Am Ellbogen kreuzten sich die Sturzbäche, welche an meinem Körper entlang hinabstürzten. Augen, Nase und Mund waren noch zu erkennen, alles andere war mit einer leuchtend gelben Gore Tex Jacke zugeschnürt.
Eine extra dünne Wanderhose klebte an den Beinen. Klima Tech. Die Wanderschuhe aus echtem Leder, das Wetter nass. Einen Wanderstock welcher mir heute als Zauberstab dienen sollte.
Der Zauberspruch lautete: 7+7+7+3 Stunden wandern. Nicht alleine. Die Wanderstöcke klackten im Takt. Das Tempo ist flott. Die Stimmung ist gut. Der Weg ging über eine märchenhafte Wiese, der Morgennebel stand tief in den dunkel wirkenden Bäumen, in dem Weiher sah man leichte Bewegungen durch den Wind. Die Steine und Äste waren von Moos bedeckt, dazwischen verstecken sich die Fische und Frösche, welche fast reglos und starr vor Kälte waren.
Mal etwas anderes machen, abtauchen vom Alltag, einfach einen Schritt vor den anderen setzten. Nichts nachdenken , einfach laufen. Da war er wieder, der unbewußte , flüchtige, huschenden Blick Richtung Uhr. Das Mittagessen stand auf dem Tisch. Nudeln mit Hackfleischsauce in wunderschön geschwungenen bauchigen Suppenschüsseln angerichtet. Zu trinken wählte ich eine eiskalte Cola mit einem neonfarbenen Strohhalm und Eiswürfeln.
Kurze Dehnübungen und der Marsch setzte sich fort. Von Müdigkeit noch keine Spur. Der Weg führte vorbei an den Flussquellen. Eine tiefe Schlucht, der Fluss hatte sich im Laufe der Jahrhunderte geradezu in die Felsen hineingefressen . Aus zwei Flussmündungen entsprang ein plätschernder Wildbach. Das Wasser war glasklar, die Kieselsteine funkelten wie Diamanten.
Serpentinen schlängelten sich dem Bach entlang. Wir überquerten kleine Holzbrücken und erfrischten uns an den vielen kleinen Wasserfällen, die überall entstanden. Das Abrollen der Fußballen begann zu Schmerzen. Die Schuhe wurden plötzlich zu klein. Bei Vollmondlicht umwanderten wir ein Schloss. Es sah aus, als ob es noch bewohnt war. Gardinen wehten im Wind. Vögel und Fledermäuse umkreisten uns. Sanfte Hügel waren zu ersteigen. Ich wechselte meine Bergschuhe mit Crocs. Die Gespräche wurden immer weniger.
Die Taschenlampen sind an. Eine riesige Lichterkette schlängelte sich durch den Wald. Der Weg wurde immer schmäler und der Hang immer steiler , der Atem stockte, jetzt nur kein Fehltritt. Die Aussicht war phantastisch. Man sah unter dem stockfinsteren Wald eine hell erleuchtete Ortschaft auftauchen. Es war schon zwei Uhr in der Nacht.
Noch sechs Stunden lagen vor uns. Die letzte Rast war zu viel. Eine kritische Zeit mitten in der Nacht. Man sagte so schnell alles egal, der Gedanke aufzuhören erschien allzu verlockend.“ Warum macht man das eigentlich?“ Dieser Gedanke war Gift. In diesem Moment dachte ich nicht daran, in welches Loch ich hinterher fallen könnte, wenn ich mich nicht überwinde, weiterzulaufen. Zwei Wochen später saß die Wunde noch tief. Ich war enttäuscht von meinem Zauberstab.
MIT EINEM SCHRAUBENSCHLÜSSEL DIE SCHRAUBE „ DURCHHALTEVERMÖGEN IN ALLEN LEBENSLAGEN“ ANZIEHEN; HILFT VIELLEICHT.
Doch der Zauber war ein anderer. Mir wurden die Augen geöffnet für die wunderschöne Natur um mich herum, für die netten Worte, die man unterwegs zu hören bekam. Das Regenwetter, welches einem als angenehm erschien.
Ebenso wie die Erkenntnis:"Der Mensch kann doch nicht mehr als er sich durch Training erarbeitet."
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2012
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