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Der Ruf der Freiheit




Sicht Khalisi




Ich fixiere den schwarzen Punkt der Zielscheibe und dann lasse ich die Bogensehne aus meinen Fingern gleiten und der Pfeil schnellt nach vorne und bohrt sich in die Mitte des Punktes. Ich grinse innerlich, ehe ich den nächsten Pfeil einlege und mich wieder auf die Zielscheibe konzentriere. Erneut lasse ich die Sehne aus meinen Fingern gleiten und der Pfeil bohrt sich neben den anderen ins Schwarze. Diesen Vorgang wiederhole ich noch ein paar Mal. Nur einer der Pfeile befindet sich nicht ganz im Schwarzen. Zufrieden gehe ich zur Zielscheibe und ziehe die Pfeile heraus und stecke sie zurück in den Köcher. Danach entspanne ich die Bogensehne und packe meine Sachen zusammen. Ich wende mich vom Übungsplatz ab und gehe in ein in eine steinernes Haus. In diesem Haus befindet sich ein Teil der Königlichen Waffenkammer. Ich stelle meinen Bogen an den vorgesehenen Platz und hänge den Köcher daneben an die Wand. Als alles an einem Platz ist wende ich mich ab und gehe wieder nach draußen. Kurz blicke ich mich um, doch ich kann niemanden sehen, also schlage ich den Weg nach rechts eine und zwänge mich zwischen der Mauer der Waffenkammer und der Burgmauer hindurch. Ein Stück gehe ich den schmalen Weg entlang, bevor er immer breiter wird. Als ich zu den Büschen komme knie ich nieder und schiebe die Äste auseinander. Dahinter befindet sich ein Loch in der Wand, durch das sich ein zierlich gebauter Mensch hindurchzwängen kann. Geübt krieche ich durch das Loch und die dahinterliegende Wildnis aus Büschen hindurch. Danach springe ich auf und werfe sicherheitshalber einen Blick durch den Wald. Aber auch hier kann ich niemanden erkennen, also laufe ich los. Ich überwinde die Hindernisse die sich mir stellen mühelos. Ich springe über kleine Felsen und umgestürzte Bäume. Klettere über die großen Felsen und schwinge mich mit Hilfe von Ästen über kleine Gräben und sumpfige Stellen. Mit diesem Lauf versuche ich meine allgemeinen Fähigkeiten etwas auszubauen, damit ich mich in Notfällen schnell flüchten kann. Langsam lichtet sich der Wald etwas und ich kann schon die feuchte Seeluft riechen. Dann sehe ich der See zwischen den Bäumen blau glitzern. Voller Vorfreude laufe ich noch schneller und weiche geschickt den Bäumen aus. Am Rand der Lichtung bleibe ich jedoch stehen und blicke mich kurz um ehe ich weiterlaufe. Ich laufe zu einem kleinen Felsenen der in den See hinausragt. Ich laufe auf den See zu ohne langsamer zu werden. Am ende des Felsen springe ich ab und mache einen Kopfsprung in den Kühlen See. Als mein Körper mit dem kühlen Wasser in Berührung kommt zucke ich kurz zusammen. Dann tauche ich ein Stück weiter in den See hinaus, bis mir die Luft ausgeht. Als ich auftauche blicke ich zurück zum Ufer und stelle erfreut fest, dass ich ein Stück weiter getaucht bin als beim letzten Mal. Ich tauche erneut unter und lege wieder ein ganzes Stück zurück. Ich tauche und schwimme so lange, bis ich am anderen Ende des Sees eine Felswand erreiche. Dort klettere ich die steile Felswand ca. 20 Meter hinauf. Dort befindet sich ein kleiner Vorsprung. Von dort oben hat man einen guten Ausblick. Man überblickt den ganzen See und Teile des Waldes und in der Ferne kann man sogar die Türme von Borea erblicken. Ich setze mich auf die Felskante und lasse meine Füße baumeln. Ich genieße die Stille der Natur, sie ist eine freudige Abwechslung zum hektischen leben auf der Burg. Ich spüre die warme Sonne auf meinem Gesicht und wie sie langsam meine Kleidung trocknet. Ich blicke in den blau glitzernden See und lasse dann meinen Blick zum Wald schweifen. Mein Blick bleibt an einer dunklen Gestalt am Waldrand hängen. Ich versuche zu erkennen was es ist, aber die Schatten des Waldes verbergen zu viel. Ich konzentriere mich auf die gestalt, als sie sich plötzlich bewegt. Langsam schälen sich die Umrisse aus der Dunkelheit. Als sie aus dem Wald heraustritt erkenne ich was es ist. Vor Aufregung beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Nach den Erzählungen nach, ist diesen Geschöpf bei uns schon ausgestorben. Es heißt, dass es nur noch wenige im hohen Norden und in den Eiswäldern gibt. Aber ich war mir absolut sicher, dass es sich dabei um einen Schattenwolf handelt. Die eigenartige Zeichnung und die Größe des Tieres schließen eine Verwechslung aus. Durch das helle Fell kann ich erkennen, dass es sich um ein Weibchen handeln muss. Die Schattenwölfin schreitet mit anmutigem Schritt aber jedoch vorsichtig aus dem Wald. Ich bin mir sicher, dass ich noch nie so ein anmutiges Tier gesehen habe. Sie lässt den forschenden Blick über seine Umgebung schweif, ehe er den Kopf dem Wald zuwendet. Kurz darauf bemerke ich erneut eine Bewegung im Wald, von wo der Wolf herausgekommen ist. Einige Momente später tapsen drei kleine Wölfe aus dem Wald. Noch etwas tollpatschig laufen sie zu ihrer Mutter, die sich in Richtung des Sees bewegt. Sie trank einen Schluck Wasser, ehe sie sich auf den Boden legt und die Sonne genießt. Die Jungen suchen eifrig die Zitzen und beginnen zu Trinken. Nach einer Weile fangen die Junge an zu spielen und tollen durch das Gras. Sie stürzen sich auf den anderen und einer zieht am Schwanz des anderen. Die lebensfrohen Welpen zaubern mir ein lächeln auf die Lippen. Nach einiger Zeit merke ich, das die Sonne langsam hinter de endlos erscheinenden Wald verschwindet. Obwohl ich gerne noch den treiben der Wölfe zugesehen hätte, mache ich mich an den Abstieg. Normalerweise würde ich ja einfach von der Klippe ins Wasser springen, doch ich will die Wölfin nicht aufschrecken, und so klettere ich die Felswand hinunter und lasse mich ins Wasser gleiten. Ich tauche zurück ans andere ende des Sees und lasse dort kurz den Blick schweifen. Ich stelle fest, dass der Abstand zur Wölfin ausreicht um mich aus dem Wasser zu trauen. Langsam steige ich aus dem Wasser und gehe in die Richtung des Waldes, während ich meinen Blick immer wieder in die Richtung der Wölfin gleiten lasse, bis mich die Bäume meiner sicht berauben. Dann beginne ich zu laufen. Ich liebe den zarten Windes auf meinem Gesicht, denn er gibt mir das Gefühl von Freiheit. Ich laufe wieder zu dem loch in der Burgmauer und klettere hinein. Ich bewege mich durch den schmalen gang und lasse meinen Blick prüfend durch die Gegend wandern, ehe ich auf die offene Straße hinaustrete. Zielsicher gehe ich in Richtung der Burg und lasse dabei meinen Blick über die Leute wandern. Die Handwerker schließen gerade ihre Läden während die Bauern ihre Karren wieder mit den übriggebliebenen Lebensmitteln beladen. Die Bauernkinder helfen ebenso bei der arbeit, während die Kinder der reichen Kaufleute in den Straßen spielen und ihre Kindheit genießen können. Ich genieße es, mit den zerschlissenen Kleidung durch die Straßen zu gehen, denn dann erkennen die Menschen nicht, wer ich in Wirklichkeit bin und ich kann sehen, wie es den Menschen wirklich geht. An der Burg angekommen lasse ich suchend meinen Blick schweifen, bis ich Sir Tommen erblicke, der wie immer auf mich wartet, wenn ich von meinem Ausflug aus dem Wald zurückkehre. Es ist einer der wenigen, der davon weiß. Ich gehe auf ihn zu und er lächelt mir freundlich zu. Dann geht er mit mir zur Burg. Leise fragt er mich:
„Wie war denn ihr kleiner Ausflug My Lady?“
„Er war fantastisch Tommen, du hättest dabei sein sollen, ich habe heute einen Schattenwolf gesehen. Und wie oft soll ich denn noch sagen du sollst mich nicht My Lady nennen wenn wir unter uns sind.“
„Was habt ihr gesehen?“, sein Gesicht macht einen erstaunten Eindruck und meine Bemerkung übergeht er einfach.
„Du hast richtig gehört, ich habe einen Schattenwolf gesehen, beziehungsweise eine Schattenwölfin mit ihren drei Welpen.“
„Aber bei und gibt es doch keine Schattenwölfe mehr“, erwidert Tommen.
„Anscheinend doch.“, konterte ich.
Wir steigen die Treppe die zu meinem Gemach führt hinauf, während er mit verwirrtem Gesichtsausdruck seinen Gedanken nachging. Als wir vor meine Tür angekommen sind bleibt er stehen.
„Ich wünsche ihnen noch einen schönen Abend… Khalisi.“
„Dir auch Tommen.“ Ich blicke ihn kurz an und dann gebe ich ihm einen leichten Kuss auf die Wange ehe ich mich abwende. Ich erhasche noch einen kurzen blich auf seinen verwirrten Gesichtsausdruck, ehe ich in meinem Gemach verschwinde. Ich schlüpfe aus meiner noch feuchten Kleidung und ziehe, wie von mir erwartet ein Kleid an, was jedoch nicht so prachtvoll ist, wie es andere Prinzessinnen tragen. Ich habe die einfache Kleidung lieber. Während ich mir mein Haar kämme, denke ich über meine Reaktion vorhin nach. Ich weiß nicht warum ich Sir Tommen einen Kuss auf die Wange gegeben habe. Ich weis nicht was mich dazu getrieben hat, aber ich hatte so ein komisches Gefühl im Bauch und dann habe ich es ohne nachzudenken einfach getan und es hat sich gut angefühlt. Ein klopfen an der Tür lässt mich aus meinen Gedanken hochschrecken und ich stehe auf und öffne die Tür meines Gemaches.

Impressum

Texte: @ little.alice
Bildmaterialien: @ little.alice
Tag der Veröffentlichung: 15.05.2012

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