Lieber Herr Weihnachtsmann,
ich habe gehört, dass man sich hier bei Dir was wünschen kann.
Ja und ich hab da ein paar Wünsche dann und wann.
Ich bin wach wie ein kleines Kind
und wie ein Greis bin ich schwach.
Nur halte ich das Geschreie nicht aus. Du weißt schon. Mach, mach, mach!
Kinder und Greise haben keine Wünsche, sagt man vielleicht.
Was sind denn Wünsche, frage ich Sie, Herr Bommelmütze. Ist dieses Wort für die ganze Wahrheit nicht viel zu schlicht, viel zu seicht? Wie Blüten in schleimiger Grütze. Und dann der ganze Krach.
Scheiße. Das stört mich!
So ist mein einziger Wunsch nicht wirklich einfach, eher dreifach und vierfach.
Ich will, nein, ich möchte, versteh mich nicht falsch:
Nicht alle Tassen im Schrank.
So das der Schrank nicht wankt.
Wenn man daneben tanzt.
Oder sich ein Kind in meinem Bauch verschanzt.
Ich schicke dir hiermit die Tassen, die sich in mir stopfen,
auf den holzigen Flächen,
wie Soldaten in Reihen und fallen, stürzen, brechen
sobald, wer auch immer, an der Schranktür fummelt oder kurbelt oder beißt.
So das jedem alle Tassen in die Fresse fliegen,
egal ob er den Schrank sanft öffnet, oder daran reißt.
Allen Menschen sollten ein paar Tassen fehlen.
Oder ganze Kübel oder von mir aus auch ein ganzes Spanferkelschwein.
Denn so sind alle Menschen voll, voll, voll.
Und es passt nichts mehr rein.
Dagegen, wären wir Verrückte,
wären wir wie Blinde, die schon lange sehen.
Wären wir wie weiche Eier und zwar alle,
würden wir die Welt verstehen.
Das kannst du mir glauben, Weihnachtsmann, ja du.
Was soll die ganze falsche Förmlichkeit?
Wer darauf keinen Wert legt, der sieht wirklich weit.
Na gut, ich will nicht selbstgefällig klingen oder irgendeine Werbetrommel
für irgendwelche Nichtigkeiten schwingen.
Wirklich, Herr Renntiermeister, ich bin dumm, ich gebe es zu.
Außerdem: Meine Zeit ist echt begrenzt. Zum Briefe schreiben, meine ich,
ich brauch die Zeit zum schwänzen, klingen, glänzen. Ich bin jung!
Ich rede viel und sage zu wenig, deshalb halt ich jetzt die Klappe, schweige, gebe Ruh.
Viele Grüße von dem Mädchen, das hier wartet und die Stellung hält,
dem weiblichen Mädchen,
der, im Grunde, genug Tassen fehlen für diese Welt.
Tag der Veröffentlichung: 13.12.2012
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