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Prolog


Die braun gefärbten Blätter raschelten laut im Wind des heraufziehenden Gewitters. Sie flogen über die noch grünen Wiesen und wirbelten durch die Luft. Diese roch nach Herbst, und nach Regen. Im Süden ballten sich Gewitterwolken zusammen. Schon sah man helle Blitze über den Himmel zucken und hörte das Donnergrollen – leise, aber doch gefährlich nahe. Das war er, dieser Moment kurz vor dem Sturm. Dieser „ruhige Augenblick“. Das Gefühl, die Zeit bliebe stehen. Nur der Glockenschlag aus dem kleinen angrenzenden Dorf erinnerte daran, das dies nicht so war. Seufzend stand sie auf. Sie hatte an einem großen Baum gelehnt, aber sie wusste, dass es nun besser war zu gehen. Eigentlich wäre sie länger geblieben, im Regen nach Hause gelaufen, aber dann würde ihr Kleid nass werden. Ihre langen braunen Haare wurden vom Wind zerzaust als sie über die Grasebene ins Dorf hinunter blickte. Der Fluss zog seine Schleifen vor dem Dorf. In den letzten Strahlen der Sonne glitzerte er als bestünde er aus tausenden Diamanten. Aber jetzt floss er rasch voran, als wolle er dem Gewitter davon fließen. Alijena strich ihr Kleid glatt. Ihre Absatzschuhe hatte sie ausgezogen und trug sie nun in der Hand, als sie über die Wiese zur Straße ging. Sie lief nicht schnell, gerade so, dass sie die Wolken noch gut betrachten konnte. Sie liebte diese „Ruhe vor dem Sturm“. Dann war alles einfach unkompliziert, sie fühlte sich frei und leicht.

Kapitel 1


Alijena saß auf ihrem Bett und kämmte sich de Haare während sie aus dem Fenster nach draußen sah. Der Sturm wütete jetzt ziemlich. Der Wind heulte und einzelne Blätter wirbelten vor ihrem geschlossenen Fenster umher. Der Regen peitschte gegen das Glas und die dunkeln Wolken wurden nicht weniger. Schließlich wandte sie sich ab, glitt mit der Bürste ein letztes Mal durch ihre inzwischen wieder gebändigten glatten Haare und legte sie dann weg. Langsam stand sie auf, trat vor ihren Spiegel und musterte ihr Kleid. Sie wusste, dass heute der Ball war. Der Ball von dem jeder im Dorf schon seit Monaten sprach. Und die ganze Aufregung nur, weil der Prinz des Königreichs, in dem sie als Tochter eines hoch angesehen Adeligen lebte, dort unter den adeligen Frauen seine Gemahlin wählen würde. Sie seufzte. Ihr Vater wollte sie unbedingt mit ihm verheiraten. Sie drehte sie zu ihrem Kleiderschrank der gleich neben ihrem Spiegel stand und öffnete ihn. Lange suchen musste sie nicht, da ihr Kleid nicht zu übersehen war. Der leichte rote Stoff harmonierte perfekt zu ihrem Teint, der etwas dunkler war als es beim Adel üblich war. Sie war nun mal gern an der frischen Luft und in der Sonne. Das Kleid an sich war ein gewöhnliches Ballkleid, jedoch saß es Alijena wie angegossen. Die verschiedenen Rot Töne waren nicht zu aufdringlich. Sie nahm ihre mit Diamanten besetzte Halskette aus einer Schublade und dazu das dazugehörende Armband. Beides hatte sie von ihrem Vater bekommen. Dann stellte sie sich wieder vor den Spiegel und überlegte, wie ihre Haare am Besten aussehen würden. In diesem Moment klopfte es.
„Alijena?“ fragte die tiefe Stimme ihres Vaters. Er trat ein und musterte sie.
„Wie ich sehe bist du fast bereit.“ Er lächelte. Sie nickte und nahm dann ein paar Haarspangen aus der Dose in der sie diese aufbewahrte. Mit einem „Ich sehe dich unten“ verschwand ihr Vater wieder. Geübt steckte Alijena ihre Haare zu einer lockeren aber eleganten Frisur nach oben. Ihr Spiegelbild lächelte sie an. Das einzige was jetzt noch fehlte war Schminke und ihre Schuhe. Sie setzte sich an ihren Schminktisch und trug sich roten Lippenstift sowie schwarze Mascara auf. Ihr schmales Gesicht mit den klaren braunen Augen sowie ihren hohen Wangenknochen, eingerahmt in ihre nussbraunen hochgesteckten Haare, sah nun schon viel besser aus. Der Stuhl ihres Schminktischchens knarzte als sie ihn zurückschob und aufstand. Sie ging wieder zu ihrem Kleiderschrank, holte die zum Kleid gehörenden ebenfalls roten Schuhe heraus, zog sie an und folgte dann ihrem Vater nach unten.
Dieser wartete schon vor der Tür, er hatte die Kutsche vorfahren lassen. Nun wartete William nur noch auf seine Tochter, um sie zum Ball zu geleiten. Er selbst hatte auch seine edelsten Sachen angezogen, da er genau wusste, dass dieser Ball sehr wichtig war. Dort wollte er Alijena mit Prinz Phillip bekannt machen. Er machte sich große Hoffnungen daraus, denn er wollte Alijena mit Phillip vermählen und so seine Zukunft sichern. Deswegen musste heute alles glatt gehen. Er hatte sich schon einen Plan zurecht gelegt, wie er am besten vorging. Aber alles zu seiner Zeit, dachte er sich. In diesem Moment kam Alijena die Treppe herunter. Er musterte sie und musste lächeln. Sie war wirklich atemberaubend schön, vor allem das rote Ballkleid passte ihr wirklich perfekt. Wenn nun der Prinz noch auf sie aufmerksam würde, wäre es ein gelungener Abend.
William und seine Tochter stiegen in die Kutsche wurden direkt vor das Schloss Phillips gefahren, in dem der Ball stattfand. Alijena war noch nie auf dem Grundstück und sah sich staunend um.
„Und hier findet der Ball alle zwei Jahre statt?“ fragte sie ihren Vater. Dieser nickte und antwortete: „Aber dieses Jahr ist er besonders und es werden viele Besucher kommen, da Prinz Phillip seine zukünftige Gemahlin sucht.“ William sah sie an und lächelte. Alijena nickte. Sie wusste, dass sie den heutigen Abend nutzen sollte. Schließlich war sie selbst nicht von dem Wunsch abgetan, Prinzessin zu werden. Davon träumte doch jedes kleine Mädchen. Die beiden gingen also auf das große Hauptgebäude zu. An der Tür wurde nach den Namen gefragt. Da William von Lettershorn zum Hochadel im Königreich gehörte, war dies kein Hindernis.
Als sie den riesigen Ballsaal betraten, wurden Alijenas Augen groß. Noch nie war sie in einem so großen und prächtig geschmückten Saal gewesen. Überall an den Wänden hingen Bilder, der ganze Ballsaal war dekoriert mit festlichen Accessoires. Es waren schon viele der geladenen Gäste eingetroffen. Sie standen immer in kleineren Grüppchen zusammen und redeten, wahrscheinlich über Prinz Phillip. Als Alijena mit ihrem Vater den Saal betrat, wurden die angekündigt. Viele Augenpaare richteten sich auf sie. Selbstbewusst schritt Alijena die Treppe hinunter um auf die eigentliche Fläche zu kommen, auf der der Ball ablief. Als sie durch die Reihen schritt um ihre Freundin Katherine zu begrüßen, folgten ihr die Blicke der Damen. Sie musste lächeln, ihre Ausstrahlung schien anziehend zu sein.
Katherine kam ihr schon strahlend entgegen.
„Alijena! Wunderschön wie immer! Wie geht es dir?“ fragte sie.
Alijena antwortete mit einem Lächeln auf den Lippen: „Meine liebe Katherine, wie schön dich wieder zu sehen. Es geht mir prächtig, und dir?“
Katherine erwiderte, dass sie aufgeregt sei, da bald Prinz Phillip erscheinen würde. Typisch Katherine, dachte Alijena und musste schmunzeln.
Tatsächlich ging in diesem Moment das große Tor auf, durch das Phillip zu kommen pflegte. Alijena warf einen Blick nach vorne. Laut Erzählungen musste Phillip ein hübscher Prinz sein, zudem noch nett und aufmerksam. Solche Prinzen gab es nicht oft, das wusste sie und genau deswegen musste sie sich anstrengen, ihm zu gefallen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.12.2011

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