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Die Stadt ist ein Hexenkessel. Wie durch ein Wunder bleibt in diesem Chaos der Verkehr flüssig, es wird im Konzert gehupt, Vorfahrt hat, wer am dreistesten fährt. Springt eine rote Ampel auf Grün, glaubt man sich mit den quietschenden Reifen links und rechts auf einer Rennbahn. Der gemeinsame Feind scheint der Fußgänger zu sein, ein störendes Element in der gemeinsamen Fortbewegung, das in der Skala des Lebenswerten, ob nun Mann, Frau oder Kind, ganz unten angesiedelt ist und, so scheint es, wie gejagtes Wild nur knapp mit dem Leben davonkommt, wenn es sich auf die breiten Boulevards wagt. Man ist versucht, muss man das erste Mal einen Wagen durch diese Stadt steuern, umsichtig zu fahren. Doch schnell wird offensichtlich, dass man dadurch nicht nur im Nachsehen, sondern eine Gefahr für sich selber ist. Die anderen Autos riechen die Vorsicht, wie ein Hund die Angst eines Menschen riecht, und drängen den Zögernden ins Abseits, in die bedrohliche Nähe des Fußgängerstroms, der auf die Fahrbahn schwappt und den Rädern und Kotflügeln leichte Beute bietet.

Wohin treibt es all diese Menschen, ob nun zu Fuß, im Auto oder im blauen Stadttaxi? Haben sie ein Ziel? Oder bewegen sie sich fort allein um der Fortbewegung Willen? Von weit oben betrachtet muss das alles einem Ameisenhaufen ähneln, einer schwarzen, quirligen Masse, in der es chaotisch kreuz- und quer durcheinander läuft, sinnlos, ohne Rechtfertigung noch Absicht, ein tierisches Unterfangen, dem kein vernunftbegabtes Auge ein System ansehen vermag. 

 

Und wenn sie dann ankommen - denn schließlich muss es ja irgendwo hingehen, trotz aller Sinnlosigkeit - dann beginnt nach ein paar Augenblicken Ruhe und Schlaf alles aufs Neue, in einen weiteren Sturm hinein, in ein Chaos, in dem nur jene fehlen, die am Vortag auf der Strecke geblieben sind, unter derselben Sonne, derselben, glühenden Hitze, demselben, flimmernden Wirrwarr.

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Tag der Veröffentlichung: 20.01.2014

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