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Kapitel 1

„Hey!“ Es war dieser Ausruf der mich aus meinen Tagträumen auffahren ließ. Ich war grade den Gang entlang geschlendert, an meiner Seite Gianni. Wir waren auf dem Weg in unsere Zimmer gewesen. Gianni war der Sohn des Kopfes dieser Untergrundorganisation in der wir uns befanden. Nach dem Ausruf folgte ein mehrfaches schallendes Klatschen und ein dumpfer Aufprall. Müde senkte ich den Kopf und wollte schon weitergehen als mich Gianni festhielt.

„Komm wir kucken was los ist!“ Das dem Kerl langweilig war wusste ich ja schon lange, aber so langweilig?

„Da wird sicher nur wieder irgendein armer Teufel geschlagen oder gar erschlagen.“ entgegnete ich nur. Ich hatte wirklich keine Lust mir jetzt auch noch sowas ansehen zu müssen. Aber Gianni ließ nicht locker.

„Jetzt komm schon!“ sagte er nur und zog mich mit in Richtung großen Saal. Mit Widerwille folgte ich ihm, aber ich hatte sowieso keine Wahl.

 

Gianni und ich hatten uns in einem Park kennengelernt, damals, in Palermo. Es kam mir schon vor wie in einem anderen Leben. Ich machte dort Urlaub und wohnte ganz in der Nähe in einem Hotel. Gianni hatte mich etwas in der Stadt herumgeführt und mir ein Eis spendiert. Ich fand ihn Süß und dachte das wäre wenigstens mal was aufregendes, wenn ich meinen Freundinnen zuhause erzählen könnte ich hätte Sex mit einem Einheimischen gehabt. Also lud ich ihn am Abend zu mir ins Hotel ein und wir verbrachten eine schöne Nacht auf dem Zimmer. Am nächsten Morgen gestand er mir seine große Liebe und sagte er wolle mich mit zu seiner Familie nehmen. Ich war geblendet von seiner Begeisterung für mich und ging mit ihm mit. Auch wenn er mir ein bisschen wie ein großes Kind vorkam.

Seine Familie hieß mich mit offenen Armen Willkommen und ich fragte mich noch ob das immer so war wenn er eine seiner Eroberungen Heim brachte, als sie nach einem wundervollem Essen und einem schönen Abend, anfingen über Hochzeit zu reden. Nach kurzer Diskussion war klar das sie uns meinten!!! Meine und Giannis! Als ich beteuerte, dass mir das alles wohl etwas zu schnell ginge, lernte ich Giannis Mutter richtig kennen. Eine eiskalte Frau und das war der Anfang meines Lebens unter ihnen, in dem ich durch Drohungen gegen mich und meine Familie festgehalten wurde. Als ich nochmal darauf bestand, dass ich Gianni nicht heiraten wolle, wurde ich so heftig zusammengeschlagen das ich erst mal ein paar Tage ausgeschaltet war. Als ich wieder zu mir kam wurde mir mehr und mehr klar das ich ihr Spiel mitspielen musste. Trotzdem gebe ich nicht Gianni die Schuld an meinem auferzwungenem Leben in der Organisation. Er war eben naiv.

 

Plötzlich wurde ich von einem lautem Aufschrei aus meinen Erinnerungen gerissen. Ein Knallen folgte. Wir waren nur noch ein paar Schritte vom Saal entfernt. Ich blieb wie versteinert stehen und schaute Gianni anklagend an. Schläge mit der Peitsche waren hier in der Organisation nichts neues.

„Ist ja nicht so als ob wir im 21. Jahrhundert wären...“ murmelte ich aufgebracht. Gianni ignorierte das großzügig und schob mich die letzten Meter in den Saal. Wie ich gedacht hatte standen ein paar der zehn Mitglieder belanglos herum und schauten zu. Savio, ein besonders brutaler Kerl wie ich fand, schwang schon wieder die Peitsche. Bevor er sie runter sausen ließ wagte ich einen kurzen Blick auf denjenigen der auf dem Boden lag und den auch alle Anderen anstarrten. Giannis Blick blieb fasziniert an der Person hängen die sich unter Schmerzen wand, ich jedoch senkte schnell den Blick um nicht das ganze Grauen mitansehen zu müssen. Es war eine junge Frau die ich dort liegen gesehen hatte. Ungefähr in meinem Alter. Irgendwie kam sie mir bekannt vor, doch ich konnte nicht sagen wieso. Ihr Gesicht hatte ich auch nicht deutlich gesehen, da sie sich unter Schmerzen fötusartig zusammenkrümmte.

„Wer ist das? Und was hat sie denn getan, dass sie so eins drauf kriegt?“ Ich hatte mich neben Turi gestellt. Turi war erst fünfzehn, also fast noch ein Kind und die andern nahmen ihn noch nicht ganz so ernst. Er war wohl irgendwann etwas auf die schiefe Bahn geraten und Leuten aufgefallen, die bemerkt hatten, dass er verdammt gut war, in dem was er tat.

„Sie heißt Lilly und komm aus Deutschland. Ich hab vor ein paar Tagen entdeckt das sich jemand in unser System eingehackt hat. Nach ein paar Nachforschungen bin ich auf eine deutsche Uni und ihren Namen gestoßen.“ Stolz kuckte er mich an. Turi war außer einem guten Taschendieb nämlich auch noch ein Technikgenie und totaler Computerfreak. Das war auch der eigentliche Grund wieso er bei uns aufgenommen wurde. Kein Sicherheitssystem in das er sich nicht unbemerkt einloggen konnte und kein Code den er nicht knacken konnte.

„Wir wissen noch nicht genau was sie jetzt alles weiß,“ fuhr er fort „aber wenn sie an unsre Daten gekommen ist kann sie sich die auch heruntergeladen haben oder sie gar manipuliert haben  ... naja du weißt ja.“

Ja ich wusste. Sie würde umgehend kalt gestellt werden. In mir flammte Verzweiflung auf. Ich kannte eine Lilly aus Deutschland...

Ich kam selbst aus Deutschland was hier allerdings niemand wusste. Meine Mutter kam hier aus der Gegend und hatte mich zweisprachig erzogen. Ich sprach also auch italienisch mit dem Akzent der hier üblich war.

Vorsichtig lugte ich noch einmal zu ihr rüber. Savio hatte sie an den Haaren wieder auf die Füße gezogen und knallte grade ihren Kopf gegen die Wand. Ihre Augen bedeckte schon ein milchiger Schleier. Wahrscheinlich würde sie nicht mehr lange durchhalten.

Plötzlich aber fand ihr Blick den meinen und Erkennen blitze bei ihr auf. Ich zog scharf die Luft ein. Auch ich war jetzt davon überzeugt dass sie die war, für die ich sie gehalten hatte. Verdammt! Wir waren mal wie Schwestern gewesen. Egal wie abgestumpft ich mit der Zeit geworden war, ich konnte sie nicht einfach so tot prügeln lassen...

„STOPP!“ entschlossen trat ich vor. Die Anderen blickten mich verwundert an und Savio fragte verdattert „Was...?“ Lilly rutschte nun mit dem Rücken an der Wand runter und klappte leblos zusammen.

„Hör auf!“ zischte ich schon fast aufgebracht. Beherrsch dich! Sagte ich mir selbst. Bloß keine Gefühle zeigen.

„Wieso denn...?“ Gianni war jetzt auch vorgekommen und legte mir eine Hand auf die Schulter. Für Außenstehende mochte es wie eine beruhigende oder sogar beschützende Geste wirken, aber ich wusste das es einfach nur besitzergreifend war. Er erinnerte mich daran das ich ihm gehöre und ihn ja nicht blamieren durfte. Verbittert biss ich die Zähne zusammen, ließ ihn aber so ekelhaft dicht hinter mir stehen.

Die Andere warteten auf meine Antwort. Was sollte ich nur sagen? Ich konnte unmöglich mit der Wahrheit rausrücken. Ich wollte schon den Mund aufmachen um irgend etwas zu stammeln, als auf einmal die Tür hinter uns wieder aufging und ein großer Typ eintrat. Seine eiskalten Augen ruhten direkt auf mir. Sie hatten die Farbe eine nordländischen Schneesturms und standen perfekt im Kontrast zu seinem dunklen Teint. Die schön geschwungenen Augenbrauen waren fragend nach oben gezogen. Es war Dominic. Giannis Bruder. Er war in unsrer kleinen Gruppe der Capodecina. Das ist sowas wie der BigBoss.

„Marie,“ schon allein wie er meinen Namen aussprach jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken „kennst du dieses Mädchen?“ Berechnend sah er mich an, als ob er durch mich und mein Gespinn aus Lügen hindurch blicken könnte. Unbehaglich schaute ich zu Boden und schüttelte nur stumm den Kopf.

„Schön“ Ein hinterhältiges lächeln umspielte seine Lippen. „Dann wird es dir ja sicherlich nichts ausmachen sie... auszufragen.“

Er hasste mich!

 

 

Kapitel 2

Es war kalt, feucht und dunkel. Langsam ging ich den Gang entlang. Vor einer stabilen Eisentür blieb ich stehen und atemte einmal tief ein. Dann stieß ich die Tür zur Folterkammer auf. 

Drinnen stand Dominic. Er lehnte sich mit einem arrogantem Grinsen gegen die Wand und schaute mich herausfordernd an. Ich ignorierte ihn so gut es ging und schenkte ihm nur kurz einen vernichtenden Blick. Er hatte es sich wohl nicht nehmen lassen meine Folterkünste persönlich zu inspizieren. Dann richtete ich meine ganze Aufmerksamkeit auf Lilly. Es waren ein paar Tage vergangen, denn man hatte ihr die Zeit gelassen wieder zu Bewusstsein zu kommen und etwas zu sich zu nehmen. Sonst hätte sie schon die ersten Ansätze einer Folter nicht überlebt. Jetzt aber lag sie mit ausdruckslosem Gesicht auf einer Streckbank, alle Viere von sich. Aus ihren Augen laß ich Verwirrung und Anklage. 

Ich ging, nach außen hin ruhig aber innen brodelnd vor Wut, auf sie zu und löste das Handhebelrad und somit die Spannung auf ihren Gliedmaßen. Zum Glück waren noch keine Knochen aus den Gelenken gelöst. Trotzdem schrie sie vor Schmerzen, bei der plötzlichen Entspannung, gepeinigt auf. Ich löste ihre Hände und Füße aus den Fesseln. Kalt wand ich mich wieder Dominic zu und zischte "Wenn ich sie "ausfragen" soll, dann misch dich nicht ein!" Es hatte mich mehr als geschockt, dass sie schon auf der Streckbank war, bevor ich überhaupt erst da war. "Entschuldige" entgegnete Dominic mit vor Sarkasmus triefender Stimme, "Aber dann lass mal sehen was du so geplant hattest um ihr die Wahrheit zu entlocken". 

"Steh auf!" befahl ich Lilly mit möglichst neutraler Stimme. Langsam und mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht kam sie meiner Aufforderung nach. Ich packte sie am Nacken und zerrte sie unsanft vor einen Schreibtisch und drückte sie auf den Stuhl. Auf dem Tisch stand eine etwas größere Schüssel, die ich mir jetzt griff und an einem Wasserhahn an der Wand mit Wasser füllte. Ruhig stellte ich sie wieder direkt vor Lilly ab. Dominic zog abschätzend die Augenbrauen hoch und nickte fast lobend einmal mit dem Kopf. Wie ich den verdammten Idiot in dem Moment hasste!!!

"Hör zu" krächzte ich zu Lilly, räusperte mich dann aber schnell, erschrocken über das peinliche Versagen meiner eigenen Stimme. Ich ging um den Schreibtisch herum, so dass ich vor ihr stand und ihr in die Augen sehen konnte. Aber in diesen schimmerten schon die Tränen. Wahrscheinlich ahnte sie was kommen würde. Es brach mir das Herz! "Hör zu" wiederholte ich, mit diesmal kräftigerer Stimme, was mich innerlich erleichtert aufatmen ließ. "Dominic wird dir Fragen stellen und du wirst sie wahrheitsgetreu beantworten. Jedesmal wenn du nicht antwortest oder ich merke das du lügst, werde ich deinen Kopf unter Wasser tunken. Und jedesmal wird es ein bisschen länger werden..." Vorallem die letzten Worte musste ich mich zwingen auszusprechen. "Verstanden?!" setzte ich noch scharf hinzu. Hasserfüllt blickte sie mir jetzt ins Gesicht und nickte langsam. 

Ich ging wieder hinter ihren Stuhl und legte ihr eine Hand in den Nacken. Ich wollte, dass sie sich vor Angst erst gar nicht traute zu lügen. Dominic zog sich auch einen Stuhl an den Schreibtisch heran und setzte sich gelassen Lilly gegenüber. Mir warf er nur einen letzten misstrauischen Blick zu. 

 

 

Kapitel 3

"Also Lilly", begann Dominic selbstsicher und legte sich gemächlich die Hände hinter den Kopf; "Dann rück mal raus mit den Tatsachen. Wir wollen das Ganze gestallten wie eine kleine Geschichte. Ich fang an und du führst fort. Beginnen wir ganze leicht..." Von oben herab sah er sie lächelnd an. Dieses Lächeln! Das machte mir erst so richtig Angst. Vor dem scheiß Idioten vor mir und um Lilly. "In einer kleinen unbedeutenden deutschen Stadt, steht eine Uni. Und eine noch unbedeutendere kleine Studentin begieng die Dummheit und studierte dort Informatik. Sie war gut, dass muss man ihr lassen! Aber in letzter Zeit machte sie ihre Sache etwas zu gut und begann herumzuschnüffeln, in der ewig währenden Welt der Daten und steckte ihre kleine Nase in Sachen die sie eigentlich mal so gar nichts angingen! Diese ungeschickte Studentin hieß..." bedeutsam fixierten seine kalten blauen Augen Lilly und warteten darauf das sie den Satz zu Ende brachte. Zitternd versuchte sie seinem Blick stand zu halten und öffnete halb den Mund. Dann sagte sie eine Zeit lang nichts. Eine zu lange Zeit. Plötzlich und unerwartet übte ich Druck auf ihren Nacken aus um sie unter Wasser zu drücken. Doch da kam wieder Leben in sie und kaum hörbar krächzte sie "Lilly! ...Ihr Name war Lilly Harper" Nur stockend kamen die Wörter aus ihrem Hals, aber sie kamen! Kaum hörbar atmete ich erleichtert auf.

"Aaaah!" gespielt begeister sah er sie an und die plötzliche Lautstärke ließ seine Worte von den Wänden wiederhallen. "Na also! Es geht doch! Fahren wir gleich fort. Weißt du wies weiterging?" keine Antwort erwartend setzte er sich jetzt etwas aufrechter auf seinen Stuhl. "Ich will mal so freundlich sein und dir meine Version erzählen...: Die Studentin forschte nun in ihr unbekannten Gebieten, unwissend darüber, dass das äußerst dumm und gefährlich ist. Sie stieß auf ein Thema das ihr einfach keine Ruhe lassen wollte. Die Mafia! Und Insbesondere die Sizillianische!" Bedrohlich richtete er sich nun noch weiter auf und sah ihr starr in die Augen. "Dabei hat sie etwas von äußerster Bedeutung erfahren und es schriftlich festgehalten, und zwar...!" Das Knistern das in der Luft lag war fast greifbar und wir alle waren äußerst angespannt. Als sie nichts sagte begann meine Hand in ihrem Nacken zu zittern und ich verstärkte meine Griff. Das eiserne Schweigen wurde immer bedrücklicher. Traurig kniff ich die Augen zusammen und versenkte ihr Gesicht mit einer Wucht im Wasser das es nur so spritzte. Aber wir musste da jetzt durch, alle beide. Sonst würde Keine von uns lebend aus der Geschichte rauskommen. 

Am Anfang ließ Lilly das einfach mit sich machen. Erst nach einer Weile begann sie sich zu wehren und versuchte, immer panischer werdend, wieder aufzutauchen. Ich ließ sie noch ein paar, mir endlos erscheinende Sekunden zappeln bevor ich meine Hand entfernen wollte, doch Dominic gab mir mit erhobener Hand zu verstehen nichts an meiner Position zu ändern. Geschockt starrte ich ihn an. Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein! Lillys Abwehr begann schon langsam zu bröckeln und sie zuckte noch ab und zu. Mir stiegen die Tränen in die Augen. Ich konnte sie jetzt einfach nicht mehr zurück halten! 

Triumphierend schaute Dominic mich an und hob befehlend seine Hand hoch. Ruckartig zog ich Lillys Kopf aus dem Wasser. Sie war bewusstlos. 

Man hatte mir hier oft gezeigt wie mit erschöpften und auch bewusstlosen Leute umzugehen ist. Zu oft. Innerlich schreiend und tobend, aber nach außen hin so ruhig wie möglich, schellte ich ihr, auf nicht grade zimperliche Art und Weise, ein Paar. Zu ihrem Pech zuckten ihre Augelieder. Das Schicksal für die Ungerechtigkeit verfluchend sah ich ein das sie wieder wach war. Das hieß, das Ganze hier ging jetzt also noch weiter. Lilly atmete plötzlich erschrocken ein und schlug die Augen auf. Ihr Blick fand meinen und bevor ich wegschauen konnte traf mich ihre Anklage, der Schmerz und ihr Unverständniss.

Langsam atmete ich tief ein um nicht auszurasten. "Ah, Ist Madame wieder aufgewacht?!" meldete sich Dominics Stimme plötzlich wieder. Ups. Ihn hatte ich fast vergessen. Geschmeidig stand er auf, ging um den Schreibtisch herum und stellte sich jetzt selbst hinter Lilly. Deren Hände krallten sich verkrampft in die Tischplatte vor ihr um ihr zittern zu verbergen als Dominics Hand den Weg zu ihrem Nacken fand. Gefährlich beugte er sich zu ihr runter um mit seinem Kopf direkt neben ihrem Ohr zu sein. Leise, so das ich es kaum hören konnte, sagte er: "Es ist in Ordnung Kleines... Du darfst die letze Frage vergessen. Wir wissen das du verdammt vertrauliche IP-Adressen und Konfigurationsdateien erarbeitet hast. Und du wirst bis morgen Früh auch in Ruhe gelassen, wenn du mir nur diese eine Frage beantworten kannst...: Kennt ihr euch?" Nach den letzten Worten schaute er zwischen mir und Lilly hin und her und mir blieb das Herz stehen.

Dominic würde Verrat riechen. Und zwar einen von mir aus gehenden. Auch wenn es jetzt nur Zufall war das ich Lilly kannte und ich nichts mit dem zu tun hatte, was auch immer sie verbrochen hatte. Das wäre für ihn nicht wichtig. Aber wie wollte er schon beweisen das ich Lilly kannte. 

Wieder einigermaßen entspannt schaute ich die beiden an. In Lillys Augen lag Enttäuschen und Angst, und langsam nickte sie Dominic zu. Dieser zog nur die Augenbrauen hoch und warf mir einen vielsagend warnenden Blick zu.

Gefährlich ruhig wandt er sich wieder Lilly zu. "Ich glaube dir. Ich habe deine Blicke zu ihr gesehen. Erst hoffnungsvoll, dann geschockt und nun nur noch verletzt und hasserfüllt. Aber es würde mir doch einiges helfen, wenn du mir ihren Namen nennen könntest..." 

Mein Name war seit Lilly hier war noch gar nicht gefallen, schoss es mir in den Kopf... . Dominic vertraute mir sowieso schon jetzt nicht wirklich. Noch nie. Er ist der einzige der gegen die Hochzeit gewesen war. (Seine Begründung: Ich sei eine machtgeile Schlampe und wolle seinen zurückgebliebenen Bruder ausnutzen. Idiot!!!) Wenn er annahm, dass ich mich quasi mit der Hochzeit tatsächlich nur bei ihnen „eingeschleust“ hatte um wie Lilly an Informationen zu kommen, dannn...  

 Scheiße! Ich war geliefert!

Kapitel 4

Möglichst unauffällig trat ich ein paar Schritte zurück bis ich hinter Dominic stand, aber immer noch in Lillys Blickfeld war. Panisch schüttelte ich den Kopf und versuchte ihr zu signalisieren, dass sie nur nichts verraten sollte. Tatsächlich senkte sie den Blick und schwieg. Innerlich dankte ich Gott, dem ich doch eigentlich schon vor Jahren abgeschworen hatte.

„Kennst du sie jetzt oder nicht?“ Dominics Stimme donnerte direkt vor ihrem Gesicht, als er keine Antwort bekam. Lilly zuckte sichtlich zusammen und schüttelte zitternd den Kopf. Ich konnte wieder etwas Entschlossenheit in ihrem Blick entdecken und sang im Geiste Lobeshymnen. Sie schien mir, warum auch immer, noch einigermaßen zu vertrauen.

Triumphierend schob ich mich wieder an Dominic vorbei und zog Lilly auf die Beine. „Du bist auf der falschen Spur Dominic! Was sollte ich denn auch bitte mit ihr zu tun haben?“ verächtlich, als ob das ja wohl schier unmöglich wäre, lachte ich auf. Dann schob ich sie in Richtung Tür. „Ich bring sie zurück in ihre Zelle. Schließlich hast du ihr grad Ruhe bis Morgen versprochen. Und die hat sie auch nötig“ Angespannt drückte ich die Türklinke und ging mit Lilly, immer in der Erwartung, dass er uns jeden Moment hindern würde. Aber er unternahm nichts, sondern schaute mir nur wissend hinterher.

 

Im Gang kamen wir am Vorratsschrank vorbei und ich hielt kurz an, um Lilly eine Decke raus zu ziehen. Ich wusste die Nächte hier konnten unglaublich kalt sein. Gefangene in besserer Verfassung waren schon erfroren. Mit dem Gedanken zog ich gleich noch eine zweite raus und drückte ihr beide in die Hände. Bis jetzt hatte sie noch nichts gesagt seit wir die Folterkammer verlassen hatten. Mein Blick huschte zu einer der vielen Überwachungskameras hier unten und ich schob Lilly schnell weiter, bis wir an ihre Zelle kamen. Unruhig schloss ich die Tür auf und Lilly ging ohne Wiederworte rein. Erst als ich die Tür wieder zu ziehen wollte, drehte sie sich um und schaute mich flehend an. „Ich hole dich hier raus! Versprochen!“ Meine Lippen formten die Worte mehr als das man sie hören konnte. „Es tut mir leid...“. Die Tür fiel scheppernd ins Schloss.

Mit einem Klos im Hals wand ich mich um und versuchte das heulen zu unterdrücken. Plötzlich hatte ich eine Brust im Gesicht. Eine äußerst männliche Brust in einem viel zu teurem Hemd. Erschrocken schaute ich auf und blickte in die eiskalten Augen von Dominic. Ich starrte ihn Angst erfüllt an und versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, dass Lilly mich nicht verraten hatte.

„Ich hab nichts mit ihr oder dem was sie verbrochen hat zu tun! Ich...“ Ich versuchte die Worte aufgebracht zu zischen, aber es kam nur ein verlegenes stottern hervor. Er stand viel zu nah vor mir!Dominic griff in die Hosentasche und holte ein Stück Papier raus. Den Blick immer noch auf mich gerichtet faltete er es auseinander und hielt es mir vor die Nase. Es war ein Bild. Ein altes Schulbild von meiner Klasse. Eingekreist waren zwei Personen. Ich und Lilly.

 

Nachdem sich meine Schockstarre gelöst hatte wich ich ängstlich vor ihm zurück. Er folgte mir bis ich mit dem Rücken an der kalten, feuchten Steinwand stand. „Du kennst sie also nicht hm?“ Er hob seine Hand und ich duckte mich schon innerlich in der Erwartung eines Schlags, aber seine Finger nahmen nur eine Strähne die in meinem Gesicht hing und zogen spielerisch dran. Ich vergaß für einen kurzen Moment das atmen. „Du hast uns angelogen Marie. Du hast MICH angelogen!“ Es blieb unausgesprochen in der Luft hängen was das für Folgen haben würde. Er würde meine Handlung mit Verrat gleichsetzen. Und auf Verrat stand die Hinrichtung.

Unfähig etwas zu sagen starrte ich ihn nur mit weit aufgerissenen Augen an. Ich war doch nicht mal an Lillys Sache beteiligt! Ich hatte keine geheimen Informationen der Mafia gesammelt... Laut! Sag das Laut Marie! Schrien meine Gedanken, aber meine Zunge lag schwer und unnötig in meinen Mund rum. Faules unfähiges Stück! Ich drehte wohl langsam vor Angst am Rad... Tränen traten mir in die Augen als mir das klar wurde.

Lächelnd wischte er mir eine Träne von der Wange und schob mein Kinn mit der Hand ein Stück höher, so dass er mir in die Augen sehen konnte. „Hast du Angst Kleine? Jetzt kann dich nicht mal mehr dein Tollpatsch retten“ Mit Tollpatsch meinte er wohl Gianni. Er und sein Bruder verstanden sich meistens nicht sonderlich gut. Dominic hielt Gianni eindeutig für unfähig. Trotzdem hatte er ihn in seine Gruppe mitaufgenommen, den so machte man das in der großen Familie. Familie stand an oberster Stelle.

„Bitte Dominic... Ich hab nichts mit Lillys Aufzeichnungen zu tun! Ich hab euch nicht verraten! Bitte, glaub mir“ versuchte ich es jetzt und schaute ihn flehend an.

Er aber grinste mich wieder nur wissen an. „Natürlich. Und selbst wenn, dir würde sowieso niemand glauben! Denn dein Wort steht gegen meines...“ Ich senkte ergeben den Blick und überlegte wie ich ihn dazu bringen konnte mir zu glauben, als plötzlich Dominics Hand den Weg zu meinem Rücken fand und langsam tiefer auf meinen Arsch glitt. Mit geweiteten Augen starrte ich ihn an.

„Ich hab dich beobachtet Marie. Ich weiß, dass du nichts mit der Sache von Lilly zu tun hast...“ Wütend stieß ich ihn von mir. Dann hatte ich ja nichts zu befürchten und der Dreckskerl sollte gefälligst seine Finger von mir lassen! „Wieso machst du dann so ein Theater?! Und wenn du mich noch einmal so anfasst, wird Gianni davon erfahren!“ Gianni war vielleicht nicht der hellste, aber es war allgemein bekannt, dass er beschützt was ihm gehört. Und so sah er mich leider. Als sein Eigentum.

Dominic zuckte mit den Schultern „Mein Bruder ist mir sowieso nicht gewachsen. Außerdem...“ und hier schlich sich wieder ein Grinsen in sein Gesicht, „...niemand weiß, dass du Unschuldig bist. Und es wird mir bestimmt auch niemand verbieten können dich als schuldig zu erklären“.

Geschockt sah ich ihn an. „Warum willst du mich tot sehen?“ Auch wenn ich darüber nachdachte fiel mir kein erkennbarer Grund für Dominics Handeln ein. Er schüttelte stumm den Kopf. „Ich möchte dich gar nicht tot sehen“. Sein Blick rutschte von meinem Gesicht etwas abwärts und fand meinen Ausschnitt. „Aber ich möchte, dass du mir gehörst“. Empört schnappte ich nach Luft und wollte schon zur Widerrede ansetzen, als er noch hinzufügte, „Und wenn du nicht auf... dieses freundliche Angebot meinerseits eingehst, fühle ich mich gezwungen dein sowieso schon so tragisches Leben liebenswürdiger Weise auszuhauchen“. Drohend blickte er mir jetzt in die Augen und gab mir einen kurzen Augenblick um seine Worte zu realisieren. Es war eine Zwickmühle aus der es für mich kein Entkommen gab.

„Was... was genau würde es für mich bedeuten dir zu gehören?“ fragte ich ihn jetzt mit leiser Stimme. Ich wusste das ich die Antwort eigentlich gar nicht kennen wollte. Dominic trat wieder näher und ich zwang mich diesmal nicht vor ihm zurück zu weichen. Seine Hand schob meine Haare beiseite und legte sich drohend um meinen Nacken. Sein Daumen liebkoste meine Halsschlagader. „Du würdest das Privileg genießen jede deiner Nächte mit mir verbringen zu müssen. Und auch sonst, musst du auf Abruf für mich bereit stehen. Außerdem wird mein Bruder nichts von dieser Sache erfahren. Aber du wirst mir nicht nur gehören, sondern du wirst jeden Tag um dein Leben betteln, indem du dich mir völlig hingibst und unterwirfst“. 

Kapitel 5

„Nein, ich bin müde!“. Erschöpft ließ ich mich aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Gianni stand ratlos im Türrahmen und zuckte mit den Schultern. „Gut, dann geh ich eben alleine Essen“. Als er so den Flur entlang tappte, sich torkelnd die Schuhe anzog und dann, mir noch einen letzten besorgten Blick zu werfend, verschwand, erinnerte er mich etwas an einen grummeligen Bär. Wie so oft traf er sich abends noch mit Freunden in einer Bar der Familie.

Resigniert seufzte ich. Er war vielleicht besitzergreifend und auch etwas langweilig, aber wenigstens war Gianni im wesentlich ein guter Kerl. Ganz im Gegensatz zu seinem Bruder...

Mit einem Schaudern dachte ich an die letzte Stunde zurück. Nachdem mir klar geworden war, dass Dominic nicht scherzte, hatte ich mich auf sein 'Angebot' eingelassen. Was danach vorfiel würde ich am liebsten vergessen, aber es war wie in mein Gedächtnis eingebrannt. Seine Hände, die plötzlich an Stellen meines Körpers waren, an die sie absolut nicht hingehörten. Und seine Lippen, verlangend, aber auch so viel rücksichtsloser als alle die mich bisher geküsst haben. Schwer atmend hatte ich dem Einhalt geboten und mich losgerissen. Der Blick seiner eisigen Augen ruhte daraufhin warnend auf mir.

„Okay... Es-es ist okay, ich kann das. Mich dir hingeben und das alles. Aber ich kann nicht dabei zu schauen wie Lilly weiterhin gefoltert wird, weder kann ich ihre Folter selbst übernehmen, noch kann ich zulassen das sie stirbt. Deinetwegen stirbt! ...Bitte, lass sie gehen! Ihr könnt ihre Daten vernichten und sie ist mehr als gewarnt davor jemals wieder nach irgendwelchen Ansätzen der Familie der Ehre zu suchen!“ Entschlossen ballte ich die Hände zu Fäusten „Dieser absurde Handel zwischen uns kommt nur zu Stande, wenn Lilly frei ist!“ Damit drehte ich mich abrupt um rannte, bis ich in Giannis Zimmer in Sicherheit war.  

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.06.2013

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