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Prolog

Hetzjagd

 

Hinter mir ein Hecheln. Meine Füße flogen förmlich über den Boden. 

Die Luft in meinen Lungen brannte. Es war eine schöne Nacht. Der Mond leuchtete heute voll und besonders groß. Aber ich rannte und die eiskalte Luft schien mich klirrend zu verlachen.

 

Ich konnte ihm nicht entkommen, was auch immer er war! 

 

Ich rannte verzweifelt nochmals etwas schneller, die Friedhofsmauer rechts hinter mir lassend, so schnell ich konnte zurück in ein dichter besiedeltes Viertel. Mein Herz raste und mein Blick huschte panisch über die Straße auf der Suche nach dem besten Fluchtweg. 

 

Ich konnte nicht mehr weiter! ich konnte nicht mehr... Meine Beine zitterten und ich bog links in eine dunkle Gasse und drückte mich in eine dunkle Ecke, mit dem Rücken an der kalten, nassen Steinwand und versuchte meine Schnappatmung unter Kontrolle zu bekommen. 

 

Es war dunkel hier. Das war gut. Er würde mich nicht finden. 

Ich kauerte mich nieder um noch etwas kleiner, unscheinbarer zu sein. 

 

Es verging eine Minute in der meine Atmung sich wieder etwas beruhigen konnte. 

 

Dann noch eine. 

 

...ich hatte es geschafft! Er hatte mich verloren! 

 

Erleichtert blickte ich wieder auf. Da sah ich ihn. 

Er kam von der anderen Seite der Straße gemächlich auf mich zugetrottet. Seine Augen leuchteten vom Licht der Straßenlaterne und sahen mich direkt an. 

Ich zückte mein Klappmesser das ich aus Vorsichtsmaßnahmen immer dabei hatte, es waren schwere Zeiten, und schaute ihn drohend an. Zumindest würde ich nicht kampflos aufgeben. 

 

Er knurrte leise. Ein tiefes Grollen aus seiner Brust.

Ich  erstarrte vor Angst.

Der Wolf fletschte die Zähne und kam ohne Eile auf mich zu;

Um mich zu töten.

ER war es. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte IHN trotz alle dem nicht hassen. Aber trotzdem musste ich jetzt handeln!

Adrenalin schoss in meinen Kopf.

Er setzte zum Sprung an und flog blitzschnell auf mich zu. Ich spürte schon seinen heißen Atem im Gesicht.

Seine Zähne saßen an meiner Kehle.

 

Dann schien die Welt einen Moment Stillzustehen. Niemand bewegte sich. Der Wolf war wie versteinert. Als ob ihm erst gerade etwas aufgefallen wäre. Mein Hals glitt wieder zwischen seinen Zähnen hervor.

 

Mein Messer steckte in seinem Nacken.

 

Dann rannte ich wieder.

Kapitel 1

 

 

 

 

 

„Aber jedes Mal, wenn es zum Abend ging, wurde er so unwirsch, dass nur wenige Leute mit ihm ins Gespräch kamen. Beim Dunkel werden pflegte er schläfrig zu werden. Man erzählt sich, dass er des Nachts häufig in verwandelter Gestalt umging. Die Leute nannten ihn Abend-Wolf.“

 

Egils saga, Kap 1

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapittel 1

 

„Alena?“ Ich drehte mich um. Ich hatte es fast nicht gehört. Ganz leise.

Vor mir stand eine junge Frau. Ungefähr so alt wie ich. Irgendwoher kannte ich sie. Wenn ich nur wüsste woher.

„Emm... Ja? Meinen sie mich?“ Fieberhaft durchforstete ich mein Gedächtnis nach einem Namen zu dem Gesicht... Erfolglos. Entschuldigend schaute ich sie an.

 

"Lia? Lia Wesselow?! ...wir waren drei Jahre lang in der selben Klasse! Komm schon Alena, du wirst dich doch noch an den Scheiß erinnern, den wir zusammen veranstaltet haben!" Lachend sah sie mich an und ließ sich auf den Barhocker neben mir gleiten. 

Erkenntnis breitete sich in meinem Sieb von Gedächtnis aus und ich grinste sie an. Stimmt, wir waren zusammen in der Schule bevor ich umziehen musste. Und wir hatten immer die genialsten Einfälle gehabt. In Ehren der guten alten Zeiten bestellte ich uns zwei Kurze und erntete dafür einen anerkennenden Blick von Jim, dem Barkeeper, der sich bei mir leider mehr Hoffnungen machte als es gab. 

 

"Was treibt dich denn in diese Gott verlassene Gegend?" fragte ich sie, nachdem wir in einvernehmlichen Schweigen erst dem Vodka gebührende Ehre erwiesen. 

Kopschüttelnd sah sie mich an. "Du meine Liebe. ...obwohl dieser Ort tatsächlich Gott verlassen scheint" 

Etwas zweifelnd ließ sie den Blick umherschweifen. Die Luft hätte man wohl schneiden können so dick war der Rauch hier drin. Trotzdem ging der Geruch der schwitzen und stinkenden Körper der, teilweise viel zu knapp bekleideten Frauen und Muskelprotzen von Männern die auf niemanden Rücksicht nahmen, nicht unter. Wir befanden uns in meiner lieblings Bar. Gut, sie hatte im Ort auch keine Konkurrenz, daher war es nicht schwierig die lieblings Bar von allen hier zu sein.

Laute Countrymusik tönte aus den Lautsprechern und eine schlecht blondierte Blondine hatte beschlossen in Unterwäsche und mit Cowboyhut einen Tabledance hinzulegen. 

 "Ich muss mal hier raus. Was machst du hier nur? Ist ja nichts zum aushalten!" Mit diesen Worten stand sie auf und bahnte sich einen Weg durch die Menge zur Tür. 

 Meine Güte, das war nicht mein erster Kurzer heute gewesen und es fiel mir deutlich schwer ihr folgen zu können. Aber sie hatte mich neugierig gemacht und ich fragte mich ob sie was bestimmtes von mir wollte.

Als ich endlich die kühle Nachtluft erreicht hatte und die Musik und den Lärm hinter mir ließ, konnte ich sie nicht entdecken. Zweifelnd sah ich suchend um mich und ging ein paar Schritte auf die leere Straße.

 

„Suchst du mich?“

 Ich erstarrte. Langsam drehte ich mich um.

Lia.

Es war nur Lia.

Erleichtert atmete ich langsam aus.

„Ja“ ich versuchte meiner Stimme einen festen Klang zu verleihen.

„Etwas schreckhaft geworden, was? Früher warst du doch so furchtlos“ 

Sie wusste ja nicht, wen ich erwartet hatte. „Es ist nicht so dass ich mich nicht freuen würde dich zu sehen, aber willst du was bestimmtes? Wir haben seit fast fünf Jahren keinen Kontakt mehr. Und ich nehme an diese herrunter gekommen Bar ist nicht der Aufenthaltsort deiner Wahl" In mich hinein grinsend schaute ich sie fragend an. 

"Naja... Ich weiß auch nicht so genau. Es ist vielleicht dumm, aber ich habe demletzt in meinem alten Kinderzimmer deine Kette gefunden. Sie lag unter dem Bett und ich dachte mir du würdest sie gerne wieder haben" 

Mit offenem Mund sah ich erfreut auf die kleine Kette die sie mir hin hielt. Meine Oma hatte sie mir vermacht gehabt und es war feines Silber mit einem grünen, geschliffenem Jadestein. Sie hatte mir ziemlich viel bedeutet und ich hatte sie noch jahrelang gesucht nach dem wir weg gezogen waren, unendlich traurig darüber dass ich nicht besser auf das Schmuckstück acht gegeben hatte. 

"Danke Lia! Ich muss sie bei dir verloren haben." Glücklich nahm ich sie entgegen und steckte sie ein. "Lieb von dir mich deshalb aufzusuchen. Wie hast du mich gefunden? Willst du auf einen Tee noch mit zu mir kommen? Oder auch auf ein Bierchen?" 

Lächelnd nickte sie "Gern, aber ich sollte dann noch wieder heim fahren können. Hauptsache wir gehen nicht nochmal zurück in dieses Loch!" Lachend zog sie einen Schlüsselbund aus ihrer Tasche und wir schlenderten im Mondlicht in Richtung Parkplatz. 

Ich schaute mich um. Lia hatte auf ihren Autoschlüssel gedrückt und bei irgendeinem Auto musste jetzt etwas passieren. Ich wartete gespannt. Was sie wohl fuhr? Vielleicht den kleinen, süßen aber leider schon etwas heruntergekommenen Mini dort drüben. Oder den dreckigen Pigeau. Aber nein. Weit gefehlt. Das einzige Auto, das hier eigentlich echt fehl am Platz war, öffnete die Türen. Daimler. E-Klasse. Ein Cabriolet. Sondermodell. Ok. Das musste ich erstmal verdauen.

 

Wir fuhren die kleine dunkle Piste nach Grievous-Mansion. Meine Heimat mitten im Nichts. Die Grievious-Villa, ein Neubau und der Stall lagen etwas außerhalb. Ich schätzte meine Ruhe und Privatsphäre. 

Lia parkte ihren fahrenden Luxuswagen vor die Villa und stieg begeistert aus. 

"Gott, ist das schnukelig hier!" 

Ich hielt sie davon ab ins Haus zu spazieren und sah sie schulterzuckend entschuldigend an. "Ich wohne da drüben" Mit dem Kopf nickte ich in Richtung Stallgebäude. Eine alte Treppe führte in den oberen, ausgebauten Teil. Ich fand es auch hier ziemlich schnukelig. Und vorallem gemütlich. Außderdem hatte ich meine zwei Lieblinge und die Pferde der Familie Nourê die in besagter Villa wohnten immer gut im Blick. 

Lia versuchte ihren Schock zu verbergen. Genervt rollte ich heimlich mit den Augen. Niemand verstand warum ich mich hier so wohl fühlte. Aber es war perfekt. 

Außerdem hatte er mich hier noch nicht finden können. 

 

Nachdem ich sie dazu gebracht hatte die schon etwas morsche Treppe zu erklimmen machten wir uns noch einen schönen Abend, schwelgten in witzigen Erinnerungen und Lia war dann am Ende doch nicht mehr in dem Zustand noch Heim fahren zu können. 

 Es war ein langer Tag gewesen und wir fielen beide früh morgends in einen Toten gleichen Schlaf auf meiner gemütlichen riesen Couch.

Nichts ahnend was uns am nächsten Tag erwarten würde. 

Kapitel 2

Am nächsten Tag wachte ich davon auf wie jemand vor sich hin schimpfend die Treppe rauf kam. Lia hatte ihr Ladekabel aus dem Auto geholt.

„Verdammte Scheiße, warum wohnst du nicht in diesem Herrenhaus da drüben. Aber Nein! Ich musste im Pferdestall schlafen. Das ist doch kein Leben. Und dann muss ich auch noch diese Leiter hochklettern. Dabei hab ich doch echt Probleme mit dem Rücken!"

 Noch nicht richtig wach sah ich ihr bei ihrer Schimpftirade zu und stand vorsichtig auf. Mir den Kopf haltend stapfte ich Barfüßig in die Küche. "Kräutertee? Er hilft wirklich. Hab auch Aspirin da falls es so schlimm ist wie es scheint, bei deiner hervorragenden Laune". 

Sie nickte nur und ich setzte Teewasser auf als mir eine größere Notiz am Kühlschrank auffiel die ich da nicht hingepinnt hatte. Verwirrt löste ich den Magnet vom Kühlschrank und nahm den Zettel in die Hand.

 

>> hüte dich vor der Dunkelheit, hüte dich vor der Einsamkeit, hüte dich vor der Nacht und hüte dich vor mir <<

Unterzeichnet S.

 

Ich schauderte und stützte mich am Küchentresen ab. 

„Alena? Ist was?“ ich schaute auf. Ich war ganz in meine Mörderzettel-Gedanken versunken gewesen und hatte gar nicht gemerkt, dass Lia mir nachgekommen war. 

„Nein, Nein. Alles in Ordnung. Ich war nur etwas in Gedanken. Willst du was trinken? Setz dich einfach irgendwo hin. Oder warte, ich mach dir Platz.“ Schnell zerknüllte ich den Zettel in meiner Hand. Ich weiß nicht ob ich ihr sagen sollte was ich gerade gefunden hatte. Wahrscheinlich hätte ich es machen sollen

 

" Nein, keine Sorge, ich hab Platz. Und du hast mir gerade erst Tee angeboten. Und ein Aspirin wohl gemerkt. ...ist alles in Ordnung?" 

Ich nickte nur und schob einen Haufen Zeichnungen die auf dem Tisch verteilt gewesen waren eilig zusammen und legte sie in mein Skizzenbuch.

 Skizzen. Mit Kohle. Von allem Möglichen. Aber hauptsächlich war eine Person auf meinen Bildern zu sehen... na gut. Zugegeben, auf Allen war diese Person zu sehen. Oder der Wolf...

„Oh. Gruselig. Das ist ja immer der selbe.“ Sie schaute sich neugierig um. Ich nahm einen Stapel Papier vom Stuhl und machte ihr einen Platz frei. Dann setzte ich den Tee auf und stellte Kanne und Tassen auf den Tisch. 

„...hab gerade unten die Pferde gesehen. Sind das alles deine?“ Neugierig schaute sie mich an.

Ich schüttelte den Kopf, was mich aber wieder schmerzhaft an den Kater erinnerte. "Nein, ich pflege sie. Aber zwei sind meine. ...kannst du noch reiten?" ich war etwas abwesend. Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit um den Zettel. Der war gestern Abend noch nicht hier gewesen. Ich war mir fast sicher. Jemand musste hier gewesen sein als wir geschlafen hatten.

"Ja, ein bisschen vielleicht. Es ist schon eine Weile her das ich auf einem Pferd saß. Aber Lust hätte ich schon"

Ich schenkte mir ein und schlürfte auf ziemlich undamenhafte Weise die heiße Flüssigkeit. "Es ist noch lange hell, die Tiere müssen eh bewegt werden. Von mir aus kannst du gerne mit kommen. Eigentlich schön mal Gesellschaft zu haben". 

 

„Aber ich saß wirklich seit einer Ewigkeit nicht mehr auf einem Pferd". Unsicher blickte sie mich an.

„Macht nichts. Bonny ist es sowieso gewöhnt Dancer nachzulaufen. Die rennt dem einfach nach. Da musst du nix groß machen, ich würde sogar ein Blinden auf die Gute drauf setzen und mir dann keine weiteren Sorgen machen müssen.“

Schulterzuckend trank sie ihren Tee „Ok, warum eigentlich nicht"

 

Nachdem wir die Pferde kurz gestriegelt hatten ritten wir über die Felder. Richtung Wald. Ich liebte die Gegend hier. Weit und breit nichts außer Felder und Wälder. Der Wind fuhr mir durchs Haar. Wir hätten uns ein Picknick mitnehmen sollen. 

„Oh man. Das ist der reinste Wahnsinn!“ Lia machte sich auf Bonny gar nicht mal so schlecht.

„Emm, du Lia? Ich muss mal mit dir reden.“ Ich hatte beschlossen dass es nur fair war es ihr zu erzählen.

„Ok“ sie schaute mich irritiert an. 

Ich stieg ab und nahm Dancer die Zügel ab. Er würde nicht weit weg gehen. „Setzen wir uns doch da hin.“ Zwischen den Bäumen schimmerte ein letzter Rest Sonnenlicht durch.

„Also“ begann ich. „ich weiß nicht, ob es gerade so gut ist sich bei mir aufzuhalten. Ich habe vorhin eine Art Morddrohung gefunden.“ Jetzt war es raus.

„Morddrohung?“ sie raunte dieses Wort nur noch. „Aber von wem denn?“

Das konnte ich mir zwar denken, aber das musste ich ihr jetzt wirklich nicht erzählen. „Ja. Das wüsste ich auch gern.“ Meine Stimme zitterte jetzt. Ich glaube ich war doch froh es jemandem sagen zu können.

„Was stand da drauf?“

„Der Zettel waren eher eine Warnung. Hüte dich vor der Dunkelheit, hüte dich vor der Einsamkeit, Hüte dich vor der Nacht und hüte dich vor mir! Allerdings... Den Hintergrund schmückte eine Skizze von einem Messer.“

Ich sah wie ihre Arme eine Gänsehaut bekamen und sie fröstelte. „Emm. Jetzt hast du mir Angst gemacht! Wollen wir vielleicht wieder zu dir gehen? In die Wohnung?“

„Ja klar. Das wird das Beste sein". ...auch wenn er da heute Nacht ohne Schwierigkeiten rein kam. Das verschwieg ich lieber mal.

„Oh mein Gott Alena. Wie kannst du nur damit leben? Und wann genau hast du diesen Zettel eigentlich gefunden? Du hättest mir das sagen sollen!“

"Ja...ja, tut mir leid! ...ich hab ihn heute morgen in der Küche gefunden". Kleinlaut sah ich sie an. " Ich wollte dich da nicht mit rein ziehen. Es tut mir wirklich leid. Lass uns heim gehen!"

Wir fingen die Pferde wieder ein und stiegen auf. Die Sonne war jetzt untergegangen. Die Dunkelheit kroch in den Wald und legte sich über die Felder. Zwischen uns herrschte schweigen. Jeder hing seinen eigenen Angstgedanken nach und im Gegensatz zu unserem fröhlichen Geschnatter auf dem Hinweg herrschte jetzt eisiges Schweigen. 

Plötzlich blieben die Pferde stehen. Sie hoben die Köpfe und spitzten die Ohren. Als ob sie auf etwas lauschen würden. Und dann, aus den Nichts erklang hinter uns ein Schrei. Ein lang gezogener Kriegsschrei. Ich erstarrte. Ich kannte diesen Schrei nur zu gut und mein Herz blieb stehen.

 

„Hab ich dich erschreckt?“ Hinter uns erklang seine Stimme. Ich konnte seine Anwesenheit förmlich spüren. Langsam drehte ich mich um. Da stand er. Als ob nie etwas gewesen wäre. Mit seiner schwarzen Lederjacke und den verschlissenen Blue Jeans.

„Sam“ ich hasste meine Stimme in diesem Moment.

„Alena“ auf seinem Gesicht breitete sich sein typisches Grinsen aus.

„Was machst du hier. Du solltest doch eigentlich...“

„tot sein?“ er schrie es in die Nacht hinaus. (Kleiner dramatikausrutscher, aber ok :D ) Die Pferde stampften nervös auf dem Weg rum.

„Sam, ich... ich wollte das nicht. Nicht so!“

„Du wolltest das nicht? Nein? Dann erklär es mir. Erklär es mir doch bitte Alena“ 

„Sam...“ erschlagen sah ich ihn an. 

„Sonst könnte es nämlich sein, das deiner kleinen Freundin hier etwas passiert.“ Plötzlich saß er hinter Lia auf dem Pferd und hatte sie im Griff.

„Lass sie los. Sie hat gar nichts damit zu tun.“ Wehe er tat ihr was! Ich würde... ja, was? Es war aussichtslos.

"Alena! Tu doch was!" Lias Stimme ging ängstlich in die Höhe

„Sam...“

„und hör auf dauernd - Sam...- zu sagen. Ich krieg gleich das würgen.“ Betreten schaute ich runter. Seine Stimme hatte immer noch die gleiche Wirkung auf mich. Aber heimlich kicherte ich auch in mich hinein. Denn auch ich hatte noch eine Wirkung auf ihn, den ach so bösen Sam. Sonst würde er nicht so durchdrehen.

„Wir gehen jetzt zu mir. Da können wir ganz in Ruhe darüber reden.“ Ich versuchte meiner Stimme wenigstens einen Hauch von Bestimmtheit zu geben.

„Ach, tun wir das?“

„Ja. Und du wirst jetzt Lia ganz vorsichtig hier rüber auf Dancer heben. Sonst passiert nämlich gar nichts!“

„Gar nichts? Sag mal tickst du noch ganz richtig? Dann passiert alles. Und das wird dir, nehme ich an, gar nicht gefallen.“ Und leiser fügte er noch hinzu: „Als ob ich dir jetzt noch vertrauen würde.“ Seine türkisenen Augen sahen mich vorwurfsvoll an.

„Sam“

„Nicht schon wieder! Ich sagte doch du sollst damit aufhören.“ Jetzt konnte ich mir das Grinsen nicht mehr verkneifen. „und Angst hast du auch nicht. Wenigstens deine Freundin benimmt sich angemessen.“

Ich stieg ab und hielt ihm die Zügel hin. Das war ein Risiko. Er könnte sie nehmen und einfach mit Lia und den zwei Pferden weg reiten.

„Hier. Steig rüber und lass sie jetzt endlich in Ruhe!“ Er sah mich verächtlich an und nahm ganz langsam Lias Kopf zwischen seine Hände. Ich verstand sofort was er vorhatte. Ein ruck und ihr Genick wäre gebrochen. Ich stieß einen Schrei aus. Sogar bis hier hörte ich sie schluchzen.

„Sam!“ jetzt hatte ich auch Angst. Ich wusste, dass er dazu fähig war. Leider. „Sie kann nichts dafür! Halt sie da raus.“ Und leise, aber nachdrücklich fügte ich noch hinzu: „Bitte... Bitte Sam“

Er sah mich noch mal mit seinem vernichtendem Blick an und lies sie dann fallen. Ihr Körper rutschte einfach runter und schlug auf der Erde auf. Ich lief sofort zu ihr.

„Lia? Lia! Alles okay? Nein, natürlich nicht. Nichts ist okay. Komm her. Kannst du aufstehen?“ Ich half ihr hoch und wir stiegen zusammen auf Dancer. Zum Glück waren wir ohne Sattel unterwegs, doch sie zitterte den ganzen Heimweg über. Sam hatte dafür nur einen verächtlichen Blick übrig.

 

Jetzt saßen wir bei mir in der Wohnung. Nachdem ich die Pferde auf ihre Weide gebracht waren, hatte ich Lia ins Bett gelegt und Sam hatte sich neben sie in den Sitzsack gesetzt.

„Willst du was trinken?“ ich wusste nicht wie das ganze hier jetzt weiter gehen würde. Es kam mir so unwirklich vor.

„Setz dich hin Alena!“ Er schaute mich nicht an beim sprechen. Ich setzte mich neben Lia auf die Matratze, neugierig was er wollte. Ich und Sam hatten eine nicht ganz nachvollziehbare Vergangenheit.

„Willst du mich jetzt umbringen? Oder begnügst du dich vorerst damit meinen Tequila Vorrat zu leeren?“

„Keine schlechte Idee. Aber ich dachte mir, bevor ich dich umbringe, geht es erst deiner kleinen Freundin hier an den Kragen.“ Dabei schaute er Lia an, die vorgab zu schlafen. Aber wir beide, ich und Sam, wussten dass sie es natürlich nicht tat. „Von dir brauche ich doch noch ein paar Informationen.“

„Was willst du eigentlich? Und wieso bist du hier? Das sollte theoretisch gar nicht Möglich sein. Und warum drohst du mir? Du kommst in der Nacht hier her, bedienst dich an meinem Kühlschrank, verteilst diese nette Nachricht und verschwindest wieder. Und wieso merke ich nichts davon? Ich habe eigentlich einen leichten Schlaf.“ Er schaute mich an. Seine Miene undurchdringlich. Nichts sagend. Nur in seinen gruseligen Augen konnte er seine Gefühle nicht verbergen. Wut. Unendliche Wut und Enttäuschung. Wahrscheinlich wegen mir. Aber auch Trauer erkannte ich hinter seinem Spiegel aus Lässigkeit. Jetzt durfte ich ihn nur nicht reizen!

Genervt schaute er Richtung Lia.

„Mach die Augen auf Sweety. Wir wissen doch alle, dass du nicht schläfst. Hier gibt es niemanden mehr, dem du etwas vormachen könntest.“ Ich griff nach Lias Hand und drückte sie.

„Lia!“ Ich versuchte meine Stimme sicher klingen zu lassen. Als hätte ich alles unter Kontrolle. „Er wird dir nichts tun. Und wenn es dir zu viel wird kannst du dich in dein Auto setzen und nach hause fahren.“ Sie öffnete die Augen.

"Ja... Das kann sie nicht. Aber egal" Sam schaute genervt auf seine Hände.

„Wer ist das Alena? Wieso ist er hier? Ich will dass er geht!“ Ihre Stimme hatte jetzt einen sachlichen Ton angenommen. Wie bei einem Anwalt, der mit einem Fall überfordert ist, es aber nicht zugeben darf. Nicht weinerlich wie ich es an ihrer Stelle wahrscheinlich geworden wäre. Starkes Mädchen.

„Ja, wer bin ich? Willst du mich nicht vorstellen?“ Ich schaute ihn ermahnend an.

„Lia, das ist Sam. Mein Ex-Freund.“

„Dein ermorderter Freund trifft es eher. Willst du deiner Freundin nicht erzählen wer an meinem ach so tragischem Tod Schuld war?“ Er funkelte mich von oben herab voller Hass an. Ich sah so gut es ging wütend zurück und schwieg. „Dazu fällt dir wohl nichts mehr ein, was? Warte. Weißt du was... ehm wie heißt du noch gleich? Ah, Lia. Weißt du Lia, ich erzähle dir wer mich umgebracht hat. Deine verlogene Freundin hier war es. Alena hat mich hinterhältig in einer dunklen Ecke ermordet. Eine tolle Freundin.“ 

Lia sah mich schief an. Dann sah sie wieder zu ihm. „Also das würde ich jetzt anzweifeln. Ich mein, du lebst ja schließlich noch..."

Ich lachte. Lia kam immer besser mit der Situation klar. Doch Sam fand das wohl nicht so witzig. Er stürzte wütend auf sie zu und wollte was weiß ich mit ihr machen. Aber dazu lies ich es nicht kommen. Ich sprang ihm in den Weg und schaute ihn böse an.

„Untersteh dich!“ Doch er kümmerte sich kaum um mich. Eine blitzschnelle Bewegung und ich flog gegen die Wand. Mein Rückenmark krachte gegen das alte, spröde Holz und ein Schrei zerriss die Nacht. Ich brauchte einen kurzen Moment um zu merken das ich es gewesen war die geschrien hatte.

„Du tust was ich sage oder deine Lia hat gleich ihren letzten Atemzug getan.“ In seiner Hand lag ein Dolch. So einer wie ihn früher die Assassinen benutzt hatten. 

Jetzt saß er an Lias Kehle.

„OK. Lass sie. Was willst du? Ich mach es. Jetzt kannst du damit raus rücken. Aber lass sie los. Bitte. Sie hat doch gar nichts mit uns zu tun. Außerdem hat es keinen Stil sie dauernd als Druckmittel zu benutzen. Lass dir was Besseres einfallen.“ Ich ging vorsichtig auf die beiden zu. Lia lag immer noch auf dem Bett. Sam kniete jetzt über ihr. Er schaute mich wieder nur mit seinen Sam-Augen an. Verrückt war der Gute ja schon. Da musste man einfach Angst haben. Ich gab mir ja echt viel Mühe das zu verbergen. Aber es war einfach zu viel. 

Vorsichtig versuchte ich es noch mal.

„Sam. Was willst du?“

Kapitel 3

 

 Er schloss kurz die Augen. Das Messer verschwand. Die Situation entschärfte sich. Ich atmete auf.

„Sam. Hör mir zu. Ich wollte das nicht. Du solltest nicht...“ ....sterben! Das blieb unausgesprochen. Meine Stimme kippte. Doch er sah mich immer noch anklagend an. Ich ging zu ihm und nahm seine Hand. „Es tut mir Leid.“

Doch er entzog sich mir und schlug mir ins Gesicht. Von seiner ganzen Kraft flog ich beinahe auf die Knie.

„Hast du nicht gehört?“ Jetzt schrie ich ihn an. Keine Rücksicht mehr auf meine Angst nehmend. „Verdammte Scheiße! Es tut mir Leid! Hörst du? Wenn ich könnte würde ich das Rückgängig machen. Die Zeiger zurückdrehen. Und du bist wohl auch kein reines Unschuldslamm....!“ Ich lies mich einfach fallen. Meine Beine knickten unter mir weg und ich schlug neben Lia auf dem Bett auf. Sie griff sofort nach meiner Hand. Vielleicht aus Angst. Vielleicht aber auch um mich zu stärken. Sie ging überraschend gut mit der Situation um. Wahrscheinlich besser als ich selbst.

Ich machte mich ganz klein, rollte mich ein und lies den Tränen jetzt freien Lauf. Das hätte ich schon vor zwei Monaten machen sollen. Als ich zurückkam.

"fuck!" Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich hatte diesen Mann geliebt bevor ich gegangen bin. Jetzt hatte ich wirklich Angst.

Dieses Gefühl ist ganz anders wie es in Büchern immer beschrieben wird. Vergesst die Sachen mit: mein Herz rutschte mir in die Hose. Ich mein, was will es denn da? Oder: Es hörte einfach auf zu schlagen. Und dann? Das ist genau so dumm. Man kann so was nicht einfach in Worte fassen. Es ist einfach nur ein riesen Gefühl. Es erdrückt einen fast und ich hatte einfach keine Ahnung wie ich damit umgehen soll.

Er hatte es jetzt jedenfalls geschafft. Er hatte mich im Moment völlig in der Hand.

„Willst du nicht unser Geschichtchen hören?“ wand sich Sam jetzt an Lia. „Alena wird sie dir bestimmt liebend gern erzählen.“ Ich schaute ihn gar nicht erst an während er das sagte. „unser Geschichtchen“ konnte er sich sonst wo hin stecken!

„Vergiss es.“ so langsam fand ich mich damit ab, dass in meinem Schlafzimmer mein Ex-Freund, den es eigentlich gar nicht mehr geben dürfte, dauernd meine Freundin bedrohte. Die einzige echte dich im Moment noch hatte... wieder hatte.

„OK. Dann müssen wir das eben anders machen.“ Er seufzte theatralisch, kam aufs Bett zu und setzte sich neben uns. „Nehmt euch bei den Händen und schließt die Augen!“ da wurde mir klar was er vorhatte.

„Nein Sam. Bitte nicht. Das ist zu viel. Sie hat es noch nie gemacht. Was wenn sie nicht mehr heraus findet?“

Er wollte so ein Chi-Ding machen.

.

.

.

(Hätte auch was dem ganzen n unsterblichkeitsfaktor zu verleihen)

.

Da er bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr im Reservat gelebt hatte, hatte er von den Alten gelernt sich in den Chi eines anderen einzuschleichen und irgendwas im Kopf ablaufen zu lassen. Man selbst fühlte dann wie die Person in der Geschichte.

Man war die Person.

Doch wenn man nicht richtig in so eine Sache eingeführt wurde, konnte es leicht passieren, dass man in der Geschichte gefangen war. Als Sam mir, vor langer Zeit, von diesem Chi erzählt hatte, wollt ich ihm auf keinen Fall glauben. Ich hielt mich für vernünftig. Schliesslich hatte ich studiert. Oder war zumindest dabei gewesen. Doch er zeigte mir Welten, von denen ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte.

 

Sam griff nach unseren Händen. Es wäre unmöglich gewesen sich aus seinem Griff zu befreien. Ich streckte Lia meine Hand entgegen. Sie ergriff sie langsam. Wahrscheinlich war das schon irgendwie ziemlich gruselig, in meiner dunklen, knarrenden Wohnung, mitten in der Nacht mit irgendeinem gewalttätigen Typ auf dem Bett zu sitzen und irgend so einen lächerlichen Woodo-Hokuspokus durchzuführen. Ich hatte bei solchen Sitzungen immer einen peinlichen Lachanfall bekommen. Bei dem Gedanken musste ich wieder unterdrückt kichern. Ich schaute heimlich durch ein leicht geöffnetes Auge und sah Sam grinsen. Der Idiot wusste genau was ich dachte und dass ich so was eigentlich nicht gut konnte. Ich hatte Ewigkeiten gebraucht, um auch nur irgendwelche Bilder rum gehen zu lassen. Wenn Lia verloren ging, würde ich sie nicht zurückholen können. Nur er. Und ich war mir zurzeit nicht sicher ob er das machen würde. Mir zu liebe. Eher nicht.

Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen.

 

„Samuel!“ meine Mutter schrie nach mir. Sie schrie oft. Pa schrie nie. Manchmal dachte ich daran, wie Pa sie kennen gelernt hatte. Sie war damals schon schwanger gewesen. Mit meiner Schwester. Kimama. Was so viel hieß wie Schmetterling. Ma nannte sie allerdings Kim.

Vater versprach ihr sie wie sein eigenes Kind aufzuziehen und ein besseres Leben als im Puff und sie zog mit ihm ins Reservat. Wir lebten in South Dakota im Pine Ridge Reservat der Oglalas. Ein kleiner Stamm der Lakotas.

Ich wurde nur zwei Jahre später geboren. Unerwünscht. Mein Vater nannte mich Sunka. Hund. Ma hat als ich kleiner war eine änderung zu samuel durchgesetzt. Heute war ich 17. Mein Pa war arbeitslos und betrank sich fast jeden Nachmittag. Danach kam er nach hause, um uns zusammen zu schlagen. Meistens Meine Mutter oder mich.

„Samuel! Kannst du denn nicht hören wenn ich mit dir spreche. Kim ist weg. Seit drei Tagen nun schon. Geh und sag ihr sie soll entweder heute oder gar nicht mehr nach hause kommen. Und jetzt verschwinde. Ich hab Besuch.“ Ma hatte oft Besuch. Sie war hier so was wie die Dorf Hure.

Kim, die ich liebevoll Kaya (ältere Schwester) nannte hatte Probleme mit Ma’s Freiern. Sie war 19 und hätte eigentlich längst heiraten sollen. Dass sie das aber nicht wollte konnte ich vollends verstehen.

Ich ging durch unsere Straße, die man kaum noch Straße nennen konnte. Der Staub bedeckte einfach alles. Es hatte schon seit Tagen nicht mehr geregnet. Wir wohnten in Containern. Nur die wenigsten von uns konnten sich eine Wohnung leisten. Manche auch keinen Container.

Eine davon war Sarita. Kayas beste Freundin. Zu ihr ging Kaya immer, wenn sie nicht zu hause war. Sie wohnte unter einem Baum, über dessen Ast sie eine Plane gehängt hatte.

„Sarita?“ rief ich und blieb in angemessener Entfernung stehen. Ein müdes Gesicht mit schwarzen, verwuselten Haaren schaute hervor.

„Sam“ Sie rieb sich die Augen. „Kimama, deine Schwester, ist nicht hier. Sie ist ging schon gestern Abend. Ich glaube ich hab sie in Richtung Badlands gehen sehen. Allerdings hatte sie vorher zu mir gesagt, sie gehe nach hause. Aber ich wollte nichts sagen. Sie wirkte verzweifelt.“ Ich schaute sie entsetzt an. Kaya ging nie allein in die Badlands. Sie hasste, im Gegensatz zu mir, den Wind der einem dort immer durch die Haare fuhr. Abgesehen davon das Sarita gesagt hatte sie ginge nachts. Kaya ging auch fast nie nachts raus. Sie gruselte sich. Zu Recht, wie man betonen muss. Es gab hier echt noch schräge, aber auch kranke und gefährliche Typen.

Ich rannte Richtung Badlands. Immer weiter. Irgendwann hatte ich das Gefühl meine Lungen würden auseinander gerissen, wenn ich jetzt nicht langsamer tat. Doch nicht umsonst hatte ich Jahre lang trainiert. Ich rannte, flog förmlich, bis ich bei dem einzigen Baum, den es hier gab ankam.

Und dort lag sie.

Bleich, mit leichten Flecken in ihrem sonst makellosen Gesicht.

„Kaya!“ Ich rannte zu ihr und presste mein Ohr an ihre Brust.

Kein Atem.

Kein Herzschlag.

Tot!

Miene Beine schienen nicht mehr zu mir zu gehören. Ich krachte auf den Boden. Staub wirbelte auf.

Dann fing ich hemmungslos an zu weinen. Ich weinte zum ersten Mal, seit ich das Säuglingsalter hinter mir hatte. Ich weinte einfach alles aus mir heraus. Den ganzen angesammelten Schmerz und Kummer. Das ganze Leid und Elend. Kaya!

Als ich keine Tränen mehr hatte breitete sich eine betäubende Leere in mir aus.

Sie hatte sich die Schlagader aufgeschnitten. Selbstmord. Suizid. Sich das Leben genommen. Absichtlich. Und mich alleine zurückgelassen.

Langsam kroch die Dämmerung in den Tag. Ich stand auf und ging mit hängenden Schultern und gesengtem Kopf Richtung Pine Ridge. Ging nicht auf die Witze, Spötteleien und Einladungen meiner Freunde ein. Ich nahm sie kaum wahr.

Es was niemand da als ich kam. Ich machte mir aber darüber auch keine Gedanken. Ich ging auf das Grundstück unserer Nachbarn. Dort stand Eagel. Ein Pferd. (Alternativ motorad was dem ganzen etwas mehr coolnes verleiht?) Na ja eher ein Pony. Apalossa. Braun mit einer weißen Kuppe. Mehr brauchte ich nicht.

Der nächste Fluss war der White River. Über ihn führte eine Brücke. Das war mein Ziel. Alles andere war egal.

 

Ich schlug die Augen auf. Immer noch ein bisschen im Bann der Geschichte.

Der Anfang.

Sam hatte ganz am Anfang begonnen.

Einen Anfang, den ich nicht gekannt hatte.

Er hatte meine Hand noch nicht losgelassen.

Tut mir Leid!“ schickte ich ihm. Wie ein Bild. Aufrichtig. Verstört.

Dann sah ich ihn vorsichtig an. Er schlug die Augen auf und schaute mir direkt in die Augen.

„Du meinst dass echt Ernst, oder?“ Ein grinste breit. Doch es erreichte nicht seine traurig blickenden Augen.

Gleichzeitig richteten wir unseren Blick auf Lia. Ich hatte sie ganz vergessen. (Nett...) Im Nachhinein schämte ich mich ein bisschen dafür. Aber mein Gehirn musste erst wieder klar denken können. Ohne den Nebel hinter dem sich das ganze Durcheinander versteckte. Ich kannte viele Teile der Geschichte nicht. Wahrscheinlich zu viele. Aber ich hatte nie nachgefragt. Wir hatten damals eine stumme Abmachung gehabt.

Wir hatten viele stumme Abmachungen gehabt. Sie zogen die Grenzen.

Lias Augen waren geschlossen. Als ob sie schliefe. Ich wusste es besser. Verzweifelt schloss ich die Augen. Klar. War es nicht vorhersehbar gewesen? Langsam sah ich von Lia zu Sam. Doch dieser schüttelte nur den Kopf. Und ich wusste, ich muss das wieder alleine hinkriegen. Noch ungefähr drei Stunden. Dann würde ihr Atem immer langsamer werden und ihr Herz einfach stehen bleiben. Gefangen in den unendlichen weiten dieses scheiß Indianer Hokuspokus.

„Leg die Hände an ihre Schläfen“ Ich sah ihn verständnislos an. „Leg die Hände an ihre Schläfen!“ Als ich trotzdem wie versteinert sitzen blieb, schaute er mich traurig an, seufzte und stand auf. Vorsichtig legte er seine Hände an meinen Kopf. Alena. Er war bei mir. In meinem Kopf. Mitten in meinem Gedankenwirrwarr. Er sah alles, fühlte alles wie ich. Und ich verstand. Doch ich wollte nicht! Mach du es. Bitte. Ich kann nicht. Es war leicht wenn er die Verbindung herstellte. Ich hörte sein zauberhaftes lachen. Ganz früher hätte ich Welten dafür gegeben es einmal hören zu können. Er löste seine Hände von meiner Stirn.

„Mach es selbst!“ Dann drehte er sich um und lief zum Fenster um es zu öffnen. Kalter Wind wehte in das stickige Zimmer. Am Horizont schlich schon langsam die Morgendämmerung ein.

Meine Hände zitterten als ich sie auf Lias Schläfen presste. Beruhig dich. Achte auf deinen Atem. Pass deinen Herzschlag an. Konzentration. ...Lia?

Sie schlug erschrocken die Augen auf.

„Ich bin Lia! Alena. Ich dachte ich wäre er! O mein Gott. Ist er hier?“ Sie schaute sich hektisch um. Als ich den Kopf schüttelte warf sie sich heulend in meine Arme, erschrocken über diese Manipulation. An diesem Tag wurde eindeutig zu viel geheult! Ich drehte mich um, da ich das Gefühl hatte das sich etwas verändert hatte. Mein Moskitonetz wehte im pfeifenden Wind. Das Fenster stand immer noch offen. Sonst war es still. Keine Grille zirpte. Keine Hufe scharrenden Geräusche aus dem Stall. Kein Vogel war zu hören. Zu still.

Er war weg. Aus einem Fenster im ersten Stock!

Nur auf dem Bett lag ein Zettel. Säuberlich zusammen gefaltet. > Ich komme wieder! <

 

„Alles OK?“ besorgt sah ich sie an. Doch Lia schien langsam wieder auf die Beine zu kommen. Ich ging in die Küche und goss zwei (kurze mal hoffentlich) Gläser randvoll. Wodka. Das konnte ich jetzt gut gebrauchen. Lia stand im Türrahmen.

„Ich hab mir mal geschworen nie Alkohol zu trinken“ Ich sah sie nur von der Seite an während sie das sagte. Dann kam sie und kippte das Zeug in einem Zug runter. Danach sah sie zufriedener aus. Erschöpft sah ich der Sonne zu wie sie langsam hinter den Bergen hervor kroch. Wir waren total fertig. Lia legte sich in mein Bett und ich nahm vorliebe mit dem Sofa, von dem ich erstmal meine ganzen Zeichnungen nehmen musste. Scheise. Ich hätte sie irgendwie stapeln sollen oder so. Jetzt hatte er sie alle gesehen. Und auf allen sich gesehen! Das hatte mir gerade noch gefehlt. Es war aber schließlich meine Sache, dass ich nur noch ihn zeichnen konnte. Bei Nacht. Im Meer. Auf seinem Pferd. Porträts. In den Badlands. Schlafend. Und seine Augen. Bei diesem Gedanke schlief ich ein. Zu erschöpft um mir noch um irgendwas Sorgen machen zu können.

 

„Alena“ von irgendwoher hörte ich eine Stimme. „Alena! Wach auf!“ vorsichtig hob ich ein Augenlied. Lia schaute von oben auf mich herab und versuchte mich zu wecken. Vergeblich. Ich drehte mich auf die andere Seite. Ich wunderte mich schon dass sie so schnell wieder von mir abließ, als mich plötzlich ein kalter Wasser Schwall traf. Erschrocken richtete ich mich wie eine Feder Kerzengerade auf.

„Na also. Geht doch. Ich hab Kaffee gemacht. Ich trinke ihn mit Milch und Zucker. Du auch?“

„Äh, Nein. Danke. Ich mag ihn am liebsten schwarz.“

Wir setzten uns an den Küchentisch. Niemand sagte mehr was.

„Wenn du möchtest bring ich dich nach hause. Tut mir echt Leid das ich dich in diese ganze Scheise mit rein gezogen hab.“

„Schon ok.“ Wir schwiegen beide.

„Wer war das?“ ihre Stimme war kaum mehr als ein flüstern.

„Mein Exfreund“ laut, klar und deutlich. Ich mochte es nicht wenn andere flüstern. Gruselig

„Hast du ihn wirklich umgebracht? Warum kann er sich so schnell bewegen? Irgendwie unmenschlich. Oh Alena, ich weiß auch nicht. Sorry, aber ich glaub ich fahr nach hause.“ Sie sah mich zerknirscht und entschuldigend an.

„Schon okay. Und Nein ich hab ihn nicht umgebracht, aber ich hab es versucht. Seine schnellen Bewegungen führen nur auf gute Reflexe zurück.“ Ich hoffte dass sie mir letzteres glaubte.

Ich begleitete sie noch zur Tür und sah dann zu wie sie mit ihrem teueren Auto davon brauste. Irgendwohin, wo sie sich Sicher wusste. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann so einen Ort.

 

Am Abend ritt ich noch ins Dorf, ins Crazy Blue Rabbit und trank einen schlechten Wodka. „Hey“ Jim, der Barkeeper, schaute mich sehnsüchtig an. Ich wusste schon lange das er was von mir wollte, aber er war ein sabberndes trunkenes Schwein. Daher ignoriertre ich ihn meistens.

„Hast du schon gehört? Bei dir im Wald ist gestern Nacht Simon ermordet worden.“ Jetzt schaute ich ihn doch an. Erfreut über meine Aufmerksamkeit sprach er schnell weiter.

„Schlimm so was. Schlimm Schlimm! Völlig zerfetz war er. Ein Arm fehlte ihm. Und überall war sein Blut verspritzt. Als man ihn fand war er noch keine 24 Stunden tot. Man vermutet dass es wilde Hunde waren. Wilde Biss- und Reißspuren weisen darauf hin. Pass in nächster Zeit lieber gut auf dich auf.“

Erschrocken riss ich die Augen auf. Ich hatte Simon nie gemocht. Er war ein Angeber und Besserwisser gewesen. Aber den Tod? Nein. Den hatte er sicherlich nicht verdient.

Benommen kippte ich den Rest meines Glases runter. Das wurde ja immer besser. Was hatte mich nur auf die Scheiß Idee gebracht abends noch mal raus zu reiten? Jetzt hatte ich erst recht Angst davor wieder den Heimweg anzutreten. Auch weil mir so manche Vermutung im Kopf herumspukte. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 4

 

Es war schon dunkel. Der Wind sauste durch die wie leer gefegten Gassen. Es war kalt. Kälter, als es sonst im Herbst ist. Eine Gänsehaut kroch meinen Rücken hoch. Dancer fing unruhig an zu tänzeln. Tote Blätter raschelten am Straßenrand. Hier standen die letzten Häuser. Der Wind legte sich und ich kam an den Waldrand. Es war nicht mehr weit, nur noch ungefähr zwanzig Minuten. Dann würde ich zu Hause sein. In meiner heimlich gemütlichen Wohnung. Nichts konnte mir passieren. Wieso hatte ich eigentlich Angst? Ich versuchte nicht in Panik zu geraten. Plötzlich merkte ich, dass ich mitten in einer Nebelsuppe stand. Das war mir gar nicht aufgefallen. ( -.- ja...)Dicker weiser Nebel der langsam um die Beine Dancers wabberte. Panik überrollte mich.

„Ich habe enormes Selbstbewusstsein und bin stark. Mir kann nichts passieren“ Selbstgespräche! Das kommt davon wenn man auch unbedingt Psychologie studieren musste. „Es gibt keinen Grund sich zu fürchten“

„Ach Nein? Bist du sicher?“

 

Langsam drehte ich mich um. Hinter mir stand Sam. Wer sonst? Das Atmen tat mir weh. Das denken tat mir weh. Jedes Atom meines Körpers war so angespannt, das ich glaubte, zerspringen zu müssen. Es reichte jetzt.

Doch bevor ich irgendwas Dummes hätte tun können, traten auch schon zehn Wölfe hinter ihm aus dem Wald und gesellten sich zu uns. Der Wind zerzauste sein dunkles Haar, das länger war als ich es in Erinnerung hatte.

Dancer scheute und wenn ich nicht vor SEINEN Augen in den Dreck fliegen wollte musste ich mich leider dazu herablassen abzusteigen.

„Alena. Welch wundersamer Zufall dich heute Abend hier anzutreffen. Findest du es nicht etwas dämlich, Nachts durch die Wälder zu reiten? Es könnte doch was passieren. Aber zum Glück sind wir ja jetzt da.“ Ich sagte nichts dazu. Was hätte ich auch sagen sollen?

Plötzlich drehte Dancer total durch, riss mir die Zügel aus der Hand und verschwand Richtung Stall.

Da sprang einer der Wölfe wie aus dem Nichts auf mich zu.

 

Deja vu.

Genau das hatte ich schon einmal erlebt.

Hatte es wieder aus dem Gedächtnis verdrängt.

Schmerzhaft traf mich die Erinnerung, an die ich doch so wenig wie Möglich denken wollte, wieder.

Alles passierte Blitzschnell.

Da lag ich schon auf dem Boden.

Der Wolf stand über mir. Ein rauchiges Knurren drang aus seiner Kehle. Seine Zähne streiften schon meine Schulter und meine Angst ging in Verzweiflung über. Ich hatte noch nie richtige Todesangst gehabt. Nicht mal in den letzten Tagen wegen Sams Drohungen. Aber jetzt, jetzt hatte ich eigentlich keine Hoffnung mehr.

Doch dann hörte ich ein Knurren. Kurz nur. Ganz leise nur. Tief und Grollend. Der Wolf der mich Angegriffen hatte gab ein fiependes Geräusch von sich und zog den Schwanz ein. Dann trollte er sich wieder schnell zu den Anderen.

Sam stand neben mir.

Ich war mir nicht sicher ob wirklich er grade geknurrt hatte. Es hatte sich so animalisch angehört.

Ich war mir nicht sicher was ich jetzt denken fühlen empfinden tun sagen sollte.

Ich war mich nicht sicher was jetzt passieren würde. Wusste ich überhaupt noch etwas genau? Was will er eigentlich? Was will ich eigentlich?

Fuck him. Warum machte er mich nur so unsicher? Fuck Fuck Fuck! Genau das sagte ich dann auch.

„Fuck!“ Er Setzte sich neben mich. Andere Idioten hätten jetzt so was blödes wie >> Alles OK? << oder >> Bist du verletzt? << gefragt. Sam nicht. Er wusste dass natürlich nichts ok war. Und da mir das Blut aus der Schulter quoll, konnte man daraus wohl kombinieren das ich verletzt war. Das war es das ich an Sam so geliebt hatte. Immer noch liebte. Ja verdammt, immer noch. Er tat nicht nur so als ob er sich um dich sorgt. Als ob er dich liebt. Er tat es einfach.

Jetzt zog er sich das T-Shirt über den Kopf und presste es auf meine verletzte Schulter. Ich versuchte den Schmerz einfach auszublenden. Mein Blick glitt über seine muskulösen Oberarme und seinen herrlich gebauten Oberkörper.

Hör auf Alena. Er ist ein Monster. Und ein elendes Arschloch obendrein. Er hat dich geschlagen. Ins Gesicht!

„Sorry. Liam hat einfach keine Manieren. Er ist der Jüngste. Kann sich noch nicht so gut beherrschen. Ich muss ihm wohl oder übel nachher noch mal etwas genauer an die Regeln erinnern. Aber jetzt wollte ich eigentlich mit dir reden.“

Er schaute mir in die Augen. Eiskalt. Offen. Verletzlich. Seine wunderschönen Augen.

Ich hasse ihn!

 

„Wieso?“ jede Spur von Sarkasmus war jetzt aus seiner Stimme verschwunden. Nur eine endlos tiefe Traurigkeit.

Wieso? Wieso hast du mir nie etwas gesagt? Wieso hast du so etwas getan. Wieso bist du nur so ein riesiges Arschloch?

„Du meinst wieso ich versucht habe dich widerliches abnormales elendes Arschloch umzubringen?“

„Ja genau“ sagt er mit lachhaft ernster Miene.

„Sam. Ich hab dir immer geglaubt, dich stets geliebt, dir blind vertraut. Ich war immer da als du mich brauchtest. Wie konntest du mich nur so verletzen?“ Das brachte ihn auf 180.

„Verletzen? Ich dich? Wer war es denn, die weggerannt ist? Wer hat denn den Anderen im Stich gelassen? Du warst immer da wenn ich dich brauchte? Alena. Wie konntest du nur soweit gehen? Siehst du nicht wie dich dein Zweifel frisst?“ Zart legte er seine Hand auf meine und seine Stimme die wieder sanfter spricht, fragte dann: „Wieso? Wieso bist du weggelaufen?“ Eine Träne rann mir über die Wange. Er wischte sie vorsichtig weg. Ich wusste es doch selbst nicht. Daher schüttelte ich nur resigniert den Kopf.

„Wieso hast du mir nie was erzählt?“ fragte ich mit erstickter Stimme.

„Ich wollte nicht dass du es weist. Das du mein wahres Wesen erkennst. Du siehst doch wie du reagiert hast. Jetzt werde ich für immer ein Monster für dich sein.“

„Aber warum hast du mich angegriffen? Hätte ich dich nicht verletzt, hättest du mich getötet.“

„Es tut mir so Leid Alena. Aber es war Vollmond. Ein Blauermond. Ich hatte mich einfach nicht mehr unter Kontrolle. Ich konnte ja nicht erwarten dass ich dich in den wie leergefegten Gassen treffen würde. Wieso gehst du auch mitten in der Nacht im Gewitter spazieren? Und dazu noch zum Friedhof?“ Ich hatte mir vorgenommen gehabt nie wieder wegen IHM zu weinen, aber jetzt konnte ich die Tränen nicht davon abhalte aus meinen Augen über meine Wange zu Strömen und meine Wimpertusche völlig zu verschmieren. Sam kam näher. Doch als mir klar wurde das er mich in den Arm nehmen wollte, sprang ich panisch auf und wich Schritt für Schritt zurück. Er blieb mit hängenden Armen stehen. Doch jetzt war wieder diese Wut in seinem Blick, vor der ich so Angst bekommen hatte.

Ich hatte ihn, glaube ich, tief verletzt. Aber er musste es doch verstehen können dass ich ihm jetzt einfach nicht mehr so schnell vertrauen konnte.

Doch er drehte sich blitzschnell um und verschwand mit einer nicht mehr menschlichen Geschwindigkeit im Wald. Ich war mir nicht sicher, aber im Sprung in die Dunkelheit sah es auf einmal so aus als würde ein Wolf zwischen den Zweigen des Waldes verschwinden.

 

Die Wölfe hatten mich umkreist. Der, der mich vorher schon angegriffen hatte, Sam hatte ihn Liam genannt, knurrte mich jetzt wieder sauer an. Nahm er mir wohl übel, dass er wegen mir zurechtgewiesen wurde.

Doch als die Anderen auch abzogen und von irgendwoher ein wunderschönes Heulen erklang, trottet er doch hinter ihnen her. Das sah so eindeutig genervt aus, dass ich fast Grinsen musste. Was war nur los mit mir; Sollte ich nicht vor Angst einen Anfall kriegen und zusammenbrechen? Innerlich stöhnte ich aber nur auf. Ich stand hier mitten in der Nacht im Wald, dazu auch noch ohne Pferd, daher würde es wohl ungefähr zwei Stunden brauchen bis ich es nach Hause schaffen würde. Aber von hier aus waren es nur noch zehn Minuten zur nächsten Straße. Hitchhiking. Ich hasste Trampen eigentlich. Aber jetzt hatte ich auch keine wirkliche Lust nach Hause zu laufen.

 

 

Ich lag im Bett, konnte jedoch noch nicht einschlafen.

Daumen oben war ich kaum fünf Minuten am Straßenrand gestanden als ein schwarzer Opel Manta A Jahrgang 1992 anhielt.

„Wohin?“ fragte ein schon älterer Typ durch das runter gekurbelte Fenster.

„Grievous-Mansion“ Ich zog eine Augenbraue zögernd hoch als er einfach die Tür öffnete und blieb erstmal stehen.

„Was ist los? Wollen sie doch nicht mitfahren?“ Ich schob alle Zweifel beiseite und stieg ein.

Zufrieden drehte der Fahrer das Radio leiser.

„Ach so, falls ich vergessen haben sollte das zu erwähnen...“ Während er das sagte lies er sein Becken lächerlich auf und ab hüpfen. Wütend riss ich die Tür auf und sprang aus dem widerlichen Auto. Der Wagen fuhr mit einem viel zu lautem Grölen davon und lies warme graue Abgase auf der Straße zurück. Ich zeigte ihm meinen Mittelfinger und fluchte auf eine nicht gerade wohlerzogene Weise. Hätte es wissen sollen. Man hebt einfach nicht bei jedem Auto den Daumen raus.

Das nächste Auto das anhielt, fuhr nicht in meine Richtung. Nach fast 45 Minuten kam dann noch ein Opel Kadett C und nahm mich mit. Sicheres Auto, meine Theorie bestätigte sich nochmal.

Zu Hause fiel ich sofort ins Bett. Doch schlafen konnte ich lange nicht.

 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag wieder ein Zettel auf meiner Bettdecke. Diesmal rechnete ich nicht mehr mit einer Morddrohung. Daher faltete ich ihn neugierig auf.

Es war ein heulender Wolf. Eine kleine Schwarzweißzeichnung von einem Wolf der den Mond anheulte. Es regnete.

Das war so eine typische Sam Zeichnung das ich sie aus tausend anderen Bildern heraus erkannt hätte. Sam ließ nie irgendwas aus. Jedes kleinste Detail in seinen Bildern war perfekt auf das Gesamte abgestimmt. Und in diesem Ganzen spiegelte er seine Gefühle.

Da ich nicht genau wusste was ich jetzt damit machen sollte pinnte ich die Zeichnung an meinen Kühlschrank.

Als ich dann Tee machen wollte klopfte es an der Tür. Wahrscheinlich meine Nachbarn die sich wieder darüber beschweren würden das Dancer mal wieder in ihrem Garten stand und ihre ach so teuren Magnolien fraß. Froh das er wieder da war riss ich überschwänglich die Tür auf.

„Hi“ vor mir stand Lia und nicht meine Nachbarn. „Draußen vor der Tür steht übrigens ein Pferd von dir. Sorry das ich hier einfach so reinplatze, aber ich muss mit dir reden.“ Sagte sie schnell und drängelte sich an mir vorbei in die Wohnung. Erstaunt sah ihr nach. Dann ging ich kurz runter und brachte Dancer auf die Weide. Der Gute musste die ganze Zeit vor der Tür gestanden haben. Anschließend holte ich auch Bonny raus. Nachdem das erledigt war ging ich wieder hoch. Ich fand Lia in der Küche.

„Hey... also von mir aus könnten wir jetzt reden. Wenn du willst. Äh, willst du ein Kaffee?“ fragte ich und setzte mich ihr gegenüber. Erst jetzt riss sie ihren Blick vom Kühlschrank los. Warum starrte sie meinen Kühlschrank an? Na ja, egal.

„hm. Ja, bitte. Hast du Milch?“

Ich nickte machte uns einen Kaffee, holte Milch aus dem Kühlschrank, auf den sie immer wieder komische verstohlene Blicke warf, und wir schwiegen uns vielsagend an. Dann stellte ich ihr die Tasse vor die Nase und setzte mich wieder auf den Stuhl gegenüber von ihr.

„ähm... wolltest du nicht mit mir reden? Also das wäre nämlich jetzt der absolut geeignet Moment dafür“ doch noch bevor ich ausgesprochen hatte klingelte es. Schon wieder. Heute bekam ich wohl so viel besuch wie seit Monaten nicht mehr. Ich riss ein Fenster auf und schaute wer mich wohl jetzt noch beehrte. Unten stand ein Teene. Vielleicht geschätzte 16. Kein Plan was der jetzt noch wollte.

„Ich kaufe nichts, habe nichts bestellt und meine Rechnungen hab ich auch schon alle bezahlt! Verschwinde von meinem Grund und Boden oder du wirst es noch bereuen.“

Darauf folgte einfach ein Ohrenbetäubendes Sturmklingeln. Ich fluchte unterdrückt und begab mich zur Tür. Er war die Treppe schon rauf gekommen und stand als ich öffnete direkt vor mir.

„Hi Alena.“ Er grinste bescheuert über beide Ohren

„wieso weist du wie ich heiße?“ Erschrocken und verwundert schaute ich ihn an. Doch er drängte sich einfach an mir vorbei.

„Ich darf doch reinkommen? Oh hi. Und du bist?“

beim letzten Teil schaute er Lia von der Seite schräg an.

„Lia. Hi. Willst du n Kaffee? Darf ich wissen wer du bist?“

„Zu beidem leider Nein. Aber freut mich deine Bekanntschaft zu machen.“ Darauf setzte er sich neben sie an den Küchentisch. Auf MEINEN Platz!

Jetzt reichte es wirklich!

„Hör mal zu Mr. Namenlos. Du kannst nicht einfach so hier hereinspaziert kommen, keinen Namen oder Grund deines so plötzlichen Besuches sagen und dich dann auch noch auf MEINEN Platz setzen!“ und da ich schon mal so schön in Fahrt war, machte ich einfach weiter. „Und wieso lehnst du eigentlich einen Kaffee ab? Das ist ja wohl der Gipfel der Unverschämtheit! Hat man dir den kein bisschen Anstand in die Wiege gelegt?“

„äh... wenn ich unbedingt was trinken soll, könnt ich vielleicht ne Cola haben? Ich bin nicht so der Kaffee Typ.“ Er schaut mich zweifelnd von der Seite an. Doch bevor ich noch erwidern kann, dass er seinen Arsch gefälligst von meinem Stuhl runter schieben und sich seine Cola sonst wo hin stecken kann, standen plötzlich vier andere Männer in der Küche.

Verdammt, ich hatte vergessen die Tür wieder zu schließen!

Die Typen sahen leider etwas arg bedrohlich aus. Aber, auf ihre eigene Art und Weise auch nicht sonderlich schlecht... im Gegenteil! So langsam wurde es trotz allem doch etwas eng in meiner bescheidenen Küche.

Ohne die vier aus den Augen zu lassen schnauzte ich den Jungen an: „Das warst du! Wegen dir hab ich die scheiß Tür offen gelassen. Und zu dir gehören die auch alle!“

Zu meiner Verteidigung muss ich sagen das die letzten Tage einfach schwer waren und ich mit meinen Nerven völlig am Ende war. Sonst reagiere ich eigentlich nicht so meschugge.

 

„ Wenn ihr schreit, bring ich euch um“ einer der Typen die ausgenutzt hatten das die Tür offen stand trat gelangweilt vor und baute sich vor mir auf. „Er will das wir euch zu Ihm bringen.“

Im Gegensatz zu Sam wirkte der, der jetzt vor mir stand nur halb so gepflegt, dafür aber irgendwie doppelt so bedrohlich. Meiner Meinung nach hatte er dringend mal wieder eine Rasur nötig.

„Äh... das muss denke ich ein Irrtum sein.  

Kapitel 5

Ein paar Stunden nach dem Wirrwarr bei mir zuhause:

„A...Alena?“ Lia war grade am aufwachen. Noch nicht ganz wissend was Sache war setzte sie sich schwerfällig auf und stieß sich den Kopf am Autodach. Ja, wir waren in einem Auto. Im Kofferraum um genau zu sein. Die Idioten hatten uns überführt und verschleppten uns jetzt. Wohin? Ja! Das wüsste ich auch nur zu gern!

„Gott... warum brummt mein Schädel so?“mit einer Grimasse fasste sich Lia an den Kopf und sah ein bisschen so aus wie man es nach einer langen verfickt versofenen Nacht erwartet hätte, nach der man mit so einem Kater aufwacht das selbst Omas altes Hausmittel nichts mehr half.

„Die Assis sind grade dabei uns zu entführen!“entgegnete ich ihr und reichte ihr eine Flasche Wasser. Das Einzige was sie uns gelassen hatten.

Lia sah mich kurz schockiert an. Dann verwandelte sich ihr Gesichtsausdruck aber und sie kramte genervt in ihrer Hosentasche. Dann in ihrer Jackentasche...

„Boah ey ne man! Die ham mir mein Handy geklaut! Ohne das Ding bin ich doch total aufgeschmissen!“ Mitleidserregend sah sie zu mir rüber.

Ich nickte nur abwesend. „Glaubst du wir können die Heckscheibe einschlagen? Wenn wir uns anstrengen, dann...“ Ich hämmerte gegen die Scheibe des Kofferraums. Erfolglos. Leider.

„Ruhe dahinten!“ brüllte jemand von vorne und schlug mit einem Stock gegen das Gitter das den Fahrerbereich von uns trennte. Nach weiteren, erst ein bisschen angsteinflössenden Stunden, die sich dann aber in eine flautenmäsige Langeweile verwandelten, schliefen wir beide ein.

 

„Hallo Püppchen!“ jemand packte mich an den Haaren und zog mich hoch. Erschrocken blickte ich in ein widerlich fies grinsendes Gesicht. Noch nicht ganz dem Schlaf entkommen registrierte ich kurz meine Umgebung. Ich war nicht mehr länger in diesem stickigen stinkenden Kofferraum, sondern in einem Kellergewölbe. Es war kalt, die Luft und die Wände feucht und der Boden regelrecht nass. Ich war Barfuss... Moment! Ich war nicht nur Barfuss sondern auch nackt! Und dieser widerwärtige Typ der vor mir stand begutachtete mich von unten bis oben mit einem anzüglichen Gesichtsausdruck.

Kurzum etwas überfordert mit der Lage schrie ich hysterisch auf und gab ihm eine Kopfnuss. Sein stämmiger Körper fiel, nachdem er mich kurz überrascht angeschaut hatte, mit einem lauten klatschen in den Dreck.

Schnell ging ich zur Tür . Abgeschlossen. War ja klar! Vorsichtig schlich ich wieder zu dem Typ zurück. Vielleicht hatte er ja einen Schlüssel dabei. Ganz sacht, darauf bedacht ihn so wenig wie möglich zu berühren, durchsuchte ich ihn. Er lag seitlich und ich kam gut in seine Jackentaschen, doch dort war natürlich kein Schlüssel. So behutsam ich konnte schob ich ihm eine Hand in die Hosentasche. Vielleicht war dort ja ein Schlüssel. Plötzlich gab Mr. Bierbauch, wie ich ihn mal gennant hatte, denn der dünnste war er nicht, ein Grunzen von sich und rollte sich schwerfällig auf den Bauch. Scheiße! Meine Hand steckte nun unter der Masse dieses Monstrums von Mann fest! Mit aller Kraft versuchte ich sie aus der Hosentasche raus, in der sich übrigens auch kein Schlüssel verbarg, und unter Mr. Bierbauch hervor zuziehen.

Doch dieser schlug auf einmal abrupt die Augen auf und fasste mit stählernem Griff nach meinem Handgelenk. „HeyHeyHey Süße. Mich einfach niederzuschlagen! Das wird Folgen haben, glaub mir! Deine Hand befand sich übrigens gar nicht so sehr an der falschen Stelle. Nur dieser dumme Jeansstoff meiner Hose war wohl noch im Weg“ Er fingerte mit seinen dicken Wurstfingern nach seinem Reissverschluss, öffnete ihn mit einem nichts Gutes verheissendem Ratschen und schob meine Hand in seine Hose.

Schockiert und völlig angewidert starrte ich ihn an „Spinnst du...?!“ Doch weiter kam ich nicht da er sich auf mich rollte, meine Körper in den nassen Dreck drückte und mir an die Brüste grapschte. Ich schrie ihn mit allen Beleidigungen die mir grad in den kopf kamen an und wand mich wie wild unter ihm, das schlimmste befürchtend.

 

„Runter von ihr! Du bist immer ein bisschen zu voreilig Matt“ die Tür war, ohne das es einer von uns beiden bemerkte hatte aufgegangen und ein weiterer Typ stand in der Tür. „Und was hast du mit ihren Kleidern gemacht? Jetzt ist sie total dreckig! So kann sie ihm nicht unter die Augen treten! ...ach Matt, du bist und bleibst einfach hoffnungslos pervers“ setzte er noch unter einem lachen hinzu. Matt, ich nahm an das war Mr. Bierbauchs tatsächlicher Name, war aufgesprungen, natürlich nicht ohne mir nochmal gefrustet den Ellenbogen in die Rippen zu stoßen, worauf ein schmerzhaftes Aufstöhnen meinerseits folgte. Hastig ordnete er wieder seine Kleider und schloss seinen Hosenstall.

„Ich regle das mit ihr. Du kannst wieder gehen“ Der Typ schaute Matt bedeutungsvoll an worauf der sich vom Acker machte. Ich stand auch auf, versuchte meine Blöße so gut es ging mit den Händen zu bedecken und schaute meine Retter dankbar an.  

 

„Komm, du hast 10 min Zeit dich zu waschen und zurecht zu machen“ Er packte mich am Arm und führte mich aus dem Kellergewölbe, den Gang entlang in ein Badezimmer.

Hinter einem babyblauem Duschvorhang der bei genauerem hinsehen mit Schimmel nur so übersät war, verbarg sich eine uralte Dusche mit einem einzigem Rädchen zu Wasser aufdrehen auf dem ein blauer Punkt zu sehen war. Na toll! Nur kalt Wasser!

„Ich kann nicht kalt duschen! Davon werd ich krank!“ versuchte ich es entrüstet.

„Ist nicht mein Problem. Im Schrank liegen Handtücher, die kannst du benutzen“ mit diesen Worten drehte er sich einfach um und verlies das Bad wieder. Die Tür schloss sich und ein Schlüssel drehte sich knarzend im Schloss.

Und wieder eingesperrt! Das gibt’s doch nicht. Fröstelnd stieg ich in die etwas ekelige Dusche und schaute mich suchend um. Es gab nur ein Duschdas und ein Shapoo. Beides Männer... Naja egal. In der Not frisst der Teufel fliegen! In rasender Schnelle duschte ich und machte mich frisch so gut es eben mit nicht vorhandenen Mitteln ging. Und schon bald ging auch die Tür wieder auf und Mr*Ich hab dich vielleicht gerettet, bin aber trotzdem die Unfreundlichkeit in Person* schaute herein.

„Fertig?“ fragte er.

Ich nickte nur. „Ein Gentleman würde mir jetzt seine Jacke geben!“ ich sah ihn auffordernd an.

Er sah mich nur an und lachte leise in sich hinein „Hier findest du keine Gentlemans mehr Kleine. Komm, du wirst schon erwartet... „

Ich sah ihn einfach etwas eingeknickt bittend an „Bitte...! es ist kalt“

Genervt verdrehte er die Augen schlüpfte aus seiner Lederjacke und drückte sie mir in die Hand. „Hier, aber nur weil du so Mitleidserregend aussiehst. Und ich würde dir raten nicht bei allen hier so ne Show abzuziehn. Nicht jeder ist so freundlich wie ich. Und jetzt komm. Wir müssen gehen. Rede nur noch wenn du dazu aufgefordert wirst!“

Freundlich? Er? Äh... Hallo? Ich schlüpfte in die noch etwas warme Jacke, die mir zum Glück bis über den Arsch reichte. Wenn auch nur knapp. Dann folgte ich ihm.

Ein paar Gänge weiter hielten wir an einer Eisentür an.

 

Er machte ein kleines Kästchen neben der Tür auf und offenbarte ein Scangerät. Er hielt seine Hand auf die kleine Schaltfläche und die Tür wurde geöffnet. Meine Güte war das hier alles modern. Von drinnen hörte man kurze schnelle Schritte. Dann steckte Lia ihren Kopf zur Tür raus.

„Jonnathan!“ auf ihrem Gesicht breitete sich freudige Erkenntnis aus und sie warf sich Mr. Unfreundlich einfach in die Arme.

Ich sah sie völlig verständnislos an. Kannten die sich denn?

„Äh... Lia?“ Unsicher sah ich sie von der Seite an.

„Alena!“ Ah jetzt hatte zur Abwechslung sogar ich mal ihre Aufmerksamkeit... Sie grinste mich an „Mensch! Bist du auch mal aufgewacht? Du hast die letzten drei Tage verpennt!“

Oh... das erklärte dann doch so manches.

„Das ist Jonnathan“ verträumt sah sie ihn von unten her an. Er war etwas größer als sie, was nicht grade selbstverständlich war das sie mich schon über fast einen Kopf überragte, und sah im eigentlich auch nicht schlecht aus. Nur etwas bedrohlich. Aber das hatte sich ja gelegt sobald er Lia erblickt hatte.

Verzweifelt zog ich sie etwas zur Seite „Lia! Er gehört zu den Leuten die uns entführt haben! Entführt! Das ist nichts Gutes oder so. Du kannst dich nicht mit ihm verbünden, er ist quasi der Feind. Und vor allem darfst du ihn nichts so anschmachten!“ entrüstet sah ich sie an

„Er hat mich in den letzten Tagen beschützt. Die andern hier sind nicht so... freundlich“

Sie konnte ja nicht ahnen das ich diese Erfahrung leider nur all zu gut auch schon gemacht hatte. Ich hatte immer noch ein blauen Fleck von Matts Ellenbogen.

„Trotzdem...“weiter kam ich gar nicht den sie unterbrach mich gleich wieder. „Alena, wenn Jonnathan nicht gewesen wäre gings mir jetzt echt schlecht! Hör zu, er ist der Sohn des Anführers von dieser ganzen Bande hier. Und wenn dir jemand helfen will der auch in einer mächtigen Position ist, dann lass dir gefälligst helfen! ...Und außerdem ist er heiß!“ fügte sie noch hinzu und biss sich genüsslich auf die Unterlippe.

Ein leises Lachen unterbrach unsre Gedankengänge und besagter Jonnathan schaute uns an „Genug gequatscht ihr zwei. Wir müssen uns beeilen. Mein Vater erwartet euch bereits. Reizt ihn ja nicht! Und sprecht nur wenn ihr dazu aufgefordert werdet“ Er nahm Lias Hand und als er sah das ich nicht begeistert von der Vorstellung war den beiden zu folgen, packte er mich am Arm und zog mich mit.

Als wir das Kellerloch verließen und in einen, weitaus luxuriösen, großen Saal traten, ließ Jonnathan Lias Hand los und packte sie auch am Arm. Sollte wohl niemand wissen das er was mit ner Gefangenen hatte. Vor einer riesigen Flügeltür hielten wir dann an. Davor standen zwei muskelbepackte Protze die, als sie Jonnathan sahen, ehrerbietig die Tür öffnete.

 

Wir kamen in ein kleineres , prunkvoll eingerichtet aber gemütliches Büro. Das größte Möbelstück das sofort ins Auge fiel war ein gigantischer, wohl antiker Schreibtisch. Und hinter diesem Schreibtisch saß Jemand.

Jonnathan schubste uns so, das wir auf die Knie fielen und hielt uns an den Schultern fest. Auf zu stehen wäre undenkbar gewesen. Er selbst senkte den Kopf und legte somit seinen Nacken frei.

„Vater. Das sind die beiden“ Seine Stimme hatte jetzt absolut gar keinen frechen Unterton mehr. Es grenzte eher schon an Unterwürfigkeit. Wo waren wir da nur gelandet?

Der Mann stand auf und kam hinter dem Schreibtisch hervor. Er strahlte solch eine Unberechenbarkeit und Kälte aus dass mir schon allein von seiner Anwesenheit äußerst unwohl wurde.

„Welche der Zwei ist Alena?“ Seine Stimme war nicht laut, aber dafür umso eindrucksvoller und einschüchternder. Jonnathan zeigte mit einem ruckartigen Kopf nicken auf mich.

„Du bist also die Kleine hinter der unser lieber Samuel her ist?“ Seine Stimme klang verächtlich als er auf Sams Namen zu sprechen kam. Sam! Was hatte der den jetzt wieder mit der ganzen Sache zu tun?

„Du sollst antworten wenn ich mit dir rede!“ knurrte mich der Unbekannte an. Es war wahrscheinlich Jonnathans Vater. Ich beschloss Sam da ruhig mit rein zu ziehen. War vielleicht ein bisschen biestig von mir, aber er war in den letzten Tagen auch nicht grade sonderlich nett zu mir gewesen. Außerdem wüsste ich nicht was ich sonst hätte tun sollen.

„Ich kenne Sam... „ Ich schaute in seine kalten Augen und es gruselte mich. Bestätigung glomm darin auf.

„Dann bist du die Richtige“ Er lachte höhnisch. „Jonnathan, warum sind es zwei Gören? Die eine reicht uns doch völlig!“ Verärgert blickte er seinen Sohn an.

Dieser stutzte kurz „Ich... äh. Ich denke die anderen wussten nicht welche von beiden die Richtige ist“

„Nun ja, dann kann man wohl nichts ändern. Auf die kleine Alena gib Acht. Sie muss am Leben bleiben! Die andere ist Frischfleisch. Die Jungs werden sich freuen wenn ihnen mal wieder jemand die Betten wärmt“ Er wand sich gelangweilt wieder ab.

In Jonnathans Gesicht sah man kurz die Verzweiflung huschen, dann hatte er sich sofort wieder unter Kontrolle. „Wie ihr wünscht Vater“ Er verneigte sich leicht, zog uns auf die Beine und schleppte uns wieder aus dem Zimmer.

Die beiden Wachen vor der Tür grinsten dümmlich als wir wieder herauskamen. „Na Süße? Wie wärs mit uns Beiden. Mein Schwanz kann dich so lang vögeln bis dein kleines schwaches Herz einfach stehenbleibt“ Einer der Muskelprotze grabschte sich Lias Arm, drückte sie an die Wand und wollte sie befummeln. Lia stieß ein erschrockenen und ängstlichen Schrei aus und versuchte sich von dem Typ zu lösen. Aussichtslos. Aus Jonnathans Kehle löste sich ein dunkles tiefes Knurren das so gar nicht mehr freundlich klang.

„Sie gehört mir! Lass deine dreckigen Pfoten von ihr!“ Seine Stimme hallte durch den großen Saal und Mr. Muskel ließ Lia wiederwillig los. Jonnathan nahm sie wieder beim Arm und wir verließen mit schnellen Schritten den Saal.

Wir liefen eine Zeitlang durch die verwinkelten Gänge, doch je weiter wir kamen umso Prunkvoller wurde die Umgebung. Die Decken wurden höher, es gab Teppichboden und an den Wänden waren helle Lampen so das die Gänge richtig beleuchtet waren. Dieses Unterirdische System musste riesig sein. Wir waren schon zwei oder drei Treppen hoch gegangen, aber trotzdem waren wir noch unter der Erde. Plötzlich blieb Jonnathan stehen. Der Gang in dem wir uns befanden hörte einfach auf. Wir standen vor einer schlichten aber schönen Tür. Er öffnete die Tür und zog und mit rein. Es war nicht verschlossen gewesen, aber jetzt verriegelte er von innen, so dass wir uns quasi selbst einsperrten.

Wir waren in einem riesigen Wohnzimmer, stilvoll eingerichtet.

„Setzt euch“ sagte Jonnathan und zeigte auf das äußerst einladende Sofa. „Ich bin gleich wieder da“Und somit verschwand er durch eine Tür in die Küche.

Erschöpft ließen wir uns auf das gemütlich aussehende große Sofa fallen. Die letzten Tage waren anstrengend gewesen.

„Alles in Ordnung?“ Lia schaute mich besorgt an und mir fiel auf das ich immer noch nur Jonnathans Jacke an hatte. Etwas geschafft seufzte ich auf.

„Ja, alles klar. Mir ist nichts passiert“ Ich schaute sie an. Waren das etwa Tränen die in ihren Augen funkelten? Besorgt zog ich sie in meinen Arm. „Hey... schon okay!“ Geschockt viel mir etwas ein. Ich hatte nicht dran gedacht weil sie immer noch ihre eigenen Kleider am Leib trug, aber... „Sie haben doch nicht etwa DIR was angetan?“ Unter Schluchzern verneinte sie dies. Was für ein Glück!

„Ich will einfach nachhause!“ sie fing an zu zittern und hatte Gänsehaut. Verständnisvoll sah ich sie nur an, doch ändern konnten wir wohl zur Zeit nichts an unsrer Situation. Ich nahm die Decke die auf der Couch lag und wickelte uns beide darin ein, denn auch ich fror so langsam.

Jonnathan kam wieder ins Zimmer. Er hatte drei Bier in der Hand und stellte sie auf dem Couchtisch ab. Lia griff sich gleich eins und trank hastig ein paar Schlucke. Jonnathan setzte sich neben sie und legte eine Hand auf ihren Arm.

„Alles okay?“ Auch er schaute sie besorgt an.

„Kannst du uns nicht gehen lassen?“ sie sah im flehend in die Augen. „Bitte!“

Traurig blickte er sie an und schüttelte langsam den Kopf. „In ein paar Tagen findet eine Hochzeit statt. Dann würde es wahrscheinlich niemand auffallen wenn ich dich rausschmuggle, aber wenn Alena fehlen würde und ich hätte euch zur Flucht verholfen, wäre das praktisch mein Todesurteil...“

„Ich lass Alena nicht allein!“ erwiderte Lia aufgebracht. Ich stieß sie in die Seite „Ich hab dich hier mit reingezogen und jetzt kannst du auch gehen! Das ist nur fair“ Ich grinste sie an, als ob mir das hier alles nicht so viel ausmachen würde.

„Nein, ich will dich hier nicht alleine lassen. Darüber werden wir gar nicht erst diskutieren!“ sagte Lia. Ich wand mich an Jonnathan. „Sie will! Ihr ist das vielleicht noch nicht klar, aber das werd ich schon noch ändern. Wann ist diese Hochzeit?“, fragend sah ich ihn an.

„Nächsten Vollmond, in drei Tagen also“ Jonnathan sah uns nachdenklich an. „Aber ihr müsst euch des Risikos bewusst sein, erwischt zu werden. Und das würdest du nicht überleben“. Er sah Lia bedeutungsvoll an. Ihre Augen weiteten sich und es machte sich Entsetzen auf ihrem Gesicht breit. „Moment, wartet mal! Aber so wie ich das verstanden hab war das vorhin bei deinem Vater so oder so ihr Todesurteil, früher oder später zumindest. Oder etwas nicht?“ fragend sah ich ihn an. „Und ich werde ganz sicher nicht einfach zuschauen wenn es eine Möglichkeit zu fliehen gibt“ Tief einatmend wand ich mich wieder Lia zu „Bist du dir sicher das du es nicht wagen möchtest? Vielleicht ist es deine letzte Chance“

Verunsichert schaute sie auf. „Ich gehe nur wenn Alena auch mitkommt. Jonnathan, lass uns doch bitte Beide gehen“

 

 

Kapitel 6

Jonnathan lachte verbittert auf. „Nein. Alena bleibt hier. Sie ist unser Druckmittel“

Der Klos in meinem Bauch zog sich noch enger zusammen. Druckmittel; Na Klasse. Sowas in der Art hatte ich mit ja schon fast gedacht, aber es jetzt bestätigt zu bekommen war trotzdem nichts was ich gerne hörte. Aber für oder gegen was? Sam? Hatte er etwas mit dieser ganzen scheußlich absurden Sache hier zu tun?

„Na toll!“ Ich grinste ironisch. „Dann ist doch alles klar. Lia geht in drei Tagen und solange sorgst du Jonny dafür das ihr hier niemand ein Haar krümmt... Sag mal hättest du vielleicht ein paar Klamotten für mich?“

„Sehe ich aus wie ein Mädchen?! Und außerdem heiße ich Jonnathan“

„Oh entschuldige Mr Superempfindlich aber ich wäre schon mit einer Jogginghose und einem T-Shirt zufrieden“

Er sah mich völlig genervt an. Lia stieß ihn mit einem Ellenbogen in die Seite. „Hey, sei nett! Ein Shirt und eine Hose kannst du doch sicherlich entbehren. Und wenn ich dir einen Tipp geben darf: Wenn sie dich beleidigt heißt das sie mag dich“

„Na schön, wenn es sein muss“ Jonnathan stand auf und ging durch eine Tür hinter der man das Schlafzimmer vermuten durfte. Aber Lia hatte gar nicht richtig mitgekriegt was er geantwortet hatte. Sie sah ihm schon wieder so verträumt hinter her. „Lia!“ zischte ich und sah sie mit hochgehobene Augenbrauen streng an. Etwas errötend starte sie auf ihre Hände.

Grinsend kam Jonnathan wieder „Tut mir leid, ich hab nichts für dich“

Empört funkelte ich ihn an. War das denn zu glauben! Schnell stand ich auf und ging zielstrebig auf das Schlafzimmer zu. Aber Jonnathan stellte sich mir in den Weg. „Ich sagte doch, es gibt nichts für dich!“ Ungläubig sah ich ihn an und versuchte mich an ihm vorbeizudrücken, aber vergebens. Der Junge war eibfach unglaublich stark.

„Jonnathan?“ Lia war auch aufgestanden und kam zu uns herüber. „Was soll das? Ich dachte du gehörst nicht zu diesen perversen Leuten!?“

Schon etwas geknickter sah er sie an aber schüttelte dann nur den Kopf. „Setzt euch wieder hin. Ich würde Alena damit keinen Gefallen tun, glaubt mir“

Denn kleinen Moment wo er seine Aufmerksamkeit Lia schenkte nutzte ich aus und schlüpfte geschwind unter seinem Arm durch. Der große Kleiderschrank war nicht zu übersehen und ich steuerte schnell darauf zu.

Aber ich kam nicht weit. Er packte mich am Arm und schleuderte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Sein Körper versperrte mir den Fluchtweg, sein Gesicht direkt vor meinem. Er war wütend und ich kam mir plötzlich gar nicht mehr so sicher vor.

„Geh aus meinem Schlafzimmer!“ Er betonte jedes einzelne Wort mit Druck in seiner Stimme. „Es würde dir selbst nur schaden etwas von mir an deinem Körper zu tragen Alena. Mein Geruch würde an die kleben und die Anderen könnten das vielleicht falsch verstehen. Oder willst du das dich Jeder dem du hier über den Weg läufst, in eine dunkle Ecke zieht und...“ Er hatte mein ängstliches Gesicht gesehen und trat einen Schritt zurück. Zitternd strich ich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Kurz zögernd griff er wieder nach mir, zog mich aus seinem Schlafzimmer und schloss die Tür hinter uns.

„Warum kapierst du das nicht? Ich dachte du und Samuel ihr seid... befreundet?“ Er sah mich unsicher an und ich begriff, dass das seine Art war sich zu entschuldigen. Aber wieso sollte ich das kapieren? Sein Geruch? Und die Anderen sähen das als „Zeichen“, besser gesagt rochen das als „Zeichen“? Das Ganze wurde langsam richtig unheimlich. Und ich verstand immer noch nicht was Sam mit dieser ganzen Sache zu tun hatte. Lia zog mich in die Arme. Wahrscheinlich wollte sie mich beruhigen.

„Was hat das Alles eigentlich mit Sam zu tun? Und nur damit du das mal weißt, ich und Er sind ganz und gar nicht „befreundet“!“

Geschockt sah er mich an. „Ihr seid nicht befreundet? Oder zusammen? Oder was auch immer? Alena, wenn das rauskommt...! Nur deswegen warst du eigentlich hier“ Etwas verzweifelt schaute er sich um, ging zur Tür und schloss von innen ab. „Hö zu, ich hätte dich schon längst wieder runter in den Kerker bringen sollen, aber das sollten wir noch kurz klären. Denn wenn das stimmt was du sagst wird das in wenigen Wochen auffliegen; Und das würde nicht gut für dich ausgehen“ Etwas aufgebracht fuhr er sich durch die Haare. „Ich kann nur eine von euch beschützen. Das Rudel würde es nicht verstehen wenn ich euch beide für mich behalte und unruhig oder sogar aufständisch werden...“

„Moment mal!“ unterbrach ich ihn. „Das Rudel...?“

Verwirrt schaute er mich an „Du kennst Samuel wirklich nicht was?“

Ich sagte da mal lieber nichts drauf.

„Wir sind Werwölfe!“

 

Schweigen.

Ich schaute ihn mit aufgerissenen Augen ungläubig an. Ich wusste nicht was mir mehr Angst machen würde. Wenn er tatsächlich an das glauben würde was er sagt, oder wenn es tatsächlich... Nein! Soweit denken wollte ich gar nicht. Das ist verrückt!

Lia räusperte sich vernehmlich. „Es ist wissenschaftlich bewiesen das Lykanthropie in keinster Weise existiert!“ Sie hielt ihn eindeutig für völlig übergeschnappt.

Jonnathan schaute uns niedergeschlagen an. „Ich musste es euch sagen. Ihr seid mitten in einem Rudel, es kann gefährlich werden es nicht zu wissen. Und nein, es ist nicht wissenschaftlich bewiesen, aber es hat schließlich auch nicht mit Wissenschaft zu tun. Es ist eine unumgehbare Tatsache“

„Kannst du es beweisen?“ Lia sah ihn herausfordernd an.

„Ja, kann ich! Aber...“ Er zog warnend die Augenbrauen hoch „ich will nicht das ihr völlig verängstigt oder panisch werdet. Okay?“

Deutlich hörbar zog Lia die Luft ein „Du willst uns doch verarschen...?“

Jonnathan seufzte. „Nein, eigentlich nicht wirklich. Hört zu, alles was in diesen ganzen Legenden über uns steht ist meistens Stuss. Wir verwandeln uns nicht nur bei Vollmond, sonder wann wir wollen. Zumindest die Älteren von uns. Wenn du jünger bist hast du Probleme damit es zu kontrollieren. Die erste Verwandlung kommt im Laufe der Pubertät, also ungefähr zwischen zehn und achtzehn Jahren. Einen Menschen zu einem Werwolf zu machen ist schwierig. Zur Römerzeit glaubte man zum Beispiel wenn man sich auf einem Friedhof nachts nackt auszieht und um seine Klamotten herum pisst, verwandelt man sich automatisch. Das Einzigste was daran noch logisch ist, ist dass wir uns tatsächlich meist ausziehen, denn bei der Verwandlung gehen die Kleider kaputt. Ich machs eigentlich nicht so gerne hier unten. Weil wenn wir uns verwandeln dann meist um zu jagen oder auch um zu kämpfen. Aber da ich euch nicht mit raus nehmen kann, mach ich ne Ausnahme...“

„Halt Halt Halt!“ Ich hob beschwichtigend die Hände um ihn am weiter faseln zu hindern. „Also gegebenenfalls hier passiert gleich tatsächlich irgendetwas Komisches Unerklärbares... Hast du dich dann noch unter Kontrolle oder fällst du uns an und frisst uns auf?“

„Nein“ Er lachte etwas. „Wenn ihr euch nicht bewegt habt ihr nichts zu befürchten. Das Dümmste was ihr allerdings machen könnt, ist weg zu laufen. Werdet bloß nicht panisch oder so!“

Ich nahm Lia bei der Hand und zog sie mit aufs Sofa. „Du glaubst nicht wirklich was er da sagt oder?“ zischte sie mir zweifelnd ins Ohr. Ich zuckte etwas naiv mit den Schultern. Dass das Leben nicht immer ganz normal ist hatte ich nur schon zu oft zu spüren bekommen.

„Es wäre besser ihr glaubt es“. Jonnathan stand immer noch etwas weiter weg und hätte das eigentlich gar nicht gehört haben dürfen. Jetzt ging er wieder ins Schlafzimmer ließ aber die Tür offen. Ängstlich aber auch etwas neugierig und fasziniert saßen Lia und ich auf dem Sofa und warteten ab.

Nach kurzer Zeit lugte ein Wolfskopf aus dem Zimmer heraus. Das Tier hob schnüffelnd die Nase und tapste dann selbstsicher in unsre Richtung. Ein Timberwolf, ein schönes Tier . Er hatte die Ohren aufmerksam und interessiert aufgestellt und kam langsam immer näher. Lia neben mir krallte sich in meinem Arm fest und auf ihrem Gesicht lag Entsetzen und Angst. Was ich eigentlich fast nicht verstehen konnte, denn der Wolf erschien mir doch eigentlich recht freundlich. Vor uns angekommen setzte er sich auf seinen Hintern und stupste Lia mit der Schnauze ans Bein. Diese jedoch stieß einen Schrei aus, wich völlig verängstigt von ihm weg und flüchtete zur Tür nach draußen. Verzweifelt rüttelte sie am Griff, aber Jonnathan hatte vorher abgeschlossen.

„Lia!“schrie ich mahnend „Beruhig dich! Er hat doch gesagt er tut uns nichts!“

Der Wolf stand auf und lief ,schon etwas aggressiv, mit schnell hin und her zuckender Schwanzspitze auf sie zu. Lia wich vor ihm zurück bis sie mit dem Rücken an der Wand stand und starrte ihn panisch an. Jonnathan, in seiner andren Gestalt, zog die Lefzen zurück und fletschte die Zähne. Deutlich konnte man die Reisszähne mit den spitzen Enden sehen. Die Ohren aufrecht und nach vorne gestellt und die Rute drohend erhoben, gab er ein tiefes bedrohliches Knurren von sich. Lias Beine schienen nun endlich wieder ihr zu gehorchen und sie lief links an ihm vorbei, flitzte in die Küche und knallte die Tür gerade noch rechtzeitig vor der Nase des Wolfes zu. Verärgert bellte (ernsthaft? Du wusstest nicht das wölfe nicht bellen? -.- ) dieser kurz die Tür an, drehte sich dann um und schaute mich an.

Na toll! War ja mal wieder klar gewesen. Doch an Jonnathans Worte denkend blieb ich einfach sitzen und bewegte mich nicht als der Wolf immer näher kam.

Ich hielt die Luft an und kniff einfach die Augen zu, das Beste hoffend, als er an meiner Hand schnüffelte.

Irgendwann drehte er sich dann auch wieder um und verschwand ins Schafzimmer. Gott sei Dank! Ich dachte ich sterbe vor Angst!

Fast Augenblicklich danach kam ein verärgerte Jonnathan, zum Glück jetzt wieder ganz normal, heraus und stapfte nur in Hose, wütend zur Küchentür und riss sie auf. Schnell sprang ich auf und lief ihm hinterher. Mit dem Rücken zum Kühlschrank stand Lia angespannt da.

Jonnathan platzierte sich direkt vor ihr auf. „Hatte ich nicht gesagt nicht wegrennen?!“ Seine Stimme war so laut das er schon fast schrie. Ich drückte mich an ihm vorbei und zog Lia etwas zur Seite in meine Arme, so das Jonny nicht mehr so bedrohlich vor ihr stand. Meine Hände zitterten allerdings auch, aber ich hoffte er würde das nicht bemerken. „Jetzt komm mal runter! Ist ja nicht so als ob wir grade was alltägliches gesehen hätten. Sie hatte halt Angst!“ Meine Stimme klang viel sicherer und cooler als ich mich fühlte, worüber ich kurz echt froh war.

Plötzlich klopfte es an der Tür. „Jonnathan?“ kam es gedämpft aus dem Flur.

Jonnathan warf nochmal einen bösen Blick auf uns und ging dann öffnen.

„Hey, Alles klar bei dir? Ich hab jemand schreien gehört.“ Eine junge Frau kam ins Zimmer und hob die Nase etwas an und... schnüffelte. Daran musste ich mich erst noch gewöhnen!

„Wer ist hier? Hast du Besuch?“ Zielstrebig ging sie auf die Küche zu und entdeckte uns. Unsicher und wohl immer noch etwas verängstigt schauten wir sie an. Das Mädchen riss überrascht und entsetzt die Augen auf als sie sah das ich, außer seiner Jacke (aber n tshirt hat sie nicht bekommen nh) , vollkommen nackt war und wir beide dicht aneinander gedrängt dastanden und zitterten; Und das nicht vor Kälte.

„Liebes, das ist nicht so wie du denkst!“ Er legte ihr eine Hand auf die Schulter und wollte wohl die bizarre Situation erklären, aber sie kam ihm zuvor und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. „Jonnathan Black! Ich bin maßlos enttäuscht von dir! Hast du nicht immer gesagt du willst nie so werden wie Vater? Das ist widerwärtig! DU bist widerwärtig! Ich spuke auf dich vor Abscheu!“ Und damit tat dieses wütende Mädchen genau das. Ihre Spuke landete auf seiner Brust und floss zähflüssig langsam an ihm herab. Ebenso wütend wie sie es war, schaute Jonnathan sie an und verschwand im Badezimmer.

Wohl etwas geschockt starrten wir diese junge Frau an die sich jetzt uns zu wand. „Alles in Ordnung mit euch?“ Ihr wütender Gesichtsausdruck war ebenso schnell verflogen wie er gekommen war und sie schaute uns jetzt eher besorgt an. Etwas mitgenommen nickten wir. Wer war sie wohl? Jonnathans Freundin?

„Hat er euch was getan?“ fragte sie.

„Nein!“ es war Lia die antwortet und ich war froh das sie ihre Sprache wieder gefunden hatte. „Wer sind sie?“

„Ich bin Celine“ sagte sie lächelnd. „Und der Depp im Bad ist mein großer Bruder. Wieso seid ihr hier?“

„Das hab ich gehört!“ ertönte es empört aus dem Badezimmer.

„Wir sind unfreiwillig hier! Die halten uns hier gefangen...“ Lia schaute grimmig zu Boden. Sie hatte wohl langsam genug.

Jonnathan kam mit einem Handtuch wieder aus dem Bad zurück. Er hatte sich wohl Celines, verdiente wohlgemerkt, Spucke von Schulter und Brust gewaschen. „Sie...“ Er nickte mit dem Kopf in meine Richtung „...ist Alena. Die Geisel von Vater wegen Sam. Und die Andre ist ein Missverständnis“ Jetzt schaute er Celine drohend an „Spuck mich nie wieder an Kleine!“

Celine verdrehte nur die Augen. „Na schön. Aber warum sind Beide dann bei dir? Und warum zur Hölle ist sie nackt?“

Äh Hallo? Wir waren anwesend! Aber egal ich traute mich nicht mich einzumischen.

„Das...“ Jonnathan scannte meine Körper auf eine Weise die mich rot werde ließ, „war nicht ich! Das hättest du dir eigentlich auch denken können...!“ Etwas beleidigt schaute er sie an. Dann seufzte er geschafft „Sie dürften eigentlich nicht hier sein. Alena sollte zurück in den Kerker und Lia gehört quasi dem Rudel... Sie wussten nicht von uns, als Wölfe meine ich. Hör zu Honey, Geh einfach zurück auf dein Zimmer. Ich bring Alena wieder runter in die Kerkerräume und... ich werde Lia für mich beanspruchen. Keiner wird es wagen mich nur wegen ihr herauszufordern. Ich will nicht das ihr jemand wehtut.“

Celine sah ihn erstaunt an. „Wow! Seid wann bist du so ein Weltverbesserer?“

Jonnathan wurde leicht rot. Wirklich, ich verarsch euch nicht! Lia allerdings krallte sich wieder fester in meinen Arm. „Alena muss auch hierbleiben!“

Celine lachte auf. „Sei doch froh. Dem Rudel zu gehören war quasi dein qualvolles Todesurteil. Wenn du hierbleibst überlebst du es wenigstens. Jedenfalls ne Weile...“

Lia kullerten ein paar Tränen die Wange runter und die Schluchzer unterdrückend presste sie ihr Gesicht an meine Schulter.

Jonnathan wollte ihr beruhigend über den Rücken streichen, aber sie wich ihm ängstlich aus. Tja Mr. Wolf, sieht wohl jetzt anders aus als noch vor ein paar Stunden, wo sie sich ihm ohne Bedenken in die Arme geworfen hatte. Betroffen ließ er seinen Arm wieder sinken und ging betreten einen Schritt zurück.

An was erinnerte mich das nur? Genau! War es nicht ebenso bei mir und Sam gewesen? Nur das wir uns vorher viel länger gekannt und geliebt hatten. Ja, tatsächlich; Geliebt!

Celine grinste Breit und machte Lia von mir los. Dabei wand sie eine Kraft an die man ihrem eher schmächtigem Körper niemals zugetraut hätte. „Klärt ihr zwei das erstmal, ich bring Alena wieder runter. Muss ja alles seine Ordnung haben“ Gut gelaunt packte sie mich an Handgelenk und wir gingen raus auf den Gang. Jonnathan kam mit bis zur Tür. „Okay, danke.“ Er drehte sich um und wollte schon die Tür zumachen als er nochmal inne hielt. „Celine, bring sie aber auch wirklich runter!“

Celine lachte nur und zwinkerte ihrem Bruder zu.

Als die Tür geschlossen wurde legte sie einen Finger auf die Lippen und schlich dann den Gang entlang zu der einzigen anderen Tür. Da mir nicht viel andres übrig blieb ging ich ihr nach. Celine öffnete leise die Tür, zog mich rein uns schloss sie wieder äußerst leise. Drinnen erblickte ich ein völliges Chaos. Lacht nicht, aber ich fühlte mich gleich etwas wohler. So ähnlich sah es bei mir meistens auch aus.

„Maaan, alles okay bei dir?“ Celine stieß mir ihren Ellenbogen doch recht hart in dir Rippen. „Sieht ganz so aus also ob Jonnathan tatsächlich ein Narren an deiner Freundin gefressen hätte“ Wieder grinste sie breit. „Und ich hab schon dran gezweifelt ob er überhaupt hetero ist!“

Mit den Füßen die Sachen so beiseite schieben das man nicht auf alles Mögliche drauf trat bahnte sie sich einen Weg durch das Zimmer. „Wie lang bist du schon hier? Willste was essen? Ich dacht mir du wärst vielleicht lieber hier bei mir als unten. Die Wachen können doch manchmal recht aufdringlich werden.“ Sie verzog angewidert das Gesicht. Oh ja! Ich wusste schließlich wovon sie sprach.

Ich wollte grade zustimmen, da ich doch ziemlich Hunger hatte, als die Tür mit einem dumpfen Schlag aufgebrochen wurde und Sam in Zimmer stürmte...

Kapitel 7

Sam stürzte sich auf die etwas perplexe Celine drückte sie mit einem harten Aufprall an die Wand und drehte ihren Kopf mit einem Ruck zur Seite.

„NEIN!!!“ Ich hielt Sams Arm fest, kurz bevor das endgültige knacken ertönte. Er schaute mich verwirrt an. „Wenn ich sie nicht kalt mach verpfeift sie uns!“

„Nichts sie... bitte! Ohne Celine läge ich unten im Kerker mit widerlichen Perversen!“ Bittend sah ich ihn an. Er drehte sich wieder etwas verunsichert zu Celine, „Keinen Ton!“ und ließ sie vorsichtig los.

Erleichtert aufatmend drehte diese langsam ihren Kopf hin und her. „DU“ Jetzt starrte sie ihn böse an. „Du hast meinen Bruder getötet! Dafür wirst du bezahlen! Unsere Späher werden dich sowieso schon längst entdeckt haben. Und wenn nicht wird in wenigen Sekunden meine Leibwache da sein. Also, lasst euch ruhig Zeit.“

Sam knurrte sie verärgert an. „Los wir gehen!“ Er packte mich und zog mich in Richtung Tür.

„Aber Lia! Sie ist auch noch hier! Ich kann sie nicht zurücklassen.“ Ich sträubte mich gegen ihn und er blieb genervt stehen. „Alena! Mir ist Scheißegal was mit deiner Lia passiert! Komm jetzt!“ Gott manchmal konnte man ihn einfach nur hassen! „Idiot!“

(Längerer einsatz für lia wäre nett)

Plötzlich hörte man schnelle, rennende Schritte auf de Gang und Sam fluchte aufgebracht. Celine lehnte sich zurück an die Wand und beobachtete wie eine große amazonenhafte Kriegerin hereinstürmte, sich blitzschnell verwandelte und Sam und mich ansprang. Sam stieß mich etwas hinter sich und setzte, nur noch halb Mensch, zum Sprung an. In der Luft nahm er dann völlig die Gestalt eines Grauwolfes an und die beiden knallten aufeinander. Auch die Kriegerin war ein Grauwolf, allerdings war sie etwas schmaler und hatte helleres Fell als Sam. Und sie war eindeutig überlegen. Sam konnte das nicht mehr lange durchhalten. Panisch sah ich mich um und entdeckte ein Opfermesser auf einer Kommode. Ich griff danach und wollte mich einmischen, doch Celine hielt mich zurück. „Du kennst Sam also nicht hm?“ Ich versuchte mich los zu reißen, aber auch sie war noch um weites stärker als ich. Plötzlich sprang sie etwas von der Seite an. Sam verwandelte sich zurück, griff nach meiner Hand und wir rannten raus. Ein schneller letzter Blick in das Zimmer ließ mich zusammen zucken. Die Kriegerin lag verrenkt und mit stark blutender Vorderpfote auf dem Teppich und bewegte sich nicht mehr. Im Gang hörten wir wie uns Andre entgegenliefen und auch Jonnathan kam aus seinem Zimmer gestürmt. Sam zog mich in eine Nische hinter den Vorhang. „Sie riechen das Blut. Verhalt dich still, wenn wir mal Glück haben rennen sie an uns vorbei.“ Ich nickte stumm und wir warteten ab bis zehn oder zwölf Männer an uns vorbei gerannt waren. Als sie weg waren zog mich Sam weiter und so leise aber auch so schnell es ging rannten wir durch das Gewirr der Gänge. Plötzlich bremste er abrupt ab und hielt mich fest. Hinter uns hörte man Schreie und Schritte die immer näher kamen. „Warte hier!“ schärfte er mir ein. Dann sprang er Richtung Decke. Unmenschlich hoch, durch eine geöffnete Luke die nach draußen führte. Mir war sie erst gar nicht aufgefallen. Jetzt war ich alleine. Und die Meute hinter mir hatte mich fast erreicht. Ich konnte sie schon schnaufen hören und ein Blick hinter mich bestätigte mir das sowohl Mensch, als auch Wolf mich gleich erreicht hatten.

Aufeinmal fiel ein Seil durch die Öffnung von Oben. Ich krallte mich daran fest und es wurde schnell Richtung Himmel gezogen. Jemand griff oben angekommen nach meiner Hand und half mir auf. Es war Sam. Dann rannten wir auf einen offenen Lieferwagen zu und sprangen rein. Am Steuer saß ein Typ den ich noch nie gesehen hatte. Ich sah mit einem Blick durchs Fenster das die ersten aus dem Loch sprangen aus dem auch ich geklettert war. Mit quietschenden Reifen fuhr der Mann am Steuer los. Außer dem Loch im Boden war weit und breit nur eine karge Landschaft zu sehen und die Straße auf der wir fuhren.

Nach einiger Zeit hatte sich mein Herzschlag wider beruhigt und meine Atmung ging wieder ins normale über. Ich schaute weiterhin aus dem Fenster. Sam und der Andere hatten bis jetzt auch noch kein Wort gesagt. Langsam bahnten sich Tränen ihren Weg über mein Gesicht. Lia! Sie war immer noch dort!

„Was ist denn?“ Sam versuchte genervt zu klingen aber das versteckte seine Besorgnis in der Stimme nicht. Ich schniefte „Wir haben Lia einfach zurückgelassen!“. Der Typ löste eine Hand vom Steuer und wühlte im Handschuhfach bis er ein Päckchen Tempos für mich heraus gekramt hatte. „Kuck auf die Straße!“ schnauzte Sam ihn an. Aber Mr Unbekannt grinste nur und fuhr ruhig weiter. „Danke“ Ich lächelte ihn an, wischte mir die Tränen aus den Augen und rotzte auf ziemlich nicht damenhafte Weise ins Taschentuch. Eine ganze Weile lang fuhren wir in einem Furcht erregendem Tempo wieder schweigend weiter. Als ich es nicht mehr aushielt drehte ich das Radio an, nur um von Sam eins auf die Finger zu bekommen. „Lass es aus!“

Verärgert lehnte ich mich wieder zurück. „Ich hätte nicht gedacht das du kommst. Wegen mir mein ich...“ Ich sah ihn abwartend an, doch er wich meinem Blick aus. „Danke“ fügte ich noch vorsichtig hinzu. „Können wir vielleicht mal reden? Also ich mein später, unter vier Augen...“ Verdammt! Ich wusste einfach nicht was er wollte oder wie ich mit ihm umgehen sollte! „Alles was du mir sagen willst, kannst du auch vor Jared sagen.“ Ich verdrehte die Augen. Okay, also kein vertrauliches Gespräch. Aber der Typ am Steuer hieß also Jared. Schön zu wissen.

Nach einer Kurve verlangsamte Jared plötzlich und man hatte nicht mehr das Gefühl in einer halsbrecherischen Geschwindigkeit unterwegs zu sein. Fragend sah ich die Beiden an. Wurden wir denn nicht mehr verfolgt? Jared zwinkerte mir beruhigend zu. „Wir sind aus ihrem Revier raus. Hier fängt unser Terrain an.“ Und tatsächlich. Nach einer knappen halben Stunde bogen wir von der festen Straße auf einen Waldweg ab und fuhren langsam noch etwas tiefer in den Wald. Etwas beunruhigt schaute ich aus dem Fenster. Die Bäume wurden immer dichter und es wurde immer dunkler. Nach kurzer Zeit hielten wir an. Sam und Jared sprangen aus dem Wagen. Mit einem gedanklichen Seufzer verfolgte ich Sams geschmeidige Bewegungen, ohrfeigte mich aber gleich drauf selbst dafür. Nein Alena! Er ist ein Idiot, ein Prolet, ein Lügner und gefährlich! Lass verdammt nochmal die Finger von ihm! Jared winkte mir zu, auch raus zu kommen. Vorsichtig kletterte ich aus dem Auto. Das feuchte kühle Laub unter meinen Füßen ließ mich frösteln. Ich hatte schließlich immer noch nichts richtiges an, außer Jonnathans Jacke. Sam und Jared liefen noch tiefer in den Wald hinein. Kurz überlegte ich, aber ziemlich schnell hatte ich beschlossen das ich ohne sie aufgeschmissen wäre und eilte den Beiden nach. Aufeinmal tauchten vor uns noch Andere auf. Einen Schrei unterdrückend beobachtete ich wie sie Sam freudig, aber irgendwie auch respektvoll begrüßten und Jared fröhlich auf die Schulter klopften. Mir warf man neugierige Blicke zu. „Sam wir können nicht mit ihr hier im Wald bleiben. Sie wird sich den Arsch abfrieren.“ Jared sah Sam bedeutsam an. Die Anderen hatten sich größtenteils wieder verzogen. Nur ein fast noch jugendlicher Typ stand in der Nähe und betrachtete mich argwöhnisch. Er war der Einzigste bei dem ich das Gefühl hatte das er mir nicht ganz freundlich gesinnt war. „Ja.“ Sam wand sich jetzt an Jared. „Wir sind sowieso viel zu nah an der Grenze. Wir gehen ins Quartier.“ Jared schaute ihn genervt an. „Es wir Ewigkeiten dauern mit Alena!“ „Äh...“ mischte ich mich ein, „Könnt ihr mal nicht so tun als ob ich nicht da wäre! Und was ist das Quartier? Und ihr habt einfach hier geschlafen? Mitten im nichts?“ Sam sah mich kurz an und ignorierte mich dann einfach. „Das Rudel läuft zusammen. Du fährst mit Alena im Wagen“

„Haloho!!“ Ich glaubte es einfach nicht! „Ich fahr doch nicht mit irgendwem Fremdes im Auto mit!“

„Gott Alena! Jared ist nicht fremd. Ich vertrau ihm und dir wird auch nichts andres übrig bleiben. Wir brechen sofort auf. Hier ist es nicht mehr sicher“ Das letzte eher an Jared gewandt ging Sam zurück zu den Anderen. Jared sah mich an und zuckte mit den Schultern. „Komm gehen wir“ Und damit ging er zurück zu dem Auto. Da die Nacht schon ein gebrochen war rannte ich ihm schnell und zitternd nach. Es wurde langsam echt frisch.

Als ich die Autotür zu schlug reichte er mir eine Decke. „Gibt keine Sitzheizung. Alles okay mit dir?“ Er lächelte mich freundlich an. Überhaupt schienen die ganzen Leute eigentlich recht zivilisiert zu sein. Auch wenn sie, soweit ich das richtig verstanden hatte, hier mitten im Wald gelebt hatten. „Ja, alles klar. Wo habt ihr geschlafen, da mitten zwischen den Bäumen?“ Ich wickelte mich in die Decke ein und Jared ließ den Wagen anspringen.

„Wir haben uns Nachts verwandelt wenn es zu kalt wurde. Die Gegend ist schön und wir kommen öfters hierher.“ Ruhig fuhr er rückwärts und wendete.

„Ihr seid also Wölfe hm?“ ich beäugte ihn von der Seite. Irgendwie war das schon ziemlich krass.

„Ja“ Wir erreichten wieder die geteerte Straße und er gab etwas Gas.

„Und wer ist wir genau? Wie viele seid ihr? Und was habt ihr da vorhin über ein Quartier geredet?“ Ich konnte die Fragen einfach nicht unterdrücken. Sie sprudelten aus mir heraus.

Jared grinste amüsiert. „Wir sind zur Zeit elf. Und im Quartier sammelt sich das ganze Rudel im Winter. Der Alpha dort ist Lupo. Aber wenn wir mit Sam unterwegs sind ist er der Ranghöchste.“

„hm... was dagegen wenn ich dich mit Fragen löchre?“ Hoffentlich sagte er nicht Ja! Ich wollte soviel wissen.

„Nein... von mir aus frag. Aber reib es nicht gleich jedem unter die Nase das wir geplaudert haben“

Erleichtert kicherte ich und nickte. „Okay. Also, Warum zieht ihr im Sommer in kleinen Gruppen umher und bleibt nicht das ganze Jahr da?“

Verdutzt schaute er mich an „Äh... Ich weiß auch nicht genau. Aber das war schon immer so. Man kann sich aussuchen, mit welcher Gruppe man mitzieht, aber meistens bilden sich Freundschaften und somit auch Gruppen in denen du dein ganzes Leben bist.“

„Aha. Und dieser Lupo ist euer Alpha. Findet der es denn gut wenn ihr mit Nicht-Wölfen ankommt? Nur mal so als Frage, weil dieses andere Rudel war nicht sonderlich begeistert von mir und meiner Freundin.“

Wieder lachte er „Keine Sorge! Wir sind nicht ganz so strikt eingewickelt in alte Verhaltensmuster. Viele von uns haben menschliche Freunde, nur... es wird nicht ganz so gern gesehen wenn jemand von uns für diese das Rudel in Gefahr bringt. Deine Rettungsaktion war mit uns abgeklärt, aber Lupo wird wahrscheinlich trotzdem toben. Es hat vielleicht einen Krieg zwischen den Rudeln ausgelöst. Sam wird sich ziemlich anstrengen müssen um das alles zurecht zu biegen.“

Ich schaute ihn erschrocken an und schlug eine Hand vor den Mund. „Das hat er für mich auf sich genommen?“

„Ja... Es war aber gut das du dich bedankt hast. Sonst wäre er irgendwann noch völlig durchgedreht“ Er grinste. Mein Gott war der eine Frohnatur! Was war denn daran jetzt lustig?!

„Schlaf ein bisschen“ sagte er. „Die Nacht ist schon fast wieder um. Du solltest noch ein wenig ausruhen.“ Als ob ich jetzt schlafen könnte! Wo doch so viel passiert war. Trotzdem kuschelte ich mich noch etwas tiefer in die Decke ein.

„Warum fährst eigentlich du mit mir und nicht Sam wenn ich ihm doch anscheinend was bedeute?“ Ein Gähnen mischte sich in meine Worte und ließ mich etwas nuscheln.

„Er ist für uns verantwortlich, er würde die anderen nicht alleine laufen lassen jetzt da er uns in die scheiße geritten hat...“ mehr kriegte ich nicht mehr mit von Jareds Antwort, denn ich nickte langsam aber sicher ein.  

Kapitel 8

Als ich aufwachte schien die Sonne. Ich saß, oder besser gesagt lag halber, immer noch auf dem Beifahrersitz. Jared war jetzt allerdings verschwunden. Neugierig richtete ich mich auf und schaute aus dem Fenster. Der Wagen stand jetzt irgendwo auf einer Wiese. So weit das Auge blicken konnte nur Wildniss und in weiter Ferne ein paar Felder, aber von Zivilisation fehlte jede Spur. Die Sonne stand schon tief, ich hatte keine Ahnung wie lange ich wohl geschlafen hatte. Von draußen drang leise das Lachen der Jungs zu mir. Es waren wieder alle versammelt. Sie saßen draußen um ein kleineres Feuer mit Papptellern und so langsam vernahm ich das Schreien meines Magens, der sich darüber beklagte das ich schon halb verhungert war. 

Ich öffnete leise die Tür und kletterte aus dem Auto. Alle Blicke richteten sich auf mich, zum Teil neugierig, zum Teil verwundert und auch ein bisschen abweisend. Nur Sams Blick durchdrang mich mal wieder und jagte mir eine ungewollte Gänsehaut über den Leib. "Setz dich zu uns! Es gibt Essen." Jared klopfte auffordernd neben sich auf den Boden und lächelte mich an. Dankbar für ein bisschen Freundlich keit setzte ich mich neben ihn und schaute mir neugierig an was er auf seinem Teller hatte. Zu meinem Erstaunen sah es doch eigentlich tatsächlich essbar aus. Irgendsoeine Nudelpampe mit Tomatensoße. Lachend hatte Jared meinen Blick bemerkt und stand auf um mir auch einen Teller zu holen und zu schöpfen. Gierig schlang ich meine, mir viel zu klein vorkommende, Portion hinunter und lauschte den heiteren Gesprächen der anderen Männer, oder besser gesagt, der andren Wölfe. Nur Sam hielt sich aus dem meistem raus. "Hinten im Auto liegen Kleider für dich.  Dann wirst du diese schreckliche Jacke los..." Fast beschämt registrierte ich das ich immer noch nur die, mir zum Glück viel zu große, Jacke von Jonnathan anhatte.

Ich kratzte noch den letzten Rest des Essens hinunter und konnte einen gierigen Blick zum Topf nicht vermeiden. Aber es war kaum noch was drin. Den immer noch währenden Hunger aus meinen Gedanken vertreibend stellte ich meinen Teller auf den Stapel zu den andren leeren und stand auf, um zum Auto zu gehen. Als ich den Kofferraum öffnete erblickte ich ein altes T-Shirt, mit dem Aufdruck irgendeiner unbekannten Band und eine verschlissene Jeans. Keine Unterwäsche. Na toll. Genervt verdrehte ich die Augen. Aber besser als halb nackt. Ich griff mir die Kleider und ging damit hinters Auto, um vor den Blicken der Anderen geschützt zu sein. Schnell schlüpfte ich in die Hose und zog die Jacke aus und das T-Shirt über. Es war tatsächlich einigermaßen meine Größe.

„Steht dir“. Erschrocken fuhr ich herum. Fast neben mir stand Sam. Warum hatte ich ihn nicht kommen gehört?

„Wie lange zur Hölle stehst du da schon?“, fragte ich und musterte ihn böse. Die Frage entlockte ihm aber nur ein Grinsen. „Idiot!“ schnauzte ich ihn an.

„Das hatte ich ja wohl sowieso schon oft genug gesehen.“ meinte er nur lachend. „Es ist Secondhand. Hoffe das stört dich nicht. Aber gut das du immer noch die gleiche Größe hast.“ lächelnd sah er mich an.

Irritiert konnte auch ich meinen Blick nicht abwenden. Wie konnte er nur erst so ein Arsch sein und dann innerhalb Sekunden wieder nett?! Und er merkte es wohl nicht mal! Wortlos ging ich zurück zum Feuer und starrte in die Flammen. Es wurde langsam wieder dunkel und kälter und nach einer Weile stand ich auf und ging zurück zum Auto um die Jacke zu holen.

„Muss das sein?!?“ Und schon wieder hatte ich Sam nicht kommen gehört. Er stand direkt hinter mir. Kurz schloss ich die Augen um dem Schreck zu überwinden und wieder ruhig zu werden.

„Muss was sein?“ fragte ich und drehte mich zu ihm um.

„Die Jacke stinkt bis zum Himmel nach deinem Jonnathan!“ anklagend sah er mich an.

„Aber mir ist kalt...“ Ich fror wirklich und zog die Jacke noch ein Stück enger um mich.

Bedauernd nickte Sam nur und zog dann ein Teller vom Autodach. Ich hatte gar nicht bemerkt das dort etwas stand. „Ich hab doch gesehen wie du vorhin den Topf angestarrt hast“ meinte Sam und wollte mir den Teller geben. Die Nudeln dampften sogar noch.

Aber mit glänzenden Augen schüttelte ich den Kopf. „Und ich hab gesehen das nur noch ein letzter Rest übrig war. Und der war bestimmt nicht für mich. Wem würde ich das jetzt wegessen?“ fragte ich leise

Sam jedoch schob mir den Teller nur zu. „Es ist meins. Aber du brauchst es dringender. Ich hab dich nicht aus dem Loch gerettet um jetzt zu sehen wie du elendig verhungerst“. Ruhig drückte er mir eine Gabel in die Hand und ließ sich mit dem Rücken am Auto hinuntergleiten, bis er am Reifen gelehnt im Gras saß. Unsicher ließ ich mich neben ihm nieder. „Ich... ich will auch dir nicht dein Essen weg essen.“ meinte ich noch leiser, konnte mich aber nicht überwinden ihm den Teller zurück zu geben.

„Ich kann mich auch anders ernähren. Aber seit wann sorgst du dich um mein Wohlergehen? Bin ich denn nicht mehr als nur ein Monster?“ Schweigend sah ich in an. Wusste nicht was ich auf diese verbitterten Worte sagen sollte. Doch die Stille wurde schon bald unterbrochen als mein Magen ein peinlich lautes Knurren von sich gab. Langsam begann ich zu essen.

„Es ist nicht so einfach für mich Sam... „ seufzend schloss ich die Augen um mich zu sammeln. „Ich wünschte ich müsste keine Angst vor dir habend, aber das geht nicht wenn du die ganze Zeit so launisch bist. Du drohst mir, ignorierst mich und stalkst mich. Jetzt wiederum bist du so wie früher, ja, aber... wie kann ich dir vertrauen, wenn ich die ganze Zeit befürchten muss, dass sich deine Laune plötzlich ändert und ich dir wieder egal bin?“ Ich stellte meinen Teller auf den Boden und rupfte einzelne Grashalme aus, den Blick nach unten gerichtet da ich nicht wagte ihn anzusehen. Ich weiß nicht warum, aber plötzlich hatte ich entsetzliche Angst vor ihm. Eigentlich tat er nichts anderes als mich zu entführen. Ich hatte ihn nie wirklich gekannt. Wahrscheinlich war unsre ganze verdammte Beziehung sogar eine Lüge gewesen! Meine Hände zitterten und Tränen fanden den Weg über meine Wangen. Unbeholfen wollte ich aufstehen, ihm nicht auch noch die Freude machen mich zum heulen gebracht zu haben, aber Sam packte mich am Arm und zog mich wieder herunter. Ausdruckslos schaute ich ihn endlich an, in dem Gewissen, dass ich ihm sowieso völlig ausgeliefert war.

Sam ließ mein Handgelenk los und seine Hand wanderte an meine Wange. Sanft hielt er mein Gesicht fest und schaute mir tief in die Augen. Ich konnte ein leises Schluchzen nicht unterdrücken. Daraufhin zog er mich in seine Arme und hielt mich fest an sich gedrückt. Seine Hand lag auf meinem Haar. „Ich werde dir niemals wehtun Alena!“ flüsterte er bestimmt und küsste mich behutsam auf die Stirn. Die Tränen strömten jetzt wie die Niagarafällen und ich schmiegte meinen Kopf vertraut an seine Brust. Vorsichtig schob er mich ein Stück zurück damit wir uns anschauen konnten. „Niemals! Hörst du Alena? Bitte... bitte hab keine Angst mehr. Ich werde dich niemals verletzen!“

Mit verschleiertem Blick nickte ich. So saßen wir noch eine Weile aneinander geschmiegt hinterm Auto und irgendwann schlief ich, mich sicher und geborgen fühlend, ein. (Bei dem typ der sie ins Gesicht geschlagen hat. Eine Szene ändern!)

 

Das Rütteln und Schütteln und die Motorengeräusche weckten mich dann letztendlich auf. Schlaftrunken öffnete ich meine Augen und blinzelte ins Tageslicht. Es musste später Morgen sein. „Und? Gut geschlafen?“ Jared saß wieder am Steuer und sah mich kurz lächelnd an.

Ob ich gut geschlafen hatte? Ich hatte wunderbar geschlafen! Das letzte an das ich mich erinnern konnte, war dass Sam und ich geredet hatte und dass ich danach in seinem Arm eingeschlafen bin. Zurück lächelnd meinte ich nur „Ja... wirklich gut“.

Sam war echt lieb gewesen.( kleine mädchen satz) Er hatte versucht mir die Angst zu nehmen. Das hatte zwar nicht ganz so geklappt, denn ich würde, jedes mal wenn ich ihn sah, immer noch am liebsten wegrennen. Als er mit mir und Lia in der Wohnung gewesen war, hatte er mich so geschlagen, dass ich zu Boden ging. Soviel zu: Ich tu dir nichts... . Aber trotzdem, vielleicht würde es werden... mit der Zeit. So gedankenverloren sah ich die Landschaft am Fenster an mir vorbeirasen. Es war wunderschön, denn über allem hing noch ein leichter Nebel und der Tau glitzerte im Gras. Jared allerdings kannte wohl das Wort „Geschwindigkeitsbegrenzung“ nicht. Ich schloss noch öfter auf der Fahrt die Augen und döste immer wieder weg. Ich hatte ja sowieso nichts zu tun und so konnte ich wenigstens versuchen den Hunger zu vergessen, der sich so langsam wieder in all meine Gedanken brannte.

 

Ich wurde vollends aus meiner wunderbaren Welt der Träume gerissen, als ich das Zuschlagen der Autotür vernahm. Erschrocken zuckte ich kurz zusammen als auch auf meiner Seite die Tür aufgemacht wurde und stieg dann aus. Es war wieder dunkel, fast mitten in der Nacht. Vor mir stand Liam, der jüngsten von „meinen“ Wölfen. Und der, der mich auch am wenigsten ausstehen konnte. Er war es auch gewesen der mich ganz am Anfang, im Wald bei mir zu Hause, angegriffen hatte. Jetzt ließ er es mich mal wieder merken, dass ich für ihn unerträglich war. „Komm!“ schnauzte er mich genervt an „Wir sind im Quartier. Wegen dir gab es ganz schön Ärger! ...Aber jetzt kriegst du hoffentlich auch deinen Teil ab“! Fast fies grinsend packte er mich am Handgelenk und zog mich hinter sich her. Wir waren vor einer riesigen Burg. Finster und bedrohlich ragten ihre schwarzen Türme in die Dunkelheit und verschmolzen beinahe mit ihr. Fröstelnd schüttelte ich mich.

„Was meinst du damit, es gab schon ganz schönen Ärger?“ Jared hielt Liam an der Schulter fest und zwang ihn so stehen zu bleiben. Wütend blickte dieser ihn an, man merkte aber dass er sich Mühe gab nicht völlig auszurasten. „Sam wollte mit Lupo reden...“ Lupo war der Alpha des ganzen Rudels erinnerte ich mich aus Jareds Erzählungen „... aber Lupo ist ziemlich durchgedreht. Er gibt Sam die Schuld daran, dass wir jetzt einen Streit mit dem andren Rudel haben. Und noch dazu mit so einem Starken... Irgendwo hat er ja auch Recht!“ fügte Liam noch hinzu und starrte mich dann böse an „Das ist alles wegen dir passiert!“ Urplötzlich und mit einer verdammten Kraft drückte er mich gegen das dunkle, kalte Gemäuer und schlug mir eine rein. In meinem Kopf ertönte ein durchdringendes fiependes Geräusch, aber bevor ich überhaupt wieder klar sehen konnte traf mich der nächste Schlag. „Wegen dir ist Sam jetzt unten!“ brüllte Liam. Jared griff zum Glück ein, bevor mich der nächste Schlag treffen konnte.

„Was meinst du mit „unten“?“ fragte er und hielt Liam eisern fest. Ich war froh über die Wand in meinem Rücken. Ohne den Halt den sie mir gab, wäre ich im Moment einfach umgekippt.

Immer noch rasend vor Wut sah Liam Jared an „Na was wohl? Sam sitzt im Kerker. Lupo überlegt ob er ihn ausstoßen soll...“ Geschockt weiteten sich Jareds Augen. Doch er fand schnell wieder die Kontrolle.

„Beruhig dich erst mal Liam! Es ist nicht Alenas Schuld, sondern war Sams eigene Entscheidung“. Ruhig sah er ihm in die Augen. Dann griff er nach meinem Arm und ich stolperte hinter ihm her. So gut er konnte stütze er mich, aber irgendwie hatte ich das Gefühl er war schon mal rücksichtsvoller gewesen. „Du wirst jetzt Lupo treffen. Sag ja nichts falsches! Davon hängt jetzt alles ab!“ schärfte er mir ein, und wir gingen durch ein riesiges Tor in die Burg.  

Kapitel 9

Durch die finsteren Gänge kamen wir in einen großen Saal. Hier saßen eine menge... Menschen und beschäftigten sich mit Essen, Saufen und Kartenspielen. An der Wand stand ein Kamin und es war gemütlich warm. Jared steuerte allerdings mit mir mitten durch und auf der anderen Seite wieder hinaus, zurück in finstere Gänge. „Waren das grade alles... Wölfe?“ wollte ich wissen. Jared antwortete allerdings nur mit einem kurz angebundenem „Ja“. Endlich hielten wir an einer Tür an und er klopfte. Nachdem einem „Hmh“ von innen ertönt war, traten wir ein. Es war ein großer Raum, mit einem massivem Schreibtisch. Und hinter diesem Schreibtisch saß ein muskelbepackter, etwas mürrisch dreinblickender Mann, der Jared kurz zunickte um zu zeigen das er uns zu Kenntnis genommen hatte. Dann wand er sich wieder seinen Dokumenten zu und wir warteten bis er fertig war mit was auch immer er gerade tat. (...nija) Ich rollte mit den Augen. Was für eine Respektlosigkeit! Als er uns dann seine Aufmerksamkeit schenkte, musterte er mich interessiert.

„Ich nehme an du bist Alena“. Es war vielmehr eine Feststellung als eine Frage, doch ich bejahte es trotzdem. „Hm... dann nehme ich auch mal an, dass du liebend gern mit deinem Sam zusammen sein willst? Und weißt du was?“ seine Stimme war noch dunkler als die von Sam, doch er sprach ohne jegliche Emotion außer Belustigung. Ja tatsächlich Belustigung! Was war den bitte grade Lustig?! Er fuhr fort ohne irgendeine Antwort von mir erwartet zu haben. „Das darfst du auch!“ Seinem Grinsen wich ein eiskalte Maske und er schaute Jared an. „Bring sie in den Kerker!“. Ohne uns noch einen Blick zu schenken wand er sich wieder dem zu was auf seinem Schreibtisch lag und es war deutlich das wir entlassen waren. Jared nickte mit dem Kopf in Richtung Tür und ich ging langsam raus. Jared schloss die schwere Tür hinter uns mit einem leisen Klicken. Schweigend sagten wir einen kurzen Augenblick lang nichts. Es war klar was jetzt passierte.

„...da lang!“. Jared Worte waren nur leise aber ich senkte den Kopf und ging den Gang runter in die Richtung in die er gezeigt hatte. „...Ich …Es tut mir Leid Alena. Aber wenn wir nicht machen was Lupo sagt, würde das alles nur noch schlimmer machen“. Ich sagte nichts dazu und senkte nur niedergeschlagen den Kopf. Jared war jemand dem ich vertraut hatte.

Nach kurzer Zeit kamen wir an eine Treppe und von dort an ging es immer weiter abwärts, tiefer in den Bauch der Erde. Ich schaute bedauernd auf meine nackten Füße und zog fröstelnd die Zehen ein. „Es ist wenigstens ein gutes Zeichen das er Sam nur eingesperrt und nicht gleich umgebracht oder ausgestoßen hat“, meinte Jared und durchbrach wieder das Schweigen. Wieder sagte ich nichts, aber ich kam nicht umhin stehen zu bleiben und ihn geschockt anzuschauen. Nachdem ich das kurz verarbeitet hatte setzte ich mich wieder langsam in Bewegung, immer ein Fuß vor den andern, Stufe um Stufe. Es war bizarr das dieser Lupo angeblich so viel Macht über alle hier hatte. Nachdenklich ging ich weiter. Es dauerte noch eine Weile, aber irgendwann erreichten wir das Ende der Treppe. Durch eine angelehnte Gittertür kamen wir in einen Gewölbekeller artigen Raum.

Super von einem Kerker zum Nächsten. Links und rechts waren Zellen aus, für den ans Mittelalter erinnernden Raum, äußerst modern aussehenden Gitterstäben. Jared packte mich wortlos und schob mich in eine dieser Zellen und schlug die Tür zu. Das Schloss rastete mit einem Klicken ein. Er rüttelte kurz zur Überprüfung, ob es auch wirklich richtig geschlossen war. Dann sah er mich nochmal entschuldigend und bedauernd an und ging mit schnellen Schritten wieder Richtung Treppe. Seine Schritte wurden immer leiser bis ich mir nicht mal mehr einbilden konnte noch was zu hören. Reglos stand ich hinter den Gitterstäben und so langsam kamen mir die Tränen. Zitternd ging ich auf den Haufen Stroh zu, der wie für mich hingerichtet in einer Ecke auf dem Boden lag. Die Spinnweben die von der Decke hingen streiften meine Haare und mein Gesicht und angewidert ließ ich mich auf den Boden fallen. Dem Schluchzen freien Lauf lassend rollte ich mich zusammen und versuchte die Verzweiflung zu unterdrücken die sich in meinem Bauch wie eine zudrückende Faust breit machte. So lag ich eine Weile da und es dauerte etwas bis ich mich wieder beruhigt hatte. Als meine Tränen versiegt waren lag ich nur noch eine Weile still da und dachte über alles was passiert war nach. Nach einiger Zeit registrierte ich noch ein andres Geräusch. Ganz leise nur, ich musste es bisher überhört haben. Da atmete doch noch jemand hier unten.

Meine Augen hatten sich langsam fast gänzlich an das schumrige Licht hier unten gewöhnt und ich blickte mich suchend um, bis ich die Quelle des Geräusches sah und erschrocken die Luft einsog. Verdammt! Das durfte ja wohl nicht wahr sein! Jemand lag direkt in der Zelle neben mir, an den Gitterstäben und atmete nur noch flach. Es war Sam. Er sah schlimm aus, übel zugerichtet. Seine Lippe blutig, die Nase irgendwie schief, mit zerfetzten Klamotten und zerschlagenen Gliedmaßen. Besorgt rappelte ich mich auf und ging zu den Gitterstäben die uns voneinander trennten und griff dadurch nach seiner Hand. „Sam...!“ Vorsichtig drückte ich leicht seine Hand und hoffte das er nur schlafen würde, aber anscheinend war er gar nicht bei Bewusstsein. Der Klang meiner eigenen Stimme war mir hier unten fremd. „Sam! Wach auf, bitte!“ Vorsichtig strich ich ihm die Haare aus dem verschrammten Gesicht. Aber Sam zeigte keine Reaktion, also setzte ich mich gegen das Gitter gelehnt hin und hielt seine Hand und wartete das er aufwachte.  

 

Die Zeit verstrich nur langsam und ich hatte viel Zeit in der mir erst wirklich klar wurde in was für einer miesen Lage ich steckte. Hier unten gab es keine Fenster, aber eine, durch abertausend Spinnweben gedämpfte Neonröhre spendete ihr flackerndes Licht. Ich schätze es waren einige Stunden verstrichen als diese auf einmal aus ging und der gesamte Raum in völliger Dunkelheit versank. Nett, dachte ich. Wenigstens weiß man so wann Tag und wann Nacht ist.

Plötzlich zuckte Sams Hand in meiner und er begann sich mühsam aufzusetzen. Ein notdürftiges Licht flammte auf, als er ein Feuerzeug anspringen ließ. Sein eines Auge war so geschwollen, dass er es gar nicht mehr richtig auf bekam, aber durch das andre schaute er mich kurz verwirrt an. „Alena...“ setzte er an, als er verstanden hatte wo wir waren und schloss verzweifelt einen Moment die Augen. Ich wünschte ich hätte irgendetwas tröstendes zu sagen gehabt, aber mir fiel nichts ein. Andrerseits verschaffte es auch einem, idiotischem, dunklen Teil in mir, viel zu große Genugtuung ihn so hilflos, ja fast leidend zu sehen. Schnell rief ich mir ins Gedächtnis das ich mich in der selben aussichtslosen Lage wie er befand und es auch irgendwie fast meine Schuld war, dass wir hier unten gefangen waren. Nur um mich zu befreien ist Sam bei dem andren Rudel eingedrungen. Und er wusste wohl was er aufs Spiel setzt...

„Wie lange sind wir schon hier unten?“ fragte er mit einer kalten, gefühllosen Stimme die mich frösteln ließ und zog seine Hand aus meiner. „Vielleicht ein paar Stunden,“ meinte ich darauf, „aber noch nicht all zu lange. Wie lange du allerdings schon hier bist weiß ich nicht sicher.“ Irgendwie fühlte ich mich plötzlich furchtbar allein. Erleichtert nickte er nur und seine Anspannung ließ etwas nach, was auch mich irgendwie beruhigter auf atmen ließ. „Warum ist es so wichtig wie lang wir schon hier sind?“ fragte ich mit halb gespielter Neugierde. Ich wollte eigentlich einfach nur nicht im Dunkeln mit ihm allein sitzen und ihn nicht hören können. Das war irgendwie gruselig. Das Feuerzeug erlosch wieder. Super...

„Als Wolf ist man gezwungen regelmäßig jagen zu gehen um sich zu ernähren. Wir sind keine Wesen, die in Gefangenschaft überleben. Es reicht mir nicht den Fraß zu essen, den sie ab und zu mal runter bringen. Ich bin in ein paar Wochen wahrscheinlich verhungert. Aber du hast bessere Chancen... ein paar Monate hältst du es bestimmt durch. Vielleicht Jahre. Irgendwann wird ihre Wut auf dich verflogen sein."

Hätte ich was gesehen, hätte ich ihn jetzt wahrscheinlich fassungslos angestarrt. Die Tatsache das er es anscheinend tatsächlich als Aufmunterung gemeint hatte, machte die ganze Sache noch beängstigender. „Ich... ähm...“, versuchte ich irgendwas halbwegs mitfühlendes raus zu bringen, aber es war ein scheiß Tag gewesen und selbst ich hatte meine Momente in denen ich sprachlos war, oder besser gesagt einfach lieber den Mund hielt, als mein sinnloses Gedankenwirrwarr bei zu steuern. „Das ist nicht wirklich beruhigend Sam...“ brachte ich dann nach einiger Zeit tatsächlich heraus. Aber es kam keine Erwiderung mehr und frustriert robbte ich vom Gitter weg, zurück zu meinem Strohhaufen und legte mich hin. Aber mein Vorhaben zu schlafen in die Tat umzusetzen erwies sich bald als Ding der Unmöglichkeit. Es war nicht nur die feuchte, klamme Luft hier unten die die Kleider und das Stroh so widerlich feucht werden ließ, oder die Tatsache das man wenn man ruhig war die Ratten rascheln hören konnte, Nein, ich konnte meine Gedanken auch einfach nicht beruhigen. Der einzige Fluchtweg der zur Möglichkeit stand, war durch die selbe stählerne Tür durch die ich auch herein gebracht worden war. Aber dazu hätten wir erst mal aus den Zellen ausbrechen müssen und dann durch die Tür nach draußen. Dann folgte, wie ich in Erinnerung hatte, die riesige Treppe und noch nicht mal dann wären wir richtig ausgebrochen. Um mich nicht weiter zu deprimieren versuchte ich einfach lieber an andere Möglichkeiten zu denken, wie wir hier raus kommen könnten. Zum Beispiel Verhandlung. Ja, ich weiß... eigentlich lachte ich mich bei diesem Gedanken ja auch selbst aus. Ich hasste es nicht mehr Handlungsfrei zu sein! Langsam rollten mir die Tränen über die Wange und ich versuchte mühsam das Schluchzen zu unterdrücken.

 

„Komm her!“. Ich muss schon eine Weile so dagelegen und geweint haben, als Sams Stimme plötzlich die drückende Stille durchbrach. Ich glaube er hatte gar keine Ahnung wie befehlend seine Wortwahl war, aber ich würde ganz sicher trotzdem nicht nach seiner Pfeife tanzen. Ich setzte mich widerwillig auf, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und sah ihn an. „Was ist?“ fragte ich kalt, in der Hoffnung er würde mal verstehen, dass er so nicht mit mir reden konnte.

„Komm einfach her Alena!“. Er saß wieder neben den Gitterstäben die uns trennten und er sagte das so nachdrücklich und entschieden, dass ich nicht anders konnte als zu ihm rüber zu gehen. Ernst sah er mich an. „...es ...ich“ fing er an. Wenigstens kam er jetzt auch mal ins stottern! „Mir tut es so Leid, dass du in alles mit hineingezogen wurdest. Ich hätte dich einfach vergessen müssen“. Schweigend schaute er mich an und ich wollte schon etwas erwidern als er nochmal Luft holte, „aber ich glaub ich hätte das einfach nicht gekonnt. Ich hab es versucht, ehrlich. Aber irgendwann musste ich dann einfach dem Drang nachgeben dich zu suchen und zu verfolgen“.

„Ja, klasse...“ betreten schaute ich zu Boden. War der Typ den noch zu fassen? „Sam... ich dachte es ist dir bestimmt klar, aber so wie es scheint ja wohl doch nicht. Also werde ich es jetzt einfach mal aussprechen. Sam, du bist ein völlig irrer Psychopath! ...Und ein Stalker!“. Entschlossen sah ich ihn an. Sein Gesicht war schon wieder eine verzerrte Maske der Wut. Einer Wut die er kaum fähig war zu bändigen wie es schien.

„Sag doch gleich was das wirkliche Problem ist! Das ich ein MONSTER bin!“ Seine Worte waren so laut geworden das sie von den kahlen Wänden widerhallten.

„NEIN!“ So langsam wurde auch ich wütend. „Warum bist du so fixiert auf diese scheiß Monster Sache? Warum? Ich hab das NIE behauptet! Nicht ein mal als mich dein Rudel im Wald angegriffen hat! Okay schön, vielleicht war ich am Anfang etwas durcheinander und auch geschockt. Aber es ist mir egal! Total egal! Es ist mir egal 'was' du bist! Es geht um das 'wer' Sam...“ Etwas außer Atem wand ich mich von ihm ab. Ich wollte ihn jetzt nicht mehr sehen!

 

Die Stunden hier unten verstrichen auf ihre eigene Weise. Die Zeit floss zäh vor sich hin und das einzige was ich zu tun hatte, war zu zählen wie oft die Lampe an der Decke an und aus ging. Das war bis jetzt schon sechs mal passiert. Also musste ich schon 6 Tage hier unten eingesperrt sein. Solang man uns nicht verarschte jedenfalls.

So langsam wurde ich wahnsinnig vom nichts tun! Die einzige Abwechslung ist wenn ein Mann zu uns runter kommt und Wasser bringt. In jeder Zelle hier unten ist in den Boden eine kleine Mulde eingelassen. Dort schüttet er das Wasser rein und wir müssen trinken wie die Tiere. Aus ausgehöhltem Stein. Aber nach kurzer Überwindung siegt doch schnell der Überlebenswille über den Stolz und die Scham.

Das Highlight der letzten Tage ereignete sich dann gestern. Tatsächlich wurde mir zu meinem Wasser noch eine Schale mit dampfendem Brei gestellt. Der Wächter sah mich nur grimmig an und meinte „Ich gebe dir 3 Minuten. Alles was du bis dahin nicht schaffst, werde ich dir wieder weg nehmen“. Aber ich war sowieso dermaßen ausgehungert das ich das Zeug runter schlang als gäbe es keinen Morgen. Es schmeckte nach nichts. Ich tippte mal auf Poridge. Trotzdem war es eines der besten Mahlzeiten die ich je hatte! Nachdem die Schale ratzeputze leer war ging der Wächter wieder.

Sam hatte nichts bekommen.

 

Ich lag in der vollkommenen Dunkelheit die hier herrschte wenn das Licht aus war, eingekuschelt in das Stroh und starrte ins Nichts. Es war jetzt nicht mehr zu überhören. Sams Magen knurrte. Die Geräuschkulisse war vergleichbar mit der eines LKW-Rastplatzes. Ich fühlte mich ehrlich gesagt etwas schuldig, weil ich nicht mal daran gedacht hatte ihm etwas von meinem Brei ab zu geben. Dabei hatte er schon deutlich abgebaut und es dürfte wohl nicht mehr lange dauern, bis er aussah wie eines dieser Tuberkulose Kinder aus irgendeinem Entwicklungsland die man immer in den Nachrichten sehen konnte.

„Sie haben wohl beschlossen dich überleben zu lassen“, hörte ich Sam mit rauer Stimme sagen. „Wir sprechen also wieder miteinander hm?“ entgegnete ich und schalte mich wenige Sekunden später selbst für meine schnippische Antwort. Von Sam kam daraufhin auch nichts mehr, ich hörte nur noch seinen flachen Atem. „Sorry...“ räumte ich nach weiteren Gewissensbissen ein, „Ich habe einfach nicht einmal daran gedacht mit dir zu teilen. Ich schäme mich, wirklich“.

„Ist schon okay“. Er hörte sich müde an.

„Sam? Als Jared mich hier runter brachte, meinte er irgendwas von wegen du hättest Glück, dass dich Lupo nicht ausgestoßen hat. Was heißt das? Ausgestoßen?“ Die Lampe flimmerte plötzlich wieder und das kalte Licht der Neonröhren strahlte uns wieder an. Geblendet schloss ich kurz die Augen und als ich sie wieder öffnete sah ich wie Sam sich kraftlos aufsetzte und zu mir rüber schaute. „Ein Wolf der ausgestoßen wird, wird zur Zielscheibe der ganzen Wut des Rudels und vom Alpha für 'geächtet und rechtlos' abgestempelt. Das heißt, jeder darf diesen Wolf töten, ohne das irgendwelche Konsequenzen erfolgen. Meistens haben Ausgestoßene nur eine Überlebenschance wenn sie sofort verschwinden und untertauchen. ...Also ja, Jared hat vermutlich recht. Es ist ein Glück das ich stattdessen hier unten in Ruhe verrecken kann“. Verächtlich lachte er auf, verstummte dann aber gleich wieder als wir Schritte auf der Treppe und das aufschließen der Tür hörten. Ein Mann kam herein, aber diesmal war es nicht der Wächter den wir gewohnt waren. Der Mann heute war deutlich größer, Muskel bepackter und irgendwie fehltem seinem Blick sämtliche Emotionen.

An meiner Zelle steuerte er direkt vorbei und kam vor Sams zum stehen. Sam versuchte aufzustehen, aber als er halb auf den Beinen war, knickten dieses wieder unter ihm weg und er knallte mit der Seite auf den Boden. Besorgt bemerkte ich erst jetzt wie schwach er tatsächlich schon war. Der finstere Typ schloss seine Zellentür auf und zog ihn grob vom Boden hoch. Dann packte er zwei eiserne Ketten an der Wand, denen wir vorher noch nie wirklich Beachtung geschenkt hatten, und machte Sam mit ausgestreckten Armen fest. Seine Füße berührten kaum noch den Boden und um dem Zug zu entgehen der sonst auf seinen Handgelenken lastete streckte er sich und stellte sich auf Zehenspitzen. Sein Gegenüber zog langsam ein Dolch aus einer Scheide von seinem Rücken und setzten ihn auf Sams Brust an. Genauso langsam drückte er etwas zu und zog eine Linie bis zu seinem Bauchnabel.

Ich glaube ich selbst habe lauter geschrien als Sam selbst. Er biss nur die Zähne zusammen und seine Hände krallten sich verkrampft ins Leere. Als er sich etwas bewegte fiel sein T-Shirt, das jetzt fast durchtrennt war, auseinander und man konnte das Blut aus dem aufklaffenden Schnitt quellen sehen.

Als der Wächter merkte das der Anfangsschmerz langsam abgenommen hatte, setzte er seinen Dolch wieder an. Diesmal in Sams Gesicht. Schluchzend wand ich den Blick ab. Ich konnte einfach nicht ertragen hinzusehen. Nach ein paar Minuten hörte ich Sam das erste mal schreien. Gellend schreien.

Die Tränen liefen mir übers Gesicht, aber ich schaute langsam wieder zu den Beiden hin. Sein Körper war jetzt übersät mit, meiner Meinung nach viel zu tiefen Schnitten. Und sein Blick war leer geworden. Der Wächter war gerade dabei ein Kästchen auf zu machen das er aus seiner Tasche gezogen hatte und mit Entsetzen merkte ich plötzlich was er vorhatte. Mit Handschuhen nahm er ein paar Würmer heraus und setzte sie vorsichtig auf Sams Wunden. Sein Blick wies plötzlich die erste erkennbare Emotion auf, als Sam sich vor Schmerz wand und brüllte und die kleinen Würmer sich in sein blutendes Fleisch fraßen. Faszination.

 

 

Kapitel 11

Stunden später saß ich wieder an die Gitterstäbe gelehnt die uns trennten da und wartete bis er wieder zu Bewusstsein kam. Nachdem der Wächter ihn von den Ketten an der Wand los gemacht hatte, war Sams Körper einfach auf den Boden gekracht und seit dem lag er dort und hatte sich noch nicht gerührt. Womit hatte er das nur verdient? Es war sein eigenes Rudel das ihm solche Grausamkeiten antat! Meine Hand krallte sich wütend um einen der kalten Eisenstäbe und wieder stiegen mir Tränen in die Augen. Das Schluchzen das ich nicht mehr zurück halten konnte schüttelte meinen Körper. 

 

Nach einer Weile drehte sich Sam langsam auf den Rücken bis er gemütlicher lag und sah mich grinsend an. Voller Schrecken konnte ich seine Wunden nun alle sehen. "Hey, du heulst doch nicht etwa um mich?" Sein Grinsen glich allerdings eher einer Grimmase und ich lachte traurig. 

 "Du hättest mich dort lassen sollen! Wusstest du was deine eigenen Leute mit dir machen werden??" 

"Nein... Ich hatte gehofft das Lupo und die anderen mehr Verständnis zeigen. Aber anscheinend hab ich jetzt einen Krieg zwischen den Rudeln ausgelöst. ...und ich habe noch mehr auf dem Gewissen. Sergeys Rudel hasst mich" etwas ernster sah er mich an "aber das wichtigste ist, dass es nicht du bist die gefoltert wird! Meinen Wunden heilen innerhalb von Stunden. Morgen werde ich wahrscheinlich nur noch Narben haben"

Der gruselige Alpha des anderen Rudels hieß also Sergey. Ungläubig öffnete ich den Mund "echt? Warum?" 

"Warum? Keine Ahnung. Man heilt schneller als Hautwechsler" 

"Hautwechsler hm?" ich konnte es immer noch nicht richtig nachvollziehen.

"Ja, die meisten von uns bevorzugen den Begriff. Werwolf ist nicht so gerne gehört, wenn dann einfach Wolf. ...wir sind keine Monster Alena!"

Flackernd ging das Licht wieder aus und ich glaube wir beide waren froh darüber, da wir dem anderen irgendwie nicht in die Augen schauen konnten. Die Dunkelheit machte einen in den ersten Minuten immer blind. "Ich denke auch nicht als Monster von dir Sam. Würdest du mir mal zuhören wüsstest du das"

"Du behauptest das, ja. Aber du weichst immer vor mir zurück wenn ich dir zu nahe komme und als du gesehen hast wie ich mich verwandelt habe bist du panisch weggerannt. Was übrigens das dümmste ist, dass du machen kannst."

"Ich hatte keine Ahnung! Hättest du mir das irgendwann mal gesagt wäre ich vielleicht nicht weggerannt! Und du?! Du hast mich gejagt! Du hättest mich fast getötet!" 

"Du hast mich ohne zu zögern erstochen! Und du wusstest also dass ich es bin! Du hättest mich getötet hättest du gekonnt!" 

Er hörte sich so bestürzt und beleidigt an das ich es kaum fassen konnte. "Ich hab mich verteidigt! Ich hänge eben an meinem eigrnen Leben. Und warum bist du eigentlich nicht tot? Ich hab ziemlich sicher deine Luftröhre getroffen gehabt"

"Es ist nicht ganz so einfach einen von uns zu töten"

Eine Weile schwiegen wir uns wieder an und irgendwann merkte ich, dass Sam eingeschlafen war. Das war wahrscheinlich dss beste für ihn. 

 

Die nächsten Tage und Nächte wurde es kälter. Der Winter zog gnadenlos ein und ich wünschte ich hätte zumindest noch eine Decke, aber ich traute mich nicht zu fragen.  Sam meinte er könne den Schnee von draußen an den Schuhen des Mannes riechen, wenn man mir mein Essen brachte, aber ich glaubte ihm nicht. Man kann Schnee nicht riechen.  

Sam wurde extrem schwach und sein Magen weckte mich sogar nachts auf. Ich hatte mich auf sein Geheiß weit möglichst weg von dem Gitter gesetzt welches uns trennte. Nur zur Sicherheit. Der Folterknecht war zum Glück nicht noch einmal aufgetauchten. Nur mein Brei wurde mir jeden Abend gebracht. Der Aufseher achtete aber genau darauf, dass ich die einzige Person war die das aß. 

Seit ein paar Stunden hatte ich bemerkt das Sams Atem unregelmäßig wurde. Ich würde das jetzt mal als ziemlich schlechtes Zeichen deuten. 

"Sam...? Hey Sam!?" Ich wollte, dass er aufwacht. Vielleicht träumte er einfach nur schlecht. "Sam!"

Verwirrt schlug er die Augen auf, setzte sich auf und schaute mich fragend an. "Was ist?" 

Verlegen sah ich ihn an. "Nichts... Dein Atem ging so komisch. Alles okay?" 

"Ja". Er robbte ein bisschen zurück bis er mit dem Rücken an der Wand lehnte. 

Plötzlich erklang ein elektrisches Surren und das Gitter, das uns trennte, fing an zu wackeln und wurde langsam nach oben gezogen. 

Sein Blick wurde panisch und mit weit aufgerissenen Augen schaute er langsam zu mir. Wir konnten zwar beide noch nicht raus, aber wir konnten jetzt zueinander. 

 

" Bleib da wo du bist und beweg dich nicht! Komm mir bloß nicht zu nahe! " Seine Hände waren abwehrend gehoben und er schaute wirklich besorgt. 

Ein Lachen unterdrückend blieb ich erst mal sitzen. "Du bist doch gerade total schwach. Was willst du mir denn in deinem Zustand anhaben?" Heimlich freute ich mich fast darüber das diese Grenze zwischen sind nicht mehr existierte. 

"Ich brauche trotzdem nur einen Augenblick dir die Kehle raus zu reissen... Und ich werde mich verwandeln müssen wenn ich überleben will. Der Wolf ist es eher gewohnt mal ein paar Tage nichts zu essen. Aber er ist so langsam trotzdem ziemlich hungrig...". Er wand den Blick ab. " Sie wollen, dass ich dich töte" 

Kopfschüttend sah ich ihn kurz an und stand dann auf, ging zu ihm hinüber und setzte mich neben ihn. "Du wirst mich nicht töten. Ich weiß nicht warum, aber ich vertraue dir da jetzt. Mach dir keine Sorgen, ich habe keine Angst mehr". Ich legte meinen Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Keine Ahnung warum,aber ich machte mir wirklich keine großen Sorgen. 

 

 

Kapotel 10

Hier saß sie nun und wartete. Wartete das Jonathan wieder kam. Oder Alena. Gelangweilt strich sie das Leder der Couch glatt. Er war bestimmt schon über einen Tag weg. Aber er hatte gesagt sie dürfe das Zimmer nicht verlassen. Idiot. Sie hatte keine Lust mehr hier eingesperrt zu sein. Aber zum anderen wollte sie auch nicht wirklich einem von den anderen Wölfen über den Weg laufen. Nein... Wirklich nicht. Da langweilte sie sich lieber zu Tode. 

Seufzend stand Lia auf und lief durchs Zimmer. Wölfe. Kopfschüttelnd nahm sie eines der Fotos in die Hand das Jonathan mit einem weiteren Typ zeigte der ihn im Schwitzkasten hatte. Aber die beiden schienen sich wunderbar zu amüsieren. Sie rollte die Augen und stellte es zurück. Jungs. 

Sie war schon seit Tagen hier und fing langsam an sich selbst zu riechen. Vorsichtig tappte sie zur Badezimmertür. Jonathan meinte sie sollte warten bis er ihr Kleider gebracht hätte. Aber er kam ja nicht. Selber schuld. 

In der Dusche stand nur Duschdas für Männer. Hatte wohl nicht oft Frauenbesuch der Süße. Schulterzuckend ging sie in sein Schlafzimmer und wagte ein Blick in seinen Kleiderschrank. Ein schwarzes Tshirt war kein Problem, aber seine Boxershorts konnte sie nicht finden. Zweifelnd schaute sie zu einer Kommode die auch im Raum stand. Eigentlich wollte sie ja nicht rumwühlen. Das war respektlos. Aber sie wollte was frisches zum anziehen haben und ohne Unterhose ging natürlich auch auf keinen Fall. 

Vorsichtig zog Lia eine der Schubladen auf und lugte hinein. Schnell kniff sie die Augen zu und schloss die Schublade wieder. Handschellen und Seile. Definitiv mehr als sie wissen wollte! Wie konnte sie ihn nur sympathisch finden?! 

Erschlagen saß sie vor der Kommode auf dem weichen Teppichboden und wusste nicht weiter. Er war der einzige der ihr ein bisschen Hoffnung gab hier wieder unbeschadet raus zu kommen, aber er war ein Tier. Und jetzt hatte sie das entdeckt... Wahrscheinlich stand er darauf seine Frauen im Bett durch zu prügeln. 

Sie musste sich einfach auf das hier und jetzt konzentrieren und die Gedanken an ihn beiseite schieben. Boxershorts! 

Sie hatte es schließlich gar nicht am schlechtesten getroffen. Alena saß jetzt in irgendeinem feuchten und kalten Loch. Gut, zum anderen war es auch Alenas Schuld dass sie hier gelandet war! Ermutigt von ihrer Wut zog Lia eine andere Schublade auf. Socken umd Boxershorts. Danke Gott! Erleichtert nahm sie eine kleiner aussehende und ging zurück ins Badezimmer. Sie schloss die Tür ab, man konnte ja nie wissen.

Die heiße Dusche entspannte sie ein wenig und sie fühlte sich danach viel wohler. Die Klamotten rochen nach einem angenehmen Waschmittel und sie legte sich wieder auf die Couch. 

Jetzt im nachhinein hatte sie doch ein ziemlich schlechtes Gewissen dass sie sein Schlafzimmer durchwühlt hatte. Aber das konnte man jetzt auch nicht mehr ändern. 

Ihr gegenüber war ein Kamin neben dem ein Korb mit Holzstücken stand. So einer hätte ihr auch in ihrem eigenen Wohnzimmer gefallen. Auf dem Sims über dem Kamin stand ein Familienbild das Jonathan zeigte zwischen dem Mädchen, dass sich ihnen gestern als seine Schwester vorgestellt hatte und einem älteren Typ. Beim genaueren hinsehen erkannte sie das es der Gleiche war wie von dem anderen Bild. Im Hintergrund war sein Vater in einem steifen Anzug und er hatte den Arm um die Hüfte einer zierlichen Frau gelegt die schüchtern in die Kamera lächelte. Sie sah um einiges jünger aus als er. Wenn sie wirklich die Mutter war, musste sie den Ältesten schon ganz schön früh bekommen haben. 

Sie wand den Blick von dem Bild ab. So altmodisch wie die hier drauf waren wurden Hochzeiten bestimmt noch erzwungen. 

Da sie nicht mehr still liegen konnte stand sie wieder auf und holte sich ein Glas Wasser. Sein Vorrat an Alkohol sah auch nicht schlecht aus. War bestimmt ne Millionen wert. 

Sie hätte fast den verdammt teuer aussehenden Whisky fallen lassen als sie die Tür hörte. Ängstlich hielt sie die Luft an. Was wenn es doch nicht Jonathan war sondern einer von diesen Perversen. ...obwohl Jonathan wohl auch besondere Vorlieben hatte wie sie herausgefunden hatte. 

"Lia?"

Es war eindeutig seine Stimme. Erleichtert ging sie zurück ins Wohnzimmer.

"Hey. Du warst ganz schön lange weg" unsicher sah sie ihn an. Er sah ziemlich geschafft aus. "Alles okay? Geht es Alena gut??!" 

Ernst sah Jonathan sie an. "Du hast meine Sachen an. Ich hatte dir gesagt du sollst warten bis ich dir was bring!" 

"Ich hab gestunken! Und du hälst mich hier drin wie ein Vogel im Käfig. Ich will... Ich will hier raus und heim!" Niedergeschlagen schloss sie die Augen. Sie wollte nicht rum heulen wie ein kleines Mädchen. 

Er atmete tief durch und schaute beherrscht an ihr vorbei "Bis übermorgen wirst du es noch aushalten. Dann kann ich dich raus bringen" Müde ging er in Richtung Schlafzimmer. "Mein Shirt steht dir viel zu gut" Dann knallte die Tür zu. 

Genervt setzte sich Lia wieder auf die Couch.

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Tag der Veröffentlichung: 02.04.2013

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