Cover

Neu


Alles neu, anders, unbekannt.
Hineingestoßen, ins kalte Wasser.
Ein Sprung von der Klippe,
ein Schritt ins Leere.
Hilflos, verloren, unsichtbar.
Sie hat keine Bedeutung,
niemand kennt sie.
Doch die Zeit,
wird das bringen,
was sie hinter sich gelassen hat.

Wie oft?

“Wie oft?”, fragte er verzweifelt. “Wie oft? Wie oft kann ein Herz brechen, bevor es endgültig zerbricht?” Er schrie es hinaus, in die kalte, dunkle Nacht. Das nasse Haar klebte ihm im Gesicht, der Wind peitschte ihm um die Ohren und ließ ihn erzittern. Doch das einzige, was ihm antwortete, war sein dumpfes Echo: ‘Wie oft, Wie oft, Wie oft?’, hallte es durch die Dunkelheit. “Wie oft?”, schrie er erneut, doch seine Kräfte verließen ihn. “Wie oft?” Seine Frage wurde zu einem immer leiser werdenden Flehen, eine stumme Bitte, ein Hilfeschrei. Doch er war verloren in dieser Nacht, unsichtbar für alle anderen. Allein. Er legte sich auf die nasse Wiese, schloss seine Augen. Ob er sich zum Schlafen oder Sterben hinlegte, das wusste er nicht.
Und er war schon fast in den Schlaf gesunken, als man ihm antwortete:
“So oft, wie du dir dein Herz brechen lässt. Erst wenn du aufgibst, wird es endgültig zerbrechen.”

Von Angsicht zu Angesicht


„Nein!“, schrie ich noch verzweifelt, doch ich wusste, dass ich schon verloren hatte. Trotzdem krallte ich mich mit aller Kraft an das Tor, bis das Holz splitterte und meine Hände anfingen zu bluten. Ich merkte, wie der Druck auf mich immer weiter zunahm, bis sich schließlich meine Finger, langsam, schmerzvoll, einer nach dem anderen, aus dem Holz lösten und tiefe Kerben hinterließen. Doch obwohl ich mich nicht mehr festhielt, fiel ich nicht. Ich schwebte, langsam aber sicher, durch das Tor, und ließ das letzte sichere Licht hinter mir. Ich wusste nicht wie mir geschah, doch auf einmal stand ich auf hartem Grund. Der Boden war so hart, kalt, grau und verkündete etwas Unwiderrufliches. Ich konnte mich nicht umsehen, denn ich war wie festgefroren an diesem Stein. Vielleicht wollte ich mich auch gar nicht umsehen, weil ich das, was ich erblicken würde, nicht verkraften würde. Ich war mein ganzes Leben stark gewesen, und ich merkte, wie diese Stärke Stück für Stück von mir abfiel, wie meine Fassade bröckelte. Ich nahm alles viel intensiver wahr, merkte, dass ich einen Beutel in meiner linken Hand trug. Nur unscharf konnte man den Inhalt erahnen, also zog ich verzweifelt an dem Band, welches den Beutel zusammenhielt, bis es nachgab und die Tasche sich mit einem Ruck öffnete. Das erste, was mir ins Auge fiel, war mein rotes Herz-Schmerz-Kissen, was mir meine Freundinnen zu meinem Geburtstag geschenkt haben. Vorsichtig nahm ich es in die Hand, drückte mein Gesicht hinein, um die Tränen zu ersticken, die kamen, als ich an die drei dachte. Schnell waren die wenigen Tränen versiegt, ich hatte es lange Zeit perfektioniert. Wann hatte ich das letzte Mal wirklich geweint? Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? War es richtig oder falsch? Doch hier, in dieser fremden Umgebung, konnte ich nicht zwischen richtig und falsch entscheiden. Schnell griff ich nach dem nächsten Gegenstand, der sich in der Tasche befand. Ich musste gar nicht erst hinsehen, um zu wissen, was es war. Es war der Stein, den meine Schwester mir aus Australien mitgebracht hatte. Das einzige, was ich aus diesem fremden Land, das ich immer schon mal bereisen wollte, hatte. Doch nun war es zu spät, ich würde niemals den roten Sand dieses Landes erblicken. Das nächste, was ich aus dem Beutel fischte, war erneut ein Kuscheltier. Mein Erstes. Ein Hampelmann, grün, orange – ich liebte die Farben immer noch. Ich hatte den Namen von ihm vergessen, aber er war immer in meiner Erinnerung geblieben. Danach angelte ich eine CD aus der Tasche. Ich wusste sofort, dass auf dieser CD meine Lieder waren: Meine absoluten Lieblingslieder, für jede Lebenslage eins, und die Lieder, die ich auf meiner Gitarre versucht habe. Sie sind nicht sonderlich gut geworden, aber immer wenn ich zu meinen Eltern ins Wohnzimmer kam, lief meine CD. Ach, Mom, Dad, hätte ich euch jemals sagen können, wie sehr ich euch liebe? Ich weiß, ich habe nicht viel darüber geredet, aber ich hoffe, dass ihr immer wusstet, wie sehr ich euch liebe. Da mir schon wieder Tränen in die Augen stiegen, griff ich schnell nach dem nächsten Gegenstand. Schnell hielt ich ein Buch in den Händen. Es war nicht sehr dick, aber es enthielt mehr, als jedes andere, welches in meinem Bücherschrank stehen hatte. Vorsichtig blätterte ich durch die Seiten – und erschrak. Es enthielt nicht nur alle meine Lieblingsbücher, sondern auch meine ganzen Sprüche. Und…meine Geschichten! Alle, die ich jemals geschrieben hatte. Wenn mich der Rest des Beutels immer an meine Familie oder Freunde erinnerte, so erinnerte mich dieses Buch nur an mich selbst. Ich war dieses Buch. Ich legte es zurück in die Tasche, zu den anderen Sachen, wo sie gut aufgehoben waren. Ich musste mir den Rest nicht angucken, um zu wissen, dass es nur Dinge waren, die mir viel bedeuteten und mich an die wichtigsten Personen in meinem Leben erinnerten. Ich nahm die Schnur, band den Beutel wieder zusammen und verschloss mit ihm sorgfältig mein Herz. Er kehrte von selbst wieder zurück in meine linke Hand, und dort würde er für immer bleiben. Schweren Schrittes ließ ich mich von der unsichtbaren Macht nach vorne ziehen, setzte einen Fuß vor den anderen, sorgfältig, so als würde ich erst lernen müssen, zu laufen. Krampfhaft umklammerte ich die Schnur des Beutels, während mein Körper mir immer mehr entglitt. Ich sah das Ende, das Ende dieser scheinbar unendlichen Ebene, und steuerte darauf zu. Ich hatte keine Kontrolle mehr über mich, doch es war gut so. Ich drehte mich nicht mehr um, ging keinen Schritt zurück. In dem Moment, als ich das unsichtbare Tor passierte, das letzte, was ich jemals durchschreiten würde, sah ich mich, für einen Moment, so wie ich mich immer hätte sehen sollen. Doch das Bild wich zu schnell einem penetranten schwarz, als das ich es hätte festhalten können. Trotzdem stahl sich ein Lächeln auf mein Gesicht, bevor ich in eine ausdruckslose Starre fiel und nur noch mein Geist weiterlebte. Denn niemand, noch nicht einmal der Stärkste Mensch, konnte den Tod besiegen.

'Jetzt schauen wir in einen Spiegel
und sehen nur rätselhafte Umrisse,
dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.'

Schreib mich doch an!

'Schreib mich doch an!', denke ich nur, doch meine Nachrichten bleiben leer. Ich starre auf den Bildschirm, bis meine Augen ganz trocken werden. Blinzele, trinke einen Schluck, und scrolle gelangweilt durch die Neuigkeiten. Warte auf den Ton, der verkündet, dass du mir endlich geschrieben hast. Ich trinke noch einen Schluck. Reibe mir müde über die Augen, streiche mir die Haare aus dem Gesicht. Gucke auf die Uhr: 00:38. Morgen ist Schule, doch ich denke nicht daran, schlafen zu gehen. Ich klicke dein Profil an, starre sehnsüchtig auf den grünen Punkt hinter deinem Namen. Klicke wieder in meine Nachrichten. Ich habe eine neue Nachricht, blicke Hoffnungsvoll auf den Namen, doch es ist nur eine Klassenkameradin. Ich antworte ihr nicht, sondern warte weiter auf dich. 00:53. Immer noch keine Nachricht von dir. Ich öffne unseren Chatverlauf, doch du hast meine Nachricht immer noch nicht gesehen. Ich stehe auf, mache das Licht in meinem Zimmer aus, setze mich wieder an den Laptop. Doch mein Postfach bleibt leer. 1:12. Zögernd schließe ich alle anderen Fenster, bis auf den Browser, klicke noch einmal dein Profil an, präge mir dein Bild ein und fahre den Laptop runter. Etwas zu fest knalle ich ihn zu, doch es ist mir egal. Langsam lege ich mich in mein Bett, krieche unter die warme, sichere Decke. Checke noch einmal schnell die Nachrichten auf meinem Handy - leer - schalte leise die Musik an, bis sie mich umhüllt und in einen unruhigen, leichten Schlaf sinken lässt.
Dabei hattest du versprochen, dass du mir nicht mein Herz stehlen würdest.

Maske

Welche? Welche nehme ich heute? Sie kniet vor ihrem Bett, wühlt in der Kiste, die inzwischen ihr ganzes Leben bedeutet. Jeden Tag aufs Neue rettet diese Kiste ihren Tag.
Doch welche soll sie nehmen? Die Glückliche? Die Traurige? Die Nachdenkliche? Die Stille? Die Hyperaktive? Sie weiß es nicht. Schließlich greift sie wahllos in die Kiste hinein, nimmt sich die Maske und stülpt sie über ihr Gesicht, damit niemand sieht, wie verzweifelt sie wirklich ist.

Sterben

Du willst wissen, wie ich am liebsten sterben will? Sicher denkst du, ich sage, so wie viele andere, direkt „Im Schlaf“, aber nein, das ist nicht das wichtige. Ich will glücklich sterben. Mir ist es egal, ob ich im Schlaf oder in den Armen meiner besten Freundin sterbe, aber ich will dabei glücklich sein. Ich will nicht sofort sterben, nicht ewig leiden, ich möchte nur genug Zeit haben, um einmal noch über mein Leben nachzudenken, zu sehen, dass es gut war. Ich will Zeit haben, mich von denen, die ich liebe, zu verabschieden. Ja, das ist es. Es wäre für mich das schlimmste, zu sterben, ohne mich verabschieden zu können. Aber ich will nicht ewig leiden und jahrelang nur noch im Bett liegen, ohne wirklich leben zu können – „It’s better to burn out than fade away.“ Ich will, dass es vorbei ist, wenn es keinen Sinn mehr hat. Meinetwegen kann ich auch für jemand anderes sterben, für jemanden, der es verdient hat, weiterzuleben. Aber glücklich, das will ich sein.

Frei

Ihr sagt alle, dass ihr frei seid. Aber seid ihr das wirklich? Seht ihr denn nicht die goldenen Gitterstäbe, hinter denen man euch einzäunt und zusammenpfercht wie eine Horde Wild? Manchmal könnt ihr sie spüren, wenn ihr euch an den Rand eures Käfigs wagt. Doch dann nennt ihr es euren Verstand, der auch davon abhält, unsinnige Dinge zu tun, aber in Wirklichkeit sind es die Gitterstäbe, die euch mit ihren gierigen Klauen wieder in das “sichere” Terrain zurückdrängen.
Manchmal könntet ihr sie spüren, die Gitterstäbe, direkt vor eurem Gesicht, doch ihr seht sie nicht, weil ihr geblendet seid, von dem Gold, aus dem sie sind. Ihr seid nicht frei, ihr wurdet manipuliert. So, dass ihr selbst die größte Gefangenschaft als Freiheit anseht, so lange ihr nicht in Fesseln ans Bett gekettet seid. Aber Freiheit ist so viel mehr als das. Den warmen Sommerwind auf der Haut zu spüren, mit dem Vogelgezwitscher im Morgen aufzuwachen oder mit dem Regen der dir auf die Stirn plätschert einzuschlafen. Doch ich glaube nicht, dass ich mich irre, wenn ich sage, dass ihr das alles erst erleben werdet, wenn ihr das letzte Mal eure Augen schließt.

Für euch :*

Ich wollt mich nur bedanken, bedanken bei irgendwem da draußen, bei irgendwem. Bei dem, der mir die allerbesten Freunde auf der Welt geschenkt hat, die ich über alles liebe und ohne die ich mir ein Leben nicht mehr vorstellen könnte. Es muss nicht Gott sein, dem ich danke, nein, ich danke den dreien einfach nur, dass sie mich so nehmen wie ich bin, mit all meinen Macken und Ticks, mit meiner viel zu ausgeprägten Meinung, mit meinem Sturkopf, mit meinen dummen Sprüchen, mit meinem Hass, den ich manchmal auf sie habe. Ich hab sie dafür lieb, dass sie diese Personen in meinem Leben sind, auf die ich nicht länger als eine Stunde sauer sein kann, egal was sie machen. Ich weiß, dass die drei eigentlich eine viel bessere Freundin verdient hätten, aber ich bin einfach nur glücklich sie zu haben. Und ich bin einer der glücklichsten Menschen der Welt, wenn ich wieder mit euch scheiße bauen darf oder einfach nur mit euch auf dem Bett liegen und reden kann - denn ich weiß, dass ihr immer ein offenes Ohr für mich habt.
Falls einer von euch das liest: Egal was ich mache, ich hab euch furchtbar doll lieb :* Und ich hoffe, dass ich euch noch lange als Freundinnen haben darf, dass es noch lange dauert, bevor unsere gemeinsame Zeit abläuft. ♥

Da ist sie

Da ist sie. Ich sehe sie deutlich, rieche ihr Parfum, das mal wieder zu stark aufgetragen ist. Doch es passt zu ihr. Das ist sie. Ich nehme sogar den Lufthauch war, als sie abrupt neben mir stehen bleibt. Sie streckt mir ihre Hand hin, wie in Trance ergreife ich sie. Wie immer, wenn wir auf etwas Besonderes warten, stehen wir Hand in Hand da. Wir waren immer eins. Und obwohl ich sie mit all meinen Sinnen neben mir spüre, so merke ich tief in mir drin, schmerzhaft, dass sie nicht da ist. Sie steht neben mir, doch in Wirklichkeit befindet sie sich ganz woanders. Lebt in ihrer eigenen Welt. Wie oft ich das schon erleben musste, dass niemand in diese Welt hinein kommt. Noch nicht mal ich, ihre "beste Freundin". Auch wenn es nicht so aussieht: Ich bin allein. Ich stehe neben meiner besten Freundin und bin doch allein. Einsamer, als so manch anderer, der allein ist, ist. Wenn du schon immer allein warst, gewöhnt du dich daran, aber wenn du dachtest, gemeinsam zu sein, ohne zu merken, wie allein du wirklich bist, und diese Erkenntnis irgendwann die schützende Glasschicht durchbricht, dann tut sie die mit einer gewaltigen Explosion, mit vielen Scherben. Wie sonst auch, breitet sich, wenn ich darüber nachdenke, ein flaues Gefühl in meinem Magen aus. Doch heute ignoriere ich es nicht, wie an jedem anderen Tag. Heute lasse ich es raus in die Welt: Ruckartig entreiße ich ihr meine Hand, erstaunt über mich selbst. Doch ich wusste es: Sie dreht sich noch nicht einmal um, als ich von ihr weggehe. Taub ist sie, blind, sieht die Welt nicht. Vielleicht wird sie in einer Woche merken, dass ich nicht mehr da bin, wenn niemand mehr ihre Schultasche trägt. Aber dann, meine Süße, ist es zu spät.

Du schaust mich an

Du schaust mich an,
doch ich weiß besser als du, dass du mich nicht siehst.
Du siehst wie ich aussehe,
nicht wie ich bin.
Du denkst ich bin traurig,
doch ich verstecke meine Fröhlichkeit nur,
damit du sie nicht zerstörst.
Hättest du mehr Zeit für mich,
würdest du mich erkennen.
Würdest du dich mit mir auseinandersetzten,
würdest du mich verstehen.
Doch du gehst weiter,
weil du glaubst, keine Zeit für mich zu haben.
Für dich zählt der erste Eindruck,
würde er für mich zählen, würde ich dich jetzt nicht kennen.

Schlaflos

Schlaflos warf ich mich umher, rollte von links nach rechts, gequält von meinen Gedanken. 'Lasst mich doch schlafen!', rief ich ihnen müde zu, doch sie kannten kein Erbarmen. Immer wieder erinnerten sie mich an das, was ich vergessen wollte. Ich durchlebte es tausendmal aus allen möglichen Perspektiven, bis ich vollkommen verzweifelt und übermüdet im Bett lag. Die Decke hatte ich während meiner Panikattacken und Schweißausbrüchen längst weggestrampelt, ich lag nur noch in Shorts und Top da und fror erbärmlich. Doch ich war unfähig mich zu bewegen, sodass ich bei jedem weiteren Windzug aus meinem offenen Fenster erneut erzitterte. So blieb ich in der Starre liegen, bis der Schlaf mich endlich und doch gleichzeitig viel zu früh überfiel und meine Gedanken verschwimmen ließ.

***

Auch wenn ich schon längst in einen unruhigen Schlaf gefallen war und keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, so blieb die Angst. Die Angst, dass sich morgen Abend alles wiederholen würde. Es war nicht nur eine Angst, sondern eine Gewissheit, denn genauso war es gestern gewesen, vorgestern, vorvorgestern, die letzte Woche, der letzte Monat, das letzte Jahr. Es hörte niemals auf.

Summerrain

Sie steht alleine da, etwas abseits der Straße, wo die Bässe aus den Clubs den Boden vibrieren lassen. Je weiter sie sich entfernt, desto mehr ebben die Klänge der Musik ab, bis es vollkommen still ist. Nur das Plätschern der ersten Sommerregens hallt durch die Dunkelheit. Es ist eine beruhigende Melodie, die einen still und melancholisch und gleichzeitig so unfassbar glücklich macht. Sie geht einen Schritt nach vorne, noch einen, und fängt an zu der Musik in ihrem Kopf zu tanzen. Leise schwebt sie über die Wiese, breitet die Arme aus und dreht sich wie ein kleines Kind, mit einem Lächeln im Gesicht. Ihr Kleid ist schon bald durchnässt, man sieht ihren Bh durchschimmern, doch es stört sie nicht. Es ist niemand da, der es sehen und diesen Augenblick ruinieren könnte. Und trotzdem ist sie nicht einsam. Sie ist vollkommen entspannt und glücklich. Das nasse Gras kitzelt ihre Füße, der sanfte Wind bläst ihr Haar zurück. Er bringt einen unverwechselbaren Geruch mit sich, den Duft eines Sommerregens. Sie atmet tief ein, streckt ihre Nase in den Wind, um so viel wie möglich von dem Aroma aufzunehmen. Das war es, was ihr bei dem kalten, grauen Winterregen gefehlt hatte. Doch sie konnte den Duft nicht wirklich beschreiben. Nach Sommer roch er, nach Leben und Freiheit, und vielleicht ein bisschen nach nassem Heu. Sie nahm noch einen Atemzug voll frischer Luft und ging dann zu der halb verfallenen Holzhütte, die am Rand der Wiese stand. Es war nicht mehr viel davon übrig, eigentlich war es nur noch eine notdürftige Überdachung. Sie legte sich auf den Holzboden, schloss die Augen und ließ sich von der sanften Melodie des Regens in den Schlaf tragen.

Du hast dich verändert

Du schaust in den Spiegel, siehst ein fremdes Gesicht. Erkennst dich selbst nicht mehr, so sehr hast du dich verändert. Du bist anders geworden, in den letzten Jahren. Selbstbewusster, mutiger, lauter. Hast bessere Freunde, ein schöneres Leben. Freust dich an viel mehr Sachen, hast gelernt, das zu schätzen, was du hast. Du bist glücklich, verliebt, ein Mädchen, und hast die üblichen Probleme. Aber bist du überhaupt noch du? Würde dich jemand aus der Grundschule wiedererkennen? Ich bezweifle es. Aber kommt es darauf an? Daran, ob dich jemand wiedererkennt? Ich glaube nicht, dass du dich tief in dir drin verändert hast, du hast nur deine alte Haut abgelegt, wie eine Schlange. Manchmal braucht man sowas, einen Neuanfang. Denn er tat dir gut, weil du dich nicht für andere verändert hast, sondern für dich. Eine Reise zu dir selbst, die vielleicht nie ein Ziel haben wird. Aber ist nicht der Weg das Ziel selbst? In diesem Fall schon, denn du bist glücklich, solange du du bist und du bleibst.

Warum?

Warum?
Wir haben gesagt, dass wir niemals unsere besten Zeiten vergessen werden, unsere Zeit als beste Freunde. Aber ich weiß es, ich weiß es jetzt schon - vielleicht werden wir diese Zeiten nie vergessen, aber wir werden uns immer an unseren größten Streit erinnern. Der Streit, der uns auseinandergerissen hat. Ich vermisse dich. Nein, dich vermisse ich nicht. Ich vermisse die Person, die du warst, die immer für mich da war, jederzeit - aber nur in der Vergangenheit. Ich vermisse unsere gemeinsame Zeit. Aber du hast dich verändert. Ich habe mich verändert. Wir werden nie wieder so sein, wie früher. Ich weiß, ich war dumm, aber ich möchte dich nicht als beste Freundin, so wie du dich jetzt benimmst. Aber du bist immer noch sauer auf mich. Und ich weiß, dass ich niemals eine Chance habe, das Chaos, dass ich gemacht habe, wieder aufzuräumen. Weil du mir nie eine neue Chance geben wirst. Du wirst mir nicht vergeben. Ich kann es in deinen Augen sehen - warum tust du dann noch so, als ob alles gut wäre? Das ist es, was ich hasse. Ich weiß, was du über mich denkst. Aber du tust und sagst niemals das, was du denkst. Du bist zu schüchtern und zu ängstlich, um es mir ins Gesicht zu sagen. Du sprichst nur mit meinen Freunden - vielleicht sind sie auch deine Freunde. Aber du weißt nicht, was sie denken und was sie über dich sagen - ich weiß es. Und ich weiß auch, was du über mich denkst und sagst. Ich bin glücklich. Sehr sogar. Ich habe unsere Zeit nicht vergessen, aber ich habe sie gehen lassen. Vielleicht solltest du das auch tun.

Früher

Erinnerst du dich noch? An Früher? An die Zeit wo wir noch frei waren? Frei und unbeschwert.

An die allererste Zeit als Baby, wo wir dauernd hingefallen sind, und trotzdem jedes Mal immer wieder aufgestanden sind, damit wir laufen gelernt haben. Wo wir die Arme noch nach unserer Mutter ausgestreckt haben, anstatt diese damit wegzustoßen. Die Zeit, wo wir noch Lollys aßen und keine Zigaretten rauchten. An die Zeit, wo der größte Schmerz die Schürfwunde war, die man sich beim Spielen draußen geholt hat. Als Papa der größte und stärkste Bodyguard auf der Welt war, der dich vor allem und jedem beschützen konnte. Als der höchste Platz auf Papas Schultern war und Mama die beste Köchin und tollste im trösten war, als “Mütter tausend Hände hatten”. Als ein Helm und Schoner beim Inlinern noch Schutz bedeuteten und Mädchen sie nur nicht mochten, weil sie damit nicht mehr wie eine Prinzessin aussahen. An die Zeit, wo Papa die Monster unter dem Bett vertrieben hat und man Mama immer so lange genervt hat, bis sie eine Geschichte erzählt hat, damit man einschlief. Als man anziehen konnte wann und was man wollte, weil man sich nicht dafür interressiert hat, was andere von einem hielten. Als unsere Geschwister die größten Feinde waren, die uns schamlos ausgekitzelt haben, bis man sie auf Knien angefleht hat, aufzuhören. Als man das ‘Mensch-ärgere-dich-nicht’ Brett quer über den Tisch geschleudert hat, weil die anderen mehr Männchen im Haus hatten als man selber. Als man die alten Videospiele neu gestartet hat, nur weil man wusste, dass man verlieren würde. Als man aus Verschlusskappen von Flaschen getrunken und so getan hat, als wären es Schnäpse. Als die schwerste Entscheidung war, welches Spielzeug man zum Happy Meal nahm, und Salzstangen Zigaretten wahren. Als man an der Scheibe im Auto zwei Regentropfen beobachtet hat, und geraten, wer schneller ankommt. Als man noch glaubte, dass es den Weihnachtsman und den Osterhasen gibt, und dass Kirschbäume im Bauch wüchsen, nur weil man einen Kirschkern verschluckt hatte. Als wir unsere Eltern noch vermissten, anstatt sie peinlich zu finden.

Erinnerst du dich, wie Frei und unbeschwert wir waren? Und trotzdem konnten wir es nicht erwarten, erwachsen zu werden.

Angst

Weißt du, wo vor ich Angst habe?
Davor, dass es zu schnell vorbei ist.
Dass es endet, bevor es wirklich begonnen hat.
Dass es zu spät ist, und ich noch nicht alles erlebt habe.
Dass ich das Wichtigste im Leben verpasse.

Sonnenuntergang

Als ich der untergehenden Sonne hinterherblickte, fragte ich mich, ob ich dich für immer verloren hatte und du nur, wie dieser Augenblick, in meinem Herz bleiben würdest. ♥

Schicht für Schicht

Schicht für Schicht, immer und immer wieder reibe ich über meine Augen, warte darauf, bis auch der letzte Rest Schwarz von meinen Wimpern gewichen ist. Ich blicke in den Spiegel, scheu, aus Angst, was ich sehen würde. Doch das einzige, was mich im Spiegel ansah, war ein Mädchen, ein Mädchen, das viel zu jung für all dies war. Das einfach mit den anderen mitging, obwohl es ein Jahr jünger war. Das im Geist jedoch schon so viel weiter war, das so vieles übersprungen hatte, was sie selbst hätte erleben müssen. Ich blickte sie immer noch verängstigt an, verängstigt vor mir selbst. Als ich auf die tausend schwarzen Abdecktücher, die sich auf dem Rand des Waschbecken stapelten, starrte, kam ich mir vor wie ein Fremder. Das war ich nicht, ein Mädchen, dass sich hinter ihrer Schminke versteckte. Schnell warf ich die Tücher mitsamt meiner aktuellen Wimperntusche in den Müll, wo sie für immer bleiben sollten, nahm zögerlich meine alte Wimperntusche in die Hand, tuschte einmal sanft über meine Wimpern, sodass man es kaum sah und setzte zum ersten Mal seit langen ein wahres Lächeln auf. Im Spiegel sah mich daraufhin ein zufriedenes, natürliches, junges Mädchen an, das ich schon fast vergessen hatte und das mir doch vertrauter war als alles andere; ein Mädchen, das noch ihr ganzes Leben vor sich hatte. Und so sollte es bleiben, für jetzt, für den Augenblick, für mich. ♥

Lügen

Ich hab es satt, dass niemand mir die Wahrheit sagen will. Alle meinen, ich würde es nicht verkraften, aber ich halte diese Lügen nicht mehr aus. Merkst du nicht, dass ich, je mehr du mir versicherst, dass es kein Fake ist, dir immer weniger glaube? Sag mir doch einfach die Wahrheit, einmal, ohne 'vielleicht', 'wenn' und 'aber'. Ich will es wissen, verstehst du das nicht? Ich bin stärker als du denkst, habe mehr überstanden, als du glaubst. Ich würde es verkraften.

Da, wo ich ich sein kann

“Nein!”, schrie ich fast panisch, “ich stehe nicht auf!” Doch meine Mutter ist erbarmungslos, verlässt mein Zimmer erst, als sie die Decke weggezogen und das Rollo hochgemacht hat. Verbissen kneife ich die Augen zusammen. Ich will nicht aufstehen, nicht sehen, wie es draußen aussieht, nicht fühlen, was für eine Leere herrscht. Ich fange an zu frieren, weil ich nur in meiner kurzen Shorts und einem Top im Bett liege. Kalter Wind zieht durch das offene Fenster hinein, hinterlässt eine Gänsehaut auf meinen Armen und Beinen. Ich rolle mich zu einer Kugel zusammen, reibe die Füße aneinander, um sie zu wärmen. Doch mir wird immer kälter. Ich springe auf, als eine Schneeflocke aus dem Fenster auf mein Gesicht trudelt, und schnappe mir meine Decke. Schützend krieche ich wieder in mein Bett, verstecke mich vor der Welt da draußen, bin geborgen unter meiner Decke, da, wo alle meine Gefühle und Gedanken sind, da, wo ich die sein kann, die ich bin, und kein falsches Lächeln aufsetzten muss, da, wo ich Ich sein kann.

Weil ich dich verdammt noch mal liebe ♥

Warum ich mich verändere, fragst du? Warum ich kalt bin? Weil ich Angst habe, entäuscht und verletzt zu werden. Weil ich Angst habe, von dir verlassen zu werden. Warum ich keine Gefühle zeige, fragst du? Weil ich Angst habe, dass du sie nicht erwiderst. Weil ich Angst habe, dass du mich nicht ernst nimmst. Warum ich vor deinen Berührungen zurückschrecke, fragst du? Weil ich Angst habe, dich nie wieder vergessen zu können. Weil ich Angst habe, du meinst es nicht ernst. Warum ich nicht rede, fragst du? Weil ich Angst habe, du lachst über mich. Weil ich Angst habe, du könntest mich dafür hassen. Warum ich Angst habe, fragst du? Weil ich dich verdammt noch mal liebe.♥

Pure Angst

Pure Angst. Ich verspüre nichts anderes mehr, außer dieser stechenden Angst, und der Panik, dass es gleich vorbei sein könnte. Ich höre schön die Krankenwarensirenen und sehe die entsetzten Gesichter meiner Eltern im Geiste vor mir. Es ist nicht der stechende Schmerz im Nacken und Rücken, sondern die Todesangst, die mich lähmt. Ich liege regungslos da und schreie um mein Leben, doch niemand kommt. Niemand hilft mir, ich bin mir sicher, ich werde an einem Genickbruch sterben. Ich schreie weiter, doch die Luft darunter wird immer knapper. Ich habe Angst, dass ich hier niemals wieder rauskomme, dass ich sterben muss, bevor ich wirlich gelebt habe. Immer noch schreie ich, doch langsam gebe ich auf, weil es keinen Sinn hat, weil niemand mich retten wird...als plötzlich der Druck auf meinem Rücken aprubt endet und ich fast nach hinten geschleudert werde. Ohne Vorwarnung breche ich in Tränen aus, sie laufen mir ohne Halten über die Wange. Es dauert eine Weile, bis ich merke, dass ich noch lebe.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.04.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
meinen gedanken *-*

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