüber nachdachte, desto dummer und naiver kam ich mir vor. Wieso bin ich nicht einfach abgehauen? Nein, ich musste ihm ja eine Nachricht hinterlassen! Ich Idiotin! Sicher hatte er einfach nur darüber gelacht, und legte gerade wahrscheinlich eine andere Vampir Zicke flach. Bei diesen Gedanken krümmte sich mein Herz zusammen. Ich verfluchte mein dummes Herz und ich verfluchte den Tag an dem ich Sam kennengelernt hatte! Ich verfluchte die Reise mit ihm und ich verfluchte sogar seinen bescheuerten Jaguar! Ich verfluchte einfach alles was mit ihm zu tun hatte!
Verärgert darüber, dass ich mich so aufgeregt hatte fuhr ich mir über die Haare und verbannte sein Gesicht und seinen Namen aus meinem Kopf. Ich hatte jetzt wichtigere Sachen zu klären. Schnell hob ich den Kopf und hielt Ausschau nach Gens braunen Haaren. Irgendwo musste sie ja sein. Außer sie war wieder abgereist, nachdem ich sie abgestoßen hatte. Aber ich wollte es ja nicht. Ich wollte sie nur ein bisschen leiden lassen. Mit jedem Schritt schrumpfte meine Hoffnung, dass sie geblieben war und als ich am Ende der Brück stand, wollte ich mir einfach nur die Haare aus dem Kopf reisen. Sie war ganz sicher schon weg! Was sollte sie hier noch wollen, wenn ich sie so gewissenlos abgewiesen hatte! Aber es war ja ihre Schuld gewesen. Hätte sie sich doch nur einmal in all den ganzen Jahren gemeldet. Aber wenn sie wirklich nicht durfte? Ich hatte alles vermasselt!
Hm, irgendwie wurde ich in letzter Zeit zu einer völligen Pessimistin. Früher war ich nicht so. Naja, aber man das bedachte, was mir in letzter Zeit passierte. Aber das würde mich nicht kleinkriegen und mich zu einer schlecht gelaunten Pessimistin machen. Wen Gen sich nicht um mich bemühte, dann hatte sie eben Pech gehabt. Ich ging gerade in Richtung Bar, als ich plötzlich einen wirklich mini kleinen Kleidungsladen bemerkte. Schon wesentlich besser drauf ging ich hinein und sah mich etwas um. Die Auswahl war nicht gerade berauschend, aber das wichtigste hatten sie zu bieten. Und ich brauchte nun mal etwas neue Unterwäsche und einige Shirts. Ich fand eine Jeans die mir passte und auch einigermaßen gut auf mir aussah und drei T-Shirts. Auch drei BHs und einige Höschen kaufte ich mir. Noch immer in guter Laune spazierte ich aus dem Laden hinaus und rannte fast in eine Eis haltende Genevieve. Verwundert riss ich die Augen auf.
„Was machst du denn hier?“
„Ich hab dir ein Eis gekauft.“
Sie lächelte hoffnungsvoll und steckte mir das Eis in die Hand. Erdbeere, Orange und Kiwi. Oh wie süß, meine Lieblingssorten. Naja, vor 80 Jahren hatte es nicht wirklich oft Eis gegeben, aber sie wusste ja meine Lieblingsobstsorten.
„Es tut mir so leid. Wirklich es tut mir wirklich, wirklich so leid.“
„Ah und du denkst du könntest mich mit dem Eis bestechen?“
„Ja vielleicht, ein klitzekleines bisschen.“
Ich funkelte sie an und leckte an meinem Eis. Dann ließ ich sie stehen und ging weiter, um das Dorf besser kennenzulernen. Ich zeigte nach außen zwar keine Gefühle, aber in mir brach ein ganzes Freudenfeuerwerk aus. Sie war doch geblieben! Sie war geblieben um sich wieder mit mir zu versöhnen. Ich war so glücklich. Doch sie musste schon etwas mehr machen, damit ich ihr verzieh. Aber das wusste Gen, glaubte ich. Denn sie rannte mir sogleich nach und setzte ihren Hundebettelblick auf.
„Bitte verzeih mir. Ich tu auch alles was du willst.“
„Ich rede nicht mit Personen die 80 Jahre nicht mit mir reden.“
Sie sah traurig zu Boden, bevor sie ein Lächeln aufsetzte.
„Ich werde dir nicht von der Pelle rücken, solange du mir nicht verzeihst.“
Ich ignorierte sich gekonnt und ging weiter. Dann stand ich vor der Bar und…wusste nicht wirklich was ich hier wollte. Mein Ziel war es hier her zu kommen und nun war ich hier. Und weiter? Ich sah mich langsam um. Rechts von der Bar lag eine Straße, die zu weiteren Siedlungen und zu einem Supermarkt führte. Sonst gab es nur noch die Möglichkeit und die wäre: gerade aus gehen. Und auf der anderen Straßenseite, lag noch eine Bushaltestelle. Zu der gerade ein Bus hinfuhr. Schnell lief ich zu der Station. Gen lief mir schnell nach und stieg im letzten Augenblick mit mir ein.
„Wohin fahren wir jetzt?“
Ich zuckte mit den Schultern und kaufte eine Karte. Meine Reaktion schien ihr gereicht zu haben, denn sie zauberte ihr ein Lächeln auf ihre vollen Lippen.
„Es tut mir leid.“
Während ich sie weiterhin ignorierte, setzte ich mich auf einen freien Platz. Gen eilte (was für ein Wunder) neben mich.
„Tut mir leid. Tut mir leid. Es tut mir wirklich leid.“
Genervt drehte ich mich zum Fenster um und betrachtete die Umgebung. Doch Gen hörte einfach nicht auf zu reden!
„Entschuldige. Bitte verzeih mir….“
Und so ging das den ganzen Tag lang! Es war kaum auszuhalten! Ich stieg in irgendeinem größer, aussehenden Dorf aus und wollte mich einfach mal entspannen, herumgehen und diesen Tag vergehen lassen. Aber neben ihr war das unmöglich! Wenn sie mal zwei Sekunden lang nicht Entschuldigungen und Erklärungen quatschte, sah sie mich so an, dass sich mein Herz oft zusammenkrümmte. Lange würde ich das nicht mehr aushalten. Zwar sagte ich ihr die ganze Zeit, sie solle aufhören, doch dann fragte sich mich, ob ich ihr dann vergeben würde und ich konnte einfach nicht ja sagen. Sie sollte noch etwas warten, auch wenn mich das ins Blut nervte. Nach drei Stunden, in denen ich im Dorf herumgegangen war, hatte ich die Schnauze voll. Ich fuhr einfach zurück in mein kleines Danilkowo und ging in mein Apartment. Vielleicht wäre ich dort ja sicher. Sie ging mir nach bis zu der Haustür und blieb dann vor ihr stehen.
„Wehe du kommst mit rein.“
Sie sah mich mit ihrem Schmollmund an, doch ich ließ sie einfach draußen stehen. In meine Zimmer angekommen, fiel ich erschöpft aufs Bett. Gen machte mich einfach fertig. Wenn das hier so weiter ging, würde ich es keinen Tag länger aushalten! Dabei hatte ich sie doch eine Zeit lang, bereuen lassen wollen! Plötzlich hörte ich etwas an meiner Fensterscheibe. Ich sah auf und was entdeckte ich? Natürlich Genevieve. Sie hielt ein Schild in der Hand auf dem mit großen Buchstaben stand: I´M SORRY. Seufzend stand ich auf und machte das Fenster auf. Meine Freundin kletterte sogleich rein und sah mich an.
„Vergibst du mir?“
Ich schaute sie lange an. In ihren Augen lag wirklich ehrliche Verzweiflung.
„Na gut. Ich vergebe dir. Aber nur weil du sonst nicht aufhören würdest. Du weißt gar nicht wie nervig es ist, dich die ganze Zeit anhören zu müssen! Ich bin fast wahnsinnig geworden.“
Auf ihrem Gesicht entstand ein so wunderschönes Lächeln, dass ich meine Lippen einfach nicht davon abhalten konnte, sich nach oben zu biegen. Ich konnte mich nicht mehr aufhalten und musste ihr in die Arme fallen. Die ganzen 80 Jahre ohne sie, waren für mich wie eine Ewigkeit gewesen! Es war unglaublich wie sehr ich sie vermisst hatte. Ihr angenehmer, bekannter Duft wirkte beruhigend auf mich und ich schloss die Augen und genoss einfach den Augenblick. Gen schloss fest ihre Arme um mich und wir standen so einige Minuten lang. Dann wich ich zurück. Ihre Augen, sahen so überglücklich aus und ich war fest davon überzeugt, dass es meine auch waren.
„Oh Gott. Ich habe dich so sehr vermisst.“
„Ich dich auch Gen.“
Wir lächelten uns beide an. Dann setze ich mich aufs Bett und sie machte es auch.
„Und wie hast du die 80 Jahre so verbracht. Ich meine außer mich zu stalken.“
Ich sah sie an und bemerkte wie sich ihr Körper verspannte.
„Ich kann dir das jetzt nicht erzählen. Aber ich verspreche dir, dass du es bald erfahren wirst. Aber was hast du so gemacht?“
„Wie bald?“
„Sehr bald. Versprochen. Und jetzt erzähl.“
Ich lächelte sie misstrauisch an, doch dann beließ ich es dabei. Sie würde es mir schon erzählen.
„Naja. Nichts anderes als mit dir. Nur eben alleine. Und ohne dich war es viel langweiliger.
Sie lachte und wir umarmten uns wieder.
„Kommst du mit mir?“
„Wohin?“
„Naja, eben um die Welt. So wie in alten Zeiten.“
„Darfst du das denn?“
„Ja.“
„Dann brauchst du doch gar nicht zu fragen.“
Ich lachte sie an und mit einem Schlag fühlte ich mich glücklic

13. Something about me




Und hier kommt ein kurzes Kapitel aus Sams Sicht ;) Hoffe ihr mögt es :D


Ich sah auf das junge, hübsche Mädchen hinab, das mich süßlich anlächelte. Ich gab ihr als Antwort eines meiner atemberaubendsten Lächeln, worauf sie natürlich fast in Ohnmacht viel. Auch wenn es meine Aufgabe war Vampire zu suchen, war das Mädchen keiner. Eigentlich durfte ich nichts mit Menschen zu tun haben, bis jetzt konnte ich auch keine Blutsauger finden. Naja, seit Ariana gegangen ist, war ich auch nicht mehr so konzentriert, wenn es um meine Aufgabe ging. Das Mädchen vor mir sah ihr kein Bisschen ähnlich. Diese hier hatte glatte, blonde Haar, die ihr bis zu der Hüfte gingen. Ariana hatte dagegen wunderschöne, rote, gewällte Haare die Brustlang waren. Auch die Gesichtszüger der Beiden, waren total unterschiedlich. Diese hier war hübsch und süß, wie ein Lollipop, aber sie konnte Ariana an Schönheit und Eleganz nicht übertreffen. Und genau deswegen lud ich sie zu einem Drink ein. Heute werde ich mal ein totales Arschloch sein. Ich werde diesem Mädchen Versprechungen geben, die ich nie halten werde und nach dem Sex würde ich einfach abhauen ohne sie zu wecken. Mit Ariana am See bin ich viel zu weich geworden. Und dann noch ihre Nachricht. Es war…Aber nein ich wurde jetzt darüber nicht nachdenken. Über diese verdammten, in den Sand gekritzelten Wörter. Wo Ariana jetzt wohl war? Noch in Russland? Oder war sie schon längst auf einem anderen Kontinent? Sorgen müsste ich mir auf keinen Fall machen, sie war klug genug. Und ich wurde mir auch sowieso keine Sorgen machen! Sie vögelte jetzt gerade irgendwo mit jemandem. Die Flügel unter meinem T-Shirt spannten sich an, so als wurden sie entfaltet werden wollen. Wenn sie das jetzt wirklich machte, könnte ich es auch ganz ohne Hemmungen tun. Auch wenn ich nicht mehr in Russland, sondern in Spanien war. Genauer gesagt in Madrid.
Das Mädchen vor mir wurde schon ziemlich ungeduldig und sah mich erwartungsvoll an.
„Mein Name ist Sam“, sagte ich freundlich, aber auch mit einer tiefen Stimme.
Sie schien davon entzückt zu sein.
„Hey, Sam. Ich bin Louisa“, sie hatte zwar eine hohe Stimme, konnte sie aber auch ganz gut sexy klingen lassen. Auch wenn es nicht so sehr zu ihrem Erscheinungsbild passte.
„So Louisa. Vielleicht wollen wir irgendetwas zusammen machen? Auf einen Drink gehen?“, ich zog meine linke Augenbraue voller Erwartung hoch.
Sie starrte mich eine Sekunde lang an, fasste sich jedoch schnell wieder.
„Klar“, antwortete sie und klimperte mit ihren Wimpern so heftig, dass ich schon dachte sie würden abfallen.
„Jetzt?“
Sie lächelte mich breit an.
„Sicher.“
Wir gingen zusammen in einen schick aussehenden Pub ein paar Straßen weiter und setzten uns an einen schmalen Tisch. Sie bestellte einen Cosmopolitan und ich nahm einen einfachen Gin Toni. Wir redeten, obwohl eigentlich sie die ganze Zeit sprach und ich ihr mit einem Ohr zuhörte.
Zwei Stunden und drei Cosmopolitans später, fragte ich Louisa ob sie vielleicht mit mir in mein Hotelzimmer kommen würde. Sie stimmte voller Begeisterung zu. Ich führte sie zu meinem Auto (was nebenbei einen Schrei bei ihr auslöste „Oh mein Gott, du hast einen Jaguar XK. Ich liebe solche Autos!!!“) und wir fuhren in mein Hotel. Sie fing wieder an zu reden, und schien gar nicht zu bemerken, dass ich kaum sprach und auch wenn sie es bemerkte, schien es sie kaum zu stören. Und mich auch nicht. Im Hotel angelangt führte ich sie in mein Zimmer. Es war zwar nicht sehr groß, aber ich wollte ja nicht unbedingt auffallen und die größte aller Zimmer nehmen, dafür war es aber sehr schön eingerichtet und hatte ein Doppelbett. Ich stellte mich neben dieses und beobachtete das Mädchen. Louisa sah sich ganz genau um.
„Wirklich schönes Zimmer. Sehr moderne Möbel. Und vor allem so sauber. Vor kurzem war ich auf einem Date mit so einem Ker und als er mich zu sich nach Hause eingeladen hat, dachte ich, ich könnte es dort keine 10 Sekunden aushalten. In der Bude hat es fürchterlich gestunken! Ich hab ihm gesagt, dass er erst mal die toten Ratten aus seiner Wohnung schaffen soll, bevor er dort ein Mädchen einlädt, und bin dann gegangen“, sie lachte laut und grinste sie an. Irgendwie konnten mich ihre Geschichten nicht wirklich faszinieren. Sie drehte sich zu mir um und sah mich lächelnd an.
„Ich steh mehr auf Männer die auch aufräumen können“, sagte sie und lies ihre Stimme sexy wirken, in der auch eine Spur von Erwartung mitschwang. Ich hob meinen linken Mundwinkel und gab ihr mit den Augen ein Zeichen, sie solle herkommen. Louisa lief zu mir einem vorfreudigen Lächeln her und stellte sie ganz dicht an mich. Mein Kopf sank und ich begann sie zu küssen. Sie erwiderte den Kuss leidenschaftlich. Wir fielen beide aufs Bett, sie schob ihre Hände unter mein dunkelblaues T-Shirt und zerrte es runter. Ich löste mich von ihren Lippen und begann ihren Hals zu küssen. Schon wollte ich ihr ihren Rock runterziehen, aber ich hielt inne.
„Was ist los?“, fragte sie mich flüsternd und begann mein Ohr zu küssen.
„Ich kann nicht“, sagte ich seufzend.
Sie hörte auf meinen Körper mit Küssen zu bedecken und sah mich an.
„Was kannst du nicht?“
„Ich kann nicht mit dir schlafen.“
Nun setzte sie sich auf und sah mich fragend an.
„Kriegst du keinen hoch?“
Ich lachte leise.
„Nein das ist es nicht. Ich kann einfach nicht.“
Sie legte den Kopf schief.
„Versteh ich nicht. Bist zu schwul, oder was?“
Ich seufzte lang.
„Nein ich bin nicht schwul. Ich kann einfach nicht mit dir ins Bett gehen. Es wäre am besten wenn du jetzt gehst.“
Sie sah mich zweifelnd, ziemlich enttäuscht, aber auch ein bisschen wütend an.
„Wenn du nicht mit mir schlafen kannst, wozu der ganze Abend? Da du ja sowieso nicht mit mir schlafen wolltest.“
„Ich wollte mit dir schlafen. Nur jetzt will und kann ich nicht mehr. Geh jetzt.“
Langsam stand sie auf, nahm das T-Shirt, das auf dem Boden lag und zog es sich über.
„Na gut. Dann geh ich mal…“
Langsam zog sie sich zurück und bald darauf hörte man die Zimmertür knallen.
Seufzend fiel ich aufs Bett und strich mir mit der Hand übers Gesicht. Das war schon das dritte Mal. Jedes Mal wenn ich nur noch einige Augenblicke davon entfernt war Sex zu haben, konnte ich mich einfach nicht zu ihm überwinden. Und das egal wie erregt ich war. Das war doch krank! Hielt mich der Gedanke an Ariana davon ab? Aber ich habe nicht einmal an sie gedacht, während ich dieses Mädchen geküsst habe! Was zum Teufel war los mit mir?! Ich wurde immer wütender. Verdammt! Ich nahm das Nächstbeste was unter meine Hände kam und knallte es gegen die Wand. Es hatte den Wecker getroffen, der jetzt auseinander gefallen war. Frustriert stand ich auf und zog mir mein T-Shirt über. Ich nahm aus meiner Geldbörse einen Hunderter heraus und den Rest verstaute ich in meiner Hosentasche. Schnell bewältigte ich den Weg runter zum Empfang und legte ihm den Hunderter wortlos auf den Tresen. Dann lief ich zu meinem Auto und fuhr aus der Stadt auf den Highway. Dort ließ ich mich gehen. Das Geschwindigkeitslimit war zwar 110 km/h aber das interessierte mich wenig. Ich ließ den Jaguar einfach so schnell fahren, dass wenn ein Mensch statt mir in ihm sitzen würde, alles verschwommen sehen würde. Nach dem Vorfall eben würde ich mir eine Pause mit den Frauen machen und ganz einfach nach einem neuen Vampir suchen. Ganz einfach meinen Auftrage erfüllen. Dann hatte ich wenigstens etwas zu machen und müsste nicht die ganze Zeit an Ariana denken. Dafür dachte ich an die Warnung. Die Warnung die ich mit am im Wald bekommen hatte. Weil ich mit Ariana geschlafen habe. Der Himmel sah wirklich alles. Ich dachte, dass ich nie für meine Taten bestraft worden bin, weil der Himmel es nicht sah. Aber jetzt wusste ich, dass das nicht wahr war. Der Himmel hat es immer gesehen, wenn ich die ganze Zeit durch die Gegend gevögelt habe und meine Missionen an die zweite Stelle verlegt hatte. Wieso ich keine Warnung bekommen habe wusste ich nicht. Aber der Himmel wusste alles. Und da war ich mir jetzt sicher.

14. Hell is Heaven without you Baby




Nur damit es keine Verwirrung gibt: Das Kapitel ist wieder Arianas Sicht ;)

6 Monate später



Die laute Musik dröhnte rund um mich herum. Es lief Highway to Hell von AC/DC bei dem ich natürlich laut mitsingen musste. Genevieve hatte Recht, das war wirklich eines der besten Hard Rock Clubs in denen ich seit langem war. In den letzten sechs Monaten hatte sie mich durch die halbe Welt geschleift mich zu den besten Clubs geführt, von denen ich nicht die leiseste Ahnung hatte, dass es überhaupt solche gibt. Dass sie so viel wusste erklärte sie immer damit, dass sie viel herumgekommen ist. Natürlich lag mir dann jedes Mal der Vorwurf auf der Zunge, sie hätte ja gar nicht so wenig Freiheit gehabt wie sie immer betonte, aber ich verkniff es mir immer, weil wir uns ja gerade erst wiedergefunden (oder besser gesagt sie hatte mich gestalkt. Denn mittlerweile habe ich erfahren, dass Gen diejenige war, die damals gegen die Windschutzscheibe von Sams Jaguar geknallt ist und auch sie war die Person, die mit mir im See war, als ich mich vor Sam versteckten wollte). Auf jeden Fall waren wir heute beide in Wien und würden erst in vier Tagen weiterreisen (nach Frankreich übrigens). Seit meinem letzten Besuch in Wien hat sich zwar nicht viel verändert, aber trotzdem war es schön hier wieder her zu kommen. Und dazu kam noch dieser legendäre Club und Gen hatte mir gesagt, dass sie noch zwei andere solche kannte. Das einzige Minus war, dass ich so gut wie fast kein Wort auf Deutsch konnte, was eigentlich nicht wirklich selbstverständlich war, denn ich lebte ja schon so lange auf der Welt und Deutsch war nicht gerade eine unbekannte und unwichtige Sprache. Tja, aber dafür würde ich ja noch genug Zeit haben, schließlich war ich unsterblich…
Der Song ging zu Ende und Redlight King mit Bullet in my Hand war an der Reihe. Zwar mochte ich dieses Lied total, aber trotzdem beschloss ich mich kurz an die Bar zu setzen. Gen hatte ich schon längst aus den Augen verloren. Auf dem Weg zur Bar würde ich so fest gestoßen, dass ich fast auf den Boden fiel. Sauer sah ich auf in das Gesicht eines jungen Mannes mit dunklen Haaren. „Entschuldigung“, murmelte er und wollte weitergehen, doch ich hielt ihn am Arm fest. Er drehte sich um und sah mir ungeduldig in die Augen.
„Was?“
„Tut mir leid ich kann kein Deutsch, aber willst du mir vielleicht einen ausgeben?“, fragte ich auf Englisch und schenkte ihm ein Lächeln.
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich sofort und jetzt sah er aus wie ein lieber Kerl.
„Sicher doch“, sagte er jetzt auch auf Englisch.
Vielleicht war er nicht super attraktiv oder durchtrainiert (das heißt nicht, dass er überhaupt keine Muskeln hatte, doch auf jeden Fall weniger als irgendwelche heißen Filmstars), aber er hatte etwas an sich. Oder auch nicht. Egal. Wir gingen gemeinsam zur Bar und setzten uns auf zwei Hocker. Der Typ lächelte mich süß an.
„Du musst wissen, dass ich schwul bin. Nicht das es dann noch zu Missverständnissen oder so etwas kommt.“
Oh. Tja, naja.
„Das heißt wohl, dass ich dich heute nicht werde ficken können.“
„Nein, eher nicht“, lachte er.
„Macht nichts ich rede gern mit schwulen Typen“, sagte ich und zuckte mit den Schultern.
Er wirkte jetzt wirklich belustigt. Sein Lachen war ziemlich süß. Zu schade, dass er vom anderen Ufer war. Der Süße bestelle uns beiden Cosmopolitans.
„Die nächste Runde geht dann auf dich. Mein Name ist Tom. Und deiner?“
Er hatte einen ganz starken britischen Akzent, was ich immer an Männern liebte. Und das egal ob sie schwul waren oder nicht.
„Ich heiße Ariana. Du bist Brite nicht wahr?“
Er nickte lächelnd.
„Was machst du dann hier in Wien?“
„Ich bin hier zu Besuch.“
Ich nickte nachdenklich.
„Und wie kommt es, dass du Deutsch kannst?“
„Meine Tante wohnt hier und sie war immer ziemlich streng zu uns, wenn es um diese Sprache ging. Sie wollte immer, dass wenn wir sie hier besuchen kommen, uns auch verständigen können.“
Ich lächelte ihn an.
„Wie man sieht hat sie ihr Ziel erreicht.“
Seine Mundwinkel gingen nach oben und er nahm einen Schluck von dem Drink.
„Ja, aber unter welchen Qualen.“
Lachend nickte ich verständnisvoll.
„Deutsch war auch noch nie meine Sprache. Für mich klingt jedes Wort irgendwie, wie ein Befehl.“
Grinsend sah er mich an.
„Wie alt bist du eigentlich? Ich versuche schon die ganze Zeit dein Alter dein Alter zu schätzen, doch das ist unmöglich.“
„Unmöglich? Warum denn?“, fragte ich gespielt verwundert.
„Naja, du siehst so erwachsen und reif aus und gleichzeitig irgendwie jung.“
„Tja, ich bin 20“, antwortete ihm lächelnd.
„Hm. Bin ich auch. Und was machst du hier in Wien?“
Bevor ich jedoch antworte konnte tauchte plötzlich Gen vor mir auf.
„Hii“, sie warf einen genauen Blick auf Tom der sie anlächelte, blickte zwischen uns beiden hin und her und zwinkerte mir zu. Ich fing an zu lachen.
„Nein Gen. Das ist Tom. Er ist schwul.“
„Asoo. Schön dich kennenzulernen“, sie streckte ihre Hand zu Tom.
„Es ist auch schön dich kennenzulernen“, sagte er und schüttelte Gens Hand.
Auf einmal erschien ein süßer Typ, legte den Arm und Genevieve und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie fing an zu kichern.
„Okay Leute ich hau dann mal ab. Ciao.“
Und schon war sie verschwunden. Ich grinste Tom an.
„Tut mir leid. Das war meine beste Freundin Genevieve.“
„Oh du brauchst dich nicht zu entschuldigen, Süße. Sie scheint wirklich toll zu sein. Und vor allem ihr Freund. Ein echtes Schnittchen.“
Ich fing an zu lachen.
„Ja. Sie hat heute einen guten Fang.“
Sein Gesichtsausdruck änderte sich und er sah mich entschuldigend an.
„Also wenn du auch gerne diese Nacht Sex haben willst, kannst du ruhig. Du musst nicht hier mit mir herumsitzen.“
„Ach das ist doch okay. Es wird sogar mal Zeit das ich mir eine kurze Pause mache.“
Er nickte nachdenklich.
„Wieso eigentlich?“
Ich sah ihn verwirrt an.
„Was wieso? Wie sollte ich mir eine Pause machen? Tja, weiß du…“, begann ich ihm zu erklären und er unterbrach mich.
„Nein, nein das meine ich nicht. Soweit ich richtig verstanden habe, vögelst du die meisten Männer die dir unterkommen…“, er machte eine kurze Pause und wartete offensichtlich meine Reaktion ab. Ich nickte langsam.
„Tja, Schätzchen es wird einen Grund wieso du das machst. Und den will ich wissen.“
Etwas schockiert sah ich ihn an. Bis jetzt hatte mich noch nie jemand danach gefragt. Außerdem kannte ich ihn ja erst seit ungefähr fünf Minuten. Oder vielleicht sogar noch weniger. Aber ich hätte es wissen müssen. Schwule Kerle waren wirklich scharfsinnig wenn es um solche Sachen ging. Und wieso eigentlich nicht? Was hatte ich denn schon zu verlieren? Trotzdem trank ich meinen Drink aus und bestellte gleich einen Neuen. Dann wand ich mich wieder Tom zu.
„Es geht um einen Mann.“
„Och erzähl mir nichts über Männer, Schwester!“, er warf dramatisch seine Hände in die Luft, „Hat er dich verlassen?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich…ehm…ich habe ihn verlassen.“
Er sah mich verwundert an.
„Und wieso Kleines? Man sieht doch, dass du darunter leidest. Also wenn er dich betrogen hat, dann Scheiß auf ihn.“
„Nein er hat mich nicht betrogen. Ich weiß ja nicht mal ob wir überhaupt zusammen waren. Aber ich habe ihn verlassen, weil ich mich in ihn verliebt habe…“
„Und was ist denn daran so schlecht Süße?“
„Ich darf mich nicht in ihn verlieben. Außerdem ist verlieben schlecht“, sagte ich trotzig wie ein kleines Kind. Was war denn los mit mir?
„Darf ich fragen, wieso du dich nicht in ihn verlieben kannst?“
Ich schüttelte entschieden den Kopf.
„Und woher hast du deine Meinung, dass verlieben schlecht ist?“
Ich grinste. War das nicht klar?
„Naja, da gibt es so einiges. Liebekummer, Liebekummer, Liebeskummer…“
„Und das ist der einzige Grund für dich?“
„Nein. Aber nach dem anderen darfst du nicht fragen. Punkt.“
Er lachte laut und ich sah ihn fragend an.
„Was ist mit dir? Irgendwelche Männer Dramas?“
„Oh Schätzchen, bis jetzt ist eines hinter mir. Und es stehen noch unzählige vor mir.“
Er nickte mir grinsend zu und hob seinen Drink hoch.
„Na gut. Lass uns anstoßen. Auf die Männer. In die wir uns nicht verlieben dürfen.“
„Und auf Hunderte von Männer Dramas“, lachte ich und stieß mit ihm an.


Au. Scheiße, mein Kopf würde ganz bestimmt gleich explodieren. Ich drehte mich auf die Seite und wollte weiterschlafen, als plötzlich neben meinem Ohr etwas läutete. Ahhh, oh mein Gott, macht das mal jemand aus?!?! Widerwillig schlug ich die Augen auf und sah mich nach dem Ding um. Mein Blick fiel auf das kleine Handy neben meinem Kopf, das wie verrückt läutete und vibrierte. Also mein Handy war das auf jeden Fall nicht. Schnell drückte ich den nervenden Anrufer weg und sank seufzende in mein Kissen. Schon wollte ich weiterschlafen, als ich plötzlich bemerkte, dass jemand sehr laut atmete. Oder vielleicht kam es mir nur laut vor. Auf jeden Fall war es wirklich unglaublich störend und verursachte mir noch mehr Kopfschmerzen als ich schon hatte und verunmöglichte mir das Schlafen. Träge setzte ich mich auf und sah mich langsam um. Wo war ich eigentlich? Das Zimmer war mir auf jeden Fall undbekannt. Und auch das Bett in dem ich lag. der Raum war total verschmutzt und es sah so aus als wäre hier die größte Party des Jahrhunderts gefeiert worden. Was war denn gestern Abend zum Teufel passiert? Ich war in der Bar und da habe ich jemandem getroffen. Ahja, ich habe Tom getroffen, den schwulen Kerl. Tom! Wo war er!? Hoffentlich lebte er noch, schließlich muss er ja auch ungefähr so viel wie ich getrunken haben, falls wir den ganzen gestrigen Abend zusammen waren. Und ich glaube ich habe schon irgendwann einmal erwähnt, dass es sehr schwierig ist, sich als Vampir zu betrinken. Panisch sah ich mich noch einmal um, nur diesmal genauer. Huh, er lag auf dem Boden und atmete. Erleichtert, dass er nicht gestorben war, legte ich mich wieder auf das Kissen und versuchte mich an mehr zu erinnern. Also, der schwule Kerl. Ich hab ihn an der Bar kennengelernt. Ich weiß noch, wie wir uns unterhalten haben und dann ist ja plötzlich Genevieve mit einem Typen aufgetaucht. Die beiden sind gegangen und wir haben noch ein bisschen in der Bar gesessen dann sind wir auch gegangen. Ab da hatte ich einen Riss. Ich wusste weder, wohin wir gegangen sind noch was wir dort gemacht haben. Vielleicht sollte ich Gen anrufen? Ich wusste zwar nicht ob sie überhaupt mit uns dabei war und hier in diesem Zimmer war sie auch nirgends zu entdecken, aber vielleicht könnte sie mir doch helfen. Ich nahm das Handy, dass auf meinem Bett lag. Es war ein HTC Evo und gehörte auf jeden Fall nicht mir. Vielleicht war es ja Tom seines. Als ich es entsperren wollte kam die Anzeige, dass ich ein Muster ziehen musste um es zu entsperren. Genervt seufzte ich auf und schmiss das Handy auf den Boden. Dann rappelte ich mich langsam vom Bett auf. Ich ging zu Tom rüber und kickte ihn mit meinem Fuß. Er stöhnte auf, machte kurz die Augen und schlief dann wieder weiter. Ich kickte ihn nochmal mit dem Fuß.
„Tom steh auf! TOM AUFWACHEN!“
Er schlug die Augen auf und sah mich an.
„Was ist denn?“, fragte er genervt.
„Komm steh auf“, ich hielt ihm meine Hand hin.
„Aber wieso?“, jammerte er und ergriff meine Hand.
Ich half ihm hoch und ging zum Bett. Dann deutete ich an, dass er sich neben mich setzten sollte. Schwerfällig ließ er sich neben mir fallen und massierte seinen Kopf.
„Weißt du vielleicht, was letzte Nacht passiert ist?“, fragte ich ihn.
Tom schüttelte den Kopf.
„Ich habe keinen Schimmer.“
Ich seufzte.
„Weißt du wenigstens wo wir sind?“
Er sah sich kurz um und riss dann plötzlich seine Augen weit auf.
„Scheiße!“
Er stand panisch auf nur um sich dann an den Kopf zu fassen und wieder aufs Bett zu fallen.
„Was ist denn?“
„Das ist die Wohnung meiner Tante. Wenn sie das hier sieht wird sie mich umbringen und lässt mich nie wieder hier bei ihr wohnen! Wie spät ist es? Wo ist mein Handy?“
Ich hob es vom Kissen auf und gab es ihm.
„Ich glaube jemand hat dich angerufen.“
Er sah auf den Bildschirm.
„Das war meine Tante. Scheiße, es ist fast Eins! Sie kommt in einer halben Stunde! Wir schaffen es nie, das alles hier aufzuräumen“, er zeigte mit der Hand auf das ganze Chaos, das im Zimmer war, „Und wie sollen wir bitte den Gestank wegbekommen?“
Tom stützte den Kopf in seine Hände. Er sah ganz verzweifelt aus. Mir kam eine Idee. Mit meinen Vampir-Kräften könnte ich das alles locker schnell aufräumen. Und den Gestank würden wir auch schon irgendwie wegbekommen. Aber wie sollte ich das denn machen, ohne zu zeigen, dass ich ein Vampir war? Naja, ich wollte Tom nicht im Stich lassen, denn ich mochte ihn irgendwie und außerdem sah er so bemitleidenswert aus wie er so dasaß. Ich stand auf und riss das Fenster auf, dann drehte ich mich zu Tom um.
„Geh und schau dir den Rest der Wohnung an. Ich mach hier sauber und verspreche, dass du nicht reinkommst, bevor ich dir sage, dass ich fertig bin.“
Er sah mich ungläubig an.
„Du denkst du kannst, dass alles hier allein schaffen.“
Ich rollte mit den Augen.
„Ja, klar. Mach einfach.“
Ich drehte mich wieder um und wartete, bis die Tür zufiel. Dann machte ich mich an die Arbeit. Innerhalb fünf Minuten war alles fertig. Ich sah mich stolz auf meine Leistung um. Natürlich war es nicht perfekt, aber ich konnte nicht alles schaffen. Trotzdem sollte Tom dankbar sein. Wirklich unendlich dankbar.
Ich durch die Tür, durch die Tom vorhin gegangen ist und sah mich um. Das war auf jeden Fall das Wohnzimmer oder das Esszimmer. Hier sah es zwar nicht so schlimm aus wie im Schlafzimmer, aber es war ganz sicher nicht sauber.
„TOOM! Wo bist du?“
Er kam durch eine der drei Türen und sah mich fragend an.
„Und wie weit sind wir“
„Was denkst du wohl. Nicht sehr weit. Das Badezimmer ist ganz verschmutzt und es stinkt nach kotze. In der Küche sieht es zwar besser aus, aber ganz sicher nicht in Ordnung. Das Vorzimmer habe ich noch nicht gecheckt. Wie sieht es bei dir aus?“
Ich lächelte ihn an.
„Also, mit dem Schlafzimmer bin ich schon fertig.“
Er sah mich ungläubig an.
„Ja, ja und du denkst das ich dir das glaube, Schätzchen.“
Den Kopf schüttelnd ging er in das Schlafzimmer und stieß einen verwunderten Schrei aus.
„Oh mein Gott, wie hast du das gemacht“, er drehte sich zu mir um, „Also Süße ich glaube du hast ein Problem. Du putzt auf jeden Fall viel zu viel, wenn du so etwas in gerade mal, in wie viel, fünf Minuten machst.“
Ich fing an zu lachen.
„Geh du ins Badezimmer ich mach den Rest.“
Noch immer seinen Kopf schüttelnd ging er aus dem Raum. Schnell putzte ich auch das Wohnzimmer die Küche und das Vorzimmer und sah meine Arbeit an. Es war unmöglich die Flecken aus den Vorhängen zu kriegen, denn dazu müsste man die Waschmaschine einschalten und dazu hatten wir nicht genug Platz Zeit, aber wenigstens war jetzt alles ansehnlich. Zufrieden sah ich mir noch einmal mein Werk an dann ging ich nachschauen ob Tom wohl auch schon fertig war. Gerade als ich die Badezimmertür aufmachen wollte öffnete sich diese und mein schwuler Freund kam heraus. Fragend sah er mich an.
„Und? Wie sieht es aus? Hat die Putzfee ein bisschen mit ihrem Zauberstab herum gewedelt und schon war alles perfekt sauber?“
Ich lächelte.
„So könnte man es ausdrücken.“
Lachend umkreiste Tom mich und sah sich die Wohnung an. Man konnte erkennen, dass er schwer beeindruckt war.
„Zufrieden?“
Er drehte sich zu mir um und grinste mich breit an.
„Es sieht fast so aus wie vorher! Natürlich bin ich zufrieden! Ich kann nicht glauben, dass du das so schnell geschafft hast. Was ist dein Geheimnis?“
„Pff. Es gibt kein Geheimnis. Das ist reine Kunst.“
Während Tom noch immer über meine „Kunst“ staunte viel mir etwas ein. Ich habe mein Handy nirgendwo gesehen.
„Hey, Tom. Hast du vielleicht ein Handy im Badezimmer gefunden oder auch irgendwo anders?“
„Nein. Hast du deins verloren?“
„Ich weiß nicht. Aber in der Wohnung ist es nicht. Kann ich mal dein Handy benutzten? Ich werde Gen anrufen vielleicht wird sie sich an etwas von letzter Nacht erinnern können.“
Tom gab mir sein HTC. Schnell tippte ich Genevieves Nummer ein. Nach zweimal klingeln hob sie endlich ab.
„Hey, Gen. Ich bins Ariana. Wo bist du?“
„In unserem Hotel. Aber wo bist du?“
„Ach ich bin bei Tom und habe keinen Plan was gestern Abend passiert ist. Hast du vielleicht mein Handy?“
„Was? Dein Handy? Nein, glaube nicht, aber ich schau einmal nach. Und du komm her.“
Plötzlich hörte ich im Hintergrund eine Männerstimme etwas murmeln.
„Sei leise, Lu..ehm..David. Also kommst du jetzt her oder nicht?“
„Ich bin in 20 Minuten da.“
Ich legte auf und gab das Handy Tom zurück der mich erwartend ansah.
„Was hat sie gesagt?“
„Gar nichts. Sie hat nur gemeint, dass ich herkommen solle.“
Er nickte langsam und ich lächelte. Irgendwie breitete sich eine peinliche Stille zwischen uns aus. Nach geschätzten 30 Sekunden wandte ich mich ab.
„Also ich geh dann mal. Der Abend war schön. Also auf jeden Fall das, an was ich mich noch erinnern kann.“
Tom nickte und streckte mir die Hand entgegen.
„Man sieht sich.“
„Das hoffe ich doch“, lachte ich und machte Anstalten die Wohnungstür aufzumachen.
„Warte ich komme mit“, sagte Tom plötzlich.
„Sicher?“
Er nickte.
„Ich habe, ehrlich gesagt, sowieso nichts Besseres zu tun.“
Er schnappte sich seine Jacke und wir machten uns auf den Weg zu dem Hotel.

Während wir in der Straßenbahn saßen auf dem Weg zum Grand Hotelbeim Kärtnerring, musste ich plötzlich an Sam denken. Aber so richtig an Sam. In den letzten Monaten habe ich jeden Gedanken an ihn gemieden und genau deshalb trafen mich die plötzlich zurückkommenden Erinnerungen an ihn mit voller Wucht. Der Tag am See. Das Autowaschen. Und plötzlich wurde mir klar, dass Sam von Anfang an versucht hat sich an mich ranzumachen. Irgendwie dumm, dass mir das nicht schon früher aufgefallen ist. Um mich abzulenken wandte ich mich zu Tom der nachdenklich aus dem Fenster der Straßenbahn schaute.
„Wir werden gleich aussteigen müsen.“
Er sah im ersten Moment etwas verwirrt aus aber dann fing er sich wieder.
„Aber hier gibt es doch gar kein Hotel in der Nähe.“
„Wir werden ja auch umsteigen in die U1.“
„Okay, Süße.“
Dann sah er wieder aus dem Fenster und die Unterhaltung war damit beendet. Na gut, okay, wenn er nicht reden wollte mussten wir auch nicht reden. Bis ins Hotel hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Dieses Hotel war eines der teuersten Hotels der Stadt und das sah man sofort. Ich führte Tom zu meinem und Genevieves Zimmer, dann klopfte ich an. Nach ein paar Sekunden machte jemand auf. Aber es war nicht Gen die aufgemacht hatte. Auch nicht ein Mann. Nein, es war einfach und höchstpersönlich Luzifer. Ein Luzifer der nur in Boxershorts und einem engen T-Shirt vor mit stand und mich angrinste, während hinter ihm eine sichtlich verschämte Gen stand. DAS hatte ich jetzt wirklich nicht erwartet.

15. Ich glaube ich sollte mal schwere Geschütze auffahren



Meine Kinnlade klappte herunter und ich konnte nicht mehr aufhören zu starren. Da war ich also. Ich stand vor dem Teufel. Vor dem Teufel in Boxershorts! Einige Sekunden lang konnte ich keinen Muskel bewegen und ich hätte fast vergessen, dass Tom hinter mir stand bis er sich räusperte und mich aufschrecken ließ. Ein paarmal sah er zwischen Luzifer und mir hin und her dann schaute er mich mit hochgezogenen Augenbrauen fragend an. Höchstwahrscheinlich dachte er, dass der Teufel, der Mann war, von dem ich ihm Gestern erzählt habe. Aber natürlich wusste mein neuer schwuler Freund nicht, dass gerade der Herrscher der Hölle grinsend vor ihm stand. Unfähig ein Wort zu sagen ging ich einen Schritt zurück, nahm Tom an der Hand und zog ihn weit möglichst in den Gang zurück. Sekunden später bereute ich schon das getan zu haben, denn schließlich war es nicht sehr höflich dem Teufel gegenüber. Aber, naja, ich hatte aus Impuls gehandelt. Ein erneutes Räuspern von meinem Freund ließ mich wieder aufschrecken. Verwirrt wandte ich mich ihm zu.
„Tom…ehm…könntest du bitte nach unten in die Lobby. Auf der…ehm… auf der rechten Seite führt ein Gang…ein Gang zu dem Restaurant. Dort kannst du Frühstücken. Es gibt ein Buffet…eh…Cornflakes und alles was du willst“, stotterte ich und fing an ihn in Richtung Treppe zu schieben. Ich wollte ihn nicht so etwas mit reinziehen. Schließlich hatte er keine Ahnung wer ich eigentlich war und ich kannte ihn erst einen Abend lang, von dem ich die Hälfte vergessen hatte. Aber auch wenn es nicht so wäre und er ein gute langer Freund wäre der alles über meine Welt weiß, ich würde ihn trotzdem wegschicken. Doch Tom bremste ab.
„Hey, hey, warte Süße. Ist alles okay mit dir? War das dein…?“
Er sah mich fragend an ohne das Wort Ex auszusprechen. Plötzlich bekam ich einen unglaublichen Drang um zu lachen, doch ich hielt mich zurück denn das wäre in diesem Moment total daneben gewesen.
„Nein, nein. Aber du solltest wirklich runter gehen und etwas Frühstücken. Und lass dir ruhig Zeit. Viel Zeit. Bis dann.“
Ich beobachtete wie er sich am Kopf kratzend die Treppe in die Lobby hinunterging, dann ging ich langsam wieder zu meinem Zimmer zurück. Einige Sekunden lang starrte ich die Tür an nicht sicher was ich tun sollte. Tausende Fragen stürmten durch meinen Kopf, von denen eine die wichtigste war. Was zum Teufel machte Luzifer hier?! In einer anderen Situation hätte ich darüber sogar lachen können. Zögernd hob ich meine Hand und klopfte an die Tür. Sofort wurde sie aufgemacht und ich bekam wieder dieses unglaublich außergewöhnliche Bild zu sehen wie vorhin. Nur das Gen jetzt neben Luzifer stand. Er sah mich an und ich versuchte seinem Blick standzuhalten. Langsam spürte ich wieder diese dunkle Macht die von ihm ausging. Nur jetzt kam sie mir irgendwie gedämpfter vor. Mein Blick schweifte kurz zu Genevieve, die mich entschuldigend ansah, aber dann fing Luzifer an zu sprechen und ich wandte mich wieder ihm zu.
„So, so. Wen haben wir denn hier“, er streckte seine Hand zu mir aus, „Wir kennen uns ja schon.“
Ich nahm seine Hand und nickte.
„Komm doch rein Ariana. Ich glaube du bist ein wenig überrascht.
Ein wenig! Das war gut. Der Teufel trat zu Seite und ging wortlos in mein Zimmer. Mein Blick fiel auf das Bett, das aufgewühlt war. Hatte Gen etwa mit Luzifer geschlafen!? Das war doch aber unmöglich, oder. Ich drehte mich zu ihr um und sah sie an. Niemand sagte ein Wort bis sich Luzifer schließlich regte.
„Ich denke, ihr müsst einmal alleine reden. Ich gehe kurz raus und wenn ihr fertig seid klopft einfach.“
Gen sah erschrocken auf.
„Nein! Ehm…ich meine du musst nicht gehen. Wir können doch uns alle zusammen unterhalten.“
Er schüttelte den Kopf.
„Nein, ich gehe. Und ihr werdet reden.“
Luzifer drehte sich um und Gen seufzte resigniert auf. Als er zu Tür raus war sah ich sie erwartungsvoll an. Ich brauchte eine Erklärung. Und viele, viele Antworten. Außerdem konnte ich viel leichter reden, jetzt wo der Teufel nicht mehr da war. Als Genevieve immer noch schwieg übernahm ich die Initiative.
„Was ist los, Gen? Was macht Luzifer hier?!“
„Also…ehm…ich weiß nicht wie ich es dir erklären soll, aber, ehm er hat hier übernachtet“, während sie mir antwortete schaute sie auf den Boden. Völlig fassungslos keuchte ich auf.
„Du hast mit dem Teufel geschlafen?!“
„Also, naja, schon. Aber weißt du, das ist weniger als ein One-Night-Stand sondern mehr etwas Dauerhaftes.“
Meine Augen weiteten sich.
„Du führst mit dem Teufel eine Beziehung!?!?!“
Etwas verschämt nickte sie.
„Kannst mir das bitte irgendwie einmal erklären?!“
Sie nickte erneut und setzte sich auf das Bett. Dann klopfte sie mit der Hand auf den Platz neben ihr. Wütend schnaubte ich auf und nahm mir einen Stuhl, der beim Fenster stand. Bevor ich mich wieder neben sie setzten würde, musste sie mir alles genau erklären. Ich deutete mit der Hand, das sie anfangen konnte.
„Also, du erinnerst dich sicher, wie du mich gefragt hast, was ich in den 80 Jahren ohne dich alles gemacht habe. Naja, jetzt wird es an der Zeit es dir zu erzählen. Der Anfang ist wirklich so passiert, wie du es erfahren hast. Ich bin bei Nathanael gelandet und er hat mich ein halbes Jahr eingesperrt, wegen diesem blöden Pokerspiel.“
„Ja, das weiß ich schon“, unterbrach ich sie. Ich wollte nicht das sie jetzt über Nathan sprach, weil ich es nicht ertragen konnte. Genauso wenig, wie ich es nicht ertragen könnte, wenn sie anfangen würde über Sam zu reden.
„Rede weiter.“
Sie nickte.
„Also, nach diesem halben Jahr hat er mich freigelassen und ich habe natürlich sofort versucht mich mit dir zu kontaktieren. Aber wie du dir denken kannst war das nicht so leicht. Schließlich war ein halbes Jahr vergangen und ich hatte keine Ahnung wo ich dich suchen sollte. Du musst mir glauben ich habe wirklich versucht dich zu finden. Und dann eines Abends in irgendeiner Kleinstadt in Mexiko traf ich ihn.“
„Luzifer?“
„Nicht direkt. Es war Luzifer, aber unter einer anderen Gestalt. Bis heute weiß ich nicht ob es Zufall war, oder ob er mich gesucht hat. Auf jeden Fall war er unglaublich. Wir haben eine Nacht zusammen verbracht und am nächsten Morgen verwandelte er sich zurück in Luzifer. Du kannst dir vorstellen wie erschrocken ich war. So etwas erlebt man nicht jeden Tag. Auf jeden Fall hatte ich extrem Angst, dass er mich umbringen würde oder so etwas in der Art. Aber er hat nur gelächelt und mich gefragt, ob ich mit ihm mitkommen wolle. Natürlich habe ich zugestimmt. Ich meine, wir reden von dem Herrscher der Hölle und ich hatte Angst und…“, sie zuckte entschuldigend mit den Schultern, „Von da an bin ich immer mit ihm auf Reisen gegangen. Jeden Tag dachte ich an dich und dass ich mich mit dir kontaktieren musste, aber ich hatte einfach zu viel Angst. Bis ich langsam zu seiner rechten Hand wurde. Und zu seiner Geliebten. Es hat Jahre gedauert bis es soweit war, aber als es endlich passiert ist hatte ich gefragt ob ich nach dir suchen durfte. Luzifer hat mir ein ganz normales Leben gegeben, wir waren einfach nur Partner ich hatte auch Freunde und eben genauso viel Freiheit wie in einer normalen Beziehung, aber als ich nach dir gefragt habe, hat er abgelehnt. Ich habe keinen Schimmer warum. Ein paar Monate später habe ich wieder gefragt und wieder hat er nein gesagt. Ich habe ihn immer wieder gefragt, ich habe die ganze Zeit nie aufgegeben, aber seine Antwort war immer nein. Weißt du, ich habe sogar daran gedacht einfach abzuhauen, aber ich konnte nicht. Das musst du verstehen, ich bin seine rechte Hand und ich liebe ihn.“
„Liebt er dich auch?“, ich musste einfach unterbrechen.
Sie nickte.
„Ich glaube schon. Er hat es mir gesagt.“
„und du glaubst ihm einfach so?“
Erneut nickte sie.
„Ja ich glaube ihm. Und jetzt lass mich weiter erzählen. Also, wie ich schon sagte, seine Antwort war immer nein. Aber letztes Jahr fing er an mich über dich auszufragen. Und dann wollte er, dass ich mich mit dir treffe. Du weißt gar nicht wie froh ich war. Ich habe dich gesucht und gefunden. Das war auch nicht schwer, wenn man unzählige Untertanen hatte die einem dabei helfen. Und als ich dich endlich gefunden habe, habe ich dich erstmals gestalkt. Als dich die Werwölfe entführt haben war das von mir und von Luzifer angeordnet worden. Kannst du dich an die Frau erinnern die Tender einmal mitgebracht hat? Das war ich. Ich wollte erst mit dir reden wenn du dich an dein neues Haus gewöhnt hast. Aber dann hast du es geschafft und bist abgehauen. Und dann, naja, habe ich dich am See mit Sam gefunden. Was uns zu nach Russland führt. Und den Rest kennst du ja. Du musst mir glauben, mir lag wirklich viel an dir und ich kann noch immer nicht fassen, dass du mich wieder aufgenommen hast…“

Sie hörte auf zu reden und sah mich an. Nachdenklich sah ich auf den Boden.
„Das war alles?“
Sie nickte heftig.
„Ja. So habe ich meine 80 Jahre verbracht. Und du hast mir wirklich viel bedeutet! Du bist neben Luzifer das wichtigste für mich!“
Ich hob meine Hand und unterbrach sie.
„Ich verstehe schon. Das klingt wirklich plausible. Ich brauche nur eine kurze Sekunde.“
Sie nickte verständnisvoll.
Meine Freundin war also die Freundin von dem Herrscher der Hölle. Von dem, abgesehen von Gott, mächtigsten Wesen der Welt. Das musste ich erst einmal verdauen. Plötzlich fiel mir was ein. Wenn sie mit Luzifer zusammen war, was war dann mit den ganzen Männern mit denen sie immer abgehauen ist in den letzten Monaten? Ich sah sie fragend an.
„Du hast doch in den sechs Monaten in denen wir wieder zusammen reisen mindestens zweimal die Woche einen anderen gehabt. Hatte Luzifer nichts dagegen?“
Sie lächelte und ich hatte das Gefühl, dass sie mich auslachte. Verständnislos zog ich miene Augenbrauen zusammen.
„Diese Männer waren doch die ganze Zeit Luzifer“, erklärte sie mir, „Denkst du ich würde jemals mit einem anderen schlafen. Das könnte ich nicht. Und er auch nicht.“
Auch wenn ich mir das hätte denken ich können, weil es ja eigentlich logisch war, war ich trotzdem geschockt.
„Das heißt, all die Männer…?“
Sie nickte.
„Dieser Mann gestern…?“
Sie nickte wieder. Plötzlich fiel mir etwas ein.
„Was ist mit diesem Mann, den ich fast geküsst hätte. Der mit dem die ganze Nacht getanzt und getrunken habe. Du hast doch die vorige Nacht mit ihm geschlafen. War das auch Luzifer?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Das war nur irgendein Kerl. Lu hat die vorige Nacht nur seine Gestalt angenommen.“
Ich atmete erleichtert aus. Es wäre wirklich ein Schock für mich gewesen, wenn ich einen ganzen Abend mit Luz…Moment! Mein Kopf schellte hoch zu Gen.
„Lu?“
Ihr Kopf lief rot an.
„Ja, ich nenne ihn Lu. Die beste Abkürzung die es gibt“, sie zuckte mit den Schultern und lächelte. Aber ich konnte mich nicht zurückhalten und lachte laut los. Verwundert über meine Reaktion.
„Tut mir leid, aber ich finde einfach, dass Lu kein passender Name für den Herrscher der Hölle ist“, sagte ich entschuldigend als ich mich endlich eingekriegt hatte.
„Naja, das stimmt schon. Aber Luzifer ist nun mal kein kurzer Name. Aber nicht alle nennen ihn so. Nur seine engsten Personen dürfen das. Ich würde ihn also an deiner Stelle nicht Lu nennen.“
„Das hatte ich auch nicht vor.“
Ich würde Luzifer doch nicht mit Lu abkürzen. Das wäre doch als ob ich Gott mit…okay es gab keine Abkürzung für Gott, aber ihr versteht was ich meine. Während ich noch immer vor mich hin schmunzelte, ist Gen ernst geworden und sah mich lange an.
„Also verzeihst du mir?“
„Natürlich. Es gibt ja nicht einmal etwas was ich dir verzeihen sollte. Ich verstehe dich. Außerdem könnte ich nie lange auf meine beste Freundin sauer sein, auch wenn sie noch so lange verschwindet“, antwortete ich ihr nach einer kurzen Weile Schweigen.
Sichtlich erleichtert stand sie auf und umarmte mich unsicher. Ich drückte sie fester an mich. Nach einer halben Ewigkeit lösten sie sich aus der Umarmung uns ließ sich wieder auf das Bett fallen. Ich legte mich neben sie.
„Weißt du Gen, ich hätte nie erwartet, dass du Mal in einer festen Beziehung stecken würdest“, sagte ich halb belustigt und halb ernst.
Sie seufzte laut.
„Jaa. Ich hätte es auch nie erwartet. Ich glaube ich habe mich etwas verändert. Aber weißt du was? Du hast dich auch verändert.“
Verwundert setzte ich mich auf.
„Wie meinst du das?“
Genevieve zuckte mit den Schultern und schwieg, aber ich wollte das jetzt wissen.
„Wie habe ich mich verändert?“
„Ach, naja, du bist menschlicher geworden“, sagte sie nach kurzem Zögern.
„Menschlicher?“
„Ja. Du lässt viel mehr Gefühle zu. Und du sagst auch was du fühlst. Du hast dich verliebt. Die Ariana vor 80 Jahren hätte sich nie verliebt. Sie hätte nie irgendein Gefühl gezeigt. Damals wusste ich nicht einmal ob du mich als eine Freundin ansiehst und liebst oder ob du mich einfach als deine Partnerin ansiehst.“
Geschockt von ihren Worte keuchte ich auf.
„Wie konntest du so etwas denken?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht. Du warst so gefühllos zu mir. Aber jetzt weiß ich, dass ich wirklich deine Freundin bin.“
„Natürlich bist du meine Freundin! Ohne dich könnte ich gar nicht mehr. Du hast ja auch selber gesehen, was passiert ist. Ich, Ariana, habe mich verliebt. Ich brauche dich.“
Genevieve lächelte und umarmte mich noch einmal. Ich war froh jetzt endlich zu wissen was sie alles ohne mich getan hatte. Auch wenn ich so etwas nie erwartet hätte. Nach langem Schweigen, räusperte sich Gen.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei mir
Bildmaterialien: Cover gesaltet von Carry12
Tag der Veröffentlichung: 06.03.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meinen Daddy ^^ Und für carry12 die für mich dieses supergeile cover erstellt hat ;)

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