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Schuld war nur der Bossa Nova

 

Wer kennt ihn nicht, den Titel von Manuela, mit dem sie 1963 die Hitparaden erobert hat? Wird auch über 50 Jahre danach immer noch gern gehört.Schuld war nur die Wochenzeitung. 

 

„Hei Rudi, verschon mich bitte mit dem Altpapier, das du mir jeden Samstag in den Briefkasten steckst,“ ruft Tom seinem Freund zu, als er ihn beim Motorradputzen von der Garage aus an die Haustür kommen sieht. Seit Rudi in Rente ist, trägt er Zeitungen und Prospekte aus, um in Bewegung zu bleiben.„Grüss dich Tom,“ lächelt Rudi verschmitzt, zieht den Packen Prospekte und die Wochenzeitung aus seinem Trolley, „ sieh mal, was ich dir alles reingepackt hab, lauter tolle Angebote und Schnäppchen, von denen du sonst nichts wüsstest.“„Geh mir doch weg, mit den Prospekten, ich brauche..“ will Tom abwiegeln.„Der hier,“ lässt Rudi ihn nicht ausreden, drückt ihm einen Baumarktprospekt in die Hand, „ da gibts Spielsachen für Männer.“Bevor Tom was erwidern kann, deutet Rudi auf die Wochenzeitung, „ in der Bäckerei Metzger gibt’s heute frische Rosinenbrötchen.“Rosinenbrötchen, damit hat Rudi bei Tom ins Schwarze getroffen. Die isst er für sein Leben gern. Neugierig liest er die Schlagzeile auf der ersten Seite. ́ ́ Frische Rosinenbrötchen, duftig und lecker, 3 Stück 1 Euro ́ ́ „Na gut, leg sie mir auf den Treppenabsatz, ich sehs mir nachher mal an,“ wendet Tom sich wieder seiner Intruder zu, mit der er morgen eine Runde fahren will. ́ ́ Drei Stück ein Euro ́ ́, gehen ihm die Rosinenbrötchen nicht aus dem Kopf, während er die Zwischenräume von Motor und Rahmen nachpoliert. ́ ́ Hmm.. da hol ich mir am besten gleich welche, bevor sie weg sind. ́ ́ entschliesst er sich spontan, in die Bäckerei zu fahren. Die Intruder ist soweit fertig. Auf dem Rückweg kann er auch voll tanken. In der Bäckerei sind drei Kunden vor ihm dran. So sieht er sich die Backwaren in der Theke an, überlegt, was er noch mitnehmen kann. „Was kriegen sie bitte?“ holt ihn Frau Metzger, die Frau vom Chef aus seinen Gedanken. „Ich... seh mich noch um,“ antwortet Tom spontan, sieht eine junge Frau, die mit einem Blech in den Händen aus dem hinteren Teil der Bäckerei kommt, herrlichduftende Brezeln in einen Weidenkorb schüttet. Er muss zweimal hinsehen, um die junge Frau wieder zu erkennen. Auf dem Foto in der Wochenzeitung hat sie längere Haare, trägt eine Hornbrille. Jetzt sind die Haare sehr kurz geschnitten, die grobe Hornbrille ist einer Rahmenlosen gewichen. Auf ihrem weiss roten Schurz steht Gerti. Tom kriegt kein Wort raus, als sie ihn nach seinem Wunsch fragt. Sein Hals ist knochentrocken und rauh. Ihre strahlenden Augen lassen sein Herz heftig schlagen. „ Ja...“ krächzt er erst heiser, „ ich möchte dich heute Abend zum Essen ausführen, mit dir tanzen gehen..“ antwortet er spontan, weiss selber nicht, wie er da drauf kommt. Gerti ist erst platt. So was hat sie noch nie erlebt. Das schüchterne Lächeln des jungen Mannes gefällt ihr. Im Gesicht hat er zwei Flecken, die wies aussieht vom Motorrad putzen stammen, das sie vor der Bäckerei stehen sieht. „ Ahm.. ja, geht klar,“ nimmt sie Tom ́s Einladung an, nachdem eine innere Stimme ihr zugeflüstert hat, es zu tun. „ Holst du mich um sieben an der Sportsbar ab?“ Jetzt ist Tom platt. Er dachte erst, die junge Frau wird seine Einladung höflich aber bestimmt abweisen. „ Darf ich dir vorher noch was verkaufen?“ fragt sie mit einem Lächeln, das Tom ́s Herz noch schneller schlagen lässt. „Ja, ich nehm alle Rosinenbrötchen mit, die noch da sind.“ Auf dem Rückweg tankt er seine Maschine voll, beisst, während er zum Bezahlen rein geht, mit Genuss in ein Brötchen, freut sich tierisch auf den Abend mit Gerti.

 

 

Liebe WZ Leser, wenn sie wissen wollen, wies mit Gerti und Tom weiter geht, holen sie die nächste Ausgabe der WZ aus dem Briefkasten. Vielleicht steht was drin :))))Wieder zu Hause, räumt Tom die Garage auf, überlegt, in welches Lokal er mit Gerti gehen soll, ins Landcafe, den Vogthof oder zum Thailänder. Als Fischliebhaber isst er gern Zander. Den gibt’s im Vogthof mit Kartoffelrösti und die mag er genauso gern wie Rosinenbrötchen. Nur ist die Frage, mag Gerti Fisch, ist ihr eine Pizza lieber oder mag sie eher Nudelgerichte?Womöglich ist sie Vegetarierin? ́ ́ Wie und was auch immer.. ́ ́ denkt er schliesslich, ́ ́ sie hat meine Einladung angenommen und es wird ein schöner Abend. ́ ́Auf dem Weg in die Wohnung sortiert er die Prospekte aus, wirft die ihn nicht weiter interessieren in die Altpapiertonne. Die Anderen und die Wochenzeitung nimmt er mit, sieht sie noch mal durch. Rudi hat schon recht, es sind oft günstige Angebote drin, von denen man nichts wüsste, wenn alles aus dem Briefkasten gleich ins Altpapier wandert. Die Anzeige mit den Rosinenbrötchen in der Wochenzeitung liest er nicht mehr, sieht sich nur das Foto von Gerti an. Mit den kürzeren Haaren und der anderen Brille hat sie sich sehr verändert, sieht sehr gut aus.  Ihr strahlendes Lächeln kommt ihm wieder in den Sinn, beschert ihm ein angenehmes Kribbeln im Bauch. ́ ́ Ob das die Schmetterlinge sind, von denen die Rede ist, wenn man sich verliebt hat? ́ ́ fragt er sich, spürt, wie sein Herz bei der Vorstellung, mit Gerti auszugehen, wieder schneller schlägt. Bei den jungen Frauen, mit denen er seither was unternommen hat, länger mit ihnen befreundet und zusammen war, hat er das noch nie gespürt. Gerti ́s strahlende Augen haben ihn umgehauen. Wenn er mit ihr am Abend Essen geht, braucht er sich jetzt auch nichts kochen, macht sich einen Cappucchino, geniesst zwei Rosinenbrötchen dazu. Sie schmecken ausgezeichnet. Während er die Wochenzeitung liest, stellt er immer wieder fest, wie informativ und übersichtlich sie gestaltet ist. Es wird über einiges berichtet, was sich die Woche über getan hat, was in der Region geboten ist, was es Neues gibt. Werbeanzeigen sind so verteilt, dass sie den Leser nicht erschlagen. Zu all dem kostet sie nichts, wird jeden Samstag zugestellt. Bei den Fotos von den neu geborenen Babys muss er spontan an Gerti denken. „Ob ich mit ihr auch mal so einen kleinen Krümel hab?“ geht es ihm durch den Sinn. ́ ́ Hei, wo denkst du hin? ́ ́ fragt ihn eine innere Stimme, ́ ́ lass erst mal genügend Wasser den Bach runter fliessen, bevor du an so was denkst. ́ ́Gerti, ja, von ihr und den Brötchen hat er in der Wochenzeitung erfahren. Die Ausgabe will er sich unbedingt aufbewahren. Sorgfältig fegt er jeden Krümel weg, der auf die Seiten fällt, löst das Kreuzworträtsel, legt die Zeitung in den Bücherschrank. Den ganzen Nachmittag über sieht er immer wieder auf die Uhr, gesteht sich ein, dass er immer nervöser wird. „Fünfzehn Uhr zwanzig.. was sie jetzt wohl macht ?“ fragt er sich, „ denkt sie auch an heute Abend?“Um achtzehn Uhr ist Feierabend. Da bleibt Gerti noch eine Stunde, um alles aufzuräumen, sauber machen, Körbe und Theke für den Sonntag Vormittag Verkauf herrichten. Den macht die Chefin selber. So kann Gerti den Abend mit Tom geniessen, muss nicht am Sonntag Morgen um sieben Uhr in der Bäckerei sein. „Wo er mich wohl hin führt?“ fragt sie sich, „ vielleicht mag er wie ich Fisch.“ Einer der letzten Kunden nimmt alle Brotlaibe mit, die noch im Regal liegen. Was an Brötchen, Brezeln und anderem Gebäck übrig ist, wird am Sonntag zum halben Preis angeboten. Pünktlich um achtzehn Uhr kommt Frau Metzger in den Laden, schickt Gerti nach Hause.„Na hau schon ab,“ grinst sie blinzelnd, „ der junge Mann wartet auf dich.“„Hei, woher weisst du, dass...ich..“ fragt Gerti, rot bis hinter die Ohren.„Hmmm..“ drückt Frau Metzger ihr einen Kuss auf die Wange, „ ich habs trotz der Kunden gehört, wies geknistert hat. Wünsch euch viel Spass.

“Wohin geht Tom mit Gerti zum Essen ? Wohin führt er sie zum Tanzen aus?? Neugierig?? Na, dannam kommenden Samstag, nichts wie hin zum Briefkasten, WZ raus holen. Da stehts drin. „Zehn vor sieben,“ sieht Tom auf die Uhr im Wohnzimmer, geht an die Garderobe, um noch einen Blick in den Spiegel zu werfen. Normal legt er keinen grossen Wert auf schicke Kleidung, zieht an, was bequem ist.

 

Seit Gerti seine Einladung angenommen hat, ist das anders. Das bordeaux rote Hemd und die anthrazit farbene Bundfaltenhose hat er schon lang nicht mehr getragen. „Was meinst du alter Knabe, kann ich mich mit Gerti so sehen lassen?“ fragt er sein Spiegelbild, betrachtet sich noch mal von hinten. Zwei Minuten später steht er neben seinem Auto auf dem Parkplatz an der Sportsbar, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, als er Gerti in einem anthrazit farbenen Etuikleid mit weissen Einsätzen aus der Einfahrt kommen sieht. Die Einsätze gehen wie breite Sonnenstrahlen,die durch den Morgennebel brechen, vom Ausschnitt bis zum Saum. Das Kleid schmiegt sich eng um ihren Körper, betont ihre schlanke Figur. Tom kann sich nicht satt sehen. „Nimmst du mich so mit?“ fragt sie mit einem strahlenden Lächeln. „Ähm... ja, natürlich...“ stammelt Tom nervös, „ ich.. ja klar.... oh Mann... ich weiss nicht, was ich sagen soll.“„Na dann sag einfach, sieht gut aus,“ dreht Gerti sich um, reckt ihren Po raus.„Das reicht nicht,“ findet Tom wieder die richtigen Worte, „ ..woww...du siehst wundervoll, umwerfend gut aus.“ „Danke, freu mich wenns dir gefällt,“ schwingt Gerti sich auf den Beifahrersitz. Dass ein Mann ihr die Tür aufhält, hat sie noch nicht erlebt.„ Verrätst du mir, wo wir hinfahren?“ fragt sie, während siesich anschnallt.„Ich hab Apetit auf einen Zander,“ setzt Tom sich ans Steuer, „ mein Freund Donhauser macht ihn mit Röschti. Die mag ich genauso wie Rosinenbrötchen.“„Au ja, Zander mag ich auch,“ lehnt Gerti sich zurück, „ mit Röschti hab ich ihn noch nicht gegessen... aber ofter mal was Neues.“„Prima,“ freut Tom sich, „ ich hatte schon Bedenken, du magst keinen Fisch, bist vielleicht sogar Vegetarierin.“ „Nein, es sieht vielleicht nicht so aus, aber ich hab einen guten Apetit.“Freund Donhauser kennt Tom von der Schule, führt ihn und Gerti an einen kleinen Tisch für zwei Personen. Ohne die Speisekarte zu studieren, bestellt Tom zweimal Zander mit Röschti. Zu trinken wählen sie Mineralwasser. Während sie auf das Essen warten, fragt Gerti Tom, was er beruflich macht.„Ich restauriere alte Sachen, vermittel sie an interessierte Liebhaber und Sammler, mach Haushaltsauflösungen, Arbeiten an Haus und Garten. Hab keine Lust, jeden Tag das Gleiche zu tun.Und was machst du?“„Bin seit zwei Jahren arbeitslos. War bei Streiff Druck im Aussendienst. Seit die Pleite sind, mach ich Gelegenheitsarbeiten, helfe bei Frau Metzger in der Bäckerei aus.“Dass Donhauser der beste Koch aller Zeiten ist, stellt Gerti fest, als er den bestellten Zander mit Röschti und Salat serviert. „Hmm... der hat ne eins mit Stern verdient,“ geniesst sie jeden Bissen, klaut Tom noch ein Röschti vom Teller. Auf einer kleinen Karte am Tisch liest sie, was es zum Nachtisch gibt, bestellt sich eineEispizza. „ Ach du meine Güte, ist das eine riesen Portion,“ erschrickt sie, als sie die Eispizza mit Früchten und Leckereien bekommt. „ Aber das macht nichts,“ strahlt sie, „ das tanzen wir nachher wieder ab. Bin schon gespannt, wos hingeht.“ „Ich war schon lang nicht mehr im Ausrutscher. Denke, da wird’s dir gefallen.“Ausrutscher ?? Lesen sie nächsten Samstag, was Gerti und Tom da erleben.„Hmmm, war das lecker,“ hält Gerti sich den Bauch, „ der Mann versteht was vom Kochen.“ „Ja, Donhauser ist der beste Koch aller Zeiten,“ bestätigt Tom, löffelt den letzten Rest der Eispizza von seinem Teller. „ Joey, ich möchte zahlen,“ ruft er dem Chef zu. Donhauser kommt an den Tisch, stellt die Teller ineinander. „Möchtet ihr noch was trinken,“ fragt er, als er sieht, Gerti und Tom haben ihre Gläser ausgetrunken.„Danke, wir wollen noch in den Ausrutscher tanzen gehen,“ holt Tom seine Geldbörse aus der Tasche, „ was machts?`“„Wir machen es bargeldlos,“ wischt Donhauser den Tisch ab, „ du kommst noch mal mit deiner Lady zum Essen, mähst mir dafür meinen Rasen, schneidest die Hecke. Ich komm nicht mehr dazu. Bin am Überlegen, ob ich mir ein kleineres Grundstück kaufe.“„Rasen mähen..

 

Hecke schneiden..“ überlegt Tom laut, „ wir hoch ist das Gras, wenn du nicht mehrzum Mähen gekommen bist?“„Etwa achtzig Zentimeter und die Hecke hab ich zwei oder drei Jahre nicht mehr geschnitten.“„Fünf mal Essen und ich machs,“ bietet Tom spontan an. Donhauser ́s Rasen und Hecke sind sicher höher und er wird zwei Tage brauchen, bis er mit Mähen, Schneiden und Grünschnitt entsorgen, fertig ist. „Ok einverstanden,“ besiegelt Donhauser mit einem give me five das Geschäft, „ viel Spass im Ausrutscher,“ verabschiedet er sich, „der neue Inhaber soll aus dem alten Schuppen was gemacht haben.“„Was für ein knackiger Hintern,“ sieht Donhauser Gerti nach, „mit so einer Lady tanzen gehen, daswürde ich jetzt auch lieber tun, als bis morgen früh in der Küche stehen. Aber was solls,“ trägt er das Geschirr ab, „ es ist mein Job und ich verdiene mein Geld damit.“Dass der neue Inhaber aus dem alten Schuppen was gemacht hat, sieht Tom schon, als er auf den Parkplatz fährt. Er ist doppelt so gross, mit Betonverbundsteinen befestigt und grosszügig beleuchtet. Beim vorigen Besitzer mussten Gäste, die später kamen, auf einen Schotterparkplatz fahren, bei dem die Schuhe schmutzig wurden und der im Winter nicht geräumt wurde.

 

Foyer und Garderobe haben eine neue Ausstattung in hellem Holz bekommen. Für fünf Euro Eintritt gibt’s für weibliche Gäste ein Freigetränk. „Ich setze mich gern etwas weiter weg, beobachte die Leute,“ geht Tom an den Platz, an dem er bei seinen seitherigen Besuchen schon gesessen hat. Der DJ spielt Titel von ABBA und den Les Humphries Singers, die zum Tanzen anregen.„Hei Leute, einen guten Abend, ich grüsse euch,“ lässt er ein Schlagzeugsolo vom Band einspielen, „wir machen es wie letzte Woche, ihr habt Spass bei Unterhaltung und Tanz, ich mach gute Musik dazu. Aufgehts Buam, holts euch a Madl, die Tanzfläche wartet auf euch. Die erste drei Paare bekommen ein Freigetränk von mir. Los geht’s mit Nicki und ́ ́ wenn i mit dir tanz ́ ́ “ Das lässt Gerti sich nicht zweimal sagen. „Aufgehts,“ nimmt sie Tom an der Hand, zieht ihn auf dieTanzfläche. Sie sind das zweite Paar, das sich ein Freigetränk ertanzt. Schon mit den ersten Schritten klappt es bestens. Gerti gleitet leicht und beschwingt in Tom ́s Armen, kommt mit seinen Ausfallschritten und kleinen Einlagen sehr gut zurecht. Es ist, als würden sie schon seit Jahren miteinander tanzen. „ Entschuldige bitte,“ nimmt Tom Gerti nach dem dritten Tanz in den Arm, „ich hab eine seltsame Art zu tanzen... aber es ist die Musik, sie packt mich und dann kann ich nichtanders.“„Duu, das gefällt mir,“ schmiegt Gerti sich in seine Arme, als der DJ einen Titel von Bert Kaempfert spielt, „ ich liebe es, so zu tanzen, sich ganz der Musik hingeben....“Ein Abend mit Musik, Tanz und guter Laune im „ Ausrutscher“ Lesen sie nächsten Samstag mehr darüber.„Lass uns mal nachsehen, ob die Bedienung schon was gebracht hat,“ steuert Gerti nach mehreren Tanzrunden an ihren Platz zurück. Der DJ spielt Heavy Metal Titel, die ihr nicht gefallen. „Die Musik gefällt mir nicht.“ Das bestellte Mineralwasser steht auf dem Tisch. Gerti schenkt sich ein, trinkt das Glas mit wenigen Zügen aus. „ Tanzen macht durstig und der Zander soll schwimmen können,“ lächelt sie Tom an.

 

Der ist von ihren strahlenden Augen, ihrem Lächeln hin und her gerissen, weiss nicht so recht, was er sagen soll.„Hilfst du mir, wenn ich bei Donhauser den Rasen mähe und die Hecke schneide?“ fragt er spontan,„ich schätze, die Hecke ist recht hoch gewachsen. Da ist es gut, wenn jemand dabei ist, der das Schnittgut gleich wegräumt, durch den Schredder lässt.“„Ja gern,“ nimmt Gerti seine Hand, „ ich muss erst am Freitag wieder in die Bäckerei. Da können wir uns nach getaner Arbeit unseren Lohn abholen. Ich möchte noch weitere Gerichte bei Donhauser probieren.“ „Prima,“ freut Tom sich, „ ich mach dann....“ Was er noch sagen wollte, geht in dem Trommelwirbel unter, den der DJ einspielt. Er hat gemerkt, dass heute Abend für die Heavy Metal Musik kein Publikum da ist.„Wenn ihr glaubt, ihr könnt euch schon ausruhen, habt ihr euch getäuscht,“ poltert er in sein Mikro, „ihr mögt Heavy Metal nicht? Gut, einverstanden, überredet, wie wärs damit? Oldies, Oldies, aus den Sechzigern, den Siebzigern und es geht gleich fetzig los mit Barry Rayn und seiner Eloise.“„Jeah, das ist es.....ich liebe die Siebziger, “ springt Gerti auf, kann es kaum erwarten, bis Tom sein Glas abstellt, mitkommt. Er steigt auch gleich in das flotte Tempo ein, fegt mit Gerti über die Tanzfläche, die sich erst langsam wieder füllt. Die langsameren Passagen tanzt er sehr ausdrucksvoll, fegt dann wieder los. Der DJ wird auf Gerti und Tom aufmerksam, beobachtet eine Zeit lang, wie harmonisch sie tanzen.„Hei Leute, seht euch die Beiden an,“ wendet er sich an die Gäste, „ findet ihr nicht auch, sie tanzen super?“ Die Gäste auf der Tanzfläche sehen ein paar Augenblicke zu, bilden einen Kreis um Gerti und Tom, klatschen im Rhythmus dazu. Tom ist erst etwas nervös, als sie so plötzlich im Rampenlicht stehen. Aber Gerti steckt ihn mit ihrem strahlenden Lächeln an und so fällt die Nervosität mit jedem Schritt von ihm ab. Die Gäste sind begeistert, fordern eine Zugabe.„Ja, da sind wir alle einer Meinung,“ nimmt der DJ den Faden auf, „was darf ich für euch spielen? “„Andre Brasseur, the early bird,“ ruft Tom ihm zu. „ Einen Augenblick,“ drückt der einige Tasten an seinem Lap Top und wenige Sekunden später ist der gewünschte Titel zu hören. Gerti erkennt ihn erst nicht. Der voluminöse Sound Andre Brasseur ́s Hammondorgel nimmt sie dann gefangen. Die Arme über dem Kopf lässt sie Po und Hüften kreisen. Die weissen Streifen auf ihrem Kleid drehen sich spiralförmig, leuchten auf, als sie von einem Spot angestrahlt wird. Tom passt sich ihren Drehungen an, führt sie mit wenigen Schritten von einem Ende zum Andern der Tanzfläche, geniesst jeden Augenblick, bewundert ihre schlanke Figur. „Liebe Gäste, unser Paar des Abends,“ verkündet der DJ, während die letzten Takte ausklingen, „ das war Tanzen in seiner schönsten Form,“ winkt er Gerti und Tom zu sich. „Wie lang tanzt ihr schon zusammen?“ „Seit heute Abend,“ hakt Gerti sich bei Tom ein. „Woww super. Ihr seid heute Abend meine Gäste. Wünsch euch noch viel Spass.“Als Paar des Abends dürfen Gerti und Tom sich weitere Musktitel wünschen, haben jede Menge Spass.

 

In der Ausgabe vom 28. Dezember erfahren sie, was Gerti und Tom an dem Wochenende noch unternehmen. Wünsche allen WZ Lesern ruhige, besinnliche Feiertage „Hach, langsam werd ich müde,“ hält Gerti sich die Hand vor den Mund. „ Sag, wenn du nach Hause möchtest,“ bietet Tom ihr an, „ ist schon nach Mitternacht und du bist seit gestern Morgen auf den Beinen.“ „ Das bin ich auch noch ne Weile, es macht so viel Spass, mit dir zu tanzen.“ Tom wird es heiß und kalt, als Gerti sich zufrieden lächelnd in seine Arme lehnt. „ Magst du John Kincade, Daniel Boone und so?“ küsst er sie auf die Wange. „ Ja ja,“ springt Gerti auf, „ komm, wir haben sicher noch ein paar Wünsche frei.“ „Ja natürlich, liebend gern,“ blendet der DJ den aktuellen Titel aus. Er freut sich, dass seine Entscheidung, sechziger und siebziger Jahre Titel zu spielen, ein Volltreffer war. „ Jetzt lassen wirs noch mal richtig krachen, Daniel Boone, beautiful sunday,“ kündigt er Tom`s Wunsch an. Daniel Boone, John Kincade, Harpo, die Bee Gees, Middle of the road, das ist Gerti ́s Musik. Von jetzt auf nachher ist ihre Müdigkeit weg, sie lässt mit Tom keine Runde aus, bis der DJ den Tanz beendet. „ Ja liebe Gäste, Freunde,“ spielt er ein enttäuschtes ́ ́ ohhh ́ ́ vom Band ein, „ ich könnte noch lang weiter machen, darf es aber nicht. Hab eh schon länger gemacht, als erlaubt. Ich danke euch für den wunderbaren Abend, den ich mit euch verbringen durfte, danke unserem Paar des Abends, ihr habt super gute Musik ausgesucht. Wir machen am kommenden Samstag weiter. Ich freu mich auf euch, gute Nacht, kommt gut nach Hause.“ Auf dem Heimweg lässt Gerti den Abend noch mal Revue passieren. Sie freut sich über jede Minute, die sie mit Tom verbringen durfte. „Begleitest du mich ein Stück? Durch den Torbogen habich im Dunkeln ein wenig Bammel.“An ihrer Tür umarmt sie Tom, küsst ihn auf den Mund. „Tausend Dank für die Einladung. Es war der schönste Abend, seit langer Zeit.“ Ihre Lippen sind weich und warm, schmecken nach dem Kaubonon, das sie aus seinem zu einem Naschkästchen umfunktionierten Aschenbecher gegessen hat. „ Werd gern zum Wiederholungstäter,“ erwidert Tom den zarten Kuss, „wenn du möchtest, fahren wir mit meiner Maschine eine Runde durchs Altmühltal.“ „ Mit der du gestern an der Bäckerei warst?“ „Ja, wenns dir nicht zu früh ist, hol ich dich um zehn ab.“ Der Kuss am Morgen schmeckt genauso gut, wie der in der Nacht. In Jeans und einer dicken Lederjacke schwingt Gerti sich auf den Sozius, geniesst die Fahrt über die malerischen Strassen an der Altmühl entlang.

 

Im Cafe Hubraum, trifft Tom sich mit Cruiserfreunden, lädt Gerti zu einer Portion Chicken Nuggets ein. Den Nachmittagskaffe wollte sie zu Hause machen. Bevor sie weiter fahren, ruft Frau Metzger auf ihrem Handy an, bittet sie, gleich zu kommen. In der Bäckerei ist eine Rohrleitung geplatzt und es gibt Einiges zu putzen, damit in der Nacht wieder gebacken werden kann. So verabreden Gerti und Tom sich für den nächsten Tag, um die Arbeit in Donhauser ́s Garten zu erledigen. Gerti ist sehr geschickt, mäht den Rasen mit dem kleinen Traktor, während Tom die schwer zu erreichenden Stellen mit dem Freischneider macht. Er staunt immer wieder, was für eine Energie in ihr steckt, obwohl sie so schlank und zierlich ist. Mit dem Schredder kommt sie gut zurecht. Tom kann das Schnittgut nicht schnell genug ranschaffen. So sind sie schon nach einem Tag fertig, besichtigen das Grundstück. „ Es gefällt mir,“ hakt Gerti sich bei Tom unter, „ wenn Donhauser nicht unverschämt viel verlangt, kaufe ich es ihm ab.“ „Da hab ich auch schon dran gedacht,“ stimmt Tom zu, „ein kleiner Weiher zum drin plantschen, Wasser und Strom sind da. Wäre perfekt.“Am Abend wechselt das Grundstück an der Gemarkung Bruchbude den Besitzer. Donhauser stimmtspontan zu, nachdem er tags zuvor festgestellt hat, was alles renoviert werden muss. Zwei Wochen später kommt Rudi mit seinem ́ ́ Altpapier ́ ́ bei Tom vorbei, sieht Gerti in einem Monteuranzug an einem alten Schrank schleifen. „ Hei, das ist doch die Lady aus der Bäckerei,“ fragt er mit einem schelmischen Grinsen. „ Ja, das ist Gerti aus der Bäckerei,“ grinst Tom zurück.„Ich wusste es,“ geht Rudi singend und pfeifend weiter, „ schuld war nur die Wochenzeitung und ich bring sie dir....ja der kleine Tom geht in die Bäckerei... da da di dam..“Ich wünsche allen Lesern einen guten Start ins neue Jahr und denken sie dran: immer Samstags...

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Tag der Veröffentlichung: 06.06.2021

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