Ich schlug die Augen auf und mein Blick fiel sofort auf den Kalender, der direkt gegenüber von meinem Bett hing. Juhuuu! Heute war der vierzehnte Juli, mein Geburtstag! Genauer gesagt: Mein SIEBZEHNTER Geburtstag! Ab heute durfte ich zaubern was und wann immer ich wollte! Naja, eigentlich wurde ich erst um Mitternacht siebzehn, aber die Uhrzeit interessierte das Ministerium zum Glück herzlichst wenig.
Um meine neue Freiheit sogleich auszukosten, schnappte ich mir meinen Zauberstab vom Nachttischchen und flüsterte: „Accio Kürbissaft!
“ Und wie von Geisterhand kam einige Sekunden später ein Glas voll mit Kürbissaft durch die Tür geflogen, die ich noch schnell mit einem lockeren Schlenker meines Zauberstabes geöffnet hatte. Kaum hatte ich einen Schluck getrunken, stand auch schon Hermine mit einem kleinen Päckchen in der Hand in der Tür und rief: „Happy Birthday, Sithmira!“ Ja, ich hatte einen komischen Namen… Aber was soll man machen. Den Namen, den einem die Eltern geben, kann man sich eben nicht aussuchen.
Seit meine Eltern in meinem ersten Hogwarts-Jahr gestorben waren, wohnte ich bei Hermine. Sie und ihre Eltern waren so freundlich gewesen, mich aufzunehmen, da sich Hermine schon immer eine Schwester und ihre Eltern schon immer eine zweite Tochter gewünscht hatten und wir uns alle gut verstanden. Von dem Tag an, als ich bei den Grangers eingezogen war, hatten mich alle mich alle wie ein richtiges Familienmitglied behandelt. Praktisch als wäre ich Hermines Zwilling. Und mich störte das überhaupt nicht. Ich war zwar im Gegensatz zu Hermine reinblütig, allerdings hatte meine Familie sich noch nie großartig darum gekümmert, also störte es mich auch nicht, dass ich nun Muggel als Adoptiveltern hatte. Und Hermine war die beste Adoptivschwester, die man sich wünschen konnte!
„Oh mein Gott! Hermine! Ich habe doch gesagt, du sollst mir nichts schenken!“
„Tja, zu spät“, antwortete sie mit einem listigen, selbstgefälligen Lächeln, das man so selten bei Hermine sah, dass ich es am liebsten den ganzen Tag angestarrt hätte. Nein, nein, keine Angst. Ich bin nicht lesbisch und somit auch nicht in Hermine verknallt, falls ihr das jetzt so aufgefasst habt.
Dann warf sie mir das Päckchen zu und ich riss schnell das Papier herunter. Als der Inhalt auf meinen Schoß purzelte und ich erkannte, dass es traditionellerweise eine Armbanduhr war, fiel ich ihr begeistert kreischend um den Hals. Nach einigen Sekunden lösten wir uns voneinander und Hermine half mir, die Uhr um mein Handgelenk zu binden. Sie war wunderschön. Silbern, zierlich und mit einem wunderschönen Muster, das ein bisschen an den Efeu erinnerte, der an meinem Fenster vorbeikletterte, erinnerte, verziert. Hermine kannte eben meinen Stil. Doch ich wollte gar nicht wissen, wie viel sie das gekostet hatte. So wie es aussah war die Uhr nämlich aus echtem Silber und dieses war ja bekanntlich nicht gerade billig… Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihr gar nichts zu ihrem Siebzehnten geschenkt hatte.
„Ach jetzt hör schon auf, über den Preis nachzudenken! Dieses Geschenk hat mich finanziell nicht ruiniert, wenn dich das beruhigt!“, schnaubte Hermine. Sie kannte mich viel zu gut. Ich seufzte und gab mich geschlagen. Für jetzt… Dafür würde ich mich auf jeden Fall revangieren. Darauf konnte sie Gift nehmen! Oder wohl besser doch nicht, schließlich würde das heißen, dass ich sie verlieren würde und das wollte ich nun wirklich nicht.
Ich hackte mich bei ihr unter und gemeinsam schaukelten wir die Stiegen hinunter. Der Frühstückstisch war bereits mit lauter Köstlichkeiten gedeckt. Hermine und ich waren die ganzen Sommerferien bis jetzt hauptsächlich allein gewesen, weil ihre Eltern arbeiten mussten und bis jetzt hatte ich es noch kein einziges Mal geschafft, früh genug aufzustehen um ihr mit dem decken des Frühstückstisches zuvorzukommen, aber mit Morgen würde sich das ändern. Schließlich war alles schon geplant: Morgen würden wir zu den Weaslys aufbrechen, um noch rechtzeitig zum Helfen bei den Hochzeitsvorbereitungen von Bill und Fleur dort zu sein.
Gemeinsam ließen wir uns am Tisch nieder und begannen das leckere Essen hinunterzuschlingen. Nicht wissend, dass es das letzte Mal sein würde. Nicht wissend, dass ich die Weaslys und damit auch Harry so schnell nicht mehr sehen würde. Nicht wissend, dass Hermine und ich morgen nicht gemeinsam hier sitzen und ihren leckeren Haferbrei in uns hineinstopfen würden. Nicht wissen, dass sich mit der kommenden Nacht alles ändern würde.
Nach dem leckersten Frühstück, das ich je gegessen hatte (es war sogar besser, als das in Hogwarts!), schlüpften Hermine und ich in unsere Sachen und begannen damit, die Straßen der Muggel unsicher zu machen. Zuerst kauften wir fast eine ganze Boutique auf, dann gönnten wir uns eine kleine Verschnaufpause und ließen uns erschöpft und jeweils mit mindestens fünf Einkaufstüten bepackt in einem kleinen Café in der Innenstadt nieder. Nachdem wir bestellt hatten, unterhielten wir uns über den neusten Klatsch und Tratsch der Stars. Als unsere Kaffees kamen, bezahlten wir und lehnten uns dann zurück, um die Sonne zu genießen, die es soeben geschafft hatte, die dicke Wolkendecke zu durchbrechen.
Ich ließ meinen Blick wandern und er landete auf einer Titelseite im gegenüberliegenden Shop, die mich erschrocken Luft einziehen ließ. Hermine war aufmerksam geworden und im Augenwinkel hatte ich gesehen, wie ihre Hand zu der Innentasche ihrer Jacke gehuscht war: zu dem Ort, an dem sie ihren Zauberstab verborgen hatte. Offensichtlich hatte sie gedacht, ich hätte einen Todesser gesehen.
Ich schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf und sagte leise: „Sieh mal, Hermine. Die Schlagzeile da drüben.“ Mit dem Finger deutete ich auf die Zeitung, die sagte „WEITERE BRÜCKE WEGEN GROSSEN UNWETTERN EINGESTÜRZT! TAUSENDE TODESOPFER“ und darunter war ein Bild von besagter Brücke zu sehen.
„Todesser
“, zischte sie und ich nickte zustimmend.
Sie konnten es einfach nicht lassen. Diese idiotischen Arschkriecher von Voldemort! Eine ungeheure Wut stieg in mir auf und am liebsten hätte ich jetzt sofort alle, die jemals Voldemort geholfen hatten, Voldemort natürlich inklusive, auf der Stelle umgebracht. Sie waren so idiotisch und ohne Herz oder Gewissen oder sonst irgendetwas, das einen guten Menschen ausmacht. Außerdem waren diese Morde so unnötig! Ich meine, was hatten die Muggel denn den Zauberern getan, um so etwas zu verdienen? Gar nichts! Sie hatten nie auch nur einen Finger gegen Zauberer erhoben, und nur, weil sich diese Idioten von Reinblütern für etwas Besseres hielten, mussten nun tausende und abertausende von Muggeln dafür sterben, dass Voldemort so ein verfi***** Arschloch war! Ups, sorry. Die Wut ist mal wieder mit meinem Wortschatz an Schimpfwörtern durchgegangen.
Schnell leerten Hermine und ich den Rest unseres Kaffees, um dann in den Shop zu stürmen und die Zeitung zu kaufen. Schnell überflogen wir den Artikel, der allerdings auch nicht mehr Informationen enthielt, als die Schlagzeile. Enttäuscht verstaute ich die Zeitung in meiner Tasche und folgte Hermine in die Fantasy-Abteilung dieses Bücherladens. Doch sie hatte schon gefunden, wonach sie gesucht hatte: den neuen fünften Band der Harry-Potter-Reihe. Demonstrativ hielt sie mir die Rückseite des Buches unter die Nase und ließ mich den Klappentext lesen. Unter dem Klappentext stand noch die Notiz Rowling hat außerdem durchblicken lassen, dass sie bereits damit begonnen hat, den 6.Band zu schreiben.
Als ich fertig war, verdrehte ich die Augen und sagte ich leise: „Ich bin gespannt, wie lange sie das Rowling noch durchgehen lassen. Es ist ja nicht so, als würde sie etwas geheim halten.“
„Da bin ich ganz deiner Meinung. Außerdem wundert es mich, dass Voldemort noch nicht befohlen hat, sie zum Schweigen zu bringen. Schließlich verrät sie ja auch einige seiner schlimmsten Geheimnisse und bis heute weiß noch keiner, wer oder was ihre Quellen sind.“
Damit hatte sie absolut Recht. Aber ich hatte ehrlich keine Lust, mich jetzt darüber aufzuregen oder zu wundern, weshalb ich Hermine das Buch einfach aus der Hand nahm und es wieder ins Regal stellte. Eine deutliche Aufforderung meinerseits, dass ich keine Lust mehr hatte, die Straßen unsicher zu machen.
„Wollen wir wieder nach Hause gehen? Wir müssen sowieso noch packen“, schlug Hermine vor und dann machten wir uns auf den Weg nach Hause.
Den Rest des Tages hatten wir beide zu Hause mit irgendwelchen Filmen und Hausaufgaben verbracht. Denn obwohl wir, genau wie Harry, nicht vorhatten, nach Hogwarts zurückzukehren, nun da Dumbledore nicht mehr Direktor war, hatte Hermine trotzdem darauf bestanden. „Man kann nie wissen, wofür man den Stoff der Schule mal brauchen kann“, war ihr Argument gewesen. Da ich gewusst hatte, dass sie nicht nachgeben würde, hatte ich mich brav zu ihr gesetzt und mit den Hausaufgaben begonnen.
Hermines Eltern waren heute in ein Restaurant essen gegangen und deshalb waren wir mal wieder allein. Es war bereits elf Uhr, als wir dann beschlossen schlafen zu gehen. Schließlich mussten wir morgen früh aus den Betten.
„Heute Nacht bin ich dran, mit den Schutzzaubern“, sagte Hermine, während wir unsere Zähne putzten. Ich nickte zur Kenntnisnahme. Seit Ferienbeginn hatten wir in der Nacht immer spezielle Schutzzauber aufgestellt, um uns vor überraschenden Todesserangriffen zu schützen, die zum Glück bis jetzt noch nicht vorgekommen waren.
Ich ging auf Hermine zu, wir umarmten uns und murmelten beide ein leises „Gute Nacht.“ Denn seit wir damit rechnen mussten, dass wir uns am nächsten Tag wegen diesem blöden Voldemort möglicherweise nicht mehr „Guten Morgen“ sagen konnten, verabschiedeten wir uns jeden Abend, als würden wir uns nie wieder sehen. Doch wir wussten nicht, dass wir uns tatsächlich nächsten Tag nicht mehr mit „Guten Morgen“ in der Früh begrüßen sollten.
In dieser Nacht hatte ich sehr seltsame Träume.
Ich kann nicht bestimmen, wo oben oder unten ist. Nicht, wo links oder rechts ist. Überall sind Farben um mich herum. Grün, Blau, Rot, Lila, Orange und noch viele mehr. Alles ist ein einziger Farbwirbel. Doch in diesem Farbwirbel stimmt etwas nicht: Alle Farben haben seltsamen silbernen Schimmer. Dieser Schimmer weitet sich mehr und mehr aus, bis er letztendlich mein ganzes Blickfeld beansprucht. Überall, wo ich hinsehe, sind jetzt nicht mehr verschiedenste Farben, sondern nur noch ein einziger silbern leuchtender Schimmer, der alles überdeckt.
Plötzlich beginnt das Silber sich zu verändern. Es wird ein wenig blasser und bekommt einen leichten dunkelgrünen Stich, der nun damit beginnt, das Silber zu verdrängen. Als ihm dies vollständig gelungen ist, mischt sich ein wunderschönes Braun in die grüne Masse. Es dauert lange, bis das alles Form annimmt, aber am Schluss kann ich erkennen, dass ich in einem Wald am Boden liege. Genauer gesagt, liege ich in einem wunderschönen Mischwald in der Nacht unter einem Torbogen aus weißem Marmor. Doch meine Augen wollen mir nicht mehr gehorchen und auch nicht mehr sehen und plötzlich wird alles schwarz und mein Traum stellt nun eine völlig andere Szene dar.
Diesmal spiele ich gar keine Rolle. Ich bin einfach nur Zuschauer, und um ehrlich zu sein, wäre es mir lieber, meine Fantasie würde es mir ersparen. Ich befinde mich als Zuschauer in meinem eigenen Zimmer, das, abgesehen von Hermine, vollkommen leer ist. Außerdem kann ich erkennen, dass es noch Nacht ist, denn das einzige, das mein Zimmer erleuchtet, ist der Mondschein, der durchs Fenster herein fällt. Irgendein Gefühl sagt mir außerdem noch, dass es noch die Nacht des vierzehnten Julis ist, kurz nachdem ich eingeschlafen bin, aber ich kann einfach nicht bestimmen, woher dieses Gefühl kommt. Ich weiß nur, dass es stimmt. Das spielt jetzt allerdings auch keine Rolle mehr, denn plötzlich lässt mich ein markerschütternder Schrei zu Hermine herumfahren. „Sithmira! Sithmira, wo bist du?“, schreit sie gellend in das leere Zimmer hinein, während die Tränen in Strömen ihre Wangen hinunter zu kullern beginnen und sie zu meinem leeren Bett stürmt.
„Ich bin hier“, antworte ich, doch sie kann mich nicht hören. Schließlich bin ich nur ein Zuschauer. Dazu verdammt, meine beste Freundin unter dem Verlust von mir leiden zu sehen.
Ich will wissen, warum mir meine Fantasie so einen schrecklichen Streich spielt, aber ich kann nicht lange darüber nachdenken, weil Hermine einige Sekunden später erneut nach mir schreit. Immer wieder höre ich ihre verzweifelten Rufe und mit jedem, den ich mehr höre, wünsche ich mir, dass dieser schreckliche Traum endlich aufhört. Dass dieses Bild von der verzweifeltsten Hermine, die ich je gesehen habe, sich ebenso in Schwarz auflöst, wie der Wald vorhin und dass ich aufwache (aus irgendeinem unerfindlichen Grund weiß ich einfach, dass ich träume) und Hermine in die Arme schließen kann.
„SITHMIRA! SITH, WO BIST DU?“ Wieder lässt mich ein gellender Schrei zusammenzucken. Auf diesen folgen noch unzählige weitere.
Irgendwann, nach einer Ewigkeit, die mich seelisch so leiden gelassen hat, wie es der Cruciatus-Fluch wahrscheinlich nie mit meinem Körper tun könnte, werden meine Gedanken werden die Schreie weniger und auch leiser und langsam, ganz langsam, beginnen ein erdrückendes Schwarz und eine ebenso erdrückende Stille damit, die in Tränen aufgelöste Hermine und ihre Schreie in meinem Zimmer verschwinden zu lassen.
Eine leise, seltsam bekannte Stimme durchbricht die Stille: „Was sollen wir machen? Wenn sie weiter so um sich schlägt und schreit, fällt wegen ihr noch ganz Bruchtal zusammen!“
Dieses eine Wort „Bruchtal“ gibt den Ausschlag: Hermine und mit ihr auch ihre schrecklich verzweifelten Schreie und mein Zimmer verschwinden und werden von demselben Schwarz ersetzt, das vorher den Wald verdrängt hat.
Mit einem Schlag war ich hellwach, obwohl ich die Augen noch immer geschlossen hatte.
Ich konzentrierte mich zuerst auf meine anderen Sinne, bevor ich mich auf meine Augen verlassen wollte, denn ich wusste seltsamer Weise, dass diese reichen würden, um meine Lage zu definieren.
Meine Ohren waren erstaunlich gut. Ich konnte den Atem von vier Lebewesen hören. Ich sage bewusst „Lebewesen“, denn es waren drei verschiedene Arten von Atem. Das hört sich vielleicht komisch an, aber zwei Atemgeräusche gingen ruhig und trotzdem auf irgendeine Art nicht ganz regelmäßig. Mein Gefühl sagte mir, dass diese Atemgeräusche Menschen gehörten und dass die kleine Unregelmäßigkeit, die mir auffiel, von niemandem außer mir bemerkt wurde.
Doch es gab auch zwei andere Arten von Atemgeräuschen. Eine Art davon war noch ruhiger, als die der Menschen. Sie war vollkommen im Gleichgewicht und schien dieses durch keinen Zwischenfall oder keine körperliche Anstrengung verlieren zu können. Außerdem hatte sie etwas an sich, das mich an mächtige und alte Lebewesen wie die Elben aus Herr der Ringe denken ließ und wieder war da dieses komische Gefühl und es sagte mir, dass dieses Atemgeräusch tatsächlich einem Elb (aus irgendeinem unerfindlichen Grund wusste ich, dass dieses Lebewesen männlich war) gehörte.
Das dritte und letzte Atemgeräusch war um ein kleines Stück schnaufender als das der Menschen und des Elben. Doch es war immer noch in einer gewissen Art und Weise regelmäßig. Plötzlich hatte ich den dazu passenden Namen einer Spezies im Kopf: Zwerge. Das dritte und letzte Atemgeräusch kam genauso eindeutig von einem Zwerg, wie die anderen von einem Elb und von Menschen kamen.
Moment mal! Bruchtal? Elben? Zwerge? Hä? Sowas gab’s doch nur in Tolkiens Welt des Herrn der Ringe
, oder? Ich meine, wer hatte denn schon jemals was von Elben oder gar einem Ort namens Bruchtal in Europa gehört? Das hieß doch nicht etwa, dass… Nein, das konnte nicht sein! Oder vielleicht doch? Jetzt wo ich so drüber nachdachte… Die Muggel würden doch auch nicht glauben, dass Rowlings Bücher nur niedergeschriebene Tatsachen waren! Und schon wieder sagte mir dieses komische Gefühl, dass ich richtig lag. Ich hatte doch tatsächlich in der Nacht meines siebzehnten Geburtstags eine ungewollte Reise nach Mittelerde gemacht! Warum? Warum war ich dazu verdammt Hermine und alle anderen NIE wieder zu sehen und sie ihrem Schicksal mit Voldemort zu überlassen, ohne ihnen helfen zu können? Warum nur?
Doch ich wollte meine Augen noch immer nicht öffnen. Ich wollte nicht, dass mein Gesichtssinn mir bestätigte, was meine Ohren längst erkannt hatten. Deshalb konzentrierte ich mich zuerst auf meinen Geruchssinn, der genau wie meine Ohren wahnsinnig gut ausgeprägt war. Viel besser als vor dieser seltsamen Nacht.
Der ganze Raum (Dank dem Gefühl war ich mir ziemlich sicher, dass ich in einem Bett lag, das sich in einem großen Raum befand), in dem ich mich befand, war von einer Vielzahl an Gerüchen überfüllt. Manche kamen mir irgendwie bekannt vor, andere hatte ich noch nie gerochen. Doch ich konnte vier eindeutige Gerüche herausfiltern, die ich relativ einfach den Menschen, dem Elb und dem Zwerg zuordnen konnte.
Direkt von rechts neben mir kam ein Geruch, der mich als erstes an die Farbe grau denken ließ. Aber nicht im negativen Sinn. Es war irgendwie ein Geruch, den ich nicht so recht beschreiben konnte. Doch er erinnerte mich aus irgendeinem unerfindlichen Grund an Dumbledore oder auch an Gandalf, denn meiner Meinung nach waren sich die beiden ziemlich ähnlich. Ich hab echt keine Ahnung warum, aber dieser Geruch ließ mich an eine ungeheure Macht und Weisheit denken und an vieles mehr, doch ich fand trotzdem keine Worte, mit denen ich diesen angenehmen Geruch beschreiben hätte können. Aber so viel kann ich mit Sicherheit sagen: Dieser Geruch tat gut und ich fühlte mich deswegen plötzlich sicher und wohl. Außerdem nahm ich an, dass er einem der Menschen gehörte und dass dieser weniger als einen Meter entfernt neben mir stand oder möglicherweise auch saß.
Der zweite Geruch war etwa zwei Meter von mir entfernt (ich war echt erstaunt, wie genau ich eine Entfernung nur anhand eines Geruchs bestimmen konnte) und er kam auch von rechts, oder eher von rechts vorne. Dieser Geruch ähnelte dem ersten sehr mit dem kleinen Unterschied, dass er mich nicht an Grau oder Dumbledore erinnerte, sondern an die Macht und Würde von Königen. Deshalb nahm ich an, dass er dem zweiten Menschen in diesem Raum gehörte. Außerdem konnte ich einen leichten Hauch von Minze herausfiltern, der dem ganzen etwas geheimnisvoll Mächtiges verlieh. Etwas seltsam Würziges lag auch in diesem Geruch.
Der dritte Geruch befand sich direkt mir gegenüber und er war ungefähr fünf Meter entfernt. Diesen Geruch konnte ich viel einfacher definieren, als den der Menschen. Er roch frisch und im Allgemeinen nach Wald, Wiesen und Blumen, doch am ehesten ähnelte der Geruch dem einer Rose und einer Trauerweide oder Linde. Doch trotz seiner Frische roch er alt und mächtig und ich wusste sofort, welchem Lebewesen ich diesen Geruch zuordnen konnte: dem Elben.
Der vierte und somit letzte Geruch kam eher von links, war aber trotzdem noch zirka vier Meter entfernt. Er roch irgendwie muffig, wie Höhlen, die immer ein bisschen feucht waren und nie trocken wurden. Außerdem lag auch ein leichter Hauch von Meesalz darin. Doch trotzdem war er nicht schlecht und auch diesen konnte ich einfach zuordnen, obwohl das gar nicht mehr nötig war, Dank des Ausschließungsverfahrens: Der letzte Geruch gehörte dem Zwerg.
Nun wusste ich sogar, wo sich welches Lebewesen im Raum befand. Außerdem war ich nun ganz sicher, dass sich während der Reise, die ich Dank dieses blöden Gefühls nicht leugnen konnte, gemacht zu haben, mein Körper verändert hatte. Zwar teilweise zum unmenschlich Besseren, denn so schlecht ist es ja nicht, wahnsinnig gut hören bzw. zu riechen zu können, doch das machte mir auch ein bisschen Angst. Was war, wenn ich mich so verändert hatte und so unmenschlich geworden war, dass ich im Endeffekt dazu verdammt war, Böses mit meinen Kräften (dieses Gefühl sagte mir, dass sich noch viel mehr an meinem Körper verändert hatte als nur meine Sinne) anzustellen? Ich wollte nichts Böses tun müssen, so wie der arme Draco, der Dumbledore ja eigentlich gar nicht hatte töten wollen.
Doch das konnte ich erst herausfinden, wenn ich es ausprobierte und dazu musste ich erst mal den Mumm haben, meine Augen zu öffnen. Wovor ich eigentlich Angst hatte? Ich hab ja selbst keine Ahnung, ich weiß nur, dass ich einfach die Augen solange geschlossen halten wollte, bis mich Hermine aufweckte und sich das alles als ein wahnsinnig realistischer Albtraum entpuppte. Doch dieser Wunsch schien mir nicht vergönnt, deshalb riss ich mich zusammen und öffnete mit einem Ruck die Augen.
Das erste, was ich sah, war die Zimmerdecke. Sie war von einem wunderschönen Beige, doch die Zeit hatte bereits an ihr zu nagen begonnen, denn ich konnte viele kleine Risse darin erkennen, manche so klein, dass sie schlechtere, menschlichere Augen wahrscheinlich nicht sehen konnten. Dann gab ich mir einen weiteren Ruck und setzte mich abrupt auf. Diese Bewegung fühlte sich seltsam an. Mein Körper war so leicht und die Bewegung so geschmeidig, dass ich mir endgültig sicher war: Körperlich war ich eindeutig kein Mensch mehr. Ich war viel mächtiger, ausdauernder (das wusste ich, ohne es testen zu müssen) eleganter als Menschen, doch warum und woher ich das wusste blieb mir ein Rätsel.
Mein Blick lag nun nicht mehr auf der Zimmerdecke, sondern auf einem Zwerg, einem Elb und einem Mensch. Ich brauchte nicht einmal eine Minute, um sie zu erkennen, obwohl ich ihnen noch nie in meinem Leben begegnet war. Der Zwerg hieß Gimli, der Elb Legolas und der Mensch Aragorn und alle drei musterten mich sowohl interessiert, als auch vorsichtig. Fast so als hätten sie Angst vor meiner Reaktion auf irgendetwas. Seltsam.
Ich ließ meinen Blick nach rechts weiterwandern und er fiel auf den letzten Menschen im Raum. Auch seinen Namen wusste ich sofort: Gandalf, der Graue. Er musterte mich ebenfalls interessiert, aber auch ein wenig mitfühlend, als hätte er irgendeine Ahnung davon, was ich durchmachte und wie sehr ich zum Beispiel Hermine vermisste. Aber das konnte er nicht! Er konnte sich nicht vorstellen, wie sehr ich innerlich um Hermine trauerte, darum bemüht keine Tränen nach außen zu lassen. Dann lenkte eine Frage meine Aufmerksamkeit auf sich und weg von meiner Trauer um Hermine. Doch ganz verdrängen konnte ich Hermines Verlust nicht. Er wurde nur leiser und brüllte nicht mehr ganz so laut in meinem Kopf Nie wieder wirst du sie sehen! Stell dir nur vor, wie Schmerzhaft dein Verlust für sie ist! Die arme Hermine! Die arme Luna! Was soll nun aus ihnen werden? NIEMALS WIEDER wirst du sie sehen!!!
herum.
„Wie ist dein Name?“, fragte Aragorn freundlich, doch ich konnte einen leichten Hauch von Misstrauen heraushören.
„Sithmira“, antwortete ich mit einer Stimme, die wie ein singendes Glockenspiel klang, aber irgendwie nur ein klein wenig nach mir, doch sie war unbeschreiblich schön und schien für einen Augenblick alle im Zimmer zu verzaubern.
„Also… Ähm… Naja, ich heiße Aragorn und das hier sind Legolas, Gimli und Gandalf“, stellte er alle Anwesenden vor.
„Aragorn, Arathorns Sohn und Elendils bzw. Isildurs Erbe… Eine beeindruckende Persönlichkeit“, dachte ich.
Erst als ich alle erschrocken nach Luft schnappen hörte, erkannte ich, dass ich das tatsächlich laut gedacht hatte und nicht still bei mir. Oh Scheiße! Wie sollte ich das jetzt erklären? Naja… Am besten ich versuchte es mal mit der Wahrheit. Dann würde ich schon sehen, was dabei herauskam.
„Woher weißt du das?“, fuhr mich Aragorn scharf an und jede vorgespielte Freundlichkeit war nun aus seiner Stimme gewichen.
„Ähm… Das ist eine etwas kompliziertere Geschichte“, war das erste, was ich herausbekam.
„Ich glaube kaum, dass jemand hier nicht schlau genug wäre, um eine ,komplizierte Geschichte‘, wie du es nennst, zu verstehen“, sagte Aragorn unfreundlich.
„Das wird für euch sicher unglaublich und verrückt klingen, aber ich will versuchen, euch so viel zu erklären, wie ich selbst weiß“, begann ich und dann erzählte ich ihnen alles von Anfang an. Ich erklärte ihnen, dass es eine andere Welt gab, dass es dort auch Zauberer gab, die allerdings Gandalf kein bisschen ähnelten, dass Voldemort (es war ganz seltsam, dass niemand bei seiner Erwähnung zusammenzuckte) der böseste und grausamste Zauberer war, den es jemals gegeben hatte und dass er mit Sauron zu vergleichen war, dass es in meiner Welt Bücher gab, von denen ich alles über Mittelerde, die Ringe, den Einen Ring, Hobbits, Elben, Zwerge, den Ringkrieg und noch vieles mehr wusste und zum Schluss, dass ich weder Mensch noch Elb war und dass ich auch keine Ahnung hatte, was genau ich jetzt war, auch wenn ich wahrscheinlich einem Elb am nächsten kam.
Alle hatten mir gespannt zugehört und als ich jetzt so plötzlich zu erzählen aufhörte, brauchten sie einen Moment, um meine Geschichte zu begreifen. Gandalf war der Erste, der sich wieder gefasst hatte: „Und wie alt bist du jetzt?“
„Siebzehn“, antwortete ich.
Die nächste Frage stellte Gimli: „Wenn du meinst, alles über uns zu wissen, müsstest du mir doch auch sagen können, wann ich geboren wurde, oder?“
Ich atmete einmal tief durch und zählte dann auf: „Du bist ein Zwerg mit dem Namen Gimli, Gloins Sohn und wurdest 2879 D. Z. geboren.“
Gimlis Kinnlade klappte runter und er brauchte einige Zeit, um sie wieder raufzuklappen. Er war nicht der Einzige, der vor Staunen den Mund nicht wieder zubekam. Auch Aragorn und Legolas brauchten einen Moment, in dem sie um ihre Fassung rangen. Nur Gandalf sah ganz gelassen drein. Das war das erste Mal, dass ich mir wünschte zu wissen, was in ihren Köpfen vorging.
Plötzlich, aus irgendeiner Intuition heraus, dachte ich auf Englisch: Tell me what Gandalf is thinking!
Jetzt klappte auch mir der Mund vor Staunen auf. Ich konnte doch tatsächlich hören, was Gandalf gerade dachte! Denn eine leise, hallende Stimme, die Gandalf wahnsinnig ähnelte, sagte in meinem Kopf: Einfach nichts anmerken lassen. Ganz ruhig und gelassen dreinschaun… Oh mein Gott! Woher weiß sie das? Woher kann sie das überhaupt wissen? Was sollen wir nur tun? Was wenn Sauron davon erfährt? Nichts anmerken lassen!
Der Gedankenschwall ging immer so weiter ohne weder leiser noch weniger zu werden und nach zehn Minuten brummte mir der Kopf, als wäre ich ungefähr zwanzig Mal damit gegen eine Wand gerannt. Etwas in mir schrie: Stop! That’s too much! I don’t wanna hear his thoughts anymore!
, und plötzlich verschwanden Gandalfs Gedanken wieder. Jetzt ging mir das Licht auf und mein Gefühl sagte mir, dass ich richtig lag: Englisch war eine mächtige und auch alte Sprache in dieser Welt, genau so, wie die Alte Sprache in den Eragon-Büchern von Christopher Paolini nur noch mächtiger und unbekannter. Alles, was ich auf Englisch dachte oder sagte, wurde erfüllt! Egal was es war. Ob ich nun Gedanken lesen oder jemanden kontrollieren wollte. Ich konnte sogar mit Tieren reden, solange ich mich an die englische Sprache hielt! Zum ersten Mal seit es aufgetaucht war, dankte ich diesem Gefühl, dafür dass es mich so sicher richtig liegen ließ.
Ich war so in Gedanken über meine neuste Erkenntnis versunken gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass die Vier begonnen hatten, zu beratschlagen, was sie am besten mit mir tun sollten. Als ich mich wieder ihnen zuwandte, musste ich mich gar nicht erst in ihre Gedanken schleichen. Nein, ich wusste, wozu sie sich entschieden hatten. Ich erkannte es an der Art, an der sie mich anstarrten und an der Weise, an der Legolas über seinen Bogen strich: Sie hatten beschlossen, dass es am einfachsten wäre, mich zu töten und Legolas hatte mit einem seiner Pfeile das große Los gezogen.
Plötzlich überkam mich eine Welle der Enttäuschung. Ich meine, ich hatte mir nicht besonders viel von Legolas, Aragorn oder Gimli erwartet, aber ich hatte gehofft, dass Gandalf sie umstimmen konnte. Doch offensichtlich war Gandalf nicht der, für den ich ihn immer gehalten hatte. Aber eins beschloss ich ganz sicher: Ich würde mich nicht kampflos von Legolas erschießen lassen, wenn ich es verhindern konnte. Da war es schon wieder, dieses Gefühl! Es sagte mir, dass ich beste Chancen hatte zu überleben. Na das würde sich ja gleich herausstellen…
Noch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, sah ich, wie Legolas blitzschnell einen Pfeil aus dem Köcher zog und ihn direkt auf mein Herz zurasen ließ. Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund flog der Pfeil nicht so schnell auf mich zu, dass er eigentlich verschwimmen hätte müssen. Nein, ganz im Gegenteil: Er flog sozusagen in Zeitlupe. Ganz langsam kam der Pfeil immer näher und ich wusste nun, dass ich tatsächlich gute Chancen zu überleben hatte. Denn schlagartig wurde mir klar, dass mein Körper und mein Gehirn so schnell reagieren konnten, wenn sie wollten, dass mir jeder Angriff oder jeder Kampf so vorkam, als wäre alles mit Zeitlupe verlangsamt, obwohl sich an der wirklichen Geschwindigkeit der Handlungen nichts geändert hatte. Also, das hört sich jetzt wahrscheinlich total verrückt an, aber dieses ach so tolle Gefühl sagte mir mal wieder, dass ich mit dieser Überlegung richtig lag!
Doch ich hatte jetzt keine Zeit, näher darauf einzugehen, und um nicht letzten Endes doch aufgespießt zu werden, schlüpfte ich schnell aus dem Bett und sah fasziniert dabei zu, wie sich Legolas‘ Pfeil in die Stelle des Polsters bohrte, an der Sekunden vorher meine linke Brustseite gelegen hatte. Um das Ganze zu beenden, bevor noch jemand versehentlich verletzt wurde, flitzte ich schnell auf Aragorn zu und schnappte mir wortwörtlich mit links dessen Messer, während er noch versuchte zu verstehen, was seine menschlichen Augen nicht erkennen konnten. Dann sprang ich leichtfüßig über Legolas und drückte diesem von hinten die Klinge an die Kehle.
Dass ich die Welten gewechselt hatte, hieß noch lange nicht, dass ich meine Leidenschaft für bestimmte Filme oder Bücher abgelegt hatte. Deshalb konnte ich nicht wiederstehen und fragte triumphierend mit einem Tonfall, der Elizabeth Swanns aus Fluch der Karibik - Am Ende der Welt
verdammt ähnlich war: „Was lässt euch glauben, dass ihr mich einfach umbringen könnt?“
„Was ist gerade passiert?“, fragte Aragorn verwirrt und zog sein Schwert.
„Leg das weg, Aragorn“, mahnte ich ihn und verstärkte vorsichtig, um ihn nicht ernsthaft zu verletzen, den Druck des Messers auf Legolas‘ Kehle. Ups, ich hatte wohl doch etwas zu viel Druck ausgeübt, denn nun begann sich eine kleine, rote Linie dort zu bilden, wo ich Legolas versehentlich und ohne es zu bemerken geschnitten hatte. Na egal, dann wussten sie wenigstens, dass ich es ernst meinte und sterben würde Legolas deswegen auch nicht.
„Bitte, Aragorn, tu was sie sagt!“, kam es von Legolas, der sich verzweifelt bemühte, seine Angst zu verbergen.
Langsam legte Aragorn sein Schwert vor sich auf den Boden. Mit einem Blick befahl ich Gandalf und Gimli, es Aragorn gleichzutun. Gandalfs Stab und Gimlis Axt landeten ebenfalls auf dem Boden. Legolas hatte seinen Bogen in dem Moment fallen gelassen, als er den Dolch an seiner Kehle gespürt hatte und den Köcher nahm ich ihm nun vorsichtig vom Rücken, um ihn ebenfalls auf den Boden zu legen.
Nun, da alle unbewaffnet waren, lockerte ich meinen Griff etwas und Legolas seufzte erleichtert auf. Automatisiert griff ich nach meinem Zauberstab und stellte erschrocken fest, dass er ja gar nicht in meiner Jackentasche sein konnte, da ich keine anhatte. Panisch wanderte mein Blick durch den Raum (ohne meinen Zauberstab war ich verloren, auch wenn ich gut kämpfen konnte!) und ich seufzte erleichtert auf, als ich bemerkte, dass mein Zauberstab auf dem Nachttischchen neben dem Bett lag. Er musste wohl zufällig und glücklicherweise mit mir gemeinsam die Welten gewechselt haben. Ich schob Legolas vor mir her und schnappte mir dann mit der Rechten den Zauberstab.
„Accio Waffen!
“, murmelte ich und schon flogen Gandalfs Stab, das Schwert, der Bogen, der Köcher samt Pfeile und die Axt auf mich zu, also eigentlich auf Legolas, da ich ja noch immer hinter ihm stand, doch bevor er verletzt werden konnte, ließ ich die Waffen mit einem Wink des Zauberstabs aufs Bett fallen.
„Was willst du?“, fragte Gandalf ruhig, doch ich konnte die Anspannung in seinen Augen sehen.
„Ich will euch beweisen, dass ihr mir vertrauen könnt“, sagte ich leise und ein wenig kleinlaut, während ich langsam den Dolch von Legolas‘ Kehle nahm. Sofort schoss dessen Blick zu den Waffen, doch ich zischte: „Untersteh dich! Du hast keine Chance!“ Daraufhin ließ Legolas die Schultern hängen und gesellte sich langsam und ein wenig geknickt zu Aragorn. Den Blicken entnehmend, die er mir zuwarf, hielt er mich zwar für verrückt, nahm mich aber auch total ernst.
Mit einem Seufzer ging ich auf Aragorn zu und gab ihm das Messer mit dem Griff in seine Richtung zurück. Jetzt war er der einzige, der bewaffnet war, aber das schien er gar nicht richtig zu registrieren. Er war offensichtlich total davon überrascht, dass ich ihm sein Messer wieder zurückgegeben hatte.
Ich seufzte wieder und begann vorsichtig mit meiner Rede: „Also, ihr wisst, wozu ich fähig bin. Ihr wisst beziehungsweise könnt ihr es ahnen, was ich weiß und ihr glaubt ich sei gefährlich. Ihr glaubt, ich könnte Sauron wichtige Informationen liefern. Die Tatsache ist: Ja, ich könnte Sauron zum Sieg verhelfen. Aber ich werde es nicht tun. Aus verschiedenen Gründen. Zum Beispiel möchte ich das Blutbad vermeiden, dass höchstwahrscheinlich bei meiner Abreise ausbrechen würde. Außerdem mag euch alle wirklich sehr, das tat ich schon immer, auch als ich euch nur aus Büchern kannte. Deshalb wäre es mir eine Ehre euch zu helfen. Ich werde euch eure Waffen zurückgeben und, wenn ihr euch dadurch sicherer fühlt, werde ich dir, Gandalf, meinen Zauberstab geben. Dann könnt ihr mich fragen, was ihr wollt und ich verspreche, dass ich mich bemühen werde, alles so ehrlich wie möglich zu beantworten.“
Um meine Worte zu beweisen, schwenkte ich einmal kurz meinen Zauberstab und schon flogen die Waffen wieder zu ihren Besitzern zurück. Dann gab ich Gandalf meinen Zauberstab (ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schwer mir das fiel), der misstrauisch beäugt wurde, setzte mich wieder aufs Bett und wartete.
„Gib uns einen glaubwürdigen Grund, warum wir dir fürs Erste vertrauen sollen!“, forderte Aragorn mich auf.
„Hmmm… Da wäre mal die Tatsache, dass ich Legolas nicht getötet habe, obwohl ich es gekonnt hätte. Und ihr braucht nicht zu leugnen, dass ich es gekonnt hätte, denn jeder in diesem Raum weiß das. Das Nächste - “
„Stopp. Ich sagte, ich will nur einen Grund und dabei bleibt es“, fuhr Aragorn zwischen meine Erklärung und die anderen nickten zustimmend. Na gut, wenn sie es so wollten… Ich zuckte nur beiläufig die Schultern zur Kenntnisnahme.
Plötzlich bemerkte ich, dass ich immer noch einen Pyjama trug: „Ähm… Habt ihr vielleicht etwas anderes zum Anziehen für mich? Ich möchte nicht gerne im Pyjama durch Elronds Haus gehen müssen.“
„Woher -?“, fragte Legolas, doch ich sagte nur: „Du hast selbst gesagt, dass wir in Bruchtal seien und ganz blind bin ich auch nicht.“ Das Wort Pyjama schien ihn gar nicht zu interessieren.
Dann deutete er zur Antwort auf den Kleiderschrank, der links neben der Tür stand und nachdem ich allen einen eindeutigen Blick zugeworfen hatte, verließen sie alle etwas verlegen das Zimmer. Doch nachdem sich die Tür geschlossen hatte, hörte ich nur ein Paar Füße, die sich von der Tür auch entfernten, also nahm ich an, dass mich drei von ihnen vor der Tür erwarten würden.
Als ich die Tür des Kleiderschranks öffnete, fand ich darin erstaunlicher Weise ungefähr ein Dutzend an wunderschönen Kleidern aus den fließenden und edlen Stoffen der Elben vor. Es gab viele verschiedene Farben und auch der Schnitt war bei allen unterschiedlich, doch letzten Endes entschied ich mich für ein dunkelgrünes, knielanges und trägerloses Kleid, dessen Schnitt so unbeschreiblich schön war, dass mir jetzt noch keine Worte einfielen, um ihn auch nur ansatzweise zu beschreiben.
Man hätte doch eigentlich meinen sollen, dass ein knielanges und noch dazu trägerloses Kleid ein wenig unpassend wirkte in Elronds Haus, doch als ich mich im Spiegel sah, wurden alle Zweifel einfach weggeblasen. Ich will jetzt nicht eingebildet klingen, aber ich sah so umwerfend schön aus, dass ich mich im ersten Augenblick gar nicht als ich selbst erkannte. Meine Augenfarbe war nicht mehr Schokoladenbraun, sondern von einem so saftigen und satten Dunkelgrün, dass ich, wie schon gesagt, dachte, da stünde jemand anderes vor dem Spiegel. Meine Haare hatten zwar immer noch dieselbe Farbe, wie meine ehemals braunen Augen, doch reichten sie mir nun bis zur Hüfte hinunter und sie glänzten so wunderschön, dass man fast meinen konnte, sie wären wie bei vielen Models mit Photoshop bearbeitet worden. Als ich die Haare beiseite schob, konnte ich erkennen, dass meine Ohren wie bei Elben auch spitz zuliefen. Auch mein Gesicht war makellos von der perfekt geformten Stupsnase bis hin zu den vollen, tiefroten Lippen. Das Kleid wirkte zwar nicht unpassend, doch es brachte trotzdem noch meine weiblichen Rundungen gut zur Geltung. Alles in allem sah ich einfach perfekt, mächtig, weise und auf eine Art alt aus, die nichts mit grauen Haaren oder Falten zu tun hatte.
Obwohl ich mit meinem Äußeren vollends zufrieden war, musste ich etwas Kleines ausprobieren: Turn the colour of my eyes into a light and beautiful water blue!
Dreimal dürft ihr raten, was passierte… Das saftige Dunkelgrün meiner Augen wurde immer heller, bis es schließlich genau die gewünschte Farbe annahm. Doch die grünen Augen hatten mir eindeutig besser gefallen, also machte ich meinen Wunsch rückgängig: Turn the colour of my eyes into that beautiful green again!
Ich beschloss, meinen Zauberstab fürs Erste in meinem Dekolleté zu verstecken, da würde ihn mir sicher niemand wegnehmen…
Plötzlich hörte ich zwei Paar Füße wieder zurückkommen. Offensichtlich hatten sie jemanden zur Beratung geholt. Vermutlich Elrond.
Nachdem ich im Spiegel erleichtert festgestellt hatte, dass man nichts von meinem heimlich versteckten Zauberstab erahnen konnte, atmete ich noch einmal tief durch und trat durch die Tür nach draußen.
Ich wäre beinahe in Legolas hineingerannt, so dicht stand er vor der Tür. Doch zum Glück waren meine Sinne nun viel schärfer als früher und ich konnte noch rechtzeitig abbremsen. Fast so als wollte er mich präsentieren, trat Legolas langsam beiseite und gab mir somit den Blick auf Elrond frei. Er sah, wie alle anderen auch, genau so aus, wie er in Tolkiens Büchern beschrieben wurde, hatte allerdings auch eine relativ große, wenn auch nicht komplette, Ähnlichkeit mit dem Schauspieler, der in den Filmen seine Rolle spielte und dessen Name mir partout nicht einfallen wollte.
Sein Geruch ähnelte ein wenig dem von Legolas, doch er hatte irgendwie keine so große Anziehung auf mich, auch wenn er ebenso „frisch“ roch, wie Legolas. Legolas‘ Geruch hatte etwas unbeschreiblich Schönes, das in mir ein wunderbares Gefühl von Geborgenheit auslöste und das auf mich ähnlich wie der Liebestrank Amortentia wirkte, nur viel mehr wie tiefgründige und aufrichtig starke Liebe, wenn das überhaupt möglich war. Das fand ich ein bisschen beängstigend.
„Sei gegrüßt, Sithmira… Wessen Tochter, wenn du mir die Frage erlaubst?“ Ach ja, hier gab es ja nicht so richtig Nachnamen wie in der anderen Welt.
„Ellesmera war der Name meiner Mutter“, antwortete ich. Dann fuhr ich fort: „Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr der Halbelb Elrond seid?“
Während Elrond, Legolas, Gimli und Aragorn ein wenig misstrauisch die Stirn runzelten, sagte Gandalf leise auf Elbisch und offensichtlich nicht für meine Ohren bestimmt (er wusste ja nicht, dass ich es trotzdem hören und, zu meinem eigenen Erstaunen, verstehen konnte) zu Elrond: „Siehst du nun, mein lieber Freund, wie wichtig mein Anliegen ist? Es wäre meiner Meinung nach ein genauso großer Fehler, sie mit Gewalt hier behalten zu wollen, wie es ein Fehler wäre, sie einfach ziehen zu lassen!“
Elrond nickte nachdenklich, ob nun als Antwort auf Gandalfs Aufforderung oder als Antwort auf meine Frage, konnte ich nicht so recht sagen, aber ich nahm an, dass es für beides galt.
„Nun, Sithmira, Ellesmeras Tochter, wir haben einiges zu besprechen. Lass uns doch noch ein Mal in dein Zimmer gehen und dort darüber sprechen“, sagte er und ging an mir vorbei ins Zimmer. Wir fünf folgten ihm und etwas (wahrscheinlich mein komisches Gefühl) sagte mir, dass Gandalf, als er noch einen Moment irgendetwas zur Tür sagte, das keiner von uns verstand, diese so „präparierte“, dass niemand unerwünscht lauschen konnte.
Elrond kam gleich zur Sache: „Gandalf hat mir bereits einiges über dich erzählt, Sithmira, Ellesmeras Tochter. Uns allen scheint deine Geschichte ein wenig abstrakt und doch wollen wir dir eine Chance geben, die unserer Meinung nach jedes Lebewesen verdient hat. Eine Chance um, wie du selbst sagst, ,deine guten Absichten zu beweisen‘.“
Da ich noch eine weitere Erklärung erwartete, antwortete ich nicht, sondern sah ihn nur nachdenklich an, was ihm in irgendeiner Art unangenehm schien.
„Wie du wahrscheinlich weißt, wird in sieben Tagen die Gemeinschaft des Ringes aufbrechen, um den Einen Ring zu vernichten. Ich stelle dich hier nun vor die Wahl: Entweder du schließt dich dieser Gemeinschaft an und kannst dich sozusagen in den Gefahren dieser Reise beweisen, oder du bleibst vorerst hier in Bruchtal, wo du uns natürlich mit deinem offensichtlich sehr großen Wissen auch helfen könntest.“
Ich brauchte nicht mal eine ganze Sekunde, um mir meiner Antwort sicher zu sein: „Ich werde mit der Gemeinschaft des Ringes aufbrechen.“ Ich würde es nicht aushalten ruhig in Bruchtal zu sitzen, während ich wusste, was die Gefährten durchmachten. Ich wollte ihnen so gut ich konnte helfen. Ich wusste allerdings noch nicht, dass das nicht so funktionieren würde, wie ich mir das vorgestellt hatte.
In den Gesichtern der Anwesenden konnte ich nun sehen, dass sie sehr wohl damit gerechnet hatten, dass ich mitkommen wollte, doch sie hatten nicht erwartet, dass ich das ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen oder zu zögern so überzeugt sagen würde.
„In Ordnung. Gandalf und die anderen werden dir die Details genauer erklären und ich werde nun den anderen Bescheid sagen, damit du ihnen vorgestellt werden kannst.“ Mit diesen Worten drehte Elrond sich zur Tür und rauschte davon.
Ein unangenehmes Schweigen trat ein, bis Gandalf offensichtlich interessiert fragte: „Sithmira, kannst du mir einige nähere Details über deine Art von Zauberei erzählen? Ich hätte nie gedacht, dass jemand mit einem so kurzen Stab so machtvolle Magie bewirken kann.“ Ich musste schmunzeln.
„Danke, Gandalf, du schmeichelst mir sehr, aber wenn du das, was du bereits gesehen hast, schon für mächtig hältst, dann wirst du von meinen anderen Fähigkeiten noch viel beeindruckter sein“, sagte ich.
Dann zog ich in einer einzigen, so schnell fließenden Bewegung meinen Zauberstab aus dem Dekolleté, dass niemand, nicht mal Legolas, sehen konnte, woher der Zauberstab kam.
„Was möchtest du sehen? Ich kann jeden in diesem Raum mit ganz wenigen Worten bewusstlos oder bewegungslos machen, ich kann aber auch… Jetzt weiß ich etwas, das euch gefallen wird!“
„Avis!
“, flüsterte ich und plötzlich kam ein kleiner gelber Kolibri aus meiner Zauberstabspitze geschossen.
Alle sogen erstaunt Luft ein und dann begann Gandalf zu klatschen. Nach einigen Sekunden stimmten die anderen, wenn auch etwas zögerlich, ebenfalls in den Applaus ein. Ich machte eine scherzhafte Verbeugung und damit war die eisige Stimmung gebrochen. Wir brachen alle in schallendes Gelächter aus und ich verbeugte mich noch ein Mal.
„Zeig uns noch etwas!“, forderte mich nun Aragorn auf.
Ich tat wie geheißen und deutete mit dem Zauberstab auf das Bett, während ich leise befahl: „Geminio!
“ Sofort entstand direkt daneben aus dem Nichts exakt dasselbe Bett, auf welches ich mich dann, um zu beweisen, dass es echt war, fallen ließ.
Wieder wurde mir applaudiert und meine Zuschauer verlangten nach mehr. Ich ließ noch ein paar weiter Vögel erscheinen und irgendwann wurde es dann dunkel.
„Kannst du nicht mit einem Zauberspruch die Kerzen anzünden?“, fragte Gandalf. Ich nickte und wandte mich den Kerzenleuchtern, die von der Decke hingen, zu.
„Incendio!
“, sagte ich zu jeder einzelnen Kerze und als ich fertig war, hörte ich endlich Schritte in unsere Richtung kommen.
Es waren vier Paar leichte, leise, federnde und tapsende Füße dabei, die ich den Hobbits zuordnete, und ein Paar, das weniger federnd und leicht war, dafür lauter und sicherer. Dieses Paar gehörte wahrscheinlich Boromir. Why did they need that much time?
Eine einzige auf Englisch gestellte Frage und ich wusste sofort die Antwort (Englisch war so eine mächtige Sprache! Durch sie konnte ich alles erfahren und erreichen! Diese Erkenntnis schockte mich…): Frodo war nicht von Bilbo wegzubringen gewesen und auch Merry und Pippin konnten erst vor kurzem schlafend in einer der Speisekammern gefunden werden.
„Sithmira? Sithmira, was ist los?“, fragte Legolas und seine Stimme klang total beunruhigt, als hätte er wirklich Angst, dass mir etwas geschehen sein konnte. Diese Tatsache rührte mich irgendwie und sie ließ ein wundervoll warmes Gefühl in meinem Bauch aufkommen.
„Gar nichts. Ich höre nur die anderen endlich kommen. Hörst du sie denn nicht, Legolas?“
„Nein, ich höre noch nichts.“ Wow. Mein Gehör war tatsächlich verdammt gut. Es war sogar besser, als das eines Elben!
„Du hast ein beeindruckend gutes Gehör, Sithmira“, meinte nun Gandalf, doch ich antwortete nicht.
Ich konnte nun hören, wie die Schritte schnell um die Ecke bogen und nun den Gang entlang direkt auf die Tür zukamen.
„Ah, jetzt kann ich sie auch hören!“, kam es von Legolas und einige Augenblicke später klopfte es an der Tür.
„Kommt herein!“, rief ich mit meiner bezaubernden Stimme und ich hörte, wie die Hobbits erleichtert aufseufzten, als hätte meine Stimme sie von irgendeiner Qual befreit. Seltsam.
Dann öffnete sich die Tür und die restlichen fünf Begleiter traten ein. Sofort schlug mir deren Geruch entgegen.
Boromirs Geruch war dem von Aragorn sehr ähnlich, aber er roch eher nach Orangen als nach Minze. Aber diesen seltsam würzigen Nebengeruch konnte ich auch bei ihm finden, also schloss ich daraus, dass dies das Kennzeichen der menschlichen Gerüche war.
Die Hobbits dagegen rochen alle vier wunderbar süß. Frodo am ehesten nach Schokolade, Sam nach Honig, Merry nach Äpfeln und Pippin nach Erdbeeren. Obwohl die Früchte im Gegensatz zum Honig und zu der Schokolade eigentlich nicht besonders süß riechen durften, glaubte ich, im siebten Himmel des Wunderbar-süß-und-trotzdem-nicht-eklig-und-klebrig-Landes angekommen zu sein. Wie das duftete! Aber trotzdem hatte ich nicht das Gefühl sie „essen“ zu wollen. Nein, die Hobbits rochen einfach nur verdammt gut. Und irgendwie unschuldiger als die anderen, auch wenn ich nicht ganz wusste, wie jemand „unschuldig“ riechen konnte.
Mein Anblick verwirrte sie offenbar. Das konnte ich ganz deutlich in ihren Gesichtern lesen. Die Hobbits sahen fast so aus, als hätte ihnen jemand, nein, nicht jemand, sondern ich, als hätte ich
ihnen den Imperius-Fluch aufgehalst. Doch das hatte ich mit Sicherheit nicht getan. Wenn ich mir eins geschworen hatte, dann, dass ich nie, niemals, einen der Unverzeihlichen Flüche ausführen würde.
Boromir sah ebenfalls verwirrt aus, doch in seinem Gesicht konnte ich auch Misstrauen gegenüber meiner Wirkung erkennen und ich sah auch, wie er versuchte, seine Hand unauffällig zu seinem Schwert gleiten zu lassen. Doch das gelang ihm natürlich nicht. Ich war mir sicher, dass jeder in diesem Raum das gesehen hatte.
„Sithmira, das sind - “, setzte Legolas an, doch ich konnte nicht anders. Ich musste ihn unterbrechen und mir selbst beweisen, dass ich viel mehr wusste, als ihnen vielleicht lieb war.
„Ich weiß, wer das ist, Legolas. Die Namen der Hobbits sind Frodo, Sam, Merry und Pippin und der Mann, dessen Hand auf seinem Schwert liegt, weil er mir misstraut, heißt Boromir. Hab ich Recht?“
Die „Neulinge“ sogen erschrocken Luft ein, doch die anderen bedachten mich nur mit einer hochgezogenen Augenbraue und Legolas gab sich mit einem Nicken geschlagen.
„Mein Name ist Sithmira“, fuhr ich fort und wandte mich nun den Hobbits und Boromir zu. Tell me, if they already know my story!
, befahl ich (wem ich das befahl, wusste ich eigentlich nicht). Yes. Ich zuckte erschrocken zusammen, als mir eine unbekannte Stimme in Gedanken antwortete. Na toll, jetzt hörte ich auch schon Stimmen, die eigentlich gar nicht da waren… Noch verrückter ging’s wohl nicht, oder?
„Da ihr meine Geschichte schon wisst, kann ich euch nur sagen, dass ich weder vorhabe, euch etwas zu tun, noch eure Reise zu sabotieren. Ich will euch helfen, so gut ich kann und das werde ich auch tun. Egal, ob ihr mir vertraut oder nicht.“
Plötzlich veränderte sich Boromirs Gesichtsausdruck und wilde Entschlossenheit machte dem zuvor immer größer werdenden Misstrauen Platz.
„LÜGNERIN!“, schrie er mich an und zog sein Schwert.
„Ich regle das schon“, zischte ich Legolas zu, dessen Hand zu seinem Bogen und einem Pfeil geschnellt war. Diese Reaktion löste ein wohlig warmes Gefühl in meiner Magen – und Brustgegend aus. Er wollte mich beschützen! Was für ein wunderbarer Gedanke!
Dann dachte ich einen unwillkürlichen Befehl: Wand, I want you to change yourself into a sword!
Dreimal dürft ihr raten, was passierte. Mein Zauberstab, den ich immer noch in der rechten Hand hielt, wurde rasend schnell immer länger, härter und heller, bis ich schließlich ein wunderschönes silbernes Schwert in der Hand hielt, statt meinem Zauberstab aus Weidenholz.
Mit Leichtigkeit parierte ich Boromirs ersten Angriff und bevor er überhaupt weiter reagieren konnte, schlug ich ihm sein Schwert aus der Hand und drückte meine Schwertspitze sanft, aber bestimmt gegen seine Brust. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen und ich konnte hören, wie Legolas einen Pfeil spannte.
Doch diesmal galt der Pfeil nicht Boromir sondern mir. Diese Tatsache hatte eine seltsame Wirkung auf mich. Ein seltsam stechender Schmerz breitete sich in meiner linken Brustgegend aus und ich keuchte überrascht von der Intensität des Schmerzes gequält auf. Warum hatte eine einzige Entscheidung von Legolas so viel Einfluss auf mich, während es mir fast gleichgültig war, dass Boromir mich gerade eben noch hatte umbringen wollen? Ganz einfach: Legolas‘ Meinung war mir viel wichtiger als die der andreren. Dass er mir nicht vertraute gab mir einen seelischen Stich, mit dem ich nicht gerechnet hätte. Das machte mir Angst.
Langsam, um meiner Geste Nachdruck zu verleihen, ließ ich mein Schwert wieder sinken und dachte dann Sword, back into wand!
Selbst dieser stichwortartige Befehl wurde tadellos befolgt. So schnell, dass es selbst Legolas nicht sehen konnte, schrumpfte mein Zauberstab wieder zusammen und nahm wieder diesen wunderschönen Hellbraunton an, den Hermine immer beneidet hatte. Hermine. Was sie wohl gerade machte? Ob sie mich vermisste? Doch ich verbat mir schnell jeden weiteren Gedanken an sie, denn diese hatten eine ähnlich Wirkung auf mich, wie Legolas‘ Entscheidung vorhin, Boromir im Notfall durch meinen Tod zu retten. Und sowas konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen.
„Was lässt dich glauben, dass du mich einfach umbringen kannst?“, fragte ich Boromir ruhig doch mit einer versteckten Bedrohung, die ihn einige Schritte zurückstolpern ließ.
„Ich… ähm… Ich…“
„Lass es gut sein. Du bist nicht der Erste, der das versucht. Ich kann mir vorstellen, wie verwirrend das Ganze für euch sein muss, deshalb nehme ich es nicht persönlich, aber lass dir eins gesagt sein: Niemand, wirklich niemand, in dieser Welt kann mich ohne fremde Hilfe einfach so mal eben umbringen, klar soweit?“ Als Antwort kam ein schwaches Nicken von Boromir.
„Da wäre noch eine Sache, die Elrond für wichtig hielt…“, begann Legolas plötzlich.
„Und die wäre?“, fragend zog ich eine Augenbraue hoch.
„Deinen Erzählungen entnahmen wir, dass du noch kaum bis gar keine Erfahrung in der Kunst des Schwertkampfes oder im Umgang mit sonstigen Waffen besitzt. Deshalb habe ich beschlossen, dich ab morgen bis zu unserer Abreise so gut wie möglich zu unterrichten.“ Na wenn das mal nicht unerwartet kam! Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
„Ähm… In Ordnung. Wann und wo beginnen wollen wir denn beginnen?“
„Ich hole dich gegen Sonnenaufgang hier ab, in Ordnung?“, fragte er. Offensichtlich war er nicht sicher, ob mir das vielleicht zu früh war. Doch zu meinem eigenen Erstaunen stellte ich fest, dass ich nichts gegen die frühe Stunde hatte. Also nickte ich zur Bestätigung.
„Sehr gut. Dann können wir nun Abendessen gehen“, sagte Gandalf plötzlich und erhob sich flinker, als ich es dem alten Mann zugetraut hätte.
Niemand hatte etwas gegen seinen Vorschlag einzuwenden und so führte uns Gandalf in die Küche.
Nach dem Abendessen brachte mich Legolas zurück in mein Zimmer und als ich ihn fragte, was er von mir wolle, antwortete er nur: „Elrond meinte, jemand sollte in deiner ersten Nacht darauf aufpassen, dass du nichts unerlaubtes machst.“
Sie bewachten mich also. Autsch. Diese Art von Misstrauen gab mir einen seltsamen Stich in der Magengegend, sodass ich erschrecktes Keuchen unterdrücken musste. Sofort schalt ich mich dafür. Was hatte ich denn erwartet? Dass sie mir nach einigen Stunden seltsamer Erklärungen sofort vertrauten? Es war doch nur logisch, dass sie trotz allem was sie und ihr Gewissen sagten, auf Nummer sicher gehen wollten. Das konnte ich ihnen nun wirklich nicht übelnehmen. Und trotzdem war ich darüber enttäuscht.
So schnell ich konnte (und das war übrigens übermenschlich schnell), machte ich mich bettfertig und schlüpfte unter die Decke. Ich hatte Legolas natürlich ein Bett herbeigezaubert, doch dieser war erstaunlich stur und zog deshalb einen harten Holzstuhl dem Bett vor. Ich beschloss, dass es mir eigentlich egal sein konnte, ob er nun in einem weichen Bett oder auf einem harten Stuhl schlafen wollte und wenige Minuten schlief ich ein, obwohl ich nicht das Gefühl hatte, den Schlaf zu brauchen
. Glücklicherweise ersparte mein Unterbewusstsein mir etwaige Albträume von Hermine oder anderen Personen, die ich liebte. Fortsetzung folgt...
Ohne offensichtlichen Grund war ich plötzlich hellwach. Ich brauchte exakt eine Sekunde um mich mit geschlossenen Augen zu orientieren und als ich mich auf Legolas‘ Atem und Herzschlag konzentrierte, erkannte ich, warum ich plötzlich aufgewacht war: Als er geschlafen hatte, waren sie viel regelmäßiger gewesen. Sein Atem ging immer noch gleichmäßig, doch sein Herzschlag hatte schlagartig an Geschwindigkeit zugelegt und mein komisches Gefühl sagte mir, dass mein Anblick der Grund dafür war. Aber wieso konnte mich das schnellere Geräusch seines Herzschlages aufwecken, wenn es lautere Geräusche wie das Gezwitscher der Vögel nicht geschafft hatten? Das war doch vollkommen verrückt!
„Das ist doch verrückt“, sagte er leise zu sich selbst. „Wie kann ich so auf sie reagieren, während sie jeden Moment, den sie lebt, unsere Mission gefährdet. Außerdem weiß ich doch gar nichts über sie!“
Ganz genau! Du weißt gar nichts über mich!
, dachte ich verärgert und versuchte diesen lästigen stechenden Schmerz in meiner Brust zu verscheuchen. Ich hatte jetzt eindeutig keine Zeit, mir über meine verrückten Gefühle Gedanken zu machen…
Doch ich konnte meine Gefühle nicht beherrschen: Tell me what Legolas is thinking about me!
Und wie erwartet konnte ich plötzlich seine Stimme in Gedanken hören. Oder besser gesagt seinen inneren Streit: Legolas, du dummer Elb! Jetzt hör schon auf, zu glauben sie sei unschuldig, selbst wenn sie im Schlaf so aussieht! Sie hat uns allen eine Geschichte von einer anderen Welt aufgetischt und erwartet, dass wir sie glauben! Das kann doch gar nicht sein! Nur eine von Saurons Bruten kann so unnatürliche Kräfte und ein so unnatürliches Wissen besitzen! Jetzt gib dir schon einen Ruck und weck sie auf! Aber ich kann sie nicht aufwecken, wenn sie doch so friedlich schläft - doch das kannst du sehr wohl, Legolas! Komm schon...
Okay, das war mir eindeutig genug Information. Stop!
Sofort verschwand seine gedankliche Stimme aus meinem Kopf. Das war doch tatsächlich dumm - er hörte sich ja schon fast so an wie Gollum, auch wenn er seine Gedanken noch nicht laut aussprach...
Ich beschloss, ihm bei der Lösung seines inneren Konflikts zu helfen, indem ich schlagartig die Augen aufschlug und mich aufsetzte. Für einen Moment dachte ich, Legolas würde wie ein Mädchen in einem Horrorfilm aufkreischen, doch er fasste sich schneller, als ich es ihm zugetraut hätte.
„Gut, du bist wach. Zieh dich schnell um, dann können wir mit dem Training beginnen. Deine Kleidung liegt auf dem anderen Bett.“ Mit diesen Worten begrüßte er mich und verschwand dann nach draußen, um mir beim Umziehen meine Privatsphäre zu lassen.
Eigentlich war ich ein Morgenmuffel und ging es in der Früh immer etwas langsamer an und da ich nicht vorhatte, wegen Legolas meine Gewohnheiten zu ändern, ließ ich mir mit dem Aufstehen und Umziehen viel Zeit.
Nachdem ich in meine Klamotten, heute waren es eine dunkelbraune Lederhose und ein moosgrünes, langärmeliges Elbenhemd, geschlüpft war, ließ ich das zweite Bett mit einem gemurmelten Zauberspruch verschwinden und verstaute danach meinen Zauberstab in einer der großen Hosentaschen. Dann warf ich noch einen kurzen, prüfenden Blick in den Spiegel, nur um erleichtert festzustellen, dass meine Haare die Nacht beinahe ohne zu verstrubbeln überstanden hatten.
Ich atmete noch einmal tief durch, dann öffnete ich die Tür und gesellte mich zu Legolas. Dieser wartete bereits ungeduldig und stürmte sofort los, als ich erschien. Ich fragte nicht, wohin wir gingen, aber mir war ganz klar, dass wir offensichtlich das Frühstück ausfallen ließen. Hmmm, naja, mir war es egal, ich verspürte keinerlei Hunger, was mich um ehrlich zu sein etwas beunruhigte, aber ich fand mich schnell damit ab.
Als wir rechts um die Ecke bogen, konnte ich bereits vier oder fünf trainierende Elben und Menschen hören. Offensichtlich befand sich hinter der riesigen und schweren Holztür ein Übungsfeld. Der Gedanke daran, endlich etwas tun zu können außer dumm rumsitzen, machte mich ganz hibbelig. Doch ich versuchte, das so gut wie möglich zu verstecken. Leider schien es mir nicht ganz zu gelingen, denn ich konnte aus den Augenwinkeln erkennen, wie sich in Legolas plötzlich ein selbstgefälliges Grinsen ausbreitete. Der glaubte doch wohl nicht wirklich, dass ich aus Angst vor ihm so unruhig war, oder etwa doch? Naja, eigentlich sollte ich doch Angst vor ihm haben, schließlich war er ein Elb und ein sehr guter Kämpfer noch dazu, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund, freute ich mich eher auf unsere Kämpfe als, dass ich Angst davor gehabt hätte. Schon irgendwie komisch.
Vor der großen Tür angekommen, grinste er mich herablassend an und öffnete mit einem siegessicheren: „Ladies first!" die Tür. Ich versuchte, mir meine Wut nicht anmerken zu lassen und marschierte hoch erhobenen Hauptes auf das Trainigsfeld. Sofort verebbten alle Kämpfe. Jeder starrte mich an, die einzige Frau, die dieses Territorium wahrscheinlich jemals betreten hatte. Naja, vielleicht übten sich hier auch manchmal die Elbenfrauen im Schwertkampf oder so, aber das war sicherlich eine Seltenheit.
„Wir fangen mit einem kleinen Test an, damit ich weiß, wie viel ich dir in einer Woche beibringen muss, damit du da draußen überleben kannst." Legolas' Worte brachten mich ziemlich auf die Palme (warum genau wusste ich eigentlich nicht), aber glücklicherweise gelang es mir, nicht die Beherrschung zu verlieren.
„Ich freue mich darauf", war das einzige, was ich antwortete.
Er ging zu einem Waffenlager und suchte sich selbst und mir ein passendes Schwert, während ich mitten auf dem Feld wartete, doch als er mir eines entgegenhielt, schüttelte ich nur dankend den Kopf und holte meinen Zauberstab hervor.
„Mit diesem Holzzweig willst du gegen mich kämpfen?", fragte er. „Das ist doch lächerlich!"
Wand, I'd like you to become a sword!
, dachte ich und sagte, nachdem die Verwandlung vollendet war: „Nein, ich kämpfe auch mit einem Schwert, wenn dir das Recht ist!"
Damit hatte er nicht gerechnet, aber um diesen für ihn peinlichen Moment zu überspielen, stach er ganz plötzlich zu, sehr schnell und ohne Vorwarnung direkt auf mein Herz. Verdammt, der war echt schnell! Ich schaffte es eher schlecht als recht, mein eigenes Schwert schnell genug hochzureißen und den Schlag zu parieren. Doch ich schaffte es und das löste ein eigenartiges Gefühl in mir aus, das ich nicht benennen konnte.
Das Problem war, dass sich über Nacht irgendwas verändert haben musste, denn es geschah nicht mehr so wie mit dem Pfeil gestern, alles in Zeitlupe. Nein, alles passierte in normaler Geschwindigkeit und das machte es mir ziemlich schwer, rechtzeitig zu reagieren. Also hatte ich mir schon nach einigen kurzen Minuten ein paar Kratzer eingefangen. Ich schaffte es noch etwa fünf weitere Minuten, ihn hinzuhalten, doch dann schlug er mir plötzlich und viel schneller und heftiger als zuvor mein Schwert aus der Hand und hielt mir die Klingenspitze unters Kinn.
Mit diesem Ausgang des Kampfes hatte ich nicht gerechnet und deshalb war ich auch ziemlich enttäuscht. Was war bloß los mit mir? Wieso hätte Legolas in einem Kampf gestern keinerlei Chancen gehabt und konnte mich heute schon nach wenigen Minuten besiegen? Lag es daran, dass ich nicht gefrühstückt hatte? Oder fehlte mir die Konzentration? Musste ich etwa sozusagen einen Knopf drücken, der die Zeitlupe einschaltete? Doch mir blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn Legolas hatte sich offensichtlich ein Bild von mir gemacht und führte mich nun zu den Bogenschützen, nachdem er mir mein Schwert wieder gebracht hatte.
Diesmal sah er mich fragend an, während er mir Pfeil und Bogen entgegenhielt. Und wieder entschied ich, dass es besser wäre, meinen Zauberstab zu verwandeln. Wand/sword, change yourself into bow and arrow!
Und mein Zauberstab/Schwert tat, was ich von ihm verlangte: Etwa zwei Sekunden später hielt ich einen Bogen in der einen Hand und einen Köcher voller Pfeile in der Anderen. Seltsam, ich hatte gar nicht bemerkt, dass sie der Zauberstab in zwei Teile geteilt hatte. Naja, auch egal.
Ich ging zu einer der Zielscheiben und stellte mich etwa zehn Meter entfernt davor hin. Ungeschickt hob ich den Bogen, legte einen Pfeil in die Sehne, zielte, zog die Sehne zurück und schoss. Daneben. Anstatt die Zielscheibe auch nur zu streifen, flog der Pfeil mit solcher Wucht durch das Fenster, dass das ganze Fenster zersplitterte. Verdammt! Wo war meine Geschicklichkeit im Umgang mit Waffen von gestern hin? Was machte ich verdammt nochmal falsch?
Im Augenwinkel sah ich, wie Legolas und einige andere umstehende Elben den Kopf schüttelten. Um wenigstens den Schaden wieder gut zu machen, den ich dem Fenster zugefügt hatte, verwandelte ich meinen Zauberstab mit einem schnellen Gedanken wieder zurück, deutete damit auf das zerbrochene Fenster und murmelte leise: „Reparo!
“
Wie erwartet machte plötzlich ein leises Raunen die Runde, als sich die Glasscherben wie von Geisterhand wieder selbst zusammensetzten. Eigentlich sollten sie doch wissen, was Zauberei ist, sei kannte schließlich Gandalf, oder? Aber trotzdem machte ich ihnen offensichtlich Angst, denn nun wichen fast alle vor mir zurück und sahen mich an wie ein Tier im Zoo.
Der arme Harry. Jetzt wusste ich, wie schrecklich er sich immer gefühlt haben musste, vor allem, als ihn immer alle angegafft und für einen Freak bzw. Idioten gehalten hatten in der fünften Klasse.
„Wir haben noch viel vor uns“, sagte Legolas plötzlich an mich gewandt. „Du musst noch einiges lernen, wenn du in einer Woche mit uns aufbrechen möchtest.“
Plötzlich machte es klick. Der Unterton, der in seiner Stimme mitgeschwungen hatte, schaltete den Knopf um. Innerhalb einer Sekunde war mein Zauberstab wieder zu einem Schwert geworden, das ich nun direkt auf Legolas‘ Brust hielt.
„Kämpfe mit mir, wie ein Mann und ich zeige dir, dass ich keinerlei Übung mehr nötig habe!“, fuhr ich ihn an.
Ich hatte den Dreh raus. Ich musste tatsächlich einen Schalter umschalten, um gut kämpfen zu können, doch ich wusste nun, wo dieser Schalter war und was ich tun musste, um ihn umzulegen. Ich kann es nicht erklären. Nein, das kann ich nicht.
Aber ich kann euch sagen, dass ich von diesem Moment an jede Situation, die es erforderte, in Zeitlupe verwandeln konnte und dass ich besser kämpfen konnte als jeder Elb! Anfangs brauchte ich etwas Übung, doch nach der einen Woche bis zu unserem Aufbruch hatte ich diese „Gabe“ (ein besserer Name fiel mir für diese Fähigkeit nicht ein) vollkommen unter Kontrolle, was mich mächtiger machte, als sich irgendjemand vorstellen konnte.
Doch zurück zu diesem Augenblick, in dem ich den Trick herausfand: Obwohl Legolas‘ offensichtlich überrascht war, nahm er erneut sein Schwert in die Hand und wir nahmen unsere Ausgangspostionen ein. Diesmal war ich es, die zuerst angriff. Ich stach so schnell und stark ich konnte nach seinem rechten Bein und er schaffte es nur mit großer Mühe, mir auszuweichen. Diese Tatsache trieb mir ein Grinsen ins Gesicht, das viele wahrscheinlich als verrückt bezeichnet hätten.
Dieser Kampf dauerte genauso kurz wie der vorige, doch nun ging ich als Siegerin daraus hervor. Als Legolas‘ nur eine Sekunde seinen Blick von meinem Schwert zu meinen Augen wandern ließ, nutzte ich seine Unachtsamkeit aus und schlug ihm mit einer flüssigen Bewegung aus dem Handgelenk sein Schwert aus der Hand.
„Wie hast du das gemacht?“, fragte er mich entsetzt, während ich meinen Zauberstab wieder in ein Stück Holz verwandelte.
„Das kann ich dir nicht erklären“, antwortete ich ehrlich.
Dann wurde sein Gesichtsausdruck von geschockt zu wütend und vielleicht auch ein wenig ängstlich, als er rief: „Nun, du hast offensichtlich bewiesen, dass du kein Training brauchst, also halte dich von mir fern, du Dämon!“
Und bevor ich ihn hätte aufhalten können, stürmte er durch die Tür davon. Ja, es starrten mich immer noch alle an, doch das war mir plötzlich herzlichst egal, denn Legolas‘ Worte stachen in mich hinein, wie tausend eiskalte, kleine Messer. Keuchend schnappte ich nach Luft, während mit langsam bewusst wurde, dass Legolas mich hassen musste. Ich weiß nicht wofür, ich hatte ihm doch nichts getan, aber er hasste mich eindeutig.
Diese erschreckende Tatsache schien mich zu erdrücken und bevor ich vor all diesen Elben in Tränen ausbrechen konnte, flüchtete ich in mein Zimmer. Nachdem ich die Tür hinter mir zugeknallt hatte, murmelte ich „Colloportus!
“, damit mich niemand heulend sehen konnte.
Danach warf ich mich am ganzen Körper zitternd auf mein Bett und dachte darüber nach, was Legolas gesagt hatte. Er hatte mich Dämon genannt. Nun ja, für ihn war ich einem Dämon wahrscheinlich ziemlich ähnlich, wenn ich zaubern konnte und einfach so aus dem Nichts aufgetaucht war. Aber selbst wenn er mich für einen Dämon hielt, musste er doch trotzdem wissen, dass ich Gefühle hatte und dass er mich mit seiner Art verletzte. Oder war es ihm egal? Letzteres war die wahrscheinlichere Möglichkeit.
Und um ehrlich zu sein, ich konnte es ihm nicht verübeln. Was würde ich denn denken, wenn ich an seiner Stelle wäre? Ich würde mich auch für einen Dämon halten, wenn ich ehrlich war. Aber trotzdem tat es weh. Warum tat es so weh, dass er mich zu hassen schien? Warum? War es vielleicht, weil ich ihn irgendwie mochte? Tat es deswegen so weh, weil ich wollte, dass er meine Gefühle erwiderte? Aber welche Gefühle sollte er erwidern? Was fühlte ich für ihn?
Fragen über Fragen über Fragen. Wenn ich doch nur mit Hermine hätte reden können. Sie hätte bestimmt einen Rat für mich gehabt.
Schon schüttelte mich der nächste Weinkrampf. An Hermine zu denken war offensichtlich keine gute Idee. Aber was soll’s. Wann hatte ich in letzter Zeit schon gute Ideen gehabt? Also lag ich den Rest des Tages allein in meinem Zimmer und weinte. Aus verschiedensten Gründen und kaum hatte ich mich halbwegs beruhigt, kam mir wieder irgendetwas Neues in den Sinn, das mich erneut zum Weinen brachte.
Tja, dazu fiel mir nur eins ein: Das Leben ist beschissen und dann stirbt man. – Ja, schön wär’s. (Das ist ein Zitat aus Bis(s) zum Ende der Nacht
von Stephenie Meyer. Es ist das Vorwort von Buch 2 aus Jacob’s Sicht. Allerdings gab es zu der Zeit, in der die Geschichte spielt, die Twilight-Serie noch nicht, deshalb muss ich das jetzt hier als Zitat angeben;))
Als die Dämmerung langsam einsetzte, klopfte es plötzlich an meiner Tür. Ich hatte mich schon vor etwa einer halben Stunde wieder soweit beruhigt, dass ich nur noch völlig erschöpft von meinen Weinkrämpfen am Bett lag.
„Herein“, rief ich und vergaß dabei, dass ich die Tür eigentlich magisch verschlossen hatte.
Schnell murmelte ich ein leises „Alohomora
“ und keine Sekunde später tauchte die Person in der Tür auf, die ich wahrscheinlich am wenigsten erwartet hätte. Legolas. Hmm, dieses Gespräch konnte ja spannend werden. Er hatte ein Tablett in den Händen, das mit diversen Köstlichkeiten wie Wurst, Käse, Weintrauben und anderen Früchten belegt war, die mir nicht bekannt vorkamen.
„Das Abendessen ist schon längst vorbei, doch ich dachte mir, dass du vermutlich Hunger hast, also…“ Unschlüssig blieb er in der Tür stehen und starrte mir in die verweinten und rot angeschwollenen Augen.
„Danke“, murmelte ich mit brüchiger Stimme. „Setz dich doch hier her“, fügte ich noch hinzu und deutete auf das Fußende des Bettes. Er schloss die Tür hinter sich und stellte das Tablett auf dem kleinen Tisch in der Mitte des Raumes ab. Dann nahm er den Tisch und stellte ihn zwischen das Bett und den Stuhl, der ein kleines Stück entfernt neben meinem Bett stand. Dort setzte er sich hin. Ich hatte mir schon gedacht, dass er sich nicht zu mir setzen würde, deshalb nahm ich es wortlos zur Kenntnis.
Offensichtlich war Legolas dieser Moment sehr peinlich, deshalb beschloss ich, ihm ein wenig zu helfen. „Was sind denn das für Früchte? Ich kenne solche Früchte nicht, die gibt es nicht in meiner Welt“, sagte ich und deutete auf etwa daumengroße, meerblaue Kugeln.
„Das weißt du nicht? Ich dachte, du weißt alles über diese Welt“, antwortete Legolas spitz und hob herausfordernd eine Augenbraue.
„Nein, ich weiß es nicht. Ich bin nicht allwissend und alles können tu ich auch nicht“, gab ich trotzig wie ein kleines Kind zurück.
„Nun ja… Also diese Früchte heißen Hydorkarpos, weil sie nur in bestimmten Gewässern hier in Bruchtal wachsen. Sie sind eine Spezialität von Elrond.“
„Danke, ich glaube, ich werde mal eine davon kosten“, sagte ich und nahm eine von diesen Früchten in den Mund. Als ich sie zerkaute breitete sich ein Geschmack auf meiner Zunge aus, der beinahe unbeschreiblich war. Ein wenig salzig, wie das Meer und doch so lecker süß wie eine Pflaume. Mmmhhh… Lecker!
„Wow! Das schmeckt ja fantastisch!“, rief ich voller Freude. Legolas musste grinsen. Damit war das Eis zwischen uns plötzlich gebrochen.
„Okay, hör mir bitte zu, Legolas. Ich … Weißt du, das hier ist alles so fremd für mich, obwohl ich es aus Büchern und so kenne… Ich kann einfach nicht so gut damit umgehen.“
„Sithmira, dies kam mir bereits in den Sinn. Deshalb kam ich heute Abend hier her, um mich für mein Verhalten zu entschuldigen. Etwas tief in mir, sagte mir, dass du nichts dafür kannst, dass du so bist, wie du bist. Dass du es nicht böse meinst und dass du eine Chance hier bei uns verdient hast. Ich möchte dir anbieten, dir diese Chance zu geben. Dir alles zu erklären, was du wissen möchtest und dich auf alles vorzubereiten, was du nicht kennst. Falls du das möchtest …“, brach er verunsichert ab.
„Gerne Legolas. Ich lasse mir gerne von dir hier in dieser Welt helfen. Wie schon gesagt, ich weiß nicht alles und ich kann auch nicht alles und es ist nie etwas Schlechtes wenn man Hilfe hat.“
„Das freut mich zu hören, Sithmira.“
Nach einer kleinen, unangenehmen Stille fasste ich einen Entschluss: „Du weißt, wie ich kämpfen kann, wenn ich will, Legolas. Doch um so zu kämpfen muss ich in meinem Kopf sozusagen einen Schalter umlegen. Nur dann kann ich so gut kämpfen.
Aber… Wie soll ich das erklären? Es macht keinen ‚Spaß‘ zu kämpfen, wenn man immer weiß, dass man gewinnen wird. Natürlich ist es schön, in einem Kampf gegen Orks zu wissen, dass man sie mir einem Wimpernschlag besiegen kann doch… Wir haben auf der Erde ein Sprichwort für das, was ich gerade versuche, dir zu erklären. ‚Der Weg ist das Ziel‘ lautet es. Es bedeutet, dass ein Ziel, das man erreicht, vollkommen wertlos erscheint, wenn man es sich nicht erarbeiten musste. Denn was bringt es zu sagen, ich habe gesiegt, wenn nie die reale Chance bestand zu verlieren? Wo ist der Wert des Ziels, wenn man sich gar nicht darum bemühen muss? Wenn alles einfach und leicht zu schaffen ist, gibt es keine Herausforderungen mehr und was macht man im Leben ohne Herausforderungen? Vor allem wenn man so lange lebt, wie wir… Hm, ich weiß nicht… Verstehst du, was ich meine, Legolas?“
„Ja, ich denke schon, dass ich das verstehe. Du meinst also, du wirst diesen sogenannten ‚Schalter‘, der bewirkt, dass du so unglaublich gut kämpfen kannst, nur in großen Notfallsituationen umlegen? Ansonsten wirst du versuchen, dir alles so zu erarbeiten, wie wir es müssen?“
Er hatte es begriffen! Und das obwohl ich total um den heißen Brei herum geredet hatte… In Gedanken fügte ich noch hinzu, dass ich auch die englische Sprache bis auf weiteres ruhen lassen würde. Wie schon gesagt, es war einfach nicht dasselbe, wenn man mit einigen Worten bekommen konnte, was sich andere hart erarbeiten mussten. Doch da Legolas nichts von der Wirkung von Englisch wusste und vermutlich diese Sprache gar nicht kannte, was das ein Pakt, den ich nur mit mir selbst schloss, in der Hoffnung ihn halten zu können.
Also im Klartext: Kein Englisch und kein Zeitlupenkämpfen mehr, außer in absoluten Norfällen. Schluss, Aus, Basta, Ende der Diskussion.
„Ja, genau das meine ich! Mit einer Ausnahme: Meinen Zauberstab werde ich weiterhin benutzen, schließlich bin ich es gewohnt und lebe seit meinem elften Lebensjahr damit.“
„In Ordnung“, meinte Legolas und schenkte mir zum ersten Mal, seit wir uns begegnet waren, ein aufmunterndes Lächeln.
„Das heißt, wir haben morgen wieder eine Trainingseinheit, nicht wahr?“, fragte ich Legolas und er nickte zur Bestätigung. Dieses Nicken und seine wunderschönen Augen, die meine suchten und fanden, waren der Beginn. Der Beginn von einer wunderbaren Freundschaft und vielem mehr.
Wir brauchten noch etwa ein halbe Stunde, bis wir das Tablett leergegessen hatten. Wobei Legolas kaum etwas davon abbekam, weil ich so einen riesen Hunger hatte. Wir unterhielten uns über belanglose und uninteressante Themen, die ich schon wieder vergessen hatte, bevor wir überhaupt so richtig zum nächsten Thema gekommen waren. Doch es war toll. Es war erleichternd und entspannend einfach unnötigen Schwachsinn zu besprechen, nach den letzten zwei anstrengenden Tagen. Irgendwann im Laufe des Abends begann ich auf Legolas‘ Aufforderung hin, ihm ein paar Zaubersprüche vorzuführen. Am besten gefiel ihm der Schwebezauber, weshalb ich mehr als zehnmal mit einem leisen „Wingardium Leviosa“ das Tablett oder andere kleine Gegenstände durch die Luft schweben ließ. Ich fand es schön, dass er meinetwegen Lachen musste und sich über Dinge freute, die für mich zu einer alltäglichen Gewohnheit geworden waren. Irgendwann, nachdem es schon längst dunkel geworden war, brachen unsere Gespräche irgendwie ab und wir versanken beide in unseren ganz eigenen Gedanken. Ich weiß nicht, worüber er nachdachte. Natürlich, ich hätte es wissen können und glaubt mir, die Versuchung war groß, doch ich hatte mir geschworen, Englisch nicht zu verwenden und ich war fest entschlossen diesen Schwur nicht zu brechen. Stattdessen starrte ich den beinahe vollen Mond an und fragte mich, was ich für Legolas empfand. Freundschaft. Freude, dass er mir vertraute, dass wir uns kennenlernten und er für mich da sein wollte. Ja, Freundschaft … Oder? Einerseits empfand ich mehr als Freundschaft, das war irgendwie schon klar, doch… Ich konnte es mir nicht leisten durch solche Gefühle das zu vernichten, was wir heute gemeinsam aufzubauen begonnen hatten. Ich wollte nicht, dass er sich zu irgendetwas gezwungen fühlte, wenn ich ihm auf die Pelle rücken und deutlich machen würde, dass ich eigentlich mehr, als nur Freundschaft von ihm wollte. Aus diesem Grund beschloss ich, das Gefühl dieser Art von Liebe fürs Erste wegzusperren. Klar, irgendwann würde ich wohl wieder damit konfrontiert werden, aber im Moment war mein Leben so ein Chaos und Durcheinander, dass ich mir ziemlich sicher war, dass eine Beziehung nicht förderlich wäre. Oder ein Korb und somit Liebeskummer. Nein, das wäre auf keinen Fall gut, schließlich wollte ich mein Leben hier in den Griff bekommen. Wenn ich es geschafft habe, meinen Platz in dieser Welt zu finden, dann, dann kann ich mir Sorgen und Gedanken darüber machen, mit wem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Bevor ich das nicht geschafft habe, gibt es absolut keine Schwärmereien und Liebesgedanken und all diese Dinge. Erneut schwor ich mir innerlich etwas, von dem ich nicht sicher war, ob ich es würde einhalten können. Doch einen Versuch war es wert. Ich wandte meinen Blick wieder vom Mond ab und schaute Legolas an. Er saß immer noch auf dem Stuhl, doch sein Kopf lag in seine Arme gebettet auf dem Tisch, der zwischen dem Sessel und meinem Bett stand. Seine Augen waren geschlossen und er atmete ruhig und gleichmäßig. Offensichtlich war er eingeschlafen. Da ich immer noch ein zweites Bett neben meinem stehen hatte, wandte ich vorsichtig einen Schwebezauber an Legolas an, verlagerte ihn so in das zweite Bett und deckte ihn zu. Danach legte ich mich in mein Eigenes und schlief schon nach wenigen Sekunden ein.
Die folgenden Tage verliefen sehr ereignislos. Jeden Morgen ging ich mit Legolas gemeinsam nach dem Frühstück verschiedene Kampftechniken durch und er lehrte mich, was in dieser kurzen Zeit möglich war: den Umgang mit einem Schwert, mit Pfeil und Bogen, nur mit meinem Körper mich zu wehren und wie ich mir immer und überall meine Umgebung zu Nutzen machen konnte. Es machte Spaß. Ja, das tat es tatsächlich. Wir kamen uns näher, freundeten uns an, er begann mir zu vertrauen und ich ihm. Es war schön, einfach nur schön, das Gefühl zu haben, nicht vollkommen allein zu sein. Er lehrte mich auch einiges über Bruchtal und Dinge über seine Welt, von denen ich nicht bereits gelesen hatte. Und abends, wenn wir gemeinsam in meinem Bett saßen, erzählte ich ihm von meiner Welt. Von Hermine und Harry und Ron und ihrem Kampf gegen Lord Voldemort und allem Möglichen. Es schien ihn sehr zu interessieren, was ich zu erzählen hatte. Ich erzählte gerne, denn er hörte mir absolut interessiert zu und gab mir das Gefühl, dass meine Probleme nicht nur in meinem Kopf existierten. Es schien ihn aufrichtig zu bekümmern, dass ich Hermine verloren hatte und aus irgendeinem Grund bekam ich das Gefühl, dass er unbedingt ihre Freundschaft ersetzen wollte. Dass er genauso für mich da sein wollte, wie nur Hermine es gekonnt hatte. Doch Legolas war nicht der einzige, mit dem ich das Eis brechen konnte. Da er und Aragorn sich sehr nahe standen, fiel es mir auch leicht, mich mit ihm anzufreunden, obwohl ich trotzdem wusste, dass er immer ein sehr wachsames Auge auf mich haben würde. Schließlich würde er nicht um sonst eines Tages König von Gondor werden. Und auch die Hobbits fühlten sich in meiner Gegenwart wohler. Es war, als wären sie nicht mehr oberflächlich sondern von ganzem Herzen von mir verzaubert und würden es richtig genießen. Sie hingen an jedem meiner Worte, offensichtlich vermochte meine Stimme ihnen die schönsten Bilder in den Kopf zu malen. Boromir und Gandalf hingegen waren sehr vorsichtig mir gegenüber. Fast immer beäugten sie mich misstrauisch, sobald sie in meiner Nähe waren. Legolas warf Boromir dabei immer einen ziemlich giftigen Blick zu, der ihn meistens aus dem Raum verschwinden ließ. Bei Gandalf wagte er das zwar nicht, doch ich bin mir sicher, dass er es gern getan hätte. Ich fühlte mich ein bisschen schuldig, dass ich mich so plötzlich zwischen die Gemeinschaft gedrängt hatte und sie auch ein wenig entzweit hatte. Ich hoffte bloß, dass das nicht noch zum Problem werden würde…
Wie schnell eine Woche vergehen kann. Sehr schnell. Vielleicht zu schnell. An dem Morgen, an dem wir aufbrechen würden, erinnerte ich mich an alles. Ich hatte einen Albtraum gehabt. Den ersten seit Hermine nach mir gerufen hatte und er war mindestens zehn Mal schlimmer gewesen: Harry, Ron und Hermine. Gefangen von Greifern im Malfoy Manner, Harry kurz davor, an Voldemort ausgeliefert zu werden. Doch das schlimmste daran war, dass Hermine gefoltert wurde. Von Bellatrix Lestrange mit einem Cruciatus-Fluch! Sie schrie so schmerzerfüllt, dass ich beinahe ihre Schmerzen am eigenen Leib spürte. Das war auch der Moment in dem ich selbst schreiend aufwachte. Ich war total aufgelöst und die Tränen rannen wie in Sturzbächen über meine Wangen. Ich schluchzte so schrecklich, dass ich kaum noch Luft bekam. Natürlich hatte ich den armen Legolas geweckt und vermutlich auch den Rest der Bewohner von Bruchtal. Doch was sollte ich denn tun? Ich konnte Hermine doch nicht helfen… Außerdem fühlte es sich nicht so an, als wäre das „nur“ ein Traum gewesen. Es fühlte sich so an, als wäre es genauso passiert. „Sithmira! Sithmira, sieh mich an! Atme ganz langsam ein und aus. Ganz ruhig. Es war nur ein Traum. Dir ist nichts passiert.“ Legolas‘ tröstende Worte nahmen mich gemeinsam mit seinen Armen in einer Umarmung auf. Der Trost und das Mitgefühl, die er ausstrahlte, ließen meine Atmung tatsächlich langsamer und kontrollierter werden, obwohl ich dennoch die Tränen nicht stoppen konnte. „Es… Es war Hermine. Sie… Sie wurde gefoltert! Es klang so … So schrecklich. Sie hatte solche Schmerzen!“, schluchzte ich und es wunderte mich sehr, dass Legolas mich verstand. „Alles ist gut, Sithmira. Es war nur ein Traum, Hermine geht es gut“, versuchte Legolas mich zu beruhigen, doch ich wusste es besser. Das war kein Traum gewesen, es war pure Realität und das sagte ich ihm auch. Daraufhin wusste er keine Antwort mehr und hielt mich einfach nur noch fest im Arm, bis ich mich zumindest soweit beruhigt hatte, dass ich immerhin nicht ersticken würde. Wir kannten uns erst seit einer Woche und romantische Gefühle hatten wir in einem unausgesprochenen Abkommen vorerst nicht in Erwägung gezogen und dennoch … Ich hatte das Gefühl, als wäre Legolas die Person, auf der ganzen Welt, die mich am besten verstand, der ich mich am besten anvertrauen konnte. Schon ziemlich seltsam, was sich in einer Woche so verändern kann… Nachdem ich mich vollends wieder beruhigt hatte, zogen wir uns beide an. Für diesen Zweck hatte ich vor einigen Tagen ein Paravent herbeigezaubert. Ich stand vor meinem Kleiderschrank und wählte meine Kleidung mit großer Bedacht aus, wohlwissend, dass sie bequem und praktisch sein sollte, da ich eine lange Reise vor mir hatte. Einige Kleidungsstücke hatte in mein Gepäck befördert (nachdem ich ein wenig mit einem unaufspürbaren Ausdehnungszauber nachgeholfen hatte), deshalb machte ich mir keine Sorgen, dass ich etwas vergessen haben könnte. Ich entschied mich für die Farben meines Hogwartshauses: eine lange goldene Leinenhose und eine rote Hemdbluse, auf die ich mit ein bisschen Improvisation einen goldenen Löwen zauberte. Keine besonders unauffällige Kleiderwahl, aber ich konnte sie ja zur Not in eine andere Farbe verwandeln. Es fühlte sich einfach ein bisschen mehr nach zu Hause an, mit diesen Farben zur Erinnerung woher ich gekommen war. „Bist du dann bereit zur Abreise, Sithmira?“, hörte ich Legolas fragen. „Ja“, antwortete ich und schulterte meine Reisetasche. Gemeinsam gingen Legolas und ich hinunter zum Tor, wo wir zu Gimli, Gandalf, Boromir, Merry, Pippin, Sam und Frodo stießen. Sie hatten alle gepackt und sahen sehr entschlossen aus. Doch sie wussten nichts. Sie wussten weder, dass sie alle außer Boromir überleben würden, noch dass sie Gandalf für eine verlieren würden oder dass sich ihre Gemeinschaft schon bald teilen würde. Sie wussten nicht, was sie alles noch erwartete. „Möge der Segen der Elben und Menschen und aller freien Völker Mittelerdes euch auf eurem Weg begleiten!“, sagte Elrond und mit diesen Worten brach die Gemeinschaft des Ringes auf. Mit zehn statt ursprünglich neun Mitgliedern.
Texte: Dies ist eine FanFiktion, die sowohl auf der Harry-Potter-Reihe von J.K.Rowling als auch auf der Herr-der-Ringe-Reihe von J.R.R.Tolkien basiert und nicht zu kommerziellen Zwecken von mir geschrieben und hier veröffentlicht wurde. Die aus den oben genannten Büchern übernommen Charaktere sowie einige Teile der Storyline sind selbstverständlich geistiges Eigentum von J.K.Rowling und J.R.R.Tolkien oder Wem auch immer sie die Rechte übertragen haben. Meine Storyline und meine Ideen sowie meine Charaktere zu diesem Buch gehören mir und dürfen nicht ohne meine Zustimmung zu kommerziellen Zwecken verwendet werden. Außerdem werden die oben genannten Bücher in meiner Geschichte aufgrund meiner Storyline ein bisschen verändert. Ich hoffe das stört nicht zu sehr.
Bildmaterialien: Das Cover ist von mir selbst bearbeitet, die usprünglichen Bilder habe ich von google und deviantart.
Tag der Veröffentlichung: 16.07.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch jedem Herr-der-Ringe-Fan und jedem Harry-Potter-Fan! Viel Spaß beim Lesen!