Welchen Ereignissen fiebert man als obercooler Teenager mit 17 Jahren begeistert entgegen? Richtig: den vielen Partys nach Mitternacht, dem uneingeschränkten Alkoholgenuss und natürlich dem Führerschein. Da bildete auch ich keine Ausnahme.
Nun braucht man für die ersten beiden Ereignisse wenig selbst zu tun, der Führerschein hingegen ist harte Arbeit. Zumindest für mich.
Mein Fahrlehrer war ein gut aussehendes, uncharmantes Raubein, das meiner zarten Seele und mir, als von Technik vollkommen unbeleckten jungen Dame reichlich auf den Geist ging. Natürlich wollte ich auf Teufel komm raus den Führerschein- und zwar sofort. Geduld war noch nie meine Stärke.
Leider stellte sich heraus, dass ich kein Naturtalent war. Ich war nicht schlecht, aber es lief nicht immer wie geschmiert.
Ich konnte auf Anhieb relativ gut einparken, habe selten den Motor abgewürgt und stellte auch kein Verkehrshindernis dar. Das war soweit auch alles ganz prima.
Was Willi, mein Fahrlehrer allerdings weniger prima fand, war mein Verständnis der Straßenverkehrsordnung. Grundsätzlich hab ja schon mal ich Vorfahrt, also die Schnellere. Im Zweifel gehört mir auch die Gegenfahrbahn, falls eine Kurve ungerechtfertigterweise so schmal gebaut wurde, dass ich stark hätte lenken müssen: wieso denn auch, nebenan is ja auch noch Platz!
Auf der Autobahn überholte ich zudem gerne rechts, wenn auf der mittleren, der Überholspur (!!), mal wieder jemand parkte. Ist ja wohl nicht meine Schuld. Ich nenne das LKW-hopping. Lücke auf, rechts rüber, kurz überholt und vorm nächsten LKW wieder auf die mittlere Spur vor dem Mittelspurparker eingeschert. Kein großes Problem, finde ich.
Falls mal wieder jemand vor mir her schnarchte und partout nicht von der Stelle kam, habe ich auch gerne Abbiegespuren zum Überholen genutzt. In dieser Situation habe ich eine unangenehm enge Bekanntschaft mit meinem Sicherheitsgurt gemacht, als Willi, völlig unnötigerweise, hysterisch auf die Bremse trat. Und es kam noch nicht mal Gegenverkehr!! Sein Argument, das sei nicht erlaubt, ließ mich kalt. Oder ist es vielleicht erlaubt mit 45 bei vorgeschriebenen 50 km/h vor sich hin zu schnarchen?
Äh, ja, vielleicht ist das erlaubt. Bescheuert ist es dennoch!
Wie gesagt, leider war Willi von meinen Fahrkünsten wenig begeistert.
Als dann endlich der ersehnte Tag, der Tag der Fahrprüfung, kam, machte mir Willi nur halbherzig Mut. Was soll’s, dachte ich: ich kann’s ja.
Ein hässlicher, alter, dicker Mann mit wirr vom Kopf abstehendem Haar stellte sich als mein Prüfer vor, stieg hinten ein und erklärte mir nochmals kurz, dass er mir sagen würde, wohin ich zu fahren hätte und wenn er nichts sagen würde, dass das dann geradeaus bedeuten würde. Klar, wusste ich von Prüfungssimulationsfahrten schon. Es konnte also losgehen.
Ich fuhr gut, nie schneller als erlaubt, bis zur ersten Kreuzung, da vergaß ich leider den Schulterblick, was mir den Kommentar: „Frollein, jetzt sind se bei 20%, bei 100 sind se durchgefallen“ einbrachte.
Gut, gut, ich streng mich noch mehr an. Ca. zehn Minuten später kamen wir an eine relativ enge Kurve, die ich äh, naja…ich hab sie eben geschnitten…war wirklich nicht schwer, so eng wie die war. Der Kommentar ließ nicht lange auf sich warten: „So, Frollein, noch so’n Ding und sie haben’s hinter sich, wir sind bei 90%.“
Äh ja, toll….scheiße noch mal, die Straße war aber eben auch eng, was soll ich machen? Ich hoffte nur, die Prüfung wäre bald vorbei und tatsächlich ließ ich mir die nächsten zehn Minuten nichts weiter zu Schulden kommen und so fuhren wir wieder Richtung TÜV zurück. Hach, ich frohlockte bereits und überlegte, was ich am Abend zur Party anziehen würde, nachdem ich meine Freundin höchstpersönlich selbst per Auto abholen würde, als ich kurz vor dem TÜV in einen Kreisverkehr einbiegen musste. Kein Problem, dachte ich: Ich fuhr im Kreis…. und noch eine Runde… und noch eine Runde bis der Prüfer hinter mir endlich brüllte: „Frollein, jetzt fahrn se bitte endlich aus dem Kreis raus, das ist hier kein Scheiß-Karrussell!!!!!!!“
Ja toll, wäre ich ja gern. Ich hatte die ganze Zeit gehofft, der Prüfer würde mir sagen, wo ich aus dem Kreisverkehr rausfahren sollte, hat er aber nicht, also fragte ich ihn: „Ja, wo soll ich denn raus fahr’n?“ Daraufhin der puterrote Prüfer: „Hab ich was gesagt?? Nein?? Also: dann wohl geradeaus!!“ Jahaaaa, witzig, wo ist denn in einem Kreisverkehr geradeaus?? War mir absolut nicht klar, was ich dem Prüfer auch mitteilte. Ich glaube, ihm wäre fast eine Ader geplatzt, so sehr pulsierte sein Hals. Mein Fahrlehrer Willi meinte nur, blass und mit etwas Schweiß auf der Stirn: „Gegenüber, einfach gegenüber!“ Ha, hätten die ja auch gleich sagen können!
Meinen Führerschein hab ich übrigens direkt erhalten. Dummheit sei nicht gesetzeswidrig, war der Kommentar. Na also!
Tag der Veröffentlichung: 09.01.2009
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