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Mein Boss - Vom Idioten zum Liebhaber

Die Tage vergingen schnell und draußen wurde es allmählich kühler. In der Agentur herrschte das reinste Chaos. Alle waren in Unruhe. Ich hatte gehofft, dass der Sohn von Mrs. Boullion mir sympathischer erscheinen würde, jedoch hatten Edgar und Jaqueline kein gutes Haar an ihm gelassen. Ich sollte mir dennoch eine eigene Meinung bilden, sagte Jaqueline zu mir, als ich sie gestern in der Cafeteria auf Christian Boullion angesprochen hatte. Sie hatte mich nur mitleidig angeschaut, mir auf die Schulter geklopft und viel Glück gewünscht. »Immer diese Perfektionisten«, dachte ich sichtlich frustriert und bereitete mich auf den morgigen Tag vor. Edgar hatte gesagt, dass wirklich alles perfekt sein musste. Sonst hätte man sich seine Chance bei ihm sofort verspielt. Im Gegensatz zu meiner Wohnung war ich sehr stolz auf das Bild was sich mir kurz vor Feierabend geboten hatte. Ich hatte das Gefühl, dass mein Arbeitsplatz noch nie so sauber und geordnet ausgesehen hatte. Schnell verabredete ich mich noch mit Edgar und Jaqueline für den Abend und freute mich, eine kleine Auszeit von der Arbeit zu bekommen.

 

Edgar wohnte gar nicht weit von mir entfernt, nur ein paar Blocks weiter. Ich entschloss mich für einen kleinen Fußmarsch und ging in einem angenehmen Tempo durch die Gassen, welche lediglich durch ein fahles Licht ab und zu beleuchtet wurden. Es war schon recht kalt geworden und der Wind wehte immer stärker. Die letzte Wärme der Sonne wurde schnell verdrängt, als diese unterging. Die Wolken zogen sich immer dichter zusammen und kündigten schon das erste Herbstgewitter am. Ich beschleunigte meine Schritte, zügig durchquerte ich die kleinen Gassen und spürte die ersten fallenden Regentropen auf meiner Haut. In weiter Ferne hörte ich schon das erste Donnern und beobachtete wenig später die grellen Blitze, die Himmel und Erde zusammenführten. So schnell wie das Unwetter kam, so schnell vermehrten sich auch die dicken Regentropfen, die unbekümmert aus den Wolken fielen. Pitschnass und ein wenig durchgefroren kam ich endlich bei Edgars Wohnung an. Lachend musterten Edgar und Jaqueline mich, als ich triefnass in der Wohnung stand. Edgar brachte mir hüftwackelnd ein großes Handtuch, eine Boxershorts und einen weiten rosafarbenen Pullover. Grinsend nahm ich beides entgegen und verschwand schnell im Badezimmer. Kurz darauf saßen wir eng zusammen gequetscht auf seiner Couch und schauten uns einen Film an, tranken Wein und tauschten den neusten Klatsch und Tratsch aus. „Du, ich muss euch unbedingt noch was erzählen“, unterbrach Edgar plötzlich unser hysterisches Geschnatter über Mrs. Boullion. „Also… ich habe mich gestern Abend nach der Arbeit noch mit Raphael getroffen und er ist so toll“, quietschte er vergnügt. Ja, er ist stockschwul. Obwohl ich ja anfangs dachte, dass er und Jaqueline ein schönes Paar wären. Jedenfalls vom äußeren passten die beiden perfekt zusammen. Beide hatten eine sportliche Figur und Straßenköter blonde Haare. „Er ist Polizist! Ist das nicht absolut sexy? Ich stehe auf Männer, die sich in gefährliche Situationen begeben müssen. Seine schwarzen Haare sind so schön lockig. Ich würde am liebsten den ganzen Tag meine Hand hineingraben und sein weiches Haar zwischen meinen Finger gleiten lassen und…ihr müsstet mal…“, schwärmte er träumerisch weiter. Jaqueline nickte uns gewissenhaft zu und grinste. Hier und da sagten wir mal „Toll“ und „Aha“ bis Edgar seine Schwärmerei endlich beendete und wir uns ganz dem Fernseher widmeten. Da sag noch mal jemand, dass Frauen so viel Reden würden.

 

Spät am Abend kletterte ich erschöpft in mein breites Bett, schloss meine Augen und erinnerte mich an meine Anfangszeit bei der Agentur.

 

 

Was ich nicht wusste war, dass ich den Job durch Erpressung meiner besten Freundin bekommen hatte...

Rückblick:

 

Sophie Elbers stolzierte mit erhobenem Haupt durch den Mittelgang der Agentur Graziés. Schnell und auf leichten Füßen durchschritt sie die letzten Meter des Vorzimmers und riss die Tür zu Mrs. Boullion Arbeitszimmer auf, welche gerade genüsslich eine Tasse Kaffee schlürfte. „Miss Elbers, wie schön Sie zu sehen. Was möchten Sie?“, kam es von der strengen Chefin der Agentur tückisch und formte ihre Augen zu schmalen Schlitzen. „Nun, wie Sie wissen habe wir noch eine offene Rechnung zu begleichen. Um auf den Punkt zu kommen: Ich möchte, dass Sie meine beste Freundin, Melanie Anders, als Büroassistentin einstellen“, legte sie ihre Ansprüche klar auf den Tisch. Mrs. Boullion kräuselte ihre Lippen. „Wi-wie können Sie es wagen!“, erwiderte sie aufgebracht, wobei ihr Kopf rot anlief. „Nach 3 Jahren kreuzen Sie hier einfach wieder auf. Ich habe kein Interesse an einer neuen Assistentin“, fügte sie lauter hinzu und schnappte empört nach Luft.

„Es spielt keine Rolle, wie lange das bereits her ist. Ich habe es dennoch nicht vergessen, was sie meinem Vater angetan haben. Sie haben sein ganzes Leben ruiniert!“, kam es scharf von Miss Elbers, welche anklagend auf die Weißhaarige deutete. „Es ist nur eine winzig, kleine Bitte und ich wünsche lediglich, dass sie meiner Freundin einen festen Arbeitsplatz geben. Und bitte lügen Sie mir nicht ins Gesicht. Ich habe meine Quellen, die mir anvertraut haben, dass sie eine neue fähige Assistentin suchen und Melanie bringt alle notwendigen Qualifikationen mit. Ich bitte Sie nicht, dass sie Mel heiraten, nur ihr einen gut bezahlten Job zu geben“, redete sie unverfroren weiter. Knallend landeten die Unterlagen auf den Schreibtisch. „Das ist ihre Bewerbung und sonstige wichtige Dokumente. Sie wird morgenfrüh ihren ersten Arbeitstag bei Ihnen haben. Guten Tag!“, machte Miss Elbers ihr deutlich und verschwand mit klappernden Absatz. Mrs. Boullion zuckte zusammen, als die Tür ins Schloss fiel und widmete sich dann gezwungener Maßen den Unterlagen. Widerwillig durchblätterte sie die Unterlagen und warf einen kurzen Blick auf den Lebenslauf. „Melanie Anders, ihr steckt doch alle unter einer Decke. Ich werde ihr das Leben schon erschweren. Sie begibt sich auf dünnes Eis“, murmelte sie fies vor sich hin und versank dennoch sichtlich beeindruckt in der Bewerbung.

 

Meine Anfangszeit hatte es in sich. Schon der erste Tag war mit reinsten Chaos verbunden und auch die folgenden Tage waren nicht immer einfach gewesen.

Rückblick:

Ich sprang eilig aus dem Taxi. „Verdammte Scheiße! Das ist jetzt echt nicht wahr!“, fluchte ich laut. Ich versuchte mir vergeblich den feuchten Hundekot von meinen neuen Pumps zu streichen und dabei den Latte Macchiato zu balancieren, damit nichts verschüttete. Mit meiner freien Hand fischte ich ein Taschentuch aus meiner schwarzen Lederhandtasche und wischte mir den letzten Dreck vom Schuh. Angewidert stieß ich die stinkende Großstadtluft Luft vermischt mit Hundekotgeruch aus. Heute war mein erster Arbeitstag in der Werbeagentur Graziés und nichts wie geplant.

 

Am Abend zuvor hatte ich mir bereits den heutigen Morgen zu Recht gelegt. Zeitig aufstehen, frisch geduscht und angekleidet einen Latte Macchiato beim Starbucks um die nächstgelegene Ecke besorgen, in das wartende Taxi steigen und in Ruhe zur Agentur fahren. Aber nein! Ich überhörte meinen Wecker und musste die tägliche Dusche in Rekordzeit erledigen. Das einzig Positive war, dass meine Kleidung schon zurecht gelegen hatte, welche ich am vorherigen Abend mit Bedacht gewählt hatte. Durchgeschwitzt und unzufrieden kam ich dann in das Starbucks gerannt. Draußen hupte schon der genervte Taxifahrer und ausgerechnet jetzt trat ich auch noch in einen Hundehaufen.

Wütend stampfte ich in das Hochhaus und warf das Taschentuch in den nächstbesten Mülleimer. Ich grüßte höflich die Frau im Eingangsbereich und schlüpfte noch schnell in den Fahrstuhl, dessen Türen sich gerade schlossen, was mir zwei genervte Augen Paare einbrachte. In der fünften Etage angekommen, richtete ich schnell mein dunkelblaues Kostüm und lief nervös durch den langen Gang, welcher sich hinter einer Glastür befand. Rechts und links befanden sich viele Büros und es herrschte schon reges Treiben. Mit neugierigen Blicken wurde ich verfolgt. Zügig durchschritt ich den langen Mittelgang und verschwand hinter der nächsten mattierten Glastür. Unsicher durchquerte ich das Vorzimmer und lief hinüber zum Arbeitszimmer meiner neuen Chefin Mrs. Boullion. Zaghaft klopfte ich an die Tür und wartete auf Einlass. „Herein!“, kam es laut von Mrs. Boullion und ich folgte der Anweisung.

„Miss Anders! Da sind Sie ja endlich. Heute ist Ihr erster Arbeitstag. Es schickt sich nicht unpünktlich zu erscheinen!“, begrüßte die weißhaarige, ältere Dame mich schnippisch. „Es tut mir wirklich sehr leid. Ich habe heute Morgen meinen Wecker überhört. Es wird nicht wieder vorkommen“, sagte ich entschuldigend und blickte auf den dunklen Parkettboden.

„Das hoffe ich auch für Sie! Kaufen Sie sich ein Hörgerät, falls etwas nicht mit ihren Ohren stimmt! Was ist das?“, blaffte sie mir entgegen. Ich folgte ihrem Blick zu meiner linken Hand, in welcher sich mein wahrscheinlich kalter Latte Macchiato befand. „Mein Latte Macchiato“, erwiderte ich konziliant.  „Nun, ab Morgen bringen Sie mir einen Cappuccino mit. Nicht zu heiß, mit Soja Milch und etwas Zimt. Ich begnüge mich vorerst mit Ihrem Latte Macchiato und jetzt an die Arbeit Edgar wird Sie gleich einweisen. Da Ihre Einstellung sehr kurzfristig war“, antwortete sie mir falsch lächelnd. Ich überreichte ihr zögerlich meinen geliebten Latte Macchiato und stieß frustriert die Luft aus meinen Lungen. „Ist noch etwas?“, fragte Mrs. Boullion mit forschenden Augen. „Nein, nein“, sagte ich höflich. »Alte Schrulle.« „Gut, Sie können gehen.“ Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln und flüchtete aus dem Arbeitszimmer. 

 

Ich saß gelangweilt auf meinem Bürosessel und sortierte Akten. Das weiße Vorzimmer mit dem dunklen Boden, einem großen Schrank und mit meinem Arbeitsplatz, welcher aus einem großen weißen Schreibtisch, einem schicken PC, einem gemütlichen, dunkelbraunen Sessel und einigen Schränken bestand, hatte wenig Charme. Ich nahm mir vor irgendwann rote Gardinen vor das Fenster zu hängen, um ein wenig Farbe in diesen Raum zu bringen.

 

 

Ich versuchte meine Augen so gut wie möglich aufzuhalten, damit ich bei der Arbeit nicht einschlief. Ungewollt fielen meine Augenlieder immer wieder hinunter, so sehr ich mich auch anstrengte sie oben zu lassen. »Ich brauche unbedingt Koffein.«

Edgar hatte mich vorhin rasant in meine zukünftigen Tätigkeiten eingewiesen. Anrufe entgegen nehmen, Termine überwachen, sonstige Tätigkeiten mit dem PC  und selbstverständlich alle Wünsche von Mrs. Boullion schnell und fehlerfrei erledigen. Hauptsächlich das Organisieren von Mrs. Boullions Leben. »Wie aufregend.«

Edgar hatte mir erzählt, dass die letzte Assistentin zu faul und zu unfähig gewesen war und den Druck nur eine gute Woche standhielt. Ich summte gelangweilt vor mir hin, um mich abzulenken, als plötzlich das Telefon klingelte. »Mist! Welchen Knopf muss ich noch mal drücken, um das Gespräch entgegen zu nehmen?«, grübelte ich vor mir hin und versuchte vergeblich das Gespräch herzustellen. Bis schließlich das Telefon Ruhe gab. »… wird schon nicht so wichtig gewesen sein«, hoffte ich, lehnte mich zufrieden im Sessel zurück und begann sämtliche E-Mails zu kontrollieren. Nach ein paar Minuten tauchte ein hektisch dreinblickender Edgar auf und lief schnurstracks in das Büro von der alten Schrulle. Ein junger Mann im Alter von fünfundzwanzig Jahren mit einem unvergleichbaren Klamottengeschmack. Ich glaube er gibt der Mode irgendwann nochmal eine neue Bedeutung. Bei der Einweisung erzählte er mir dann auch prompt, dass er stockschwul war. Seine Lieblingsfarbe war natürlich knallpink. Ein Outfitteil war mindestens in der Farbe zu definieren. Stolz hatte er mir verkündet, dass er bereits die Hand von Leonardo DiCaprio geschüttelt hatte. Als sein blonder Kopf wieder in meinem Sichtfeld erschien, fing ich ihn schnell ab. „Edgar, warte mal!“, rief ich quer durch das Vorzimmer von Mrs. Boullion. „Sag mal könntest du mir noch mal schnell das Telefon erklären? Apropos, wann habe ich eigentlich Mittagspause? Ich brauche unbedingt was zu trinken“, plapperte ich feucht fröhlich weiter, als er galant auf mich zu kam. „Die Mittagspause ist in ein paar Minuten, also um 12 Uhr. Bis dahin kann ich dir noch mal fix das Telefon näher bringen und dann gehen wir gemeinsam runter“, sagte Edgar freundlich zu mir. »Wenigstens einer.« „Einverstanden, Danke“, ergriff ich das Wort und strahlte ihn an.

 

„Komm wir müssen uns in die kleine Schlange vor der Theke einreihen“, ordnete Edgar mich an, als wir die dritte Etage fuhren, wo sich die Essensausgabe für die Mitarbeiter befand. Er zog mich ungeniert hinter sich her. „Was gibt es denn zu essen?“, fragte ich Edgar nebenbei. „Nudelauflauf mit Putenfleisch oder einen Kürbis-Möhren Auflauf.“ „Lecker, Nudelauflauf mit Putenfleisch“, rief ich erfreut aus, mir lief das Wasser im Mund zusammen. Mein Vorgänger drehte sich um und schaute mich missbillig an. Ich schnappte mir ein sauberes Tablett und wartete bis ich an der Reihe war. Am Ende der Theke fand ich Getränke, darunter auch eine Kaffeemaschine. »Zum Glück! Wenigstens etwas«, jubelte ich innerlich, zapfte mir einen Kaffee und setzte mich gemütlich zu Edgar und einer Brünette.

„Melanie? Das ist Jaqueline. Jaqueline - Melanie.“, stellte uns Edgar einander vor. Sie reichte mir ihre rechte Hand, die ich dankend entgegen nahm. „Ich habe gehört, dass du den begehrten Job bei Mrs. Boullion im Vorzimmer ergattert hast. Meinen Glückwunsch!“, sie nickte mir anerkennend zu.  „Danke“, nuschelte ich wenig erfreut.

 

Nachdem wir in Ruhe gegessen hatten und ich endlich meinen Kaffee genossen hatte, machten wir uns zurück an die Arbeit. Wieder klingelte das Telefon und diesmal konnte ich es ohne große Probleme schnell annehmen. „Guten Tag, Werbeagentur Graziés Mrs. Boullions Assistentin“, ratterte ich problemlos runter.  „Guten Tag, Mr. Harfert hier. Ich brauche einen Termin mit Mrs. Boullion. Ich habe ein wichtiges Anliegen. Am besten wäre es Morgenfrüh. Sagen wir so gegen neun Uhr“, schilderte er mir. Ich öffnete den virtuellen Kalender von meiner Chefin auf dem Desktop und vereinbarte einen passenden Termin. Der restliche Arbeitstag ging schnell vorüber. Weitere Termine gesellten sich zu den anderen, wodurch sich ihr Kalender allmählich füllte. Vor meinem Feierabend druckte ich noch schnell den Terminplaner für meine Arbeitsgeberin aus. Anschließend fuhr ich den PC runter, schaltete nebenbei den Desktop aus und legte den Plan auf eine gut sichtbare Ablage, welchen Mrs. Boullion dann mitnehmen würde.

 

Ich stieg in mein wartendes Taxi und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung. Vor meiner Wohnungstür wartete Sophie Elbers, meine beste Freundin. Sie grinste mir entgegen und umarmte mich freundschaftlich. „Na Süße, wie war dein erster Arbeitstag?“, fragte sie mich aufgeregt.

Ich schloss die Wohnungstür auf und plapperte drauf los, was für eine Furie Mrs. Boullion wäre, wie mein erster Tag verlief und was sonst so geschehen war. Nach einem Film und einer Flasche Sekt später ließ mich Sophie allein. Ich machte mich bettfertig und gähnte einmal herzhaft. Wenig später fiel ich in einen traumlosen Schlaf.

 

Dieses Mal wachte ich pünktlich um 7 Uhr auf. Das Piepsen des Weckers ließ mich genervt die augenverdrehen. Ich warf meinen Nerv tötenden Wecker an die Wand und stand müde und augenreibend auf. Ich tat das, was zu erledigen war, richtete meine langen schwarzen Haare, schminkte dezent meine himmelblauen Augen und lief wieder zum Starbucks um die Ecke.

„Hallo Ralph“, grüßte ich den übergewichtigen Enddreißigjährigen Mann an der Theke.

„Morgen Mel“, grüßte er zurück. „Ich brauche einen Latte Macchiato und einen Cappuccino mit Sojamilch und Zimt.“ „Zimt? Wir haben keinen Zimt. Tut mir leid Mel.“ „Oh… ja dann muss es halt ohne gehen.“ Bewaffnet mit einem Latte und einen Cappuccino stieg ich ins Taxi und kam wenige Minuten später bei der Werbeagentur an. Im fünften Stock klopfte ich bei Mrs. Boullion an der Tür. „Kommen Sie rein!“ Mit einem Schwung öffnete ich die Tür und überreichte meiner Chefin ihren Cappuccino. „Es tut mir leid, aber beim Starbucks gab es keinen Zimt mehr.“ „Ich nehme an, dass Sie wenigstens an die Soja Milch gedacht haben?“, raunte sie mir entgegen. Ich nickte und wollte mich umdrehen. „Warten Sie. Ich trinke meinen Cappuccino denn noch nicht ohne Zimt. Ein Supermarkt befindet sich hier gleich um die Ecke und etwas flott ich trinke meinen Cappuccino nicht kalt!“, beklagte sich die Weißhaarige im scharfen Ton bei mir und wandte sich wieder ihren Aufgaben zu. Mit diesen Worten im Kopf verließ ich letztendlich wieder die Agentur und machte mich auf den Weg zum nahegelegten Kaufhaus. Nach 5 Minuten Fußmarsch fand ich endlich das erwünschte Lokal. Ich durchforstete die Reihen nach dem herbeigesehnten Zimt. Nachdem ich mich endlich wieder auf den Rückweg machte, sprang ich schnell in den nächst gelegenen Starbucks, weil ich damit rechnete, dass der Cappuccino gleich kalt war und ich nochmal losgehen müsste, um einen neuen zu besorgen. Nach dem auch das erledigt war, ging ich zurück zur Werbeagentur. Ich lief durch den langen Mittelgang, schnell durch das Vorzimmer, wo sich mein Arbeitsplatz befindet und stieß die Tür auf. „Miss Anders! Da sind Sie ja endlich! Sie haben mir nicht gesagt, dass ich um neun Uhr Mr. Harfert empfangen muss!“, schimpfte sie. „T-tut mir leid, das habe ich komplett vergessen, als Sie mich losschickten, um Zimt zu besorgen. Außerdem dachte ich die für heute, zusammengestellte Terminliste würde völlig ausreichen“, stotterte ich und schaute mir den älteren Mann genauer an. Graue Locken, braune Augen, ein schicker Anzug. »Mr. Harfert höchstwahrscheinlich.« Meine Vermutung sollte sich bestätigen. „Sie sollen nicht so viel Denken, sondern Handeln. Das nächste Mal möchte ich vorher wissen, wen ich empfangen muss. Haben Sie wenigstens an einen zweiten Cappuccino gedacht. Dieser ist bereits kalt!“, stocherte sie weiter und wedelte mit dem Cappuccino rum. Ich überreichte ihr den neuen, frischen Cappuccino und die kleine Dose Zimt. „Selbstverständlich“, sagte ich triumphierend. „In Ordnung immerhin etwas und jetzt lassen Sie uns bitte allein“, kam es grummelnd von ihr. Grinsend verzog ich mich aus ihrem Revier.

 

Zwei Tage später saß ich wie gewohnt an meinem Schreibtisch und genoss meinen köstlichen Latte Macchiato. Ich erledigte meine vorgesehenen Aufgaben und schlürfte hier und da an meinem warmen Gesöff. Plötzlich kam ein wichtig aussehender Mann mit Aktenkoffer durch das Vorzimmer und steuerte auf das Büro meiner Chefin zu. „Halt! Da dürfen Sie nicht rein. Mrs. Boullion befindet sich in einer wichtigen Besprechung“, versuchte ich ihn aufzuhalten. „Ich habe bereits vor ein paar Tagen versucht anzurufen, um Margaret zu informieren, dass ich ihr einen Besuch abstatten werde“, kam es prompt zurück. »Margaret? Oh nein, das missglückte Telefonat.« „Nun, so wichtig kann Ihr Anliegen nicht sein. Sonst hätten wir uns sicherlich gesprochen, wenn Sie es nochmal einige Minute später versucht hätten“, entgegnete ich schnippisch. „Ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Ich habe keine Zeit, um ständig an einem Telefon zu hängen, um endlich einen Termin zu bekommen, wenn hier bei der Agentur alle Pause machen.“

 

„George! Was machst du denn hier? Meine Assistentin hat mich über dein Kommen gar nicht informiert. Könntest du kurz draußen warten? Ich brauche noch kurz und komme dann sofort zu dir. Dann können wir gemeinsam einen Kaffee trinken gehen“, vernahm ich die Stimme meiner Chefin, die gerade aus ihrem Büro eilte. »Die Zwei schienen ganz schön miteinander vertraut zu sein. Bis jetzt hatte die alte Schachtel auf jeden Fall noch niemanden in meiner Anwesenheit geduzt. Hoffentlich wird das keine Konsequenzen geben.« Sein plötzliches Auftauchen hatte sie sichtlich überrascht und ich wunderte mich über ihre Freundlichkeit. Sie warf mir noch einen missbilligen Blick zu. Ich wendete mich schnell ab, als ich ihrem finsteren Blick begegnete und vertiefte mich wieder in meine Arbeit. George wartete so lange auf einen der vorgesehenen Stühle. Bis die beiden zusammen die Agentur verließen.

 

Der Rest meiner ersten Woche verging, wie im Flug. Meine Arbeitsgeberin meckerte und wetterte, wo es nur ging. »Wahrscheinlich ist es das Alter«, dachte ich dann oftmals in diversen Situationen. Ich wunderte mich lediglich, warum sie mich nicht mehr auf den Vorfall mit diesem George angesprochen hatte.

 

Am Freitag verließ ich pünktlich das Büro, um mit Sophie ins Kino zu gehen. Ich rannte die letzten Meter aus der Drehtür zum Taxi, als ich plötzlich mit einem gutaussehenden, jungen Mann mit dunkelbraunen Haaren, grünen Augen und einen passgenauen Anzug, welcher seine Muskeln andeutete, zusammen stieß. „Passen Sie doch auf!“, blaffte er, schaute mich angewidert an und ging schnurstracks in die Agentur. »Warum so unfreundlich?« Natürlich sagte ich das nicht laut, sondern murmelte nur ein knappes: „Sorry.“ und verschwand im wartenden Taxi. Ich hatte jetzt besseres zu tun, als mich mit einem unverschämten Mann zu beschäftigen.

 

Eine Stunde später stand ich neu eingekleidet vor dem verabredeten Kino und wartete ungeduldig auf Sophie. Ich sah sie schon von weitem auf mich zu kommen. Ihre blonden Korkenzieherlocken hüpften bei jedem Schritt auf und ab und ein breites Grinsen zierte ihr sommersprossenreiches Gesicht. Im Gegensatz zu mir hatte sie ein paar Pfunde zu viel, aber sie ist keines Wegs hässlich. Die paar Pfunde mehr stehen ihr einfach fantastisch und sie hat das Herz am rechten Fleck. Man muss sie einfach liebhaben. „Hallo Schätzchen“, grüßte sie mich herzlich und gab mir ein feuchtes Küsschen auf die Wange. „Hey, ich habe uns schon zwei Karten besorgt“, erwiderte ich erfreut. „Super, dann lass uns mal schauen, ob der Film wirklich so gut ist, wie jeder behauptet“, quietschte sie und grinste. Wir kauften eine große Tüte Popcorn, eine Bionade und eine Coca Cola. Wir beschlossen uns einen guten Platz auf der Tribüne zu suchen. Die Tribüne war schon ziemlich überfüllt, denn noch fanden wir zwei super Plätze. Der Film handelte von drei verheirateten Männern, die ihre größten Fantasien und Träume in Chicago endlich erfüllen wollten. Die vier dicken Männer hinter uns grölten und lachten die ganze Zeit. Sophie ballte ihre Hände zu Fäusten zusammen und wollte schon aufspringen, als plötzlich der Besitzer des Kinos dafür sorgte, dass die vier etwas leiser wurden. Anscheinend hatte sich schon jemand anderes über die Lautstärke beschwert.

 

Nach dem Kinofilm beschlossen wir noch spontan in der nächsten Kneipe ein Glas Sekt zu trinken, um den Abend ausklingen zu lassen. Wir genossen den Abend und den Sekt und wurden etwas lockerer. Vertraulich erzählte ich dem alten Kneipenbesitzer von meiner Arbeit. Die Lache von ihm war einfach fantastisch. Laut lachend unterbrach er mich des Öfteren, als ich ihm von meinen peinlichen Momenten auf der Arbeit erzählte. Ein waschechter Italiener. Wir verabschiedeten uns herzlich von ihm, als die Uhr schon kurz nach zwölf zeigte und bekamen ein Küsschen und eine dicke, erdrückende Umarmung von ihm. Spät am Abend ließ ich mich wenig später glücklich und erschöpft in mein Bett gleiten.

 

„Miss Anders kommen Sie doch bitte in mein Büro“, kam es von meiner Chefin. Ich hatte jetzt gut einen Monat ohne weitere Zwischenfälle überstanden und hatte mich mittlerweile im Job eingelebt, so dass mir des Öfteren Peinlichkeiten erspart blieben. Mein Alltag fand allmählich seine Ordnung und ich versank nicht mehr komplett im Stress und Chaos. Mir gefiel meine Arbeit. Es machte Spaß und ich verstand mich super mit Edgar und Jaqueline, die mir bei Fragen mit Rat und Tat bei Seite standen. „Nun, wie Sie sehen können bin ich nicht mehr die Jüngste. Ich habe beschlossen, dass mein ältester Sohn Christian die Werbeagentur übernehmen wird. In zwei Monaten wird er meine hochgestellte Position übernehmen“, kam es ungeniert von ihr und schaute mich mit ihren kalten Augen an. »Na danke. Wie lieb von ihm.« „Sie werden bestimmt hervorragend miteinander harmonieren“, fügte sie noch hinzu.

 

Und jetzt lag ich hier und wartete auf den morgigen Tag.

 

Am nächsten Morgen schlüpfte ich in mein schönstes Kostüm, welches meine blauen Augen noch mehr hervorbrachte. Ich legte mir dezent etwas Röte auf die Lippen und schminkte ein wenig meine Augen. Schnell machte ich noch einen Abstecher zum Starbucks und voller Zuversicht betrat ich ein wenig später die Agentur. Dieses Mal nur mit meinen täglichen Latte Macchiato bewaffnet, durchquerte ich wie gewohnt den langen Mittelgang. Meine alte Chefin dürfte ich heute nicht mehr begegnen, deshalb verzichtete ich auf ihren täglichen Cappuccino.

»Wird schon schief gehen«, sprach ich mir gedanklich zu. Noch war niemand zu sehen und ich hatte noch ein paar Minuten Zeit, ehe ich mich meiner Arbeit widmen musste. Genüsslich trank ich mein koffeinhaltiges Getränk und legte mir ein paar Unterlagen zurecht.

 

Kurzdarauf hörte ich hektische Schritte und leises Gemurmel. Als ich aufstand und die Glastür einen Spalt breit öffnete, bot mir ein unvergessliches Bild. Die Angestellten liefen mit schnellen und leisen Schritten durch die Gänge. Alle wuselten hin und her und waren in heller Aufruhe. Manchmal hörte man ein „Schnell, schnell er kommt, er kommt.“ oder „Ich habe gehört er sieht gut aus.“ Plötzlich herrschte Totenstille, die Tür wurde mit einem heftigen Stoß geöffnet und der letzte Angestellte versuchte noch schnell vom Gang zu verschwinden, leider vergeblich. Ich verschwand schnell von der Tür, bevor ich auch noch in seine Schussbahn gelänge, leider konnte ich keinen Blick mehr auf Mr. Boullion erhaschen. Schade. Ich hörte seine Stimme leise, aber eiskalt. „Sie da!“, kam es von Mr. Boullion. „Sofort an die Arbeit. Ich bezahle niemanden, um durch die Gänge zu schleichen!“ Ein kleiner Schauer lief meinen Rücken hinunter. »Das gibt schon mal keine Sympathiepunkte«, dachte ich mir fies.

 

Ich hörte das Öffnen der Glastür und die federleichten Schritte von Mr. Boullion. Er lief schnurstracks an meinen Schreibtisch vorbei und warf seine Anzugjacke auf meine Ablage. „Aufhängen!“, blaffte er. Ich erhaschte einen kleinen Blick auf ihn und mir entfuhr ein lautes „Shit!“.  Augenblicklich drehte er sich zu mir um und schaute mich skeptisch von oben bis unten an. „Ich kenne Sie doch. Sie sind in mich rein gerannt! Natürlich! Was machen Sie hier?“, kam es prompt von ihm. »Auch das noch. Männer merken sich anscheinend doch was.« „I-ich…“ „Jetzt stottern Sie nicht so rum!“, raunzte er.  Ich straffte meine Schultern und schaute ihm selbstbewusst entgegen. „Ich bin ihre persönliche Assistentin. Mrs. Boullion, ihre Mutter hat mich vor etwa einem Monat eingestellt und ja… ich bin ausversehen in Sie rein gerannt. Ich hatte es eilig. Verzeihen Sie“, erwiderte ich mit Unschuldsmiene und bückte mich, um den PC hochzufahren. Er seufzte. „Das darf doch nicht wahr sein“, hörte ich ihn noch leise murren, als seine Schritte verklungen.

Ich tauchte auf und wollte nach meinem Latte Macchiato greifen, welcher verschwunden war. »Mistkerl, na warte!«

Wütend hievte ich seine Jacke auf meinen Arm und hängte sie auf einen Bügel. Das Telefon klingelte, als ich dabei war den Bügel in einen großen, geräumigen Schrank im Vorzimmer zu platzieren. „Hallo, ich würde gerne in einer halben Stunde Mr. Boullion treffen“, hörte ich eine hysterische Stimme auf der anderen Seite des Telefonats. Ich durchforstete schnell den Terminplaner von meinem Boss und erkundigte mich an ihrem Namen. „Gut, Miss Fotter in einer halben Stunde könnten ich Sie noch einbauen.“ Nachdem ich das Telefonat beendete, ging ich zügig die nächsten Termine für meinen Chef durch und betrat kurzdarauf sein Büro. „Sie haben in einer halben Stunde ein Gespräch mit Miss Fotter und später bei Mr. Ilion“, verkündete ich und kniff meine Augen zusammen, als er einen genießerischen Schluck von meinem Latte Macchiato trank. Ich versuchte zu grinsen, aber es ähnelte wahrscheinlich eher einer schlechten Grimasse. Ich musste zugeben, er sah toll aus. Der perfekt sitzende Anzug schmiegte sich an seinen muskulösen Körper. Seine dunkelbraunen Haare lagen mit Hilfe von etwas Haarspray an Ort und Stelle, sein Dreitagebart betonte seine markanten Gesichtszüge und seine schmale Nase. Die wohlgeformten Lippen befanden sich an meinem Latte Macchiato Becher und seine grünen Augen musterten mich neugierig. »Pfh.«

 

Wenig später stolzierte eine knapp bekleidete Frau mit extrem hohen Absätze und wohlgeformten Brüsten vor meiner Nase entlang. „Guten Tag. Ihren Name bitte. Sie brauchen vorher einen Termin, um zu Mr. Boullion zu gelangen“, sprach ich sie an. „Miss Fotter, wir haben telefoniert“, blaffte sie mir entgegen und stolzierte popowackelnd in das Büro meines Chefs. „Hallo mein Süßer!“, vernahm ich die quiekende Stimme noch. Angewidert verzog ich das Gesicht. »Jetzt bestellt er seine Nutten schon an den Arbeitsplatz oder was? Wie niveaulos ist der denn bitte?«, dachte ich empört. Wenige Minuten später vernahm ich lautes Gepolter und nur allzu bekannte Geräusche aus dem Büro. Ich verdünnisierte mich schleunigst zur Mittagspause und holte Edgar aus der Grafikabteilung ab.

„Die hättest du mal sehen sollen! Popowackelnd lief die in das Büro von Mr. Boullion und das quiekende Gestöhne hat man bestimmt in der ganzen Agentur gehört!“, tratschte ich auf den Weg in die Cafeteria. Edgar blieb unbeeindruckt und sagte schließlich: „Ich denke, dass wird noch nicht alles gewesen sein, Schätzchen. Ich hab in der Abteilung gehört, dass er so etwas schon öfters gebracht haben soll in der Firma seines Stiefvaters.“ „Super und soll ich jetzt immer die Vermittlerin seiner Geliebten spielen oder was?“ „So macht es den Anschein“, grinste Edgar und bestellte bei der Frau an der Theke einen Teller voll bunte Gemüsepfanne mit Reis. Ich entschied mich für das Selbe und holte mir noch einen Kaffee mit viel Milch dazu. Wir vertilgten schnell das Essen und erzählten Jaqueline das Geschehene, welche bereits am Tisch saß und kurzdarauf laut schallend lachte. „Lasst uns unseren Chef das nächste Mal spontan überraschen“, brachte sie prustend hervor. »Gar keine schlechte Idee, falls es noch mal dazu kommen sollte.«

 

 

Verschlafen gähnte ich einmal laut und streckte mich. Mit einen Blick auf meinen Wecker stellte ich fest, dass es erst kurz nach sechs war. Nach zehn Minuten rumdösen im Bett und stand ich dann ohne den täglichen Morgenstress auf. Nach einer schönen Dusche und eine halbe Stunde später, zog ich mich schließlich an und legte mir meine silberne Armbanduhr an. Ich stockte. Die Uhr zeigte mir kurz nach halb acht. Ich rannte kurzer Hand zum Tisch und überprüfte mein Handy. »Kurz nach halb acht! Verflucht!«, jammerte ich. Schleunigst rief ich ein Taxiunternehmen an, um mir einen neuen Fahrer zu organisieren, denn das andere war wahrscheinlich schon längst abgefahren. Ich rannte durch die Wohnungstür und stieß mit niemand anderem als meinem neuen Chef Mr. Boullion zusammen, der seinen Finger soeben halb auf der Türklingel platzierte. „Was suchen Sie denn hier?“, stotterte ich überrascht. „Ach, ich wollte Ihnen nur schnell die fristlose Kündigung vorbei bringen. Immerhin sind Sie schon wieder zu spät!“, feixte er. „Da ich gerade sowieso den nächsten Termin in dieser Gegend wahrnehmen wollte, dachte ich, dass ich ihnen den Weg zur Arbeit ersparen könnte.

„Bitte was? Mein Wecker ist stehen geblieben und…“, setzte ich verzweifelt an. „Ja, ja dann kaufen Sie sich halt einen Zweiten. Das läuft so nicht!“, machte er gnadenlos weiter.

„A-aber ich brauche diesen Job. Bitte ich tue alles für Sie.“ „Alles?“, sagte er und funkelte mich mit seinen wunderschönen, grünen Augen an. „Ja, bitte geben Sie mir noch eine letzte Chance!“, jammerte ich ohne jeglichen Hintergedanken. „Gut, Sie kommen Morgen mit mir zu einem Geschäftsessen!“, entschloss er sich plötzlich. „Und jetzt kommen Sie. Ich habe nicht ewig Zeit.“ Ich lief geschockt hinter ihm her und steuerte auf seinen schwarzen Mercedes zu. „...Das wurde aber nicht in meinem Vertrag vermerkt“, konterte ich, als ich ihm noch nicht Folge leisten wollte. Seine Augen fixierten mich, als er sich wieder zu mir umdrehte. „Sie haben gesagt, dass sie alles für ihren Job tun würden. Ich denke, Sie haben keine andere Wahl, als mich zu begleiten“, verdeutlichte er mir meine misslinge Lage. „Aber...“ „Ich dachte meine Mutter hat sie bereits darüber aufgeklärt, dass Sie meine persönliche Assistent in Zukunft sein werden, damit ich bei Geschäftsessen und anderen Pflichtterminen in Begleitung erscheine“, unterbrach er mich abrupt. »Wahrscheinlich damit er nicht mit seinen Verflossenen aufkreuzt«, sagt mir mein Verstand. „Nein sie hat nicht mit mir darüber gesprochen.“ „Nun, dann wissen Sie es jetzt. Also los.“ Nur widerwillig folgte ich ihm zu seinem Auto. »Geschäftsessen«, immer wieder hallte dieses Wort in meinen Gedanken.  »Mit diesem scheiß selbstverliebten, überheblichen, unverschämten, egozentrischen…« „Jetzt steigen Sie schon ein!“, kam es ungehobelt von ihm und unterbrach damit meine innerliche Fluch Parade. „Wo fahren Sie hin?“, fragte ich ihn interessiert. „Einkaufszentrum“, brummte er. „Du brauchst ein Kleid für Morgenabend, weil dort Abendgarderobe Pflicht ist“ Mit einem schnellen Seitenblick fügte er hinzu: „Und vielleicht noch ein paar neue Kostüme.“ Ich schnaufte und verdrehte die Augen, welches er nur mit einem charmanten Lächeln quittierte. „Was ist mit Ihren Termin, den Sie vorhin erwähnten?“ „Nicht so wichtig. Das kann warten.“ „Verstehe.“ »Wer’s glaubt...«

 

Ein paar Minuten später hielt er vor einem riesigen Einkaufszentrum. Ich hüpfte wie ein kleines Kind aus dem Wagen, welches endlich wieder shoppen gehen durfte. Mr. Boullion steuerte auf das erste Geschäft zu. Eine Verkäuferin, die wahrscheinlich schon mehrere Brust OP‘s hinter sich hatte, kam hüftschwingend auf uns zu und schmachtete meinen Arbeitsgeber offensichtlich an. „Bringen sie mir die schönsten Kleider, die sie haben in Größe 36. Das Budget spielt keine Rolle“, sagte er zu ihr, ohne sie eines Blickes zu würdigen. Skeptisch schaute sie mich, zog eine Augenbraue in die Höhe und eilte davon. Kurzdarauf kam sie mit einem großen Stapel auf dem Arm wieder. Wir gingen rüber zu den Umkleiden und ich verschwand mit den ersten Kleidern in der Umkleidekabine. Etliche Kleider und Kopfschüttler später schob ich erneut den Vorhang zur Seite und trat mit einem wunderschönen weinrotes, bodenlanges Kleid hinaus, welches meine schlanke Figur betonte. Ich wagte es nicht, einen Blick auf das Etikett zu werfen. Die Augen meines Chefs funkelten mich unergründlich an. „Wunderschön“, hauchte er. „Das nehmen wir.“ Eine leichte Röte bildete sich auf meinen Wangen und ich drehte mich schnell um, damit er es nicht sehen konnte. Er bezahlte und trug die Tüte, wie ein Gentleman. Passende High Heels in schwarz folgten und ein paar Geschäfte weiter duplizierten sich die Einkaufstüten. Mein Boss suchte mir diverse Kostüme aus, die für mich wahrscheinlich unbezahlbar waren. Das erste Mal sah ich ihn heute lächeln. Ich fragte nach dem Grund für seine Großzügigkeit, daraufhin meinte er nur, dass ich den Ruf seiner Firma nicht in den Dreck ziehen dürfte. Kopfschütteln folgte ich ihm. „Ich denke ich bringe Sie nun zu ihrer Wohnung zurück. Für einen schnellen Friseurtermin reicht die Zeit leider nicht mehr, obwohl es angebracht wäre. Ich hole Sie Samstagabend gegen sieben Uhr ab. Ach und ich hab ganz vergessen Ihnen zu sagen, dass sie morgen meine Verlobte spielen müssen“, kam es unbekümmert von ihm.

„Wie bitte? Spinnen Sie nun vollkommen?“, schnauzte ich. „Ich spiel doch nicht ihre Verlobte. Sie haben ja nicht mehr alle Latten am Zaun! Und dann auch noch diese direkten und indirekten Beleidigungen“ »Zuerst meine Klamotten und jetzt auch noch meine Frisur. Klar ich war eine Weile nicht mehr beim Friseur, weil ich nicht genügend Zeit hatte und mich so in meine neue Arbeit vertieft hatte. Denn noch ist es nicht gentlemanlike so etwas einer Frau ins Gesicht zu sagen«, dachte ich grummelnd und wartete auf seine Antwort. Völlig gelassen drehte er sich zu mir um. „Ich dachte Sie haben eingewilligt, alles zu tun oder habe ich da doch etwas missverstanden?“, sagte er hämisch grinsend.

 

Ich schnaubte empört. „Wie können Sie es wagen...“ „Also bitte ich denke, dass haben Sie sich selbst zu verdanken und fahre ich Sie zu ihrer Wohnung.“

„Mir blieb ja nichts anderes übrig“, beschwerte ich mich. „Ach und bitte tun Sie sich keinen Zwang an. Ich nehme den Bus.“ Mit diesen letzten Worten stolzierte ich davon und riskierte einen Schulterblick, um mich zu vergewissern, dass er meine Ablehnung wahrgenommen hatte. Doch ich sah nur sein kurzes Schulterzucken.

In letzter Sekunde wich ich einem mir entgegen kommenden Passanten aus. Ich wagte einen Blick auf meine Armbanduhr und entschied mich noch einen Friseur aufzusuchen. Meine Haare könnten wirklich etwas Pflege gebrauchen und auf ein paar winzige Zentimeter meiner wundervollen Haarlänge könnte ich auch verzichten. Ich stieg in den nächsten Bus, um zu dem Friseursalon meiner Mutter zu gelangen. Es war schon eine ganze Weile her, dass ich mich bei ihr blicken lassen habe.

 

„Mel, mein Schatz! Ich habe dich so lange nicht mehr gesehen. Erzähl! Was hast du so getrieben?“, kam meine Mutter strahlend auf mich zu und gab mir eine herzhafte Umarmung, in der ich immer Atemnot bekam. Ich holte einmal tief Luft und ging mit ihr hinüber zu einem freien Frisiertisch. „Tut mir leid Mum. Ich habe mich so sehr in meine neue Arbeit vertieft. Ich arbeite jetzt bei Graziés eine Werbeagentur. Ich habe gestern einen neuen Chef bekommen und…“, schnatterte ich drauf los.  Ab und zu gab ich ihr Anweisungen, wie meine Haare am Ende aussehen sollten. Ein wenig später hatte ich wieder kleine erkennbare Stufen in meinen Haaren und eine angenehme Länge. Fröhlich summend lief ich das letzte Stück nach Hause. Meine schwarzen glatten Haare glänzten im Licht der Abendsonne. Meine Jacke zog ich enger um meinen Körper, denn es war schon recht frisch geworden. Ich stampfte die letzten Treppenstufen nach oben zu meiner Wohnung und nahm zwei Stufen auf einmal. Angewurzelt blieb ich stehen. Mir stockte der Atem, als ich die vielen Einkaufstüten vor meiner Eingangstür entdecken konnte und diese ganzen Luxusmarken. Da muss ich die Karte von Mr. Arrogant richtig zum Glühen gebracht haben. Ich grinste vor mir hin und schleppte einzeln die ganzen Taschen mit in meine Wohnung. Nach dem ich die neu erstandenen Blusen sorgfältig auf Kleiderbügeln hängte, folgten die Hosen, welche gefaltet in einen der Schränke verstaut wurden. Das Abendkleid hängte ich an die Vorderseite der Schranktür. Mit einem Glas Wein in der Hand, schaltete ich den Fernseher und machte es mir auf meiner weißen Couch gemütlich. Ich genoss die letzten Sonnenstrahlen, die durch das große Wohnzimmerfenster eindrangen und schlief irgendwann seelenruhig auf meiner Couch ein. 

 

Als ich am Samstagmorgen aufwachte, wurde mir bewusst, dass ich auf meiner Couch eingeschlafen war. Schmerzhaft stöhnte ich auf, als meine Knochen knackten. Mein Nacken war völlig verspannt. Ich schielte auf mein Handy und stellte fest, dass ich eine SMS von einem Unbekannten hatte.

 

Denk an unsere Abmachung.

Ich werde Sie gegen sieben Uhr abholen

und warte unten am Auto.

Sei pünktlich.

Christian Boullion

 

»Hätte ich doch glatt vergessen«, murrte ich trist. Seufzend speicherte ich seine Nummer in mein Smartphone unter „Big Boss“ ein. Vielleicht würde ich sie mal in einem Notfall benötigen. Den ganzen Nachmittag lümmelte ich auf meinem Sofa rum und telefonierte stundenlang mit meiner besten Freundin. Sie erzählte mir noch das Wichtigste aus dem Knigge, damit ich mit meinen Tischmanieren nicht ganz so sehr aus der Menge herausstechen würde. Ich versprach ihr, sie morgens gleich wieder anzurufen und verabschiedete mich. Sie wünschte mir noch schnell viel Glück für den Abend und schickte mir einen Schmatzer durch das Telefon. Schließlich entschied ich mich dazu ein wenig Körperpflege zu betreiben. Ich mischte mir in meiner stilvollen Küche eine Rezeptur für eine Maske zusammen und schmierte sie mir zentimeterdick ins Gesicht. Meine Nägel lackierte ich in einem dunkelrot, passend zu der Abendgarderobe und feilte sie ein wenig zurecht. Eine viertel Stunde später wusch ich mir die Gesichtsmaske ab und strich mit meinen Fingern über meine Wangen, welche sich anfühlten wie ein Baby Po. Ich rasierte mir meine Beine, bis keine Stoppeln mehr zu sehen waren. Kurz vor sechs Uhr duschte ich ausgiebig. Nur in meiner schwarzen Spitzenunterwäsche föhnte ich mir schwarze Haarpracht, bis sie glatt und glänzend über meine Schulter fiel. Ich legte ein leichtes Make-up auf und schminkte meine Lippen rot und meine langen Wimpern tief schwarz. In meinem kleinen Schlafzimmer streifte mir das weinrote, bodenlange Kleid über. Kurz vor sieben schlüpfte ich in meine High Heels, wagte einen letzten skeptischen Blick in den Spiegel, ließ zufrieden die Tür ins Schloss fallen und lief strahlend auf meinen Chef zu, welcher wie erwartet am Auto auf mich wartete. Er musterte mich ausgiebig, als ich auf ihn zukam. Ein kleines verschmitztes Lächeln legte sich auf sein makelloses Gesicht. Wir gingen gemeinsam zu seinem Mercedes hinüber. Er öffnete mir die Beifahrertür und wartete bis ich mich positioniert hatte.

Die Anspannung in meinem Inneren wuchs stetig an. Endlich fuhr er los, ich kaute nervös auf meiner Unterlippe rum und begutachtete Mr. Boullion von der Seite. Er trug einen feinen Smoking und schwarze Anzugschuhe. Zugegeben, er sieht sehr gut aus, aber alle Männer sehen toll aus in Uniformen, denke ich. Schweigsam saßen wir nebeneinander im Auto. Mein Herz sackte mir beinahe in die Hose, als das Auto zum Stehen kam. „Also, denken Sie daran. Wir sind verlobt, das heißt wir kommen zum Du. Wir haben uns bei der Arbeit kennengelernt. Ich bin 30 Jahre alt und du bist 28 Jahre.“ »Der hat doch tatsächlich meine Akte durchforstet.«

„Ja, schau mich nicht so an. Ich habe in deinen Akten geschnüffelt. Beantworte einfach die Fragen, die dir gestellt werden. Wenn du die Antwort nicht kennst, lass dir was einfallen oder wechsele spontan das Thema“, sagte er und stieß die Tür auf. Mein Boss wechselte die Seite, öffnete mir elegant die Tür und hielt mir seine Hand hin. Dankend nahm ich die mir dargebotene Hand an und lächelte ihn etwas unsicher an.

 

 

Das Geschäftsessen fand in einem noblen Hotel statt. Wir wurden von einem Angestellten des Hotelpersonals in einen kleinen Saal geleitet. Mit weichen Knien stakste ich neben Christian her. Er legte seinen Arm um meine Hüfte und dirigierte mich durch die  starrende Meute. Nachdem er mir einige seiner Geschäftspartner vorgestellt hatte und ich ein dutzend männliche Handschüttler entgegen genommen hatte, saßen wir endlich an unseren Plätzen. Innerlich jubelnd, dass ich ein wenig meine Füße entlasten konnte. Vorsichtig schlüpfte ich mit einem Fuß aus meinem Schuh und bewegte ihn etwas. Schon nach kurzer Zeit nahm ich einen unangenehmen Geruch wahr. Ich suchte nach dem Grund, bis ich peinlich berührt feststellen musste, das dieser wahrscheinlich von meinem Fuß ausging. Schnell versuche ich zurück in meinen Schuh zu schlüpften, jedoch kickte ich ihn ausversehen zwischen die Beine meines Chefs. Geschockt schielte ich nach links und rechts und atmete kurz tief durch. Mein Kopf erhitzte sich in Sekundenschnelle. »Shit! Was mache ich denn nur? Ich glaube es hat keiner gesehen«, grübelte ich verzweifelt. Ich beugte mich zu meinen Chef rüber und hüstelte. „… Liebling, ich… könntest du mir meinen Schuh rüber schieben?“ flüsterte ich hinter vorgehaltener Hand. Christian schaute mich verstört an. Doch wenigstens schaffte er es mir den Schuh, ohne einen weiteren Zwischenfall rüber zu schieben. Ich zog ihn schnell wieder über meinen Fuß und flüsterte ein schnelles: „Danke.“

„Für dich tue ich doch Alles mein Engel“, kam es verführerisch zurück. Ich schluckte hart. Schwupps und schon war die Röte zurückgekehrt, welche ich soeben verdrängt hatte. Er schenkte mir ein strahlend weißes Lächeln und legte seine freie Hand auf meinen Oberschenkel. Ich verschluckte mich fast an meiner Suppe und ich glaube meine Röte wurde noch eine Spur dunkler. Empört schnappte ich nach Luft, ließ mir meine Wut jedoch äußerlich nicht an merken. Ich löffelte in Seelenruhe meine Käsesuppe weiter. Löffel für Löffel. Mich durchfuhr ein leichtes Kribbeln, als er auch noch begann mich sanft zu streicheln. Unauffällig versuchte ich seine Hand weg zu schieben. Doch er legte seine immer wieder auf meine. Unsanft stieß ich ihn gegen sein Schiebbein. Mit Erfolg, denn er nahm endlich seine Pranke weg. Doch nachdem der kurze Schmerz vergangen war, spürte ich wieder seine warme Hand auf meinem Oberschenkel ruhen. »Zum Glück habe ich mir ein langes Kleid ausgesucht«, sprach ich innerlich zu mir. »Nicht mehr lange, dann kann ich mich wieder in Ruhe in meine Arbeit stürzen« Ich versuchte irgendwann mit meiner freien Hand seine Linke wegzuschieben, die anfing sich zu bewegen. Unberührt streichelte er mich weiter. „Miss Anders Sie sind also die Verlobte von Mr. Boullion. Wie haben Sie sich denn kennengelernt? Ich denke, dass würde uns alle brennend interessieren!“, fragte mein Gegenüber mit Hornbrille. „Ja, genau erzähl mal Schatz“, vernahm ich rechts von mir. „Ja… also…“, zögerte ich und warf Chris giftige Blicke zu. „Jetzt sei doch nicht so schüchtern Schatz. Es muss dir nicht peinlich sein, dass du mir hinterher spioniert hast“, grinste Christian von rechts und ein lautes „Oho!“ erfüllte den Saal. Chris fing sich meinen Todesblick ein, er konnte ruhig merken, dass ich mir nicht alles gefallen lasse.

„Also, ich muss sagen… Er sah einfach so gut aus, als er in die Agentur kam in seinem maßgeschneiderten Anzug, sein unwiderstehliches Lächeln und dieser muskulöse Körper. Einfach der Wahnsinn. Er war so höflich und hatte für jeden ein offenes Ohr“, schwärmte ich heuchlerisch. „Nach der Arbeit habe ich ihn eines Tages verfolgt und wollte wissen, wo er wohnt damit ich ihn nach der Arbeit immer beobachten könnte. Auf jeden Fall hat er mich einmal gefunden, als ich mich in einem Busch versteckte. Er lud mich auf einen Kaffee ein und ja…“ Ich stockte, weil seine Hand etwas höher wanderte. Schnell erzählte ich tückisch weiter, dass es irgendwie bei uns beiden dann geknistert hatte und ich ab da an nicht mehr die kleine, dumme Assistentin war. „Ich muss schon sagen. Sie sind wirklich ein hübsches Ding. So etwas hat er doch gar nicht verdient“, kam es von weiter hinten. Die Menge grölte kurz und führte dann hitzige Diskussionen über Politik, die Marktlage und die jeweiligen Religion. Unruhig rutschte ich auf meinen Stuhl hin und her. „Was ist los Liebling? Wieso bist du denn so unruhig?“, kam es von Christian mit leiser Stimme. Meine leicht rosigen Wangen, verwandelten sich augenblicklich wieder in kleine rote Zielscheiben. Ich flüchtete mit einem leisen „schnell die Nase pudern“ aus dem Raum. Auf der Toilette erledigte was zu erledigen war, was sich mit dem Kleid nicht so einfach herausstellte. Mit kaltem Wasser erfrischte ich mein Gesicht, atmete ein paarmal tief durch und ging zurück zu meinem Platz. Nach dem die Gänge alle beendet waren, wurden einige Kurze verteilt. „Zuerst trinken wir auf den heutigen Tag!“ Und schon war das kleine Gläschen leer. Zwei bereitstehende Kellner eilten herbei und füllten sie erneut mit etwas hochprozentigem. „Jetzt trinken wir auf die Verlobung von Miss Anders und Mr. Boullion“, kam es grölend aus einer Ecke. „Auf uns!“, flüsterte Christian, zog meinen Kopf leicht zu sich und küsste mich mit seinen himmlischen Lippen. Völlig überrumpelt, wusste ich nicht, was ich machen sollte.

 Ich ließ den Kuss einfach über mich geschehen, bis die grölende Meute meinen Verstand wieder zum Arbeiten brachte und Christian sich von mir löste. Sein forschender Blick bohrte sich in meinen, bis er mir ein kleines verschmitztes Lächeln schenkte. Ich schaute verlegen zur anderen Seite. »Bist du doof! Mel du blöde Gans, sitzt einfach nur da und lässt es mit dir machen«, ohrfeige ich mich selber. »Das ist alles nur Schauspielerei. Am Montag bin ich wieder seine persönliche Assistentin und er mein arroganter Chef.« Mein Gegenüber riss mich aus meinen Gedanken. Ich unterhielt mich über seine derzeitige Verlobte und hörte interessiert zu, als er von seinen drei gescheiterten Ehen losplauderte und es ihm mit seiner Neuen nun wirklich ernst sei. »Wer es glaubt«, dachte ich mir ungeniert und nuckelte an meinem fünften Gläschen Schampus.

 

Ich schaukelte neben Christian her, welcher mich stütze und mich die Treppe zu meiner Wohnung hochführte. Krampfhaft hielt ich mich am Geländer fest, um nicht rückwärts die steile Treppe hinunter zu fallen. Mein Boss hielt mich weiterhin aufrecht vor meiner Tür und ich überlegte scharf, wo ich wohl meinen Schlüssel hingesteckt haben könnte. »Scheiße!« Mir wurde klar, dass der noch auf einer Ablage lag. Ich hatte die Tür einfach nur ins Schloss gezogen. „Wo ist denn nun dein Haustürschlüssel?“, fragte mich mein Chef schon genervt. „Tja… den hab ich wohl in der Wohnung vergessen“, nuschelte ich. „Du hast was?“ Entgeistert sah er mich an. „Der liegt in der Wohnung!“, brüllte ich zurück. „Auch das noch. Dann kommst du jetzt mit zu mir.“ „W-was nein das geht doch nicht.“ „Keine Angst ich fasse dich schon nicht an“, brummte er. Er umschlang meine Taille plötzlich mit seinen zwei Armen und warf mich über seine Schulter. „Lass mich runter du Arsch“, schnauzte ich ihn an und strampelte wild mit meinen Beinen, wie ein kleines Kind. Er trug mich unbekümmert die Treppe hinunter und setzte mich auf den Beifahrersitz. „Sind wir bald da?“, lallte ich vor mir hin. „Wie lange dauert das denn noch?“ Unbeeindruckt fuhr mein Chef stur geradeaus. Ich lehnte meinen Kopf an die eisige Fensterscheibe und wurde von der Dunkelheit überrannt.

 

 

Ich wachte stöhnend mit einem dicken Brummschädel auf. Leidend öffnete ich jedes Auge einzeln und hielt mir meinen schmerzenden Kopf. Verwirrt schaute ich eine braune Wand an. Verschwommen wurde mir klar, dass ich bei meinem Chef geschlafen hatte. Ich drehte mich mit einem Ruck um und stellte fest, dass ich wie verhofft alleine geschlafen habe. Das wäre ja wohl noch schöner gewesen. Müde richtete ich mich auf und stakste auf wackeligen Beinen aus der Tür und versuchte mein Gleichgewicht zurück zu erlangen. Ich lief mit meinen Puddingbeinen durch einen breiten Flur und verfolgte den göttlichen Duft von Spiegelei und gebratenem Speck. Lecker! Mein Chef stand fröhlich summend am Herd und hantierte mit der Pfanne. Wie kann man am frühen Morgen so eine gute Laune haben? „Morgen“, nuschelte ich leise. „Guten Morgen!“ „Aua! Nicht so laut“, wisperte ich leise. „Auch schon wach?“, sagte er mit leiser Stimme, grinste mich an und musterte mich. Sein Lächeln wurde noch eine Spur breiter. Schockiert stellte ich fest, dass ich nur in meiner schwarzen Spitzenunterwäsche in seiner Küche stand. »Oh mein Gott. Dieser arrogante, gierige, ungehobelter Arsch hat es tatsächlich gewagt mein Kleid auszuziehen!«

Essen ist gleich fertig“, sagte er sorgenfrei. „Ich ähm… müsste vorher mal wohin...“ „Zweite Tür auf der rechten Seite des Flurs“, wies er mich lachend an. „Ich habe dir schon paar Klamotten zu Recht gelegt.“ „Na wo er die wohl her hat“, grummelte ich und verzog mich ins Badezimmer.

 

»Wow!«, schwärmte ich. An den Wänden befanden sich hellgraue Fliesen. Dazu eine große Dusche mit einer Glaswand und einen Regenkopf zu meiner Rechten. Außerdem eine stilvolle Toilette und eine kleine Ablage, wo bereits die Klamotten lagen. Auf der Linken befand sich ein dunkel graues Waschbecken mit einem schönen Spiegel, links und rechts davon passende Schränkchen mit Schubladen. Ich entschied mich vorerst kalt zu Duschen, damit mein Kater etwas nachließ. Die kalte Dusche wurde immer so hoch gepriesen besonders im Netz und von Freunden. Seufzend musste ich feststellen, dass diese jedoch keine große Wirkung auf mich zeigte. Ich drehte die Wärmezufuhr hoch und genoss die ansteigende Wärme des Wassers, welche mich sanft umhüllte. Das große graue Handtuch, welches für mich bereits gefaltet bereit lag, wickelte ich um meinen schlanken Körper. Rechts vom Waschbecken befanden sich in einer Schublade ein Föhn und zwei Haarbürsten. Neugierig geworden schnüffelte ich in seinen Sachen rum, fand jedoch leider nichts Ungewöhnliches. Anscheinend war es nur ein kleines Badezimmer für Gäste. Kurz föhnte ich mir meine Haare an und kämmte sie ein wenig durch. Die verflossene Frau musste wohl einen hervorragenden Geschmack besitzen. Die Leggings war sehr bequem auf meiner Haut und der lange, graue Pullover ebenso. Barfuß lief Ich zurück in die große Küche und entdeckte Christian an einer Kaffeemaschine rumdrücken. Ich setzte mich an den gemachten Tisch und wartete auf Christian, der nun dabei war etwas in einen Espresso zu träufeln. Er stellte diesen wenig später vor meiner Nase ab und sagte: „Espresso mit Zitronensaft soll gegen einen unangenehmen Kater wirken.“

Dankend probierte ich einen Schluck und verzog mein Gesicht zu einer Grimasse. „Der ist ja ganz schön sauer“, sagte ich bitter und sah mein Chef grinsen.  „Sauer macht lustig und jetzt guten Appetit das Essen wird kalt.“ Ich stürzte mich auf die Spiegeleier und saß wenig später mit vollem Bauch auf dem Sofa und sah fern. „Ich glaube dein Handy klingelt!“, rief mein Chef aus der Küche. Ich sprang auf und rannte in das Gästezimmer und folgte dem Ruf meines Handys. „Mel! Wo zum Teufel steckst du? Du hast mir versprochen dich zu melden. Ich dachte ich überrasche dich und jetzt stehe ich vor deiner verlassen Wohnung.“ „Hey“, begrüßte ich meine aufgebrachte Freundin. „Ich bin bei meinem Chef zu Hause. Ich hatte meinen Schlüssel in der Wohnung liegen gelassen und jetzt muss ich erst einmal die Nummer meiner Nachbarin rausfinden“, berichtete ich ihr. „Du bist bei deinem Chef?“ „Ja ich bin bei meinen Chef“, bestätigte ich ihr gelassen. „Einfach so?“ „Ja, ne ich sah leider keinen anderen Ausweg und ich habe sicherlich nicht bei ihm im Bett geschlafen“, gab ich ihr zu verstehen. „Ach Schatz. Du bist so verklemmt. Gönn dir doch ein wenig Spaß. Es muss ja nicht sofort eine Beziehung daraus entstehen.“ »Bitte was? Wie kommt die denn so plötzlich auf solch einen Schwachsinn?«, dachte ich mir. „Ich fange bestimmt nichts mit meinem Chef an! Der kann mich mal! Der ist manchmal noch schlimmer als seine Mutter höchstpersönlich. Seine Laune wechselt oftmals schneller, als man Piep sagen kann!“, gab ich ihr deutlich zu verstehen.

 

„Chef? Haben Sie irgendwo ein Telefonbuch? Ich benötige die Nummer meiner Nachbarin, aber ich habe sie leider nicht in meinem Handy eingespeichert. Ich hab ihr mal einen Ersatzschlüssel ausgehändigt, falls ich mich mal aussperre“, fragte ich Mr. Boullion kurzdarauf. Er wühlte wild in einigen Schubladen und überreichte es mir. Ich pflanzte mich auf die Couch in das stilvoll eingerichtete Wohnzimmer und studierte das Telefonbuch. Nach langem Suchen und drei Telefonaten später, hatte ich endlich die richtige Nummer in den Händen. Ich nutzte das Haustelefon erneut und rief Frau Brandt auf dem Handy an. Nach langem tuten, nahm sie endlich ab. „Hallo Viktoria, ich bin es Melanie. Ich habe mich ausgeschlossen und bräuchte jetzt den Ersatzschlüssel. Könnten wir uns in einer viertel Stunde vor meiner Wohnung treffen?“, fragte ich sie sofort.

„Oh, Hallo Melanie! Ich komme leider erst Mitte der Woche aus Spanien wieder. Vielleicht könntest du solange bei Freunden unterkommen. Tut mir wirklich leid!“ „Klar, schönen Urlaub noch“, antwortete ich geknickt und legte auf. Ich wählte anschließend die Nummer von Sophie und erzählte ihr was vorgefallen war. Leider liegt ihre Mutter zurzeit im Krankenhaus und erwartet ihr zweites Kind. „Hier herrscht wirklich das reinste Chaos und wie du weißt bin ich immer noch vergeblich auf der Suche nach einer geeigneten Wohnung für mich. Sorry Mel, aber das ist echt nicht machbar!“ „Oh man, was soll ich denn jetzt machen?“, stöhnte ich.  „Bleib- … Ja Dad, ich komme sofort!“, hörte ich sie brüllen. „Ich muss jetzt wirklich los. Bleib doch einfach bei deinem Chef“, sagte sie noch schnell und legte einfach auf.

 

Mein Chef hing gemütlich in seinem Sessel und grinste mich anzüglich an. »Der hat mich belauscht!«, dachte ich und sagte schnell: „Ich bleibe ganz sicher nicht hier!“ „Wie du willst, dann such dir halt woanders eine Bleibe. Ich hätte genug freien Platz zur Verfügung und meine Wohnung müsste mal wieder auf Hochglanz gebracht werden“, sagte er gelassen und zuckte mit den Schultern. Schmollend grübelte ich auf dem Sofa und überlegte, wo ich jetzt stattdessen unterkommen könnte. Ich beschloss zu meiner Mutter zu fahren.  Ich bin von meinem Stiefvater nicht besonders erwünscht, jedoch ist es nur für ein paar Tage. Er hatte meine Mutter damals davon überzeugt mich hinauszuschmeißen, weil ich mit knapp 25 Jahren, damals lange genug auf ihrer Tasche gelegen hätte. Dennoch rief ich prompt beim Taxiunternehmen an. „Wir sind Außerbetrieb. Niemand wird bei diesem Unwetter noch freiwillig das Haus verlassen. Werfen Sie mal einen Blick aus dem Fenster!“, sagte er und legte auf. Ich sprintete zum Fenster und musste feststellen, dass es leider nicht so rosig aussah, wie verhofft. Dunkle Wolken bildeten eine schwarze Wand und ich konnte lediglich noch gute fünfzig Meter nach draußen blicken. Ich beobachtete deprimiert, die in den windwehenden Bäumen, welche sich so stark bogen, so dass es aussah, als würden sie in jedem Moment durchbrechen. In der Ferne erhellten grelle Blitze den Horizont und das bebende Donnergrollen sagt mir, dass das Unwetter direkt vor der Haustür wütete. Ich zuckte erschrocken zusammen, als ein Blitz in unmittelbarer Nähe einschlug. „Bald fliegen hier Autos, anstatt kleine liebliche Vögel durch die Luft“, stellte ich fest und warf einen Blick auf meinen Boss, der dabei war den XXL Fernseher lauter zu stellen. „Der Wetterdienst warnt vor einem starken Unwetter. Bleiben sie möglichst zu Hause, sofern das machbar ist! In den nächsten Stunden wird das Wetter sich nicht deutlich bessern. Benötigen sie Hilfe wenden sie sich bitte an die Feuerwehr, diverse Notrufnummer können sie im Teletext auf Seite 112 nachlesen. Wir melden uns in etwa einer Stunde wieder zurück und jetzt folgt im Anschluss eine Reportage über extreme Wetterereignisse.“ Das Bild wechselte und zeigte grausame Bilder von verwüsteten Gegenden. „In Deutschland treten hauptsächlich im Sommer Gewitter und heftige Regenschauer auf. Im Winter sind Gewitter sehr selten. Von November bis März werden in Deutschland nur selten Blitzendladungen beobachtet. Heftige Schauer sind allerdings auch im Winter häufiger möglich. Unwetter bringen meist hohe Sachschäden mit sich und die freiwillige Feuerwehr ist zu diesen Ereignissen immer im Dauereinsatz. Sie sollten bei starkem Wind in ihren Häusern bleiben, denn große Äste, unbefestigte Dinge können durch die Luft fliegen. Letztes Jahr ist es leider vorgekommen, dass eine 40-jährige Frau von einem dicken Ast niedergeschlagen wurde und ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Heutzutage…“ Christian stellte den Fernseher auf stumm und blickte mich nachdenklich an. Ich saß wie versteinert auf dem dunklen Parkettboden und blickte starr auf den Fernseher und beobachte gebannt die wechselnden Bilder.

 

 

Schnaubend betrachtete ich den blauen Putzlappen in meiner Hand und die vor mir liegenden Putzsachen. »Das meinte der auch noch ernst! Ich sollte tatsächlich seine gesamte Penthouse Suite säubern. Das schaffe ich doch niemals in ein paar Stunden.« Mit spitzen Fingern ließ ich den Lappen zurück in den mit wassergefüllten Eimer fallen. „Haben Sie wenigstens ein Radio? Ich kann nur putzen mit Musik“, sagte ich zu meinem Chef der sich auf einen Stuhl in der Küche platziert hatte. Er zeigte mit seinem Zeigefinger zum Fenster und ich entdeckte ein staubiges Radio auf der Ablage. Ich holte einmal tief Luft und versuche den Staub weg zu blasen, ohne Erfolg. Angewidert warf ich einen Blick zu meinem Chef rüber, welcher mir nur ein charmantes Lächeln schenkte und sich in das naheliegende  Wohnzimmer verdünnisiert. „Klar. Wenn Männer Arbeit sehen, fliehen sie“, schnaubte ich. Ich wischte das Radio ab, suchte einen passenden Sender. Wischend und tanzend wuselte ich bei voller Lautstärke durch die überdimensionale Küche, schwang das Tanzbein zu Thank You Very Much von Margerat und sang lauthals mit.

 

„Space calling earth again

Say what

Houston this is the end

We’re lost Tick tick tick tack

Time’s up

Station is shutting down

Bad luck

 

Barberalla meets godzilla

Since you invited both, cling to your pantyhose…

 

I want to Thank you much

Thank you very Much

Thank you very much

I wanna say I’m sorry but I’m really not

Guess I’ve had enough

I’m feeling Dangerous

I wanna say I care, but I’m gonna say

 

Fresh out of graitude

It’s gone

You suck, like your attitiude

I won

Flake, flakey flakey flake

So sad I am stirred, but I will not shake

It’s rad

 

Barbarella she’s a killer Run to your nanny go, cling to your pantyhose

 

I want to Thank you much

Thank you very Much

Thank you very much

I wanna say I’m sorry but I’m really not

I guess I’ve had enough

I’m feeling Dangerous

I wanna say I care, but I’m gonna say

 

No no no no          

Oh oh oh oh

No thanks

No no no no

Oh oh oh oh

No thanks

… i want to thank you much!“

 

 

Fröhlich tanzend putzte ich die Küche Stück für Stück. Des Öfteren füllte ich neues Wasser in den Eimer und wrang den dreckigen Putzlappen aus. Ich spürte ab und zu amüsierte Blicke in meinem Rücken, aber ich war zu beschäftigt, um auf meinem Chef zu achten. Außerdem verpasste er eine Menge Spaß. Unkoordiniert hüpfte ich in das Wohnzimmer mit samt Putzzeug und fing an die ersten antiken Schränke abzuwischen. Ab und zu wischte ich mir den Schweiß von meiner Oberlippe und sang stellenweise zu verschiedenen Liedern mit. Wenn ich den Text nicht kannte, zauberte ich ab und zu ein paar falsche Sätze dazu. Plötzlich kam Christian mit einem Eimer und einem Lappen zu mir und wischte ohne einen Kommentar den nächsten dunklen Schrank ab. Seine Penthouse Suite liegt ganz oben in einem hohem Gebäude und das Wohnzimmer ist wunderschön eingerichtet. Die beigen Wände bilden einen schönen Kontrast zu dem dunklen Parkettboden und zu den antiken Möbeln, die ebenfalls dunkelbraun sind. Ich beobachtete meinen Chef, wie er hüftwackelnd auf einen kleinen Hocker kletterte und fast runter fiel. Hinter vorgehaltener Hand prustete ich ungehalten los und zu meiner Überraschung stimmte Christian lachend ein. Lachend hielt ich mir meinen schmerzenden Bauch und quietschte erfreut auf, als mein Lieblingslied im Radio erklang. 

 

„Feeling my way through the darkness Guided by a beating heart…“ Gemeinsam stimmten wir lauthals mit ein:

„I can't tell where the journey will end

But I know where it starts

They tell me I'm too young to understand

They say I'm caught up in a dream

Well life will pass me by if I don't open up my eyes

Well that's fine by me

 

So wake me up when it's all over

When I'm wiser and I'm older

All this time I was finding myself

And I didn't know I was lost

 

So wake me up when it's all over

When I'm wiser and I'm older

All this time I was finding myself

And I didn't know I was lost

 

 

I tried carrying the weight of the world

But I only have two hands

I hope I get the chance to travel the world

And I don't have any plans

I wish that I could stay forever this young

Not afraid to close my eyes

Life's a game made for everyone

And love is a prize

 

So wake me up when it's all over

When I'm wiser and I'm older

All this time I was finding myself

And I didn't know I was lost

 

So wake me up when it's all over

When I'm wiser and I'm older

All this time I was finding myself

And I didn't know I was lost

 

I didn't know I was lost

I didn't know I was lost

I didn't know I was lost

I didn't know I was lost…“

 

Wir entstaubten zusammen das Wohnzimmer zu Ende, bis mein Chef einfach verschwand und ich mich dem Gäste WC widmete. „Mel! Komm her, du hast dir eine Verschnaufpause verdient“, brüllte mein Chef durch die Wohnung. Erschöpft ließ ich mich auf einen Stuhl plumpsen und genoss das für mich zubereitete Eis von Mr. Boullion.

„Das schmeckt wirklich lecker. Sie sollten eine Eisdiele eröffnen. Ich denke die starrende Meute von gestern Abend, würde ihnen die Bude einrennen“, schnatterte ich.

„Sag das lieber zu der Eisverpackung“, gab er belustigt zurück.

 

 

„Das Unwetter fegt weiter. Immer noch ist keine Besserung in Sicht, wahrscheinlich wird es in der Nacht weiterhin zu heftigen Regenschauern und Windböen kommen. Blitz und Donner lassen zeitweise nach, können aber im gleichen Moment auch schon wieder auftauchen. Bleiben sie in ihren Häusern und verlassen sie so wenig wie möglich das Haus. Es sollten alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, damit nichts Schlimmes geschieht! Jetzt gebe ich weiter an meinen Kollegen mit den Abendnachrichten. Danke und einen schönen Abend noch…“ Wir lümmelten zusammen auf dem Sofa rum und tranken einen köstlichen Wein. Gegenseitig erzählten wir von unseren Freunden und von der Arbeit.

„Sophie ist meine beste Freundin und hat mir den Job bei Ihnen besorgt. Keine Ahnung wie sie das angestellt hat, auf jeden Fall gefällt mir die Arbeit. Abgesehen mit den ein oder anderen Konflikt mit ihrer Mutter oder mit Ihnen. Es wird einfach nie langweilig, auch wenn ich jeden Moment mit meiner Kündigung rechne. Edgar ist mein schwuler Freund. Er erzählt immer total süß von irgendwelchen heißen Kerlen, die er wieder kennengelernt hat…“ „Was?! Edgar aus der Grafikabteilung ist stockschwul?“, wunderte sich mein Chef.  „Ja! Ich ahnte es, wusste es aber zuerst auch nicht. Eigentlich bin ich innerlich davon ausgegangen, dass er und Jaqueline ein Paar sind.“ „Hmm… stimmt wenn man genauer darüber nachdenkt, würden sie vom äußerlichen gut zusammen passen“ grübelte er, „Ich denke wir sollten ins Bett gehen, es ist schon spät und morgen ist Montag, mal sehen ob wir wieder zur Arbeit können. Ich wecke dich dann um sieben Uhr.“ Wenig später lagen wir beide in unseren getrennten Betten. Ich lugte noch einmal aus dem Fenster. Doch draußen fegte immer noch der Sturm. Ein Ahornbaum war bereits gefallen, die anderen wiegten sich weiterhin im Wind. Die Sicht war etwas aufgeklart, nachdem der Sturm ein wenig nachgelassen hatte. In vielen Häusern konnte ich die brennenden Lichter erkennen und ab und zu erloschen welche in den Fenstern. Ich machte es mir ordentlich bequem in dem provisorischen Bett und schloss die Augen.

 

 

Am Montagmorgen wurde ich ordentlich durchgeschüttelt. Nachdem ich am vorherigen Abend stundenlang wach gelegen hatte, als ich dem Geräusch von dem tosenden Wind, dem Donnergrollen, das Zischen einschlagender Blitze und das Prasseln von vielen, dicken Regentropfe, die an das Fenster klopften, und still um Einlass baten, gelauscht hatte und gedanklich die einschlagenden Blitze gezählt hatte. Ich hatte keine Lust aufzustehen und schloss weiterhin die Augen, um mich noch ein bisschen zu erholen, rollte mich zur anderen Seite, weg von dem blöden Rüttler, der meinen Schlaf stören wollte. „Guten Morgen! Aufstehen du Urwaldsägerin!“, hörte ich lachend eine mir vertraute Stimme sagen. Ich blinzelte ein paar Mal mit den Augen. Siedend heiß viel mir wieder ein, wo ich mich überhaupt befand. „Was willst du?“, seufzte ich verschlafen. „Du hast verschlafen!“ »Verschlafen? Scheiße! Mein Chef bringt mich um!« Ich sprang aus meinem Bett, als hätte ich tausend Hummeln im Arsch und sauste in das angrenzende Badezimmer, um mich in Windeseile fertig zu machen. „Ey, jetzt warte doch mal! Du brauchst nicht zur Arbeit. Die Straßen sind voller Dreck. Zuerst einmal muss die freiwillige Feuerwehr alles wieder verkehrssicher machen. Bis wir wieder auf den Straßen fahren dürfen, werden noch einige Stunden vergehen.“ »Ups.« Ich stakste zurück ins Schlafzimmer und ignorierte den belustigten Blick von Christian. „Ok, dann lass mich bitte noch weiterschlafen. Ich konnte bei dem enormen Krach von gestern Nacht nicht gut einschlafen“, erwiderte ich zerknirscht und ließ mich zurück unter die kuschelige Seidenbettwäsche gleiten. Mein Chef verließ amüsiert das Schlafzimmer und ich döste friedlich vor mir hin.

 

Zwei Stunden darauf, watschelte ich durch das große Penthouse und entdeckte Chris in einem kleinen Büro. Staunend betrachtete ich die Massen an Büchern in den Regalen. Ich erkannte, dass die meisten Bücher über Gesetzte und sonstige Rechte verfasst worden. Mit gierigen Fingern schnappte ich mir eins aus dem Bücherregal und schnupperte an den altriechenden Buchseiten. Ich weiß nicht wie ich den Duft beschreiben soll, aber er ist einfach einmalig. Um auf meinen Chef zurückzukommen. Wahrscheinlich tätigt er abends noch wichtige Telefonate, wenn es sich um große Aufträge handelt. Ich ließ das Buch, Buch sein und verzog mich in die Küche, durchwühlte die Küchenzeile nach etwas Essbarem. „Was wirfst du denn hier durch die Gegend?“, fragte mein Chef vom Lärm angelockt. „Ich suche was zu essen“, erwiderte ich verschmitzt lächelnd und steckte den Kopf wieder in den Schrank. „Hatschi!“ Eine dicke Staubwolke vernebelte mir die Sicht und hustend kam ich wieder aus dem Schrank geklettert. Amüsiert betrachtete Mr. Boullion die Szene. „Ich glaube du musst da noch mal sauber machen. Außerdem hast du gerade mal drei Räume geschafft, aber lassen wir das“, grunzte er mit strahlend weißen Zähnen und zauberte eine Dose Ravioli aus einem Geheimversteck. „Oh lecker. Ich liebe Ravioli!“ Hackfleisch umhüllt von einer Nudeltasche mit Tomatensoße, pikant gewürzt mit ein wenig Schnittlauch oder Balsamico. Achtung langer Sabberfaden.

 

 

Wenig später saßen wir auf dem teuren Sofa, jeder einen Teller auf dem Schoß. Gierig verspeisten wir das Mittagessen. Traurig ließ ich die letzte Nudel in meinem Mund verschwinden und löffelte den letzten Rest Soße vom Teller. Ist zwar nur Dosenfutter, aber wen interessiert‘s. Christian zappte durch die Kanäle und endete bei einem Nachrichtensender. „4 Uhr Nachrichten. Die Feuerwehr läuft zu Hochleistungen auf. Denn noch befinden sich zu viele umgekippte Bäume auf den Fahrbahnen. Sie werden heute eine lange Nachtschicht einlegen, so dass Morgen vielleicht die Straßen wieder befahren werden dürfen…“  Ich brachte die beiden beschmutzten Teller zurück in die Küche und fragte Christian, ob er nicht irgendein Gesellschaftsspiel hätte. „Ich müsste noch den Klassiker, „Mensch ärgere Dich nicht“ haben. Ich schau mal kurz nach. Kann jedoch sein, dass ich es damals nach meinem Umzug in die Tonne geschmissen habe.“ Ich hörte lautes Gepolter und ein „Autsch“ bis Christian zurück kam mit Dreck im Gesicht und einem verdreckten Karton. „Wo hast du den denn ausgebuddelt?“, fragte ich ihn grinsend und deutete dann auf sein Gesicht. „Abstellkammer“, brummte er grinsend und verzog sich schnell ins Bad.

 

Ich öffnete den staubigen Karton und ein funkelnagelneues „Mensch ärgere Dich nicht“ kam zum Vorschein. Ich baute das Spiel auf und suchte mir die blauen Figuren raus und Chris bekam die grünen Männchen. „Hey! Ich will die blauen Männchen“, sagte er trotzig und schob seine Unterlippe vor. „Nichts da! Du hast die Grünen.“ „Blau ist viel männlicher!“ „Grün ist genauso männlich!“, gab ich gelassen zurück. „Aber…“, setzte er an. „Ich hab das Spielbrett aufgebaut, also darf ich auch aussuchen“, unterbrach ich ihn grinsend. „Ich hab’s geholt“, schmollte er weiter und setzte einen Hundeblick auf. Das darf doch wohl nicht wahr sein. „Na schön“, ergab ich mich schließlich. „Dann nehme ich aber die roten Figuren! Schnell drehte Christian das Spielbrett und ich suchte mir die roten Männchen aus der Verpackung.

 

 

Mit großen Augen schauten wir auf den Würfel. Eine 2. Ich ging mit meinem letzten Männchen zwei Schritte vorwärts. Ich brauchte nur noch eine 4, um zu gewinnen. Christian versuchte schon zum dritten Mal vergeblich eine 3 zu Würfeln, aber die Zahl fiel nicht. Er würfelte erneut und wir schauten auf eine 5. „Das gibt’s doch nicht! Der Würfel verarscht mich doch!“, sagte er leicht angesäuert. „Ach Quatsch, der kann dich einfach nicht leiden. Das muss man mit Gefühl machen. Sieh zu und lerne“, sagte ich darauf nur und ließ den Würfel fallen. Nach kurzem Drehen sahen wir eine 4. „Gewonnen!“, jubelte ich, breitgrinsend setzte mein Männchen die vier Felder vorwärts. Jetzt befanden sich alle Figuren von mir im roten Haus. Deprimiert sammelte Christian die Figuren ein und verpackte alles wieder in den staubigen Spielkarton. „Der Verlierer macht das Abendessen.“

 

 

Ich saß gemütlich auf der Couch und schnupperte hin und wieder in der Luft, fragte mich, was Christian Feines in der Küche zauberte. Mein scherzender Magen schrie förmlich nach Essen.

Wenig später kam die Erlösung, er rief mich zum Essen. „Spaghetti Toscana del Casa Pease“, präsentierte er mir und platzierte schwungvoll einen Teller vor mir. „Und übersetzt?“ „Spaghetti mit Petersilie, Fleischtomaten, frisch geriebenen Parmesan, speziellen Gewürzen und ein paar Knoblauchzehen“, ratterte er runter. „Hört sich gut an.“ „Dann mal guten Appetit.“ „Und was hast du dir jetzt überlegt? Willst du bis Mittwoch hier bleiben oder möchtest du morgen zu deiner Mutter, falls der Verkehr wirklich wieder zu gelassen wird?“, fragte er mich kauend. „Naja, ich bin von  meinem Stiefvater nicht gerne gesehen. Also wenn es dir nichts ausmacht, würde ich gerne bis Mittwochmorgen bleiben. Ich rufe morgen nochmal bei meinem Vermieter an, damit ich genau weiß wann er wieder zu Hause ist.“ „Ich habe dir das angeboten, das ist völlig in Ordnung für mich, du bist ein angenehmer Gast. Ich habe dich gerne um mich“, entgegnete er mit seinen grün funkelnden Augen. Ich stutzte, erst jetzt fiel mir auf, dass wir die Formalitäten fallen gelassen hatten. „Danke.“

Als ich spät am Abend glücklich und zufrieden mich auf das schöne Bett fallen ließ, schlief ich augenblicklich ein.

 

 

Am Dienstagmorgen nach dem Frühstück entschieden wir uns dafür, einen Fuß nach draußen in die Wildnis zu setzen. Wir schlenderten gemeinsam durch die Straßen und betrachteten das noch zu beseitigende Chaos. Die muffelige Großstadtluft bahnte sich wieder einen Weg in meine Lungen. Röchelnd traten wir den Rückweg an, als ein gelblackiertes Taxi an uns vorbei fuhr. „Yippie, die Taxis fahren wieder“, jubelte ich und drehte mich zu Christian um, welcher mit ernsten, und verschlossenen Gesichtszügen das Spektakel betrachtete. Die Vorfreunde auf meine Wohnung wuchs stetig an, bis mir dann bewusst wurde, dass ich immer noch keinen Schlüssel habe. Fluchend betrat ich wieder die Wohnung von Christian. „Was ist los?“, fragte er besorgt. „Was bringen mir Taxis, wenn ich kein Geld und keinen Schlüssel für meine Wohnung besitze“, sagte ich trotzig. „Es ist doch bloß noch ein Tag. So schlimm bin ich jetzt auch nicht“, sagte Christian sichtlich zerknirscht. „Nein, ich dachte es würde schlimmer werden“, witzelte ich, um ihn aufzuheitern.

Seine Miene hellte sich glücklicher Weise wieder auf.

 

Ich wählte nach unserem kurzen Spaziergang zum weiteren Male die Nummer meiner Nachbarin und fragte Viktoria, wann sie denn genau vorhabe wiederzukommen. „Ich fliege nachts los, das heißt ich werde um etwa 9 Uhr zu Hause sein und könnte dir dann sofort den Schlüssel bringen.“ „Gut, das wäre super. Dann warte ich um viertel nach neun bei meiner Wohnung.“ Ich verabschiedete mich schließlich freundlich und stellte das Telefon zurück an seinen Platz. „Du hättest auch einfach den Schlüsseldienst informieren könne“, quetschte Christian raus, der das Telefonat mitbekommen hatte. „Oh, den hab ich glatt vergessen“, schmollte ich. „Das hättest du auch mal früher sagen können“, fügte ich hinzu und beäugte ihn nachdenklich. Mein Boss entgegnete nichts, sondern zuckte nur unbeeindruckt mit den Schultern.

 

 

„Oh mein Gott!“, staunte ich. Christian stand direkt hinter mir und ich konnte seinen warmen Atem in meinem Nacken spüren. „Ja… wunderschön nicht wahr? Das ist der letzte Abend und ich wollte dich spontan damit überraschen“, hauchte er. Ich stand auf seiner riesigen Dachterrasse. Nein keinen Balkon, er kauft sich einfach eine riesen Dachterrasse und ich dachte schon, dass er mit seinem Penthouse ziemlich auf dem Boden geblieben ist. Ein riesiger Whirlpool, der sofort in das Blickfeld fiel, stand oben auf dem Flachdach des Hauses und zwei Holzliegen mit einem kleinen Tisch standen drum herum und wurden angestrahlt von dem einfallenden Licht. Fasziniert sahen wir der Sonne bei ihrem Schauspiel zu, wie sie immer weiter am Horizont hinab sank, bis sie als schmaler Streifen komplett verschwand. Der Himmel wurde dabei in den schönsten, kräftigsten Facetten getaucht, welche man nur bei einem Sonnenuntergang in dieser umfangreichen Art und Weise betrachten konnte. Staunend betrachteten wir das Farbenspiel von Sonne und Himmel. Betrachteten gemeinsam die Großstadt, welche ein letztes Mal in ein unvergleichbares Licht gezeigt wurde, bis sie schließlich langsam in der Dunkelheit versank. „Die Aussicht ist Wahnsinn! Ich könnte hier jeden Abend stehen und einfach nur in den Himmel schauen und in deren Anblick versinken…“, seufzte ich glücklich. „Ja, im Sommer bin ich fast jeden Abend hier oben. Komm lass uns zurückgehen. Es ist recht kalt geworden“, sagte er zärtlich und führte mich zur Treppe. Erst jetzt viel mir auf, dass ich eine leichte Gänsehaut hatte. Gemeinsam traten wir den Rückzug an und schauten noch eine Folge von „The Big Bang Theory“, amüsierten uns köstlich über die super intelligenten Schauspieler.

 

 

Die letzte Nacht in der Penthouse Suite meines Chefs. Endlich kann ich zurück in meine Wohnung, zurück in mein zu Hause. Ich musste mir eingestehen, dass mir die Zeit gefallen hat. Mein Chef hatte mich sogar positiv überrascht, so wie zum Beispiel beim Putzen. Frustriert dachte ich über die vergangenen Tage nach. Zugegeben ich werde wahrscheinliche seine lockere und die manchmal heitere Stimmung vergessen. Es wird alles wieder beim Alten sein und niemand wird in meinem zu Hause auf mich warten.

 

 

„Du kannst die Sachen gerne behalten.“ „Danke, ich denke auch nicht, dass dir Leggings stehen würden“, witzelte ich, um die bedrückende Stimmung zu übergehen. Ich stand mit meinen wenig gepackten Habseligkeiten in der offenen Tür und verabschiedete mich vom meinem Chef. Er stand mir dicht gegenüber und kratzte sich nervös am Hinterkopf. „Schön, dass du geblieben bist, ohne dich wird es hier wieder ziemlich ruhig werden und du kannst gerne…“ „Christian, mein süßer Schnuffelpuffel! Ich bin wieder da! Ich dachte ich überrasche dich und komme früher zurück“, kreischte eine hohe Stimmte hinter mir. „Wer ist denn die da?“ Christian und ich drehten uns schockiert um und ich entdeckte ein aufgebrezeltes Etwas. Ihr Körper steckte in einem grau rosafarbenen Glitzerfummel, welcher schlaff an ihrem Körper runter hing und  so gerade ihren Venushügel verdeckte. „Das ist…“, fing er an und stockte. „Melanie Anders, die persönliche Assistentin von Christian Boullion“, entgegnete ich höflich, streckte ihr meine Hand hin und lächelte falsch, welches einer wahren Grimasse glich. Das Hühnchen mit den aschblondem, schulterlangem Haar und den aufgeblasenen Brüsten, welche sie nicht zu verstecken scheute, übersah mit einem verklebten Wimpernaufschlag meine ausgestreckte Hand, stolzierte in ihren hohen Hacken auf meinen Chef zu und schubste mich ausversehen zur Seite. Meine Grimasse verschreckte jetzt alle kleinen Kinder in einer Reichweite von mindestens zwei Kilometern. „Nun gut Chef, ich denke ich gehe dann mal, dann können Sie ihre Ruhe genießen“, provozierte ich ihn. Ich holte alle Formalitäten wieder hoch, warf ihm einen vernichtenden Blick zu und hob meine sieben Sachen auf. Christian sah mich hilfesuchend an, aber diesen Hilfeschrei ignorierte ich gekonnt. „Melanie jetzt warte doch…“ »Er hat mich zum ersten Mal Melanie genannt…« Mein Herz sagte mir, dass ich bleiben sollte und alles in Ruhe mit ihm kläre. Denn noch drehte ich mich um und wollte auf dem Absatzkehrt machen… „Was wollte die denn hier?“, hörte ich noch eine piepsige Stimme und ein „Ach nichts, nicht so wichtig.“ Fassungslos drehte ich meinen Kopf über meine Schulter. »Idiot, und ich fange auch noch an ihn zu mögen.« Wütend und möglichst mit viel Selbstbewusstsein lasse ich die beiden Links liegen. Verletzt und enttäuscht ging ich die Treppenstufen runter und öffnete die Tür des wartenden Taxis. Geistesabwesend saß ich im Auto, ließ Häuser, Wolken und Bäume an mir vorbeiziehen, ohne sie eines Blickes zu würdigen. „Wir sind da“, holte mich der Taxifahrer zurück in die Wirklichkeit. Ich drückte ihm einen zwanzig Euroschein in die Hand, welche ich von Christian bekommen hatte und verschwand mit meinen Sachen im Treppenhaus meiner Wohnung.

 

 

„Hallo Viktoria! Musstest du lange warten?“, begrüßte ich meine Nachbarin, eine ältere stilbewusste Dame mit hohen Wangenknochen, leicht gräulichen Haaren und einer relativ spitzen Nase. „Hallo Melanie! Nein, nein du kommst gerade richtig. Hier ist der Ersatzschlüssel, du kannst mir ihn ja nachher wiederbringen“, erwiderte sie lächelnd und händigte mir den Schlüssel aus. »Endlich.« „Ich muss dann auch wieder runter. Bis dann.“ „Danke!“, rief ich ihr noch hinter her und öffnete jauchzend die Haustür.

 

 

Tief zog ich den heimischen Duft meiner Wohnung ein. Strahlend sah ich mich um und entdeckte den blöden Schlüssel auf meinem Küchentisch. Ich schenkte mir ein Glas Sekt ein, zog mir was Gemütliches an und verbrachte den ganzen Tag auf meiner weißen Couch. Einfach die Beine hochlegen, die Ruhe genießen und keinen Gedanken an ihn verschwenden.

 

 

 

Das Nerv tötende Piepsen des Weckers riss mich aus meinem Schlaf. Müde öffnete ich meine blauen Augen und blinzelte einige Male, als die ersten Sonnenstrahlen durch mein Fenster fielen und mich blendeten. Schnell sprang ich in die Dusche und wählte eins der neuen Kostüme aus. Ich hatte ja bislang noch keine Gelegenheit gehabt sie zu tragen.

 

Gestylt verließ ich die Wohnung in einem olivgrünen Kostüm und hastete zum Starbucks. Mit zwei Latte Macchiatos im Arm ließ ich mich auf die Rückbank des Taxis fallen, welches wenig später zum Stehen kam. Ich grüßte die Empfangsfrau und entschied mich für den Fahrstuhl. Gerade als die Türen sich verschlossen, griff eine Hand nach ihnen und mein Chef drückte sie gewaltsam auseinander. »Auch der noch.« Ich stellte mich so weit wie es ging von ihm weg und wartete bis er den Knopf drückte. „Melanie… es tut mir leid!“, fing er an und überwand den Meterabstand. Er schaute mich mit seinen grünen Augen an. „Ich wollte nicht, dass es so endet und ich hatte Elisa vor ihrer Abreise klar gemacht, dass ich sie nie wiedersehen möchte…“ „Deswegen haben Sie sie auch so liebenswürdig wieder aufgenommen“, erwiderte ich uninteressiert. „Ich… ja ich wollte das in Ruhe nochmal mit ihr besprechen da warst du ein bisschen außen vor…“ „Außen vor? So nennst du das also, interessant“, ergriff ich das Wort. „Aber ja Sie haben Recht. Es geht mich nichts an mit wem Sie sich treffen. Ich sollte mich aus ihrer Privatsphäre raushalten. Sie können sich mit jeder beliebigen Frau treffen. Wir sind ja nur Arbeitskollegen, nicht wahr?“ Die Türen öffneten sich und ich ging zügig davon. „Melanie jetzt warte doch mal!“, rief er mir hinterher. „Ach jetzt denken Sie auch noch, dass Sie mir Befehle erteilen können?“, entgegnete ich kalt. „Natürlich ich bin dein Chef.“ „Ja? Dann werden Sie bestimmt in der Lage sein mich wieder zu siezen.“

Er stutze. Ich nutzte den Moment, um mich vom Acker zu machen.

 

 

Ich saß auf meinem Stuhl und kontrollierte die eingegangenen E-Mails, die Anzahl fiel aufgrund der Wetterlage der letzten Tage deutlich hoch aus. Ein Name kam mir besonders bekannt vor und es handelte sich um Mr. Harfert, vor dem ich mich schon einmal gedemütigt hatte. Seufzend machte ich einen Termin für den nächsten Morgen aus. Irgendwann ging ich endlich die letzten E-Mails durch, plante den morgigen Tag und machte endlich Feierabend.

 

 

„Hallo Sophie“, sagte ich am Telefon zu ihr. Ich hatte kurzer Hand beschlossen sie auf den neusten Stand der Dinge zu bringen. Außerdem musste ich mich irgendwo ausheulen. „Heey schön dass du dich mal wieder meldest. Du doofe!“, pampte sie mich freundlich an. „Ich habe dich auch vermisst Schätzchen“, versuchte ich sie gutmütig zu stimmen. „Mel man! Was hast du denn die ganze Zeit getrieben?! Tagelang meldest du dich nicht“, schmollte sie. „Ich bin doch nur deiner Anweisung gefolgt und habe bei meinem Chef bis Mitte der Woche übernachtet“, schmollte ich jetzt los. „Neeiiin“, hauchte sie. „Dooooch“, hauchte ich zurück. „Und es war echt lustig mit ihm bis dann seine letzte Schnalle aufgetaucht ist…“ „Was? Erzähl!“, ließ sie sich endlich erweichen. Wir gaben uns beide fünf Minuten und machten es uns in der Zeit beide auf dem Sofa daheim bequem. Stundenlang erzählte ich ihr dann was vorgefallen war und ich ließ kein Detail aus.

 

 

„Mr. Boullion sie haben in 20 Minuten ein Gespräch mit Mr. Harfert beim Golfclub“, erinnerte ich ihn. „In Ordnung, danke“, entgegnete er. „Sie werden mich bitte begleiten“, fügte er grinsend hinzu. „Haben Sie Spaß dabei mich zu reizen?“, sagte ich und schnitt eine Grimasse. „Immerhin beachten Sie mich dann“, entgegnete mein Chef mit einem anzüglichen Lächeln. Seufzend schickte ich noch schnell einige anstehenden E-Mails für Terminbestätigungen ab und wartete bis Mr. Boullion aus seinem Büro kam, um mit ihm zu seinem anstehenden Termin zu fahren. Ich stand startklar im Vorzimmer, als er endlich aus seinem Büro kam und ich ihm seine Anzugjacke überreichte. Ohne einen Kommentar stiegen wir in seinen schwarzen Mercedes und fuhren durch den dichten Mittagsverkehr. Ich lugte aus dem Fenster und sah die vereinzelten Bäume und Wolken vorbei ziehen. Aus Langeweile zählte ich die Bäume. Als das Auto zum Stehen kam, war ich gerade bei 47 angelangt.

 

 

Wir suchten Mr. Harfert auf seinem Golfplatz auf, welcher noch dabei war mit einigen Geschäftsleuten Golf zu spielen. „Tut mir leid meine Herren. Mr. Boullion ist soeben erschienen. Erst die Arbeit dann das Vergnügen“, hörten wir ihn amüsiert sagen, als er uns kommen sah und eilte uns entgegen.  Mr. Harfert, welchen ich schon zu der Zeit, als Mrs. Boullion noch das Unternehmen führte kennen lernte, führte uns in das angrenzende Lokal des Golfclubs. Sie reichten sich zur Begrüßung geschäftlich die Hand. „Das ist meine persönliche Assistentin Miss Anders.“ „Ich kenne Sie bereits, ich habe Sie damals in Miss Boullions Büro kennengelernt. Freut mich, dass Sie immer noch für die Werbeagentur arbeiten dürfen.“ „Danke“, sagte ich und verstand seine Provokation hinter seinen scheinheiligen Worten.

 

 

Ein Kellner kam zu uns an den Tisch gehastet und reichte uns die Speisekarten. „Wissen Sie schon was Sie bestellen möchten oder brauchen Sie noch einen Augenblick?“, fragte er und hielt einen Block in seiner Linken, einen Kugelschreiber in der Rechten. „Wir hätten gerne einen schmackhaften Aperitif vor dem Essen“, bestellte Mr. Harfert. „Außerdem wünschen wir drei Mal das Viktoriabarschfilet mit Pflaumen- Rotweinsoße“, fügte er hinzu ohne nach unserer Meinung zu fragen, ohne einen Blick in die Karte zu werfen. „Entschuldigung, aber ich möchte einfach nur ein normales Wasser, danke“, sagte ich zum Kellner. Fragend sah dieser nun Mr. Harfert und meinen Chef an. „Ich denke meine Assistentin möchte sehr gerne mit uns speisen.“ „Nein danke“, erwidere ich zuckersüß. „Sie sollten unbedingt das Viktoriabarschfilet probieren, das ist ein wahres Feuerwerk für ihre Geschmacksknospen“, warf nun auch noch Mr. Harfert ein und fuchtelte mit der Karte rum. „Nun, ich denke nicht…“, versuchte ich meinen Standpunkt klar zu machen. „Miss Anders, ich wünsche, dass sie mit uns Essen!“, erwiderte mein Chef, mit einem Auge zuckend. „Ich habe bereits dankend abgelehnt“, erwiderte ich immer noch höflich.

„Es ist wirklich eine Spezialität des Hauses“, ergriff nun wieder Mr. Harfert das Wort.

Leise knirschte ich mit meinen Zähnen, um meine Selbstbeherrschung unter Kontrolle zu bekommen.

„Ich denke wir werden Sie nicht begeistern können, Mr. Harfert“, begriff nun endlich mein Chef. Der Kellner stand etwas verunsichert neben uns und wartete vergeblich auf eine Antwort. Verzweifelt saß ich neben meinem Chef und versuchte mir meine Anspannung nicht anmerken zu lassen. »Was bildet der sich eigentlich ein? Er kann mir doch nicht befehlen was ich zu essen habe oder nicht!« „Nun gut, wie ich sehe, kann ich Miss Anders nicht umstimmen. Wir benötigen lediglich zwei Gerichte“, sagte Mr. Harfert endlich zum Kellner, welcher es sich ordentlich diktierte und augenblicklich flüchtete. Wahrscheinlich war er froh endlich verschwinden zu können. Seufzend saß ich am Essenstisch und beobachtete meinen Chef, welcher eine nette Maske aufgesetzt hatte, um sich seine Wut nicht anmerken zu lassen. Schon seit Kindheitstagen konnte ich keinen Fisch leiden. Das fischartigste Gericht, was mein Mund je zu spüren bekam, war ein rosiges Lachsfilet und das wurde mir in meinem Elternhaus aufgetischt, als mir mein Stiefvater vorschrieb was ich zu Essen bekam. Das würde ich bestimmt nicht noch einmal mit mir machen lassen.

 

Die Laune von meinem Chef hatte sich wieder deutlich verschlechtert und ich sah schon die dunklen Wolken aufziehen. Das lag nur an diesem beschissenen Fisch… Haifisch, Seefisch, Backfisch, Bratfisch, Tunfisch… Viktoriabarschfisch! In meinen Gedanken versunken belauschte ich nebenbei das Gespräch der edlen Herren. Zwischendurch wurde einmal das Gespräch für den Aperitif unterbrochen. „Ich denke wir sollten jetzt endlich zum preislichen Teil kommen…“, sagte Mr. Harfert. „Ja natürlich, ich habe eine Liste angefertigt mit den Gesamtkosten, die für uns anfallen würden. Zusätzlich erwarten wir natürlich einen Anteil von dem Gewinn, den ihre Firma durch unsererseits erwerben wird.“ Christian Boullion kramte einen übersichtlich gestaltete Liste aus seinem Aktenkoffer. „Insgesamt mit dem Anteil des Gewinns würden wir 52 000 Dollar von Ihnen erwarten.“ „Gut, ich werde das mit meiner Frau besprechen müssen und Ihnen spätestens in drei Tagen eine Nachricht zukommen lassen.“

 

Als das Essen kam verabschiedete ich mich, um mich ein wenig umzusehen. Außerdem konnte ich so vor dem miefigen Fischgeruch fliehen. „Mr. Harfert es hat mich sehr gefreut Sie wiederzusehen. Ich hoffe ich habe nicht gestört und ich würde mich jetzt gerne etwas entfernen, um mir den Golfplatz anzuschauen“, sagte ich höflich zu ihm. „Selbstverständlich können Sie das tun. Wir wollen Sie hier nicht festketten“, sagte er begeistert über meine Idee. Meinem Chef warf ich noch ein knappes Kopfnicken zu und verschwand nach draußen. 

Ich spazierte über die Grünfläche und beobachte etwas entfernt, Golfer die Golfbälle in hohem Bogen in die Luft schossen, um sie dann in der Nähe des Loches zum Liegen zu bringen. Fasziniert betrachtete ich die eleganten Bewegungen der Golfspieler. Ich entdeckte einen kleinen See am Rande des Platzes und setzte mich an das Ufer. Das kühlende Wasser an meinen Füßen ließ mich ein wenig entspannen.

 

Eine Stunde später saß ich wieder im Auto und spürte die düsteren Blicke auf mir. „Achten Sie lieber auf die Straße, anstatt mir solch griesgrämige Blicke zu zuwerfen Chef“, unterbrach ich irgendwann die Stille abrupt. „Ich denke nicht, dass du in der Lage sind, mir Anweisungen geben zu können Melanie!“, antwortete er trotzig. »Na der hat ja wieder gute Laune…« Leise summte ich zu der Musik des Radios mit und wippte hin und her, warf hin und wieder einen verstohlenen Blick seitlich zu meinem Chef.

 

 

„Wir könnten die Zeit nutzen, um uns zu unterhalten“, versuchte er ein Gespräch einzuleiten. Ich stierte schon auf den Hebel, um die Tür zu öffnen und einfach hinaus zu springen. „Melanie bitte! Jetzt starr doch nicht so auf die Tür, die sind von innen verriegelt. Wir hatten eine schöne Zeit und ich kann verstehen wenn du verletzt bist, aber ich kann doch nichts dafür, wenn Elisa plötzlich wieder auftaucht und denkt ich würde sie fröhlich empfangen. Als ich rausbekam, dass sie es nur auf mein Geld und meinen Ruf abgesehen hatte, habe ich sie in hohem Bogen rausgeworfen.“ Desinteressiert saß ich auf dem Beifahrersitz und lauschte seinen Worten. „Normalerweise stehe ich nur auf natürliche Freundinnen, aber meine Mutter hatte sie mir ans Herz gelegt und sie kann wirklich nett sein.“ Schnaubend merkte ich, dass er sie in Schutz nahm.

„Nun, ich wusste nicht, dass du auf solche Weiber abfährst!“

„Das tue ich auch nicht“, antwortete er etwas zögerlich.

„Auf was für einen Typ stehst du denn normalerweise, also vom äußerlichen?“, fragte ich spitz. „Ich mag schöne Augen und dunkle Haare“, kam es prompt von ihm und grinste mich spitzbübisch von der Seite an. „Und was magst du sonst noch?“, fragte ich ihn weiter aus. „Hm… wenn sie mich zum Lachen bringen kann. Ich mag es, wenn Frauen Humor besitzen.“ „Wie lange wart ihr zusammen?“ „Einen guten Monat“, sagte er knapp. „Wolltest du nur deinen Samenüberdruck abbauen oder wieso hast du dich von dieser künstlichen Frau beeindrucken lassen?“, fuhr ich meinen Verhör unbeirrt weiter. Grinsend stellte ich fest, dass Christian bei meiner Frage verstört guckte. „Ich denke nicht, dass ich einen Samenüberdruck habe“, gab er schmunzelnd zurück. „Und wieso hast du mich dann bei dem Geschäftsessen so offensichtlich begrabscht?“, fragte ich mit forschenden Augen. „Du bist eine süße Versuchung in diesem bezaubernden Kleid gewesen“, sagte er mit einem breiten Lächeln und ich war beeindruckt von seinen weißen Zähnen, die in einer perfekten Symmetrie aneinander gereiht waren. Er sieht toll aus, wenn er lacht. Einfach umwerfend. „Ich denke, ich sollte dich nach Hause bringen. Du kannst für heute Feierabend machen.“ »Halleluja! Endlich Feierabend!« „Klar gerne.“

 

 

Am Samstagabend rief mich Sophie an und plapperte wie immer feucht fröhlich drauf los. „Schätzchen, du musst unbedingt mal eine Auszeit von deiner Arbeit haben. Lass uns heute Abend ins Coco gehen. Du musst dich mal wieder vollkommen fallen lassen. Da waren wir jetzt eine ganze Weile nicht mehr seitdem du dort gekündigt hast und Liam und Uwe erwarten dich bestimmt schon sehnsüchtig. Außerdem ist dort jeden Samstag Cocktailabend. Das hört sich doch fantastisch an oder was meinst du?“, schnatterte mich Sophie am Handy voll. „Vielleicht lernst du endlich mal wieder einen richtigen Mann kennen. Nach der Pleite mit Timon kann es doch nur besser werden“, blubberte sie zuversichtlich weiter. Timon hatte ich schon komplett verdrängt. Ich war eine ganze Weile mit ihm zusammen gewesen. Er war zwar einige Jahre älter gewesen. Doch wir hatten uns auf Anhieb fantastisch verstanden. Hatten uns oft getroffen und er versprach die Sterne vom Himmel zu holen. Alles was sich Frau wünscht. Wir waren glücklich zusammen, obwohl er zehn Jahre älter war. Wir hatten schöne Momente, die zu meinem Leben gehören, aber das Kapitel ist längst abgeschlossen. Als Sophie ihn dann in einem Restaurant hier in der Nähe mit Frau und Kinder entdeckt hatte und mir das zusteckte, machte ich natürlich sofort Schluss. Kurz: die totale Pleite. Das war jetzt schon gute fünf Monate her und ich hatte keinen einzigen Gedanken mehr für ihn verschwendet, aber Sophie hat Recht. Ich brauche Spaß und Ablenkung von meinem Alltag. „Ja du hast Recht“, stimmte ich ihr also zu. „Ich sollte mir mal wieder einen richtigen Kerl angeln“, grunzte ich ihr durch das Telefon vielversprechend entgegen. „Super, um halb zehn vorm Coco. Ich freue mich und zieh dir was Süßes an. Dann ziehen wir paar dicke Fische an Land“, jubelte Sophie ins Telefon und schon war die Leitung tot. »Was haben die heute nur alle mit ihrem Fisch?«

 

 

Frisch geduscht und halbnackt vor meinen Schrank stehend, entschied ich mich endlich für ein kurzes rotes Cocktailkleid, welches bis zur Taille enganliegend war und bis knapp über den Knien endete. An der Taille befand sich ein schmales, schwarzes Band mit einer kleinen Schleife. Meine neusten High Heels, welche Christian mir im Einkaufszentrum bezahlt hatte, passten perfekt dazu. Das Kleid schmiegte sich an meinen Körper, wie eine zweite Haut. Jede Frau braucht ein rotes Kleid in ihrem Besitz, auch wenn es nur im Kleiderschrank hängt. Ich kämmte noch ein letztes Mal durch meine Haare und drehte mir kleine Locken in die untere Hälfte meiner schwarzen Haarpracht. Den Ersatzschlüssel und etwas Geld steckte ich in meinen BH, schlüpfte in meine hohen Schuhe und betrachtete mich zufrieden im Spiegel. Schwarze, lange Haare mit kleinen Löckchen in den Spitzen, eisblaue Augen, lange Beine, dessen Füßen in hohen schwarzen High Heels steckten und ein perfekt sitzendes Cocktailkleid, welches meine schlanke Figur betonte. Mit der Welt im Einklang stolperte ich unbeholfen aus der Wohnung und machte mich auf den Weg ins Coco. Mein altes zu Hause in dem ich einige Monate gearbeitet hatte, um meine Wohnung und meine etlichen Shoppingtouren finanzieren zu können.

 

 

Vorm Coco herrschte regelrechtes Treiben. Ich erkannte eine lange Menschentraube, als ich aus meinem Taxi ausstieg. Sophie begrüßte mich mit einem dicken Schmatzer und wir bahnten uns einen Weg zum Anfang der Schlange. Protestlaute ignorierten wir gekonnt und steuerten auf Uwe zu. In voller Montur stand er groß, breitschultrig und muskulös am Eingang und schenkte uns ein verschmitztes Lächeln, als er uns kommen sah. Sein kahl rasierter Kopf, sein südländischer Stich und seine vielen Narben ließen einige leichtbekleidete Frauen zurückschrecken. Er empfing mich mit einer dicken Umarmung. „Mel! Endlich lässt du dich hier auch mal wieder blicken. Ich dachte du kommst gar nicht mehr“, sagte er lächelnd, als er mich wieder absetzte. „Hey mein dicker Brummbär. Ja ich weiß. Ich habe einen neuen Arbeitsplatz gefunden und irgendwie kam ich einfach noch nicht dazu“, antwortete ich geknickt. „Na gut, vielleicht können wir uns später in Ruhe unterhalten, ich muss hier aber noch ein paar Stunden die Stellung halten“, grummelte er und schubste uns in die warme Stube.

 

 

Wir gingen zuerst zu Liam, ein Einunddreißigjähriger schmächtiger, schwuler Barkeeper mit einer einmaligen Bartfrisur. Wir bahnten uns einen Weg durch die tanzende Menschenmenge und quetschten uns durch die vielen Menschen an der Bar. Liam nahm uns zuallererst gar nicht war, als er dann schockiert die Augen aufriss, wusste ich, dass er uns entdeckt hatte. „Mel, du heißer Feger und Sophie du siehst auch toll aus! Was hat euch denn hierher vertrieben!? Mel, wir dachten du tauchst gar nicht mehr auf“, hielt er mir eine freundlich Standpauke und beugte sich über die Theke um mir einen kleinen Bussi zu geben.  „Jaja ich weiß, Uwe hat genauso reagiert. Es tut mir wirklich leid, ich werde wieder öfters reinschneien. Vielleicht können wir uns nachher mal irgendwo hinsetzen und einen Drink zusammen schlürfen“, sagte ich entschuldigend. „Ja, ich werde in vier Stunden abgelöst und jetzt mix ich euch erst mal einen kleinen Drink sonst vertreibt ihr mir noch die Leute mit eurer schlechten Laune.“ „Ach wir brauchen nur bisschen Alkohol und dann werden wir schon lockerer“, grinste ich und nahm die beiden Drinks dankend entgegen. „So wir verdrücken uns dann mal in eine Ecke und danke für die Drinks“, rief ich ihm zu, als ich mit Sophie von dannen zog.  Wir gingen die Treppen Stufen zu den vielen erhöhten Sitzecken hoch und warfen missbillige Blicke zu den reichen Schnöseln, die alle ein billiges Flittchen auf ihren Schößen sitzen hatten, welche sich an ihren zu kleingeratenen Stück rieben. Ich legte ein kleines Grinsen auf und steuerte mit Sophie zu einer roten Sitzecke, als ich Jaqueline mit einem hübschen Mann entdeckte. „Komm mit zwei Sitzecken weiter ist eine Arbeitskollegin von mir“, brüllte ich Sophie ins Ohr und delegierte sie zu den beiden. „Hey Jaqueline“, begrüßte ich sie und warf einen Blick zu dem Mann an ihrer Seite. Er sah unwiderstehlich aus mit seinen tiefblauen Augen, dem schwarzen Haaren, welche ihm leicht ins Gesicht fielen, sein Gesicht schien makellos und er hatte eine schöne geschwungene Nase und volle Lippen, sein weißes T-Shirt mit V-Ausschnitt betonte seine Muskelmasse. »Er sieht so gut aus. Viel zu gut.« Ein verschmitztes Lächeln legte sich auf seinen Mund, als er meine Musterung bemerkte und  seine ebenfalls beendete. Wir starrten uns für einen kurzen Augenblick in die Augen und ich sah ein breites Grinsen im Gesicht, als uns Jaqueline unterbrach. „Darf ich vorstellen Melanie Anders – Tyron Bexton, der beste Freund von unserem Chef. Tyron Bexton – Melanie Anders meine Arbeitskollegin. Sie arbeitet als persönliche Assistentin für Christian“, stellte sie uns einander vor und ich schluckte, als ich hörte, dass dieser gutaussehende Mann der beste Freund von meinem Chef sei. „Hey Melanie du kannst mich ruhig duzen“ begrüßte er mich. „Hey“, gab ich gelassen zurück und ich legte ein dümmliches Grinsen auf mein Gesicht. „Darf ich vorstellen meine beste Freundin Sophie Elbers. Sophie – Jaqueline und Tyron. Jaqueline und Tyron – Sophie.“ „Hey Leute“, begrüßte sie die beiden, wobei ihre vielen Sommersprossen Tango tanzten. „Setzt euch doch dazu“, wies uns Jaqueline an. Ich ließ mich neben Tyron fallen, Sophie neben mich und stellten unsere Drinks auf den Tisch ab. Jaqueline rutschte noch ein Stücken um den Tisch herum, so dass wir alle genug Platz hatten. „Jaqueline du hast mir gar nicht erzählt, dass du einen Freund hast“, tadelte ich sie. „Nein, nein ich habe keinen Freund. Ich kenne Tyron seit meiner Kindheit, ab und zu gehen wir gemeinsam ins Coco. Immerhin ist das der angesagteste Club in Berlin“, wehrte sie ab und zwinkerte mir zu. Innerlich freute ich mich, wie ein kleines Kind, als ich hörte, dass sie nicht mit Tyron zusammen sei. „Na wär der nicht was für dich“, flüsterte mir Sophie vergnügt ins Ohr. Ich legte nur ein breites Grinsen auf und sie schien von ganz allein zu verstehen. „Und du Tyron, hast du zurzeit eine Freundin?“, fragte ihn meine Freundin. „Nein, ich bin der richtigen noch nicht begegnet“, sagte er lächelnd und schaute mich aus dem Augenwinkel an.

 

 

Ich ließ meinen Blick über die tanzenden Menschen schweifen und nippte hin und wieder an meinem Drink. Als ich ihn sah. Nicht er Bitte nicht Christian Boullion. „Was macht der denn hier“, grummelte ich. Tyron folgte meinem Blick und sagte schulterzuckend: „Ach der hat vor kurzem mit seiner Ollen schlussgemacht und hat jetzt wieder freie Bahn.“ Tanzend bewegte er sich in der Menge mit einer blonden Barbiepuppe. Ich dachte, der steht nicht auf Püppchen.

 

Wir amüsierten uns köstlich und Tyron gab eine Runde Wodka Martini aus.  „Kommst du mit mir tanzen Melanie?“, forderte Tyron mich zum Tanzen auf und ich stimmte zu. Gemeinsam schlenderten wir nach unten und stürzten uns auf die Tanzfläche. Ich nahm die Musik in mich auf und bewegte mich frei und hemmungslos, gab mich ganz der Musik hin, die ich so sehr vermisst hatte. Tyron legte seine Manneshände von hinten auf meine Hüfte und bewegte sich mit mir im Rhythmus. Tyrons Aftershave drang in meine Nase. Genießerisch sog ich den Duft ein. Ich schloss die Augen und fühlte mich, Tyron und die Musik. Seine Finger streichen zart über meinen Rücken. „Du siehst wunderschön aus“, raunte er mir mit seiner tiefen Stimme ins Ohr. Er zog mich noch näher zu sich. Eine kleine Gänsehaut machte sich auf meiner Haut breit und er strich mit seinen Fingern graziös über meine Arme. Ich hörte sein heiseres Lachen, als er die Gänsehaut bemerkte. Es fühlte sich verdammt gut an, sich mit ihm zu bewegen. Sein warmer Atem beschert mir immer wieder eine kleine Gänsehaut in meinem Nacken. Ich spürte seine warmen Hände an meiner Hüfte und schmiegte mich enger an ihn. Ein leichtes drücken an meinem Arsch ließ mich feststellen, dass ich schon lange niemanden mehr in mein Bett gelassen habe. Unbekümmert rieb ich mich an seiner Jeans. „Wenn du damit nicht sofort aufhörst, zerre ich dich gleich auf die Toilette“, kam es atemlos von ihm. „Ich wollte mir gerne etwas mehr Zeit mit dir lassen. Du gefällst mir viel zu gut für einen One-Night-Stand, Süße.“ „Okay, dann lassen wir es langsam angehen“, hauchte ich, als das Lied endete. Enttäuscht stellte ich fest, dass mir die Wärme fehlte, als er mich losließ. „Lass uns noch schnell ein paar Drinks holen“, wandte sich Tyron an mich. Gemeinsam gingen wir noch schnell zu Liam, der zwinkerte mir zu, als er Tyron neben mir entdeckte. „Hey Liam, kannst du uns was Leckeres zaubern?“ „Klar du kennst mich doch“, lachte er und schob uns nach einer Weile die Mischungen zu. „Danke dir.“ Er beugte sich noch schnell zu mir über die Theke, als Tyron seine Blicke über die Masse schweifen ließ. „Mel, was hast du denn da bitte für einen heißen Feger? Bin ich jetzt abgeschrieben?“ Ich zwinkerte ihm verschwörerisch zu und erhielt ein breites Lächeln von ihm. Dann zog ich Tyron zur Treppe hinter mir her. Von weitem sah ich Christian Boullions fassungslosen Blick, als er uns zusammen kommen sah. Wahrscheinlich galt der Blick Tyron anstatt mir. „Hey Kumpel, tanzen aufgegeben?“, begrüßte Tyron ihn. „Mel und ich haben dich mit einer blonden Frau gesehen.“ Wir quetschten uns zu fünft in die Sitzecke und stellten unsere Drinks ab. Christian warf mir einen skeptischen Blick zu, als ich das Schlusslicht bildete und somit neben Tyron saß. Eng an eng – Haut an Haut. Tyron legte besitzergreifend eine Hand auf meinen Oberschenkel und ich spürte wieder die angenehme Wärme, die er ausstrahlte. „Ja… ich brauchte ein wenig Ablenkung“, sagte er nach kurzem Zögern. „Aber muss es denn immer blond sein? Ich dachte du stehst auf dunkelhaarige“, stocherte Tyron weiter. Christian nahm einen großen Schluck von seinem Drink, als er die Hand auf meinem Oberschenkel entdeckte. Schlagartig verfinsterte sich sein Blick. Unsere Blicke trafen sich für einen Moment, aber ich verbarg meine Gefühle hinter einer undurchdringbaren Maske.

 

Ich unterhielt mich gerade mit Sophie, als Uwe und Liam gemeinsam zu uns kamen. Tyron und Christian betrachteten die beiden skeptisch, als sie mich in eine enge Umarmung schlossen. „Ihr seid ja doch noch gekommen“, sagte ich erfreut und gab Uwe, meinem dicken Brummbär einen kleinen Schmatzer auf die Wange. „Natürlich, wir können dich doch nicht mit denen alleine lassen“, bestätigte er und deutete auf die beiden Männer, die uns immer noch beäugten. „Das hier sind Uwe und Liam, ich habe vor meiner Zeit als Assistentin hier im Club gekellnert und daher kenne ich die beiden. Uwe und Liam das sind Tyron, Christian, Jaqueline und Sophie kennt ihr bereits“, stellte ich sie einander vor und ging der Reihe nach durch. Sie hoben zum Gruß die Hand. „Hey, schön euch kennenzulernen“, sagte Sophie und rückte durch, um etwas Platz zu machen. Wir quetschten uns zu siebt in die Ecke. Tyron fing sofort an sich mit ihnen zu unterhalten, wahrscheinlich wollte er dadurch bei mir Sympathiepunkte sammeln. Ich gluckste fröhlich vor mich hin und brachte mich hin und wieder in das Gespräch mit ein. Doch lange Diskussionen über Football sind nicht so mein Geschmack. Tyron ließ ausversehen seine Hand vom Tisch fallen, welche genau auf meinen Oberschenkel landete. So ein Zufall.

 

Später, verschwand ich mit Sophie, Uwe und Tyron auf die Tanzfläche. Eng umschlungen bewegte ich mich in Tyrons Armen. Sogar Uwe traute sich mit Sophie zu tanzen. Sophie hatte schon immer ein kleines Auge auf Uwe geworfen. Doch der breitschultrige Türsteher war einfach zu schüchtern. Ich schloss die Augen, um das auf mich einströmende Gefühl einzufangen. „Darf ich mir Melanie mal ausborgen“, vernahm ich plötzlich eine vertraute Stimme und wurde aus den starken Armen von Tyron gezogen. „Ähm… sicher. Dann gehe ich mal zurück zum Platz.“ Verwundert schaute ich in ein Paar grüner Augen.  „Hallo Schönheit“, raunte er verschwörerisch in mein Ohr. „Ich dachte du tanzt nur mit blonden Püppchen?“, stichelte ich. „Hm… ich könnte eine kleine Ausnahme machen“, brachte er mit belegter Stimme hervor. Christian legte sanft seine Hände auf meine Hüfte und bewegte sich rhythmisch mit der Musik. Langsam bewegte ich mich mit ihm. „Lass dich einfach fallen“, drang es atemlos an mein Ohr. Wir bewegten uns im perfekten Einklang. Die laute Musik dröhnte auf uns ein. Ich spürte, wie ich mich fallen ließ, wie mein Verstand sich allmählich verabschiedete, als seine Hand mein Arm streifte, seine Lippen zart meinen Nacken berührten und mich ein kleines Kribbeln durchfuhr. Ich schmiegte mich enger an ihn, spürte das aufsteigende Gefühl. „Christian…“, hauchte ich mit heiserer Stimme. „Ja?“, kam es rauchig von ihm. „Küss mich!“, sagte ich tief verzweifelt. Langsam drehte er mich zu sich um und neigte seinen Kopf zu mir hinab. Ich sah sein Lächeln, seine wundervollen Augen, sein Anblick raubte mir meinen letzten Atem, als ich endlich seine zarten, weichen Lippen auf meinen spürte. Sie passten perfekt aufeinander. Zaghaft bat er um Einlass, widerstandlos ließ ich seine Zunge zu mir eindringen. Er schmeckte nach Früchten und hartem Alkohol. Mein Verstand schaltete sich ruckartig wieder ein, als der alkoholische Geschmack an mein Gehirn gesandt wurde. »Verdammt! Ich küsse meinen Chef und seine Sinne sind auch noch benebelt vom vielen Alkohol. Kein Wunder, dass er sich widerstandlos ergeben hat.« „Oh Gott“, nuschelte ich an seinen Lippen. „Was ist los?“, fragte er mit rauer Stimme. „I-ich… du hast zu viel getrunken“, hauchte ich traurig und tauchte in der Menge unter. Ich erzählte den Anderen, dass es mir nicht gut ginge und bestellte mir ein Taxi für den Rückweg. Zum Abschied erhielt ich von allen liebevolle Umarmungen. „Soll ich dich nach Hause begleiten? Nicht, dass du die letzten Meter nicht mehr schaffst“, fragte Tyron leise, aber ich lehnte dankend ab.

 

 

Eine Woche war jetzt vergangen. Am Morgen musste ich mich förmlich zur Arbeit schleifen. Christian redete nur das Nötigste mit mir und verlor keine Silbe über den Kuss. Vielleicht lag es auch an mir immerhin ging ich ihm so gut es ging aus dem Weg, aber ich hatte gehofft, dass er mich nochmal auf den Kuss ansprechen würde. Es sollte wohl nicht sein. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und stürmte nach der Mittagspause in sein Büro. „Hat dir der Kuss wirklich so wenig bedeutet? Ich dachte du magst mich auch ein wenig, aber nein seit Tagen sprichst du kein Wort mehr mit mir!“, plapperte ich drauf los. »Ach du heilige Scheiße!« Erst jetzt realisierte ich, wo ich soeben reingeplatzt war. Nackt wie Gott die beiden geschaffen hatte, stand mein Chef hinter Miss Fotter mit heruntergelassener Hose und starrte mich entgeistert an. »Wahnsinn was ein knackiges Hinterteil«, stellte ich erstaunt fest, fasste mich jedoch einigermaßen wieder. „Viel Spaß euch noch“, lachte ich beinahe hysterisch. Geschockt setzte ich mich an meinen Schreibtisch und schrieb eine E-Mail an meine beste Freundin. Zwei Minuten später stürmte eine aufgebrachte Miss Fotter durch das Vorzimmer. »Die hat es aber eilig wegzukommen.« „Dieses Arsch wirft mich einfach raus…“, ärgerte sie sich und stolzierte erhobenem Hauptes zur Glastür. Grinsend schickte ich Terminbestätigungen ab und ging in Christians Büro, um ihn daran zu erinnern, dass Mr. Harfert sogleich erscheinen wird. Mr. Harfert hatte das Angebot angenommen und jetzt streiten sich die beiden immer noch über die geschäftlichen Sachen. „In Ordnung, Danke.“ Ich wollte mich wieder von ihm abwenden und drückte die Klinke hinunter. „Melanie warte bitte“, kam es zögernd von ihm. „Es tut mir leid. Das hättest du nicht sehen sollen.“ Verdutzt stellte ich fest, dass er sich für den Sex entschuldigte und nicht für den Kuss. „Das braucht dir nicht leidtun. Es ist ja nicht so, dass wir zusammen sind, nicht wahr?“

„Äh… ja, nein das sind wir nicht,… leider…“, nuschelte er so leise, dass ich Letzteres nicht mehr verstand und hinter der Tür verschwand. Nach ein paar Stunden konnte ich endlich Feierabend machen.

 

Ich stieg flott die letzten Treppenstufen zu meiner Wohnung hoch und entdeckte einen großen Blumenstrauß vor meiner Tür. Ich liebe rote Rosen. Ich nahm die kleine Karte zwischen meinen Fingern und atmete den himmlischen Duft der Rosen ein.

 

Hallo Schönheit!

Du gehst mir einfach nicht aus dem Kopf!

Melde dich doch bei mir!

Tyron Bexton  xoxo

 

Auf der Rückseite fand ich die Nummer von ihm, ein kleines dümmliches Grinsen schlich sich auf mein Gesicht. »Wie süß ist der denn bitte?!« In meiner Wohnung entschloss ich mich dazu ihn direkt anzurufen. Kurzerhand wählte ich die angegebene Nummer und hörte das laute Tuten in meinem Ohr. „Hallo?“ Meine Stimmung hellte sich schlagartig auf, als ich die raue, tiefe Stimme vernahm. „Hey Tyron hier ist Melanie. Danke für die wunderschönen Rosen.“ „Melanie schön dass du mich anrufst. Ich konnte deine Nummer leider nicht im Telefonbuch finden“, hörte ich seine dunkle Stimme. „Hast du Morgenabend schon was vor? Ich würde dich gerne zum Essen einladen.“ „Nein, habe ich nicht. Ich denke, dann haben wir jetzt ein Date?“, schmunzelte ich. „Super, soll ich dich bei der Arbeit abholen?“, kam es lachend zurück. „Ja dann nehme ich mir was zum Umziehen mit“, stimmte ich glücklich zu.

 

Am Freitagmorgen raubte mir das nervige Piepsen des Weckers den letzten Schlaf. Seufzend warf ich die Bettdecke zurück und entknotete meine schwarze Haarpracht mit den Fingern. Warmes Wasser prasselte wenig später unaufhaltsam auf mich hinab und vernebelte den großzügig verzierten Badezimmerspiegel. Ich liebe alte Schmuckstücke. Antiquitäten sind immer schick und sehen super aus, wenn man sie richtig kombiniert.

Ich stibitzte mir eine große Handtasche und packte das Nötigste ein. Ich entschied mich für eine blaue, hautenge Jeans und einen grauen Tommy Hilfiger Pullover. Dazu ein Paar grau- weißer Ballerina, die das Outfit abrundeten.

„Hey Ralph! Das Übliche bitte.“ „Steht schon abholbereit“, grinste er und reichte mir die zwei Latte Macchiatos über die Ladentheke hinweg. „Danke dir“, sagte ich und überreichte ihm ein paar Scheine. Ich stieg in das gelbe Taxi und beobachtete die nur langsam vorankommenden Verkehrsteilnehmer durch die kühle Fensterscheibe. Wie jeden Tag, konnte ich die Spitze des Empire State Buildings entdecken.

 

Nach der Mittagspause saß ich wie gewöhnlich in meinem Sessel und kontrollierte die eingegangenen E-Mails. „Melanie kommst du mal bitte in mein Büro?“, rief mein Chef aus seinem Büro. „Ja was gibt es denn?“, rief ich zurück. „Erfährst du gleich“, brüllte er zurück. Seufzend schloss ich die laufenden Programme und bewegte mich in Richtung Büro. „Also… wir fliegen nach Paris am kommenden Montag.“ „Wir… aber was…“ „Nun ich habe ein wichtiges Geschäftsgespräch und da du die französische Sprache beherrscht, habe ich mich dazu entschieden dich mitzunehmen“, erklärte er mir breitwillig. „Ich kann mich nicht daran erinnern, so etwas mit meinen Vertrag unterschrieben zu haben“, antwortete ich ungeniert. „Jetzt komm nicht wieder mit deinem Vertrag. Ich werde einen neuen aufsetzen, falls das wirklich notwendig ist. Ich komme immer wieder auf dein Abkommen zurück. Wie war das noch gleich? Du tust alles, was ich will. Ah, stimmt ja“, triumphierte er. Vor Wut lief ich rot an. „Wie kannst du es wagen immer wieder auf dieses veraltete Abkommen herumzutrampeln“, schnauzte ich sauer. „Mel, ich denke wir haben diese Diskussion bereits geführt. Widerworte sind nutzlos. Zwei oder drei Tage könnten wir zusammen die Stadt besichtigen, natürlich nur wenn du Lust hast.“ Verwirrt über sein Angebot, hob ich eine Augenbraue. „Ach und Melanie.“ „Ja?“ „Der Kuss war schön, aber ich hätte eine romantischere Gegend vorgezogen.“ „Bi-bitte was ...“, stammelte ich und war jetzt vollkommen verwirrt. „Wie lange willst du dich denn in Paris aufhalten?“

„Nur ein paar Tagen. Auf jeden Fall müssen wir einen potenziellen Neukunden wahrnehmen. Du bekommst sozusagen gleichzeitig bezahlten Urlaub“, argumentierte er lächelnd. »Ich war nun schon wirklich lange nicht mehr im Urlaub gewesen und so ein, zwei Tage Paris, wäre ganz nett.«

„In Ordnung ich komme mit, sonst würdest du mich so oder so mit schleifen“, stimmte ich schließlich zu, nach dem ich kurz über sein Angebot nachdachte. Eilig verließ ich dann sein Büro. „Genau“, vernahm ich noch die vertraute Stimme, als schließlich die Tür zufiel. Verwundert über seine plötzliche Offenheit machte ich mich wieder an die Arbeit.

 

„Hey du.“ Ich schaute in ein Paar dunkelblaue Augen. „Oh hey Tyron ist es schon so spät?“, lächelte ich. Er trug eine bequeme Hose und ein schönes Hemd, welches seine Augen ungemein betonte. „Jap.“ „Gut dann verziehe ich mich schnell auf die Toilette, um mich umzuziehen“, erwiderte ich. Ich fuhr den PC runter und schnappte mir meine beige Tasche mit den Klamotten.

 

„Was zur Hölle willst du von ihr?“, hörte ich von weitem meinen Chef. „Sie gefällt mir, schau sie dir an. Ich verstehe nicht, wie so eine Frau Single sein kann“, entgegnete Tyron gelassen. „Also ist es nur wegen ihrem Aussehen?“ „Nein ganz im Gegenteil, sie ist nett, sympathisch, elegant und ich werde sie heute Abend noch besser kennenlernen“, erwiderte er immer noch ruhig. „Das meinst du nicht Ernst?“

„Natürlich, was ist dein Problem? Du warst derjenige, der in den höchsten Tönen von ihr gesprochen hat, aber du scheinst ja nichts von ihr zu wollen, bist zurzeit nur auf so einem Aggrotrip und hast deine Späßchen mit blonden Flittchen.“ „Ich habe meine Gründe“, blaffte er Tyron entgegen. „Und die wären?“ „Meine Mutter möchte nicht, dass ich mich auf sie einlasse …“ „Ach komm schon! Sag mir nicht du hörst immer noch auf deine Mutter, nur weil Sophie ihre beste Freundin ist. Du hast mit der Sache nichts zu tun. Das ist eine Angelegenheit zwischen Margaret und Sophies Familie. Du bist dreißig Jahre alt und wirst ja wohl selbst entscheiden können wer gut oder wer schlecht ist. Du magst sie, gib es zu“, raunte Tyron. „Du bist doch nur eifersüchtig und wärst jetzt lieber an meiner Stelle“, fügte er hinzu. „Natürlich mag ich sie, sie ist wundervoll, aber du weißt, dass es nicht geht!“ „Gut wie du meinst, freie Bahn für mich.“ „Du …“ „Tyron ich bin fertig“, platzte ich schließlich dazwischen und stellte mich an die Seite von Tyron. „Wir können los.“ „Ok gut, du siehst toll aus“, machte er mir ein kleines Kompliment, als er seine kurze Musterung abschloss und legte einen Arm um meine Hüfte. Ich spürte den düsteren Blick von Christian auf mir. Männer. Ich verabschiedete mich mit einem knappen „Tschüss“ und verließ mit Tyron im Schlepptau eilig die Agentur.

 

 

„Und wenn ich es Ihnen doch sage. Ich habe vorhin angerufen und habe einen zweier Tisch auf den Namen Bexton reserviert!“, wies er den Empfangsheini zum zweiten Mal an. Das Restaurant strahlte ein angenehmes Ambiente aus. Es war modern, aber längst nicht edel. Der Heini hatte es endlich geschafft den reservierten Tisch ausfindig zu machen und führte uns bereitwillig zum gedeckten Tisch. Das Besteck lag an Ort und Stelle und eine gefaltete weiße Serviette war auf dem flachen Teller platziert worden. Der Tisch war bedeckt von einer weißen Tischdecke und in der Mitte nahm eine schöne Kerze den Platz ein. Tyron rückte mir meinen Stuhl zurecht und ich setzte mich graziös, hoffte ich zumindest. Er nahm gegenüber Platz und lächelte mich an. Der Kellner brachte uns die Speisekarten und fragte nach unseren Wünschen. Wir bestellten einen köstlichen Weißwein und eine Flasche prickelndes Wasser mit Zitrone. Ich entschied mich für einen Zucchini-Kartoffel-Auflauf mit Knoblauch und einem Schweinefilet und mein Begleiter bestellte für sich einen Seelachs mit Salat und Kartoffeln. „Isst du gerne Fisch?“, fragte ich ihn interessiert. „Ja ich liebe Fisch. Bei mir gibt es jede Woche mindestens einmal einen leckeren Fisch.“ »Ach herrje! Ich bin an einen Fischliebhaber geraten.«

 

Skeptisch betrachtete ich den großen Fisch auf Tyrons Teller. Angewidert zog ich die Nase kraus, als der Fischgeruch in meine Nase drang. „Was machst du so in deiner Freizeit?“, nahm ich die Diskussion wieder auf. „Ich gehe gerne zu spannenden Boxkämpfen und helfe natürlich in der Firma von meinem Vater. Ich bin sozusagen der Junior Chef“, grinste er schief. „Zwei Männer, die sich niedermetzeln das ist bestimmt interessant“, bestätigte ich sarkastisch. „Was ist das für eine Firma?“, fügte ich hinzu. „Ein Elektrotechnik-Konzern. Wir sind in den Bereichen elektrische Energieverteilung und industrielle Automation tätig.“ Und damit begann eine lange Diskussion über elektrische Energieverteilung. Zu neunzig Prozent verstand ich noch weniger als Bahnhof. Seufzend lehnte ich mich zurück und hörte dem faden Gespräch zu. »Hätte ich doch nur nicht nachgefragt.« Ich stöhnte einmal frustriert auf und lenkte somit die volle Aufmerksam auf mich. „Tut mir leid, ich bin die ganze Zeit am Reden. Was machst du denn so in deiner freien Zeit?“, stellte er mir endlich eine Gegenfrage. „Wenn ich nicht gerade für Christian arbeiten muss, treffe ich mich mit meinen Freunden. Normalerweise war ich auch oft im Coco, aber nach meinem neuen Job, bin ich kaum mehr dagewesen. Naja und nächste Woche bin ich in Paris geschäftlich unterwegs.“ Mir entging sein verdutzter Gesichtsausdruck natürlich nicht. „Was ist los?“, fragte ich ihn leicht verwirrt. „Ach, es ist nur ungewöhnlich, dass Christian jemanden mit auf seine Reisen nimmt. Er ist eigentlich ein Einzelgänger, ab und zu auf der Suche nach Zuneigung mehr nicht. Seine Bekanntschaften sind kurz und oftmals blond.“ „Steht er wirklich auf Blondinen?“, stocherte ich. „Nein, sie sind lediglich eine Ablenkung. Wenn sie blond sind, bindet er sich nicht“, gestand er mir. „Wie er bindet sich nicht?“, hackte ich nochmal nach. „Er steht auf Brünetten oder Schwarzhaarige, Blondinen kommen für ihn nicht in Frage“, erklärte er mir im Vertrauen. »Interessant.« „Und inwiefern dienen sie zur Ablenkung?“ „Wenn ihm eine Frau gefällt, versteckt er seine Gefühle hinter einer Maske. Er ist kein offener Mensch, musst du wissen. Um die Gefühle zu unterdrücken braucht er halt... Ablenkung.“ „Sex?“, stellte ich eine rein rhetorische Frage. „Genau“, folgte denn noch eine Antwort mit einem zustimmenden Nicken. „Warum reden wir eigentlich nur über Arbeit und über Christian?“, fragte ich ihn schließlich. „Ich glaube Christian reißt mir meinen hübschen Kopf ab, wenn ich was mit dir anfange.“ „Bitte was? Wieso hast du dann nach einem Date gefragt?“ Verwirrt blickte ich ihn an. „Ich mag dich. Du bist eine süße Versuchung auf zwei langen Beinen. Christian mag dich auch. Denke ich zumindest und er bekommt ja nichts allein geregelt. Jeden Tag muss ich mir seine Probleme anhören.“ „Du setzt ihn vor deine Bedürfnisse?“ „Mel...“, sagte er und beugte sich etwas über den Tisch. „Er ist dir schon seit dem Geschäftsessen verfallen, aber das muss er dir selber beichten. Du hast ihm anscheinend ganz schön imponiert. Falls er nichts mehr von dir will oder du dich für mich entscheidest, würde sich die Situation natürlich drastisch verändern.“ „Na toll, also liegt die Entscheidung bei mir“, seufzte ich. „Sieht ganz so aus“, antwortete er mit einem verschmitzten Lächeln.

 

 

„Sophie und wenn ich es dir doch sage. Es ist nichts passiert! Null, Nada, Niente, absolut nichts!“ „Mensch Mel! Warum denn nicht?“, fragte meine aufstöhnende Freundin am Telefon. „Naja unser Hauptthema war mein Chef. Anscheinend mag er mich, aber das zeigt er ja absolut gar nicht. Und wenn schon, er ist mein Chef. Tyron ist ein toller Mensch, aber er wird mich erst berühren, wenn mein Chef mich frei gibt. Hallo, wo sind wir denn hier? Ich bin doch keine Sklavin oder ein Gegenstand von ihm“, regte ich mich auf. „Er meinte ich könnte mich auch für einen entscheiden, aber ich kenne die beiden doch noch gar nicht, wie soll man sich denn dann für einen Unbekannten entscheiden.“ »Männer.« „Männer sind Schweine...“, trällerte Sophie plötzlich am Telefon. „Sophie!“, brüllte ich in den Hörer. „ Schätzchen, Christian ist echt schnuckelig und Tyron ist auch ein ganz Süßer. Lass dir alle Zeit der Welt. Entweder Christian nimmt dir die Entscheidung ab oder du musst dich entscheiden. Aber lass dich zu nichts drängen. Boah, Marius ist schon wieder am plärren.“ „Apropos gibt es noch mal eine Baby Party?“ „Nein, Mama hat keine Lust auf so viel Trubel. Du kannst dir den kleinen Macker gerne mal ansehen“, sagte Sophie und ich hörte das glucksende Geräusch von dem Baby. „Okay, aber ich fliege Montagmorgen erst mal nach Paris.“ „Vielleicht geht da ja was mit deinem Boss. Immerhin ist das die Stadt der Liebe“, sagte sie gedehnt. „Du denkst auch nur an das eine.“ „Natürlich du verpasst das Beste vom Leben, meine Liebe.“ „Es ist ja nicht so, dass ich noch nie hatte.“ „Nein gewiss nicht, dennoch liegt es jetzt schon ein paar Monate zurück. So ich gebe dem Kleinen jetzt mal seine Milch. Guten Flug, falls wir uns nicht nochmal sprechen sollten“, verabschiedete sie sich schnell, als das Baby zu schreien begann.

 

 

Am Sonntagabend hatte ich endlich alles zusammen gepackt und setzte mich mit meinem Gewicht auf meinen Koffer, damit ich den Reisverschluss zuziehen konnte. Ein letztes Mal ging ich meine selbst geschriebene Liste durch, ob ich auch an wirklich alles gedacht hatte.

 

Seufzend kuschelte ich mich etwas tiefer in den Sitz. „Ich bin noch nie geflogen. New York ist aufregend genug“, fing ich eine Unterhaltung an. „Nichts neues für mich“, brummte er und fuhr in eine scharfe Rechtskurve. „Wie war denn dein Date am Freitag?“, fragte er nach einer Weile. „Erwartest du jetzt ernsthaft, dass ich dir von meinen Dates erzähle?“, murrte ich.

„Ja“, kam es ohne eine Spur von Ironie von ihm. „Ich denke eher nicht, frag doch deinen Kumpel, immerhin war er auch da. Außerdem bin ich nur deine Angestellte. Meine Privatsphäre geht dich also nichts an“, gab ich pampig zurück. „Magst du ihn?“, stocherte er unbeirrt weiter. „Ja, er ist nett und...“ »Warum erzähl ich ihm das überhaupt!« „Und was?“ „Das geht dich nichts an.“ „Ich wollte lediglich wissen, ob es dir ernst ist mit Tyron“, schmollte er. „Wir sind gute Freunde.“ „Ach so nennt man das heutzutage, wenn man ein Date hat.“ „Exakt, gute Freunde kann vieles heißen. Vielleicht kennst du ja den Film Freunde mit gewissen Vorzügen...“, ließ ich offen im Raum stehen. „Jeder kennt den“, gab er mit knirschenden Zähnen zurück. Ich beobachtete wie er gewaltsam den Lenker umgriff, so dass seine Knöchel weiß hervorstachen. Dennoch beließ ich es bei der Aussage. Ich musste ihm schließlich nicht verklickern, dass wir fast ausschließlich über ihn geredet hatten und mehr als eine Umarmung war auch nicht vorgefallen.

 

 

Als wir endlich in den Flieger gelassen wurden, suchte ich meinen Platz. Ich rechnete damit, dass wir in der Economy Class landen würden. Deshalb lief ich lief meinem Chef voraus und suchte vergeblich in den letzten Reihen nachdem auf dem Ticket angewiesen Platz. „Christian?!“, brüllte ich durch das Flugzeug. „Ich finde unsere Plätze nicht.“ Christian quetschte sich durch den schmalen Gang und lotste mich doch tatsächlich in die First Class. Anstatt den üblichen Sitzreihen gab es einen luxuriösen Sitz für zwei Personen mit einem großen braunen Tisch davor. Am Fensterplatz machte ich es mir bequem und ließ mich auf den komfortablen Sitz plumpsen. Ich schaute mich um und entdeckte zwei weitere männliche und gutgekleidete Passagiere auf der gegenüberliegenden Seite. Der eine hielt eine Zeitschrift in den Händen und der andere war gerade dabei seinen Laptop auszupacken. An der Seite entdeckte ich eine Fernbedienung für die Massagefunktion des Sitzes. »Kein Wunder, dass der so viel reist.« Christian verstaute schnell unser Handgepäck im vorgesehen Bereich und ließ sich neben mir fallen. „Wie lange fliegen wir?“ „Um die acht Stunden“, entgegnete er gelassen. „Fliegst du immer First Class?“, führte ich mein Verhör weiter. „Ja normalerweise schon. In dieser Abteilung hat man viel mehr Platz zum Arbeiten und man hat viel Beinfreiheit. Außerdem stören hier keine schreienden Babys.“ „Willst du keine Kinder?“ „Doch natürlich wünsche ich mir eine eigene Familie, aber zum Arbeiten ist es hier einfach wesentlich ruhiger“, beantwortete er lächelnd meine Frage. Wir schnallten uns ordnungsgemäß an, als die Flugbegleiterin verkündete, dass wir gleich starten würden. Verzweifelt mühte ich mich mit meinem Kurt ab, als sich Christian zu mir rüber beugte und ich seinen betörenden Duft einatmete. »Der sollte definitiv verboten werden.« „Danke“, nuschelte ich, als Christian es fertig gebracht hatte mich anzuschnallen. Das Fahrzeug rollte los und ich bekam sofort Druck auf den Ohren, als der Flieger schließlich abhob. „Wow! Das verursacht richtig Bauchkribbeln!“, brüllte ich Christian ins Ohr. Sein dröhnendes Lachen drang zu mir herüber und ich legte ein dümmliches Grinsen auf mein Gesicht. Nach einer Weile erschien eine Stewardess in unseren Bereich und schob einen vollbeladenen Wagen vor sich her. „Wünschen Sie etwas zu trinken?“, fragte sie uns beide. „Einen Tomatensaft bitte“, bestellte mein Chef. »Igitt!« „Nur ein Wasser, danke.“ Die Stewardess fragte die beiden Herren ebenfalls und verließ dann den First Class Bereich. Angewidert beobachtete ich, wie mein Chef einen tiefen Schluck von der roten Flüssigkeit trank. Ich stellte mir vor, wie der schleimige Tomatensaft sich langsam einen Weg durch seine Kehle bahnte. „Jetzt schau mich nicht so angeekelt an. Normalerweise trinke ich sowas nicht, aber der rote Saft enthält wichtige Vitamine und außerdem schmeckt er in der Luft ganz anders. Falls dir schlecht sein sollte, solltest du unbedingt einen Schluck probieren. Er soll gegen Übelkeit helfen“, erklärte er mir lächelnd. Ich lehnte dankend ab und nahm einen Schluck von meinem Wasser. Die Stewardess zeigte mir den eingebauten Fernseher und brachte uns etwas zu Essen. Ich stocherte in meinem Coban Salat rum und schaute dabei begeistert den Film Stolz und Vorurteil. „Wie kannst du dir so was langweiliges reinziehen“, fragte mich Christian nach einer Weile. „Langweilig? Das ist so romantisch!“, schwärmte ich und schaute weiterhin gefesselt den Bildschirm an. „Erst mag sie ihn nicht und dann verlieben sie sich ineinander. Total romantisch“, stellte er ironisch fest. „Ja total süß“, sagte ich und ging nicht auf seine Stichelei ein. Seufzend kramte Christian seine Kopfhörer hervor und stöpselte sie in sein Smartphone. Ich schaute gespannt den Film weiter und als dieser nach vier Stunden endete und das romantische Ende nahte, döste ich vor mir hin. Zwischendurch wurden uns nochmal vereinzelte Häppchen gebracht.

 

 

Als wir endlich landeten und unser Gepäck abgeholt hatten, standen wir schließlich draußen und warteten auf den Chauffeur, welcher uns in das Hotel bringen würde. Nach gefühlten fünf Minuten kam eine schwarze Limousine, um die Ecke gebraust und steuerte auf uns zu. Ein schlanker Mann mit gepflegter Kleidung und einer schwarze Mütze stieg aus und begrüßte uns auf Französisch. „Bonjour, bienvenue à Paris! Je vais vous apporter à votre hôtel“, hieß der Chauffeur uns herzlich willkommen und verstaute unser Gepäck in dem geräumigen Kofferraum. Christian hielt mir die Tür auf und setzte sich neben mich in die große Limousine. Mit einer Hand befühlte ich das glatte Leder und beobachtete Christian. Neugierig musterte er mich, seine Mundwinkel verzogen sich zu einem anzüglichen Grinsen, als er meinen Blick bemerkte.

 

 

 „Hier unser Zimmerschlüssel, geh ruhig schon mal vor“, sagte er zu mir und händigte mir den Schlüssel aus. Ich hörte nur so viel wie „Zimmerschlüssel“, sauste zum Fahrstuhl und beschäftigte mich weiter mit meinem Handy. Ich schrieb Sophie noch schnell eine SMS und machte mich auf die Zimmersuche.

   

Mein Hotelzimmer glich einer Luxuspenthouse Suite. Ein Traum in Weiß. Ich hatte einen wundervollen Blick auf den nächtlich beleuchteten Eifelturm. In der Mitte des Raumes stand ein gigantisches Doppelbett mit Seidenbettwäsche und Nachtschränkchen, seitlich ein weißes Sofa  und ein großer Plasma Bildschirm. Eine Glastür führte hinaus zu einem kleinen Balkon, von wo aus ich den angelegten Pool beobachten könnte. Als ich die Badezimmertür öffnete, wehte mir ein himmlischer Duft von Mango und Papaya entgegen. Einfach göttlich. Zuerst beschloss ich mir ein sinnliches Bad zu genehmigen. Ich drehte den goldenen Wasserhahn auf, überprüfte die Temperatur, ließ schließlich alle Hüllen von mir gleiten und setzte mich langsam in das warme ansteigende Wasser. Die Badewanne hatte sogar eine eingebaute Whirlpool-Funktion stellte ich fest, als ich ausversehen auf einen Knopf meinen Arm absetzte. Mit einer raschen Bewegung schloss ich den Wasserhahn, als die Wanne voll genug war. Ich ließ es mir ordentlich gut gehen und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Immerhin wird es strapaziös genug werden. Ich öffnete wieder die Augen. Geschockt sah ich niemand anderen als Mr. Boullion der mitten in meinem Badezimmer stand. „Sag mal geht es dir noch gut? Was machst du in meinem Zimmer?“ „Dein Zimmer? Du meinst wohl unser Zimmer. Das Hotel war bis auf dieses ausgebucht. Da ließ sich nichts mehr machen.“ „Bitte was?“, antwortete ich schockiert. „Dann kann man doch ein anderes Hotel nehmen“, konterte ich. „Das ist aber mein Lieblingshotel. Wenigstens scheint dir unsere Badewanne zu gefallen“, grinste er, ließ einen letzten sehnsüchtigen Blick über meinen Körper gleiten und verließ dann fluchtartig den Raum. »Was zur Hölle...?« Wütend ließ ich mich zurück in die Wanne gleiten. Nachdem ich mich vergewisserte, dass die Badezimmertür nun abgeschlossen war, ließ ich mich zurück in die Wanne gleiten und kostete die letzten Minuten der Ruhe aus.

 

 

„Verdammt!“, grummelte ich. Meine Sachen zum Wechseln hatte ich auf dem Bett liegen lassen. Das Nötigste wurde durch ein Handtuch bedeckt, welches ich krampfhaft umklammert hielt. Mit erhobenen Hauptes ging ich hinüber zum Bett und ignorierte gekonnt die Blicke von Mr. Boullion. Ich beobachtete aus dem Augenwinkel, dass er draußen auf dem Balkon stand, genüsslich ein Glas Wein trank und sich plötzlich verschluckte als er mich durch das große Glasfenster erblickte. Er warf mir komische Blicke zu. Doch ich wagte es nicht mich zu ihm zu drehen, um ausfindig zu machen was er möchte. Ich stibitzte meine Kleidung vom Bett und eilte zurück ins Badezimmer, wobei ich glaubte die Blicke von Mr. Boullion in meinem Rücken zu spüren. Hastig zog ich mich an. Über meine weiße Spitzenunterwäsche trug ich eine schwarze enganliegende Hose und eine luftige blaue Bluse mit kleinen weißen Punkten. Schlicht, elegant und ein wenig verspielt, perfekt. Meine Haare föhnte ich mir noch schnell halbwegs trocken und schminkte meine blauen Augen dezent.

 

 

Fertig gestylt trat ich zu Mr. Boullion heran. „Du siehst toll aus“, kam es freundlich von ihm. „Danke“, erwiderte ich knapp. „Lass uns unten im Restaurant etwas essen gehen. Ich habe seit dem Flug nichts Vernünftiges mehr zu mir genommen und Sie genauso wenig.“ Ich stimmte zu, als mir mein rumorender Magen bewusst wurde. „In Ordnung.“ Gemeinsam verließen wir das Zimmer und betraten schließlich im Erdgeschoss das edle Restaurant des Hotels. Die Tische standen in gutes Stück auseinander, sodass man in Ruhe sich unterhalten konnte, ohne den Gedanken zu haben, dass man vielleicht belauscht werden könnte. Ein offener Kamin war zu sehen und strahlte eine angenehme Wärme aus. Wir wurden an einen kleinen Zweiertisch in eine ruhige Ecke geführt und bekamen unsere Karten gereicht. Ich studierte die Karte und ich war angenehm überrascht. Die Speisekarte war recht klein, so dass man davon ausgehen konnte, dass alles frisch zubereitet werden würde. Dazu gab es eine üppige Weinkarte, die einfach keinen Genießer enttäuschen konnte. Ich bestellte mir als Vorspeise einen kleinen gemischten Salat und Christian entschied sich für die Tagessuppe. Außerdem entschied er sich für einen extravaganten Weißwein. Die Bedienung war äußerst freundlich, glatt schon ein wenig gekünstelt. Sie nahm schnell unsere Bestellungen auf und verschwand zum nächst gelegenen Tisch. Nach dem wir den ersten Gang verspeisten, wurden wir neu eingedeckt. Schon kurz darauf kam ein anderer Kellner zu uns gehastet, mit zwei dampfenden Tellern in einer Hand. Ich bejahte, dass die Lasagne al Forno meine Bestellung sei. Er positionierte den Teller vor mir, servierte Mr. Boullion das Gericht des Tages, Bandnudeln mit Pilzsauce und flitzte wieder davon. Ich stellte ihm einige Fragen zu dem potenziellen Neukunden, wobei wir in Ruhe unsere Gerichte vertilgten und den Wein genossen. „Also ich glaube ich gehe dann mal hoch. Der Flug war sehr anstrengend.“ „Okay, ich denke ich verbringe noch etwas Zeit bei der Bar und werde dann zu dir hochkommen. So kannst du dich in Ruhe bettfertig machen.“

 

 

Mit einem schönen, braunen Nachthemd, abgesetzt mit weißer Spitze legte mich in das kuschelig, weiche Doppelbett.  Ich rollte mich komplett auf meine Seite und schlief augenblicklich mit einem kleinen Lächeln auf meinem Gesicht zufrieden ein.

 

 

Am nächsten Morgen wachte ich auf und kuschelte mich enger an die Wärmequelle. »Wärmequelle?« Blitzschnell öffnete ich die Augen und schaute in das Gesicht von meinem Chef. Er musterte mich ausgiebig und lachte. Schnell wendete ich mich ab und rollte mich zurück, bis an die Bettkante und versteckte mein rotes Gesicht unter meinem riesigen Kissen. »Oh mein Gott! Ich habe mit meinem Chef gekuschelt! Ich bin sowas von tot!« Ich hörte wie Christian immer noch lachend aufstand und sich anzog. Ich wagte einen Blick und sah wie er sich ein schlichtes weißes T-Shirt mit V- Ausschnitt über seinen durchtrainierten Oberkörper zog. Er widmete sich wieder seinem Koffer und präsentierte mir seinen Hintern auf einem silbernen Teller, welcher nur mit einer weißen Boxershorts spärlich bedeckt wurde. Schnell wand ich meinen Blick ab, als ich ein hochinteressantes Kopfkino bekam. Ich rappelte mich hoch und lief flott ins Bad. Nach einer ausgiebigen Dusche, föhnte ich mir meine Haare und verließ Handtuch umwickelt das Badezimmer. In Rekordzeit zog ich mich um. Ich entschied mich nach kurzem Überlegen für eine helle Cordhose und eine dunkelblaue Bluse. Dazu ein Paar beige Ballerina und fertig war ich. Mein Boss war bereits fertig gekleidet und ein parfümiert und lümmelte auf dem edlen Sofa rum. Dieser Duft war so betörend. Das Parfüm sollte verboten werden. Ich zog die Luft einmal tief durch meine Lungen ein und ließ den verbrauchten Sauerstoff seufzend zurück in die große weite Welt.

 

Gemeinsam schlenderten wir zum Frühstücks Büfett. Vor uns stand ein riesiges Büfett, drum herum befanden sich noch einige freie Tische. Meinem Boss nachahmend, schnappte ich mir einen großen viereckigen Teller und nahm mir ein leckeres Krustenbrötchen und ein Croissant. Außerdem lagerte ich Käse, Schokoladenmousse, Margarine und ein paar Streifen hauchzarten Schinken auf meinem Teller. Ich lief weiter an dem meterlangen Büfett entlang. Mein Blick schweifte über unzählige Käsesorten, Fleischsorten, mehrere verschiedene Schinken und sonstige Variationen. Am Ende fand ich noch diverse Säfte, Cornflakes und andere leckere Kleinigkeiten und Häppchen. Ganz zu schweigen vom Rührei, vom angebratenen Schinken und den kleinen Würstchen. Ich entschied mich noch schnell für etwas Rührei und lief galant zurück zu unserem Tisch, wo bereits Christian wartete. Ich streute mir ein Wenig Salz über mein warmes Rührei und schmierte mir meine Brötchen zurecht und biss herzhaft hinein. Kauend beobachtete ich Christian, der sich eine Käsescheibe auf sein Kürbiskernbrötchen legte. „Also wir haben nachher ein wichtiges Gespräch mit dem französischen Kunden. Wir könnten gleich Paris besichtigen, dann ziehen wir uns kurz um und machen uns auf den Weg zum Büro des Franzosen“, legte Christian mir den Tagesablauf nah. „Ich wollte schon immer mal zum Eiffelturm“, stimmte ich fröhlich zu.

 

 

„Und hier sehen Sie den Eiffelturm. Der Turm ist 324 Meter hoch und wurde innerhalb 2 Jahren fertiggestellt im Jahre 1889. Er wurde nach dem Erbauer Gustave Eiffel benannt...“, ratterte der gebildete Touristenführer runter. Ich beobachtete die staunende Menschenmasse, welche galant hinter ihm her lief und wartete auf Christian, welcher die Tickets für die Besichtigung kaufte. Man muss diese Aussicht einfach gesehen haben. Bei dem der strahlenden Sonne und dem himmelblauen Himmel konnte ich bestimmt über 50km schauen. Die Touristen am Fuße des Turms sahen aus wie kleine Ameisen, die fröhlich umher tummelten. Aus meinen Portemonnaie holte ich einen Euro und warf ihn in das goldverzierte Fernrohr und warf einen Blick durch das Gerät. Einige schöne Gebäude erkannte ich an ihren reichlich verzierten Kuppeln, welche im Licht der Sonne glänzten und eine große Grünanlage. Ein besonders gutaussehender Anzugmann war in mein Visier, den ich schmachtend beobachtete, als Christian sich plötzlich das Fernrohr schnappte. „Hey! Da ist mein Euro drin“, beschwerte ich mich. „Jaja ich möchte doch auch nur mal kurz gucken“, grinste er und schaute durch das Fernrohr.  „Kein Wunder, dass du dich so aufregst, wäre ich schwul, würde ich glatt was mit dem Typen anfangen“, lachte er laut auf. Lachend schubste ich ihn zur Seite, doch er wehrte sich mit Händen und Füßen. Er umfasste meine Taille und drückte mich triumphierend gegen das Geländer, wobei er mich durchkitzelte. „Aufhören, bitte...“, japste ich atemlos. Ich lehnte mich sanft gegen seine harte Brust und rang um Luft. „Du bist gemein“, nuschelte ich. Meine Sinne wurden von seinem atemberaubenden Duft umhüllt. „Du kannst mich dann auch wieder loslassen“, schmunzelte er und zog mich trotzdem näher zu sich. „Pah! Du hast mich doch bedrängt“, erwiderte ich keck und versuchte mich aus seiner Umarmung zu lösen. „Nur noch kurz...“, murmelte er an meinem Ohr und hielt mich fest. »Ich glaub mein Schwein pfeift. Das hatte er jetzt nicht wirklich gesagt oder?« Für andere Schaulustige mussten wir wie ein Liebespaar aussehen. Ein kleiner Schauer lief mir über meinen Körper, als Christian seine Nase an meinen Hals drückte und meinen Geruch aufnahm. „Du solltest mich lieber loslassen, du bist immerhin mein Chef“, nuschelte ich. Stöhnend ließ er mich los und schaute mich mit seinen faszinierenden Augen an. „Und? Was spielt das für eine Rolle?“, sagte er und beugte sich zu mir runter. „In der Liebe gibt es keine Spielregeln“, raunte er mit rauchiger Stimme. Er nahm meinen verwirrten Zustand grinsend wahr und nutzte den Moment, um mir einen kleinen Kuss auf die Stirn zu drücken. „Komm, ich zeig dir ein schönes Café“, kommandierte er plötzlich und wendete sich demonstrativ von mir ab.

 

 

Wir saßen an einem kleinen Tisch in dem Café Pont–Neuf. Das Café bewies Liebe zum Detail. Eine langbeinige Bedienung huschte herbei und wandte sich an meinen Boss, um die Bestellung aufzunehmen. Er bestellte sich einen Cappuccino und ein kleines Dessert. Ich räusperte mich kurz, als die Brünette Christian förmlich mit ihren Blicken auszog. Mein Boss unterdrückte sein Lachen und warf mir einen dankenden Blick zu. Ich entschied mich für einen großen Latte Macchiato und eine französische Spezialität, die mir Christian empfahl. „Das ist wirklich köstlich. Warum gibt es das nicht auch bei uns?“, seufzte ich und nahm den letzten Bissen. „Weil wir dann alle fett werden würden“, lachte er und nahm nebenbei einen Schluck von seinem heißen Cappuccino. Wenig später bat Chris die Bedienung, um die Rechnung. Sie legte den Zettel auf unseren Tisch und drehte sich um. Eine kleine Visitenkarte segelte auf unseren Tisch, als die Bedienung sich abwandte. „Entschuldigung, Sie haben hier etwas vergessen“, rief ich ihr freudig hinterher und wedelte mit der Karte in der Luft. Grimmig kam sie zurück und riss mir die Karte aus der Hand. Ich schenkte ihr lediglich ein unschuldiges Grinsen, Christian bezahlte schmunzelnd die Rechnung und verließ mit mir das Café.

 

 

Nach meiner langen Entspannungsphase in der Wanne schlüpfte ich in meine weiße Spitzenunterwäsche und spazierte mit einem knappen Handtuch ins geräumige Schlafzimmer. Christian war gerade nicht da. Er wollte das WLAN Passwort des Hotels erfragen. Völlig in meinen Gedanken versunken durchwühlte ich meinen Koffer nach ein paar Kleidungsstücken und hielt das Handtuch stramm vor meiner Brust. „Hey Schönheit“, raunte er mit samtweicher Stimme. Erschrocken drehte ich mich um und ließ mein Handtuch fallen. „Gott, hast du mich erschreckt“, japste ich und spürte wie ich vor Scham rot anlief. Sein tonnenschwerer Blick lastete auf mir. Mit einem Schritt war Christian bei mir und drückte mich gegen die Wand. „Was...?“, presste ich raus, als sich seine Lippen auf meine legten. Sein Kuss war fordernd, wild und stürmisch. Wie von selbst schlangen sich meine Beine um seine Hüfte und nahmen ihn gefangen. Christian platzierte eine Hand unter meinem Po und mit der anderen fuhr er langsam an meiner rechten Seite lang. Ein wohliges Stöhnen entfuhr mir, als er mir heiße Küsse auf meinen Körper drückte, welches er mit einem zufriedenen Lächeln quittierte. „Ich liebe weiße Spitzenunterwäsche“, brummte er und trug mich Richtung Bett. „Du machst mich schon die ganze Zeit verrückt. Ich will dich, Mel“, hauchte er und fand meinen empfindlichen Punkt hinter meinem Ohr. Seine Beule drückte gegen mein Spitzenhöschen. Seine grünen Augen fanden meine und er bat still um meine Erlaubnis. „Du... bist immer noch mein Chef“, murmelte ich gnadenlos. „Du bist gefeuert“, grollte er mit rauer Stimme und fuhr mit seinen Fingern meine Lippen nach. „Ich bin hier, es ist deine Entscheidung.“ Ich lächelte, er konnte so wundervoll sein. Unsere Blicke kreuzten sich, sein Augen dunkler als normal. Er starrt mich an, wartet auf eine Reaktion. Ich atme tief, so dass sich unsere Lippen fast berühren. „Zieh dich aus“, flüstere ich ihm zu. Christians Augen weiten sich und er tat was ich ihm sagte. Ich mochte es diese gewisse Kontrolle über ihn.

Mein Blick wanderte über seinen nackten Körper. Er kommt in fließenden Bewegungen zurück zu mir. „Jetzt bist du an der Reihe“, flüstert er und zieht bedeutungsvoll an meinem Slip. Er küsst sich runter über meinen Bauch. Ich schließe meine Augen, um diesen Moment vollkommen auszukosten. Mit seinen Zähnen zog er den weißen Fetzen ein Stück nach unten und erledigte den Rest mit seinen Händen. Auch der BH war schnell verschwunden. Für seine geschickten Hände war dies die einfachste Aufgabe. Meine Hände glitten über seinen Körper, erkunden die Konturen seiner Muskeln und die feinen Härchen auf seiner Haut. Wie zufällig strichen meine Finger über sein steifes Geschlecht, berührten sanft seine Eichel. Christian zog scharf die Luft ein. Seine Zunge drang zwischen meine Lippen, erforschte langsam meinen Mund. Pure Erregung durchflutete meinen Körper. Die Feuchte zwischen meinen Beinen sammelte sich.

Er streckte sich über die Bettkante hinaus und griff nach seiner Jeans. In einer der Taschen befand sich ein schwarzes Päckchen. „Für den Notfall.“ Ein Lächeln umspielte meine Mundwinkel, ich entzog ihm die Packung und riss es auf. Langsam rollte ich das Kondom über seinen Schaft. Es gefiel mir zu sehen, welch eine Wirkung ich auf ihn hatte.

Ein heiseres Keuchen entwich mir in unseren Kuss, als er meine Beine auseinander schob und sich dazwischen drängte. Seine Finger erforschten meine feuchte Spalte. Verteilten das Nass und drangen in mich ein. Ich stöhnte. Nicht lange und sein Schwanz drängte sich hart gegen mein Geschlecht. Ich begehrte ihn. Verlangte nach Christian. Mit einen einzigen Stoß war er tief in mir. Fest schlang ich meine Beine um sein Becken, komme ihm entgegen und suche Halt an ihm. Immer wieder stieß er zu, leidenschaftlich, kräftig und schweratmend. Ich ließ los und gab mich ihm hin, konnte das Verlangen nach ihm nicht länger unterdrücken. Christian füllte mich vollkommen aus. Tief in mir pulsierte er und raubt mir schier meinen Verstand. Irgendwann wurden seine Bewegungen langsamer, er hielt sich zurück und ließ mir den Vortritt. Noch einige Male drang er in mir ein und fuhr mit seinem Finger über meine Perle, bis ich mich gänzlich in seinen Armen fallen ließ und in den tosenden Strudel gerissen werde, er mit mir.

 

 

Völlig außer Atem lagen wir nebeneinander. Ich konnte in meinem Augenwinkel erkennen, dass Chris ein Lächeln auf den Lippen hatte. Schweigend kuschelte ich mich an seinen erhitzten Körper, sog seinen herben Geruch ein und genoss das Kribbeln in meinem Bauch. Er drückte mir einen Kuss auf meinen Kopf und zog mich auf sich. „Du bist unglaublich.“ Sanft streichelte er meine Wange, bevor er den Lichtschalter tätigte.

 

Impressum

Texte: A. Green
Bildmaterialien: http://pixabay.com/ darf zum Direktvertrieb genutzt werden
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2013

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