Cover

Wie Zucker im Regen

 

  Skye hoffte inständig, dass es noch nicht zu spät war, um in ihr Klassenzimmer zurückzukehren und von dort den vergessenen Regenschirm zu holen. Sie hatte sich leider erst wieder an ihn erinnert, als sie sich längst auf halbem Wege zur Bushaltestelle befunden und die dunklen Wolken bemerkt hatte, die sich am Himmel sammelten.

  Deswegen musste sie nun rennen und ihren eigenen Schritten lauschen, wie sie durch die dunklen und leeren Flure ihrer Schule hallten. Es herrschte Totenstille, keiner war mehr da, selbst die Lehrer hatten sich längst verzogen. Kein Wunder, denn immerhin wollte niemand am letzten Schultag vor den Ferien extra länger in der Schule bleiben.

  Eigentlich hätte Skye sich gar nicht erst die Mühe gemacht, den ganzen Weg zurückzulaufen, doch es dauerte immer eine gewisse Zeit, bis ihr Bus kam und die Wahrscheinlichkeit, dass sie beim Warten unterm Regen stehen müsste, war groß. Sie wollte nicht das Risiko eingehen, völlig durchnässt nach Hause zurückzukehren und sich am Ende eine Erkältung einzufangen. So sollten keine Ferien beginnen.

  Sie bog gerade um die Ecke und war fast am Ziel, als sie sah, dass jemand vor der Tür zu ihrem Klassenzimmer stand und gerade abzuschließen schien. „Halt!“, keuchte sie und winkte beim Laufen mit einer Hand, bevor sie nach Atem ringend ihr Tempo drosselte. „Halt. Ich habe was vergessen“, brach sie hervor.

  Der Junge hob den Kopf und sah sie überrascht an. Offenbar hatte er nicht erwartet, noch jemanden anzutreffen. Skye kannte ihn, sein Name war Connor. Sie hatten ein paar Kurse zusammen.

  „Was willst du denn?“, fragte er mit gerunzelter Stirn, als sie vor ihm stehen blieb. Connor war mindestens einen ganzen Kopf größer als Skye, was dadurch, dass er seine braunen Haare leicht hochgekämmt hatte, stark betont wurde.

  „Mein Regenschirm“, murmelte Skye und sah zu ihm auf. „Lass mich ihn bitte holen.“

  „Geht leider nicht“, sagte er und zuckte mit den Schultern.

  „Wieso nicht?“, fragte Skye und blinzelte verwundert. Sie kannte Connor nicht besonders gut, war sich aber sicher, dass er kein Rüpel war. Vielleicht nicht die netteste Person, aber sicher nicht einer von denen, die nichts Besseres zu tun hatten, als irgendwelche Mädchen zu nerven und sie herumzuschubsen.

  „Die Putzfrau hat mich gebeten, alles, was in den Klassen vergessen wurde einzusammeln und zu ihr zu bringen. Dann sollte ich noch abschließen und die Schlüssel hinterher im Sekretariat abgeben.“ Er räusperte sich. „Genau weiß ich das nicht, aber mit ziemlicher Sicherheit ist die Putzfrau bereits weg, und mit ihr auch dein Regenschirm.“

  „Super!“, sagte Skye sarkastisch und verdrehte die Augen. Dann lächelte sie ihn schief an, wobei ihr Blick verriet, dass in Gedanken sie ihm die Schuld an all dem gab. „Vielen Dank.“

  „Ich konnte doch nicht wissen, dass du noch hier angerannt kommen würdest“, erwiderte Connor genervt, bevor er sich den Schlüssel in die Tasche steckte und ihr den Rücken zukehrte. Auf eine Entschuldigung konnte sie wohl bei diesem Kerl lange warten.

  „Wohin mit dir?“, fragte Skye, als er langsam den Gang entlang davon schlenderte.

  „Hörst du nicht zu? Ins Sekretariat, die Schlüssel abgeben“, rief er gelangweilt über die Schulter, bevor er hinter der nächsten Ecke verschwand. Und weg war er.

  Skye stand wortlos da, während sie spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. Für gewöhnlich war sie ein höflicher und erzogener Mensch – es sei denn, irgendwelche Typen wie Conner kamen auf diese Art und Weise bei ihr an und verschwanden hinterher einfach. Denn dann war Schluss mit lustig.

  „Verreck“, dachte sie finster, bevor sie sich zum Ausgang des Gebäudes begab. Skye verzog das Gesicht, als sie hinaustrat und sah, dass bereits die ersten Regentropfen vom grauen Himmel fielen. Es war kalt und sie knöpfte ihre Jacke etwas fester zu, während sie ihre Tasche an sich drückte, um sich ein wenig wärmen zu können.

  „Schade, dass ich heute keine Kapuze habe“, dachte sie, als sie schließlich losging. Die Bushaltestelle war nicht weit entfernt, trotzdem aber nicht nah genug, um trocken zu bleiben. Skye strich sich die bereits wässrigen Haare aus dem Gesicht, während sie versuchte, nicht in Pfützen zu treten. Sie hätte rennen können, aber das würde nichts nützen. In der Zeit, in der sie auf den Bus warten müsste, würde sie ohnehin nass werden.

  Für einen kurzen Moment fragte sich Skye, wie Connor wohl nach Hause kommen würde. Ob er auch durch den Regen laufen müsste? Verdient hätte er es zumindest – oder vielleicht würde Kai ihn mit seinem neuen Wagen abholen? Der Gedanke jagte Skye eine Gänsehaut über den Körper und ließ sie nur noch mehr zittern.

  Die Wahrheit war, dass Skye sich vor ungefähr zwei Jahren in Kai, Connors älteren Bruder verguckt hatte. Damals war sie in der neunten Klasse gewesen und es hatte eine Art Projekttag stattgefunden, an dem ihre Jahrgangsstuffe mit den Elftklässlern ein Fest organisiert hatte. Dort hatten sich die beiden kennengelernt, auch wenn er sie vermutlich längst vergessen hatte.

  Kai hatte dieses Jahr seinen Abschluss gemacht und seitdem hatte Skye ihn nie wieder gesehen. Sie war damals zu schüchtern gewesen, um ihn anzusprechen und bereute es heute sehr, sich damals nicht getraut zu haben, ihn nach einer Beziehung zu fragen. Möglicherweise hatte es daran gelegen, dass er zwei Jahre älter war als sie. Bis dahin hatte sie nämlich nur gleichaltrige Freunde gehabt und selbst mit denen war es nicht immer gut gelaufen.

  Vielleicht hatte es aber auch einen anderen Grund gegeben, selbst wenn Skye nicht genau sagen konnte, welchen.

  „Hey!“ Verwirrt drehte sich das Mädchen um, als sie die bekannte Stimme hinter sich hörte. Da sah sie Connor, wie er ihr hinterher lief und – wen wunderte es? – einen ausgebreiteten Regenschirm in der Hand hielt. „Wieso bist du denn schon los?“, fragte er, als er sie eingeholt hatte. Sein Gesicht war ein wenig gerötet von der Kälte, doch ansonsten schien bei ihm alles in Ordnung zu sein. Ganz im Gegensatz zu ihr.

  „Was hätte ich denn sonst tun sollen?“, schnappte Skye und schlang die Arme um sich. Ihre Lederjacke brachte gar nichts. Ihr war so kalt, dass sie förmlich spüren konnte, wie sich ihre Haut blau färbte. Außerdem klebten ihr die blonden Locken am Kopf und sie konnte sich vorstellen gerade nicht unbedingt den besten Anblick zu bieten.

  „Warten?“, sagte Connor schnippisch, während er neben ihr stehen blieb. Er hielt seinen Regenschirm so, dass sich zwei Personen darunter hätten stellen können und Skye trat neben ihn. Als sie sich endlich wieder im Trockenen befand, strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und prüfte, ob ihre Schminke verlaufen war, aber es war alles in Ordnung.

  Als sie fertig war, fiel ihr auf, dass Connor sie schmunzelnd beobachtete. Er konnte lachen, schließlich war er trocken geblieben. „Was grinst du so?“, fuhr sie ihn an und warf ihm einen giftigen Blick zu.

  „Nichts“, sagte er und schüttelte amüsiert den Kopf, das Lächeln wurde sogar noch ein wenig breiter. Obwohl er nichts sagte, wusste Skye, dass er sich über sie lustig machte. Und das machte sie nur noch wütender.

  „Dann lass uns gehen.“      

  „Du kannst das übrigens nach den Ferien mit der Putzfrau klären“, sagte Connor, als die beiden losgingen. Die Straße war leer, die meisten Fenster geschlossen und es fuhren nur hin und wieder Autos an ihnen vorbei, die schon an der nächsten Kreuzung wieder verschwanden.

  „Was denn?“

  „Na, die Sache mit deinem Regenschirm“, erklärte Connor, als sie um eine Ecke bogen. „Du müsstest ihr sagen, dass er dir gehört und fragen, ob du ihn wiederbekommst. Du warst vorhin so sauer, da dachte ich, ich sollte dich lieber noch einmal daran erinnern.“

  „Ah, danke“, murmelte Skye unbehaglich. Inzwischen war ihr ihr kleiner Wutausbruch von vorhin peinlich, immerhin war es ja nicht wirklich Connors Schuld gewesen, dass das alles passiert war. Am Ende war es ja doch sie selbst gewesen, die den Regenschirm vergessen hatte. Natürlich würde sie das jedoch niemals offen zugeben.

  „Bist du noch wütend?“, wollte er wissen.

  „Nicht wirklich, nein.“

  Es entstand eine peinliche Stille zwischen den beiden, während nur das Wispern des Regens um sie herum zu hören war. Skye und Connor blieben vor einer Ampel stehen und warteten, bis diese grün wurde.

  „Und wie geht es Kai so?“, fragte Skye so beiläufig wie möglich – teilweise aus ehrlichem Interesse, teilweise aber auch, weil sie dieses herrschende Schweigen nicht länger hinnehmen konnte.

  „Wie soll’s dem schon gehen?“, fragte Connor abwesend. „Hat ein Praktikum bei so einem Laden angefangen, arbeitet manchmal sogar spät in der Nacht. Er will bald ausziehen, um mit seiner neuen Freundin leben zu können. Vorher wollen die beiden aber noch in diesen Ferien zusammen in den Urlaub fliegen. Irgendwohin, wo es warm ist.“

  „Ah“, flüsterte Skye trocken. Ihr Gesicht gefror ganz von allein zu einer steinernen Maske. „Wie schön für ihn.“

  Die Ampel wurde endlich grün und die beiden liefen auf die andere Straßenseite. Nicht weit entfernt sah Skye bereits die Haltestelle. Heute erschien ihr der Weg nicht ganz so weit, wie gewöhnlich.

  „Und was ist mit dir? Fliegst du in diesen Ferien irgendwohin?“ Connor wandte sich ihr zu und zum ersten Mal fiel ihr auf, wie ähnlich er seinem Bruder eigentlich sah. Der einzige, wirklich richtige Unterschied war vermutlich, dass seine Züge etwas sanfter waren. Skye mochte das.

  Sie grinste leicht. „Ich geh nur nach Gammlerland. Für was anderes reicht das Geld in diesem Jahr leider nicht. Ziemlich scheiße, da alle anderen mal wieder weg sind. Was ist mit dir?“ Tatsächlich war es so, dass dieses Jahr Skye die einzige von ihren ganzen Freundinnen war, die zu Hause blieb. Sie konnte sich nicht im Geringsten Vorstellen, was sie in den folgenden zwei Wochen unternehmen sollte.

  Connor sah nicht wirklich begeistert aus, als er ihr von seinen Plänen erzählte. „Fahre für ein paar Tage zu Verwandten. Die leben in einem Dorf, das so ziemlich am Arsch der Welt liegt, also kannst du dich über Gammlerland noch freuen. Im Vergleich, hast du dieses Jahr einen Luxusurlaub.“

  Er schmunzelte und Skye ließ sich gegen ihren Willen anstecken. Connors Lachen war wirklich süß – was seltsam war, denn Kais Lachen war damals vermutlich das einzige gewesen, was Skye an ihm nicht attraktiv gefunden hatte. Es hatte immer so hohl geklungen. Bei Connor war es locker, und vor allem ehrlich.

  „So schlimm wird es bestimmt nicht“, versicherte Skye und grinste innerlich. Natürlich würde es schlimm werden. Aber sie war nicht gemein genug, ihm das noch mehr reinzudrücken.

  „Sicher“, meinte Connor sarkastisch und verdrehte die Augen. „Nur eben ohne Internet, Handy, richtiges Fernsehen …“

  „Sag bloß, deine Verwandten haben keinen Fernseher“, wunderte sich Skye und bekam für einen Moment sogar Mitleid.

  „Doch, natürlich. Sie haben aber auch ein kleines Kind, das ihn den ganzen Tag in Anspruch nimmt. Weißt du, was die Kleine die ganze Zeit guckt? Pucca. Oder wenn ich Glück habe steigt sie ausnahmsweise mal auf die Sesamstraße um.“ Connor lachte und Skye konnte nicht verhindern, dass ihre Mundwinkel unkontrolliert zuckten, obwohl sie mit aller Kraft versuchte, dagegen anzukämpfen.

  Die beiden unterhielten sich noch ein wenig, bis sie an der Bushaltestelle ankamen. Obwohl der Bus in ein paar Minuten kommen müsste, war außer ihnen keiner mehr da. Skye vermutete, dass alle bereits zu Hause waren und die letzten Sachen für den Urlaub packten.

  „Wann kommt der Bus?“, wollte Connor wissen.

  „In ein paar Minuten, nehme ich an“, sagte Skye und fragte sich, wieso er das nicht wusste, wenn er ebenfalls zu dieser Haltestelle musste.

  „In Ordnung. Dann warten wir.“

  Die alt bekannte Stille kehrte zurück, als die beiden schweigsam zusammen auf den Bus warteten. Skye wusste nicht, wohin sie blicken sollte, während Connor völlig gelassen zu sein schien. Das Mädchen spielte immer wieder mit den Ärmeln ihrer Jacke, strich sich das Haar aus der Stirn oder ließ ihren Blick eilig von einem Punkt zum nächsten huschen.

  „Übrigens … wollte ich mich noch entschuldigen“, steuerte sie an und versuchte, einen lässigen Eindruck zu machen. Die Röte, die ihr dabei ins Gesicht stieg, half nicht wirklich.

  „Wofür?“ Connor runzelte die Stirn.

  „Dsidivoheangesrinabe“, nuschelte Skye, die, wie man schnell bemerkte, kein Meister im Entschuldigen war. Sie biss sich verlegen auf die Lippen, als ihr bewusst wurde, dass er vermutlich kein Wort verstanden hatte.

  „Was?“

  „Dass ich dich vorhin so angefahren habe“, wiederholte sie, dieses Mal lauter und deutlicher, aber auch mit einem ziemlich betretenen Gesichtsausdruck.

  Connor blinzelte verwirrt, grinste dann und stieß sie leicht an, wie es manchmal die Jungs unter sich taten. „Schon vergessen. Hab mich zuerst aber richtig gewundert, wie schnell so ein Zwerg ausrasten kann, als du mich angemotzt hast.“

  Skye stemmte die Hände in die Hüften, stellte sich auf die Zehenspitzen und hielt den Kopf hoch erhoben, in der Hoffnung, dadurch größer wirken zu können. „Wen nennst du hier Zwerg, du Schleimer?“

  „Schleimer?“

  „Ich kenne niemanden sonst, der der Putzfrau am letzten Schultag freiwillig helfen würde. Was hat sie gemacht? Hat sie dir dafür gestohlene Lösungen von Lehrern verkauft?“ Skye hob die Augenbrauen und sah ihn an, als wäre er ein Schwerverbrecher. Ihr war bewusst, wie kindisch sie sich gerade verhielt, aber ein wenig Spaß musste nun mal sein.

  „Musste sein“, sagte Connor. „War eine Strafe.“

  „Wofür?“

  „Na ja, ich habe … ein wenig Mist gebaut. Ein winziger Unfall im Chemieunterricht, eigentlich ganz harmlos. Die Lehrer mögen es aber nicht, wenn man mit Feuer rumspielt, während Chemikalien in der Nähe sind. Den Rest der Geschichte kannst du dir sicher selbst denken.“ Er leckte sich einmal über die Lippen und grinste.

  „Hatte das zufälligerweise etwas mit dem Feueralarm von letzter Woche zu tun?“, fragte Skye und sah seinem Gesicht an, dass sie voll ins Schwarze getroffen hatte.

  „Wär möglich.“

  „Falls ja, dann danke ich dir vom ganzen Herzen“, sagte Skye mit gedehnter Stimme und klopfte ihm sacht auf die Brust. „Ohne diesen Feueralarm wäre meiner Lehrerin bestimmt aufgefallen, dass ich meine Hausaufgaben erst in der Pause vor der Stunde erledigt habe – so scheiße, wie diese geschrieben waren.“

  „Immer wieder gern“, antwortete Connor und verbeugte sich. „Sag einfach bescheid, wenn ich das nächste Mal die Schule für dich abfackeln soll.“

  „Mach ich vielleicht sogar“, überlegte Skye spielerisch, bevor ihr Blick zum Haus gegenüber von ihnen wanderte. Sie stellte fest, dass eine ältere Dame die beiden vom Fenster aus beobachtete und entzückt lächelte.

  Augenblicklich lief Skye rot an.

  „Da kommt der Bus“, sagte Connor plötzlich.

  Skye sah vom Fenster weg und guckte auf die Straße. Das Fahrzeug rollte unendlich langsam über den nassen Asphalt und kam immer näher.

  „Ich dachte schon, er würde nie kommen“, sagte Connor.

  „Der fährt auch nur zwei Mal in der Stunde. Das ist eindeutig zu wenig, wenn man bedenkt, dass hier in der Nähe eine Schule ist.“

  „Skye …“

  „Hmm?“, machte sie und sah ihn an. Erst jetzt bemerkte sie, dass er ihr Gesicht angestrengt musterte. Connor beugte sich vor und fixierte sie, ohne zu blinzeln. Skye hielt den Atem an, als sein Gesicht nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt verharrte. Er würde doch nicht ..?

  Nein. Doch. Vielleicht.

  Sie spürte wie ihr Herz zu rasen begann und ballte die Hände zu Fäusten zusammen. Sie schluckte und sah ihm in die Augen. Und in dem Augenblick glaubte sie zu wissen, warum sie sich damals gescheut hatte, Kai nach einer Beziehung zu fragen. Weil ihr dieses warme Kribbeln im Magen gefehlt hatte, das sie in diesem Moment spürte. Es war einfach nicht da gewesen.

  Als Connor seine Hand nach ihrem Gesicht austreckte und sie für wenige Sekunden glaubte, er würde sie küssen, strich er bloß über ihre Wange und zog sich wieder zurück. „Du hast da was“, sagte er und hielt ihr seinen Zeigefinger hin, auf dem ihre Wimper lag. „Jetzt kannst du dir was wünschen.“

  Die Enttäuschung war groß. Skye rang sich dennoch ein Lächeln ab, nahm einmal tief Luft und pustete.

  Was sie sich gewünscht hatte, würde sie vorerst für sich behalten.     

  „Dann gehe ich jetzt lieber“, sagte Connor, als der Bus sie fast erreicht hatte.

  Skye blickte ihn überrascht an. „Wohin denn?“

  „Nach Hause“, antwortete Connor, als wäre das ganz selbstverständlich.

  „Fährst du nicht mit dem Bus?“

  „Ich wohn doch in einer ganz anderen Richtung.“

  „Aber wieso bist du dann mit mir den ganzen Weg hierher gelatscht?“, platzte es ihr heraus.

  „Weil ich nicht wollte, dass du schlecht gelaunt durch die Gegend läufst.“ Mit einem verschmitzten Lächeln fügte er hinzu: „du siehst nicht hübsch aus, wenn du wütend bist. Die Leute hätten sich erschreckt.“

  „Idiot“, zischte sie und stieß ihn weg, während der Bus vor ihnen anhielt. Connor lachte laut, als er ihren Schmollmund sah und Skye beeilte sich, in den Bus zu kommen.    

  „Wir sehen uns dann irgendwann“, rief er, bevor sich die Tür schließen konnte. „Ich ruf dich in den Ferien mal an, in Ordnung?“

  „Wie du willst“, sagte sie, bevor sie sich ein Ticket kaufte und sich in den hintersten Teil des Busses verzog. Ihr fiel auf, dass sie dabei von den Blicken der sitzenden Leute verfolgt wurde und manche von ihnen sogar miteinander tuschelten.

  Als sie endlich saß und der Bus sich in Bewegung setzte, starrte sie aus dem Fenster und drückte ihre Tasche an sich, als sie an Connor vorbeifuhren, der wieder in die Richtung schlenderte, aus der sie zusammen gekommen waren.

  Er hatte gesagt, er würde sie anrufen. Skye lächelte.

  Vielleicht würden diese Ferien doch nicht soo langweilig werden.

 

Ende

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 02.09.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /