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Vorab

 Vorab möchte ich nur ein paar Worte sagen :

 

Meine Kurzgeschichten handeln nicht von Selbstmord sondern von .. nennen wir sie mal psychisch labilen jungen Frauen.

Sie begehen keinen Selbstmord oder Freitod und auch wenn es den Anschein hat, hat keine den Ausdrücklichen Wunsch zu sterben.

Ich möchte hier nichts dergleichen verherrlichen, sondern lediglich tragische Geschichten von Liebe, Verzweiflung und Trauer zu e-Papier bringen.

 

Fertig bin ich noch nicht, es fehlen noch einige Kurzgeschichten, die ich hinzufügen werde, sobald ich kann.

 

Ich hoffe, dass du das Lesen genießt und würde mich sehr über Feedback freuen :)

 

Illusions Amelie

 

Der Regen trommelte laut auf das Dach der Bushaltestelle. Die Tropfen bildeten trübe Pfützen auf dem Boden. Ein eisiger Wind ließ mich zittern. Ich umarmte mich fester und hielt den Kopf gesenkt und starrte auf den nassen Steinboden vor mir. Autos brausten über die Straße, eins nach dem anderen, ein unendlicher Strom. Tropfen spritzen umher, tanzen durch die Luft und wurden vom Regen zu Boden gerissen. Alle zusammen tauchten sie die Welt in einen grauen, nassen Schleier. Menschen eilten an mir vorbei, alle hatten einen Regenschirm, und trotzdem rannten sie alle fast schon, so als ob der Regen ihnen etwas anhaben könnte, als ob sie davor flüchten müssten. Wo wollten sie immer nur so eilig hin? Wieso ließ sich niemand Zeit für etwas? War die Welt denn hässlicher wenn es regnete? Oder gefährlicher? Vielleicht trauriger... Vielleicht wartete auch jemand auf sie. Vielleicht saß der Ehemann zu hause, oder die Freundin, die Kinder, die Eltern. Jemand wartete auf sie. Wärme und Geborgenheit öffnete ihre Arme für all diese Menschen wenn sie nach Hause kamen. Für jeden von ihnen, nur für mich nicht. Auf mich wartete keiner mehr. Nicht meine Eltern, nicht mein Freund, nicht einmal Wärme oder Geborgenheit. Nur die Kälte und Leere erwarteten mich. Erinnerungen an vergangene Tage, an schöne Tage und Schmerz und die Sehsucht nach diesen Tagen. Ich wollte nicht zurück dorthin, aber wohin sonst?
In einer Pfütze spiegelte sich mein Gesicht. Meine grauen Augen sahen mich traurig an, schmerzerfüllt. Meine Haut war bleich und es sah aus als würde ich weinen, was ich nicht tat, schon lange nicht mehr. Das Bild zersprang in tausend Teile, als jemand in die Pfütze trat. Die Splitter trafen mich. Ich spürte die kalten Tropfen auf meinen Wangen. Jemand setzte sich neben mich. Ich sah nicht auf. Es war ja völlig egal wer da saß. Ein paar Strähnen meiner blonden Haare lösten sich langsam aus dem unordentlichen Zopf und fielen mir ins Gesicht. Ich lehnte mich zurück und zog meine Beine auf die Bank. Ich schlang meine Arme darum und verbarg meinen Kopf. In der Plastikwand der Haltestelle spiegelte sich schon wieder mein Gesicht, aber nicht nur meines sondern auch das des Fremden neben mir. Er sah mich an, er sah mir durch die Scheibe direkt in die Augen. Und dann lächelte er. Ich verzog das Gesicht und schloss meine Augen. Das letzte was ich auf dieser Welt wollte, war ein Lächeln. Nie wieder. Nur sein Lächeln, für sein Lächeln würde ich alles geben. Aber er würde nie mehr lächeln, denn Tote lächeln nicht.
Er war vor einem Jahr gestorben. Wir hatten beide gewusst, dass er nicht besonders lange zu leben hatte. Jeder Moment mir ihm war so kostbar und unbezahlbar gewesen. Und selbst jetzt fühlte es sich an, als sei er erst gestern gestorben. Als hätte ich erst gestern Nacht die Nachricht bekommen, dass er seiner Krankheit erlegen war. Damals hatte ich auch hier gesessen, es war früher am Morgen gewesen aber ich hatte hier auf den Bus gewartet, der mich zum Krankenhaus bringen sollte. Ich hasste mich noch immer dafür, dass ich nicht bei ihm gewesen war. Er war ganz allein gestorben. Der Schmerz war damals unerträglich gewesen. Ich hatte tagelang nichts gegessen, ich war zu einem Zombie mutiert, jeder hatte sich von mir abgewandt. Als ich sie am meisten gebraucht hatte, hatten sie mich alle im Stich gelassen. An der Beerdigung hatte keiner auch nur ein Wort mit mir gewechselt. Auch jetzt noch war es unerträglich. Meine Brust fühlte sich wie zugeschnürt an, als würde sie explodieren wollen, alles was von mir übrig war zerstören. Viel war sowieso nicht mehr da. Ich war dünn wie Papier, aß kaum etwas und sprach nie ein Wort. Manchmal hörte ich auch nichts, nur meinen Herzschlag. Er klang immer angestrengt, als wolle mein Herz nicht länger schlagen.
Als ich die Augen wieder öffnete sah der Mann mich immer noch an. Ich schätzte, dass er nur wenig älter war als ich. Er bemerkte, dass ich die Augen geöffnet hatte und lächelte wieder. Ich verbarg mein Gesicht zwischen meinen Armen und Beinen. Ich konnte hören, wie er leise neben mir lachte. Ich fing an ihn zu hassen. Eigentlich waren sie mir alle egal, jeder Mensch, jedes Tier, alles, nur diese spezielle Person, die mich ständig anlächelte, ihn hasse ich. Niemand sollte mich anlächeln. Niemand sollte mich ansprechen. Ich war es nicht wert und ich sah auch nicht wie jemand nettes aus mit dem man lächeln konnte und nette Gespräche führen konnte. Ich lächelte nicht, nie und ich sagte auch nichts. Und außerdem sah ich aus wie ein blondes Skelett. Wieso sollte man mich anlächeln? Sich mir unterhalten wollen? Ich hasste ihn noch mehr.
Nach einer Weile hob ich den Kopf wieder, aber ich sah nicht zu ihm oder in die Scheibe, ich sah geradeaus auf die Straße. Die Autos brausten unaufhörlich an der Haltestelle vorbei. Alle Fahrer waren auf die nasse Straße fixiert, keiner sah nach links oder rechts.
Ich wunderte mich, wo der Bus blieb. Er sollte schon längst da sein. Ich sah zur Tafel hinauf. Er war schon 5 Minuten zu spät. Seltsam. Ich hatte es nicht eilig, ich wusste nicht einmal wohin ich eigentlich fahren wollte. Ich würde einfach einsteigen. Vielleicht fuhr ich zum Krankenhaus, wahrscheinlich würde der Busfahrer auch fragen ob ich zum Krankenhaus wollte. Wieso auch nicht? Man kannte mich dort ja. Vielleicht konnte ich dort eine Weile herum sitzen und irgendwann wieder gehen. Ich blickte lange einfach nur so in den Regen, ohne die Autos zu registrieren. Überhaupt sah ich nichts als den Regen. Die abermillionen Tropfen die vom Himmel fielen und einen Schleier über die Stadt senkten. Der Mann neben mir war still. Er war überhaupt sehr leise. Ich konnte ihn kaum atmen hören.
Plötzlich bewegte sich etwas auf mich zu. Es schien direkt aus dem Regen über der Straße schweben auf mich zu zukommen. Nach und nach wurden die Konturen schärfer und ich konnte es erkennen. Beinahe hätte ich lauf aufgeschrien. Das... das war unmöglich!! Ich starrte ihn ungläubig an. Wo kam er her? Wieso war er hier? Bildete ich mir das nur ein? Plötzlich kniete er vor mir. Er nahm eine meiner Hände von meinem Knie und hielt sie fest.. Ich brachte keinen Ton über die Lippen. Seine Augen strahlten in diesem wunderschönen hellblau. Konnte ein Einbildung so echt sein? Ich konnte seine warme Hand um meine fühlen, ich konnte sehen wie sich seine Brust hob und senkte und seinen Atem leicht im Gesicht spüren.
Er stand auf und zog mich mit sich. Ich trat mitten in die Pfütze und meine Schuhe waren mit einem Mal ganz durchnässt. Aber das kümmerte mich in diesem Moment nicht. Alles was zählte war er. Jean. Der Mensch den ich auf dieser Erde von allen am meisten geliebt hatte.
"Komm mit mir, Amelie. Ich liebe dich." flüsterte er. Ich nickte stumm und ließ mich von ihm mitziehen. Ich überquerte den Bürgersteig und trat auf die Straße. Er ließ meine Hand los und schmiegte sie an meine Wange. Und dann küsste er mich, ganz sanft, so wie früher. So voller Liebe und Zärtlichkeit und ich konnte nicht anders, als seinen Kuss zu erwidern.
Und in diesem Moment kam der Bus. Ich hörte ihn gar nicht. Ich nahm nichts außer ihm wahr. Wie sein Körper sich gegen meinen presse und er mich fest in seinen Armen hielt.
Auf einmal würde ich von ihm unsanft weggerissen. Jemand hatte mich am Arm gepackt und zog mich von der Straße. Unfähig Widerstand zu leisten wurde ich von Jean getrennt. Sein Bild verblasse, er verschwand im Regen.
"NEIN!!!" schrie ich so laut ich konnte. Es war das erste Wort, das ich seit einem Jahr gesagt hatte. Ich trat wild um mich, aber ich kam nicht gegen die Person an, die mich so fest hielt. Er drückte mich mühelos an sich und ich gab den Widerstand auf.
"“Kann ich dich loslassen ohne dass du gleich wieder auf die Straße rennst?“ fragte er. Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte wieder zu Jean. Ich wollte, dass er mich wieder festhielt, mich küsste. Aber er war weg. Langsam wurde ich herumgedreht und ich blickte in das Gesicht des fremden Mannes, der eben noch neben mir gesessen hatte. Und das war das erste Mal, dass ich jemanden küsste, ohne seinen Namen zu kennen. Er beugte sich einfach zu mir herunter und .. es machte mir nichts aus. Ich hasste ihn immer noch, aber er war der einzige Mensch, für den ich ein Gefühl hegte. Und wenn es nur Hass war, so war es doch etwas. Ich ließ es zu dass er mich küsste und es gefiel mir. Sein Mantel war nass, seine Haare auch, sogar seine Lippen. Sie schmeckten leicht nach Salz.
Ich bemerkte nicht, dass die Leute um uns herum stehenblieben, sogar der Bus fuhr nicht weiter. Alle sahen uns an. Mich und den fremden Mann, der mich nun wieder anlächelte. Ich konnte ihn nicht verstehen, aber vielleicht musste ich das ja auch nicht. Ich schloss die Augen und überließ mich ganz ihm.

 

 

Illusions Corinne

 

Ich strich mein neues schwarzes Kleid glatt, das ich extra für den heutigen Tag gekauft hatte. Man sagt schwarz sei die Farbe der Trauer. Wenn man meine Trauer in einer Farbe ausdrücken wollte, müsste es das schwärzeste schwarz der Welt sein. So schwarz, das es keine Farbe mehr ist, nur noch nichts, schwarz eben, unendlich und unvergleichlich traurig. Mein bronzefarbenes Haar fiel mir in sanften, schimmernden Locken über die Schultern. Mein Spiegelbild zeigte ein hübsches Mädchen, nicht besonders groß, eher zierlich, aber hübsch. Man sah ihr nicht an, wie traurig sie war, wie zerrissen sie sich fühlte, wie sehr sie litt. Sie lächelte ein wenig. Wenn man es nicht besser wusste hätte man denken können, dass sie einen schönen Tag vor sich hatte. Wenn man nun aber in ihr drin steckte, dann spürte man ihre überwältigende Trauer, ihren unglaublichen Schmerz, ihre Sehnsucht nach einen Mann, den es nicht mehr gab, dem einen Mann, den sie mehr geliebt hatte, als es möglich sein sollte, der Eine, der ihr Leben perfekt gemacht hatte und sie glücklich für alle Zeit hätte machen sollen. Einige Tränen rollten über wunderschönes Gesicht. Ich machte mir nicht die Mühe sie wegzuwischen. Ich wand mich von dem Mädchen im Spiegel ab. Es war unerträglich wie unberührt und fast schon glücklich sie aussah. Wie konnte sie nur? In wenigen Minuten würde die Beerdigung beginnen. Ich wollte nicht hingehen. Ich wusste, dass seine Beerdigung alles noch schlimmer machen würde. Viel schlimmer. Aber ich würde hingehen. Der Menschen die ihn geliebt hatten wegen. Ich hatte ihn so viel mehr geliebt als sie alle zusammen und trotzdem wollte ich nicht sehen, wie sie ihn verabschiedeten, wie sie ihn endgültig unter die Erde verbannten, wie sie alle um ihn weinten, wo sie doch keine Ahnung hatten, wie es sich wirklich anfühlte um jemanden zu trauern. Ich hatte mehr als einen Teil von mir verloren. Ich hatte mich selbst verloren. Ich war nicht mehr als eine hübsche leere Hülle. Ich wollte nicht hören, wie sie mir alle sagten, dass es besser werden würde, dass die Zeit alle Wunden heilte. Ich konnte jetzt schon ihre mitleidigen Blicke sehen, ihre mitfühlenden Worte hören, ihr Beileid hören. Ich wusste, dass dieser Tag der Beginn von vielen, leidvollen, unendlich scheinenden tagen werden würde. Der beginn von Jahren, die wie Jahrzehnte wirkten. Der Beginn eines unerträglichen Lebens. Ich wollte es nicht beginnen. Ich wollte die Zeit zurückdrehen, ihn retten, ihn warnen, diesen Tag verhindern, aber es war zu spät. Es war geschehen. Ich konnte nichts mehr daran ändern. Er war tot. Für immer, auf ewig. Ich nahm meine Geige von der Kommode. Ich wollte ein letztes Lied für ihn spielen. Ein aller letztes bevor ich meine Geige aus meinem von nun an leeren Leben verbannte. Ohne dass er ihre Töne hörte war sie wertlos. Nichts in dieser Welt bedeutete mir mehr etwas. Alles was ich geliebt hatte, war von mir genommen. Ich würde nie mehr lieben können. Niemanden und nichts mehr in meinem ganzen Leben. Am liebsten würde ich ihm nachfolgen. Ebenfalls sterben. Wieder bei ihm sein, egal wo.
Ich atmete tief durch und öffnete die Tür. Meine Mutter und seine Mutter standen davor. Ich nickte knapp und ging an ihnen vorbei. Ich konnte sehen, dass sie geweint hatten. Sie würden die ganze Zeit weinen obwohl sie nicht wussten, dass sie nicht einmal einen Bruchteil dessen empfanden, was ich fühlte. Sie würden mich am aller wenigsten verstehen. Deshalb sagte ich kein Wort. Ich ging an ihnen vorbei, sah sie nicht lange an und verließ das Haus. Der Weg zur Kapelle war nicht weit. Niemand sprach mich an. Ich war froh darüber. In der kleinen, offenen Kapelle suchte ich mir einen Platz, von dem aus ich sein Grab am besten sehen konnte. Man konnte bis zum See hinüber blicken. Es war keine einzige Wolke am Himmel. Ein nahezu lachhaft schöner Tag. Es sollte regnen, aber aller Regen und alle Düsternis würden nicht ausreichen um mein Leid zu beschreiben, ein Synonym zu bilden. Meine Tränen waren getrocknet. Wenn ich weitere vergoss, würde ich niemals mehr damit aufhören können. Nach und nach fanden sich weitere Trauergäste ein. Jeder war in schwarz gehüllt und alle hielten respektvollen Abstand zu mir. Ich dankte ihnen im Stillen. Einzig meine Mutter ignorierte meinen Widerstand und nah mich in ihre Arme. Sie wollte mich trösten, aber sie verstand nicht, dass sie es nicht konnte, niemals. Ihr hörte ihre Worte nicht. Sie waren bedeutungslos. Auch die Worte des Pfarrers und aller Redner waren bedeutungslos. Sie waren mir alles gleich. Kein Wort der Welt würde mich jemals trösten können und auch keine Geste oder Umarmung. Ich sagte kein Wort erwiderte keine Umarmung und keine Geste. Ich saß nur da und wartete. Meine Geige war in ihrem Kasten, den ich fest in einer Hand hielt. Ich hatte meiner Mutter gesagt, was ich damit machen würde und sie hatte protestiert. Ich würde es trotzdem tun, und das wusste sie. Ich bezweifelte, dass sie mich aufhalten würde.
Sie trugen ihn zu Grabe. Sein Sarg war weiß, rein wie seine Seele. Kaum verziert und schlicht, aber nicht in der Lage auch nur annähernd sein Wesen zu beschreiben. Seine Sanftmut, seine Liebe, seine Leidenschaft, seine Geduld für alles und jeden. Niemals würden meine Worte ausreichen, um ihn zu beschreiben und niemals konnte eine Holzkiste einen Charakter widerspiegeln. Es war unmöglich und dennoch glaubten die Menschen um mich herum daran. Ich glaubte nichts. Ich glaubte nichts und niemandem, denn es war mir alles gleich. Und wenn das Universum von jetzt auf gleich einstürzten würde, die Welt untergehen würde, so wäre ich dankbar für das Ende. Viele weitere Worte folgten, viele weitere Leute versuchten ihre Gefühle in Worte zu fassen und scheiterten kläglich. Beinahe ausnahmslos jeder weinte. Die Ausnahme war ich. Ich trat vor an sein Grab und spielte unser Lied. Es war nicht zu lang und nicht zu kurz, es war nicht zu schnell und nicht zu langsam. Es war nicht zu traurig und auch nicht fröhlich. Es war genau richtig und alle weinten, nur ich nicht. Ich spielte das Lied bis zu seinem Ende. Es gab einen kleinen Applaus und dann verschwand sein Körper endgültig unter einem Blumenregen unter der Erde. Man schüttete ihn zu, man vergrub ihn auf dass ihn niemals mehr einer zu Gesicht bekam.
Langsam zerstreuten sich die Gäste. Selbst meine Mutter entfernte sich von mir. Es war gut so. Ich wollte mit niemandem reden. Ich wollte auch nicht alleine sein, aber der Einzige, dessen Gesellschaft ich mir wünschte, war endgültig und unwiederbringlich von mir gegangen. Ich ging langsam auf den See zu und starrte lange über seine unbewegte Oberfläche. Plötzlich war da ein Licht. Am anderen Ende des Sees. Es war golden und wunderschön. Jemand trat neben mich. Aber es war nicht irgendjemand. Es war Leonard. Meine Augen weiteten sich und ich starrte ihn an. Wie war das möglich? Was ging hier vor? Das Licht würde immer heller und größer. Es war fast wie ein Tor. Ein goldenes Tor aus reinem Licht. Leonard lächelte mich an, er lächelte mich so an, wie er es immer getan hatte. Liebevoll und warm. Tränen rannen über meine Wangen. War dies eine Einbildung? Mit Sicherheit. Und trotzdem lächelte er mich an. Er trug seinen besten Anzug und seine Haare waren ordentlich frisiert. Genauso, wie wir ihn in den Sarg gelegt hatten. Nur jetzt wirkte er nicht blass und tot. Er wirkte lebendig. Er schien sogar zu leuchten. Es war, als ob das goldene Licht ihn erfüllte. Er nahm meine Hand und ich hielt mich daran fest.
"Komm mit mir." sagte er leise. Seine Stimme war voller Liebe. Sie war wie dunkler Samt, der sich um mich schmiegte und mich einhüllte. Sie betäubte den Schmerz endlich. Ich lächelte. Ich würde ihn überall hin folgen. Er machte einen Schritt nach vorn.
"Komm mit mir Corinne. Ich liebe dich." flüsterte er und machte einen weiteren Schritt. Das Eis war gebrochen und ich glaubte ihm. Wie konnte er eine Einbildung sein? Er war so echt. Ich wollte nichts mehr, als bei ihm zu sein, und so folgte ich ihm. Wenige Schritte nur mussten wir machen, um das Licht zu erreichen. Er nahm mich fest in seine Arme und gemeinsam durchschritten wir das Licht. Mir war nicht bewusst, dass ich ertrank. Ich spürte die Kälte und die Nässe des Wassers nicht. Ich merkte nicht, wie ich immer weiter hinab sank. Es kümmerte mich nicht, dass ich nicht mehr atmen konnte. Ich sah nur ihn, spürte nur seine Arme, die sich um meine Taille schlangen und seinen Körper, der sich an meinen presste. ich sah in sein so unbeschreiblich schönes Gesicht und als er mich küsste wurde alles schwarz.

 

Illusions Louisianne

 

Ich tippte mit dem Fuß im Takt auf den Boden, während ich verträumt Gitarre spielte. Es war schon lange dunkel draußen, aber ich hatte einfach keine Lust ins Bett zu gehen. Ich hätte die ganze Nacht so dasitzen und meine Lieblingslieder spielen können. Meine dunkel blauen Haare fielen mir leicht ins Gesicht und ich strich sie zurück hinter mein Ohr. Eigentlich wusste keiner meiner Freunde, dass ich Gitarre spielte. Ich hatte ihnen nie davon erzählt. Allerdings bezweifelte ich, dass sie sich dafür interessieren würden. In Momenten wie diesen fragte ich mich immer, weshalb ich diese Leute meine Freunde nannte. Abgesehen davon, dass wir alle einen ähnlichen Kleidungsstil hatten und gerne die selben Partys feierten, hatten wir keine Gemeinsamkeiten. Außerdem interessierte sich keiner für das Privatleben des anderen. Zweifel wie jetzt kamen mir in letzter Zeit immer öfter. Ich sollte aufhören mit Jane, Leo und all den anderen abzuhängen, aber jedes mal, wenn sie mich anriefen und fragten ob ich dabei sein wollte, sagte ich ja. Ich war einfach zu dämlich. Am nächsten Morgen bereute ich meine Entscheidung immer sofort wenn ich mit einem furchtbaren Kater aufwachte. Heute würde mich wohl niemand anrufen. Ich hatte ihnen gesagt, dass ich krank sei. Um ehrlich zu sein fühlte ich mich auch so. Wenn ich ein Mensch wäre, wäre ich heute Morgen sowieso gestorben, oder gestern Abend, je nach dem, denn ich hatte viel zu viel Alkohol getrunken. Keine Ahnung wieso, aber nach ein paar Gläsern und einigen Songs in der Kneipe hatte ich den Gedanken meinem erbärmlichen Leben ein Ende zu setzen wirklich reizvoll gefunden. Nur war ich zu betrunken gewesen, um zu merken, dass ich mich nicht einfach totsaufen konnte. Nicht einmal vom Dach springen hätte geholfen. Unsterblichkeit nervte manchmal wirklich. Ich müsste meinen Körper in ein Puzzle verwandeln, um endgültig tot zu sein, aber ein solcher Selbstmord war ziemlich schmerzhaft und ich war definitiv nicht zur Masochistin geboren. Wenn ich eine Masochistin wäre, hätte ich mich längst dem Schmerz seines Todes gestellt, aber stattdessen war ich an die falschen Leute geraten und hatte seit dem versucht meine Trauer zu ertränken. Seit Tod war nun fast 3 Jahre her, aber ich kam einfach nicht darüber hinweg. Wie auch? Er war die Liebe meines Lebens gewesen. Und dann hatte ihn irgend so ein Irrer einfach so erschossen. Völlig grundlos. Black war mein Ein und Alles gewesen. Manchmal träumte ich sogar noch von ihm, aber eher seltener mittlerweile. Meistens war ich nämlich zu betrunken, um noch einen klaren Gedanken fassen zu können. Ich begann ein anderes Lied zu spielen und ein paar Tränen rollten meine Wangen hinunter. Ich war echt erbärmlich. Wenn er mich so sehen würde, wäre er sicherlich enttäuscht von mir. Mit Recht. Ich hatte nichts, rein gar nichts unternommen, um wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Sein Tod hatte mich in ein dermaßen tiefes Loch gerissen, dass ich einfach nicht mehr herauskam und immer tiefer fiel.
Plötzlich erregte ein Schatten meine Aufmerksamkeit, aber als ich den Kopf hob und mich umsah, war niemand zu sehen. Ich war allein in dem luxuriösen Hotelzimmer. Nur meine Gitarre und ich saßen auf dem Himmelbett und kuschelten uns aneinander. Seltsam, ich hätte schwören können, dass da eben ein anderer Schatten gewesen war. Ich schüttelte den Kopf und spielte weiter. Ich wiegte den Kopf im Takt zum Lied und begann leise zu singen.

"If you miss the train I'm on, you will know that I am gone..."

Etwas berührte mich an der Schulter und ich ließ vor Schreck meine Gitarre fallen. Sie viel unter Misstönen zu Boden und ich starrte entsetzt und erschrocken in ein mir so unglaublich bekanntes Gesicht. Ein geliebtes Gesicht, dass ich seit drei Jahren nicht mehr gesehen hatte. Es gehörte zu dem Mann, den ich in meinem langen, unendlichen Leben so sehr wie niemand anderen geliebt hatte. Er war ein Mensch gewesen, aber er war etwas besonderes gewesen. Blacks grüne Augen sahen mich amüsiert an. Ich war immer noch wie gelähmt. Hatte ich jetzt doch Halluzinationen? Ich konnte mich nicht daran erinnern etwas genommen zu haben... Und doch saß er neben mir, auf meinem Bett, eine Hand auf meiner Schulter und sah mich belustigt an. Unmöglich. Vermisste ich ihn so sehr, dass ich mir schon einbildete er säße neben mir?
" Ich liebe dich." flüsterte er und beugte sich vor, um mir einen Kuss auf die Wange zu geben. "Komm mit mir."
Ich blinzelte ein paar mal und dann war das Eis gebrochen. Ich schlang meine Arme um ihn und küsste ihn mit aller Leidenschaft. Er erwiderte den Kuss genauso fiebrig und es kümmerte mich nicht, ob er eine Illusion war, oder nicht.
"Komm mit mir." Wiederholte er mit diesmal rauer Stimme.
"Wohin? " Brachte ich nur mit Mühe heraus.
"Komm mit mir. Bitte." sagte er nur und drückte mich fes an sich. Ich nickte. Eigentlich war es mir egal wohin er mich brachte. Es war mir auch egal wo er herkam und wieso er erst jetzt auftauchte. Es war mir alles vollkommen gleich, sogar meine Gitarre, so lange ich nur bei ihm sein konnte. Egal wie unmöglich oder unrealistisch diese Situation war, er war alles, was zählte. Ich schloss meine Augen und überließ mich ganz ihm. Ich spürte kaum wie er aufstand, bemerkte nicht, wie wir aus dem Fenster sprangen und spürte nicht den Schmerz als ich auf dem harten Pflaster unter dem Balkon auf traf. Reglos lag ich auf dem Boden und es war mir egal, was als nächstes geschah. Ich spürte immer noch seine Arme um meine Taille, seinen Körper dicht an meinem. ich wäre dankbar gewesen, hätte sich jemand meiner erbarmt und mich in kleine Teile zerlegt und meinem Dasein endlich ein Ende bereitet. Ein Tod in seinen Armen war das schönste, was ich mir vorstellen konnte

Illusions Seraphine

Es war furchtbar neblig, als ich in mein Auto einstieg, doch ich nahm das Risiko auf mich bei diesem Wetter zu fahren. Schließlich war es ein besonderer und wichtiger Tag für mich. Der kleine Peugeot sprang schnurrend an und ich verließ vorsichtig die Einfahrt. Ich konnte kaum fünfzig Meter sehen, in der Stadt wohlgemerkt. Es war ein seltsames Gefühl von diesem dichten Nebel umgeben zu sein. Alles war weiß und grau und jede kleine Bewegung im Augenwinkel erschreckte mich. Jedes Haus, jedes Auto und jede Person auf der Straße, auch wenn es wenige waren, wirkte wie ein schauriger Schatten und der Nebel hatte die gesamte Gegend völlig eingehüllt wie ein dichtes, undurchsichtiges und düsteres Tuch. Ich fuhr langsam und vorsichtig, um alles rechtzeitig sehen zu können, denn bei dieser geringen Sichtweite konnte schnell etwas passieren. Ich war angespannt und meine Hände zitterten am Lenkrad. Allerdings nicht nur wegen dem Nebel, der mir wirklich einen Schauer über den Rücken jagte. Es war wegen dem heutigen Tag. Es war ein wichtiger Tag, aber kein freudvoller. Heute vor genau zwei Jahren war mein Richard bei einem Unfall auf der Brücke außerhalb der Stadt ums Leben gekommen. Es war ein schrecklicher Unfall gewesen bei dem nicht nur mein Richard gestorben war. Aber alle anderen waren mir an diesem Tag so egal gewesen. Der Anruf war überraschend gekommen, ich war dabei gewesen zu kochen und erwartete ihn jede Minute zu Hause. Er war immer direkt nach der Arbeit zu unserer kleinen Wohnung gekommen. Doch an diesem Tag war er spät dran gewesen und schon allein das hatte mich gewundert. Aber ein Unfall oder gar sein Tod wären mir nie in den Sinn gekommen. Der Mann am Telefon hatte mir sein Beileid ausgedrückt, doch alles Beileid das ich auch danach bekommen hatte konnte den Schmerz nicht vermindern. Im Gegenteil, noch heute wachte ich nachts weinend auf und vermisste ihn schrecklich. Sein Verlust tat noch so weh, als ob alles erst gestern passiert wäre. Auch jetzt schmerzte mein Herz, es fühlte sich wie tausend Messer an, die mir das Herz zerstachen und es zwischen den Klingen zusammendrückten. Heute war es wieder besonders schlimm, weil ich unaufhörlich an ihn denken musste. Er war derjenige gewesen, den ich am meisten geliebt hatte auf der Welt. Er hatte mich vervollständigt, mir alles geben so wie ich ihm und wir waren so unglaublich glücklich gewesen. Er hatte immer zugehört, mich getröstet, mich umarmt und verstanden. Er hatte mir meine Fehler verziehen und umgekehrt hatte ich auch alles für ihn getan, was in meiner Macht stand. Ich hatte sein Lächeln und Lachen so sehr geliebt, seine Art mich glücklich zu machen und mich zum strahlen zu bringen jeden Tag. Er war alles für mich gewesen und sein Tod hatte mich mehr als am Boden zerstört. Die Nachricht des Polizisten hatte mich buchstäblich umgehauen und ich hatte stundenlang weinend auf dem Boden gelegen. Wenn meine Freundin Chanelle nicht die Nachrichten gesehen hätte, hätte ich vermutlich tagelang so dagelegen und wäre an Trauer gestorben. Es hatte sich angefühlt, als hätte man mir das Herz herausgerissen und meinen Brustkorb in ein Flammenmeer verwandelt. Das Atmen und Sprechen war mir wochenlang schwergefallen und beinahe ein Jahr lang hatte ich mich jede Nacht in den Schlaf geweint.

Ich atmete zitternd ein. Langsam aber sicher verließ ich das Stadtgebiet und fuhr auf die Brücke zu. Ich schaltete die Heizung ein, um das Zittern zu dämpfen und nicht so sehr zu frieren. Draußen war es kalt, schließlich war es November, und das Auto hatte die ganze Zeit draußen gestanden. Seltsam, dass mir bisher jetzt nicht kalt gewesen war. Meine warme Winterjacke lag auf dem Beifahrersitz. Sie war ein Geschenk von Chanelle gewesen, um mich ein wenig aufzumuntern. Die Jacke war tief rot, meine Lieblingsfarbe, und kuschelig warm.

Auch außerhalb des Wohngebietes war der Nebel furchtbar dick und nur ganz wenige Autos kamen mir entgegen. Alle hatten ihre Lichter an und fuhren brav im Schneckentempo so wie ich. Bald hatte ich die Brücke erreicht und näherte mich der Unfallstelle. Ich mied diese Brücke das ganze Jahr über und kam nur an seinem Todestag hierher. Auf dieser Brücke zu fahren machte mich nervös und ängstlich und die Erinnerungen an ihn und die Bilder des Unfalls, die ich in den Medien gesehen hatte waren schmerzhaft deutlich. Der Tag vor zwei Jahren war klar gewesen und es hatte Schnee gelegen. Stellenweise war es auch auf den Straßen noch etwas glatt gewesen, aber wenn man angemessen fuhr, war es nicht gefährlich. Der Schnee hatte in der Sonne geglitzert und gefunkelt und noch am Morgen hatten Richard und ich das Frühstück genossen und uns auf den Tag gefreut. Die Sonne hatte vom Himmel gestrahlt und es hatte nach einem wundervollen Novembertag ausgesehen. Doch es war der schrecklichste meines Lebens geworden.

Ich hielt in der Nähe der Unfallstelle in einer Parkbucht an und atmete tief durch. Bilder des Unfalls blitzen immer wieder in meinem Kopf auf und ich wollte fast umkehren, um sie loszuwerden. Es war so schmerzhaft nun hier zu sein. Chanelle hatte angeboten mich zu begleiten, doch ich hatte es abgelehnt. Ich wollte alleine sein und trauern, ich wusste, dass ich langsam damit fertig werden musste und dafür musste ich mich aktiver und allein damit auseinandersetzten. Heute würde ich den ersten Schritt tun. Ein letzter tiefer Atemzug, dann schnappte ich mir die Jacke und stieg aus. Die Kälte und der Nebel empfingen mich und ich hüllte mich in meine Jacke. Dann holte ich ein paar weiße Rosen aus dem Kofferraum und entfernte mich vom Auto. Mit zittrigen und bedächtigen Schritten ging ich die wenigen Meter zur Unfallstelle. Der Peugeot war schon bald nicht mehr zu sehen und ich war ganz im Nebel eingeschlossen. Ich schaute mich immer wieder um und fühlte mich unwohl in diesem dichten Nebel so nahe an dieser grauenvollen Stelle.

Das kleine hölzerne Kreuz stand tapfer am Brückenrand und war leicht vom Wetter beschädigt. Es hielt sich standhaft und war nur eins von mehreren. Ich schien nicht die einzige zu sein, die heute hier war. An jedem Kreuz lagen frische Blumen und die Trauer war deutlich zu spüren. Sie lag dicht in der Luft wie der Nebel um mich herum.

Ich kniete nieder und legte meine Blumen sanft vor da Kreuz. Der Boden war eiskalt, doch ich blieb lange sitzen, betete und dachte lange an gute Erinnerungen. Ich konzentrierte mich auf positive Dinge, die ich mit ihm erlebt hatte und auf besonders schöne Tage. Eigentlich war jeder Tag mit ihm wunderschön gewesen, nur war mir nie klar gewesen, wie kostbar jeder Moment mit ihm gewesen war. Ich vergaß die Zeit vollkommen und als ich aus meinen Erinnerungen wieder hervortauchte, waren meine Beine taub.

Mit schwankenden Beinen stand ich auf und blinzelte aufkommende Tränen weg. Ich wollte nicht weinen, aber ich konnte doch nichts tun. Die Tränen rannen unaufhaltsam meine Wangen hinunter und versengten mir die eiskalten Wangen wie heiße Lavaströme. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und bald blieb mir auch die Luft vom Schluchzen weg. Die kalte Luft presste sich mühsam in meine Lungen und fühlte sich an wie tausend Eissplitter, die sich in meinen Brustkorb bohrten.

Mich selbst umklammernd und nach Luft ringend stand ich vor seinem Kreuz und konnte mich nicht bewegen. Mein Herz schlug panisch als ob es Angst hätte zu sterben.

„Dummes Herz, tot bist du schon lange.“ dachte ich bitter und beugte mich etwas vorüber, um besser Luft zu bekommen. Minute um Minute verging und ich rührte mich nicht, dachte an nichts nur das Schluchzen und der Schmerz in meiner Brust schüttelten meinen Körper. Die Kälte spürte ich schon nicht mehr, ich spürte nur noch den Schmerz den sie und mein Herz verursachten.

Plötzlich spürte ich eine Energie. Es war, als würde jemand hinter mich treten, um mich zu umarmen oder etwas ins Ohr zu flüstern. Ich rührte mich nicht, denn diese Energie kam mir unwirklich vertraut und warm vor. Ich sah nicht nach, ob jemand hinter mir stand, denn ich war auf einmal sicher, dass es so war. Dann spürte ich Arme, die sich sanft um meine Hüfte legten und mich an den Körper drückten, zu dem sie gehörten. Ich schloss die Augen.

„Seraphine, meine Liebste, warum weinst du?“ fragte eine warme, tiefe Stimme. Konnte das wahr sein? War er es wirklich. Ich traute mich nicht einen Blick zu riskieren.

„Ich weine, weil ich Abschied nehme, mein Liebster.“ sagte ich leise und mit gebrochener Stimme.

„Von wem nimmst du Abschied? Ich bin doch hier.“ antwortete er leise und ich nickte. Mein gesunder Verstand sagte mir, dass das hier nur eine Einbildung war, eine Illusion, doch mein Herz brachte die Stimme zum Schweigen. Ich ließ mich in seine Umarmung sinken und er küsste meinen Hals und meine Wangen so zärtlich, wie er es immer getan hatte. Sanft drehte er mich um, sodass ich ihn ansehen konnte und da öffnete ich die Augen. Richard. Ich hatte mich nicht geirrt, er stand vor mir genau so, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Ich lächelte und endlich beruhigte sich mein Herz und ich fühlte mich geborgen und sicher. Ich vergaß völlig wo ich war und warum ich hier war. Alles was zählte war mein Richard. Mein Verstand bäumte sich ein letztes mal auf, doch als er sich hinabbeugte, um mich zu küssen war ich ganz verloren. Ich legte die arme um seinen Hals und zog ihn an mich. Mein Richard, ich hatte ihn so vermisst. Er küsste mich mit jeder Sekunde intensiver und bald rang ich nach Luft. Er lachte sanft und schob mich gegen ein Geländer. Ich spürte die harten Metallstäbe an meinem Rücken, doch sie interessierten mich nicht, ich nahm sie kaum noch wahr, als er wieder begann mich zu küssen.

„Seraphine, komm mit mir. Ich weiß einen wunderschönen Ort an dem nur wir beide sein werden.“ flüsterte er schwer atmend in mein Ohr, Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten und ließ mich in seine starken Arme sinken.

„Ich gehe mit dir überall hin, Richard.“ Und ich wollte nichts mehr, als mit ihm alleine zu sein. Als er mich plötzlich losließ wimmerte ich leise und stürzte beinahe zu Boden. Er fing mich gerade rechtzeitig auf und nahm dann meine Hand. Mühelos machte er einen Schritt in die Luft und zog mich mit sich. Ich machte diesen Schritt nicht ganz so elegant, doch das störte weder mich noch ihn.Plötzlich war es schwer die Balance zu halten, doch ich schaffte es und er nahm mich wieder in seiner Arme. Ich seufzte glücklich und sah ihn voller Liebe an. Er erwiderte meinen Blick und strich zärtlich über meine Wange bevor er meine Lippen mit seinen berührte. Ich klammerte mich an ihn und wir küssten uns so leidenschaftlich, wie zuvor. Es war, als ob ich ihn zu ersten Mal küssen würde und ich nahm nichts wahr, nur ihn und wie weicht und warm seine Lippen waren, wie fest und sicher er mich in seinen Armen hielt und wie sehr ich ihn liebte. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit überkam mich, so als ob ich fliegen würde. Ich schloss die Augen und das Letzte, was ich sah war Richard.

Impressum

Texte: Josephine Chelsea Teach
Tag der Veröffentlichung: 01.12.2015

Alle Rechte vorbehalten

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