Mit einem erleichterten Seufzer huschte Hope die Treppen der Highschool runter. Es war wieder einer dieser brühten heißen Tage in Australien, an denen man sich am liebsten in Eis einfrieren lassen wollte. Es war zu Vermuten, dass der Strand wieder einmal überfüllt war, Schirm an Schirm, Handtuch an Handtuch. Da musste sie sich erst einmal durch die Menschenmasse kämpfen, um dann ihre Füße im Meer abzukühlen.
Gerade huschte sie um die Ecke, als sie an etwas Hartes abprallte. Beschämt blickte sie auf den Boden, dann sah sie auf und bemerkte, dass es Ryan war, eins Junge aus der elften. Hope konnte nicht begreifen, warum er als der Mädchenschwarm der Schule war. Weder sah er für ihre Begriffe sexy aus, noch hatte er Humor. Sache geklärt oder?
Er war allein unterwegs, ganz was Neues. Sonst wurde er von den Mädchen umkreist und angehimmelt. Eine total Kindische und eigentlich auch peinliche Sache.
Sie quetschte sich an ihm vorbei und ein „Sorry“ fegte über ihren Lippen. „Hey warte“ Er packte sie am Oberarm. Hope blickte ihn mit hochgezogenen Brauen erwartungsvoll an. „Noch was?“ fragte sie und schüttelte seine Hand ab. „Hast du morgen Zeit?“ Hope konnte es nicht fassen. „Kein Interesse.“, gab sie zurück und lief zur Tür. Wahrscheinlich kratze es jetzt gehörig an seinem Ego, ihr konnte es ja egal sein.
Inzwischen war Chaos auf dem Schulhof. Alle rannten wie Gestörte von einem zum anderen Ende. Hope packte sich ihre Tasche unter die Arme und stürzte sich in den Haufen. Als sie ihr Fahrrad aufschloss, legten sich zwei Hände von hinten sanft auf ihre Augen. „Liza, ich weist dass du’s bist.“ Mit einem Lachen schwang sich um und erwartete dass es auch ihre beste Freundin war. „Ryan?“ fragte Hope mit offener Kinnlade. „Hab ich dich erschreckt?“ wollte er wissen. Seine Gesichtszüge wirkten düster, aber seine Stimme hatte doch etwas Vertrautes. Wie früher, als sie noch im Kindergarten spielten, sich gegenseitig Sand ins Gesicht warfen oder zusammen die große blaue Rutsche rutschte. Manchmal schaukelten sie auch nebeneinander und schrien immer „höher, höher“.
„Ich bin höher wie du!“ Ja, sie waren wirklich gute Freunde gewesen. Durch Dick und Dünn gegangen, bis Ryan sich nur noch für die anderen Mädchen interessierte. Dann war’s vorbei mit der guten Freundschaft. Sie hatte es verarbeitet, aber die verheilten Wunden wieder aufzureißen, würde wieder Schmerz bedeuteten.
Sie schüttelte ihren Kopf und schwang sich auf ihr Rad. Sie hatte wirklich kein Interesse an ihm und dass störte ihm gehörig. „Warum willst du kein Date mit mir? Was hab ich falsch gemacht?“ Er fuhr sich mit seiner Hand durch seine Haare.
„Ryan bitte. Steiger dich da nicht so rein. Guck dich doch mal um. Jedes Mädchen himmelt sich an. Du könntest jede haben. Warum willst du mich?“ „Du bist anders Hope, dass weis ich. Du strahlst so etwas, so etwas Magisches aus.“ Er legte eine Hand auf ihre Hüften.
Das war zu viel. „Du hast es verkackt Ryan. Damals. Mir brach es fast das Herz und du hattest nur noch Augen für Mädchen. Ich lass mich nicht noch mal tyrannisieren, nein. Und leg deine Hand von meinen Hüften, die Macho-Tour kannst du mit den Mädels dort drüben abziehen.“ Bevor er noch etwas sagen konnte, trat sie schon in die Pedale und fuhr weg. Es tat gut es auszusprechen, was sie in den letzen paar Jahren verarbeiten musste.
Sie fuhr die Straße entlang, ihre blonden langen Haare ließ sie hinter sich flattern. Der Blick auf das Meer ließ ihr ihre Nackenhaare aufstellen. Das war ihr zu Hause. Das Meer, mit den vielen Fischen, den Korallen und unzähligen Muscheln. Sie konnte es gar nicht erwarten, so schnell wie möglich ans Wasser zu gelangen.
Sie fuhr nicht wie alle andern Schüler die Straße weiter, zum 90Mile Beach. Dort würde erstens, der Punk abgehen, und zweitens, fand sie dort keine Ruhe. Sie entschied sich lieber für die Steinigen Buchten, mit den vielen Klippen. Als sie durch den Wald fuhr, hörte sie schon das Rauschen. Es waren wieder Stimmen die sie aufforderten, endlich einzutauchen. Sie zog sich das enge Top aus, und die Hot Pants. Ihr Fahrrad kettete sie noch an dem Baum fest, man konnte ja nie wissen.
Sie trat vor bis an das Ende der Klippe. Ihre Zehenspitzen, schauten schon über den Boden heraus. Die salzige Meeresluft, das Rauschen, die Wellen, der Geschmack von frische. Jetzt wollte sie es auch spüren, auf ihrer zarten Haut. Sie machte einen Hecht, von der circa 15 Meter hohen Bucht. Herrlich. Unter Wasser hatte sie noch die Gestalt von Mensch, was sich aber bald änderte. Von den Zehenspitzen bis zu den Hüften, wuchs ihr ein Fischschwanz, so fein und zart, wie man sich ihn nur vorstellen konnte. Ein Kranz von blauen Schuppen legte sich federleicht um ihre Brust und ihre Kleidung löste sich in Luft aus.
Sonst veränderte sich nicht viel äußerlich.
Ihren Lippen wurden rötlicher und voller, ihre Eckzähne länger. Von der Taille nach oben, war sie ja schließlich noch ein Mensch.
Zufrieden schwamm sie endlos ins Meer hinaus. Jetzt fühlte sie das Wasser.
Federleicht schwamm sie über die Felsen, drehte sich um die eigene Achse und schwamm dann weiter. Gelegentlich lugte ein neugieriger Barsch aus einer Ecke. Sie lächelte immer noch, als sie den Barrakuda entdeckte. Er war vielleicht einen Meter entfernt und grinste sie bewegungslos und zähne bleckend an. Er verharrte ruhig unter den Korallen und schien sich ein wenig auszuruhen. Hier unten herrschte eine Stille, die man kaum zu denken vermag. Immer wieder war vielleicht das Quietschen eines Delfins zu hören, aber es war ein vertrautes Geräusch. Und dann fand sie die Münze. Der kleine, dunkle Fleck im Sand fiel ihr sofort auf. Hope nahm in ihre Hand und fuhr mit ihrem Daumen drüber. Die Münze war so glatt, wie wenn er aus Gottes Hand, jeden Morgen geschliffen wurde. Sie war aus Gold, dass stand fest. Stolz drückte in ihre Faust und ihr Herz machte kleine Freudensprünge. Wahrscheinlich viel es einem Segler aus der Hand, als er gerade Geschäfte erledigte. Oder ein Strandbesucher verpasste die Flut und seine Sachen wurden auf das Meer getrieben.
Ihr Vater würde stolz auf sie sein, wenn sie es ihm präsentieren würde. Sie blickte nach oben um zu überprüfen dass kein Boot in der Nähe war.
Dann schwamm sie an die Meeresoberfläche. Die Sonne strahlte nicht mehr ganz so prall auf die Erde, sondern suchte schon den Weg, nach Westen.
Weiter nördlich entdeckte sie ein Fischerboot. Es war rostig und alt, bestimmt aus den 2. Weltkrieg. Sie holte tief Luft und tauchte wieder ab. Ein Kontrollgang, ob die Fischer auch keine Arten fingen, sie von dem Aussterben bedroht waren, konnte ja nicht schaden, oder?
Also machte sie sich auf den Weg mach Osten.
Für sie war der Weg keine Hürde, sie fing einfach an, sich schneller zu bewegen und dann befand sie sich schon unter dem Boot. Es war größer, als sie vermutete hatte, aber wie schon geahnt, es war alt, verrostet und das Öl am Ende des Bootes, tröpfelte in den Ozean.
Pah, die könnten was erleben. Sie würde das Boot kentern!
Dann entdeckte Hope, die einsame Schildkröte, die sich zusammen mit unzähligen Fischen in einem der Fischernetzte befand. So etwas durfte gar nicht passieren. Die neuwertigen Netze hatten Schlitze, an denen sich die Tiere befreien konnten, die nicht gefangen werden durften. Hier waren diese Schlitze nicht vorhanden. Schweinerei! Hope fing an die Zähne auszufletschen und an dem Fischernetz herumzuknabbern. Dabei ließ sie keinen Moment die Schildkröte aus den Augen. Die ganze Rettungsaktion war ein fataler Fehler, denn wenige Sekunden später, ließen die Fische das zweite Netz herab.
Hope verlor den Überblick und befand sie sich in der Falle.
Der Versuch sich selbst zu befreien scheiterte. Die Menschen an Bord durften sie keineswegs sehen. Ihr ganzes Leben stand auf dem Spiel. Die Ehre ihrer Familie, einfach alles. Sie wirbelte umher, zog wütend an dem Netz, doch sie verwirrte sich nur noch mehr.
Plötzlich war er vor ihr. Ein Taucher blinzelte sie aus der Taucherbrille fassungslos an. Er war vielleicht ein, vielleicht auch zwei Jahre älter als sie. Sein braunes Haar, trieb über ihm im Wasser. Ruckartig trieb sie zusammen mit dem Netz nach oben. Nicht mehr lang, und sie würde an der Wasseroberfläche treiben. Er zog ein Messer aus seinem Bauchgurt heraus und Schnitt vorsichtig das Netz auf. Dankbar, als sich Hope wieder frei bewegen konnte, drückte sie die Goldmünze in seine Hand. Er konnte wohl kaum begreifen, dass er gerade eine Meerjungfrau vor sich hatte. Er wollte sie berühren, doch als er seine Hand auf den Fischschwanz legte, schwamm sie weg.
Ob er es weitererzählen würde? Die Menschen würden ihm doch nicht glauben, oder? Als sie sich hinter einem Felsen verkroch, wagte sie den Blick in Richtung Boot. Die Schildkröte schwamm inzwischen, wieder umher.
Von dem Jungen war keine Spur mehr, als hätte ihn das Mehr verschluckte. Anscheinend hatte er nicht nur ihr Leben gerettet, sondern auch das eines Lebewesens, das durch seine Hilfe, in falsche Hände geraten wäre.
Zufrieden, dass alles doch noch ein gutes Ende hatte, schwamm sie in die Höhle unter die Klippen. Hier waren so gut wie nie Taucher, denn die Wellen und die Strömung waren einfach viel zu stark. Es würde kein Mensch überleben, den 50 Meter langen Weg zu tauchen, um in den unterirdischen See zu gelangen. Sie war aber kein Mensch, weshalb es auch keine Probleme gab. Sie tauchte auf und spuckte das salzige Wasser aus. Es war ein unterirdischer kleiner See. Wenn sie hier die Nacht verbrachte, wen der Vollmond schien, war sie immer total high. Er hatte irgendeine magische Wirkung auf sie. Sie zog sich aus dem Wasser und lies sich hier trocknen. Wieder bekam sie ein Kribbeln im Bauch. Hier wurde sie vor 17 Jahren geboren, dass hatte ihr, ihr Vater erzählt, als sie noch kleiner war.
Hope:
Ich fragt euch jetzt sicher, wie ich eine Meerjungfrau geworden bin, nun werde ich es auch in aller Ruhe erzählen.
Meine Mutter war eine Meerjungfrau, lebte in Atlantis unter Wasser. Eines Tages beging sie einen Fehler. Sie schwamm an Land! Zwar nicht mit Absicht, denn der Sturm hatte sie an das Land getrieben, trotzdem, sie befand sich auf Land. Mein Vater lernte sie kennen, half ihr, ihre Wunden zu verheilen, die sie sich bei der Flut geholt hatte und ließ sie bei sich wohnen. Keiner bemerkte es, dass sie anders war. Keiner außer meinem Vater. Er war, beziehungsweise ist Fischer. Sie beschreiben es als, die erste Große Liebe. Es muss die Hölle gewesen sein, bei jeglichem Kontakt mit Wasser bekam sie einen Fischschwanz! Eine Hölle, an dem sie den Mann kennen lernte, den sie über alles liebte. ♥
So entstand dann auch ich. Es kam selten vor, dass eine Meerjungfrau ein Kind mit einem Mensch zeugte, aber ich bin eben anders. Leider.
Nun weiter zu meiner Geschichte! Sie brachte mich hier zur Welt. Hier, an diesem magischen Ort, von dem ich so gut wie nichts wusste. Ich sah die Bilder vor mir. Sie, mein Vater und ich. Nicht mal meine Meerjungfrau-Oma wusste von der Schwangerschaft, alle dachten meine Mutter wäre bei dem Gewitter gestorben.
Die Bilder zeigten die Qualen. Ohne eine Hebamme. Nur mit ein paar Handtüchern und Decken. Wahrscheinlich setzten hier die Wehen ein und man konnte ja schlecht einen Arzt rufen und sagen: „Bitte kommen sie an den magischen See, sie wissen schon, einfach in die Fuchshöhle und dann die Steinwand entlang, dann finden sie uns in der Höhle, deren Wasser ins Meer führt. Und meine Mutter konnte auch schlecht aus der Fuchshöhle kriechen, mit Wehen und einem Bauchumfang von über eineinhalbmetern. Als ich endlich heraußen war, trug mich meine Mutter mich stolz auf ihrem Arm, mein Vater küsste mich auf den Kopf. Ein paar Tränen kullerten mir über meine Wange. Das war einer der letzten Momente, die in meinen Erinnerungen hatte. Sie verließ meinen Vater. Den Mann den sie liebte und mich!
Nicht mal mein Vater konnte mir sagen wieso oder weshalb. Er wachte eines Morgens alleine auf, fand nur noch ein Zettel auf dem drauf stand:
Hallo mein Geliebter!
Es tut mir so leid, was ich dir jetzt mitteilen muss. Ich bringe es kaum übers Herz. Du warst mein Leben, gemeinsam mit Hope. Ihr seid alles für mich, und doch auch so wenig, dass ihr mich hier halten könnt.
Ich hasse das Land, ich hasse den Lärm und alles! Ihr wisst wo ich hingehöre, ich gehöre ins Wasser.
Ganz besonders dir Luke (mein Vater). Ich weis dass ich hier, in euren Augen, den größten Fehler mache, ich kann es mir doch selber nicht verzeihen .Aber Blick nach vorne, zeig Hope das Leben, so wie du es mir gezeigt hast.
Hope du bist noch so klein, ich glaub du wirst es jetzt noch nicht verstehen. Mit deinem süßen ersten Lebensjahr, verlasse ich dich jetzt.
Es tut mir so leid, aber ihr werdet euren Weg schon gehen.
Ich werde euch nie vergessen, ihr habt mir gezeigt, was Leben heißt.
Eure immer liebende Mama,
Jolina
Die Trauer wurde zu Hass. Ich hasse sie so dafür, sie hatte meinen Vater und mich im Stich gelassen um in ihr blödes Leben zurückzugehen. Den Tränen ließ ich freien Lauf.
Meiner Mutter würde mir jetzt ein Fischschwanz wachsen. Mir wuchs nur einer wenn ich im das Meereswasser berührte, und somit, konnte ich ein einigermaßen geregeltes Leben führen. Mein Vater war ein Mensch meine Mutter eine Meerjungfrau.
Ich konnte mich daheim duschen, ich konnte weinen, ich konnte alles, außer im Meer baden gehen. Ich war sozusagen ein Mittelding.
Aber ich ging sooft es geht schwimmen.
Wenn ich jetzt gleich wieder in den See springen würde, würde mir wieder ein Fischschwanz wachsen, also entschied ich mich, für den Fußmarsch. Ich lief den dunklen Weg entlang, hielt mich an der klatschnassen steinigen Wand fest und erblickte dann endlich das Sonnenlicht. Ich kam an der bekannten Waldlichtung heraus, in der Höhle eines Fuchses. Diese verbarg sich an einem alten Baum. Keiner würde auf die Idee kommen, dass dieser Weg unterirdisch war. Es klingt bestimmt verrückt, aber es war reine Routine.
Ich musste ein kleines Stück laufen, dann kam ich am meinem Platz an. Die Sachen waren noch wie vorher. Quer verstreut. Ich schmiss alles in meine Tasche und fuhr nach Hause. Die Tränen waren längst getrocknet und als ich die kleine Wohnung erreichte, setzte ich mein Glücklichstes Lächeln auf. Wie gern hätte ich ihm jetzt die Goldmünze in seine Hand gedrückt und in seine glänzenden und überglücklichen Augen gesehen. Aber ich hatte sie ja dem Taucher gegeben, als Entschädigung für meine, bitter nötige Befreiung.
„Heei Paps. Ich bin wieder da!“, rief ich, als ich ins Wohnzimmer trat.
Es standen ein Paar Bierflaschen auf dem Tisch. Mein Vater war kein Alkoholiker, es war mehr seine Medizin. „Hey Schatz, na wie war die Schule?“ Er lachte vor sich hin, diese frage hätte er sich doch auch sparen können. „Wie immer. Totlangweilig.“, reif ich ihm noch hinterher. „Ich geh nach oben, ich bin total fertig.“, rief ich ihm nach und kurze Zeit später fiel ich erschöpft auf mein Bett. Ich schlief schnell ein und träumte von der Weite des Meeres.
Mein Handy riss mich wieder aus meinem Tiefschlaf.
Es war meine beste Freundin Liza. „Hey Süße“, murmelte ich im verschlafenen Ton. „Hab ich dich geweckt? Du klingst so müde.“ Piepste sie mit ihrer Stimme. Sie war einer der wenigen Freundinnen, die ich neben Cathy und Mia hatte. Wir unternahmen eher am Nachmittag etwas, in der Schule hatte jeder seine Gruppe.
„Nein schon okay, ich kann ja nicht ewig schlafen. Warum rufst du an?“ Ich lief zu meinem Fenster und genoss den Ausblick über die Natur.
„Ich wollte dich fragen, ob du heute Abend Lust hast, ins Sherley zu gehen. So wie früher weist du noch?“ (An alle Unwissenden: Sherley war eine begehrte Disco. Fast jeden Abend ging dort der Punk ab.)
„Na klar. Soll ich dich so gegen 9 Uhr abholen?“ Liza stimmte ein.
„Kommen Cathy und Mia auch?“, wollte ich wissen.
„Neeein. Sie schreiben doch beide am Mittwoch diese Mathearbeit. Sie wollten sich die einträge noch mal gemeinsam anschauen.“
„Okai. Bis dann. Lieb dich Süße.“ Und so endete unser Telefonat. Ich blickte auf meine Uhr, um meinen ganz persönlichen Terminkalender zu erstellen.
Nun hatten wir 5 Uhr, dass heißt duschen und anziehen halbe stunde, Haare und Make-up eine Stunde, und essen 20 Minuten. Macht knappe zwei Stunden, dann konnte ich ja noch schwimmen gehen!
Fröhlich tauchte ich die weißen Schaumkronen ein. Die Sonne stand im Moment noch ein großes Stück über dem Meer, noch genug Zeit, um die Unterwelt zu erforschen. Ich fand nichts besonderes, alles war wie gewohnt. Nächstes Mal würde ich wieder einmal Fischfutter mitnehmen um die Tiere auch mal füttern zu können. Was ich heute Abend wohl anziehen werde? Ich war komplett in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht auf die Zeit achtete. Als ich dann endlich wieder einmal Luft schnappte, erkannte ich, dass die Sonne schon anfing unter zu gehen. Jetzt aber husch, husch. Durch den Gang, aus dem Wasser strampeln, ganz schön anstrengend. Dann trockenen aus der Höhle und schnell heimfahren. Kurz danach stand ich unter der Dusche. Ich konnte dieses reine, fast unbakterielle Wasser gar nicht leiden, ihr wisst schon, dieses sterile. Naja, Hygiene musste sein.
Mein selbst entworfener Zeitplan war komplett aus dem Verzug, wir hatten schon acht Uhr! So stur wie ich war holte ich mein Glätteeisen heraus und bearbeitete mir meine Haare. Ich hätte sie mir auch einfach zu einem Zopf zusammenbinden können, aber mit glatten Haaren fühlte ich mich einfach wohler. Jetzt reichten sie mir fast bis an den Po.
Meine Augen schminkte ich heute nicht zu krass, da ich mich auch für ein schwarzes Cocktailkleid entschied, dass mit bis in die Mitte der Oberschenkel reichte.
Hastig klingelte ich an der Tür von Liza. Ich hatte das Gefühl, dass ich irgendetwas vergessen hatte, aber sooft wie ich mir den Kopf zerbrach, mir viel es nicht mehr ein. Liza stand vor mir, Top gestylt. Sie trug schwarze High Heels, dazu ein blaues Kleid, über dem ein Schwarzer Stoff mit Muster gespannt war. Ihre braunen Haare hingen in leichten Wellen über ihre Schulter. In der Hand hielt sie eine Schwarze Tasche und in der andern ein Stück Pizza?! Jetzt fiel mir ein Was ich vergessen hatte. Abendessen. Ich musste selbst über mich lachen, sonst war ich doch auch so ein Fresssack, der die ganze Zeit am stopfen war.
„Können wir?“ fragte sie skeptisch. Ich nickte und wir setzten uns in ihren beigen Fiat. Ihre Mutter rief noch irgendwas mit „Komm nicht so spät wider und trinkt nicht so viel!“ Liza hupte nur als Zeichen dass sie verstanden hatte.
Der Club war wieder einmal viel zu überfüllt, die Luft war stickig, alles roch nach Alkohol.
Liza und ich gaben dem Baarkeper ein Zeichen, der dann unsere Bestellung aufnahm. Ich bestellte mir einen Wodka Lemon und meine Freundin irgendwo ein selbsterfundenes Gebräu. Sie musste dem Typen sogar noch erklären wie es gemixt wurde.
Irgendwie wurde mir schlagartig übel und schwindlig.
„Ich geh’ mal schnell auf Toilette“ rief ihr zu, denn gerade drehte man die Musik noch mal um eins lauter. Sie nickte nur und flirtete weiter mit dem Barkeeper.
Ich rempelte mindestens 4 Leute an, einem überschüttete ich sogar seinen Cocktail. Gerade wollte ich die Tür aufmachen, der Damentoilette, da knickten meine Beine zusammen und mir wurde schwarz vor Augen. Ich wartete noch auf den harten Aufprall des Bodens, aber selbst den bemerkte ich nicht mehr.
„Hei..Süße wach endlich auf.“, murmelte mir Liza in mein Ohr. Meine Augen waren noch geschlossen und doch spürte ich die Brise, die über meine Haut flog. Wir befanden uns wahrscheinlich draußen, vor dem Eingang oder so. Und mein Verdacht bestätigte sich, als ich meine Augen aufschloss. Warum lag ich hier?
Stimmt ja, ich wollt auf das Klo rennen, als ich mir schlecht wurde. „Du bist umgekippt Hope, der Junge hat dich aufgefangen“, erklärte sie mir und zeigte auf einen Jungen, der hinter mir war. Ich blinzelte ihn an. Irgendwoher kannte ich ihn, doch ich war noch so verwirrt, dass ich gar nicht weiter drüber nachdachte.
„Wir gehen jetzt besser heim, Liza“, krächze ich aus meinem übertrockenen Hals. Mein Bauch knurrte laut, dass es sogar der Barkeeper hören musste.
„Okay, ich hohl noch unsere Jacken.“ Sie warf den Jungen einen skeptischen Blick zu. Als Liza in der Tür verschwand, half mir der Fremde auf. „Du hast mich also aufgefangen.“ Sagte ich, während ich mein Kleid von dem Staub befreite. „Ja, ich bin Damon. Was war los, warum hast du das Bewusstsein verloren?“, hakte er nach. „Die stickige Luft und so“, gab ich zurück. Den richtigen Grund wusste ich: Ich hab nichts gegessen. Den ganzen Tag über. Und dass ging schon lange so. Ich lies in den letzten Tagen einfach Mahlzeiten aus.
Wenn ich Damon so betrachte, sah er gar nicht schlecht aus. Sein braunes Haar, das ihm bis zu den Ohren reichte, seine muskulöse Figur, seine Augen, die mich süß anblinzelten. Warte! Diese Augen kannte ich doch. Es bestand kein Zweifel! Nein..
Der Mann der vor mir stand war der Taucher der mich befreit hatte.
Ob er mich erkannte? Innerlich betete ich darum, dass er mich verwechselte aber..
„Wir hatten heute schon das Vergnügen, stimmt’s?“ Während er sprach, kam er einen Schritt näher. Zu nah! „Nein, ich hab dich noch nie gesehen.“ Und ich ging wiederum einen Schritt zurück. „Hope bitte, wir beide wissen doch beide was du bist.“ Er strich mir eine Strähne hinters Ohr. Das durfte nicht wahr sein. Hatte ich schon seinen unglaublichen männlichen Duft erwähnt? Mhhm..
Ich verlor die Fassung, doch genau in diesem Moment kam Liza dazwischen. „Ich will euch ja nicht stören. Hope, hast du kurz Zeit.“ Sie zeigte auf die Tür.
Natürlich folgte ich ihr. Den Blick von Damon spürte ich in meinem Nacken. „Wer ist das? Gräbt er dich etwa an?“ „Sein Name ist Damon“, murmelte ich. „Er gräbt mich nicht an, wie kommst du drauf?“, log ich.
Liza wusste mein Geheimnis als Meerjungfrau nicht, deshalb konnte ich ihr schlecht sagen, dass ich ihn beim Tauchen traf.
„Weis nicht, er schaut dich so merkwürdig an. Süße wenn du in irgendwelche Probleme verwickelt bist, dann meld dich, okay?“ Ich nickte ihr eifrig entgegen.
„Okay. Soll ich dich mitnehmen oder gehst du noch mal in den Club?!“ Ich deutete auf den Club.
Wir liefen Damon entgegen. Ich gab Liza noch ein Küsschen auf die Wange und dann brauste sie in ihrer Schrottkarre ab. „Also, was ist nun? Hope ich hab dich gesehen.“, er schaute nervös zur Seite. Soll ich mit der Wahrheit herausrücken? Nein, nicht bei einem Fremden. „Damon, bitte. Du bildest dass dir nur ein, wir haben uns zuvor nicht mehr gesehen.“
Ich war gerade dabei wieder in den Club zu gehen, da rief er meinen Namen. „Hope. Hope warte mal. Ich hab da was, was uns beide interessiert.“ Mein Verstand sagte mir, dass ich nicht gehen sollte, aber ich tat es, verdammt noch mal! Ich lief ihm entgegen. Ein Lächeln huschte über seine Lippen. „Bist ja doch einfach zu haben.“ Langsam wurde ich ungeduldig..
„Komm zur Sache, Schätzchen.“ Ich verschränkte mürrisch die Arme vor meiner Brust.
Im nächsten Moment zog er irgendeine Kette vor meine Augen. Mein Blut gefror in meinen Adern.
Die Kette gehörte meiner Mutter. Sie trug sie auf dem Foto von uns beiden. Ich war mir so sicher. Was hatte er damit zu tun?
„Verdammt“ schrie ich und riss sie aus seiner Hand.
Ich trat zwei Schritte nach links, denn dort schiente das Licht der Straßenlaterne. Im Licht sah das Amulett wunderschön aus. Es war silbern und oval. Wenn man es aufklappte war ein Familienfoto von uns abgebildet. Ich war noch klein, vielleicht zwei Monate alt. Mein Vater trug seine Haare noch länger.
Auf der Rückseite war in geschwungener Schrift ein „Ich liebe euch..“ eingraviert.
Ich blickte auf. Scheiße, warum waren meine Wangen so nass? Ich nahm nie meinen Handballen und wischte mir die Backen trocken. „Hey, ich glaube wir sollten mal reden.“, sprach er auf mich ein.
„Nein“ schrei ich. „Nein verdammt. Verschwinde aus meinem Leben. Verpiss dich!“ Ich warf die Kette auf den Boden und rannte weg. In der Dunkelheit kommt einem die Welt ganz anders vor, viel unheimlicher.
Angekommen an den Klippen, setzte ich mich auf einen flachen Stein. Meine Hände ballte ich schon zu Fäusten. Die einzigste Lichtquelle war der Mond und die Sterne. Ich war so wütend ich hätte Berge verschieben können.. Meine Hände mussten schon weiß angelaufen sein, denn als ich sie entlockerte, zuckte ich auf. Die Nacht war kalt und nebelig, aber nach hause waren es um die fünf Kilometer. Fünf Kilometer zu viel.
Was Papa wohl sagen würde, wenn ich ihm von dem Amulett erzählen würde? Plötzlich überfiel mich eine Welle der Müdigkeit und ich formte meine Jacke zu einem Kissen zusammen…
Es würde eine lange kalte Nacht werden, dessen war ich mir bewusst.
Gerade als ich meine Augen schlissen wollte entdeckte ich noch die Sternschnuppe, die über den klaren Nachthimmel huschte.
Der größte Wunsch den ich hatte, war Mama. Dass sie zurückkehren würde. Aber die Zeit die wir verpasst hatten in den knapp 15 Jahren, können wir nie wieder aufholen.
Das letzte was ich vernahm, war das Rauschen des Meeres, immer gleichmäßig. Es war so betäubend, dass ich auch schon bald einschlief.
Das Spektakel, das mich am nächsten Morgen begrüßte war fantastisch. Die Sonne suchte Gerade ihren Weg nach oben, während die Seite des Meeres, noch in der Dämmerung trieb.
Ich verkniff mir, in das frische und kühle Wasser zu hüpfen, sondern telefonierte mit meinem Vater.
„Hey Papi. Kannst du mich am Sherley abholen?
die Stimme von Damon, die mich aufzucken ließ. „Hope, komm ich fahr dich heim.“ Er kam langsam auf mich zu, legte seine Hand auf meine Schulter. Und dann schlief ich friedlich ein, obwohl ich lieber seine Hand abgeschlagen hätte.
Ich träumte selten schlecht, was heute zu traf.
Ich befand mich unter Wasser, meine Schwanzflosse hinter mir. Wie immer bewunderte ich dir vielen Korallen und Lebewesen. Ich ertappte mich dabei, wie ich über einen der spitzen Steine striff. Ein feiner Blutstrahl, vermischte sich mit dem salzigen Wasser. Es brannte höllisch! Die Wunde fraß sich immer weiter, riss immer weiter meinen Arm auf. Ich schrie unter Wasser und verschluckte mich beinahe. Nun befand ich mich schon unter einem Blutbad.
Plötzlich war ein großer schwarzer Fleck über mir, der mir das ganze Sonnenlicht raubte. Als er dann näher gekommen war, wusste ich, was gleich über mich herfallen würde. Es war ein Hai der seine Zähne bleckte. Er kam auf mich zugerast immer näher kam er. Ich war steif, konnte mich nicht mehr bewegen. Wie ein Kegel stand ich da und die Kugel kam immer schneller auf mich zu. Gerade als er mir das Fleisch herausreißen wollte schrak ich hoch.
Ich war nass geschwitzt und keuchte auf. Langsam kamen die Erinnerungen von gestern wieder. Party-Damon- Amulett-Wut und schließlich die Klippen.
Aber ich befand mich nicht mehr bei den Klippen, nein. Ich befand mich in einem fremden Zimmer. Ich lag auf dem Sofa, eine kuschelige Decke wärmte mich. Der Mond, der hell am Himmel schien, ließ den Raum erhellen. Auf einmal knallte es laut, draußen peitschte der Wind und ließ das Fenster auf und zu knallen. Ein Schauer huschte über meinen Rücken und ließ mir sämtliche Haare aufstellen.
Das laute Poltern wollte einfach nicht aufhören, warum ich auch genervt meine Beine über das Sofa schwang. Und wieder knallte es.
Ich tastetet mich zu dem Fenster vor, packte den Griff und schloss dieses. Draußen tobte das Gewitter. Blitze und Donner wechselten sich zornig ab. Wenn ich jetzt bei den Klippen gewesen wäre..
Jetzt wo der Lärm gedämpft war, hörte ich auch das leise Schnarchen im Nebenzimmer. Ich nahm all meinen Mut zusammen und machte ich mich auf den Weg um heraus zu finden, wer sich da im Nebenzimmer befand. Wie ich es mir denken konnte, war es Damon. Er schlief wie ein Engel, den einen Arm unter seinen Kopf, den andern vor seinem Bauch. Ich konnte mir selbst nicht erklären, warum ich mich auf einmal, neben ihn kuschelte. Vielleicht wegen der Angst? Hatte ich schon erwähnt, dass ich Angst vor Gewittern hatte? Einmal im Kindergarten brach ein Gewitter aus, alle Kinder stürmten in das Haus, aber ich versteckte mich unter der Rutsche und weinte. Ich traute mich einfach nicht, die knapp 10 Meter zum Haus zu rennen.
Es war so herrlich warm, unter seiner Decke. „Hope, bist du okay?“ flüsterte mir Damon ins Ohr.
„Ja, danke dass du mich hierher gebracht hast“ murmelte ich zurück.
Ich wollte es nicht glauben, aber ich fühlte mich so wohl bei ihm. Er gab nur noch ein grummeln von sich, dann legte er seinen Arm um meinen Bauch.
Ob mein Vater sich wohl Sorgen machte? Egal, er würde es verstehen.
Sein warmer regelmäßiger Atem hauchte mir in den Nacken und schon viel ich wieder in einen, diesmal ruhigen und sinnlichen Traum.
Der Geruch von Kaffe steigt mir in die Nase und noch dazu das Klirren von Geschirr. Ich wusste sofort wo ich war, bei Damon. Letzte Nacht war viel passiert. Erst jetzt viel mir auf, dass ich nicht mehr in meinen Party-Outfit steckte, sondern in einem schwarzen großen T-Shirt. Dem Geruch nach, schien es Damon zu gehören.
„Mumm. Das richt aber gut“, trällerte ich, als ich die Küche betrat.
Damon stand in der Küche, den Rücken zur Tür gedreht und kümmerte sich um die Spiegeleier in der Pfanne. „Hedy Hope.“ Gab er von sich. Er drehte sich zu mir um. „Hast du Hunger?“ fragte er mich höflich und deutete auf die Eier. Ich musste nur auf das Knurren in meinem Magen zu hören, um zu wissen, dass ich hungrig war.
„Ich glaube wir sollten mal reden“, gab ich nun von mir. „wegen letzter Nacht?“, fragte er nun? Er kam mit einem Teller zum Tisch und stellte es vor mir ab. Danach schenkte er mir großzügig Kaffee ein, welchen immer am Morgen zu mir nahm. „Ja, ähmm.. Ich wollt mich noch entschuldigen, dass ich gestern einfach weggerannt bin. Ich war einfach..überfordert, verstehst du?“ Er nickte während er genüsslich aus der Tasse trank. „Ja, glaub ich dir.“
„Ich glaub du lässt nicht locker, wegen dem, was du gesehen hast, oder?“ Er sah mich mit aufgerissenen Augen an.
„Hope, ich hab dich gesehen, in dem Netz, Das war so.. so unreal, ich weis selber nicht was ich denken soll.“ +
„Ich glaube wir sollten die Sache einfach vergessen.“ Ich stand auf, ohne das Rührei angerührt zu haben. Er knurrte nur noch was vor sich hin.
„Kannst du mir was versprechen?“ fragte Damon noch, als ich die Tür herausstürmte.
Texte: Die Rechte für die Verfassund des Textes liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 27.02.2012
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