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Alles hat einmal ein Ende. Vergänglichkeit ist das Natürlichste das es gibt. Blumen verwelken, Blätter fallen ab, Farben verblassen wie der Mond am Morgen. Die Sonne geht immer wieder unter und auch das schöne rot des Sonnenuntergangs wird irgendwann von der schwärze der Nacht übertrumpft.
Aber das mit der Sonne, das ist anders. Die kommt wieder, jeden Morgen, wenn wir aus dem Fenster sehen. Sie scheint jeden Tag, so hell wie zuvor.

Aber das mit dir, das ist nicht so wie mit der Sonne. Du kamst nicht wieder. Du standest nicht wieder vor mir, um mir zu sagen, wie wichtig ich dir bin, warum du es doch nicht getan hast, oder sonst irgendetwas. Nein, mein Herz war dir egal. Mein Herz, das heute noch in tausenden von Stücken irgendwo bei meinen Erinnerungen an dich verweilt.

Aber ich kann es mir noch immer nicht erklären. War es wegen mir? Meine Schuldgefühle könnten mich umbringen. Habe ich etwas falsch gemacht? Aber du hast mir nie Antworten gegeben. Nein, du hast alles in dich hineingefressen, bis dich das schwarze Loch in deinem Herzen schließlich zerfressen hat. Aber deine Entscheidung war falsch. Das weiß ich ganz genau.

Nun sitze ich wieder hier. Unter der Brücke. Hier haben wir uns zum ersten Mal getroffen, da sind wir noch sechs gewesen. Ich habe dich schon oft an all unsere schönen Erlebnisse hier erinnert, und du hast gelacht. Dein wunderschönes Lachen. Es hat mich frei von allen Sorgen gemacht. Ich streiche mit der Hand über die trockene Erde und finde die Stelle, an der wir unsere Freundschaft vergraben hatten. Das sie für ewig weilen sollte. Langsam schabe ich mit den Fingern in der Erde herum und treffe auf Karton. Vorsichtig ziehe ich ihn hinaus.

Trauer. So stark habe ich sie noch nie gefühlt. Mein Herz schmerzt, als ich die zwei Ringe aus dem Taschentuch herausnehme, das in der Schachtel liegt. Noch einmal frage ich mich, wieso du es getan hast. Vielleicht wegen dem Tod deiner Mutter? Aber damals habe ich dir gesagt, dass ich immer für dich da sein werde, und du hast gelächelt. Das Lächeln, das mich immer glücklich gemacht hat.

Ich sehe auf das Foto, das uns beide an Fasching zeigt. Du mit dem Friedenszeichen, das deine Finger deuten und ich, wie ich die Zunge zeige. Das waren schöne Zeiten. Zu zweit durchs Leben und es genießen, so wie es kommt.

Aber das ist vorbei.
Du bist gesprungen und hast dich nur in einem Brief verabschiedet.
Als ich da war, war es vorbei, und eine Welt ist zusammengebrochen.
Wie lange habe ich um dich geweint.
Und zu deinem Begräbnis bin ich ohnmächtig geworden.

Ich biege in den Weg zum Friedhof ein und spüre den kalten Wind. Ich erschaudere. Bald kann ich deinen rabenschwarzen Grabstein aus Marmor sehen. Ich lasse mich davor auf den Boden sinken. Meine halb erfrorenen Finger wandern zu den Buchstaben deines Namens. Mit verschnörkelter Schrift ist er eingraviert. Ich blicke auf das Datum. Sechzehn bist du geworden, und dein Tod ist nicht mehr als einen Monat aus.

Ich vermisse dich.

Aber alles hat einmal ein Ende.

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Tag der Veröffentlichung: 18.01.2009

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