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DER WEIHNACHTSOPA

„Ich kann es nicht mehr hören,ewig dieses Gedudel, diese Weihnachtsmusik,nein, das nervt“,so brummelte er vor sich hin, während er sich durch das Gedrängel in der City schob.
Meine Güte, ist das wieder voll. „So passen sie doch auf, sie dumme Kuh“, knurrte er die junge Frau an, die mitten im Gewühle wie verloren stand.
Er sah sie kaum richtig an, es war ihm auch egal, andere Menschen interessierten ihn seit langem nicht mehr.
Er interessierte ja auch keinen mehr, seit seine Frau tot war, keiner rief ihn an und Besuch, den hatte er lange nicht gehabt,wollte er auch nicht.
Reichte schon, wenn er mitbekam, wenn seine Nachbarin wieder von ihren ach so süßen Enkeln schwärmte, es grauste ihn beinahe. Dieses sentimentale Geschwätz, nein, das brauchte er nun wirklich nicht.
Mitten in diese Gedanken hinein, zupfte irgendwas an seinem Hosenbein.Missmutig strich er mit der Hand darüber, sah gar nicht hin.
Und berührte eine Hand..kleiner als die seine, ja, deutlich kleiner.
Also blieb ihm nichts anderes übrig, als hinzusehen, was ihn da so störend aus seinem Unmut riss..ein Mädchen, vielleicht vier Jahre alt,schätzte er.
Woher sollte er das so genau wissen, seine Ehe war ja kinderlos geblieben..zum Glück, war ihm doch sicher einiges erspart geblieben...ach so, ja, das Kind.
Guckte ihn so an, völlig unbeeindruckt von dieser Miene, die anderen doch deutlich machte, der Träger dieses faltigen Gesichtes will seine Ruhe und in diesen Kinderaugen glitzerte es verdächtig.
„Du, hör mal, weisst du, wo meine Mami ist,auf einmal war sie weg..“ „Ist mir doch egal, vorher soll ich das wissen, du dummes Gör“...formte sich in seinem Kopf, doch heraus kam..“Oh, schau an, wer bist denn du?“ Nach ein paar Minuten wusste er, sie hiess Mona,wohnte in dem blauen Haus, dem großen,ihre Mama ist sooo hübsch wie ein Engel und heisst Lisa.
Papa hat früher immer irgendwas von seinem Bild erzählt,aber das versteht sie nicht,jetzt ist der im Himmel, mit Opa und Oma und Mama ist auch weg...all das sprudelte nur so aus dem Kind heraus. Inzwischen hatte sie wie selbstverständlich seine Hand genommen, vertrauensvoll.“Komisch, warum ausgerechnet ich“, zog es kurz durch seine Gedanken. Das große blaue Haus, konnte das sein, dass sie ausgerechnet in seinem Haus wohnte, war die kleine eine Nachbarin?
Er ging mit ihr durch die City, sprach einige Menschen an, ob sie vielleicht helfen könnten “..meine Güte, sind die unfreundlich, manche hören gar nicht hin...“
„MAMA..da, da ist sie ja...“, strahlend stürmte Mona auf die junge Frau zu..oh..die dumme Kuh von vorhin..dabei liess sie seine Hand nicht etwa los, nein, sie zog ihn trotz ihrer Jugend kräftig mit.
„Schau, das ist mein Schutzengel, der hat mich gefunden und geholfen dich zu suchen“
Freude auf beiden Seiten, Tränen in den Augen der Mutter...er drehte sich um, wollte nicht stören..
„Bitte, Herr Krüger, bleiben sie doch!“..“Sie kennen mich?“
Sie seien doch Nachbarn, seit knapp drei Wochen, sie habe ja auch bei ihm geschellt, um sich vorzustellen, aber..ja, die Schelle hatte er, wie so oft ignoriert...
Vier Wochen später saßen die drei bei Herrn Krüger im Wohnzimmer..weihnachtlich sah es hier aus..seit Jahren das erstemal wieder..Plätzchen, nein, die hatte er nicht gebacken, das hatte Lisa gemacht, die ihn lächelnd ansah..ihren Schutzengel.
Adoptiert hatte ihn Mona, er war ihr Weihnachtsopa, so nannte sie ihn...auf ihrem Wunschbrief hatte sie genau so einen Opa gemalt...sie wusste, sie war ja schon ein großes Mädchen, dass ihr Papa bei den Engeln war und auch als Weihnachtsgeschenk käme er nicht wieder..aber gegen einen Opa hatte wohl der Weihnachtsmann nichts einzuwenden...


© by Nadja Close

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Tag der Veröffentlichung: 31.01.2011

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